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Ist das demokratisch?

 
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Spock
lebt noch



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 4185
Wohnort: Herbipolis

Beitrag(#63349) Verfasst am: 15.12.2003, 12:09    Titel: Ist das demokratisch? Antworten mit Zitat

Is es demokratisch, wenn man verfassungsfeindliche demokratiefeindliche Organisationen verbietet? Wenn sich dafür eine Mehrheit findet, mit Sicherhait ja. Was aber ist, wenn das Volk mehrheitlich gegen die Demokratie ist. Ist es dann nicht undemokratisch, die Demokratiefeindlichkeit zu verbieten? Ist es dann nicht sogar demokratisch, die Demokratie abzuschaffen?

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Nergal
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11433

Beitrag(#63411) Verfasst am: 15.12.2003, 14:04    Titel: Antworten mit Zitat

Nun dann sollte man vieleicht irgendwelche Kontrollmechanismen einbauen, zB das die Demokratie erst abgeschafft wird wenn 90% dafür sind und auch 90% der Wahlberechtigten dafür sind zynisches Grinsen

Aber so etwas ist ein ziemlich dummer Schritt und wenn ein Land sich so entscheidet... nun dann sind die Typen selber schuld, ich würde so ein Land sofort verlassen.
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Werner
registrierter User



Anmeldungsdatum: 10.12.2003
Beiträge: 18

Beitrag(#63723) Verfasst am: 15.12.2003, 22:34    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Is es demokratisch, wenn man verfassungsfeindliche demokratiefeindliche Organisationen verbietet? Wenn sich dafür eine Mehrheit findet, mit Sicherhait ja. Was aber ist, wenn das Volk mehrheitlich gegen die Demokratie ist. Ist es dann nicht undemokratisch, die Demokratiefeindlichkeit zu verbieten? Ist es dann nicht sogar demokratisch, die Demokratie abzuschaffen?


Hallo,

bezeichnend hierbei ist in der Tat, dass das System als solches in einer "Demokratie" wie der unseren gar nicht zur Wahl steht. Es geht einzig um Legitimation, und zu dieser leistet duch ausgeklügelte Mechanismen selbst der seinen Beitrag, der gar nicht zur Wahl geht.

Das ist das Eine (sehr verkürzt dargestellt). Das Andere, was ich an unserer heutigen Demokratie als wesentlich problematischer sehe, lässt sich am besten in wenigen kurzen Zitaten Neil Postmans zusammenfassen:

"Volksverdummung auf hohem ökonomischen und technologischen Niveau ist angesagt”

"Es gibt Tendenzen, die einen erdrutschartigen Abbruch des kollektiven kritischen Bewusstseins spürbar werden lassen".

"Demokratie, mißverstanden und rein ökonomisch unterhaltungslebensweltlich interpretiert, ist die Idealform zur systematischen Ausbildung degenerierter Lebensformen auf hohem Niveau".

"Längst sind Politiker zu verderblichen Instant-Fix-Produkten der Mediengesellschaften geworden, an denen ausschließlich die Oberfläche von Interesse ist".

"Den Alltagsärger über fehlende Syntax, rudimentäre Sprachbeherrschung, abgedroschene
Phrasen, leere Worthülsen, Stilblüten und plumpe Wahlslogans schluckt man meistens".

"Demokratie als „Wille der Mehrheit“ ist wertlos, ja sogar gefährlich, wenn sie nicht auf individueller Autonomie und Entscheidungsfähigkeit beruht".

(Neil Postman, "Die zweite Aufklärung, vom 18. ins 21. Jahrhundert")


Oder (nach Adorno): "Das Ganze ist das Unwahre".

Gruß,
Werner

PS: Auch "Mehrheiten" können irren, vergesst das nicht.. . zwinkern
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Nav
Gast






Beitrag(#63724) Verfasst am: 15.12.2003, 22:36    Titel: Antworten mit Zitat

Du sagst es, Werner. Und genau darum halte ich konservative Parteien für nicht dem demokratischen Spektrum zugehörig - im Gegensatz zu kommunistischen, aber auch rechten Parteien!
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frajo
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Anmeldungsdatum: 25.08.2003
Beiträge: 11440

Beitrag(#63727) Verfasst am: 15.12.2003, 22:50    Titel: Re: Ist das demokratisch? Antworten mit Zitat

Spock hat folgendes geschrieben:
Is es demokratisch, wenn man verfassungsfeindliche demokratiefeindliche Organisationen verbietet? Wenn sich dafür eine Mehrheit findet, mit Sicherhait ja. Was aber ist, wenn das Volk mehrheitlich gegen die Demokratie ist. Ist es dann nicht undemokratisch, die Demokratiefeindlichkeit zu verbieten? Ist es dann nicht sogar demokratisch, die Demokratie abzuschaffen?
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das ist eine spezialfassung folgenden allgemeineren problems:
darf eine "höhere" zivilisation eine "niedere" zu ihrem glück zwingen?

