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Sehwolf registrierter User
Anmeldungsdatum: 26.03.2006 Beiträge: 10077
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(#623505) Verfasst am: 20.12.2006, 14:10 Titel: gescheites Scheitern |
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Auf Deutschlandfunk gehört:
DLF hat folgendes geschrieben: | Scheitern macht erfolgreich
Der Philosoph Hans-Jürgen Stöhr und seine Agentur für gescheites Scheitern
Worüber andere gern schweigen, das ist sein Thema: das Scheitern. Der Philosoph Hans-Jürgen Stöhr will den Umgang mit Pleiten enttabuisieren. Ob jemand Insolvenz anmelden muss, den Arbeitsplatz verloren oder die Scheidung eingereicht hat - Stöhrs Motto lautet: "Scheitern ist menschlich und macht erfolgreich". |
Agentur für gescheites Scheitern hat folgendes geschrieben: |
Der Volksmund kennt den Spruch: "Wie gewonnen – so zerronnen!".
Es ist also keine "Kunst" zu scheitern.
Um die Beherrschbar des Scheiterns - darum geht es!
Jeder Erfolg scheint in sich den keim und das Risiko des Scheiterns zu tragen.
Wenn das stimmt, dann müsste im scheitern auch die Quelle des Erfolgs verborgen sein.
So sehr Scheitern für uns menschlich, allgegenwärtig und durch Alltagsfahrung erlebbar ist, so wenig wird es auch von seiner positiven, gelingenden, erfolgsorientierten und beherrschbaren Seite wahrgenommen.
Das ist u. E. aber nur möglich, wenn wir das Scheitern nicht nur als Alltagserfahrung und mit dem "Alltagsdenken" erleben, sondern es als eine Kunst verstehen und nutzbar machen.
Scheitern als Kunst zu verstehen – dahinter verbirgt sich Anschauung, Methode und Technik.
Nur in diesem Verständnis bietet sich für uns die Chance, das Scheitern aus seiner geistigen Verbannung und Alltäglichkeit herauszuholen, um endlich das Scheitern zu enttabuisieren.
Das Scheitern positiv zu bewerten, nachhaltig für den Erfolg zu nutzen, es erfolgsorientiert beherrschbar zu machen – das soll die Kunst des gelingenden Scheiterns vermitteln. |
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Valen MacLeod Antitheist
Anmeldungsdatum: 11.12.2004 Beiträge: 6172
Wohnort: Jenseits von Eden
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(#623612) Verfasst am: 20.12.2006, 17:44 Titel: |
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Naja... hätten wir den Mut, etwas als gescheitert anzuerkennen, statt wie sklavisch immer und immer wieder zu versuchen, das tote Pferd dennoch zu reiten, könnten wir uns leichter lösen und etwas neues beginnen.
_________________ V.i.S.d.P.:Laird Valen MacLeod (Pseudonym!)
"... Wenn das hier das Haus Gottes ist, Junge, warum blühen hier dann keine Blumen, warum strömt dann hier kein Wasser und warum scheint dann hier die Sonne nicht, Bürschchen?!" <i>Herman van Veen</i>
Das Schlimme an meinen Katastrophenszenarien ist... dass ich damit über kurz oder lang noch immer Recht behielt.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44650
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(#623613) Verfasst am: 20.12.2006, 17:48 Titel: Re: gescheites Scheitern |
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Zitat: | Jeder Erfolg scheint in sich den keim und das Risiko des Scheiterns zu tragen.
Wenn das stimmt, dann müsste im Scheitern auch die Quelle des Erfolgs verborgen sein. |
Was is'n das für 'ne Logik???
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Valen MacLeod Antitheist
Anmeldungsdatum: 11.12.2004 Beiträge: 6172
Wohnort: Jenseits von Eden
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(#623615) Verfasst am: 20.12.2006, 17:50 Titel: |
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Noch ein Gedanke:
Zum Scheitern gehört der Mut zum Risiko. Aber auch die Fähigkeit Verantwortung zu übernehmen. Verantwortung und Schuld schieben wir aber zu gern auf andere, zugunsten vermeintlicher Sicherheit, ab.
Das hängt mit der sozialen Kälte in unserer Gesellschaft zusammen. Jemand, der Scheitert, wird nicht von anderen aufgefangen und es wird ihn nicht geholfen. Vielmehr wird er als potetieller Gegner, der aus dem Weg ist empfunden.
