Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen |
Autor |
Nachricht |
Ahriman Tattergreis
Anmeldungsdatum: 31.03.2006 Beiträge: 17976
Wohnort: 89250 Senden
|
(#572491) Verfasst am: 26.09.2006, 00:45 Titel: |
|
|
Ich muß mal suchen, ich meine, ich hätte das Buch noch, in dem es stand. Der Titel des Artikels war "Was bleibt von der Kunst, wenn jeder ein Künstler ist?" und befaßte sich mit Beuys These, jedermann sei ein Künstler. Das war natürlich ein gefundenes Fressen für all die Möchtegern-Künstler, die irgendwelchen Unfug verzapfen und sich dabei auf den Mann mit dem Hut berufen.
|
|
Nach oben |
|
 |
sanft auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 14.08.2006 Beiträge: 1431
|
(#572559) Verfasst am: 26.09.2006, 11:02 Titel: |
|
|
Ahriman hat folgendes geschrieben: | Ich muß mal suchen, ich meine, ich hätte das Buch noch, in dem es stand. Der Titel des Artikels war "Was bleibt von der Kunst, wenn jeder ein Künstler ist?" und befaßte sich mit Beuys These, jedermann sei ein Künstler. Das war natürlich ein gefundenes Fressen für all die Möchtegern-Künstler, die irgendwelchen Unfug verzapfen und sich dabei auf den Mann mit dem Hut berufen. |
Nun denn, ich kann auch, wenn du es für besser hältst, auch so tippen, wie du es dir wünschst
oder wie es eben in deinem speziellen Gehirn anzukommen hat.
Andy Warhol hat auch Herrn J. Beuys porträtiert. Dieses wunderschöne Bild stand im krassen Gegensatz zu seinen übrigen Bildern, und zwar so intensiv, dass es beinahe magisch ist, Beuys mit Goldstaub bedeckt, am Ende der Ausstellung, ein Bild von überdimensionaler Größe ( hui, hoffentlich versteckt sich nicht ein Rechtschreibfehler in diesem Wort) an dem es keine Chance gab, vorbei zu gehen, den Besucher der Ausstellung musste es sehen, es gab keinen Ausweg!
Die Selbstportrais von Warhol waren nicht minder faszinierend, es heißt dass Warhol von so aussergewöhnlicher Hässlichkeit bedeckt war, dass seine "Untergebenen" regelrecht Angst vor ihm hatten, dieser Ansichtsweise, oder eben Ansichtssache, hat David Bowie in einem song ( sorry, schreibt man eben klein) gut zum Ausdruck gebracht:
(This is Andy Warhole and it's take one, take one)
It's, it's Warhol actually
(What did I say)
Whole, it's whole as in wholes
(Andy Warhol)
Wah, Andy War hol, Andy War hol (he)
Like whole hub
He
Ha
Are you ready
(Yeah)
Ha ha ha ha ha ha
Like to take a cement fix
Be a standing cinema
Dress my friends up just for show
See them as they really are
Put a peephole in my brain
Two New Pence to have a go
I'd like to be a gallery
Put you all inside my show
Andy Warhol looks a scream
Hang him on my wall
Andy Warhol, Silver Screen
Can't tell them apart at all
Andy walking, Andy tired
Andy take a little snooze
Tie him up when he's fast asleep
Send him on a pleasant cruise (hm hm hm)
When he wakes up on the sea
He sure to think of me and you
He'll think about paint and he'll think about glue
What a jolly boring thing to do
Andy Warhol looks a scream
Hang him on my wall
Andy Warhol, Silver Screen
Can't tell them apart at all
Andy Warhol looks a scream
Hang him on my wall
Andy Warhol, Silver Screen
Can't tell them apart at all
(Handclaps)
___________________________
was ich damit ausdrücken möchte, ist, dass seine Tomatendosen in Florenz, in den Uffizien hängen
( das hat nichts mit " Kacke in der Dose zu tun)
Bei Grass ist eben das Problem, dass er die "neue" deutsche Literatur fest im Griff hat und sogenannten "newcomers" ihre Existenz weitreichend absprach, haargenau dieses, führte zu dem Konflikt und zu dem Ergebnis(s) dass Grass kritisiert wurde.
Kunst, ist etwas Besonderes, etwas das zum Ausdruck bringt, wozu wir normalen Menschen nicht fähig sind, Kunst muss nicht immer schön sein, Kunst ist ein winzigen Blick durch ein Schlüsselloch
in die Freiheit, in die Freiheit aller Abgründe der menschlichen Nöte;
und dieses zu sehen oder ekennen zu können , ist die Freiheit eines wahren Kunst...(wie soll ich das ausdrücken? ...Kunst-Betrachters?
Kunst muss man lernen zu sehen, jede Kunst zu betrachten oder zu leben, ist geboren aus Sorgfältigkeit, auch die Kunst des Liebens muss man lernen, die Kunst des Kochens besteht auch nur
fast ausschließlich von der Sorgfalt und Liebe mit dem Umgang der Produkte.
Wenn Künstler , die weltberühmt sind, wie Nick Hornby, der jede Zeile die er schreibt, so aussehen lassen will, als müsste sie Musik beinhalten, kann das nicht bei jedem Leser seiner Bücher ankommen, aber diejenigen, die , die Leidenschaft von Musik verstehen, gelernt haben, verstehen jedes Wort von ihm.
Kunst ist, wenn der Künstler den normalen, armseligen Menschen in Staunen versetzt, etwas das
der normale Mensch verloren hat, im Alltag, er hat die Aufgabe seine Existenz zu sichern
und vergisst darüber fast alles was er einmal konnte: Schreiben, Zeichnen, Dichten, die Zeit festhalten zu wollen.............
Ich denke, das ist Kunst.
|
|
Nach oben |
|
 |
Ahriman Tattergreis
Anmeldungsdatum: 31.03.2006 Beiträge: 17976
Wohnort: 89250 Senden
|
(#572890) Verfasst am: 26.09.2006, 18:13 Titel: |
|
|
Vielleicht spielt beim Kunstverständnis frühzeitige Indoktrinierung ebenso eine wichtige Rolle wie bei der Religion. Ich bin, aufgewachsen im Nazi-Reich, auf "schöne" Kunstwerke dressiert worden. Nach 1945, etwa im Alter von 12 Jahren sah ich eine Ausstellung von Werken des Chemnitzers Schmidt-Rottluff (ich weiß jetzt nicht genau, wie er sich richtig schreibt). Ich fand sie allesamt häßlich und kindlich gestümpert. Denn so ungefähr wie er malte, sahen meine Bilder auch aus, wenn ich was zu malen versuchte. Spätere Begegnungen mit der zeitgenössischen Kunst verliefen nicht anders, sie sind auch heute noch in der Regel enttäuschend. Ich habe eine ansehnliche Sammlung Gemälde in meinem Computer, die meisten davon stammen aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Ich liebe Schwind, Catel, Richter, um nur drei Namen zu nennen, die mir jetzt spontan einfallen.
Es ist nur ein einziges Mal geschehen, daß ich ein völlig abstraktes Gemälde, eine reine Farbenkomposition nicht nur als schön empfand, es war faszinierend, und ich stand lange vor dem Schaufenster des Kunstgeschäftes. Leider hätte ich einen ganzen Monatslohn hinlegen müssen, um es zu kaufen. Das ist bisher nie wieder geschehen, obwohl ich oft Kunstausstellungen besuche. Ich probier's halt immer wieder, und immer wieder bin ich enttäuscht.