siehe auch das buch beider strugatzkis "es ist nicht leicht, ein gott zu sein". ein SF-highlight, dessen verfilmung (herr fleischmann war's, glaube ich) weder finanziell noch in der kritik erfolgreich war. (was ich nicht verstehe.)
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Werner
registrierter User



Anmeldungsdatum: 10.12.2003
Beiträge: 18

Beitrag(#63733) Verfasst am: 15.12.2003, 23:06    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo Nav,

Zitat:
[..] Und genau darum halte ich konservative Parteien für nicht dem demokratischen Spektrum zugehörig - im Gegensatz zu kommunistischen, aber auch rechten Parteien!


Für eine funktionierende Demokratie (Welche diese Bezeichnung auch ansatzweise verdiente..) wäre ein geschultes, kritisches Bewusstsein des Bürgers erforderlich. Leider wird (nicht nur hierzulande) alles erdenkliche unternommen, um genau dieses im Keim zu ersticken.

Ein solches "kritisches Bewusstsein" würde u.a. jede Form von Zensur überflüssig machen, da offenkundiger Schwachsinn sofort als solches erkannt werden würde. Wozu z.B. dann Links-; Rechts- oder sonstwie radikale Webseiten zensieren, wenn die Ratten dem Rattenfänger den "Stinkefinger" zeigen?
Auch (und besonders) Medienökonomie basiert auf "Angebot und Nachfrage".. . Und wenn radikaler Dummfug nicht mehr nachgefragt wird, findet dessen Produktion einfach nicht mehr statt.. (..wäre zumindest zu hoffen..) zwinkern

Um ehrlich zu sein: Von allen theoretischen Konstrukten gefällt mir jenes von Marx noch am besten (Allein weil in letzter Konsequenz "der Staat" überflüssig wird.
Jedoch bin ich seit Schopenhauer zu sehr Pessimist, um an die Durchsetzbarkeit dessen Visionen zu glauben.

Der einzige natürliche Feind des Menschen ist der Mensch. Und auch sein größter.. .

Gruß,
Werner
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Nordseekrabbe
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 31152
Wohnort: Dresden

Beitrag(#63763) Verfasst am: 16.12.2003, 00:54    Titel: Re: Ist das demokratisch? Antworten mit Zitat

Spock hat folgendes geschrieben:
Is es demokratisch, wenn man verfassungsfeindliche demokratiefeindliche Organisationen verbietet? Wenn sich dafür eine Mehrheit findet, mit Sicherhait ja. Was aber ist, wenn das Volk mehrheitlich gegen die Demokratie ist. Ist es dann nicht undemokratisch, die Demokratiefeindlichkeit zu verbieten? Ist es dann nicht sogar demokratisch, die Demokratie abzuschaffen?

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Das ist sicher eine interessante Fragestellung, die Du da aufwirfst, Spock.
Aber - jetzt mal in der realen Welt: Welches Volk sollte in der Mehrheit demokratiefeindlich sein? Mir fiele da wohl kein Volk dieser Welt ein.

Deswegen: Ist dies eine Frage mit mehr theoretischem Hintergrund? Mit den Augen rollen Frage
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Nordseekrabbe
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 31152
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Beitrag(#63765) Verfasst am: 16.12.2003, 00:57    Titel: Antworten mit Zitat

Nav hat folgendes geschrieben:
Du sagst es, Werner. Und genau darum halte ich konservative Parteien für nicht dem demokratischen Spektrum zugehörig - im Gegensatz zu kommunistischen, aber auch rechten Parteien!


Das verstehe ich jetzt nicht... Mit den Augen rollen
Du hältst konservative Parteien nicht für dem demokratischen Spektrum zugehörig, aber z. B. rechte Parteien und Kommunistische schon? Mit den Augen rollen Frage Geschockt
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frajo
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Anmeldungsdatum: 25.08.2003
Beiträge: 11440

Beitrag(#63769) Verfasst am: 16.12.2003, 01:09    Titel: Re: Ist das demokratisch? Antworten mit Zitat

Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben:
Spock hat folgendes geschrieben:
Is es demokratisch, wenn man verfassungsfeindliche demokratiefeindliche Organisationen verbietet? Wenn sich dafür eine Mehrheit findet, mit Sicherhait ja. Was aber ist, wenn das Volk mehrheitlich gegen die Demokratie ist. Ist es dann nicht undemokratisch, die Demokratiefeindlichkeit zu verbieten? Ist es dann nicht sogar demokratisch, die Demokratie abzuschaffen?

