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sturioso registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.03.2007 Beiträge: 128
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(#852033) Verfasst am: 03.11.2007, 13:47 Titel: Klassenkampf Version 2.0 |
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Klassenkampf Version 2.0
Von irgendwoher ist mir der Ausdruck "Klassenkampf 2.0" zugeflogen,
ich kann aber nicht mehr zurückverfolgen, woher.
Vielleicht habe ich ihn gelesen, ohne die Quelle bewusst wahrzunehmen.
Damit diese verführerisch schillernde Worthülse nicht ein Dasein als hohle Phrase
fristen muss, stopfe ich auch einen Inhalt hinein. Eben das, was ich mir dabei denke.
Mein Verständnis von "Klassenkampf 2.0" lässt sich anhand der österreichischen
Sozialpartnerschaft erläutern, die auf der beiderseitigen Einsicht aufbaut, dass zum Erfolg
eines Unternehmens sowohl Unternehmer als auch Arbeitnehmer unverzichtbare Beiträge
leisten. Der Unternehmer agiert als Konzept-Initiator, Kapital-Organisator (=Risikoträger)
und Koordinator, der auch für Abnehmer der Leistungen und Akzeptanz der Preise sorgt.
Der Arbeitnehmer setzt die Konzepte um und erbringt die verkaufbaren Leistungen.
Ein Unternehmenserfolg kommt nur zustande, wenn beide Partner ihren Beitrag leisten,
deshalb ist auch der Erfolg fair aufzuteilen.
Wann eine Aufteilung des Erfolges zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer fair ist,
das dürfte wohl nie endgültig festgelegt werden können, sodass der Verteilungskampf
eine never-ending-story bleiben wird.
Dieses Ringen um eine faire Aufteilung des Erfolges, aber eben auf der Basis einer
wechselseitigen Anerkennung der grundsätzlichen Legitimität von Begehrlichkeiten
der jeweils anderen Seite, das verstehe ich unter "Klassenkampf 2.0".
Im Klassenkampf Version 1.0 ging es um "Wir Alles, und Ihr Nichts".
Diese Denke sollte überwunden, und durch ein Bemühen um das bestmögliche
"Sowohl Wir, als auch Ihr" abgelöst werden.
Dieses Konzept von Sozialpartnerschaft hat sich in Österreich jahrzehntelang bewährt.
Außerhalb Österreichs wurden in Europa unter dem Etikett "Soziale Marktwirtschaft"
bzw. "Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft" ganz ähnliche Ziele angestrebt.
In jüngster Zeit wurde allerdings auch in Europa primär Marktwirtschaft pur verwirklicht,
und dabei die ökologischen und sozialen Leitplanken arg in Mitleidenschaft gezogen.
Allzuviele Führungskräfte haben allzulange den Götzen "american way of life" mit seiner
skrupellosen Gewinnmaximierung angebetet, und selbst eklatante Fehlentwicklungen
mit der Bemerkung "schwarze Schafe gibt es in jeder Familie" bagatellisiert.
Gerade eben geistert wieder ein solches Beispiel durch die Medien.
Da wurde der Boss von Merill Lynch von seinem Bossten entfernt,
weil er einen Milliardenverlust zu verantworten hat.
Damit der arme Kerl aber nicht in ein allzu tiefes Loch fällt, wurde ihm noch ein
Trostpflaster in der Größenordnung von Hundert Millionen Euro nachgeschmissen.
So sieht also "Verantwortung" bei Führungskräften aus.
Sind das wirklich nur vereinzelte schwarze Schafe, oder ist inzwischen bereits
ein Großteil der Schafherde in der Wolle anthrazitergraut ?
Es ist wohl hoch an der Zeit, sich von diesem skrupellosen "american way of life"
wieder loszusagen, und zum guten alten "european way of life" zurückzukehren.
Bei einer Fortsetzung der skrupellosen Abzocke besteht die Gefahr, dass Begriffe wie
"Unternehmensführung" oder "Vorstands-Etage" nur mehr als eine Umschreibung
für "Organisierte Kriminalität" wahrgenommen werden und Assoziationen zur
ehrenwerten Gesellschaft wecken.
Klassenkampf Version 2.0 ist also verstärkt angesagt.
Wenn aus dem Bierzelt vor der SPÖ-Zentrale ein "Völker höret die Hicksnale ..."
Gröhlen zu vernehmen gewesen sein sollte, dann war das lediglich ein Indiz dafür,
dass noch ausreichend Verbesserungsspielraum für Klassenkampf Version 2.1
vorhanden ist.
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Mario Hahna aktiviert
Anmeldungsdatum: 04.04.2005 Beiträge: 9607
Wohnort: München
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(#852045) Verfasst am: 03.11.2007, 13:55 Titel: |
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Klassenkampf hat als Ziel die Abschaffung von Klassen, nicht deren Zementierung durch Almosen.
Deine Mogelpackung ist für den Arsch.