Genau so ergeht es mir natürlich mit der plastischen Kunst, der Bildhauerei. Donatellos David ist einfach hinreißend, Heinrich Lüpertz Aphrodite abstoßend. Und der Moses von Michelangelo - wow! Es ist ja schon mehr als einmal passiert, daß die Müllabfuhr ein Kunstwerk abtransportierte. Man stelle ein Werk von Tinguely auf den Schrottplatz, und es ist weg. Man stelle eine Skulptur von Schwanthaler auf die Müllhalde: Sie ist nicht zu übersehen.
Und die Musik? Da ist es nicht anders. Es war ein gewaltiges Erlebnis, als mein großer Bruder mich damals zum "Freischütz" mitnahm. Und um 1950 hat Disneys "Fantasia" mir endgültig die Ohren geöffnet. Ich liebe Beethoven, Mozart, Verdi, ich kann immer wieder weinen, wenn Violetta singt: "...della traviata sorridi al desio..." Ich habe die Oper zweimal auf CD und zweimal auf Video.
Aber ich kann mit den Modernen nichts anfangen. Als bei einer Fernsehübertragung eines "Neutöners" der Pianist aufstand, sich über den offenen Flügel beugte und begann, an den Saiten zu kratzen, fühlte ich mich schlicht verarscht - und schaltete ab.
Ich gehe auch nicht mehr ins Theater, egal ob Oper oder Schauspiel. Die Inszenierungen heute sind häßlich und abstoßend und manchmal maßlos dumm: Im Wiener Burgtheater kommt der Landvogt Geßler im Jeep auf die Bühne, seine Schergen tragen Militärkarabiner - und der Tell hat immer noch nur eine Armbrust. Anachronismen sind witzig bei Asterix und Obelix, nicht aber in klassischen Theaterstücken.
Wie eingangs vermutet: Man muß wohl mit der jeweiligen Kunst aufwachsen.
|
|
Nach oben |
|
 |
Miach auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 25.01.2006 Beiträge: 853
|
(#572898) Verfasst am: 26.09.2006, 18:26 Titel: |
|
|
Ahriman hat folgendes geschrieben: | Ich muß mal suchen, ich meine, ich hätte das Buch noch, in dem es stand. Der Titel des Artikels war "Was bleibt von der Kunst, wenn jeder ein Künstler ist?" und befaßte sich mit Beuys These, jedermann sei ein Künstler. Das war natürlich ein gefundenes Fressen für all die Möchtegern-Künstler, die irgendwelchen Unfug verzapfen und sich dabei auf den Mann mit dem Hut berufen. |
Was ist ein Künstler?
Was ist ein Möchtegern-Künstler?
Was ist Unfug (in Bezug auf Kunst)?
Zuletzt bearbeitet von Miach am 26.09.2006, 18:27, insgesamt einmal bearbeitet |
|
Nach oben |
|
 |
sanft auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 14.08.2006 Beiträge: 1431
|
(#572900) Verfasst am: 26.09.2006, 18:26 Titel: |
|
|
@ A:
ja ganz klar ist das so wie du es beschreibst, die frühe Erfahrung ist ein wesentlicher Bestandteil
Kunst zu erkennen oder eben zu bewerten
( so möchte ich dir sagen dass dein urteil über meine art des schreibens - mir sehr weh getan hat
sehr! ein wehrmachtsvergleich - in meinem blut - blutet sehr)
so
was sollen wir mit Kunst anfangen?
wir müssen sie sehen - nicht etwas im internet gucken - wir müssen sie definitiv sehen
die Originale - direkt vor unseren Augen
erst danach - sollten wir uns ein Urteil erlauben
findest du nicht?
|
|
Nach oben |
|
 |
Zoff registrierter User
Anmeldungsdatum: 24.08.2006 Beiträge: 21668
|
(#572967) Verfasst am: 26.09.2006, 20:15 Titel: |
|
|
Ahriman hat folgendes geschrieben: | Hier hackt einer auf Arno Breker rum. |
Ja, das war ich.
Aber im Grunde ging es nicht um den, sondern um vermittelte "Werte".
Darüber, ob man das künstlerische Schaffen eines Menschen getrennt von seinen sonstigen Taten sehen sollte kann man streiten.
Ich glaube, daß hängt auch davon ab, wieviel einer geschaffen / ausgefressen hat.
Hierzu ein Beispiel:
Miles Davis war (lt. eigener Aussage) zeitweise nebenbei Zuhälter und Charles Manson soll (lt Neil Young) ganz ordentliche Songs geschrieben haben.
Wie geht man damit um?
Ich persönlich bin der Meinung, wir verzeihen Davis seine kleinen Hobbys und Manson eben nicht.
Bezüglich A.Breker könnten wir uns darauf einigen, daß das Arschloch ein hervorragender Handwerker mit einer fragwürdigen Motivauswahl gewesen ist.
Wäre das in Ordnung so?
|
|
Nach oben |
|
 |
ostfriese Kriechender Maccaroni-Drache
Anmeldungsdatum: 03.09.2006 Beiträge: 44
Wohnort: Eisenach
|
(#573082) Verfasst am: 27.09.2006, 00:37 Titel: |
|
|
Passt nicht so ganz zu dem, was unter der Überschrift "Grenzen der Kunst" bisher hier diskutiert wurde, aber Ihr habt sicher von der geplatzten Mozart-Oper gehört (Tagesthemen-Kommentar).
Eben durfte dazu in der ARD der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime Stellung nehmen. Er bedauerte die Absetzung der Oper. Aber nicht, weil er sich um die Freiheit der Kunst sorgt. Sondern weil er anlässlich dieser umstrittenen Aufführung und der daraus folgenden Diskussionen gern die Überzeugung verbreitet hätte, die er nun auch unwidersprochen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen äußern durfte: Die Freiheit der Kunst schließe die Verletzung religiöser Gefühle selbstverständlich aus.
Die aus unseren Gebühren bezahlte Moderatorin bedankte sich für diesen offenen Angriff auf das Grundgesetz. Na denn: Gute Nacht!
|
|
Nach oben |
|
 |
sanft auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 14.08.2006 Beiträge: 1431
|
(#573162) Verfasst am: 27.09.2006, 10:01 Titel: |
|
|
zoff hat folgendes geschrieben: | Ahriman hat folgendes geschrieben: | Hier hackt einer auf Arno Breker rum. |
Ja, das war ich.
Aber im Grunde ging es nicht um den, sondern um vermittelte "Werte".
Darüber, ob man das künstlerische Schaffen eines Menschen getrennt von seinen sonstigen Taten sehen sollte kann man streiten.
Ich glaube, daß hängt auch davon ab, wieviel einer geschaffen / ausgefressen hat.
Hierzu ein Beispiel:
Miles Davis war (lt. eigener Aussage) zeitweise nebenbei Zuhälter und Charles Manson soll (lt Neil Young) ganz ordentliche Songs geschrieben haben.
Wie geht man damit um?
Ich persönlich bin der Meinung, wir verzeihen Davis seine kleinen Hobbys und Manson eben nicht.
Bezüglich A.Breker könnten wir uns darauf einigen, daß das Arschloch ein hervorragender Handwerker mit einer fragwürdigen Motivauswahl gewesen ist.
Wäre das in Ordnung so? |
Ich persönlich bin der Meinung, wir verzeihen Davis seine kleinen Hobbys und Manson eben nicht.
????
da ist aber auch ein kleiner Unterschied zwischen einem Zuhälter und einem Mörder, der einer schwangeren Frau den Bauch aufschneidet und ihr Ungeborenes herausholt
|
|
Nach oben |
|
 |
Ahriman Tattergreis
Anmeldungsdatum: 31.03.2006 Beiträge: 17976
Wohnort: 89250 Senden
|
(#573166) Verfasst am: 27.09.2006, 10:04 Titel: |
|
|
Sanft, das mit der Wehrmacht sollte nicht auf dich gehen. Ich wollte nur sagen, daß das rüde Wort "hingerotzt" nicht von mir erfunden wurde.