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Das ist sicher eine interessante Fragestellung, die Du da aufwirfst, Spock.
Aber - jetzt mal in der realen Welt: Welches Volk sollte in der Mehrheit demokratiefeindlich sein? Mir fiele da wohl kein Volk dieser Welt ein.

Deswegen: Ist dies eine Frage mit mehr theoretischem Hintergrund? Mit den Augen rollen Frage
nein.
in algerien ist 1992 genau so etwas passiert:
es waren demokratische wahlen angesetzt.
nach dem ersten durchgang lag die FIS (islamische heilsfront) vorn, eine antidemokratische, mordende fanatiker-partei.
darauf wurden von der amtierenden regierung die wahlen annulliert.
die staaten der westlichen wertegemeinschaft haben klamm- oder auch unheimlich dem vorgehen der regierung beifall geklatscht.
inneren frieden hat das dem land nicht gebracht; es herrscht bürgerkrieg.
detailliertere darstellung
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ric
Gast






Beitrag(#63813) Verfasst am: 16.12.2003, 10:34    Titel: Antworten mit Zitat

Was ist eigentlich Demokratie. Die meisten setzen diesen Begriff mit "den wählen, der herrscht" gleich. Aber das war nicht die ursprüngliche Idee der Demokratie. Demokratie bedeutete bei den Griechen "Abwahl der Verantwortlichen ohne Blutvergießen", da sie ihre Lektion aus der Geschichte gelernt haben.

Unter dieser Prämisse halte ich unsere Demokratie für erfolgreich.

Mit dieser niedrigen Einstiegsschwelle für Demokratie kann ich mir nicht vorstellen, daß eine Bevölkerung mehrheitlich auf dieses recht verzichtet. Was ich mir vorstellen kann, wenn an diesen Begriff gleichzeitig Versprechungen wie Wohlstand, Freiheit, Sicherheit ... geknüpft werden , und nicht eingehalten werden, daß dann aus Enttäuschung der Begriff "Demokratie" abgelehnt wird.
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Blaubär
Höhlenbewohner



Anmeldungsdatum: 18.07.2003
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Wohnort: Mainufer

Beitrag(#63818) Verfasst am: 16.12.2003, 11:10    Titel: Re: Ist das demokratisch? Antworten mit Zitat

frajo hat folgendes geschrieben:
Spock hat folgendes geschrieben:
Is es demokratisch, wenn man verfassungsfeindliche demokratiefeindliche Organisationen verbietet? Wenn sich dafür eine Mehrheit findet, mit Sicherhait ja. Was aber ist, wenn das Volk mehrheitlich gegen die Demokratie ist. Ist es dann nicht undemokratisch, die Demokratiefeindlichkeit zu verbieten? Ist es dann nicht sogar demokratisch, die Demokratie abzuschaffen?
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das ist eine spezialfassung folgenden allgemeineren problems:
darf eine "höhere" zivilisation eine "niedere" zu ihrem glück zwingen?


Sehe ich nicht so. Bei dem, worüber wir hier diskutieren, geht es doch um eine Änderung der Verhältnisse, welche aus der Bevölkerung selber kommen würde. Das, was Du anführst, ist die Frage, ob eine solche Änderung sozusagen von "aussen" (andere Zivilisation/Nation/Volk) erzwungen werden dürfte. Da liegt für mich schon ein grundsätzlicher Unterschied. Insofern sehe ich das eine nicht als Spezialfall des anderen.

frajo hat folgendes geschrieben:

siehe auch das buch beider strugatzkis "es ist nicht leicht, ein gott zu sein". ein SF-highlight, dessen verfilmung (herr fleischmann war's, glaube ich) weder finanziell noch in der kritik erfolgreich war. (was ich nicht verstehe.)


Das Buch habe ich gelesen, wie auch etliche andere von den Strugatzkis (sehr empfehlenswert!). Diese Problematik ist auch Thema in dem Roman "Eden" von Lem.
Alles hochinteressant, aber wie gesagt, m.E. auf den in diesem Thread behandelten Fall nicht anwendbar.
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Blaubär
Höhlenbewohner



Anmeldungsdatum: 18.07.2003
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Wohnort: Mainufer

Beitrag(#63822) Verfasst am: 16.12.2003, 11:28    Titel: Re: Ist das demokratisch? Antworten mit Zitat

Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben:
Spock hat folgendes geschrieben:
Is es demokratisch, wenn man verfassungsfeindliche demokratiefeindliche Organisationen verbietet? Wenn sich dafür eine Mehrheit findet, mit Sicherhait ja. Was aber ist, wenn das Volk mehrheitlich gegen die Demokratie ist. Ist es dann nicht undemokratisch, die Demokratiefeindlichkeit zu verbieten? Ist es dann nicht sogar demokratisch, die Demokratie abzuschaffen?

