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Soll Daschner verurteilt werden? |
Ja. |
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43% |
[ 40 ] |
Ja, aber mit mildernden Umständen. |
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32% |
[ 30 ] |
Nein. |
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10% |
[ 10 ] |
Nein. Und was er getan hat, sollte ausdrücklich legalisiert werden. |
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13% |
[ 12 ] |
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Stimmen insgesamt : 92 |
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Autor |
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Latenight registrierter User
Anmeldungsdatum: 17.05.2005 Beiträge: 2549
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(#493673) Verfasst am: 10.06.2006, 13:44 Titel: |
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Chinasky hat folgendes geschrieben: | Meint: Verhindert bei mir das vernünftige Denken. |
Das ist wohl eine Frage des Rationalitätskriteriums.
Ich habe eher das Gefühl, dass das Dogma "Folter nie!" vernünftiges Denken verhindert.
Meiner Meinung nach ist es die grundlegendste Aufgabe eines Staates, die physische und psychische Unversehrtheit seiner Bürger zu schützen.
In der vorliegenden Situation "Ich habe das Kind entführt, sage euch aber nicht, wo es versteckt ist" (und Daschner hatte keinen rationalen Grund, an dieser Aussage zu zweifeln) geht es nicht um die Frage "Folter ja oder nein?". Der Entführte wird nämlich schon längst gefoltert.
Sondern in diesem Fall geht es darum, dass das Recht auf Unversehrtheit des Entführers und das Recht auf Unversehrtheit des Entführten in Konkurrenz zueinander stehen.
Meiner Meinung nach ist es mehr als rational begründbar, das Recht auf Unversehrtheit des Entführten vorzuziehen.
Die Frage ist eben, was man für wichtiger erachtet. Den Schutz der Unversehrtheit oder das Dogma des Folterverzichtes. Ich kenne kein Dogma, das ich persönlich über den Schutz eines wehrlosen Menschen stellen würde.
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Chinasky dirty ol' man
Anmeldungsdatum: 27.03.2006 Beiträge: 1264
Wohnort: Hoher Norden
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(#493691) Verfasst am: 10.06.2006, 14:14 Titel: |
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"Foltere nie!" ist kein Dogma, sondern eine Rechtsvorschrift unseres Staates. Es mag auf Weltanschauungen gründen, ist aber selbst keine Weltanschauung und auch kein wesentlicher Bestandteil einer Weltanschauung.
Vom Standpunkt der Vernunft aus ist diese Rechtsvorschrift aber sehr wertvoll. Schon allein empirisch besehen, wenn man Staaten mit legalisierter Folter vergleicht mit Staaten, in denen die Folter verboten ist.
Vom Standpunkt der Vernunft her sollte man von der prinzipiellen Fehlbarkeit der Menschen ausgehen. Und von den zu erwartenden Vorteilen bzw. Nachteilen einer Aufhebung des absoluten Folterverbotes her denken.
Beispielsweise: Würde die Rechtslage klarer, wenn man nun nachträglich eine "lex daschner" einführte? Versuche Dich mal in einer Formulierung so einer (mehr oder minder begrenzten) Folterlegalisierung. Und überlege dann, in welchen Fällen der Vergangenheit das von Dir formulierte Gesetz wahrscheinlich geholfen hätte, Unheil abzuwenden und das Recht der Bürger auf Unversehrtheit zu verbessern.
Du als Person hast es einfach, zwischen Opfer und Täter zu unterscheiden, insbesondere bei so einem "klaren Fall". Aber: Die meisten Konflikte innerhalb eines Staates sind nicht so offensichtlich und klar. Was, wenn der Verdächtige gar nicht der Entführer war, sondern sich nur aufgrund einer Profilneurose oder sonstigen psychologischen Deformation selbst beschuldigte? Frag mal Fachleute, wie vielle Verrückte sich selbst bezichtigen bestimmte in den Medien hochgepushte Verbrechen begangen zu haben. Die alle foltern?
Du könntest sagen: War halt ihre Dummheit, wer sich selbst beschuldigt, muß mit den Konsequenzen leben.
Aber: Dummheit ist kein Ausschlußkriterium für Bürgerrechte! Auch der Entführer in diesem Fall ist nach wie vor Bürger dieses Staates.
Die Idee des staatlichen Gewaltmonopols ist aber nun mal die, daß jeder der Bürger (die ihr "Recht" auf gewaltsame Durchsetzung ihrer Interessen an den Staat abgetreten haben) dieselben Rechte genießt. Eines dieser Rechte ist das, vor Folter sicher zu sein. Wer, als Repräsentant des Staates, diesen Kontrakt zwischen Staat und Individuum einseitig bricht, muß sich über die Tragweite seines Tuns klar sein. Hier trafen nicht Ermittlungsbeamter und Verdächtiger aufeinander - hier trafen Staat und Individuum aufeinander. Dem Staat gegenüber ist das Invididuum vollständig ohnmächtig. Ein Staat, der sich nicht selbst strikte Begrenzungen auferlegt, was die Ausübung seiner totalen Machtüberlegenheit gegenüber dem Individuum angeht, entwickelt sich zum totalitären System.
Das Rechtsstaatsystem kann es verkraften, wenn einzelne Individuen verbrecherisch handeln. Aber es bricht zusammen, wenn der Staat selbst verbrecherisch handelt. Deswegen müssen die Zügel, die dem Staat im Umgang mit seinen Bürgern angelegt werden, eng sein. Der Staat darf nicht nach dem Prinzip "Wie du mir, so ich dir!" handeln. Ein Verbrecher ist, ungeachtet der Abscheulichkeit seines Verbrechens, immer noch ein Mensch und muß als solcher behandelt werden. Wenn man darin übereinstimmt, daß Folter eine unmenschliche Praxis ist, dann darf der Staat oder sein Vertreter eben nicht foltern - weil er damit die Menschenwürde des Gefolterten verletzt. Und diese Menschenwürde besitzt (ich wiederhole mich, weil sich an dieser Stelle die Gedanken der Befürworter von Folter häufig im Kreise drehen) auch der Verbrecher.
Praktisch sieht's so aus: Jeder Bürger, auch jeder Vernehmungsbeamte in diesem Land darf foltern.
Er sollte sich nur nicht dabei erwischen lassen, wenn er dies ohne Sanktionen tun möchte.
Oder, wenn er meint, aus dieser oder jener ethischen Erwägung heraus foltern zu müssen, dann muß er sich seiner Sache so sicher sein, daß er die persönlichen Folgen dafür inkauf nimmt.