Es als persönlichen Erfolg zu betrachten, jemandem anderen bei dessen Erfolg zu helfen.... ist viel zu ... naja... es ist weder christlich, noch konservativ, noch sozialistsisch oder kommunistisch - es kommt im deutschen Denken irgendwie nicht vor.
_________________ V.i.S.d.P.:Laird Valen MacLeod (Pseudonym!)
"... Wenn das hier das Haus Gottes ist, Junge, warum blühen hier dann keine Blumen, warum strömt dann hier kein Wasser und warum scheint dann hier die Sonne nicht, Bürschchen?!" <i>Herman van Veen</i>
Das Schlimme an meinen Katastrophenszenarien ist... dass ich damit über kurz oder lang noch immer Recht behielt.
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Valen MacLeod Antitheist
Anmeldungsdatum: 11.12.2004 Beiträge: 6172
Wohnort: Jenseits von Eden
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(#623616) Verfasst am: 20.12.2006, 17:51 Titel: Re: gescheites Scheitern |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Jeder Erfolg scheint in sich den keim und das Risiko des Scheiterns zu tragen.
Wenn das stimmt, dann müsste im Scheitern auch die Quelle des Erfolgs verborgen sein. |
Was is'n das für 'ne Logik???  |
Das ist eine scheinbar Logik. Eigentlich keine Logik. Es ist Weisheit.
_________________ V.i.S.d.P.:Laird Valen MacLeod (Pseudonym!)
"... Wenn das hier das Haus Gottes ist, Junge, warum blühen hier dann keine Blumen, warum strömt dann hier kein Wasser und warum scheint dann hier die Sonne nicht, Bürschchen?!" <i>Herman van Veen</i>
Das Schlimme an meinen Katastrophenszenarien ist... dass ich damit über kurz oder lang noch immer Recht behielt.
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Wolf registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.08.2004 Beiträge: 16610
Wohnort: Zuhause
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(#623622) Verfasst am: 20.12.2006, 17:58 Titel: Re: gescheites Scheitern |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Jeder Erfolg scheint in sich den keim und das Risiko des Scheiterns zu tragen.
Wenn das stimmt, dann müsste im Scheitern auch die Quelle des Erfolgs verborgen sein. |
Was is'n das für 'ne Logik???  |
Philosophische Logik, aufgebaut auf non sequiturs.
Aber scheitern ist natürlich wichtig für eine erfolgreiche Tragödie. Ich arbeite gerade an meiner, dem Leben.
_________________ Trish:(
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Latenight registrierter User
Anmeldungsdatum: 17.05.2005 Beiträge: 2549
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(#623641) Verfasst am: 20.12.2006, 18:18 Titel: Re: gescheites Scheitern |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Jeder Erfolg scheint in sich den keim und das Risiko des Scheiterns zu tragen.
Wenn das stimmt, dann müsste im Scheitern auch die Quelle des Erfolgs verborgen sein. |
Was is'n das für 'ne Logik???  |
Marketinglogik.
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Sehwolf registrierter User
Anmeldungsdatum: 26.03.2006 Beiträge: 10077
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(#623892) Verfasst am: 20.12.2006, 23:26 Titel: |
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Finde ich total faszinierend:
Zitat: | Firmenphilosophie und Leitbild
* Scheitern gehört zum Leben und ist grundsätzlich nicht vermeidbar. Wir haben die große Chance und Fähigkeit, aus Niederlagen zu lernen, um zukünftig "gescheiter" zu scheitern.
* Die Art zu scheitern ist Lebenshaltung und Lebensgestaltung. Sie bestimmt über die Art des Scheiterns und über die Zukunft.
* Ursachen und Mechanismen des Scheiterns sind durchschaubar und veränderbar. "Gescheites" Scheitern ist erlernbar.
* Das Scheitern verbreitet Krise, Niederlage, negative Gefühle und ebenso Hoffnung, Neuanfang, persönliches Wachstum, Freude, Lebensmut. Was der Mensch auf der einen oder anderen Seite mehr oder weniger zulässt, bestimmt er letztlich selbst.
* Gescheites Scheitern ist immer konstruktiv und kreativ, schafft Wachstum im Verhalten und Gewinn für die Persönlichkeit.
* Scheitern und Erfolg gehören gleichermaßen zum menschlichen Leben und bedingen sich gegenseitig. Die übergreifende Botschaft an den Kunden ist: unterhaltsam – sinnlich – nachdenklich
* Das Motte im Umgang mit Scheitern und Erfolg kann deshalb nur heißen
"Scheitern ist menschlich und macht erfolgreich." |
Man kann offenbar so profane Binsenweisheiten wie "aus Fehlern wird man klug" oder "man wächst auch an seinen Niederlagen" bis zum geht-nicht-mehr aufblähen und damit Lebens- und Unternehmungsführungsseminare füllen.