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Das ist sicher eine interessante Fragestellung, die Du da aufwirfst, Spock.
Aber - jetzt mal in der realen Welt: Welches Volk sollte in der Mehrheit demokratiefeindlich sein? Mir fiele da wohl kein Volk dieser Welt ein.

Deswegen: Ist dies eine Frage mit mehr theoretischem Hintergrund? Mit den Augen rollen Frage


Wie war es denn mit der Machtübernahme der Nazis 1933? Hitler ist immerhin nicht durch einen Putsch an die Macht gekommen.
Zwar wurde die Demokratie schon in den Jahren zuvor Stück für Stück abgebaut (Entmachtung des Parlamentes, Regierung mittels Notverordnungen des Reichspräsidenten), nichtsdestoweniger ist die NSDAP v.a. über die Wahlergebnisse groß geworden.
Man kann darüber sicher diskutieren, aber mit einer gewissen Berechtigung könnte man schon sagen, dass das Volk die Demokratie damals selber "abgeschafft" hat.
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frajo
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Anmeldungsdatum: 25.08.2003
Beiträge: 11440

Beitrag(#63835) Verfasst am: 16.12.2003, 12:34    Titel: Re: Ist das demokratisch? Antworten mit Zitat

Blaubär hat folgendes geschrieben:
frajo hat folgendes geschrieben:
Spock hat folgendes geschrieben:
Is es demokratisch, wenn man verfassungsfeindliche demokratiefeindliche Organisationen verbietet? Wenn sich dafür eine Mehrheit findet, mit Sicherhait ja. Was aber ist, wenn das Volk mehrheitlich gegen die Demokratie ist. Ist es dann nicht undemokratisch, die Demokratiefeindlichkeit zu verbieten? Ist es dann nicht sogar demokratisch, die Demokratie abzuschaffen?
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das ist eine spezialfassung folgenden allgemeineren problems:
darf eine "höhere" zivilisation eine "niedere" zu ihrem glück zwingen?


Sehe ich nicht so. Bei dem, worüber wir hier diskutieren, geht es doch um eine Änderung der Verhältnisse, welche aus der Bevölkerung selber kommen würde. Das, was Du anführst, ist die Frage, ob eine solche Änderung sozusagen von "aussen" (andere Zivilisation/Nation/Volk) erzwungen werden dürfte. Da liegt für mich schon ein grundsätzlicher Unterschied. Insofern sehe ich das eine nicht als Spezialfall des anderen.

ok. einspruch stattgegeben.

Zitat:
frajo hat folgendes geschrieben:

siehe auch das buch beider strugatzkis "es ist nicht leicht, ein gott zu sein". ein SF-highlight, dessen verfilmung (herr fleischmann war's, glaube ich) weder finanziell noch in der kritik erfolgreich war. (was ich nicht verstehe.)


Das Buch habe ich gelesen, wie auch etliche andere von den Strugatzkis (sehr empfehlenswert!). Diese Problematik ist auch Thema in dem Roman "Eden" von Lem.
Alles hochinteressant, aber wie gesagt, m.E. auf den in diesem Thread behandelten Fall nicht anwendbar.


ok, zurück zum thema:
angenommen, der von dir beschriebene fall tritt ein:
eine (deutliche) mehrheit der bevölkerung (strenggenommen: des wahlberechtigten anteils der bevölkerung - was ein problem für sich darstellt)spricht sich dafür aus, der demokratie einen korb zu erteilen.
dann hätte ich keine bauchschmerzen, falls es umgesetzt wird.
aber:
derselbe respekt vor der selbstbestimmung, der den bei dieser wahl entscheidungsberechtigten gezollt wird,
gebührt in gleichem maße den nachwachsenden generationen.
und strenggenommen ist spätestens nach ablauf einer wahlperiode der souverän nicht mehr identisch mit demjenigen, der die demokratie zuvor abgewählt hatte.

populistischer formuliert:
auch einem überzeugten koprophagen ist nicht das recht zuzugestehen, seine nachkommen zum scheißefressen zu zwingen.
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Sokrateer
souverän



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Beitrag(#64095) Verfasst am: 16.12.2003, 20:24    Titel: Re: Ist das demokratisch? Antworten mit Zitat

Spock hat folgendes geschrieben:
Is es demokratisch, wenn man verfassungsfeindliche demokratiefeindliche Organisationen verbietet? Wenn sich dafür eine Mehrheit findet, mit Sicherhait ja. Was aber ist, wenn das Volk mehrheitlich gegen die Demokratie ist. Ist es dann nicht undemokratisch, die Demokratiefeindlichkeit zu verbieten? Ist es dann nicht sogar demokratisch, die Demokratie abzuschaffen?