_________________ Wer nichts weiß, glaubt alles.
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DeHerg nun schon länger Ranglos
Anmeldungsdatum: 28.04.2007 Beiträge: 6525
Wohnort: Rostock
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(#852050) Verfasst am: 03.11.2007, 13:59 Titel: |
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gefällt mir sehr gut dein Konzept.Nur ob Klassenkampf dafür noch der richtige Begriff ist?(im Kampf giebt es nur einen Sieger)
_________________ Haare spalten ist was für Grobmotoriker
"Leistung muss sich wieder lohnen"<--purer Sozialismus
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Jolesch Freund des kleineren Übels
Anmeldungsdatum: 11.07.2004 Beiträge: 7390
Wohnort: Omicron Persei VIII
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(#852052) Verfasst am: 03.11.2007, 14:04 Titel: Re: Klassenkampf Version 2.0 |
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(sorry, dass ich etwas OT werde)
sturioso hat folgendes geschrieben: |
Mein Verständnis von "Klassenkampf 2.0" lässt sich anhand der österreichischen
Sozialpartnerschaft erläutern, die auf der beiderseitigen Einsicht aufbaut, dass zum Erfolg
eines Unternehmens sowohl Unternehmer als auch Arbeitnehmer unverzichtbare Beiträge
leisten.
...
Diese Denke sollte überwunden, und durch ein Bemühen um das bestmögliche
"Sowohl Wir, als auch Ihr" abgelöst werden.
Dieses Konzept von Sozialpartnerschaft hat sich in Österreich jahrzehntelang bewährt. |
Was soll das sein? Großkoalitionärer Revisionismus? Die österreichische Sozialpartnerschaft baut auf der beiderseitigen Einsicht auf, dass es Vorteile für einige bringt, wenn man das Land zwischen 2 Parteien aufteilt und eine Mafia-artige Schattenregierung mit Vertretern der Interessenverbänden bildet.
_________________ Storm by Tim Minchin
Zuletzt bearbeitet von Jolesch am 03.11.2007, 14:09, insgesamt einmal bearbeitet |
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#852070) Verfasst am: 03.11.2007, 14:38 Titel: Re: Klassenkampf Version 2.0 |
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sturioso hat folgendes geschrieben: | Wann eine Aufteilung des Erfolges zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer fair ist, das dürfte wohl nie endgültig festgelegt werden können. |
Doch. Wenn die Art der Verteilung von allen Beteiligten gemeinsam auf gleicher Verhandlungsbasis, also demokratisch, festgelegt wurde.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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sturioso registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.03.2007 Beiträge: 128
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(#852353) Verfasst am: 03.11.2007, 21:25 Titel: |
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@ Tarvoc
Ich habe damit gemeint, dass ein einmal ausgehandelter Aufteilungsschlüssel nicht über
einen längeren Zeitraum unverändert beibehalten werden kann, sondern in regelmäßigen
Intervallen an die aktuellen wirtschaftlichen Gegebenheiten anzupassen sein wird (siehe die
alljährlichen Kollektivvertragsverhandlungen).
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sturioso registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.03.2007 Beiträge: 128
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(#852355) Verfasst am: 03.11.2007, 21:25 Titel: |
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@ DeHerg
Zitat: | Nur ob Klassenkampf dafür noch der richtige Begriff ist? |
Darüber könnte man natürlich diskutieren.
Aber ganz wegdiskutieren lässt sich die Kluft zwischen Unternehmern und unselbständig
Erwerbstätigen dann ja doch wieder nicht.
Der Interessensgegensatz bleibt erhalten, egal, wie wir ihn benennen.
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sturioso registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.03.2007 Beiträge: 128
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(#852357) Verfasst am: 03.11.2007, 21:26 Titel: |
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@ Jolesch
Zitat: | Die österreichische Sozialpartnerschaft baut auf der beiderseitigen Einsicht auf,
dass es Vorteile für einige bringt, wenn man das Land zwischen 2 Parteien aufteilt
und eine Mafia-artige Schattenregierung mit Vertretern der Interessenverbänden bildet.
|
Ungefähr so wurde das von vielen Beobachtern bis einschließlich 1999 gesehen,
in der Zeit also, in der die große Koalition quasi sakrosankt war.
Aber wie war das dann von 2000 bis 2006, in der Zeit der Schwarz-Blauen Regierung ?
Wenn sie die Sozialpartnerschaft mit der großen Koalition gleichsetzen,
bringen Sie da nicht etwas durcheinander ?
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sturioso registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.03.2007 Beiträge: 128
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(#852358) Verfasst am: 03.11.2007, 21:27 Titel: |
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@ Skeptiker
Den Umbenennungsvorschlag muss ich wegen schwerer Qualitätsmängel ablehnen.
Sie sind ja ganz offenkundig nicht imstande, ein ordentliches WC zu konstruieren.
Schauen sie sich doch noch einmal an, was sie da konstruiert haben !
Die Wasserspülung setzt viel zu tief unten an der Muschel an,
der Querschnitt des Wasserrohres ist entschieden zu groß,
das Wasserrohr weist um drei Knie-Elemente zu viel auf (wenn der Spülkasten an der
Wand hinter der Muschel montiert wird, erübrigen sich drei Knie-Rohr-Elemente),
und die Kette, an der sie hinterher ziehen sollen,
baumelt ihnen auch schon während der sakralen Verrichtung ständig ins Genick.
Dazu noch diese Sache mit dem Klopapier, .... naja, lassen wir das.
Sie sind ein hundsmiserabel schlechter Konstrukteur,
in der österreichischen Sozialpartnerschaft werden sie es nie zu etwas bringen.
Nicht einmal mit fünf Parteibüchern, weil in der Politik zählt nun einmal
nur die Qualifikation.