Dieses Grundprinzip hat nichts mit (letzlich metaphysischen) Dogmen zu tun. Sondern mit einer "praktischen Vernunft".
_________________ Still confused - but on a higher level.
Mein Zeugs auf deviantart
Zuletzt bearbeitet von Chinasky am 10.06.2006, 18:25, insgesamt 4-mal bearbeitet |
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L.E.N. im falschen Film
Anmeldungsdatum: 25.05.2004 Beiträge: 27745
Wohnort: Hamburg
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(#493692) Verfasst am: 10.06.2006, 14:15 Titel: |
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vorweg: versuch bitte in diskussionen eine gewisse persönliche distanz zu wahren. es macht mir bald keinen spass mehr, mit jemandem zu diskutieren (siehe morales thread) der ständig andere meinungen als hirnrissig oder menschenverachtend bezeichnet.
Latenight hat folgendes geschrieben: | L.E.N.|Propagandhi hat folgendes geschrieben: | du findest es hirnrissig, und dein urteil steht ja nach blitzschneller reflektion fest bis in alle ewigkeit, nicht wahr? |
Sagst ausgerechnet du:
L.E.N.|Propagandhi hat folgendes geschrieben: | wenn man ausnahmsweise folter zulässt, ist der damm gebrochen. | Wenn das mal kein Dogma ist...
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nun, wenn es dich glücklich macht... ich bin bereit darüber nachzudenken, folter zu erlauben. doch im anbetracht der folgen (missbrauch durch exekutivkräfte an erster stelle, sowie die schwierige kontrollierbarkeit der exekutive etc.) halte ich das verbot der folter für sinnvoll.
Latenight hat folgendes geschrieben: |
In diesem Fall steht mein Urteil natürlich fest, weil du Äpfel mit Birnen vergleichst. Denn du vergleichst Gewalt, die angewendet wird, um ein gefährdetes Kind zu retten mit einem Mord, der begangen wird, um Rachegelüste zu befriedigen. |
rachegelüste mögen der primäre beweggrund sein, allerdings sollte man nicht vergessen, dass der tod dieses menschen weitere morde verhindert, was bei knast und anschliessender freilassung einschliesslich positivem medizinischen gutachten nicht der fall wäre.
Latenight hat folgendes geschrieben: |
Nochmal.
Daschner sitzt einem Mann gegenüber, der ihm sagt "Ich habe das Kind versteckt aber ich sage dir nicht wo."
Es geht in dieser Situation für Daschner also darum, dass ein Verbrecher mit ihm Spielchen spielt und er gleichzeitig davon ausgehen muss, dass das Kind in Lebensgefahr ist.
Daschner droht also Folter an, um ein lebendiges Kind zu retten.
Die Folter ist in diesem Fall für meine Begriffe nicht nur gerechtfertigt, sondern ihre Unterlassung wäre in meinen Augen unterlassene Hilfeleistung.
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es macht einen gewaltigen unterschied, diese gewalt vom staat ausgehen zu lassen. es stellt eine dimension dar, derer du dich offenbar nicht bewusst bist.
in einem staat, der leider zu wenig mit demokratie zu tun hat, wäre die erlaubnis von folter ein schritt in richtung USA, Türkei oder israel.
Latenight hat folgendes geschrieben: |
In deinem Szenario geht es um die Rache für einen bereits getöteten Menschen. Der Mensch ist unwiederbringlich tot und die im Zuge der Rache ausgeführte Gewalt dient nicht der Rettung eines Menschen, dem selbst Gewalt angetan wird, sondern allein der Befriedigung deiner Bedürfnisse.
Mir ist es schleierhaft, wie du einerseits so abgebrüht sein kannst, das Leben eines fremden Kindes der Unversehrtheit seines Peinigers kategorisch unterzuordnen, wenn dieses noch gerettet werden könnte und gleichzeitig für dich einen Racheexzess nicht ausschließen kannst. |
nein, siehe oben. ausserdem frage ich mich, wie du darauf kommst das mir der entführer wichtiger ist. liest du was ich schreibe?! ich sagte, das ich es begrüsse was daschner tat, dafür allerdings eine bestrafung erwarte, weil in D keine folter erlaubt ist.
Latenight hat folgendes geschrieben: |
Wenn ich unter dem Mord einer mir nahestehenden Person so leiden würde, dass ich selbst Mordgelüste verspüren würde, dann wüsste ich in diesem Moment auch, was ich damit den Menschen antun würde, die den Mörder lieben. Und diese Menschen wären durch die Tat ihres Kindes gestraft und ausgegrenzt genug. Jenseits des Affekts kann ich eine solche Rachetat für mich unter den derzeitigen Umständen ziemlich kategorisch ausschließen.
Aber mit jemandem, der sich hinsetzt und verkündet "Ich hab das Kind aber sag euch nicht wo. Ätsch Bätsch", würd ich ohne vorher mit einem Experten zu drohen den Boden aufwischen. Gar keine Frage.
Allein der Versuch, mir vorzustellen, was ein Kind durchmachen muss, das von einem Entführer irgendwo alleine weggesperrt wurde, dem weiß Gott was angetan und weiß Gott was angedroht wurde, schnürt mir die Brust ab. |
wie gesagt, ich finde er hat sich ethisch korrekt verhalten.
_________________ Ich will Gott lästern dürfen! Weg mit §166 StGB!
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Morrigan - der große Rabe Gast
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(#493706) Verfasst am: 10.06.2006, 14:38 Titel: |
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Vielen Dank Chinasky für Deine Beiträge, die wirklich Klasse sind. Du hast die Problematik für mich sehr schön auf den Punkt gebracht. mille grazie!
saluti
Susanna
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L.E.N. im falschen Film
Anmeldungsdatum: 25.05.2004 Beiträge: 27745
Wohnort: Hamburg
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(#493711) Verfasst am: 10.06.2006, 14:55 Titel: |
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Chinasky hat folgendes geschrieben: | Das Folterverbot wird die Folter nicht in allen Fällen verhindern können. Wäre ich Daschner gewesen, ich hätte eventuell gehandelt wie er, allerdings im klaren Bewußtsein, daß mein Handeln strafbar sei und wohl auch bestraft würde. Ich hätte Gefängnisstrafe in Kauf genommen für die Chance, so das Leben des Jungen zu retten. |
genau das habe ich sagen wollen, vielen dank!