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Nein! Zur Demokratie gehört unbedingt die Möglichkeit sich später wieder anders entscheiden zu können. Eine demokratische Entscheidung für eine Diktatur müsste beinhalten, dass die Diktatur jederzeit wieder abgeschafft werden könnte. (nicht nur theoretisch, sondern praktisch) Und dann wäre es eben keine Diktatur mehr. Das Volk würde ihren Kindern und auch sich selbst in der Zukunft die Demokratie rauben.
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Nordseekrabbe
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Anmeldungsdatum: 16.07.2003
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Beitrag(#64119) Verfasst am: 16.12.2003, 21:25    Titel: Re: Ist das demokratisch? Antworten mit Zitat

Blaubär hat folgendes geschrieben:
Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben:
Spock hat folgendes geschrieben:
Is es demokratisch, wenn man verfassungsfeindliche demokratiefeindliche Organisationen verbietet? Wenn sich dafür eine Mehrheit findet, mit Sicherhait ja. Was aber ist, wenn das Volk mehrheitlich gegen die Demokratie ist. Ist es dann nicht undemokratisch, die Demokratiefeindlichkeit zu verbieten? Ist es dann nicht sogar demokratisch, die Demokratie abzuschaffen?

Am Kopf kratzen


Das ist sicher eine interessante Fragestellung, die Du da aufwirfst, Spock.
Aber - jetzt mal in der realen Welt: Welches Volk sollte in der Mehrheit demokratiefeindlich sein? Mir fiele da wohl kein Volk dieser Welt ein.

Deswegen: Ist dies eine Frage mit mehr theoretischem Hintergrund? Mit den Augen rollen Frage


Wie war es denn mit der Machtübernahme der Nazis 1933? Hitler ist immerhin nicht durch einen Putsch an die Macht gekommen.
Zwar wurde die Demokratie schon in den Jahren zuvor Stück für Stück abgebaut (Entmachtung des Parlamentes, Regierung mittels Notverordnungen des Reichspräsidenten), nichtsdestoweniger ist die NSDAP v.a. über die Wahlergebnisse groß geworden.
Man kann darüber sicher diskutieren, aber mit einer gewissen Berechtigung könnte man schon sagen, dass das Volk die Demokratie damals selber "abgeschafft" hat.


Blaubär, ich bezog das ausdrücklich auf die derzeitige, aktuelle Lage, und nicht auf die Geschichte. Mit den Augen rollen
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max
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Beitrag(#64184) Verfasst am: 16.12.2003, 23:54    Titel: Antworten mit Zitat

Blaubär hat folgendes geschrieben:
Wie war es denn mit der Machtübernahme der Nazis 1933? Hitler ist immerhin nicht durch einen Putsch an die Macht gekommen.

Durch einen Putsch nicht, aber mit Demokratie hatte das nichts zu tun. Hitler wurde zwei Monate nach einer Wahlniederlage zum Kanzler ernannt, weil die Generäle der Reichswehr und die Mehrheit der Industriellen die Nazis an der Regierung haben wollten um ihre eigenen politischen Vorstellungen - wieder Grossmachtstatus zu erlangen, die Arbeiterbewegung zu vernichten - durchzustetzen.

Eigentlich hätte ich auch gesagt, dass noch eine Mehrheit gegen die Demokratie gestimmt hat. Aber jetzt werde ich erst mal Frajos Artikel über Algerien lesen.
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Blaubär
Höhlenbewohner



Anmeldungsdatum: 18.07.2003
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Wohnort: Mainufer

Beitrag(#64189) Verfasst am: 16.12.2003, 23:56    Titel: Re: Ist das demokratisch? Antworten mit Zitat

Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben:

Blaubär, ich bezog das ausdrücklich auf die derzeitige, aktuelle Lage, und nicht auf die Geschichte. Mit den Augen rollen

Alles, was Geschichte ist, war mal aktuell; alles was aktuell ist, wird mal Geschichte sein... zwinkern
Also ernsthaft: Sowas hats gegeben (siehe auch frajos berechtigten Hinweis auf Algerien 1992, fast noch aktuell), sowas wird es auch wieder irgendwann mal geben.
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Burkard Schulte-Vogelheim
Gast






Beitrag(#64255) Verfasst am: 17.12.2003, 09:47    Titel: Antworten mit Zitat

max hat folgendes geschrieben:

Durch einen Putsch nicht, aber mit Demokratie hatte das nichts zu tun. Hitler wurde zwei Monate nach einer Wahlniederlage zum Kanzler ernannt, weil die Generäle der Reichswehr und die Mehrheit der Industriellen die Nazis an der Regierung haben wollten um ihre eigenen politischen Vorstellungen - wieder Grossmachtstatus zu erlangen, die Arbeiterbewegung zu vernichten - durchzustetzen.