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atheist666 dauerhaft gesperrt
Anmeldungsdatum: 17.02.2007 Beiträge: 8494
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(#852400) Verfasst am: 03.11.2007, 22:07 Titel: |
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sturioso hat folgendes geschrieben: |
... weil in der Politik zählt nun einmal
nur die Qualifikation.
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Der war gut
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#852485) Verfasst am: 03.11.2007, 23:51 Titel: |
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sturioso hat folgendes geschrieben: | Ich habe damit gemeint, dass ein einmal ausgehandelter Aufteilungsschlüssel nicht über einen längeren Zeitraum unverändert beibehalten werden kann, sondern in regelmäßigen Intervallen an die aktuellen wirtschaftlichen Gegebenheiten anzupassen sein wird. |
Das steht ganz außer Frage. Mir kommt es auf die Art der "Anpassung" an.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Elisa.beth registrierter User
Anmeldungsdatum: 15.03.2007 Beiträge: 2344
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(#852537) Verfasst am: 04.11.2007, 00:43 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | sturioso hat folgendes geschrieben: | Ich habe damit gemeint, dass ein einmal ausgehandelter Aufteilungsschlüssel nicht über einen längeren Zeitraum unverändert beibehalten werden kann, sondern in regelmäßigen Intervallen an die aktuellen wirtschaftlichen Gegebenheiten anzupassen sein wird. |
Das steht ganz außer Frage. Mir kommt es auf die Art der "Anpassung" an. |
Das übliche Geblubber ....
Was wird verteilt,der Produktivitätszuwachs,wie wird Einkommen aus Kapital und Vermögen oder Arbeit und Verbrauch versteuert,welche Anteile trägt das Steueraufkommen aus diversen Einkommensarten ?
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#852630) Verfasst am: 04.11.2007, 01:52 Titel: |
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Elisa.beth hat folgendes geschrieben: | Was wird verteilt,der Produktivitätszuwachs,wie wird Einkommen aus Kapital und Vermögen oder Arbeit und Verbrauch versteuert,welche Anteile trägt das Steueraufkommen aus diversen Einkommensarten? |
Ist das eine Frage? Und ich meine damit nicht ob am Ende dieser Wortreihe ein Fragezeichen steht.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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AXO nach unbekannt auf unbestimmte Zeit verzogen
Anmeldungsdatum: 05.02.2007 Beiträge: 10129
Wohnort: Thüringen
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(#852791) Verfasst am: 04.11.2007, 12:13 Titel: |
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sturioso hat folgendes geschrieben: | @ DeHerg
Zitat: | Nur ob Klassenkampf dafür noch der richtige Begriff ist? |
Darüber könnte man natürlich diskutieren.
Aber ganz wegdiskutieren lässt sich die Kluft zwischen Unternehmern und unselbständig
Erwerbstätigen dann ja doch wieder nicht.
Der Interessensgegensatz bleibt erhalten, egal, wie wir ihn benennen.
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Inwiefern?
Mein Verständnis eines funktionierenden Unternehmens ist,
das alle darin und daran Arbeitenden ihr Bestmögliches für
den Erfolg, Erhalt und Ausbau des Unternehmens tun.
Der Unternehmer ist mit Idee(n), Kapitalbeschaffung, Koordination,
Organisation und Verantwortung der Hauptbeanspruchte und alleinige
Riskioträger.
Dementsprechend versteht sich von selbst das er entsprechend
höher vergütet wird.
einen InteressensGEGENSATZ kann ich dabei aber nirgendwo erkennen.
_________________ Augen auf dann kann nichts passieren
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sturioso registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.03.2007 Beiträge: 128
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(#852852) Verfasst am: 04.11.2007, 13:37 Titel: |
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@ AXO
Zitat: | ... einen InteressensGEGENSATZ kann ich dabei aber nirgendwo erkennen. |
Ich denke, dass bei der Frage der Aufteilung des Erfolges zwischen Unternehmer und Arbeitnehmer
ein Gegensatz der Interessen zutage tritt.
Dieser Gegensatz tritt nicht erst bei der Aufteilung eines bilanzierten Gewinnes auf, sondern bereits
bei der Gestaltung einiger Faktoren, die einen wesentlichen Einfluss auf die Gewinnentstehung haben
(Lohn- und Gehaltspolitik, Investitionen zur Verbesserung der Mitarbeiter-Qualifikationen, etc.).
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sturioso registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.03.2007 Beiträge: 128
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(#852853) Verfasst am: 04.11.2007, 13:38 Titel: |
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@ Mario Hahna
Zitat: | Klassenkampf hat als Ziel die Abschaffung von Klassen,
nicht deren Zementierung durch Almosen. |
Das war aber jetzt Klassenkampf V0.43, wenn nicht gar V0.00 (siehe Beifall von Skeptiker).
Eine völlige Abschaffung von Klassen - das heißt wohl: Gesellschaftsschichten - halte ich für Utopie,
notabene, eine negative Utopie.
Die Menschen sind nun einmal sehr verschieden hinsichtlich ihrer Fähigkeiten, Neigungen, und Wünsche,
und, was in diesem Kontext besonders wichtig ist, auch hinsichtlich ihrer Bereitschaft,
sich für die Erfüllung eines Wunsches entsprechend anzustrengen.
Das ergibt in Summe eine sehr große Vielfalt an verschiedenen Lebensentwürfen und Lebensvollzügen,
und nolens volens auch unterschiedlichen Niveaus an materiellem Wohlstand.