_________________ Ich will Gott lästern dürfen! Weg mit §166 StGB!
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#493740) Verfasst am: 10.06.2006, 15:42 Titel: |
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L.E.N.|Propagandhi hat folgendes geschrieben: | eine affekthandlung, die ich ethisch für vertretbar halte. |
Was Du meinst, ist wohl eher "verzeilich", "verständlich", "nachvollziehbar" ... aber "ethisch vertretbar" halte ich für falsch. Ethik zeichnet sich doch gerade dadurch aus, dass man vom persönlichen Standpunkt (und damit vom emotionalen Affekt) abstrahiert.
_________________ Hard work often pays off after time, but laziness always pays off now.
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Latenight registrierter User
Anmeldungsdatum: 17.05.2005 Beiträge: 2549
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(#493840) Verfasst am: 10.06.2006, 19:25 Titel: |
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L.E.N.|Propagandhi hat folgendes geschrieben: | vorweg: versuch bitte in diskussionen eine gewisse persönliche distanz zu wahren. es macht mir bald keinen spass mehr, mit jemandem zu diskutieren (siehe morales thread) der ständig andere meinungen als hirnrissig oder menschenverachtend bezeichnet. |
Selbstverständlich erhebe ich keinen Objektivitätsanspruch auf meine Meinung und alles was ich hier schreibe ist rein subjektiv.
Wenn ich deine Meinung für menschenverachtend halte, werde ich das auch sagen. Du musst meine Meinung ja nicht als Maßstab für irgendetwas anerkennen.
Entschuldige die Formulierung "hirnrissig", die hätte ich besser anders gewählt. Möglicherweise ist sie in anderen Regionen Deutschlands nicht so verbreitet wie bei uns.
L.E.N.|Propagandhi hat folgendes geschrieben: | nein, siehe oben. ausserdem frage ich mich, wie du darauf kommst das mir der entführer wichtiger ist. liest du was ich schreibe?! ich sagte, das ich es begrüsse was daschner tat, dafür allerdings eine bestrafung erwarte, weil in D keine folter erlaubt ist. |
Wie bereits gesagt ging es für Daschner darum zwischen den Rechten eines Entführers und eines Entführten abzuwägen.
Daschner hat sich dafür entschieden, den Rechten des Entführten mehr Gewicht zuzubilligen.
Du sagst "Persönlich ganz ok, aber Strafe muss sein". Was nichts anderes bedeutet als dass du vom Staat erwartest zu signalisieren, dass Daschners verhalten offiziell falsch war und in einer vergleichbaren Situation dem Entführer auch künftig gefälligst nicht einmal Gewalt anzudrohen sei, um das Leiden, möglicherweise Sterben, eines Kindes zu beenden.
Dadurch räumst du in meinen Augen dem Recht des Entführers auf Unterlassung von Gewaltandrohung mehr Gewicht ein als dem Recht eines Kindes darauf, dass sein Leiden beendet und sein Leben gerettet wird. (Daschner hätte darauf verzichten sollen realistische Mittel zur Rettung des Kindes zu ergreifen, um das Recht des Entführers zu gewährleisten, ergo das Recht des Entführers in dieser Situation stärker gewichten als das des Kindes)
Wenn meine Schlußfolgerung falsch ist, dann kläre mich bitte auf.
Ich bin der Meinung, dass in der besprochenen Situation (Entführer gesteht die Entführung, weigert sich aber das Versteck des Kindes weiterzugeben) Daschners Reaktion absolut angemessen war. Und dass ein Gesetz, mit dem dieses Verhalten nicht vereinbar ist, Gewaltopfer in vergleichbaren Situationen nicht mit allen verfügbaren Mitteln schützen kann. Deswegen finde ich eine solche Gesetzliche Grundlage schlecht, und überarbeitungsbedürftig.
Und ich bin auch der Meinung, dass in unseren beiden abweichenden Meinungen der Schutz der Rechte des entführten Kindes deutlich anders gewichtet ist.
Chinasky hat folgendes geschrieben: | Oder, wenn er meint, aus dieser oder jener ethischen Erwägung heraus foltern zu müssen, dann muß er sich seiner Sache so sicher sein, daß er die persönlichen Folgen dafür inkauf nimmt.
Dieses Grundprinzip hat nichts mit (letzlich metaphysischen) Dogmen zu tun. Sondern mit einer "praktischen Vernunft". |
Das ipmliziert allerdings naturgesetzhaften Charakter der entsprechenden Gesetze. Und nachdem sie aber von Menschen gemacht sind, bezeichne ich das hier von vielen gezeigte Festhalten am Buchstaben als dogmatisch.
Chinasky hat folgendes geschrieben: | Dummheit ist kein Ausschlußkriterium für Bürgerrechte! Auch der Entführer in diesem Fall ist nach wie vor Bürger dieses Staates. |
Latenight hat folgendes geschrieben: | ...in diesem Fall geht es darum, dass das Recht auf Unversehrtheit des Entführers und das Recht auf Unversehrtheit des Entführten in Konkurrenz zueinander stehen. |
Wie gesagt, es geht nicht darum, jemandem aufgrund seiner Tat seine Rechte abzusprechen, sondern zwischen zwei sich in der betreffenden Situation akut widersprechenden Rechten abzuwägen.
Dieses kontinuierliche Ausblenden des Dilemmacharakters (nicht nur von deiner Seite) der Situation von Daschner ordne ich auch unter Dogmatik ein
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Latenight registrierter User
Anmeldungsdatum: 17.05.2005 Beiträge: 2549
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(#493842) Verfasst am: 10.06.2006, 19:27 Titel: |
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kolja hat folgendes geschrieben: | L.E.N.|Propagandhi hat folgendes geschrieben: | eine affekthandlung, die ich ethisch für vertretbar halte. |
Was Du meinst, ist wohl eher "verzeilich", "verständlich", "nachvollziehbar" ... aber "ethisch vertretbar" halte ich für falsch. Ethik zeichnet sich doch gerade dadurch aus, dass man vom persönlichen Standpunkt (und damit vom emotionalen Affekt) abstrahiert. |
Aus demselben Grund halte ich Rachehandeln für unethisch.
Aber genau aus diesem Grund halte ich Daschners verhalten auch für ethisch.
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George auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2004 Beiträge: 4485
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(#493845) Verfasst am: 10.06.2006, 19:28 Titel: |
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Chinasky hat folgendes geschrieben: | "Foltere nie!" ist kein Dogma, sondern eine Rechtsvorschrift unseres Staates. Es mag auf Weltanschauungen gründen, ist aber selbst keine Weltanschauung und auch kein wesentlicher Bestandteil einer Weltanschauung.