Kleine Ergänzung: Mit Auflösung der KPD-Fraktion, d. h. Bruch der Weimarer Verfassung und der Zustimmung zum Reichsermächtigungsgesetz durch die bürgerlichen Eliten wurde die Nazi-Barbarei erst möglich. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Ludwig Stiegler erinnerte vor 2 Jahren dankenswerterweise noch einmal an diesen Zusammenhang unter dem Aufjaulen der Unionsabgeordneten...

("Unser Leben könnt ihr uns nehmen, unser Ehre nicht...." Otto Wels)
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Critic
oberflächlich



Anmeldungsdatum: 22.07.2003
Beiträge: 15979
Wohnort: Arena of Air

Beitrag(#64897) Verfasst am: 18.12.2003, 00:58    Titel: Re: Ist das demokratisch? Antworten mit Zitat

Spock hat folgendes geschrieben:
Is es demokratisch, wenn man verfassungsfeindliche demokratiefeindliche Organisationen verbietet? Wenn sich dafür eine Mehrheit findet, mit Sicherhait ja. Was aber ist, wenn das Volk mehrheitlich gegen die Demokratie ist. Ist es dann nicht undemokratisch, die Demokratiefeindlichkeit zu verbieten? Ist es dann nicht sogar demokratisch, die Demokratie abzuschaffen?

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Wäre - offen gesagt -, dann widersinnig, auf Volkes Stimme zu hören. Denn wenn das Volk die Demokratie abschaffen wollte, warum sollte man dann auf es hören, nachdem in Staaten, in denen es keine Demokratie gibt, das Volk nicht gehört wird, und es eben genau das will. Dann darf es auch nicht erwarten, daß jemand auf es hört. :messer: Der umgekehrte Weg geht natürlich: will ein Volk Demokratie, aber die Mächtigen geben sie ihm nicht, dann kann es sich hörbar machen, wie etwa in Serbien, in Georgien, ... .
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"Die Pentagon-Gang wird in der Liste der Terrorgruppen geführt"

Dann bin ich halt bekloppt. Mit den Augen rollen

"Wahrheit läßt sich nicht zeigen, nur erfinden." (Max Frisch)
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Woici
ist vollkommen humorlos



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
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Wohnort: Em Schwobaländle

Beitrag(#64902) Verfasst am: 18.12.2003, 01:10    Titel: Re: Ist das demokratisch? Antworten mit Zitat

Critic hat folgendes geschrieben:
Wäre - offen gesagt -, dann widersinnig, auf Volkes Stimme zu hören. Denn wenn das Volk die Demokratie abschaffen wollte, warum sollte man dann auf es hören, nachdem in Staaten, in denen es keine Demokratie gibt, das Volk nicht gehört wird, und es eben genau das will. Dann darf es auch nicht erwarten, daß jemand auf es hört. :messer: Der umgekehrte Weg geht natürlich: will ein Volk Demokratie, aber die Mächtigen geben sie ihm nicht, dann kann es sich hörbar machen, wie etwa in Serbien, in Georgien, ... .


Das verstehe ich jetzt nicht... warum wäre eine demokratische Entscheidung z.B. für eine Monarchie undemokratisch?

Zitat:
warum sollte man dann auf es hören, nachdem in Staaten, in denen es keine Demokratie gibt, das Volk nicht gehört wird


wenn man also nur auf das Volk hört, wenn es ein Anliegen hat dass den demokratischen Machthabern gefällt, ist es nicht weit her mit der Demokratie... dann bist Du nämlich genau so weit wie in den Staaten in denen es keine Demokratie gibt... auch dort wird der Willen des Volkes ignoriert...
_________________
eigentlich bin ich ein ganz netter... und wenn ich freunde hätte, könnten die das auch bestätigen.
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Critic
oberflächlich



Anmeldungsdatum: 22.07.2003
Beiträge: 15979
Wohnort: Arena of Air

Beitrag(#64928) Verfasst am: 18.12.2003, 02:09    Titel: Re: Ist das demokratisch? Antworten mit Zitat

1.
Woici hat folgendes geschrieben:
Das verstehe ich jetzt nicht... warum wäre eine demokratische Entscheidung z.B. für eine Monarchie undemokratisch?

