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Heike N. wundert gar nix mehr
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 26138
Wohnort: Bottrop
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(#397858) Verfasst am: 07.01.2006, 22:46 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Aber das Schreckliche in den Grimm'schen Märchen ist nichts, was von einer Zensur erfasst werden könnte. Irgendwann mal wollte ich Hänsel und Gretel vorlesen. Bin aber -zum Glück, denke ich- vor der ersten wörtlichen Rede der Mutter ins stocken gekommen. Es war mir unmöglich weiterzulesen. Ohne zu googeln, wer weiss warum? |
Teuerung? Nichts mehr zu essen? Vor Sorgen nicht schlafen können?
zelig, warum ist das so schrecklich? Märchen reflektieren auch ein Stück Geschichte: so war es "damals" hin und wieder. Warum so etwas nicht Kindern erklären und sie bewusst machen für gesellschaftliche Probleme? Einfacher geht es kaum.
_________________ God is Santa Claus for adults
Front Deutscher Äpfel (F.D.Ä.) - Nationale Initiative gegen die Überfremdung des deutschen Obstbestandes und gegen faul herumlungerndes Fallobst
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#397865) Verfasst am: 07.01.2006, 22:53 Titel: |
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Heike N. hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | Aber das Schreckliche in den Grimm'schen Märchen ist nichts, was von einer Zensur erfasst werden könnte. Irgendwann mal wollte ich Hänsel und Gretel vorlesen. Bin aber -zum Glück, denke ich- vor der ersten wörtlichen Rede der Mutter ins stocken gekommen. Es war mir unmöglich weiterzulesen. Ohne zu googeln, wer weiss warum? |
Teuerung? Nichts mehr zu essen? Vor Sorgen nicht schlafen können?
zelig, warum ist das so schrecklich? |
Zitat: | Weißt du was, Mann«, antwortete die Frau, »wir wollen morgen in aller Frühe die Kinder hinaus in den Wald führen, wo er am dicksten ist. Da machen wir ihnen ein Feuer an und geben jedem noch ein Stückchen Brot, dann gehen wir an unsere Arbeit und lassen sie allein. Sie finden den Weg nicht wieder nach Haus, und wir sind sie los. |
Heike N. hat folgendes geschrieben: | Märchen reflektieren auch ein Stück Geschichte: so war es "damals" hin und wieder. Warum so etwas nicht Kindern erklären und sie bewusst machen für gesellschaftliche Probleme? Einfacher geht es kaum. |
Ja, klar. Versteh mich nicht falsch. Wenn ich sage, ein Märchen sei schrecklich, dann meine ich damit nicht, daß es zensiert oder den Kindern vorenthalten werden sollte. Aber das obige Zitat habe ich einfach nicht über mich gebracht vorzulesen.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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Sanne gives peas a chance.
Anmeldungsdatum: 05.08.2003 Beiträge: 12088
Wohnort: Nordschland
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(#397867) Verfasst am: 07.01.2006, 22:56 Titel: |
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Die Geschichten, die meine Großmutter und meine Mutter aus ihrer jeweiligen Kindheit berichteten, waren weitaus schrecklicher. Da war es noch besser, wenn sie Märchen vorlasen.
_________________ Ich will das Internet doch nicht mit meinen Problemen belästigen! (Marge Simpson)
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Heike N. wundert gar nix mehr
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 26138
Wohnort: Bottrop
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(#397874) Verfasst am: 07.01.2006, 23:02 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Heike N. hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | Aber das Schreckliche in den Grimm'schen Märchen ist nichts, was von einer Zensur erfasst werden könnte. Irgendwann mal wollte ich Hänsel und Gretel vorlesen. Bin aber -zum Glück, denke ich- vor der ersten wörtlichen Rede der Mutter ins stocken gekommen. Es war mir unmöglich weiterzulesen. Ohne zu googeln, wer weiss warum? |
Teuerung? Nichts mehr zu essen? Vor Sorgen nicht schlafen können?