Vom Standpunkt der Vernunft aus ist diese Rechtsvorschrift aber sehr wertvoll. Schon allein empirisch besehen, wenn man Staaten mit legalisierter Folter vergleicht mit Staaten, in denen die Folter verboten ist.
Vom Standpunkt der Vernunft her sollte man von der prinzipiellen Fehlbarkeit der Menschen ausgehen. Und von den zu erwartenden Vorteilen bzw. Nachteilen einer Aufhebung des absoluten Folterverbotes her denken.
Beispielsweise: Würde die Rechtslage klarer, wenn man nun nachträglich eine "lex daschner" einführte? Versuche Dich mal in einer Formulierung so einer (mehr oder minder begrenzten) Folterlegalisierung. Und überlege dann, in welchen Fällen der Vergangenheit das von Dir formulierte Gesetz wahrscheinlich geholfen hätte, Unheil abzuwenden und das Recht der Bürger auf Unversehrtheit zu verbessern.
Du als Person hast es einfach, zwischen Opfer und Täter zu unterscheiden, insbesondere bei so einem "klaren Fall". Aber: Die meisten Konflikte innerhalb eines Staates sind nicht so offensichtlich und klar. Was, wenn der Verdächtige gar nicht der Entführer war, sondern sich nur aufgrund einer Profilneurose oder sonstigen psychologischen Deformation selbst beschuldigte? Frag mal Fachleute, wie vielle Verrückte sich selbst bezichtigen bestimmte in den Medien hochgepushte Verbrechen begangen zu haben. Die alle foltern?
Du könntest sagen: War halt ihre Dummheit, wer sich selbst beschuldigt, muß mit den Konsequenzen leben.
Aber: Dummheit ist kein Ausschlußkriterium für Bürgerrechte! Auch der Entführer in diesem Fall ist nach wie vor Bürger dieses Staates.
Die Idee des staatlichen Gewaltmonopols ist aber nun mal die, daß jeder der Bürger (die ihr "Recht" auf gewaltsame Durchsetzung ihrer Interessen an den Staat abgetreten haben) dieselben Rechte genießt. Eines dieser Rechte ist das, vor Folter sicher zu sein. Wer, als Repräsentant des Staates, diesen Kontrakt zwischen Staat und Individuum einseitig bricht, muß sich über die Tragweite seines Tuns klar sein. Hier trafen nicht Ermittlungsbeamter und Verdächtiger aufeinander - hier trafen Staat und Individuum aufeinander. Dem Staat gegenüber ist das Invididuum vollständig ohnmächtig. Ein Staat, der sich nicht selbst strikte Begrenzungen auferlegt, was die Ausübung seiner totalen Machtüberlegenheit gegenüber dem Individuum angeht, entwickelt sich zum totalitären System.
Das Rechtsstaatsystem kann es verkraften, wenn einzelne Individuen verbrecherisch handeln. Aber es bricht zusammen, wenn der Staat selbst verbrecherisch handelt. Deswegen müssen die Zügel, die dem Staat im Umgang mit seinen Bürgern angelegt werden, eng sein. Der Staat darf nicht nach dem Prinzip "Wie du mir, so ich dir!" handeln. Ein Verbrecher ist, ungeachtet der Abscheulichkeit seines Verbrechens, immer noch ein Mensch und muß als solcher behandelt werden. Wenn man darin übereinstimmt, daß Folter eine unmenschliche Praxis ist, dann darf der Staat oder sein Vertreter eben nicht foltern - weil er damit die Menschenwürde des Gefolterten verletzt. Und diese Menschenwürde besitzt (ich wiederhole mich, weil sich an dieser Stelle die Gedanken der Befürworter von Folter häufig im Kreise drehen) auch der Verbrecher.
Praktisch sieht's so aus: Jeder Bürger, auch jeder Vernehmungsbeamte in diesem Land darf foltern.
Er sollte sich nur nicht dabei erwischen lassen, wenn er dies ohne Sanktionen tun möchte.
Oder, wenn er meint, aus dieser oder jener ethischen Erwägung heraus foltern zu müssen, dann muß er sich seiner Sache so sicher sein, daß er die persönlichen Folgen dafür inkauf nimmt.
Dieses Grundprinzip hat nichts mit (letzlich metaphysischen) Dogmen zu tun. Sondern mit einer "praktischen Vernunft". |
Aus diesen Gründen könnte es ein politisches Urteil geben , dann wird er halt abgemahnt oder bekommt eine Geldstrafe die dann wohl der Vater des Jungen gerne bezahlen wird .
Zur Not würde ich auch mit für ihn sammeln.
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Xamanoth auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 07.04.2006 Beiträge: 7962
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(#493847) Verfasst am: 10.06.2006, 19:30 Titel: |
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George hat folgendes geschrieben: |
Aus diesen Gründen könnte es ein politisches Urteil geben , dann wird er halt abgemahnt oder bekommt eine Geldstrafe die dann wohl der Vater des Jungen gerne bezahlen wird .
Zur Not würde ich auch mit für ihn sammeln. |
Wenn du das öffentlich machst, währe es mir eine Freude dich anzuzeigen.
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Ralf Rudolfy Auf eigenen Wunsch deaktiviert.
Anmeldungsdatum: 11.12.2003 Beiträge: 26674
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(#493850) Verfasst am: 10.06.2006, 19:33 Titel: |
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Xamanoth hat folgendes geschrieben: | George hat folgendes geschrieben: |
Aus diesen Gründen könnte es ein politisches Urteil geben , dann wird er halt abgemahnt oder bekommt eine Geldstrafe die dann wohl der Vater des Jungen gerne bezahlen wird .
Zur Not würde ich auch mit für ihn sammeln. |
Wenn du das öffentlich machst, währe es mir eine Freude dich anzuzeigen. |
Ist es verboten, für anderer Leute Geldstrafe zu sammeln?
_________________ Dadurch, daß ein Volk nicht mehr die Kraft oder Willen hat, sich in der Sphäre des Politischen zu halten, verschwindet das Politische nicht aus der Welt. Es verschwindet nur ein schwaches Volk. (Carl Schmitt)
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#493855) Verfasst am: 10.06.2006, 19:40 Titel: |
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Latenight hat folgendes geschrieben: | Aus demselben Grund halte ich Rachehandeln für unethisch. |
Da sind wir einer Meinung.
Latenight hat folgendes geschrieben: | Aber genau aus diesem Grund halte ich Daschners verhalten auch für ethisch. |
Das sehe ich nicht so.