Bei der Vorstellung, dass alle diese Unterschiede durch eine große Dampfwalze eingeebnet werden sollen,
steigen mir die Grausbirnen auf.
Klassenkampf 1.0 war nicht das Gelbe vom Ei und hat auch nicht funktioniert,
weil dafür erst ein "Neuer Mensch" geschaffen werden müsste, eben der Einheitsmensch.
Glücklicherweise besitzt ja schon der "Alte Mensch" die Fähigkeit, aus Fehlern zu lernen,
die es ihm unter anderem ermöglicht, auf Klassenkampf 2.0 überzugehen.
Natürlich sind auch diesbezüglich die Menschen nicht alle gleich, und selbst jene Individuen,
die diese Fähigkeit haben, nutzen sie nicht jederzeit und überall.
Worauf allerdings der Vorwurf einer Mogelpackung basiert, das müsste erst noch erläutert werden.
Eine offenkundige Tatsache ist, dass die österreichische Sozialpartnerschaft,
bzw. die Zielsetzung einer ökosozialen Marktwirtschaft in anderen westeuropäischen Ländern,
jahrzehntelang einen deutlich höheren Lebensstandard als in den Ländern unter kommunistischem
Einfluss, und gleichzeitig ein deutlich höheres Niveau an sozialer Sicherheit als in "god's own country",
den Ver(unr)einigten Staaten von Amerika, mit sich gebracht hat.
Da werden sich rückwärtsgewandte Klassenkampf-Theoretiker aber noch ganz gewaltig anstrengen müssen,
um ihren Schäfchen zumindest dieses Niveau an Lebensstandard und sozialer Sicherheit bieten zu können.
Das kommunistische Imperium ist ja nicht zuletzt deshalb implodiert,
weil die Damen und Herren Klassenkampf-Theoretiker gerade in dieser Disziplin so schmählich versagt haben
(Herbert Marcuse war übrigens schon vor rund vierzig Jahren ganz nah an dieser Problematik dran).
Auch aus diesem Grund gilt mehr denn je: Klassenkampf 2.0 ist angesagt !
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AXO nach unbekannt auf unbestimmte Zeit verzogen
Anmeldungsdatum: 05.02.2007 Beiträge: 10129
Wohnort: Thüringen
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(#852864) Verfasst am: 04.11.2007, 13:55 Titel: |
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sturioso hat folgendes geschrieben: | @ AXO
Zitat: | ... einen InteressensGEGENSATZ kann ich dabei aber nirgendwo erkennen. |
Ich denke, dass bei der Frage der Aufteilung des Erfolges zwischen Unternehmer und Arbeitnehmer
ein Gegensatz der Interessen zutage tritt.
Dieser Gegensatz tritt nicht erst bei der Aufteilung eines bilanzierten Gewinnes auf, sondern bereits
bei der Gestaltung einiger Faktoren, die einen wesentlichen Einfluss auf die Gewinnentstehung haben
(Lohn- und Gehaltspolitik, Investitionen zur Verbesserung der Mitarbeiter-Qualifikationen, etc.).
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Kontroverse Auffassungen sind m.E. dazu da bereinigt zu werden was m.E. problemlos möglich ist.
Drum fangen auch die wirklichen "Gegensätze" erst ab ner Firmengröße, bei der der Unternehmer
nicht mehr im direkten Dialog mit seinen Angestellten ist, an.
Grundsätzlich sollte es aber auch und gerade im Interesse von Unternehmern/Managern sein,
solchen Trends entgegenzuwirken.
Unzufriedene/demotivierte Mitarbeiter schmälern Erfolg/Gewinn mehr als "das letzte mit Gewalt
rauszupressen" kompensieren kann. Letztereres ist eh meißt eher auf externen Druck
der Kapitalmärke /Banken als auf den Unternehmer direkt zurückzuführen.
Bei etabierten auch großen Familienfirmen ohne externe Kapitalgeber ist m.E. schon noch n recht
deutlicher Unterschied zu den sonstigen Gepflogenheiten des Umganges mit Mitarbeitern zu erkennen.
Dementsprechend arbeitet derzeit der überwiegende Teil unserer Wirtschaft m.E. an seiner untersten
Leistungsgrenze. Fällt nur mangels Vergleichsgrößen nicht auf sondern wird als Standart bzw. Maximum erachtet.
_________________ Augen auf dann kann nichts passieren
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Jolesch Freund des kleineren Übels
Anmeldungsdatum: 11.07.2004 Beiträge: 7390
Wohnort: Omicron Persei VIII
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(#852901) Verfasst am: 04.11.2007, 15:07 Titel: |
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sturioso hat folgendes geschrieben: | @ Jolesch
Zitat: | Die österreichische Sozialpartnerschaft baut auf der beiderseitigen Einsicht auf,
dass es Vorteile für einige bringt, wenn man das Land zwischen 2 Parteien aufteilt
und eine Mafia-artige Schattenregierung mit Vertretern der Interessenverbänden bildet.
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Ungefähr so wurde das von vielen Beobachtern bis einschließlich 1999 gesehen,
in der Zeit also, in der die große Koalition quasi sakrosankt war.
Aber wie war das dann von 2000 bis 2006, in der Zeit der Schwarz-Blauen Regierung ?
