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realer FW Test :)
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Ist es real mögich eine der Möglichkeiten anzuklicken ?
Ja
65%
 65%  [ 29 ]
Nein
20%
 20%  [ 9 ]
weder/noch (unentscheidbar)
13%
 13%  [ 6 ]
Stimmen insgesamt : 44

Autor Nachricht
Mario Hahna
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Anmeldungsdatum: 04.04.2005
Beiträge: 9607
Wohnort: München

Beitrag(#970560) Verfasst am: 03.04.2008, 11:24    Titel: Antworten mit Zitat

Deus ex Machina hat folgendes geschrieben:

Ich bin inzwischen zu einer ähnlichen Ansicht gelangt. Wenn man akzeptiert, dass das Strafrecht nicht alleine vom Präventionsgedanken geleitet werden darf, sondern auch "gerecht" sein muss (Begrenzung des Strafmasses nach oben durch das Schuldmass), stellt sich doch die Frage, ob das Straf- durch das Schuldmass auch nach unten begrenzt werden darf, dh. ob strafen in einem Mass, das über das präventiv notwendige hinausgeht legitim/geboten ist. Welche Positionen gibt es in der Strafrechtstheorie zu dieser Frage?


Die Rspr. vertritt die sog. Spielraumtheorie, das Schuldmaß legt den Strafrahmen fest (nach oben und unten), innerhalb dieses Schuldstrafrahmens wird die Strafe dann nach den anerkannten Strafzwecken festgelegt (hier wird dann auch der Präventionsgedanke berücksichtigt).
In der Literatur werden diverse Ansichten vertreten (für mich auf Anhieb nicht überschaubar, hab vor Jahren eine Seminararbeit darüber geschrieben), problematisiert wird aber insbesondere die Strafbegrenzung nach oben.
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Er_Win
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Anmeldungsdatum: 31.01.2008
Beiträge: 4482

Beitrag(#970574) Verfasst am: 03.04.2008, 11:44    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Was Weiß dazu zu sagen hat, interessiert mich nicht mehr sonderlich - wer sich dermaßen einen Wolf schwurbelt, bläst meistens Trivialitäten auf und hat mich daher als Leser verloren.


ist natürlich deine Sache ...

Wobei ich Leute mit präkognitiven Fähigkeiten sehr bewundere: sie haben es mir voraus, sich auch fundierte Urteile, über Sachen, die sie nicht gelesen haben, bilden zu können zwinkern

Ich verstehe schwurbeln, als viele, manchmal zT. bewußt komplizierte Worte machen, die wenig aussagen, insbesondere wenig Neues und/oder wenig Originelles, das ganze oft noch mit dem Anspruch etwas besonders Wichtiges ausgedrückt zu haben. Kann ich diesem Text in seiner Gesamtheit einfach nicht bescheinigen.

Und wie er in dem anderen Artikel mit Evolution, Kausalität, der Bibel und einem metaphysischen "Gott"begriff den personalisierten christlichen Gott, feinsinnig ironisch demontiert, ist ein Lesegenuß - zumindest für mich:

Aber Sie legen noch nach: „Gott hält alles, was ist, im Sein. Ohne diesen Halt wäre es nicht.“ Darf ich Ihnen etwas verraten? „ER“ (Ihr „Gott“) braucht das Sein nicht zu halten, denn es könnte ihm gar nicht ins Nichts fallen! Solches halten (sic!) nur Sie für möglich – und preisen es Ihren Gläubigen als (geoffenbarte? Wo eigentlich?) „Wahrheit“ an!

Haben Herr Kardinal etwa bei Poppers Dreiweltentheorie Anleihe genommen und diese ein wenig Ihrem geistigen Haus angepaßt? Gott hält, das Sein fällt – und das Nichts fängt es auf? Potzblitz: Das Nichts als „Grube“, in die das Sein fallen kann, wenn es vom Übervater nicht gehalten wird ... aber Christoph!