Es erscheint hier manchen so, als würden in dieser Sache folgende Güter gegeneinander abgewägt: das Wohlergehen eines potentiellen Opfers gegen das Wohlergehen eines Täters. Manche berücksichtigen vielleicht noch, dass es sich um einen vermuteten Täter handelt.
Für mich sieht die Abwägung aber ganz anders aus: das Wohlergehen eines potentiellen Opfers gegen unser aller Risiko, in eine Situation zu geraten, in der wir (vielleicht sogar unschuldig) gefoltert werden.
_________________ Hard work often pays off after time, but laziness always pays off now.
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George auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2004 Beiträge: 4485
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(#493873) Verfasst am: 10.06.2006, 19:57 Titel: |
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Xamanoth hat folgendes geschrieben: | George hat folgendes geschrieben: |
Aus diesen Gründen könnte es ein politisches Urteil geben , dann wird er halt abgemahnt oder bekommt eine Geldstrafe die dann wohl der Vater des Jungen gerne bezahlen wird .
Zur Not würde ich auch mit für ihn sammeln. |
Wenn du das öffentlich machst, währe es mir eine Freude dich anzuzeigen. |
da würde ich es glatt drauf ankommen lassen mein lieber . Wenn ich persönlich beschließe diesem Mann zu helfen , wirst du mir ganz sicher keinen Straftatbestand nachweisen können
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#493875) Verfasst am: 10.06.2006, 19:59 Titel: |
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George hat folgendes geschrieben: | da würde ich es glatt drauf ankommen lassen mein lieber . Wenn ich persönlich beschließe diesem Mann zu helfen , wirst du mir ganz sicher keinen Straftatbestand nachweisen können  |
Tja, dann bleibt uns halt nichts anderes übrig, als Dich zu verkloppen. Wo wohnst Du noch gleich?
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George auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2004 Beiträge: 4485
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(#493880) Verfasst am: 10.06.2006, 20:01 Titel: |
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kolja hat folgendes geschrieben: | George hat folgendes geschrieben: | da würde ich es glatt drauf ankommen lassen mein lieber . Wenn ich persönlich beschließe diesem Mann zu helfen , wirst du mir ganz sicher keinen Straftatbestand nachweisen können  |
Tja, dann bleibt uns halt nichts anderes übrig, als Dich zu verkloppen. Wo wohnst Du noch gleich?  |
ja ja , das würd dir gefallen
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Xamanoth auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 07.04.2006 Beiträge: 7962
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(#493882) Verfasst am: 10.06.2006, 20:01 Titel: |
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George hat folgendes geschrieben: |
da würde ich es glatt drauf ankommen lassen mein lieber . Wenn ich persönlich beschließe diesem Mann zu helfen , wirst du mir ganz sicher keinen Straftatbestand nachweisen können  |
Wenn Daschner rechtskräftig verurteilt ist, und du öffentlich sein Handeln gutheißt, machst du dich gemäß §140 StGB strafbar.
Aber George, ehrlich gesagt, grad ist das Wetter viel zu schön, und ich habe keine Lust, mit dir dieselbe Diskussion wie letztens mit denselben Argumenten noch einmal zu führen.
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Chinasky dirty ol' man
Anmeldungsdatum: 27.03.2006 Beiträge: 1264
Wohnort: Hoher Norden
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(#493883) Verfasst am: 10.06.2006, 20:01 Titel: |
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Latenight hat folgendes geschrieben: |
Wie gesagt, es geht nicht darum, jemandem aufgrund seiner Tat seine Rechte abzusprechen, sondern zwischen zwei sich in der betreffenden Situation akut widersprechenden Rechten abzuwägen.
Dieses kontinuierliche Ausblenden des Dilemmacharakters (nicht nur von deiner Seite) der Situation von Daschner ordne ich auch unter Dogmatik ein  |
Der Dilemmacharakter wird von mir nicht ausgeblendet. So hoffe ich zumindest. Allerdings blendest Du hier ein wichtiges Faktum aus: Daschner war kein Richter. Er hatte schon mal von seiner Position her gar kein Recht, zwischen diesen verschiedenen Rechtsgütern "Unversehrtheit des Verdächtigen" und "Leben des entführten Jungen" abzuwägen.
Zweitens sind manche Menschenrechte nicht verhandelbar und auch nicht abwägbar. Dies ist übrigens ein Grund, warum ich sowohl dem Konzept des "Finalen Rettungsschusses" wie auch mit den jüngsten Regelungen zum Abschuß eventuell entführter Flugzeuge so meine Probleme habe. Und es ist eben auch ein Unterschied, ob man nun selbst aktiv foltert, oder ob man "nur" zuläßt, daß gemordet wird. Der springende Punkt ist, ich wiederhole mich: Daschner handelte nicht als dem Entführer ebenbürtiges Individuum, sondern als Vertreter des Staates. Und der Staat muß eben soviel Emotions-Abstand sich wahren, um zu erkennen, daß die Gefahren einer Folterlegalisierung größer sind als die eventuellen Nutzen. Er muß - zum höheren Wohle der Gesamtgesellschaft - inkauf nehmen, daß in Einzelfällen vermeidbares Leid zugefügt wird. Dies sich einzugestehen ist äußerst unangenehm, man fühlt sich dabei wie ein zynischer Arsch, und der Vorwurf, sozusagen ein Kind auf dem Altar irgendeines Dogmas zu opfern, tut weh, weil es weh tut, wenn ein richtiges Prinzip nur mit einzelnen Opfern "erkauft" werden kann.
Nochmal meine Aufforderung an Dich: Formuliere bitte einmal ein Gesetz bezüglich der Anwendung von Folter, wie Du es Dir wünschst. Stelle Deine Formulierung hier in den Diskussionsstrang und laß uns darüber diskutieren, welches die Vorteile und welches die Nachteile wären, wenn so ein Gesetz verabschiedet würde. Im konkret diskutierten Fall hätte dem Kind nicht geholfen werden können, bedenke das bitte! Wäre der Verdächtige also gefoltert worden, hätte der Staat schon mal mehr Leid verursacht als verhindert.
Mir sind leider (glücklicherweise?) verwandte Fälle mit ähnlich gelagerten Dilemmata nicht bekannt. Vielleicht hast Du ein Beispiel, wo Folter größeres Leid verhindert hätte?