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Das System der Sozialpartnerschaft wurde massiv geschwächt, der Einfluss der Gewerkschaften wurde weniger, es wurde viel privatisiert und die Posten nicht mehr zwischen rot und schwarz, sondern zwischen schwarz und blau/orange aufgeteilt. Ob man nun bei der neuen alten großen Koalition wieder zu den Zeiten der Konsens-Mauschelei zurückkehrt wird sich erst zeigen. (Es gibt Indizien in beide Richtungen und natürlich auch die Hoffnung, das die Akteure was dazugelernt haben)
sturioso hat folgendes geschrieben: | Wenn sie die Sozialpartnerschaft mit der großen Koalition gleichsetzen, bringen Sie da nicht etwas durcheinander ?
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Ich setzte die großen Koalition nicht mit der Sozialpartnerschaft gleich, (kleine, historische Simplifizierung folgt) sie ist nur die Henne, die dieses Ei gelegt hat.
_________________ Storm by Tim Minchin
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sturioso registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.03.2007 Beiträge: 128
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(#853700) Verfasst am: 05.11.2007, 20:23 Titel: |
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@ Jolesch
Zitat: | ... Ich setzte die großen Koalition nicht mit der Sozialpartnerschaft gleich. |
Dann dürften wir in dieser Frage ja ohnehin auf der selben Wellenlänge senden und können
vom Off-Topic wieder zurück zum Thema kehren.
Für mich ist die Sozialpartnerschaft jene Institution, der ich noch am ehesten zutraue, dass sie
für den natürlich vorhandenen Interessensgegensatz einen angemessenen Ausgleich findet.
In Abwandlung eines bekannten Spruches von Clausewitz könnte man feststellen:
Sozialpartnerschaft ist die Fortsetzung des Klassenkampfes mit anderen Mitteln, eben Klassenkampf 2.0.
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Jolesch Freund des kleineren Übels
Anmeldungsdatum: 11.07.2004 Beiträge: 7390
Wohnort: Omicron Persei VIII
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(#853710) Verfasst am: 05.11.2007, 20:39 Titel: |
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sturioso hat folgendes geschrieben: |
Für mich ist die Sozialpartnerschaft jene Institution, der ich noch am ehesten zutraue, dass sie
für den natürlich vorhandenen Interessensgegensatz einen angemessenen Ausgleich findet.
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Kann stimmen, aber man darf die Nachteile nicht vergessen. Gerade das österreichische Modell hat sicher viel für den sozialen Frieden (man denke nur an die wenigen Streiktage) und einen relativ gleichmäßig hohen Lebensstandard getan. Aber das ganze war/ist nicht demokratisch legitimiert, fördert Korruption, verhindert Transperenz und ein großer Teil der Kosten wurde auf die nachfolgende Generation abgewälzt.
_________________ Storm by Tim Minchin
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#853846) Verfasst am: 05.11.2007, 23:01 Titel: |
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sturioso hat folgendes geschrieben: | Sozialpartnerschaft ist die Fortsetzung des Klassenkampfes mit anderen Mitteln. |
Sozialpartnerschaft? Meinst du das hier? Das ist wohl eher das Abwürgen des Klassenkampfes mit den üblichen Mitteln.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Critic oberflächlich
Anmeldungsdatum: 22.07.2003 Beiträge: 16339
Wohnort: Arena of Air
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(#853901) Verfasst am: 06.11.2007, 01:11 Titel: |
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sturioso hat folgendes geschrieben: | Sozialpartnerschaft ist die Fortsetzung des Klassenkampfes mit anderen Mitteln, eben Klassenkampf 2.0. |
Rein technisch gesehen, ist das wohl die übliche "synthetische Perspektive": Einerseits stehen zwar die Interessen von Mitarbeitern und die der Eigentümer in einem Konflikt zueinander. Andererseits aber muß auch klar sein, daß die Interessen des Einen ja auch nur dann hinreichend zu realisieren sind, wenn die Interessen des Anderen hinreichend erfüllt werden: Ein Mitarbeiter, der für weniger Geld noch mehr arbeiten soll, wird irgendwann streiken, und das Unternehmen hat dann auch keine Einnahmen; andererseits muß ja irgendwann auch Geld eingebracht werden, damit man etwas zum Verteilen hat. Auch ist andererseits nicht allein die Menge an Geld motivierend, die man erhält, sondern die Motivation kommt aus anderen Dingen wie Lohngerechtigkeit, Wertschätzung und der Möglichkeit zur Erfüllung der eigenen Bedürfnisse.
Und diese Sichten sind von vielen Arbeitgebern überhaupt vernachlässigt worden, eigentlich müßte der GdL-Streik auch darauf verweisen: Es geht wohl eher nicht darum, ob der Einzelne jetzt fünfzig Euro mehr oder weniger im Monat bekommt, sondern darum, daß da Leute Schichten von 12 oder 14 Stunden einfach leid sind und nicht für das zusätzliche Geld noch mehr arbeiten wollen. Ein Manager, der für zigtausend Mitarbeiter zuständig ist, kann auch durchaus mehr Geld bekommen als der Arbeiter am Band. Aber seine Lohnentwicklung soll auch nicht überbordend sein in Bezug auf die Entwicklung des Lohns des einfachen Arbeiters. Wenn ein Unternehmen tatsächlich soviel langfristigen Erfolg hergibt, daß die Führungskraft ihren Lohn um zehn Prozent steigern kann, sollte das entsprechend auch irgendwie an die Mitarbeiter weitergegeben werden.