Gut, die maxmal semiprofessionelle Gestaltung dieser Webseite läßt darauf schließen, dass der Erfolg dieses Konzeptes noch keine ausgemachte Sache ist.
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Gretel registrierter User
Anmeldungsdatum: 23.11.2006 Beiträge: 93
Wohnort: Ruhrgebiet
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(#623912) Verfasst am: 20.12.2006, 23:49 Titel: |
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Ich kenne eine kleine Geschichte dazu -
ein Vertreter wird beim Direktor vorgelassen, der sagt:
sie haben Glück gehabt, ich habe heute schon zwanzig Vertreter abgewiesen.
Sagt der Vertreter: das war jedesmal ich.
Und ich persönlich sage denen, die es hören mögen: fangt da an, wo andere aufhörten.
Gruß
Gretel
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Sanne gives peas a chance.
Anmeldungsdatum: 05.08.2003 Beiträge: 12088
Wohnort: Nordschland
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(#624138) Verfasst am: 21.12.2006, 13:57 Titel: |
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Mir wurde beigebracht, daß Fehler bestraft werden, und daß man sie deswegen am besten vertuscht oder verdrängt.
_________________ Ich will das Internet doch nicht mit meinen Problemen belästigen! (Marge Simpson)
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Arrivederci auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 14.11.2006 Beiträge: 747
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(#624175) Verfasst am: 21.12.2006, 15:33 Titel: |
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Sanne hat folgendes geschrieben: | Mir wurde beigebracht, daß Fehler bestraft werden, und daß man sie deswegen am besten vertuscht oder verdrängt. |
Siehst du, und das braucht man vor Gott nicht zu tun!
Ich meine jetzt nicht die Sünde: Sünde ist Absonderung vom Willen Gottes - und was der Wille Gottes sei, bestimmen meist (Kirchen-)Leute auf der Grundlage eines äußerst pragmatischen Ethikverständnisses.
"Was Gott tut, das ist wohlgetan... der mir nichts Böses gönnen kann... Es kommt die Zeit, da öffentlich erscheinet, wie treulich er es meinet."
Nun könnte man mit der "Zeit", die da kommt, natürlich die Ewigkeit meinen. Das führt dann zu fatalem Passivismus, fatal vor allem dann, wenn man nicht nur sich selbst, sondern auch jene, die einen um Rat fragen, damit vertröstet.
Die gegenteilige Verhaltensweise ist, ein Scheitern zu verstecken wie eine Leiche im Keller. Wer dies für eine gebotene Reaktion hält, wird wiederum andere, die ihn um Rat fragen, dazu anleiten.
Und je mehr von einem selbst oder vom anderen in dem gescheiterten Projekt steckt, desto mehr wird man oder der andere sich verstecken.
Und irgendwann findet jemand an sich gar nichts Vorzeigbares mehr...
Transzendenz hatte immer auch eine Funktion als Scheiternserfahrungs-Überbrückungs-Agentur.
Diese Funktion übernimmt heute mehr und mehr die klinische Psychologie. Die klinische Psychologie heißt freilich deshalb "klinisch", weil sie mit Krankheiten zu tun hat. Für den vom Scheitern Bedrohten oder Betroffenen ein Wink mit dem Zaunpfahl!
So gesehen füllt diese Agentur, die beim Umgang mit dem Scheitern ohne diesen Zaunpfahl zu arbeiten verspricht, eine Lücke: Jene zwischen der in religiösen Systemen üblichen, zunehmend zweifelhafteren Jenseitsvertröstung einerseits und der für säkulare Gesellschaften so bequemen Zuschreibung von Scheitern als Schuld oder Pathologie andererseits.
Scheitern als Kunst - das klingt freilich nach Aussteigermentalität, Künstlertypen eben, nach solchen, die das, was sie unter Kunst verstehen (und sei es "Lebenskunst") zum Lebensinhalt machen und darin eine Virtuosität entwickeln. Und die damit bei den Eingeweihten Bewunderung und bei Otto Normalbürger eine instinktive Distanz (manchmal bewusst) provozieren.
Es klingt nicht nach einem Konzept für jemanden, der bisher eigentlich gar nichts dagegen hatte, ein Normalbürger zu sein.
Aber eine Idee bloß wegen der Schwächen in der Umsetzung zu verwerfen, finde ich doch reichlich voreilig!
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