Zoff hat folgendes geschrieben: | Wäre das in Ordnung so? |
Sehr treffend gesagt.
Von etlichen Künstlern schon hat man berichtet, daß sie üble Zeitgenossen waren. Auch Beethoven soll ein schwieriger Mensch gewesen sein. Oder Mozarts Neigung zu Fäkalhumor?
Ein Möchtegern-Künstler - das ist wohl auch Ansichtssache. Tinguely ist meiner Meinung nach einer. Oder war, soviel ich weiß lebt er nicht mehr.
Ich habe seine Kunstwerke in Basel gesehen. Zur Erläuterung: Das sind diese irren Maschinen, gebaut aus Schrott-Teilen:
Die Werke im Museum stehen zu einem großen Teil still, andere laufen nur alle halbe Stunden mal für zwei Minuten. Damit verfehlen sie völlig ihren Sinn. Der Grund ist leicht zu finden: Wenn sich ein Maschinenbauer oder ein Mechaniker die Dinger ansieht, bekommt er das kalte Grausen. Sie sind auf übelste Weise zusammengepfuscht. Einige davon sind so heruntergekommen, daß sie gar nicht mehr funktionieren können. Würde man sein Werk "Méta Harmonie IV" permanent laufen lassen, würde das Ding nach einigen Wochen auseinanderfallen. (Wenn mir mal jemand erklärt, wie man hier ein Bild reinsetzt, könnte ich es euch zeigen.) Die Werke vor dem Museum im Tinguely-Brunnen sind ganz offensichtlich nicht von ihm gebaut, das ist beste Maschinenbauer-Arbeit.
Und so ist das oft bei der zeitgenössischen Kunst: Welche Faulheit steckt in alledem!
|
|
Nach oben |
|
 |
Ahriman Tattergreis
Anmeldungsdatum: 31.03.2006 Beiträge: 17976
Wohnort: 89250 Senden
|
(#573179) Verfasst am: 27.09.2006, 10:35 Titel: |
|
|
Hier ist das Ding (wenn's funktioniert):
Oh, oh. Ich habe mich gerade bei diesem Host angemeldet, ich wußte nicht, daß die da nackte Mädchen dazutun.
|
|
Nach oben |
|
 |
menteur registrierter User
Anmeldungsdatum: 11.07.2006 Beiträge: 888
|
(#573185) Verfasst am: 27.09.2006, 10:46 Titel: |
|
|
Ahriman hat folgendes geschrieben: | Hier ist das Ding (wenn's funktioniert):
Oh, oh. Ich habe mich gerade bei diesem Host angemeldet, ich wußte nicht, daß die da nackte Mädchen dazutun. |
Und obendrein wird das Bild bei mir gar nicht angezeigt. Ich sehe dort nur die Nackedeien. Es gibt auch Hostseiten, die ohne Anmeldung und ohne Haut funktionieren:
http://666kb.com/
http://imageshack.us/
|
|
Nach oben |
|
 |
sanft auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 14.08.2006 Beiträge: 1431
|
(#573192) Verfasst am: 27.09.2006, 11:12 Titel: |
|
|
ich kann das Bild schon sehen (etwas klein und undeutlich ) aber keine nackten Mädchen
|
|
Nach oben |
|
 |
Waldorf Rassiger Nutzer
Anmeldungsdatum: 07.09.2006 Beiträge: 231
Wohnort: Daheim
|
(#573249) Verfasst am: 27.09.2006, 14:02 Titel: Die Schönheit entgrenzen |
|
|
Werter Herr Suminoto,
Suminoto hat folgendes geschrieben: | Der Zweck von Kultur ist es heutzutage mehr denn je, aus Verbrechern Heilige zu machen, das heißt, jedem einzelnen Menschen das Erlangen einer hohen charakterlichen Qualität zu erleichtern. |
Das versuche ich den Kindern ja auch immer zu sagen!
Wertes Freulain Käthe,
Tante Käthe hat folgendes geschrieben: | "Ich singe weil ich ein Lied hab und nicht weil es euch gefällt." |
Gott vergelt's - mir jedenfalls gefällt's.
Und so möchte ich mit den Worten eines redlichen Freigeistes noch zustimmen:
Der Gegenstand des sinnlichen Triebes, in einem allgemeinen Begriff ausgedrückt, heißt Leben in weitester Bedeutung; ein Begriff, der alles materiale Sein und alle unmittelbare Gegenwart in den Sinnen bedeutet. Der Gegenstand des Formtriebes, in einem allgemeinen Begriff ausgedrückt, heißt Gestalt, sowohl in uneigentlicher als in eigentlicher Bedeutung; ein Begriff, der alle formalen Beschaffenheiten der Dinge und alle Beziehungen derselben auf die Denkkräfte unter sich faßt. Der Gegenstand des Spieltriebes, in einem allgemeinen Schema vorgestellt, wird also lebende Gestalt heißen können; ein Begriff, der allen ästhetischen Beschaffenheiten der Erscheinungen und, mit einem Worte, dem, was man in weitester Bedeutung Schönheit nennt, zur Bezeichnung dient. [...]
Man wird niemals irren, wenn man das Schönheitsideal eines Menschen auf dem nämlichen Wege sucht, auf dem er seinen Spieltrieb befriedigt. [...]
Denn, um es endlich auf einmal herauszusagen, der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.
Friedrich Schiller: "Über die ästhetische Erziehung des Menschen" - Fünfzehnter Brief.
hlg Waldorf (Kultursportie)
_________________
Etliche Leute wollen Gott mit den Augen ansehen, als ihn eine Kuh ansieht, und wollen Gott lieb haben, als ihn eine Kuh lieb hat.
|
|
Nach oben |
|
 |
Chinasky dirty ol' man
Anmeldungsdatum: 27.03.2006 Beiträge: 1264
Wohnort: Hoher Norden
|
(#573375) Verfasst am: 27.09.2006, 16:32 Titel: |
|
|
Wer ist Heinrich Lüpertz? Irgendwie mit Markus Lüpertz verwandt?
Arno Breker war ein Kitsch-Künstler. Seine Skulpturen sind nicht böse und blutig-faschistisch, sondern hirnzerfressend belanglos. Jahrzehnte nach Rodin sowas wie Brekers Sehnsuchtsphantasien jedes Päderasten in Marmor zu hauen, dazu gehört schon eine gehörige Portion Spießigkeit. Der Skandal war aber nicht, daß Breker oder der Meister des deutschen Schamhaars, Herr Professor Ziegler, so gefälliges (in meinen Augen: Übelkeit erregend verklemmtes) Zeug produzierten, daß selbst der von der Kunstakademie in Wien abgelehnte Postkartenaquarellierer etwas damit anfangen konnte. Der Skandal ist auch nicht, daß in unseren Zeiten Modern Talking oder Tokyo Hotel von Geschmacksverirrten umjubelt werden. Der Skandal war, daß zur gleichen Zeit, in welcher Brekers klebriges Zuckerwerk reüssierte, die wirklichen Künstler als "entartet" verhöhnt, verfolgt, verbannt und verbrannt wurden.
Entsprechend wird dann heute auf den "Neutönern" herumgehackt, weil dort mal jemand das Klavier "gegen den Strich" spielt. Klar, das ist eine Zumutung für die viele, die selbst mit Hindemith oder Schönberg schon nix anfangen konnten, weil zum Verständnis atonaler Musik halt eine gehörige Portion Wissen (Bildung!) gehört.
