IvanDrago Ösifreund und Pendler zwischen den Welten
Anmeldungsdatum: 18.07.2005 Beiträge: 2876
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(#617619) Verfasst am: 10.12.2006, 06:33 Titel: |
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Surata hat folgendes geschrieben: | hmm...benennen kann ich sie nicht. Aber sie äußert sich zum Beispiel so:
(aus meiner Erfahrung, verallgemeinert)
Menschen wollen sich sicher fühlen, wollen sich sicher sein (sich im Recht fühlen). Veränderungen oder auch die Akzeptanz von Dingen, so wie sie sind (sofern überhaupt feststellbar ist, wie sie sind) brauchen viel Kraft, die so manchem einfach fehlen (weil wir die Muße nicht haben, die Zeit nicht haben, den Luxus nicht haben oder den Zugang nicht haben). Das bezieht sich auf die Erkenntnis, dass manche Leute falsche Freunde sind genauso wie auf politische Parteien, die nicht unbedingt im Interesse derer handeln, die sie wählen.
Wir (Menschen) bleiben lieber im Trott, den wir erlernt haben, weil das durchaus auch einen Schutz darstellt.
Wir glauben lieber das, was man uns erzählt, denn um herauszufinden, ob es stimmt, muss Arbeit und Energie investiert werden. Aber bringt das auch einen Nutzen? Rein evolutionsbiologisch (?) gefragt?
Im Recht zu sein bringt herzlich wenig, wenn niemand einem zustimmt. Also suchen wir uns Leute, die uns zustimmen, und schon gehts uns besser
Manche Menschen machen das evtl. gerne, Informationen sammeln und kritisch nachdenken, aber nicht alle tun es und vor allem tun es nicht alle ständig.
Wir haben doch alle unsere Bereiche, in denen wir uns nicht "weiterentwickeln", lieber glauben als kritisch nachdenken.
Nur sind diese Bereiche halt je nach Mensch und Umständen unterschiedliche.
(Ich kenne zb religionskritische Menschen, die Stammwähler sind (aus Überzeugung), ich kennen gläubige Menschen, die sehr kritisch über Politik nachdenken (und nicht die C-Parteien wählen), kenne Sportfanatiker mit Bierbauch und Bewegungsangst, und sportliche Gesundheitsfanatiker, die fressen und saufen wie Sau)
Darüber hinaus gibt die "Überzeugung" durchaus einen nicht zu vernachlässigenden Bonus für die eigene Sicherheit, die eigene Stabilität (emotional oder charakterlich). Der Inhalt der Überzeugung ist meines Erachtens fast nebensächlich. Kann sein "meine Fußballmanschaft ist die Beste", kann sein "Ausländer nehmen uns die Arbeit weg". Hauptsache man fühlt sich im Recht und hat Leute, die einem zustimmen.
Die eigenen Ansichten kritisch zu überprüfen, eventuelle Widersprüche zuzugeben, das ist nicht einfach. Besonders nicht in einer Gesellschaft (nicht mal auf Deutschland beschränkt) in der es keine Tugend ist, Fehler zuzugeben (um sie zu verbessern).
Gib zu, dass du einen Fehler gemacht hast, damit gibst du nur zu, anfällig für Fehler zu sein (sprich: nicht mehr glaubwürdig).
Die ganze Chose ist nicht auf Ideologien, Politik oder Religion beschränkt, die gleichen Denkmuster oder Verhaltensmuster gibts überall, sogar im Alltag.
Der Alkoholiker weiß, dass er sich schadet. Hört er auf? Gewisse Gedanken oder Einsichten verbannen wir aus unserem Denken; anscheinend zum Selbstschutz.
Die große böse Welt da draußen...
Und wir akzeptieren, dass wir evtl. im Unrecht sind, solange wir nicht darüber nachdenken müssen, dass wir im Unrecht sein könnten.
Evtl. könnte man die Krankheit Denkfaulheit nennen, aber das wird dem auch nicht gerecht.
Kann ich verständlich machen, was ich meine? Weltschmerzgetränkt usw., die Welt ist ein komplizierter Ort.
Wir machen uns die Welt ständig einfacher, als sie ist (und gleichzeitig auch komplizierter, als sie ist; wie ist sie eigentlich?).
Ich denke, zu manchen Themen wird es nie einen Konsens geben. Und das ist solange kein Problem, als keiner notwendig ist.
Die Krankheit ist, dass wir uns sozusagen der Wirklichkeit nicht stellen.
Was insofern auch sehr schwer sein dürfte, weil wir nicht mal wissen, was "Wirklichkeit" überhaupt ist oder sein soll.
Darüber hinaus ist es, in Bezug auf religöse und generell ideologische Ideen, so, dass wir diese uns selten von alleine erwerben.
Wir bekommen sie eingetrichtert, meistens doch durch Personen, denen wir Vertrauen entgegen bringen, die wir bewundern etc. (Eltern, Lehrer, Freunde, etc). Dem Menschen ist der Drang nach Wissenserweiterung angeboren, aber der kann gelenkt werden durch die Idole, die wir uns suchen.
Ich hab früher öfter versucht mit meinen Eltern über Themen zu sprechen, die für mich persönlich wichtig sind, für sie aber nicht. Es ist nicht einfach, die eigene (konträre) Meinung wiederzugeben, zu halten und zu erklären, wenn sie von Personen, die man respektiert, von denen man abhängig ist (wie auch immer), niedergemacht wird. Wie einfach ist es da, einfach mal den Mund zu halten.
Wie einfach ist es, einfach überhaupt nicht mit dem Denken anzufangen.
Nur je nach Mensch, je nach Eltern (mal als Beispiel) sind halt die Themen, die besprochen werden können, unterschiedlich.
Hmm das klingt alles pessimistischer, als ich es meine. |
Auch wenn ich nicht allem so zustimmen würde, insgesamt auf jeden Fall:
_________________ "Eine Stadt freut sich, wenn's den Gerechten wohlgeht, und wenn die Gottlosen umkommen, wird man froh." Sprüche 11, 10
Heike N. meint: "IvanDrago for President!"
Faszination braucht keine höhere Macht.
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