Claus die Axt im Walde
Anmeldungsdatum: 14.04.2006 Beiträge: 380
Wohnort: Waiblingen
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(#460334) Verfasst am: 26.04.2006, 16:57 Titel: |
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tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Claus hat folgendes geschrieben: | Das ist ja das paradoxe: Dieselben Menschen, die auf anderen Gebieten um zehn Ecken denken können, können plötzlich, sobald es um ihre Religion geht, nicht mehr zwei und zwei zusammenzählen. Ihr kritischer Verstand scheint auf einmal wie weggeblasen; man könnte gerade meinen, diese Leute besäßen zwei unabhängig voneinander funktionierende Gehirne.
Das kann man wohl nur mit einer anerzogenen Denkhemmung erklären. |
Und ist es eventuell, vielleicht, für irgendjemanden hier theoretisch vorstellbar, dass jemand doch zwei und zwei zusammenzählen kann, kritischen Verstand hat, ein zusammenhängendes Gehirn ohne Denkhemmung hat, das alles auch in Bezug auf Religion, und trotzdem Christ ist, weil er auch ohne Verstandausschaltung einfach zu anderen Ergebnissen kommt? Ich meine, warum ich es nicht verstehen kann, was an Atheismus grundsätzlich "rationaler" sein soll als an anderen Religionen, schrieb ich ja oben schon ziemlich ausführlich ...
:seufz: |
:ebenfalls seufz:
Man kann selbstverständlich alles auf eine höhere Abstraktionsebene heben, auf der die Details, in denen der Teufel steckt, nicht mehr erkennbar sind.
Es wird immer wieder argumentiert, die Existenz Gottes sei weder zu beweisen noch zu widerlegen. Die Antwort darauf lautet: Jein.
Auf einen allgemeinen Gottesbegriff trifft dies zu, nicht jedoch auf den spezifisch biblisch-christlichen Gottesbegriff. Daß irgendein undefinierbares Etwas existiert, welches die Ursache unserer Existenz ist und das man, wenn man so will, als „Gott“ bezeichnen kann, ist in der Tat weder zu beweisen noch zu widerlegen.
Anders sieht es beim biblisch-christlichen Gottesbegriff aus. Die Existenz dieses Gottes kann durch die Logik widerlegt werden, da ihm Eigenschaften zugeschrieben werden, die sich gegenseitig ausschließen (Stichwort: Theodizeeproblem).
Und wie zwischen einem allgemeinen Gottesbegriff und dem spezifisch biblisch-christlichen Gottesbegriff unterschieden werden muß, so muß auch zwischen einem generellen Atheismus (es existiert überhaupt nichts, was man als Gott bezeichnen könnte) und einem speziellen antichristlichen Atheismus (der Gott der Bibel existiert nicht; ob ein anderer "Gott" existiert wissen wir nicht) unterschieden werden. Der erste ist rational nicht begründbar, der zweite (und nur um diesen geht es mir) sehr wohl.
Dem Problem kann nur aus dem Weg gegangen werden, indem man sich auf einen allgemeinen Gottesbegriff beschränkt, d.h. man verzichtet darauf, diesem Gott irgendwelche Eigenschaften zuzuschreiben. Denn wer nichts aussagt, dem kann auch nicht widersprochen werden. In diesem Fall ist nur Agnostizismus rational begründbar, nicht aber Atheismus. Nur: Auf einen solch nichtssagenden Gottesbegriff kann man verzichten. Von einem solchen "Gott" ist nichts zu erwarten (oder zu befürchten). Ein solcher "Gott" läßt sich nicht instrumentalisieren. Bei einem solchen "Gott" braucht es uns nicht zu interessieren, ob er existiert oder nicht. Kein Missionar verschwendet seine Zeit damit, andere zum Glauben an einen solchen eigenschaftslosen "Gott" zu bringen. Dessen Existenz ist zwar nicht zu widerlegen; andererseits ist aber auch nichts mit ihm anzufangen.
Sobald aber Menschen damit beginnen, ihrem „Gott“ Eigenschaften zuzuschreiben, spielen menschlich-allzumenschliche Wunschvorstellungen mit hinein. Alle so entstandenen Gottesbegriffe zerschellen letztendlich an der Theodizeefrage.
Ein speziell antichristlicher Atheismus ist also durchaus rationaler als ein spezifisch biblisch-christlicher Gottesglaube.
Im Buch „Denn sie wissen nicht was sie glauben“ von Franz Buggle findet sich zu diesem Thema der interessante Abschnitt „Ein Patt zwischen biblisch-christlichem Gottesglauben und Atheismus?“
_________________ Was ist das für ein Gott, für den sich Menschen faule Ausreden ausdenken müssen?!!
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SoWhy The Doctor
Anmeldungsdatum: 21.04.2006 Beiträge: 3216
Wohnort: TARDIS
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(#460425) Verfasst am: 26.04.2006, 19:37 Titel: |
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Allgemeiner Atheismus, also die Ablehnung jeglicher Form eines "göttlichen" Wesen lässt sich auch begründen (Stichwort: Omnipotenzparadox). Allgemein gilt alles, was nicht belegbar ist, als unbewiesen und daher als abzulehnen. Ich kann genauso behaupten, dass irgendein Stern aus leuchtender Schlagsahne besteht. Das kann mir auch keiner widerlegen, jedoch kann ich dadurch von keinem erwarten, diese Idee überhaupt als akzeptabel im Kopf zu haben. Ich würde sagen, diese Behauptung lehne ich als unrichtig ab, bis sie mir jemand belegen kann. Selbiges gilt analog für die Vorstellung eines "göttlichen" Wesens. Ich bin gerne bereit, mich überzeugen zu lassen durch Belege, aber sicher nicht durch die Tatsache, dass es keine Belege dagegen gibt.
_________________ Stop believing - start thinking.
Rise up, rise up!
Live a full life, 'cause when it's over, it's done!
So rise up, rise up! Dance and scream and love
(Cursive - Rise up! Rise up!)
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