Zitat:
warum sollte man dann auf es hören, nachdem in Staaten, in denen es keine Demokratie gibt, das Volk nicht gehört wird


wenn man also nur auf das Volk hört, wenn es ein Anliegen hat dass den demokratischen Machthabern gefällt, ist es nicht weit her mit der Demokratie... dann bist Du nämlich genau so weit wie in den Staaten in denen es keine Demokratie gibt... auch dort wird der Willen des Volkes ignoriert...


Es besteht eben eine Diskrepanz zwischen Logik und Realisierung. Wenn das Volk demokratisch jemanden zum Präsidenten wählt, und der sich später als Diktator entpuppt, ist die Wahl dann demokratisch oder undemokratisch? Von der Logik her würde ich argumentieren, daß der Möchtegern-Diktator ein ihm demokratisch angetragenes Amt nicht annehmen dürfte, weil er eben dadurch an die Macht gelangen würde, was er in der Tat verachtet. (Musharaf z.B. ist m.W. nicht mal "demokratisch legitimiert") In der Praxis allerdings sind Menschen Opportunisten, nehmen also Möchtegern-Diktatoren demokratische Wahlergebnisse mit Kußhand. Weltgeschichte geht eben nicht linear, sondern sie "fluktuiert", will heißen: Es wird auch mal die schlechtere Regierungsform angenommen, weil Menschen eben nicht der - d.h. in dem Falle meiner - Logik folgen.

2.
Zitat:
...Was ist Demokratie?...


Hat die mit "Gleichberechtigung" zu tun? Wenn das klassische Athen eine Demokratie ist, die "römische Republik" tatsächlich eine Republik, und die USA ebenso, dann ist das nicht notwendigerweise so. Denn alle drei Staaten und Gesellschaften kennen eine starke gesellschaftliche Strukturierung, in der Antike genauso wie in der Neuzeit, zwischen Freien (z.T. über den Freien noch eine gewisse Art Adel, Patrizier, o.ä., als Zwischenstufe unter den Freien die "Freigelassenen") und Sklaven. Die "demokratische Gesellschaft" wird aufgebaut auf der Ausbeutung von Lebens- und Arbeitskraft einer Schicht, die aber an den Errungenschaften dieser Gesellschaft nur begrenzt teilhaben kann. (Dafür muß man nicht mal Kommunist sein. Aber:) Z.B. gnadenlos kapitalistische Gesellschaften wie die USA, in denen die Betreiber, die "wahren Demokraten" (in dem Sinne, daß diese den wahren Einfluß ausüben) ihren Reichtum auf der Arbeitskraft von Millionen Menschen aufgebaut haben, die von ihren zwei bis drei Jobs entweder Lebensmittel oder Wohnungsmiete bezahlen können, also entweder hungern oder im Obdachlosenasyl schlafen müssen. Deswegen auch nicht "Demokratie", sondern eher "Polykratie" oder "Oligarchie".
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frajo
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Beitrag(#64952) Verfasst am: 18.12.2003, 03:14    Titel: Re: Ist das demokratisch? Antworten mit Zitat

Critic hat folgendes geschrieben:
Spock hat folgendes geschrieben:
Is es demokratisch, wenn man verfassungsfeindliche demokratiefeindliche Organisationen verbietet? Wenn sich dafür eine Mehrheit findet, mit Sicherhait ja. Was aber ist, wenn das Volk mehrheitlich gegen die Demokratie ist. Ist es dann nicht undemokratisch, die Demokratiefeindlichkeit zu verbieten? Ist es dann nicht sogar demokratisch, die Demokratie abzuschaffen?

Am Kopf kratzen


Wäre - offen gesagt -, dann widersinnig, auf Volkes Stimme zu hören. Denn wenn das Volk die Demokratie abschaffen wollte, warum sollte man dann auf es hören, nachdem in Staaten, in denen es keine Demokratie gibt, das Volk nicht gehört wird, und es eben genau das will. Dann darf es auch nicht erwarten, daß jemand auf es hört. :messer: Der umgekehrte Weg geht natürlich: will ein Volk Demokratie, aber die Mächtigen geben sie ihm nicht, dann kann es sich hörbar machen, wie etwa in Serbien, in Georgien, ... .

im fall serbien wäre allerdings noch der anteil der mafia am "volk" zu berücksichtigen...
aber dein
"Denn wenn das Volk die Demokratie abschaffen wollte, warum sollte man dann auf es hören"
ist schon bestechend elegant Sehr glücklich
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frajo
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Anmeldungsdatum: 25.08.2003
Beiträge: 11440

Beitrag(#64954) Verfasst am: 18.12.2003, 03:30    Titel: Re: Ist das demokratisch? Antworten mit Zitat

Critic hat folgendes geschrieben:
2.
Zitat:
...Was ist Demokratie?...