Schön aber, wenn zumindest eingesehen wird, daß Kunstverständnis wohl auch etwas mit Vermittlung zu tun haben könnte, damit, ob man mit Kunst aufwächst, und wenn ja, mit welcher Kunst. Insofern, Ahriman, freut es mich wirklich, daß Du Dir immer mal wieder auch zeitgenössische Kunstausstellungen anschaust. Vielleicht hilft Dir da auch noch der Gedanke, daß nicht alle Künstler zu Michelangelos Zeit so herausragende Werke wie den David oder die sixtinische Kapelle schufen. Auch heute ist nicht jeder ein Picasso, der in der neu eröffneten Galerie nebenan eine Ausstellung bestücken darf. Es gibt zigtausende Künstler, von denen sicherlich 99 Prozent wenige Jahre nach ihrem Tod vergessen sein werden. Aber vielleicht sind Künstler wie Gerhard Richter, Sigmar Polke oder Anselm Kiefer ja doch etwas substanzhaltiger als die unter Uninformierten besonders beliebten "Scheiße-in-Konserven"-Karikaturen?
_________________ Still confused - but on a higher level.
Mein Zeugs auf deviantart
|
|
Nach oben |
|
 |
sanft auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 14.08.2006 Beiträge: 1431
|
(#573409) Verfasst am: 27.09.2006, 17:46 Titel: |
|
|
Chinasky hat folgendes geschrieben: | Wer ist Heinrich Lüpertz? Irgendwie mit Markus Lüpertz verwandt?
|
hihi wahrscheinlich!
sag mal, kennst du zufällig den Förg? Günther Förg?
aber das nur nebenbei
und noch nebenbeier:
ich hätte total gerne dieses Bild - dieses Obstbild mit dem amerikanischen Mixer
aus bestimmten Gründen dürfte ich mir heute noch was wünschen
gibst du eine p.n. an mich - ob man das kaufen kann - oder nachbestellen
und eine ungefähre oder exacte Preisangabe
THANX
|
|
Nach oben |
|
 |
Ahriman Tattergreis
Anmeldungsdatum: 31.03.2006 Beiträge: 17976
Wohnort: 89250 Senden
|
(#573414) Verfasst am: 27.09.2006, 17:54 Titel: |
|
|
Zu dem Tinguely-Link: Bei mir funktioniert er.
Diese Bilderspeicher sind ein Kreuz. Habe eben einen anderen probiert, der ist so kompliziert, daß ich mein eigenes Bild nicht wiederfinde. und der von menteur genannte 666kb.com zwingt mich, meine Bilder erst zu verkleinern. Mal sehen.
Ja, Chinasky, der heißt wohl Markus. Ich meine den, dessen "Aphrodite" von den Augsburger Bürgern empört abgelehnt wurde. Verständlich, wenn man Augsburgs Zentrum und die dort befindlichen Kunstwerke kennt.
Chinasky hat folgendes geschrieben: | weil zum Verständnis atonaler Musik halt eine gehörige Portion Wissen (Bildung!) gehört. |
Da habe ich wohl die falsche Bildung. Aber glaubst du, daß zu Tilman Riemenschneiders Zeiten die gewöhnlichen Bürger viel Bildung hatten? Die haben seine Kunstwerke auch ohne das verstanden, obwohl sie nicht lesen und schreiben konnten.
Und was von meiner Allgemeinbildung vermittelt mir Verständnis für Beethovens "Emperor Concerto"? Das ist mir rätselhaft. Ich höre es und kriege eine Gänsehaut vor Wohlbehagen.
Ich habe vor geraumer Zeit mal die These aufgestellt: "Ein Kunstwerk, das man erklären muß, ist keines." Beispiel: Eine allegorische Darstellung, wie sie um 1900 herum noch so beliebt waren, daß man sogar Geschäftspapiere damit verzierte, kann man erklären - muß aber nicht. Die guten wirken auch, ohne daß man weiß, was da gemeint ist.
Nimm mal Gustav Dorés Bibel-Illustration von Christi Geburt. Das Bild wird auch jemand, der nie ein Wort von der christlichen Religion hörte, sofort "verstehen".
In Augsburg sagte vor geraumer Zeit eine bildhübsche junge Frau zu mir, sie fände die "Aphrodite" wunderschön. Da ich leider nur dann schlagfertig bin, wenn ich genug Zeit zum Nachdenken habe, fiel mir die darauf passende Frage erst viel später ein, als ich längst wieder zu Hause war: "Möchten Sie so aussehen?"
Zuletzt bearbeitet von Ahriman am 27.09.2006, 18:06, insgesamt einmal bearbeitet |
|
Nach oben |
|
 |
sanft auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 14.08.2006 Beiträge: 1431
|
(#573418) Verfasst am: 27.09.2006, 18:00 Titel: |
|
|
für mich muss Musik nicht besser sein als sie ist:
ein " furzendes - glucksendes Sax" reicht allemale
da verzichte ich doch glatt auf Klassik ...mit ihrem ganzen ätzenden Geigenschmuuuuuussss ...
.ähm nicht ganz... aber fast
|
|
Nach oben |
|
 |
Ahriman Tattergreis
Anmeldungsdatum: 31.03.2006 Beiträge: 17976
Wohnort: 89250 Senden
|
(#573425) Verfasst am: 27.09.2006, 18:13 Titel: |
|
|
Ja, sanft, degustibus non discutandem, wie wir Lateiner zu sagen pflegen (Selbstironie und Hochstapelei, ich hab nie Latein gelernt). Über Geschmack läßt sich nicht streiten. Ich habe damals den Film "Die badende Venus" dreimal nacheinander angeschaut - nur wegen Harry James. Plattenspieler und Schallplatten, das war ein ferner Wunschtraum. Heute habe ich den Film auf DVD, und obwohl die Tonqualität einfach besch... ist, ziehe ich mir den "Trumpet Blues" immer wieder mal rein.
|
|
Nach oben |
|
 |
sanft auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 14.08.2006 Beiträge: 1431
|
(#573429) Verfasst am: 27.09.2006, 18:18 Titel: |
|
|
naja, ich hab das halt wiedermal "schnell" getippt
und dabei habe ich die ganze kurze Zeit, an alles was wirklich hässlich ist, gedacht
( diese Badende - das war doch die im römischen Brunnen oder?
die Blonde, mit den genialen Titten ) nein! Mist ..ich verwechsele da schonwieder was
E.W. war das -ou?
der beste und hässlichste und von mir geliebteste, von allen hässlichen und abartigen Künstlern:
Henri de Toulouse-Lautrec (1864 - 1901)
( der beste link is verschwuuunden - aber egal
kennst wahrscheinlich eh )
_________________________________________
sind wir jetzt schon total O.T.?
|
|
Nach oben |
|
 |
Ahriman Tattergreis
Anmeldungsdatum: 31.03.2006 Beiträge: 17976
Wohnort: 89250 Senden
|
(#573436) Verfasst am: 27.09.2006, 18:28 Titel: |
|
|
Nee, die Hauptdarstellerin war Esther Williams, m.W. eine Olympia-Schwimmerin. Der Film ist eine Komödie mit Red Skelton und hat eine ganze Menge Musiknummern in sich von Leuten, die heute keiner mehr kennt: Harry James (Jazz-Trompeter) Xavier Cugat (Rumba-Kapelle) und Ethel Smith (Hammond-Orgel).
Und hier ist das weiter oben erwähnte Bild von Gustave Doré. Hoffentlich klappt das besser.