_________________ "Die Pentagon-Gang wird in der Liste der Terrorgruppen geführt"
Dann bin ich halt bekloppt.
"Wahrheit läßt sich nicht zeigen, nur erfinden." (Max Frisch)
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sturioso registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.03.2007 Beiträge: 128
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(#855247) Verfasst am: 08.11.2007, 00:27 Titel: |
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@ atheist666
Was, ... nur der ?
Und die von Skeptiker konstruierte Rohrpostanlage Marke "Winston Churchill",
die wird mit keiner Silbe lobend erwähnt ?
Na ob das fair ist ???
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sturioso registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.03.2007 Beiträge: 128
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(#855704) Verfasst am: 08.11.2007, 19:11 Titel: |
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@ AXO & Critic
Wir stimmen anscheinend in der festen Überzeugung überein, dass bei einer
längerfristig und großräumig orientierten Betrachtung
nur ein fairer Interessensausgleich vernünftig erscheint.
Diese Gewissheit sollte aber nicht die Sicht auf den Umstand verstellen, dass ein skrupellos ausgelebter
Egoismus dem Egoisten zumindest kurzfristig einen deutlichen Vorteil verschaffen kann,
was im Zusammenwirken mit überschäumender Gier und/oder anderweitig gespeister krimineller Energie
eben zu den sattsam bekannten Fehlverhalten führt.
Würden alle Akteure langfristig und großräumig denken, dann müsste ja schon allein ein Hinweis auf die
Ereignisse während der französischen Revolution genügen, um den skrupellosen Abzockern klarzumachen,
dass selbst ein hochgradig vernetztes Ausbeuter-Syndikat in letzter Konsequenz gegen eine überkochende
Volksseele den Kürzeren zieht (die französischen Aristokraten waren zweifellos hochgradig vernetzt).
Die von Robespierre praktizierte Nutzung der Guillotinen hatte zwar unübersehbare ästhetische Mängel,
nichtsdestotrotz war sie aber ein effektives Instrument zur kurzfristigen Beendigung der Ausbeutung.
Auch in der jüngeren Vergangenheit sollen angeblich schon mächtige Mafia-Bosse eines unnatürlichen Todes
gestorben sein, und selbst der einstmals allmächtig erscheinende Adolf Hitler ist nicht an Altersschwäche
gestorben (den skrupellosen Abzockern wäre demnach zu empfehlen, dass sie in ihren atombombensicheren
Bunkern auch eine Hitler-Biographie vorrätig halten, damit sie dann wenigstens nachlesen können, wie's geht;
wäre doch echt schade, wenn dabei etwas schiefginge).
Ein wichtiges Etappenziel von Klassenkampf 2.0 muss deshalb eine Rückkehr zu einem längerfristig
und großräumig orientierten Denken sein.
Dazu bietet sich als Sofortmaßnahme eine gesellschaftliche Ächtung des kurzfristigen Denkens und
der Skrupellosigkeit an. Zur Gestaltung der öffentlichen Meinung in diesem Sinne kann jeder von uns
durch entsprechende Wortmeldungen in der mündlichen oder schriftlichen Kommunikation direkt
beitragen (z.B. durch passende Diskussionsbeiträge in Internet-Foren).
Diese Sofortmaßnahme wäre allerdings durch eine Modifikation der bestehenden Regelwerke dahingehend
zu flankieren, dass skrupelloser Egoismus auch kurzfristig keinen unangemessenen Vorteil verschafft.
Diesbezüglich sind die derzeit gültigen Regelwerke schon innerhalb der EU unbefriedigend,
und erst recht global.
In punkto längerfristiges Denken muss auch den Politikern auf die Sprünge geholfen werden.
In praktisch allen relevanten politischen Lagern ist eine "hinter mir die Sintflut" Mentalität anzutreffen.
Der Sozialist Bruno Kreisky hat sich öffentlich gegen längerfristige Betrachtungen gesträubt,
mit dem Argument: "Auf lange Sicht sind wir alle tot".
Kreisky ist inzwischen zwar wirklich tot, aber mehr als 8 Millionen Österreicher leben halt immer noch
und müssen jetzt die in der Kreisky-Ära überreichlich gemachten Schulden zurückzahlen.
Aber auch der konservative Andreas Khol war vorübergehend von einem "speed kills"-Virus befallen,
und konnte nur mit Mühe dieses Motto wieder entsorgen.
Bei Maßnahmen zur Förderung einer längerfristigen Orientierung ist aber auch darauf zu achten,
dass durch sie nicht jegliche unternehmerische Initiative im Keime erstickt oder abgewürgt wird.
Das Motto "Frisch gewagt, ist halb gewonnen!" ist nicht umsonst positiv besetzt.
Schon so mancher Initiator einer sehr erfolgreichen und ganz groß gewordenen Sache hat hinterher
rückblickend gemeint:
"Wenn ich gewusst hätte, was da auf mich zukommt, dann hätte ich mir das wohl anders überlegt."
Zum Beispiel hat der finnische Informatikstudent Linus Torvald,
ausgehend von einem Betriebssystem-Experimentierbaukasten,
frisch-fröhlich die Entwicklung eines ernstzunehmenden Computer - Betriebssystemes (LINUX)
gestartet, ohne einen Überblick darüber zu haben, was da insgesamt zu bewerkstelligen ist.
Aus dieser Studenten-Initiative ist inzwischen eine weltweite Bewegung entstanden, von der sowohl
viele Computernutzer als auch Softwarelieferanten (Microsoft natürlich ausgenommen) profitieren.