Das Sein braucht keinen „Gott“, der es hält ... es ist Gott! Aber in Ihrem geistigen Haus trennen Sie Gott vom Sein – das ist Hexerei! Vor allem wenn Sie Prophet spielen: „Würde Gott die Schöpfung loslassen, dann fiele sie in das zurück, woraus sie kommt, ins Nichts.“ Donnerwetter! Nach Ihnen kann man „aus“ dem Nichts sogar kommen! Wie aus der Kirche! Oder dem Bordell. Das Nichts als Herkunftsort also ...(Zitat)


Erwin
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AgentProvocateur
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Anmeldungsdatum: 09.01.2005
Beiträge: 7851
Wohnort: Berlin

Beitrag(#970577) Verfasst am: 03.04.2008, 11:51    Titel: Antworten mit Zitat

Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Juristen haben mit der Unmöglichkeit unbedingter Willensfreiheit durchaus ein Problem, hier fehlt es dir wohl an Wissen.

Da fehlt es mir auch an Wissen!

Das habe ich schon mehrfach hier erfragt, aber bisher keine Antwort bekommen. Was ist denn nun genau der Grund für dieses Problem?

http://www.gesetze-im-internet.de/stgb/__46.html

Der zumindest implizite Vorwurf des anders handeln könnens (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 54. Aufl., vor § 13 Rn.30), der im Schuldvorwurf enthalten ist. Diese "Vorwerfbarkeit" wird in der Strafrechtslehre seit langer Zeit kritisch diskutiert, sicher nicht weil das Thema trivial ist.

Ich habe nach dem Grund gefragt, warum es also nach Ansicht von Inkompatibilisten unabdingbare Voraussetzung sein sollte, in ein und derselben Situation einmal so und und einmal so handeln zu können. Dies scheint mir, wie weiter oben schon mehrfach begründet, eine absurde Forderung per se zu sein. Du hast diesen Grund nicht genannt und ich habe den Grund noch nirgends gefunden, wiewohl ich mir auch schon einige Diskussionen von Strafrechtlern darüber durchgelesen habe. Sie scheinen es alle einfach so vorauszusetzen, als evident anzusehen. Ich behaupte nicht, dass es trivial ist, das ist es sicher nicht, da es diese Diskussionen ja nun mal gibt. Nur: man sollte seine Ansicht doch begründen können. Oder nicht?

Ich verstehe also nicht, warum für eine Schuldzumessung es nicht ausreichen sollte, wenn man folgende Punkte berücksichtigt: a) jemand hatte ausreichend die Kontrolle über seine Handlungen, b) er kannte die verletzte Norm und daher konnte man davon ausgehen, dass er sie berücksichtigen konnte und c) er war nicht durch äußere oder innere Zwänge in seiner Entscheidungsfähigkeit/Handlungsfähigkeit zu sehr eingeschränkt.

Nochmal: der unbewegte Beweger ist geschenkt. Nur folgt daraus noch lange nicht, dass man Personen grundsätzlich als durch vergangene, ihrem Einfluss entzogene Umstände ferngesteuerte Maschinen ansehen muss. Es sei denn, man könnte diese Einflüsse benennen und nachweisen. Die Betonung liegt hierbei übrigens auf grundsätzlich, denn in bestimmten Fällen wird man tatsächlich Handlungen auf solche Umstände (teilweise) zurückführen können und dann ist mMn die Gesellschaft verpflichtet, diese Umstände zu ändern/zu verbessern.

Nur: die Behauptung der Inkompatibilisten ist ja eine Prinzipielle: jemand kann nicht verantwortlich/schuldig sein für Handlungen, die er nicht vollständig selber kontrolliert hat. Und den Grund für diese Ansicht versuche ich schon seit einigen Seiten zu erfahren.
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kolja
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Beitrag(#970584) Verfasst am: 03.04.2008, 12:02    Titel: Antworten mit Zitat

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Wobei ich Leute mit präkognitiven Fähigkeiten sehr bewundere:

Billigste Polemik.

Er_Win hat folgendes geschrieben:
sie haben es mir voraus, sich auch fundierte Urteile, über Sachen, die sie nicht gelesen haben, bilden zu können

Ich habe nicht behauptet, für diesen speziellen Fall ein fundiertes Urteil abgeben zu können, sondern nur eine recht erfolgreiche Heuristik angewendet. Eine ähnliche Heuristik wende ich übrigens auf Leute an, die billige Polemik anwenden.
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Er_Win
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Beitrag(#970589) Verfasst am: 03.04.2008, 12:16    Titel: Antworten mit Zitat

@kolja

quod licet Iovi, non licet bovi - oder wie ? zwinkern

Ich wende durchaus ähnliche Heuristiken an, aber erst nachdem ich ein paar Sachen von Leuten komplett gelesen und verstanden habe. An wenigen Zeilen oder ein paar BUZZ-words, läßt sich keine Heuristik sinnvoll festmachen, sondern nur selbsterfüllende Prophezeihungen *aka* Vorurteile.