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Mein Zeugs auf deviantart
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Latenight registrierter User
Anmeldungsdatum: 17.05.2005 Beiträge: 2549
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(#493885) Verfasst am: 10.06.2006, 20:04 Titel: |
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kolja hat folgendes geschrieben: | Für mich sieht die Abwägung aber ganz anders aus: das Wohlergehen eines potentiellen Opfers gegen unser aller Risiko, in eine Situation zu geraten, in der wir (vielleicht sogar unschuldig) gefoltert werden. |
Auf den Daschner-Fall müsstest du meiner Meinung nach ergänzen: in einer Situation - in der wir behaupten, ein Kind entführt zu haben und gleichzeitig nicht verraten, wo wir denn das Kind versteckt haben - unschuldig gefoltert zu werden.
Selbst dann finde ich die Risikobilanz nicht komplett. Denn es gilt letztendlich das eben genannte Risiko abzuwägen gegen das Risiko, als Entführungsopfer in einer Kiste verhungern zu müssen, während der Entführer damit vor der Polizei kokettiert. Und dieses Risiko würde im Falle einer Verurteilung Daschners zweifellos wachsen.
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George auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2004 Beiträge: 4485
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(#493886) Verfasst am: 10.06.2006, 20:04 Titel: |
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Xamanoth hat folgendes geschrieben: | George hat folgendes geschrieben: |
da würde ich es glatt drauf ankommen lassen mein lieber . Wenn ich persönlich beschließe diesem Mann zu helfen , wirst du mir ganz sicher keinen Straftatbestand nachweisen können  |
Wenn Daschner rechtskräftig verurteilt ist, und du öffentlich sein Handeln gutheißt, machst du dich gemäß §140 StGB strafbar.
Aber George, ehrlich gesagt, grad ist das Wetter viel zu schön, und ich habe keine Lust, mit dir dieselbe Diskussion wie letztens mit denselben Argumenten noch einmal zu führen. |
Den Richter will ich sehen , der mich verurteilt weil ich das was der mann getan hat gutheiße obwohl er dafür verurteilt wurde. das aufrufen zu einer Straftat wird sicher was anderes sein , aber meine meinung kann ich in diesem land äußern .
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Xamanoth auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 07.04.2006 Beiträge: 7962
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(#493892) Verfasst am: 10.06.2006, 20:10 Titel: |
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Latenight hat folgendes geschrieben: | kolja hat folgendes geschrieben: | Für mich sieht die Abwägung aber ganz anders aus: das Wohlergehen eines potentiellen Opfers gegen unser aller Risiko, in eine Situation zu geraten, in der wir (vielleicht sogar unschuldig) gefoltert werden. |
Auf den Daschner-Fall müsstest du meiner Meinung nach ergänzen: in einer Situation - in der wir behaupten, ein Kind entführt zu haben und gleichzeitig nicht verraten, wo wir denn das Kind versteckt haben - unschuldig gefoltert zu werden.
Selbst dann finde ich die Risikobilanz nicht komplett. Denn es gilt letztendlich das eben genannte Risiko abzuwägen gegen das Risiko, als Entführungsopfer in einer Kiste verhungern zu müssen, während der Entführer damit vor der Polizei kokettiert. Und dieses Risiko würde im Falle einer Verurteilung Daschners zweifellos wachsen. |
Hast du schon mal in Erwägung gezogen, dass es für den Entführer auch vorteilhaft ist, wenn er den Standort des Opfers angibt? So etwa 15 Jahre Unterschied?
Ich halte es für sehr unwahrscheindlich, ja eigentlich für unmöglich, dass eine Folterlegalisierung auch nur ansatzweise höheren Schutz bietet.
Was das Abwägungsdilemma betrifft: Das entscheidenste Schutzgut ist hier die Menscehnwürde des Entführers. (so unantastbar, steht in einnem nicht un#bedeutenden deutschen Gesetz).
Und eine Abwägung stellt bereits eine Antastung da, es ist unzulässig, die Würde des einen gegen die Würde des anderen abzuwägen.
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Rasmus entartet und notorisch gottlos - Ich bin Papst
Anmeldungsdatum: 20.05.2004 Beiträge: 17559
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(#493905) Verfasst am: 10.06.2006, 20:21 Titel: |
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Latenight hat folgendes geschrieben: | Wie bereits gesagt ging es für Daschner darum zwischen den Rechten eines Entführers und eines Entführten abzuwägen.
Daschner hat sich dafür entschieden, den Rechten des Entführten mehr Gewicht zuzubilligen. |
1. Er hat sich geirrt, und es ging ganz objektiv nicht um das, was er dachte.
2. Eine solche Entscheidung stand ihm schlicht und ergreifend nicht zu.
Zitat: | Du sagst "Persönlich ganz ok, aber Strafe muss sein". Was nichts anderes bedeutet als dass du vom Staat erwartest zu signalisieren, dass Daschners verhalten offiziell falsch war und in einer vergleichbaren Situation dem Entführer auch künftig gefälligst nicht einmal Gewalt anzudrohen sei, um das Leiden, möglicherweise Sterben, eines Kindes zu beenden.
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Richtig.
Zitat: | Dadurch räumst du in meinen Augen dem Recht des Entführers auf Unterlassung von Gewaltandrohung mehr Gewicht ein als dem Recht eines Kindes darauf, dass sein Leiden beendet und sein Leben gerettet wird. |
Falsch.
Aber das steht ja bloß schon ungefähr siebenhundert mal in diesem bzw. ähnlichen Threads.
Zitat: | (Daschner hätte darauf verzichten sollen realistische Mittel zur Rettung des Kindes zu ergreifen, |
Zähl dich bitte mal die realistischen Mittel auf, mit denen man ein totes Kind retten kann. Danke.
Zitat: | um das Recht des Entführers zu gewährleisten, ergo das Recht des Entführers in dieser Situation stärker gewichten als das des Kindes) |
Dem ist schlicht und ergreifend nicht so.
Daß ein vermeintlicher Entführer die Rechte anderer Menschen bedroht oder verletzt tangiert die seinen nicht im geringsten. Und zwar aus ganz einfachen, prinzipiellen Erwägungen - auf die Du mal in vom Einzelfall abstrahierender Weise eingehen könntest.
Zitat: | Wenn meine Schlußfolgerung falsch ist, dann kläre mich bitte auf. |
Aber gerne: Die Menschenrechte sind absolut. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Zitat: | Ich bin der Meinung, dass in der besprochenen Situation (Entführer gesteht die Entführung, weigert sich aber das Versteck des Kindes weiterzugeben) Daschners Reaktion absolut angemessen war. |
Wieso?