zelig, warum ist das so schrecklich? |
Zitat: | Weißt du was, Mann«, antwortete die Frau, »wir wollen morgen in aller Frühe die Kinder hinaus in den Wald führen, wo er am dicksten ist. Da machen wir ihnen ein Feuer an und geben jedem noch ein Stückchen Brot, dann gehen wir an unsere Arbeit und lassen sie allein. Sie finden den Weg nicht wieder nach Haus, und wir sind sie los. |
Heike N. hat folgendes geschrieben: | Märchen reflektieren auch ein Stück Geschichte: so war es "damals" hin und wieder. Warum so etwas nicht Kindern erklären und sie bewusst machen für gesellschaftliche Probleme? Einfacher geht es kaum. |
Ja, klar. Versteh mich nicht falsch. Wenn ich sage, ein Märchen sei schrecklich, dann meine ich damit nicht, daß es zensiert oder den Kindern vorenthalten werden sollte. Aber das obige Zitat habe ich einfach nicht über mich gebracht vorzulesen. |
Verstehe ich nicht. Nicht alle Eltern behandeln ihre Kinder ok. Das kennen Kinder von Anderen. Man kann erklären, dass ein Märchen (ebenso wie die Verwandlung des Frosches) kein reales Geschehen darstellt. Man kann versuchen, mit den Kindern eine bessere Lösung zu finden. Kinder gruseln sich übrigens gern, wenn sie wissen, dass sich alles aufklärt und dass man sie nicht alleine lässt. Das macht einen Abend sehr spannend. "Hänsel und Gretel" ist geeignet, um darzulegen, dass sich Kinder sehr wohl selber zu helfen wissen können, auch wenn die Situation ausweglos ist und die Eltern keine große Hilfe sein können (warum, das kann man anhand vieler Beispiele erklären).
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Heike N. wundert gar nix mehr
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 26138
Wohnort: Bottrop
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(#397886) Verfasst am: 07.01.2006, 23:19 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Aber das obige Zitat habe ich einfach nicht über mich gebracht vorzulesen. |
Habe gerade noch mal Gutenberg.de bemüht.
Viel bedenklicher empfinde ich den letzten Absatz:
Zitat: | ...da kam ihnen der Wald immer bekannter und immer bekannter vor, und endlich erblickten sie von weitem ihres Vaters Haus. Da fingen sie an zu laufen, stürzten in die Stube hinein und fielen ihrem Vater um den Hals. Der Mann hatte keine frohe Stunde gehabt, seitdem er die Kinder im Walde gelassen hatte, die Frau aber war gestorben. Gretel schüttelte sein Schürzchen aus, daß die Perlen und Edelsteine in der Stube herumsprangen, und Hänsel warf eine Handvoll nach der andern aus seiner Tasche dazu. Da hatten alle Sorgen ein Ende, und sie lebten in lauter Freude zusammen. |
War es gut, dass die Mutter gestorben ist, die doch rein pragmatisch gehandelt hat (wenn auch nicht besonders moralisch)? Konnten sie jetzt glücklich leben mit viel Geld, aber ohne eine Frau, die Opfer einer feudalistischen Gesellschaft war? Hatte die Mutter ihre "gerechte" Strafe erfahren?
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Sanne gives peas a chance.
Anmeldungsdatum: 05.08.2003 Beiträge: 12088
Wohnort: Nordschland
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(#397889) Verfasst am: 07.01.2006, 23:26 Titel: |
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Die Mutter von Hänsel und Gretel war gestorben? War mir nicht klar.
Ich hielt eigentlich immer beide Eltern für gleich hartherzig.
Also: es wär nicht nötig gewesen, daß die Mutter starb. Denn: wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.