Erwin
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Skeptiker
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Beitrag(#970599) Verfasst am: 03.04.2008, 12:30    Titel: wenn bürgerliche Wissenschaftler philosophisch werden ...- Antworten mit Zitat

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Wo Prof.Weiss unwissenschaftlich wird bzw. "Falsches" (in den physikalischen Voraussetzungen, nicht seinen philosophischen hypothetischen "Folgerungen") behauptet, mußt du schon einzeln zeigen und das "Experiment" zu Paranormalem ist mal echt gelungen und wird pointiert aber auch streng wissenschaftlich kommentiert, weit weg von jeglichem esoterischen "Erklärungs"quatsch.


Aber das sagte ich doch:

Sobald bürgerliche Wissenschaftler philosophisch werden, kann man ihnen kein Wort glauben. Du bestätigst mich doch. Also wozu die viele Aufregung über den Begriff "Bürgerliche Wissenschaft"? Bei Prof. Weiss - und nicht nur bei ihm! - zeigt sich die interpretative Beschränktheit bürgerlicher Wissenschaft. Dies nur mal als kurzer Einwurf hier. Ansonsten gibt es ja dafür jetzt einen eigenen thread:

http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=970163#970163 Ausrufezeichen

Skeptiker
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Er_Win
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Beitrag(#970602) Verfasst am: 03.04.2008, 12:38    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Nun ist es aber inzwischen so, daß auch Begriffe wie "Kausalität", "Realität" usw. selbst reduziert bzw. erklärt werden (müssen). Die Begriffe "Realität" und auch "Naturgesetzlichkeit" können heutzutage operationalisert werden und werden damit selbst zu Phänomenen erklärender Theorien.

Nun klingt das tatsächlich so als wäre das Usus oder herrschender Konsens, was es definitiv nicht ist. Eine so strikt anti-metaphyisische Haltung ist im wissenschaftstheoretischen Bereich doch eher selten. Normalerweise werden tatsächlich Kausalität und Realität vorausgesetzt.

Stimmt. Ich hatte überlegt, ob ich noch was von Physik dazuschreibe, es dann aber bleibenlassen. Aber im Grunde ist der Zwang, die Realität als solche erklären zu müssen, spätestens seit der Quantentheorie offensichtlich. Dazu übrigens ein sehr schöner Artikel über Hugh Everett III im neusten Spektrum der Wissenschaft, in dem vor allem sehr schön klar wird, was so unschön an "echtem Zufall" un der KI ist.

ja der Artikel ist lesenswert.

Worauf meine Frage abzielte war das "Wie" dieser (angeblichen) Operationalisierbarkeit ! Denn ich bin wie kival der Überzeugung, daß diese Meinung eher die einer Minderheit ist, deshalb wär's ja interessant darüber nachzudenken, wohin das führt, dazu bedarf es aber einer Theorie und nicht nur eines Schlagwortes ...

Erwin
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Er_Win
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Anmeldungsdatum: 31.01.2008
Beiträge: 4482

Beitrag(#970616) Verfasst am: 03.04.2008, 12:55    Titel: Re: wenn bürgerliche Wissenschaftler philosophisch werden ...- Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Aber das sagte ich doch:

Sobald bürgerliche Wissenschaftler philosophisch werden, kann man ihnen kein Wort glauben. ...


jaja, aber ich hab' jetzt ein Etikettierungsproblem um deine ubiquitäre Aussage richtig anwenden zu können: Weiss ist Philosoph nicht NW'ler und erschwerend noch dazu proletarisch-bäuerlicher Abstammung (nur sein &co. Kohaut, ist Mathematiker+Physiker ...) Lachen

Was mach'ma jetzt Frage Frage Frage

Ohne Etikettierung geht nun mal gar nix, dann müßte man ja die Sachen lesen und verstehen um ihnen nicht zu glauben. Das ist ja der Grund wieso jeder die Bibel lesen sollte Auf den Arm nehmen

Erwin
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#970625) Verfasst am: 03.04.2008, 13:06    Titel: Antworten mit Zitat

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Worauf meine Frage abzielte war das "Wie" dieser (angeblichen) Operationalisierbarkeit ! Denn ich bin wie kival der Überzeugung, daß diese Meinung eher die einer Minderheit ist, deshalb wär's ja interessant darüber nachzudenken, wohin das führt, dazu bedarf es aber einer Theorie und nicht nur eines Schlagwortes ...