Die Situation war unklar. (Zur Erinnerung: Das Kind war lange tot. Es ist mir unbegreiflich, wie man angesichts dessen die Gefahr eines Irrtums dermaßen verharmlosen kann.)
Daß der Entführer nichts gesagt ist nichts weiter als sein gutes Recht!
Zitat: | Und dass ein Gesetz, mit dem dieses Verhalten nicht vereinbar ist, Gewaltopfer in vergleichbaren Situationen nicht mit allen verfügbaren Mitteln schützen kann. Deswegen finde ich eine solche Gesetzliche Grundlage schlecht, und überarbeitungsbedürftig. |
Auch an Dich ergeht somit die Bitte, die Gundlagen für eine Gesetzesänderung darzulegen.
Wie soll der Staat mit Leuten umgehen, die zu Unrecht gefoltert worden sind?
Wieso meinst Du, daß Menschen mehr Schutz vor potentiellen Verbrechern brauchen, als sie Schutz vor einem folternden Staat benötigen? Warum steht mir kein Schutz vor Folter zu?
Zitat: | Und ich bin auch der Meinung, dass in unseren beiden abweichenden Meinungen der Schutz der Rechte des entführten Kindes deutlich anders gewichtet ist. |
Nein. Wer gegen Folter ist negiert damit nicht die Rechte des Kindes. Ich lehne lediglich ab, die Menschenrechte zu relativieren.
Du stellst die Rechte des Kindes über die meinen - Du willst, daß ich gefoltert werde, daß meine Rechte verletzt werden, um die eines anderen zu schützen.
Es liegt an Dir, zu klären wie Fehler zu vermeiden sind, und wieso es besser ist, daß der Staat völlig legal unschuldige Menschen foltert, als wenn Verbrecher das auf illegale Weise tun.
Wenn ein Verbrecher mich foltert besteht wenigstens die Aussucht auf Verfolgung und Bestrafung durch den Staat. Was bekomme ich, wenn der Staat mich foltert?
Zitat: | Wie gesagt, es geht nicht darum, jemandem aufgrund seiner Tat seine Rechte abzusprechen, sondern zwischen zwei sich in der betreffenden Situation akut widersprechenden Rechten abzuwägen.
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Wen es darum wenigstens ginge!
Es geht aber darum, unschuldige Menschen auf Verdacht hin zu foltern!
Die Rechte der Betroffenen widersprechen sich nicht. Sie gelten unbedingt absolut für beide. Nur weil jemand die Rechte des Opfers missachtet, hat niemand das Recht, das auch mit anderen zu machen, und wenn noch so "offensichtlich" ist, daß es sich um die Täter handelt.
Zitat: | Dieses kontinuierliche Ausblenden des Dilemmacharakters (nicht nur von deiner Seite) der Situation von Daschner ordne ich auch unter Dogmatik ein  |
Es gab kein Dilemma. Das Dilemma existiert erst, wenn man Folter überhaupt zulässt. Wo Du ein Dilemma siehst, sehe ich eine tragische Situation, in der aber keinerlei Zweifel über die Optionen dr Polizei besteht.
Aber nur zu: Erklär uns nach welchen Regeln unschuldige Menschen wie gefoltert werden dürfen, wie Du das mit den Prinzipien des Rechtsstaates vereinbaren willst, und was passieren soll, wenn die ach so wohlmeinende Polizei sich mal irrt.
Und dann könntest Du noch erläutern, was das mittelfristig bringen soll, wenn jeder Verbrecher bei der Durchführung seines Verbrechens berücksichtigt, daß man ihn unter gewissen Umständen foltern könnte. Ich sehe darin nämlich eine große Gefahr für die Opfer zukünftiger Verbrechen.
Rasmus.
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If you ask the wrong questions you get answers like '42' or 'God'.
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Sylvia Browne - Wahrsager oder Scharlatan?
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George auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2004 Beiträge: 4485
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(#493907) Verfasst am: 10.06.2006, 20:23 Titel: |
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Xamanoth hat folgendes geschrieben: | Latenight hat folgendes geschrieben: | kolja hat folgendes geschrieben: | Für mich sieht die Abwägung aber ganz anders aus: das Wohlergehen eines potentiellen Opfers gegen unser aller Risiko, in eine Situation zu geraten, in der wir (vielleicht sogar unschuldig) gefoltert werden. |
Auf den Daschner-Fall müsstest du meiner Meinung nach ergänzen: in einer Situation - in der wir behaupten, ein Kind entführt zu haben und gleichzeitig nicht verraten, wo wir denn das Kind versteckt haben - unschuldig gefoltert zu werden.
Selbst dann finde ich die Risikobilanz nicht komplett. Denn es gilt letztendlich das eben genannte Risiko abzuwägen gegen das Risiko, als Entführungsopfer in einer Kiste verhungern zu müssen, während der Entführer damit vor der Polizei kokettiert. Und dieses Risiko würde im Falle einer Verurteilung Daschners zweifellos wachsen. |
Hast du schon mal in Erwägung gezogen, dass es für den Entführer auch vorteilhaft ist, wenn er den Standort des Opfers angibt? So etwa 15 Jahre Unterschied?
Ich halte es für sehr unwahrscheindlich, ja eigentlich für unmöglich, dass eine Folterlegalisierung auch nur ansatzweise höheren Schutz bietet.
Was das Abwägungsdilemma betrifft: Das entscheidenste Schutzgut ist hier die Menscehnwürde des Entführers. (so unantastbar, steht in einnem nicht un#bedeutenden deutschen Gesetz).
Und eine Abwägung stellt bereits eine Antastung da, es ist unzulässig, die Würde des einen gegen die Würde des anderen abzuwägen. |
Ja , deshalb finde ich ein politisches urteil mit einer kleinen Geldstrafe auch völlig in Ordnung
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Xamanoth auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 07.04.2006 Beiträge: 7962
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(#493909) Verfasst am: 10.06.2006, 20:25 Titel: |
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George hat folgendes geschrieben: |
Ja , deshalb finde ich ein politisches urteil mit einer kleinen Geldstrafe auch völlig in Ordnung  |
Nicht, sofern Daschner ansonsten im Polizeidienst bleiben kann.
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#493910) Verfasst am: 10.06.2006, 20:25 Titel: |
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Latenight hat folgendes geschrieben: | Auf den Daschner-Fall müsstest du meiner Meinung nach ergänzen: in einer Situation - in der wir behaupten, ein Kind entführt zu haben und gleichzeitig nicht verraten, wo wir denn das Kind versteckt haben - unschuldig gefoltert zu werden. |
Nein, denn wäre Folter nicht absolut verboten, dann würde sie möglicherweise auch in anderen Fällen eingesetzt, in denen Polizisten hinreichende Sicherheit zu haben glauben.