Bekämpft und verpönt soll lediglich die kurzsichtige skrupellose Abzockerei werden,
nicht jedoch die unternehmerische Initiative,
die ebenfalls eine gewisse Unbekümmertheit zur Voraussetzung hat.
Die Schwierigkeiten dieser Unterscheidung und die notwendige Gratwanderung stellen eine der vielen
Herausforderungen bei der Verwirklichung einer öko-sozialen Marktwirtschaft dar.
Den prinzipiellen Gegnern der öko-sozialen Marktwirtschaft bzw. der österreichischen Sozialpartnerschaft
sei ins Stammbuch geschrieben:
Die öko-soziale Marktwirtschaft ist natürlich nirgendwo hundertprozentig frei
von unerfreulichen Begleiterscheinungen realisiert,
aber welches Konzept für ein Wirtschafts / Gesellschaftssystem hat denn bisher
dem weit überwiegenden Teil der Mitglieder einer Gesellschaft
ein besseres Leben ermöglicht, als das Konzept öko-soziale Marktwirtschaft ?
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#855745) Verfasst am: 08.11.2007, 20:17 Titel: |
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sturioso hat folgendes geschrieben: | Die öko-soziale Marktwirtschaft ist natürlich nirgendwo hundertprozentig frei von unerfreulichen Begleiterscheinungen realisiert, aber welches Konzept für ein Wirtschafts / Gesellschaftssystem hat denn bisher dem weit überwiegenden Teil der Mitglieder einer Gesellschaft ein besseres Leben ermöglicht, als das Konzept öko-soziale Marktwirtschaft? |
Darum geht's doch gar nicht. Systeme sind sowieso immer sozusagen konkret an ihrer Umgebung und ihren Rahmenbedingungen entlang konstruiert und nicht einfach im Raum stehende Objekte "an sich", die man einfach so eben ohne Betrachtung ihrer Rahmenbedingungen gegeneinander aufrechnen könnte. Ökosoziale Marktwirtschaft - na von mir aus, ich verstehe sowieso nicht, warum sich die Leute ständig so an dieser Markt-Plan-Sache hochziehen. Wenn es um die Wirtschaft geht, stellt sich vor allem die Frage, wie das Verhältnis von Arbeit und Produktionsmitteln aussieht. Gibt es eine Klasse, die allein aufgrund ihres Besitzes an den Produktionsmitteln in der Lage ist, einseitig den Mehrwert der Arbeit abzuschöpfen und die Produktions- und Arbeitsbedingungen zu bestimmen, oder wird über diese Dinge innerhalb eines bestimmten Produktionszusammenhangs (Firma, Unternehmen, Kolchose, blazorg) eher demokratisch entschieden? Wenn in einer Gesellschaft mehrheitlich ersteres der Fall ist, dann sind auch Sozialsysteme trotz ihres unzweifelhaften humanen und fördernswerten Charakters in ihrer Singularität letztlich doch nur Symptombehandlungen. Es geht also letztlich darum, wie demokratisch die Wirtschaft ist. Eine großteilig undemokratisch strukturierte Wirtschaft kann nicht auf lange Sicht sozial (oder ökologisch) gestaltet werden - weil sie eben nichts anderes sein kann als eine Umverteilungsmaschinerie von Unten nach Oben. Da kannst du dreimal Lamento schreien und Nachhaltigkeit predigen.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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sturioso registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.03.2007 Beiträge: 128
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(#856674) Verfasst am: 09.11.2007, 21:37 Titel: |
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@ Tarvoc
Die Bemerkung ...
Zitat: | ... ich verstehe sowieso nicht,
warum sich die Leute ständig so an dieser Markt-Plan-Sache hochziehen |
... war hoffentlich nicht auf meinen Beitrag gemünzt,
auch wenn als Aufhänger ein Zitat aus meinem Text gewählt wurde.
Gerade die zitierte Textstelle ist ja ein Beleg dafür, dass ich eben nicht irgendwelche
theoretischen Modellparameter in den Mittelpunkt meiner Überlegungen rücke, sondern als
Kriterium für die Bewertung von Gesellschaftssystemen die sich in der Praxis konkret ergebenden
Lebensbedingungen für den weit überwiegenden Teil der Mitglieder einer Gesellschaft heranziehe.