Hat die mit "Gleichberechtigung" zu tun? Wenn das klassische Athen eine Demokratie ist, die "römische Republik" tatsächlich eine Republik, und die USA ebenso, dann ist das nicht notwendigerweise so. Denn alle drei Staaten und Gesellschaften kennen eine starke gesellschaftliche Strukturierung, in der Antike genauso wie in der Neuzeit, zwischen Freien (z.T. über den Freien noch eine gewisse Art Adel, Patrizier, o.ä., als Zwischenstufe unter den Freien die "Freigelassenen") und Sklaven. Die "demokratische Gesellschaft" wird aufgebaut auf der Ausbeutung von Lebens- und Arbeitskraft einer Schicht, die aber an den Errungenschaften dieser Gesellschaft nur begrenzt teilhaben kann.


[1]
das klassische athen zeichnet sich dadurch vor allen anderen demokratien aus, daß es diese form der regulierung gesellschaftlicher anliegen erfunden hat. (einer von mehreren menschheitlich bedeutsamen durchbrüchen in dieser gegend.)

[2]
demokratie ist kein statischer zustand, sie muß weiterentwickelt werden. die derzeitigen erscheinungsformen der demokratie stecken voller demokratiewidriger strukturen.
z.b. das auf privateigentum an produktionsmitteln beruhende wirtschaftssystem - undemokratischer geht's nimmer.
z.b. das parteiensystem - ein pseudo-demokratischer moloch, der reale demokratie mittels formaler abwürgt, um lobbyisten und küchenklüngeln zu willen zu sein.
z.b. die hierarchischen arbeitsbedingungen.
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Leony
gottlos



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 3674
Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus

Beitrag(#64957) Verfasst am: 18.12.2003, 03:58    Titel: Re: Ist das demokratisch? Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Spock hat folgendes geschrieben:
Is es demokratisch, wenn man verfassungsfeindliche demokratiefeindliche Organisationen verbietet? Wenn sich dafür eine Mehrheit findet, mit Sicherhait ja. Was aber ist, wenn das Volk mehrheitlich gegen die Demokratie ist. Ist es dann nicht undemokratisch, die Demokratiefeindlichkeit zu verbieten? Ist es dann nicht sogar demokratisch, die Demokratie abzuschaffen?

Am Kopf kratzen


Nein! Zur Demokratie gehört unbedingt die Möglichkeit sich später wieder anders entscheiden zu können. Eine demokratische Entscheidung für eine Diktatur müsste beinhalten, dass die Diktatur jederzeit wieder abgeschafft werden könnte. (nicht nur theoretisch, sondern praktisch) Und dann wäre es eben keine Diktatur mehr. Das Volk würde ihren Kindern und auch sich selbst in der Zukunft die Demokratie rauben.


Sokrateers Antwort geht in eine Richtung, die ich in Schriften des Kritischen Rationalismus etwa folgendermaßen beschrieben gefunden habe:
(Kein wörtliches Zitat) hat folgendes geschrieben:
Es geht nicht in erster Linie darum, eine bestimmte Herrschaft – etwa die Herrschaft der Volksmehrheit – aufzurichten.
Es geht vielmehr in erster Linie darum, die Entstehung einer Tyrannei dauerhaft zu verhindern.
Damit niemals die Möglichkeit verloren geht, etwas zum Besseren zu verändern.

_________________
Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren Sehr glücklich)
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Spock
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Beiträge: 4185
Wohnort: Herbipolis

Beitrag(#65638) Verfasst am: 19.12.2003, 12:09    Titel: Re: Ist das demokratisch? Antworten mit Zitat

Critic hat folgendes geschrieben:
Wäre - offen gesagt -, dann widersinnig, auf Volkes Stimme zu hören. Denn wenn das Volk die Demokratie abschaffen wollte, warum sollte man dann auf es hören, nachdem in Staaten, in denen es keine Demokratie gibt, das Volk nicht gehört wird, und es eben genau das will. Dann darf es auch nicht erwarten, daß jemand auf es hört.
Das klingt jetzt ein wenig nach "der alte König will zugunsten des neuen abtreten, darf dies aber nicht, weil darauf ja dann keiner mehr hört" Geschockt
_________________
"Wieviel dieses Märchen von Christus uns un den Unseren genützt hat, ist allbekannt!" (Papst Leo x.)
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