Ja, es funktionierte, allerdings recht langsam.
|
|
Nach oben |
|
 |
sanft auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 14.08.2006 Beiträge: 1431
|
(#573439) Verfasst am: 27.09.2006, 18:31 Titel: |
|
|
habsch schon editiert, before du geschaltet hast!
so- jetz wollen wa mal nich hier privattalking weitermachen, sonst kriegen wir eine auf die mütz
|
|
Nach oben |
|
 |
Ahriman Tattergreis
Anmeldungsdatum: 31.03.2006 Beiträge: 17976
Wohnort: 89250 Senden
|
(#573451) Verfasst am: 27.09.2006, 18:47 Titel: |
|
|
Und hier ein Stück Kunst und eine Geschichte dazu:
Das ist von Joseph Beuys, heißt "Schlitten". Als das Ulmer Museum das kaufte, erschien in der Tageszeitung ein entsprechender Artikel. Das Werk (das ist sowas, was man erklären muß, s.o.) wurde so erläutert:
Der Schlitten als das urtümlichste Transportmittel symbolisiert die Aufforderung an die Menschen, aufeinander zuzugehen. Die Wolldecke ist Schutz gegen Kälte, ein Stück Fett (durfte ja nicht fehlen) ist die Wegzehrung. Die Taschenlampe soll die Wegfindung erleichtern.
Das entfachte damals einen Sturm von entrüsteten Leserbriefen. Man war sauer, daß man öffentliche Gelder für so etwas banales ausgegeben hatte.
Einige Zeit später wurde die Taschenlampe gestohlen (ich vermute, von einem bösen Schuljungen). Das gab ein großes Wehklagen, denn sie zu ersetzen bereitete Probleme: Bosch stellte dieses Modell schon lange nicht mehr her, und eine andere konnte man doch nicht nehmen, das hätte das Kunstwerk verfälscht. Schließlich gelang es doch, eine passende Lampe aufzutreiben.
Tja, das ist Kunst. Mein Fahrrad mit dem Regenmantel hinten drauf und einem Butterbrot in der Lenkertasche stellt eigentlich das Gleiche dar.
|
|
Nach oben |
|
 |
Zoff registrierter User
Anmeldungsdatum: 24.08.2006 Beiträge: 21668
|
(#573452) Verfasst am: 27.09.2006, 18:48 Titel: |
|
|
sanft hat folgendes geschrieben: |
Ich persönlich bin der Meinung, wir verzeihen Davis seine kleinen Hobbys und Manson eben nicht.
????
da ist aber auch ein kleiner Unterschied zwischen einem Zuhälter und einem Mörder, der einer schwangeren Frau den Bauch aufschneidet und ihr Ungeborenes herausholt |
Du hast mich schon wieder falsch verstanden.
Lies meinen Beitrag noch mal gründlich, und Du wirst ihn verstehen.
|
|
Nach oben |
|
 |
Ahriman Tattergreis
Anmeldungsdatum: 31.03.2006 Beiträge: 17976
Wohnort: 89250 Senden
|
(#573490) Verfasst am: 27.09.2006, 19:40 Titel: |
|
|
Hier nochmal der Tinguely aus einer anderen Quelle. Klappt vielleicht besser.
|
|
Nach oben |
|
 |
Chinasky dirty ol' man
Anmeldungsdatum: 27.03.2006 Beiträge: 1264
Wohnort: Hoher Norden
|
(#573523) Verfasst am: 27.09.2006, 20:15 Titel: |
|
|
Ahriman hat folgendes geschrieben: | Zu dem Tinguely-Link: Bei mir funktioniert er.
Diese Bilderspeicher sind ein Kreuz. Habe eben einen anderen probiert, der ist so kompliziert, daß ich mein eigenes Bild nicht wiederfinde. und der von menteur genannte 666kb.com zwingt mich, meine Bilder erst zu verkleinern. Mal sehen.
|
Hallo Ahriman!
Naja, von Tinguely sind doch genügend Pics im Web zu finden. Einfach den Namen bei Google-Bildersuche eingeben. Daß Du Dir da die Mühe machst, selbst ein Bild upzuloaden?!
Zitat: | Ja, Chinasky, der heißt wohl Markus. Ich meine den, dessen "Aphrodite" von den Augsburger Bürgern empört abgelehnt wurde. |
Hatte ich mir schon gedacht. Ich kenne den persönlich, weil ein enger Freund bei ihm studierte und ich auch mal mit dem Gedanken spielte, in seine Klasse zu gehen. Der Mann ist vor allem als Persönlichkeit faszinierend. Über die Qualität seiner Werke möchte ich lieber nicht diskutieren, ich halte selbst nicht sehr viel von ihnen. Es ging aber in Augsburg um ein Prinzip: Wer eine Arbeit von einem bekannten Künstler bestellt, der hat sie nachher auch gefälligst zu bezahlen und dort unterzubringen, wo es vertraglich vereinbart war. Denn ja, auch der Unterbringungsort eines Kunstwerkes ist häufig Teil des Vertrags über ein Kunstwerk. Schließlich läßt ein Bildhauer schon mal preislich mit sich handeln, wenn er dafür erwarten darf, daß seine Skulptur von vielen Leuten auf einem zentralen Platz gesehen und beachtet wird. Wenn es dann zu Aufruhr der Bürger kommt, dann sollen die sich bitte an ihre gewählten Vertreter, die Politiker, halten, welche ein Kunstwerk bestellt haben.
Zitat: |
Da habe ich wohl die falsche Bildung. Aber glaubst du, daß zu Tilman Riemenschneiders Zeiten die gewöhnlichen Bürger viel Bildung hatten? Die haben seine Kunstwerke auch ohne das verstanden, obwohl sie nicht lesen und schreiben konnten. |
Woher weißt Du, ob und wie Riemenschneiders Zeitgenossen dessen Kunstwerke "verstanden"? Sie verstanden diese Werke vielleicht nur so, wie wir heute manche Illustration verstehen. Und möglicherweise fanden sie die Altäre auch noch schön und angenehm.
Wenn man Rezeption von Kunst auf diese zwei Punkte beschränkt, also das persönliche Schönfinden und das Kapieren einer eher flachen Illustrations-Aussage - dann allerdings muß ich aussteigen, denn dieser Kunstbegriff ist nicht der meine. Ich habe die - häufig äußerst frustrierende, aber manchmal eben auch aufregend-inspirierende - Erfahrung gemacht, daß man, um ein Kunstwerk wirklich genießen zu können, eine Menge Wissen mitbringen muß. Spätestens seit Anfang des 20. Jahrhunderts ist z.B. der illustrierende Aspekt in der bildenden Kunst (Skulptur und Malerei) immer weiter zurückgetreten hinter andere Aspekte, die ich als Meta-Aspekte bezeichnen würde. Man kann m.M.n. ein gutes abstraktes Bild aus den 50ern und 60ern, also der Hoch-Zeit des Informel, nicht verstehen, wenn man nicht die Entwicklung der abstrakten Malerei im Hinterkopf hat. Seit Mitte des letzten Jahrhunderts handelt Kunst eigentlich fast immer auch von Kunst. Das heißt: Kunstrezeption ist immer eine Art intellektuelles Spiel mit Bedeutungen und Verweisen. Ich finde, wenn man mal Hermann Hesses "Glasperlenspiel" liest, bekommt man einen Begriff davon, wohin Kunst sich entwickelt hat.
Dabei sage ich ausdrücklich: 90 Prozend der heute hervorgebrachten Kunst sagt und bedeutet mir genausowenig wie Dir die Lüpertz-Skulptur (sie gehört zu diesen 90 Prozent dazu ). Aber ich weiß, daß dies an mir und meiner mangelhaften Bildung liegt, welche teilweise sicherlich einfach auf Zeitressourcenmangel zurückzuführen ist.
Man muß nicht alle Kunst gut finden oder auch nur verstehen. Aber dieses Unverständnis sollte man zuallererst bei sich verorten und nicht der Kunst in die Schuhe schieben.