Im übrigen scheint es mir, Du hältst es für eine Art persönlichen Verdienst, dass Du nicht in solche Situationen geraten würdest. Ich habe da eine etwas andere Sichtweise.
Latenight hat folgendes geschrieben: | Selbst dann finde ich die Risikobilanz nicht komplett. Denn es gilt letztendlich das eben genannte Risiko abzuwägen gegen das Risiko, als Entführungsopfer in einer Kiste verhungern zu müssen, während der Entführer damit vor der Polizei kokettiert. Und dieses Risiko würde im Falle einer Verurteilung Daschners zweifellos wachsen. |
Ach geh, das Risiko vom Blitz erschlagen zu werden ist bestimmt größer.
_________________ Hard work often pays off after time, but laziness always pays off now.
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#493912) Verfasst am: 10.06.2006, 20:27 Titel: |
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Xamanoth hat folgendes geschrieben: | Was das Abwägungsdilemma betrifft: Das entscheidenste Schutzgut ist hier die Menscehnwürde des Entführers. |
Naja, mit "Menschenwürde" argumentiere ich nicht gerne, das ist mir zu schwammig. Meine Argumentation war eher utilitaristisch gemeint. Aber das nur am Rande.
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George auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2004 Beiträge: 4485
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(#493913) Verfasst am: 10.06.2006, 20:28 Titel: |
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Jeder von uns kann sich die Situation genau vorstellen , ein Polizist weiß aufgrund der Beweislage das er den Entführer vor sich hat , er weiß aber auch das das Leben des Jungen vermutlich akut in Gefahr ist , was tun ?
Der Mann hat Charakter bewiesen und seine Rente aufs spiel gesetzt , dem Jungen hats leider nicht geholfen.
Politisch muß man es wohl ächten , aber bitte nicht dem mann wirklich schaden , ich hoffe die Richter beweisen Fingerspitzengefühl.
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kolja der Typ im Maschinenraum

Anmeldungsdatum: 02.12.2004 Beiträge: 16631
Wohnort: NRW
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(#493914) Verfasst am: 10.06.2006, 20:30 Titel: |
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George hat folgendes geschrieben: | Jeder von uns kann sich die Situation genau vorstellen , ein Polizist weiß aufgrund der Beweislage das er den Entführer vor sich hat [...] |
Nein, eine solche Situation kann ich mir nicht vorstellen. Ich bin nicht Gott, ich weiß nicht alles. Ich kann immer irren.
Ist das bei Dir anders? Hoffentlich wirst Du niemals Polizist.
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George auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.09.2004 Beiträge: 4485
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(#493927) Verfasst am: 10.06.2006, 20:44 Titel: |
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kolja hat folgendes geschrieben: | George hat folgendes geschrieben: | Jeder von uns kann sich die Situation genau vorstellen , ein Polizist weiß aufgrund der Beweislage das er den Entführer vor sich hat [...] |
Nein, eine solche Situation kann ich mir nicht vorstellen. Ich bin nicht Gott, ich weiß nicht alles. Ich kann immer irren.
Ist das bei Dir anders? Hoffentlich wirst Du niemals Polizist. |
Stimmt , ich wäre Dirty Harry
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Chinasky dirty ol' man
Anmeldungsdatum: 27.03.2006 Beiträge: 1264
Wohnort: Hoher Norden
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(#493931) Verfasst am: 10.06.2006, 20:47 Titel: |
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George hat folgendes geschrieben: | Jeder von uns kann sich die Situation genau vorstellen , ein Polizist weiß aufgrund der Beweislage das er den Entführer vor sich hat , er weiß aber auch das das Leben des Jungen v e r m u t l i c h akut in Gefahr ist , was tun ?
Der Mann hat Charakter bewiesen und seine Rente aufs spiel gesetzt , dem Jungen hats leider nicht geholfen.
Politisch muß man es wohl ächten , aber bitte nicht dem mann wirklich schaden , ich hoffe die Richter beweisen Fingerspitzengefühl. |
Mein Kommentar zu Deinem ersten Absatz besteht in der "Verfettung" des entscheidenden Wortes.
Man muß es nicht "politisch" ächten. Man muß es juristisch ächten, d.h. angemessen bestrafen. Was angemessen ist - darüber werden die Richter befinden. Und zu deren Spruch kann dann jeder seine eigene Meinung haben. Ich persönlich hielte es auch untragbar, so einen Mann länger im Dienst zu lassen. Nicht, weil ich ihn für eine Verbrecher halte. Sondern weil er sich für diesen Job selbst disqualifiziert hat: Er hat seine Kompetenzen eindeutig überschritten.
_________________ Still confused - but on a higher level.
Mein Zeugs auf deviantart
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Xamanoth auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 07.04.2006 Beiträge: 7962
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(#493932) Verfasst am: 10.06.2006, 20:49 Titel: |
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Chinasky hat folgendes geschrieben: | George hat folgendes geschrieben: | Jeder von uns kann sich die Situation genau vorstellen , ein Polizist weiß aufgrund der Beweislage das er den Entführer vor sich hat , er weiß aber auch das das Leben des Jungen v e r m u t l i c h akut in Gefahr ist , was tun ?
Der Mann hat Charakter bewiesen und seine Rente aufs spiel gesetzt , dem Jungen hats leider nicht geholfen.
Politisch muß man es wohl ächten , aber bitte nicht dem mann wirklich schaden , ich hoffe die Richter beweisen Fingerspitzengefühl. |
Mein Kommentar zu Deinem ersten Absatz besteht in der "Verfettung" des entscheidenden Wortes.
Man muß es nicht "politisch" ächten. Man muß es juristisch ächten, d.h. angemessen bestrafen. Was angemessen ist - darüber werden die Richter befinden. Und zu deren Spruch kann dann jeder seine eigene Meinung haben. Ich persönlich hielte es auch untragbar, so einen Mann länger im Dienst zu lassen. Nicht, weil ich ihn für eine Verbrecher halte. Sondern weil er sich für diesen Job selbst disqualifiziert hat: Er hat seine Kompetenzen eindeutig überschritten. |
Chinasky, diese Diskussion macht keinen Sßass, wenn du genau schreibst, was ich auch meine und sagen würde.
Also halt dich bitte zurück!
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