Ich habe inzwischen eine gewisse Vorsicht, solch schwierigen Themen öffentlich zu diskutieren, da sie viel physikalisches Wissen und Ernsthaftigkeit der Diskussion erfordern, und da ich zudem natürlich keine vollständige und überprüfbare Theorie anzubieten habe.

Aber da ich 2004 noch anders gedacht habe und Du offensichtlich ungern die Suchfunktion bemühst, hier ein link auf einen thread von damals zu exakt diesem Thema, mit einer halbwegs konkreten Definition aus meiner Sicht, einem Gegenvorschlag von Lars, und einer Diskussion mit Lamarck, unserem Konstruktivisten.

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zelig
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Beitrag(#970632) Verfasst am: 03.04.2008, 13:16    Titel: Antworten mit Zitat

Ich finde es nicht so ganz fair, bzw ich halte das für unnötige Rhetorik, wenn in diesem Teil der Diskussion die Frage der Verantwortlichkeit und der angemessenen Reaktion darauf auf [und dann natürlich auch (wie böse!) auf die christliche Vorstellung von] Schuld & Sühne zusammengeschnürt wird.
Daher interessiert mich, ob es hier jemanden gibt, der/die den Schuldbegriff verwirft, an dem Verantwortungsprinzip jedoch festhält.

Ich halte übrigens an beiden Begriffen fest, da man sich nach meiner Vorstellung schuldig machen kann, ohne dafür verantwortlich zu sein.
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Mario Hahna
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Anmeldungsdatum: 04.04.2005
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Beitrag(#970635) Verfasst am: 03.04.2008, 13:20    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Ich habe nach dem Grund gefragt, warum es also nach Ansicht von Inkompatibilisten unabdingbare Voraussetzung sein sollte, in ein und derselben Situation einmal so und und einmal so handeln zu können.


Zunächst einmal was die Rsp. dazu gesagt hat:
Das BVerfG dazu: "Die Strafe … ist im Gegensatz zur reinen Präventionsmaßnahme dadurch gekennzeichnet, dass sie – wenn nicht ausschließlich, so doch auch – auf Repression und Vergeltung für ein rechtlich verbotenes Verhalten abzielt. Mit der Strafe … wird dem Täter ein
Rechtsverstoß vorgehalten und zum Vorwurf gemacht. Ein solcher strafrechtlicher Vorwurf aber setzt Vorwerfbarkeit, also strafrechtliche Schuld voraus. Andernfalls wäre die Strafe eine mit
dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbare Vergeltung für einen Vorgang, den der Betroffene nicht zu verantworten hat. Die strafrechtliche … Ahndung einer Tat ohne Schuld des Täters ist demnach rechtsstaatswidrig und verletzt den Betroffenen in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG."
(BVerfGE 20, 323, 331)

Der BGH dazu:"Strafe setzt Schuld voraus. Schuld ist Vorwerfbarkeit. Mit dem Unwerturteil der Schuld wird dem Täter vorgeworfen, dass er sich nicht rechtmäßig verhalten, dass er sich für das Unrecht entschieden hat, obwohl er sich rechtmäßig verhalten, sich für das Recht hätte entscheiden können. Der innere Grund des Schuldvorwurfes liegt darin, dass der Mensch auf freie,
verantwortliche, sittliche Selbstbestimmung angelegt und deshalb befähigt ist, sich für das Recht und gegen das Unrecht zu entscheiden, sein Verhalten nach den Normen des rechtlichen Sollens einzurichten und das rechtlich Verbotene zu vermeiden …"
(BGHSt 2, 194, 200)

Das bleibt ungenau und schwach.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Dies scheint mir, wie weiter oben schon mehrfach begründet, eine absurde Forderung per se zu sein.