Zitat: | Ich habe vor geraumer Zeit mal die These aufgestellt: "Ein Kunstwerk, das man erklären muß, ist keines." Beispiel: Eine allegorische Darstellung, wie sie um 1900 herum noch so beliebt waren, daß man sogar Geschäftspapiere damit verzierte, kann man erklären - muß aber nicht. Die guten wirken auch, ohne daß man weiß, was da gemeint ist.
| Hier argumentierst Du, wie es Gläubige häufig tun. Du behauptest, daß die guten Allegorien nicht erklärt werden müssen. Also wird die Qualität durch Dein intuitives Verständnis definiert? Was Du nicht kapierst, kann demgemäß nicht gut sein? Deine These ist eher eine vollkommen schwammige Behauptung, die gar nicht widerlegt werden kann, und die kein positives Kriterium zur Definition eines Kunsterks enthält. Wer ist der in Deiner These enthaltene "man"? Muß jeder Mensch ein Kunstwerk erkennen, ohne daß man es ihm erklären muß? Bestimmen also die Dümmsten, was noch als Kunstwerk durchgeht? Und was heißt: "Die guten wirken auch..."? Der Fettschlitten von Beyus wirkt ja auch auf Dich, so sehr, daß Du ihn Dir gemerkt und ihn hier als Beispiel gebracht hast. Vielleicht war die Wirkung, die er auf Dich hatte, intendiert? Die Lüpertz-Aphrodite wirkte auf die bildhübsche junge Frau augenscheinlich, sonst hätte sie sich doch nicht entsprechend geäußert. Also wie nu - war die Aphrodite von Lüpertz Kunst oder nicht?
Zitat: | Nimm mal Gustav Dorés Bibel-Illustration von Christi Geburt. Das Bild wird auch jemand, der nie ein Wort von der christlichen Religion hörte, sofort "verstehen".
| Wie kommst Du darauf? Was bedeutet hier denn verstehen? Wer den christlichen Kontext nicht kennt, wird etwas vollkommen anderes erkennen als derjenige, der die Weihnachtsgeschichte in- und auswendig kennt. Anders herum wäre es logisch: Wer den Kontext nicht kennt, wird die Geschichte garantiert falsch verstehen, d.h. eine Botschaft darin erkennen, die vom Künstler nicht intendiert war. Voraussetzungsloses Verstehen von Kunst ist m.M.n. unmöglich.
Entschuldige, daß ich nicht noch ausführlicher antworte, aber mir fehlt die Zeit. Ich kann Dir nur sehr empfehlen, vielleicht bei der nächsten Ausstelung, die Du besuchst, einmal Dich näher mit dem Künstler zu beschäftigen (d.h. Dich im Vorfeld über seine bisherige Kunst zu informieren). Übrigens sind da meist die Galeristen der bessere Ansprechpartner als die Künstler selbst (die sind häufig total durch'n Wind, gerade bei Vernissagen). Mache Dir und Deinen Gegenübern die Kommunikation nicht übermäßig schwer, indem Du Deine These gleich auf den Tisch knallst und mit Dir unverständlichen Einzelbeispielen kommst wie den Scheiß-Konserven oder einer Fettecke von Beyus. Auch solche Bemerkungen wie die, daß "sowas ja mein siebenjähriger Neffe besser" könne, taugen nicht, den offenen Austausch von Meinungen und Informationen zu verbessern. Ich kann Dir von mir selbst berichten (wenn Du magst, schau Dich mal auf meiner Homepage ein bißchen um): Ich mache häufig auf Ausstellungen meiner Bilder die Erfahrung, daß jemand kommt und mir folgendes Lob an den Kopf knallt: "Na, bei Ihren Bildern kann man ja wenigstens was erkennen, da sieht man, daß Sie was können und nicht nur so rumschmieren wie der Baselitz und wie die alle heißen!"
Dann weiß ich: Mit dem Typen bringt's nix, mich zu unterhalten, denn da müßte ich stundenlang Nachhilfeunterricht erteilen. Wer mich solcherart lobt, beleidigt mich, denn er sucht in mir eigentlich nur Schützenhilfe und Bestätigung für die eigene Ignoranz. Also: Erstmal zuhören, zu verstehen sich bemühen. Und immer dessen gewärtig sein, daß am Ende durchaus sich herausstellen kann, daß man hier gerade es tatsächlich mit einem schlechten/unfähigen/langweiligen/irrelevanten Künstler zu tun hat.
Das ist das Risiko, daß man halt viel Zeit verplempert. Aber ab und an wird man mit echten perlen belohnt. Wenn man z.B. so langsam dahinter kommt, was ein Emil Schumacher oder ein Mark Rothko da eigentlich gemacht haben. Oder wenn man die abgründigen Botschaften eines Polke oder Kiefer entschlüsselt.
_________________ Still confused - but on a higher level.
Mein Zeugs auf deviantart
Zuletzt bearbeitet von Chinasky am 28.09.2006, 12:59, insgesamt einmal bearbeitet |
|
Nach oben |
|
 |
Suminoto Außenseiter
Anmeldungsdatum: 17.09.2006 Beiträge: 93
Wohnort: Schwarzwald
|
(#573799) Verfasst am: 28.09.2006, 07:28 Titel: Re: Die Kunst und ihre Grenzen |
|
|
Werte Mitschreibende
Werte Mitlesende
Ich danke für die Durchsicht meines Postings und für die offenherzigen Kommentare und Nachfragen. Ich werfe zunächst zu nachfolgendem Vortrag eine Stellungnahme hier in den Ring:
alfons hat folgendes geschrieben: | Wer die Kunst einem Zweck unterwirft, tötet die Kunst. |
All Diejenigen, die dieser Aussage zustimmen, halten mit ihrer Zustimmung irrtümlicherweise Kunst für zwecklos. Wohlgemerkt, es geht in unserer Diskussion nicht um persönliche Meinungen, Auffassungen und Ansichten, sondern um das, was Kunst tatsächlich ist.
Man kann von dem Kunstbegriff eine feste Vorstellung besitzen, und trotzdem kann diese Vorstellung falsch sein. Wenn etwas richtig zum Ausdruck gebracht und richtig verstanden werden soll, so ist es entscheidungserheblich, die richtige Bedeutung der benutzten sprachlichen Ausdrücke und Begriffe genau zu kennen. Ansonsten argumentiert man aneinander vorbei.
Verständigungsschwierigkeiten kommen zustande, sobald Worte und Begriffe falsch ausgelegt oder falsch angewendet werden. Mangelhafte Kenntnis von Wortbedeutungen schafft Gelegenheit zum Irren. Auch sollte nicht außer Acht gelassen werden, daß Worte lediglich einen Versuch darstellen, um Gedanken anschaulich zu machen. Worte sind oft nur grobe Beschreibungen, während das tatsächlich Existierende durch und durch individuell ist.
Wenn es um den Begriff "Kunst" geht, so darf es keinen Unterschied geben, weder in der Definition, noch in der Anwendung dieses Begriffes, wenn nicht aneinander vorbeigeredet werden soll. Kunst ist Kunst. Ist etwas keine Kunst, so ist ein anderes Wort dafür zu benutzen, wenn man nicht missverstanden werden will.
Zur Klärung der hier geführten Auseinandersetzung ist die Frage zu stellen: "Was ist Kunst, wie kommt Kunst zustande, und wozu ist Kunst nützlich?" Die Antwort lautet: "Kunst ist die Grundlage der Schönheit, Kunst kommt durch Edelmut zustande, und Kunst ist zur Erbauung des Menschen nützlich."