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Othilic Gast
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(#397890) Verfasst am: 07.01.2006, 23:28 Titel: |
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Heike N. hat folgendes geschrieben: | Hm... öhm... Naja... Märcheninterpretationen halte ich für nette Spielereien. |
Heike N. hat folgendes geschrieben: | Wie gesagt: ich nehme Märcheninterpretationen nicht sonderlich ernst. Und ich denke mal, Kinder werden auch nichts anderes dabei sehen als dass die Prinzessin den Frosch küsst. |
Ich nehme die Grundideen von Märcheninterpretationen schon ernst. OK, wenn jedes kleine Detail in eine bestimmte psychologische Theorie gepresst wird und somit das Märchen totinterpretiert, dann bin ich auch genervt. Aber sozusagen die gemeinsame Schnittmenge aller Deutungen, die sehe ich deutlich.
Allerdings auch erst, seit ich erwachsen bin und mich jemand darauf aufmerksam gemacht hat, dass hinter vielen Märchen noch eine zweite Bedeutungsebene gesehen wird.
Die These von Bettelheim, dass schon Kinder diese zweite Bedeutungsebene spüren (und somit aus dem Froschkönig z.B. lernen, dass "die Sexualität zwar zu Anfang ekelhaft tierisch erscheinen mag, dass aber, sobald man die rechte Art, sie zu handhaben, gefunden hat, etwas sehr Schönes hinter diesem scheinbar abstoßenden zum Vorschein kommt") halte ich aber für ziemlich weit hergeholt. Als Kind habe ich sicherlich nichts von der anderen Bedeutungsebene gesehen und nichtmal gespürt, dass noch etwas hinter der Oberfläche sein könnte.
Naja, das erinnert mich daran, dass ich mal gehört habe, Märchen seien eigentlich ursprünglich gar keine Erzählungen für Kinder sondern für Erwachsene.
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Heike N. wundert gar nix mehr
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 26138
Wohnort: Bottrop
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(#397891) Verfasst am: 07.01.2006, 23:29 Titel: |
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Sanne hat folgendes geschrieben: | Die Mutter von Hänsel und Gretel war gestorben? War mir nicht klar.
Ich hielt eigentlich immer beide Eltern für gleich hartherzig. |
In allen mir bekannten Versionen hatte der Vater Skrupel.
Zitat: | Also: es wär nicht nötig gewesen, daß die Mutter starb. Denn: wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute. |
gutenberg.de hat folgendes geschrieben: | Mein Märchen ist aus, dort läuft eine Maus, wer sie fängt, darf sich eine große Pelzkappe daraus machen. |
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Heike N. wundert gar nix mehr
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 26138
Wohnort: Bottrop
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(#397899) Verfasst am: 07.01.2006, 23:42 Titel: |
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Offenbar scheinen sich Märchen aber mal häufiger zu verselbständigen. Wenn zelig der treue Heinrich fehl am Platz vorkommt, weil er so gar keinen Bezug zur Geschichte hat, finde ich die Ente bei Hänsel und Gretel überproportioniert beachtet:
Zitat: | Als sie aber ein paar Stunden gegangen waren, gelangten sie an ein großes Wasser. »Wir können nicht hinüber«, sprach Hänsel, »ich seh keinen Steg und keine Brücke.« »Hier fährt auch kein Schiffchen«, antwortete Gretel, »aber da schwimmt eine weiße Ente, wenn ich die bitte, so hilft sie uns hinüber.« Da rief sie:
»Entchen, Entchen,
Da steht Gretel und Hänsel.
Kein Steg und keine Brücke,
Nimm uns auf deinen weißen Rücken.«
Das Entchen kam auch heran, und Hänsel setzte sich auf und bat sein Schwesterchen, sich zu ihm zu setzen. »Nein«, antwortete Gretel, »es wird dem Entchen zu schwer, es soll uns nacheinander hinüberbringen.« Das tat das gute Tierchen, und als sie glücklich drüben waren und ein Weilchen fortgingen, .... |
Hier könnte man es auch erstaunlich finden, warum der Ente solch eine Bedeutung beigemessen wird. Schließlich existieren solche Details bei den "Reiseberichten" von Hänsel und Gretel ansonsten nicht.
Vielleicht ist das einfach nur ein stilistisches Mittel eines Märchens ohne explizite Bedeutung?