Richtig, nur wurde dies von vielen leider erst spät realisiert, u.a. wohl auch wegen eines christlichen Menschenbildes, dass unbedingte Willensfreiheit setzt.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Du hast diesen Grund nicht genannt und ich habe den Grund noch nirgends gefunden, wiewohl ich mir auch schon einige Diskussionen von Strafrechtlern darüber durchgelesen habe. Sie scheinen es alle einfach so vorauszusetzen, als evident anzusehen.


Wenn jemand konkret nicht anders handeln konnte, was wirfst du ihm dann vor? Dass er so ist wie er ist?
Das wäre höchstens Täterschuld (wie im Nationalsozialismus), wir haben aber ein Tatstrafrecht.
Oder willst du weg vom Schuldbegriff?
Nochmal kurz die Antwort: Die Vorwerfbarkeit im Sinne eines Tatstrafrechts entfällt, bzw. es bedarf einiges an argumentativem Aufwand, zu begründen warum sie nicht entfällt.

Das Strafrecht stellt eine Forderung auf, die genau dass trifft, was kuturell und sprachlich der Vorwurf schlechthin ist: Du hast dich falsch entschieden, obwohl du dich hättest richtig entscheiden können. Dieser Vorwurf ist kein abstrakter.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Ich verstehe also nicht, warum für eine Schuldzumessung es nicht ausreichen sollte, wenn man folgende Punkte berücksichtigt: a) jemand hatte ausreichend die Kontrolle über seine Handlungen, b) er kannte die verletzte Norm und daher konnte man davon ausgehen, dass er sie berücksichtigen konnte und c) er war nicht durch äußere oder innere Zwänge in seiner Entscheidungsfähigkeit/Handlungsfähigkeit zu sehr eingeschränkt.


So wird es ja gemacht. Nur, welchen Vorwurf machen wir dann? Nicht den klassischen Tatschuldvorwurf, der anders handeln können voraussetzt. Wir bestrafen, obwohl jemand in der konkreten Situation gar nicht anders handeln konnte.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nur folgt daraus noch lange nicht, dass man Personen grundsätzlich als durch vergangene, ihrem Einfluss entzogene Umstände ferngesteuerte Maschinen ansehen muss. Es sei denn, man könnte diese Einflüsse benennen und nachweisen.


In dubio pro reo, daher sehe ich nicht warum hier die konkrete Nachweisbarkeit verlangt werden muss.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Nur: die Behauptung der Inkompatibilisten ist ja eine Prinzipielle: jemand kann nicht verantwortlich/schuldig sein für Handlungen, die er nicht vollständig selber kontrolliert hat. Und den Grund für diese Ansicht versuche ich schon seit einigen Seiten zu erfahren.


Ich meine "Kontrolle" ist hier zu ungenau.
Das Problem ist folgendes: Worin liegt der individualethische Vorwurf?
Du sagst ja: Du konntest nicht anders handeln in dieser konkreten Situation, aber ich werfe dir vor, dass...
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Zuletzt bearbeitet von Mario Hahna am 03.04.2008, 15:01, insgesamt einmal bearbeitet
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Mario Hahna
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Beitrag(#970641) Verfasst am: 03.04.2008, 13:25    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Ich finde es nicht so ganz fair, bzw ich halte das für unnötige Rhetorik, wenn in diesem Teil der Diskussion die Frage der Verantwortlichkeit und der angemessenen Reaktion darauf auf [und dann natürlich auch (wie böse!) auf die christliche Vorstellung von] Schuld & Sühne zusammengeschnürt wird.
Daher interessiert mich, ob es hier jemanden gibt, der/die den Schuldbegriff verwirft, an dem Verantwortungsprinzip jedoch festhält.

Ich halte übrigens an beiden Begriffen fest, da man sich nach meiner Vorstellung schuldig machen kann, ohne dafür verantwortlich zu sein.