Gewiss, betrachten kann man Kunstwerke wie es einem beliebt. Es kommt aber weder darauf an, wie ein Kunstwerk angesehen wird, noch darauf, was die unterschiedlichen Leute für eine Meinung darüber bekunden, sondern es kommt darauf an, was ohne Ansehen des Künstlers tatsächlich und wirklich der Fall ist.
Weder die Naturgesetze, noch die Wissenschaft kennen ein Ansehen der Person, und ganz genau so ist es bei der Kunst. Der Künstler ist lediglich ein bescheidener Diener der Kunst. Bei der Darstellung von Kunst geht es nicht um den Künstler. Die Fertigkeiten und das Können eines Künstlers sind lediglich Werkzeuge der Kunst.
Die Präsentation eines Kunstwerkes ist die Präsentation eines Ergebnisses. Wie viel Mühe, Tränen und Schmerzen ein Künstler zu durchlaufen hatte, ehe er es dahin bringen konnte, sein Kunstwerk präsentieren zu können, ist nicht Gegenstand der Betrachtung.
Nur die übermittelte Botschaft zählt, das heißt, die Empfindungen die eine künstlerische Darbietung bei dem Betrachter hervorruft. Es gibt unterschiedliche Kategorien von Kunst. Die höchste Kategorie der Kunst ist die Aktionskunst, deren Hohepriester der Lebenskünstler ist.
Der Lebenskünstler ist ein Wesen voll innerer Schönheit.
Er ist gütig zu den Undankbaren und zu den Bösen.
Er reagiert vornehm auf Undankbarkeit und Feindschaft.
Er lässt sich von Negativem nicht beeindrucken.
Seine Gedanken lassen sich nicht fesseln.
Seine Gedanken sind edel und ebenso seine Empfindungen.
Seine Worte und seine Taten sind wohltuend.
Er erträgt Unrecht.
Er verurteilt nicht.
Er erhebt keinen Vorwurf.
Weder erwartet er, noch fordert er etwas von Anderen.
Er stellt niemand zur Rede.
Er redet niemals herablassend.
Er tritt niemandem zu nahe.
Er ist leicht zugänglich.
Er ist der Gestalter seiner selbst.
Er sehnt sich nach Schönheit.
Er strahlt Achtung und Wertschätzung aus.
Er hat keine Geheimnisse.
Er teilt seine Kenntnisse mit.
Er ist beseelt vom Guten und widmet ihm sein Leben.
Er hat keine Eile.
Er ärgert sich nicht.
Er ist geduldig und schimpft nie.
Er ist durch und durch liebenswürdig.
Er liebt das Leben und die Erde.
Er ist ein großartiger Künstler, und dieser Bezeichnung würdig.
Künstlerisch tätig sein zu können, ist eines der Hauptmerkmale, die den Menschen vom Tier unterscheiden. Sind zwei sich widerstreitende Aussagen über einen Betrachtungsgegenstand vorhanden, der unter gleichartigen Voraussetzungen betrachtet wurde, so können nun mal nicht beide Aussagen zutreffend sein.
Alle einigermaßen gesunden Menschen sehen genau die gleichen Farben, die gleichen Formen und die gleichen Bewegungen, wenn sie von einem bestimmten Standort aus, gleichzeitig den gleichen Gegenstand betrachten oder den gleichen Vorgang beobachten.
Bezüglich der übrigen Sinne ist dies ebenso. Mit anderen Worten, alles was mit den fünf physischen Sinnen wahrnehmbar ist, kann unter gleichen Umständen von jedem Menschen auf die gleiche Weise wahrgenommen werden.
Erst wenn es um Aussagen über das Wahrgenommene geht, können Unterschiede auftreten. Dies ist deshalb so, weil derartige Aussagen nicht immer nur aufgrund von Wahrnehmungen erfolgen, und weil auch gelogen werden kann. All das, was Menschen sagen, entspricht nicht immer dem Ausdruck ihres Herzens.
Zwischen einer Wahrnehmung und deren Beurteilung können ganze Erfahrungswelten liegen. Anders gesagt, in einer nur wenige Worte umfassenden Aussage über etwas Wahrgenommenes können ganze Erfahrungswelten verpackt sein.
Nüchterne Sachlichkeit erfordert mehr als nur Mut, weil auch die Macht der Gewohnheit ein Faktor ist, der beim Sprechen eine Rolle spielt. Auch die Anwesenheit oder Abwesenheit von anderen Personen während einer Aussage, sind Faktoren, die den Inhalt einer Aussage zu bestimmen vermögen.
Aussagen über Wahrnehmungen erfolgen aufgrund der gerade vorhandenen persönlichen Weltanschauung, aufgrund der gerade vorhandenen Stimmung und aufgrund der Kenntnis von gerade benutzten Worten und Begriffen.
Jeder Mensch hat sich seine persönlichen Meinungen, Auffassungen und Ansichten gebildet und folgt mehr oder weniger politischen, religiösen, philosophischen oder wissenschaftlichen Gedanken. Für jemand, der irgend ein wissenschaftliches, philosophisches, religiöses oder politisches System bewundert, färbt sich unwillkürlich die Bedeutung und die Beurteilung alles Wahrnehmbaren.
Die Betrachtung eines Kunstwerkes und die Betrachtung einer Weltanschauung erfordern die Anwendung unterschiedlicher Betrachtungsmethoden. Zu allen Zeiten hat die Menschheit sich selbst und ihre soziale Umgebung durch Brillen betrachtet, die von allerlei festen Vorstellungen gefärbt waren.
Kurzum, gegenteilige Aussagen über den gleichen Betrachtungsgegenstand können nur dann entstehen, wenn bei der Beurteilung dieser Dinge, sich Überbleibsel von religiösen, philosophischen oder anderen festen Systemen einschleichen.
Ist der Betrachtungsgegenstand materiell, und wird aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet, so ist die Prüfung und somit die Beseitigung aller möglichen Unklarheiten recht einfach.
Bei nichtmateriellen Betrachtungsgegenständen dagegen, wie beispielsweise bei Weltanschauungen und dem Kunstverständnis, ist die Ausräumung von Irrtümern etwas aufwendiger, aber keinesfalls unmöglich.
Allgemeingültigkeiten sind unumstößliche Gesetzmäßigkeiten, und haben grundsätzlichen Charakter. Sie sind weder auf Zustimmung angewiesen, noch darauf, ob sie richtig verstanden werden oder nicht. Gut und Schlecht sind nicht nur Eigenschaften, sondern in erster Linie Grundsätze.
Ein Grundsatz ist etwas Unwandelbares. Grundsätze besitzen ewige Gültigkeit. Gerade aus diesem Grunde sind Grundsätze die einzigen Anhaltspunkte, die dem Wesen der Forschung zur Verfügung stehen, um dem Richtigen auf die Spur kommen zu können.
Und nicht nur das. Die Anwendung von Grundsätzen, ist für uns Menschen die einzige Möglichkeit, um erfolgreich sein zu können, egal in welchem Bereich, ob in der Mechanik, ob in der Elektronik, ob in der Kunst, ob im Guten, ob im Bösen.
Das Grundsätzliche kennt keinen Konsens und kein Ansehen der Person. Es ist universal und kennt weder Vaterland noch Religion. Der Grundsatz ist das Wesen der Kompromisslosigkeit, und gerade deswegen die Ursache von Zuverlässigkeit.
mit freundlicher Empfehlung
Suminoto
© neuzeitlich
Keinerlei Vorbehalte
Verbreitung erwünscht !
|
|
Nach oben |
|
 |
sanft auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 14.08.2006 Beiträge: 1431
|
(#573823) Verfasst am: 28.09.2006, 10:21 Titel: |
|
|
gehts vielleicht auch bisschen kürzer?