Und was ich mit diesem blazorgiastischen
"Da kannst du dreimal Lamento schreien und Nachhaltigkeit predigen"
anfangen soll, das weiss auch nicht so recht.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44649
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(#856873) Verfasst am: 10.11.2007, 01:08 Titel: |
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sturioso hat folgendes geschrieben: | Gerade die zitierte Textstelle ist ja ein Beleg dafür, dass ich eben nicht irgendwelche theoretischen Modellparameter in den Mittelpunkt meiner Überlegungen rücke, sondern als Kriterium für die Bewertung von Gesellschaftssystemen die sich in der Praxis konkret ergebenden Lebensbedingungen für den weit überwiegenden Teil der Mitglieder einer Gesellschaft heranziehe. |
Das Problem ist, dass in deiner Bewertung gar nicht klar wird, auf welche Rahmenbedingungen du dich bei dem Vergleich verschiedener Gesellschaftsmodelle beziehst. Du sagst einfach, die "öko-soziale Marktwirtschaft" (was auch immer das sein soll) verschaffe dem überwiegenden Teil der Mitglieder einer Gesellschaft ein besseres Leben, ohne zu sagen, auf was für eine Gesellschaft, wo, wann und unter welchen Bedingungen du dich da eigentlich beziehst. Anders gesagt: Du stellst sozusagen das Verhältnis von Basis und Überbau völlig auf den Kopf. Zuerst ist doch zu fragen: Unter welchen Bedingungen nimmt eine "öko-soziale Marktwirtschaft" (oder sonst irgendein Konzept) welche Ausprägungen an und wie wirkt sich das aus. Du kannst ja auch nicht ein in Burkina Faso realisiertes Konzept 1:1 mit einem in Deutschland realisierten Konzept vergleichen, ohne die Rahmenbedingungen mit zu betrachten. Es stimmt zwar, dass "ein besseres Leben für den überwiegenden Teil der Mitglieder" (wobei immer noch die Kriterien für "besser" zu klären wären) ein mehr oder weniger praktisches Kriterium ist, aber das Konzept selbst betrachtest du nicht in seinen konkreten Realisierungen, sondern als rein abstrakte Größe. Oder inwieweit ist der Begriff der "öko-sozialen Marktwirtschaft" bei dir irgendwie konkretisiert?
sturioso hat folgendes geschrieben: | Und was ich mit diesem blazorgiastischen "Da kannst du dreimal Lamento schreien und Nachhaltigkeit predigen" anfangen soll, das weiss auch nicht so recht. |
Ordne es in den Kontext ein, in dem es steht, dann weisst du es. Die Frage ist: Sprichst du dich für eine demokratische Wirtschaftsordnung aus, in der nicht nur theoretisch alle Beteiligten auf einer Ebene interagieren "dürfen", sondern auch die materiellen Gegebenheiten so sind, dass sie es auch tatsächlich können? Oder läuft dein Konzept der "Sozialpartnerschaft" als "Klassenkampf V.2" letztlich darauf hinaus, dass die Unternehmer das Ruder in der Hand behalten und die Arbeiter völlig ohne jede Basis verhandeln und sich dementsprechend mit halbherzigen Teilverbesserungen zufrieden geben, ohne dass an der Art des Wirtschaftens grundsätzlich was hin zu mehr Demokratie verändert wird? Wenn letzteres der Fall ist, dann kannst du dich über fehlende "Nachhaltigkeit" eben wirklich gerne schwarz ärgern, aber das wird dir überhaupt nichts helfen. Es reicht eben nicht, zu sagen: So, jetzt reden wir mal alle miteinander über unsere Probleme und haben uns dann wieder ganz doll lieb. Sondern damit überhaupt eine Diskussion auf wenigstens annähernd gleichen Ebenen stattfinden kann, darf es keine wesentliche Imbalance der Machtmittel geben.
Konkretisiere doch einfach mal, wie du dir zum Beispiel deine "Sozialpartnerschaft" vorstellst.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 10.11.2007, 01:17, insgesamt einmal bearbeitet |
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Mario Hahna aktiviert
Anmeldungsdatum: 04.04.2005 Beiträge: 9607
Wohnort: München
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(#856881) Verfasst am: 10.11.2007, 01:12 Titel: |
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sturioso hat folgendes geschrieben: |
Und was ich mit diesem blazorgiastischen
"Da kannst du dreimal Lamento schreien und Nachhaltigkeit predigen"
anfangen soll, das weiss auch nicht so recht. |
Klar, bei deinem Geschwalle war auch nicht zu erwarten, dass du verstehst um was es geht.
_________________ Wer nichts weiß, glaubt alles.
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sturioso registrierter User
Anmeldungsdatum: 20.03.2007 Beiträge: 128
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(#858887) Verfasst am: 13.11.2007, 00:05 Titel: |
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@ Tarvoc
Zitat: | Das Problem ist, dass in deiner Bewertung gar nicht klar wird,
auf welche Rahmenbedingungen du dich bei dem Vergleich verschiedener Gesellschaftsmodelle beziehst.
Du sagst einfach, die "öko-soziale Marktwirtschaft" (was auch immer das sein soll)
verschaffe dem überwiegenden Teil der Mitglieder einer Gesellschaft ein besseres Leben,
ohne zu sagen, auf was für eine Gesellschaft, wo, wann und unter welchen Bedingungen
du dich da eigentlich beziehst. |
Diese Feststellungen sind schlichtweg faktenwidrig !
Wie jederzeit nachgelesen werden kann, habe ich mich explizit auf die in Österreich jahrzehntelang
praktizierte Sozialpartnerschaft bezogen und ergänzend darauf hingewiesen, dass ähnliche Zielsetzungen
auch in anderen westeuropäischen Ländern unter dem Etikett "öko-soziale Marktwirtschaft" verfolgt wurden.
Ich habe wirklich nicht vor, hier ein akademisches Hirngespinst von der Sorte "Kommunistisches Manifest"
zu produzieren.
Zitat: | Konkretisiere doch einfach mal,
wie du dir zum Beispiel deine "Sozialpartnerschaft" vorstellst. |
Siehe oben !
LG sturioso
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"Der Klügere gibt nach !" sagt ein Sprichwort, aber ich gebe nicht nach.
Schon vor über 100 Jahren hat Marie von Ebner-Eschenbach betont,
dass ein häufiges Nachgeben der Klügeren
zu einer Vorherrschaft der Dummen führt.
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