Auf was beziehst du dich konkret? Bleibt mir unklar. Ich bin mir keiner unnötigen Rhetorik bewußt, wenn du dich auf mich beziehst dann muss ein Mißverständnis vorliegen.
Deine Position ist mir auch nicht bekannt, könntest du sie bitte kurz skizzieren?
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zelig
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Beitrag(#970651) Verfasst am: 03.04.2008, 13:37    Titel: Antworten mit Zitat

Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Ich finde es nicht so ganz fair, bzw ich halte das für unnötige Rhetorik, wenn in diesem Teil der Diskussion die Frage der Verantwortlichkeit und der angemessenen Reaktion darauf auf [und dann natürlich auch (wie böse!) auf die christliche Vorstellung von] Schuld & Sühne zusammengeschnürt wird.
Daher interessiert mich, ob es hier jemanden gibt, der/die den Schuldbegriff verwirft, an dem Verantwortungsprinzip jedoch festhält.

Ich halte übrigens an beiden Begriffen fest, da man sich nach meiner Vorstellung schuldig machen kann, ohne dafür verantwortlich zu sein.


Auf was beziehst du dich konkret? Bleibt mir unklar. Ich bin mir keiner unnötigen Rhetorik bewußt, wenn du dich auf mich beziehst dann muss ein Mißverständnis vorliegen.
Deine Position ist mir auch nicht bekannt, könntest du sie bitte kurz skizzieren?


Nein. Ich beziehe mich nicht auf Dich. Ich möchte nur verhindern, daß man das Prinzip Strafe so diskutiert, als basiere es auschließlich auf einem Schuldbegriff.

In dieser Sache liege ich wohl nicht weit entfernt von Deiner Position.
Wenn die Alternativen sein sollen:

- Fallenlassen des Strafprinzips aufgrund den Annahme, ein Deliquent hätte gar nicht anders handeln können - bei gleichzeitiger Einführung des Präventivrechts -was letztendlich die Beseitigung bestimmter Rechtsprinzipien, die als Menschenrechte in einem langen historischen Prozess erst erkämpft werden mussten, bedeuten würde
oder

- Die Beibehaltung eines Strafrechts, in dessen Vordergrund überhaupt nicht die Sühne steht, sondern der Schutz der Allgemeinheit (allerdings unter der Bewahrung der erkämpften Rechtsprinzipien)

Dann halte ich die 2. Alternative für den einzig gangbaren Weg.
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kolja
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Beitrag(#970668) Verfasst am: 03.04.2008, 13:54    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
a) jemand hatte ausreichend die Kontrolle über seine Handlungen b) er kannte die verletzte Norm und daher konnte man davon ausgehen, dass er sie berücksichtigen konnte

Was gewinnst Du denn durch diese Umformulierungen? "Kontrolle haben" oder "berücksichtigen können" ist nicht weniger problematisch als "anders handeln können", auch diese Phrasen erlauben eine inkompatibilistische Leseweise.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nur folgt daraus noch lange nicht, dass man Personen grundsätzlich als durch vergangene, ihrem Einfluss entzogene Umstände ferngesteuerte Maschinen ansehen muss. Es sei denn, man könnte diese Einflüsse benennen und nachweisen.

Du verdrehst hier die Begründungslast. Das alle Ereignisse, auch die Handlungen von Personen, durch frühere Ereignisse verursacht werden, wissen wir sicher, auch wenn wir diese Ursachen nicht im Detail kennen. Die Unkenntnis dieser Ursachen ist keine hinreichende Begründung, um die Person als Ursache zu definieren. Du müsstest vielmehr angeben können, welchen Zielen/Interessen die Verwendung des Schuld-Prinzips dienen soll.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nur: die Behauptung der Inkompatibilisten ist ja eine Prinzipielle: jemand kann nicht verantwortlich/schuldig sein für Handlungen, die er nicht vollständig selber kontrolliert hat. Und den Grund für diese Ansicht versuche ich schon seit einigen Seiten zu erfahren.

Du vermischst hier die Position der Inkompatibilisten, die an einen echten FW und ontologische Schuld glauben, mit der Gegenposition. Erstere müssen widerlegt werden, damit Zweck und Nutzen (oder auch Schaden) des Schuld-Prinzips aufgeklärt diskutiert werden kann. Die Gegenseite, zumindest ich, vertritt diesen nat. Fehlschluss natürlich gar nicht. Selbst wenn man mir beweisen könnte, dass es einen echten FW gibt, würde ich Schuld/Verantwortung immer noch für menschliche Erfindungen halten und auf eine Begründung über Ziele/Interessen pochen.
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Beitrag(#970680) Verfasst am: 03.04.2008, 14:00    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Daher interessiert mich, ob es hier jemanden gibt, der/die den Schuldbegriff verwirft, an dem Verantwortungsprinzip jedoch festhält.