Also zusammengefasst unterschreibe ich den Text von Chinasky
auf den Punkt gebracht: Kunst zu sehen - besonders die "moderne" muss man lernen
sich damit eingehend beschäftigen.
Dazu muss ich kein Lebenskünstler sein, sondern eher das Gegenteil.
Ein Künstler läßt ja auch ein Bild, eine Skulptur, ein Buch einen song "entstehen"
es ist nicht einfach da.
Die umgekehrte Reihenfolge ist die Aufgabe des "Betrachters"
ähm... so ähnlich jedenfalls
|
|
Nach oben |
|
 |
Latina Ausgetreten
Anmeldungsdatum: 28.07.2006 Beiträge: 934
Wohnort: Börn, Hellvetia
|
(#573884) Verfasst am: 28.09.2006, 12:23 Titel: |
|
|
Kunst muss gar nichts und schon gar nicht für den hinterletzten Bauer aus dem hinterletzten Kaff "verständlich" sein oder "Sinn machen". Es wird ja schliesslich niemand gezwungen sich mit Kunst auseinanderzusetzen.
Kunst /Performance kann jedoch zu Diskussionen anregen (ich erinnere an dich China-Ausstellung im Kunstmuseum Bern mit dem Fötus-Kopf) und ich denke das ist wichtig.
Leider glauben viele Leute, Kunst sei wenn jemand "gut zeichnen" kann, im Sinn von "das könnte ich selber nicht". So gesehen kann man auch sagen ein Mondrian-Bild sei keine Kunst, denn das kann ja jeder, farbige Vierecke malen. Wichtig ist jedoch, wie und zu welcher Zeit ein Kunstwerk entsteht.
|
|
Nach oben |
|
 |
Chinasky dirty ol' man
Anmeldungsdatum: 27.03.2006 Beiträge: 1264
Wohnort: Hoher Norden
|
(#573917) Verfasst am: 28.09.2006, 13:43 Titel: |
|
|
@suminoto: Hat Kunst etwas mit monologisierenden Vorträgen zu tun? Oder eher mit Kommunikation zwischen Menschen, welche übrigens auch in Foren möglich ist?
@sanft: Zitat: | Die umgekehrte Reihenfolge ist die Aufgabe des "Betrachters"
ähm... so ähnlich jedenfalls |
Da wäre ich jetzt aber mal interessiert, wie genau Du das denkst. Deine Formulierung wirkt so, als hättest Du gerade einen interessanten Gedanken angedacht, würdest ihn dann aber gleichsam mitten im Sprung abbrechen. Führe das mal näher aus! Meine Meinung: Die "Aufgabe des Betrachters" halte ich für genauso wichtig wie, wenn nicht sogar für wichtiger als die Aufgabe des Künstlers. Kunst braucht Publikum und die Leute brauchen Kunst - aber auf den Künstler können sie im Zweifelsfalle auch verzichten.
@Latina: Volle Zustimmung. Kunst muß gar nichts, deswegen ja auch die Redewendung "art pour l'art". Auch die Einbettung von Kunstobjekten in einen Zeitkontext ist sicherlich sehr wichtig, Dein Mondrian-Beispiel leuchtet da ein.
Aber: Andererseits gibt's eben auch Beispiele von gewissermaßen "außerzeitlicher" Kunst, die wohl Ahriman im Sinne hatte, als er von G.Dorees Radierung sprach. Ich halte sein Beispiel auf musikalischem Gebiet da übrigens für überzeugender. Tatsächlich scheint es ja Musik zu geben, die uns berührt, mitreißt, anspricht, ohne daß wir zusätzliches kulturelles Wissen hätten. Da wirkt die Kunst dann gleichsam auf organischer Ebene: Kühe, die mit Mozart-Konzerten beschallt werden, geben mehr Milch. Der Doppelaspekt der Kunst ist es, was sie in meinen Augen so interessant macht. Es gibt wohl gewisse ästhetische Regeln, die in uns angelegt sind. Goldener Schnitt, tonale Harmonik und unsere Vorlieben für bestimmte Körper-Proportionen (die möglicherweise letztlich im Sexuellen verankert sind) gehen darauf ein. Es gehört ja auch zum Job eines Künstlers, möglichst viel über diese "Naturgesetze der Kunst" zu lernen. Wer als Maler gewisse Regeln nicht beachtet, kann kein gutes Bild malen. Man kann gegen alle Regeln verstoßen, aber das Publikum möchte spüren, daß der Künstler diese Regelverstöße bewußt unternahm und am liebsten möchte das Publikum auch noch erfahren, warum der Künstler gegen eine Regeln verstieß. Das bedeutet nämlich Erkenntnisgewinn für das Publikum, und Erkenntnisgewinn ist mit Lustgefühlen verbunden. Ich vergleiche das immer mit Schachspielen. Ich selbst bin ein lausiger Schachspieler, aber wenn ich die Gelegenheit habe, gucke ich mir gern mal auf den Dritten solche "Schach der Großmeister"-Sendungen an. Wo dann zwei Fachleute eine live gespielte Partie von Kasparov vs. Karpow kommentieren und analysieren. Wenn sie dann erklären, warum ein Bauer da und da hingezogen wird, weswegen ein Läuferopfer "vergiftet" sei, oder was einen Turm an eine bestimte Linie fesselt - dann hab ich einen Aha-Effekt nach dem anderen. Und auf einmal wird das Spiel, das unkommentiert für mich total langweilig gewesen wäre, spannend und - schön. Ich kann plötzlich nachvollziehen, daß ein Gedanke ästhethisch sein kann und weniger ästhetisch...
Ähnlich wie Schachpartien verhalten sich für mich viele Kunstwerke: Indem ich über die Basisregeln hinaus zu begreifen lerne, warum in einem Kunstwerk z.B. eine bestimmte Regel mißachtet wird. Mein Lieblingsbeispiel dafür ist Cezanne: Ich mag dessen Bilder bis heute nicht - vom persönlichen Geschmack her. Aber ich finde die total grandios, witzig, intelligent, raffiniert, tiefsinnig gemalt.
Wenn sich ein Kunstwerk also auf offensichtliche Weise mit den "ewigen" Gesetzen der Ästhetik auseinandersetzt, dann muß man nicht unbedingt den Zeitkontext beachten. Übrigens ist Dein Mondrian-Beispiel da interessant: Ich war mal in einer Vorlesung über Ästhetik, und der Professor zeigte uns fünf Bilder von Mondrian. Allerdings war nur eines echt, die anderen waren Fälschungen. Er ließ uns abstimmen, welches der Bilder wohl der "echte Mondrian" sei. Das Ergebnis war verblüffend: Das echte Bild bekam rund dreiviertel der Stimmen. Ich hatte auch korrekt geraten, und mein einziges bewußtes Motiv war: Das Bild da rechts sieht besser aus als die anderen vier.
Leider ist mir nicht mehr erinnerlich, ob die anderen vier Bilder von einem Zufallsprogramm zusammengewürfelt, oder von Fälschern gemalt worden waren.
_________________ Still confused - but on a higher level.
Mein Zeugs auf deviantart
|
|
Nach oben |
|
 |
sanft auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 14.08.2006 Beiträge: 1431
|
(#573952) Verfasst am: 28.09.2006, 14:54 Titel: |
|
|
Kunst muss garnichts?
möglich!
Aber jeder Kunst verlangt:
das Buch den Leser
der song den Hörer
das Bild den Betrachter
mehr Zeit habe ich momentan nicht, aber nächste Woche gehe ich näher darauf ein
wer dieser Leser- Hörer oder Betrachter sein sollte und meistens auch ist
|
|
Nach oben |
|
 |
|