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Shadaik evolviert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 26377
Wohnort: MG
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(#397909) Verfasst am: 07.01.2006, 23:58 Titel: |
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Heike N. hat folgendes geschrieben: | Shadaik hat folgendes geschrieben: | Naja, in den 60ern wollte man ja viele Märchen jugendfrei machen und hat daher das an-die-Wand-klatschen durch das küssen ersetzt. |
Nochmal dazu: gibt es wirklich eine Version, in der sie den Frosch küsst? |
Ja, die andere Version habe ich erst später aus einem Märchenbuch meiner Großmutter kennen gelernt.
Zitat: | Meine ganzen Märchenplatten waren aus den 60ern, teilweise DDR-Produktionen. Da fällt mir ein, dass meine Lieblingsschallplatte "Die Weihnachtsgans Auguste" war.  |
Achja, bei mir war's der gestiefelte Kater. *nostalgier*
_________________ Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
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Raphael auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 01.02.2004 Beiträge: 8362
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(#397916) Verfasst am: 08.01.2006, 00:05 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Raphael hat folgendes geschrieben: | Na meine erste Ausgabe der Sagen des klassischen Altertums. |
Gustav Schwab? |
ja
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Galaxisherrschers Katze Verwöhntes Haustier
Anmeldungsdatum: 06.04.2005 Beiträge: 5018
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(#462017) Verfasst am: 29.04.2006, 03:11 Titel: |
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Mir fällt gerade ein, dass sie neulich bei 9live ( ) behauptet haben, es gäbe gar kein Märchen, das "Der Froschkönig" heißt und nur "der eiserne Heinrich" sei korrekt.
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moritura pan narrans
Anmeldungsdatum: 01.12.2003 Beiträge: 1358
Wohnort: Berlin
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(#462055) Verfasst am: 29.04.2006, 08:18 Titel: |
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Meine Interpretation des Märchens geht ein bischen in eine andere Richtung:
Erzählt wird die Geschichte einer sexuellen Belästigung. Aus letztendlich nichtigem Anlass, zwingt sich der Frosch dem Mädchen auf. Sie bittet ihren Vater um Hilfe, der nimmt ihr Problem aber gar nicht wahr. Erst als sie selber aktiv den Frosch an die Wand klatscht, löst sich das Ganze.
Und nun wird der zweite Teil hinten dran geklebt, weil zu der Zeit als der 2. Teil angeklebt wurde, vermutlich aus einer anderen Geschichte, diese individuelle Freiheit nicht akzeptiert wurde. (Ich denke der 1. Teil hört in dem Moment auf, als sie den Frosch an die Wand klatscht, und der daraufhin zum 1. Mal menschliche Züge annimmt.)
Um das zu verschwiemeln mußte der 2. Teil aufgemotzt werden mit Hochzeit und sonstwas, und weil das ohnehin so unpassend zur Auflösung ist (die Hochzeit) wird das noch mit der Geschichte des treuen Heinrichs überhöht. (auf die homosexuelle Komponente hat ja Raphael schon hingewiesen.)
Übrigens kenne ich die Version, in der der Frosch wirklich geküßt wird gar nicht. Ich hielt das bisher immer für eine Fehlinterpretation der Werbewirtschaft. Das Bild eines an der Wand zerklatschten Frosches ließe sich ja nicht so universell einsetzen.
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Evilbert auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2003 Beiträge: 42408
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(#462114) Verfasst am: 29.04.2006, 12:02 Titel: |
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Gehört zwar nicht hierher, und ist aucvh schon alt, aber vllt kennt es ja ein einziger Leser des Threads noch nicht, und das ist dann schon effizient genug
Was ist der Unterschied zwischen ....
einer 6-Jährigen, -einer 16-Jährigen, -einer 26-Jährigen und einer 36-Jährigen?
- die 6-Jährige bringt man ins Bett und erzählt ihr ein Märchen,
- der 16-Jährigen erzählt man ein Märchen um sie ins Bett zukriegen,
- die 26-Jährige ist ein Märchen im Bett und
- die 36-Jährige sagt "Erzähl' keine Märchen und komm ins Bett!" .
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