Aus meiner Sicht geht es hier weniger um die konkreten Prinzipien Schuld/Verantwortung und die Abgrenzung voneinander, als vielmehr um die Aufklärung darüber, dass sie nicht "an sich" gegeben sind, sondern menschliche Erfindungen sind, deren Benutzung begründungsbedürftig ist. Das wird mMn nach bei den wenigsten deutlich, die die Anwendung dieser Prinzipien fordern. So gesehen verwerfe ich Verantwortung genauso wie Schuld, halte aber an der Zuweisung von Verantwortung zu bestimmten Zwecken fest.
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Beitrag(#970687) Verfasst am: 03.04.2008, 14:04    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
So gesehen verwerfe ich Verantwortung genauso wie Schuld, halte aber an der Zuweisung von Verantwortung zu bestimmten Zwecken fest.


Ok. Welche Zwecke sind das? Strafrechtliche nicht, wenn ich Dich richtig verstehe.
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kolja
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Beitrag(#970719) Verfasst am: 03.04.2008, 14:30    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:
Ok. Welche Zwecke sind das? Strafrechtliche nicht, wenn ich Dich richtig verstehe.

Ich hatte an dieser Stelle nichts Konkretes im Sinne, mir ging es zunächst nur ums aufgeklärtere Begründungs-Prinzip. Im Zusammenhang mit dem Strafrecht: wenn es darum geht, Menschen schwerwiegende Sanktionen wie Freiheitsentzug aufzuerlegen, bin ich nicht bereit, ein anderes Ziel als Prävention zu akzeptieren. Ich lehne also insbesondere solche Strafen ab, die letztlich nur das Bedürfnis der Gesellschaft nach "Gerechtigkeit" befriedigen sollen, und halte die Generalprävention zumindest für problematisch. Das heißt nicht, dass ich präventive Eingriffe im Voraus uneingeschränkt befürworte. Da bin ich zumindest insoweit bei Dir, als dass ich Konflikte mit anderen grundlegenden Interessen sehe.
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AgentProvocateur
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Beitrag(#970720) Verfasst am: 03.04.2008, 14:31    Titel: Antworten mit Zitat

Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Wenn jemand konkret nicht anders handeln konnte, wass wirfst du ihm dann vor? Dass er so ist wie er ist?

Nein, dass es seine Entscheidung war, die Norm zu verletzten, obgleich er die Norm kannte, fähig dazu war, sein Unrecht einzusehen und fähig dazu war, seine Handlungen nach seinen Überlegungen auszurichten.

Ich habe übrigens eine andere Vorstellung davon, was "können" bedeutet. In Deiner Lesart ist "können" und "tun" ein und dasselbe.

Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Das Strafrecht stellt eine Forderung auf, die genau dass trifft, was kuturell und sprachlich der Vorwurf schlechthin ist: Du hast dich falsch entschieden, obwohl du dich hättest richtig entscheiden können. Dieser Vorwurf ist kein abstrakter.

Naja, diese Forderung kann ich jetzt aber so nicht aus Deinen Zitaten des BVerfGes und des BGH herauslesen. Jedenfalls nicht in Deinem Verständnis von "können"...

Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Wir bestrafen, obwohl jemand in der konkreten Situation gar nicht anders handeln konnte.

Jeder handelt so, wie er handelt. Das ist doch vollkommen trivial. Dazu brauche ich keine physikalischen Erkenntnisse. Und niemand kann im Nachhinein gesehen seine Handlung abändern. Vollkommen gleichgültig dabei, ob diese Handlung nun gänzlich kausal zustande gekommen ist oder teilweise nicht kausal.

Die Frage hier kann also nur lauten: wieweit lag die Handlung des Handelnden in seinem Einflussbereich und wieweit lag sie außerhalb dessen?

Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nur folgt daraus noch lange nicht, dass man Personen grundsätzlich als durch vergangene, ihrem Einfluss entzogene Umstände ferngesteuerte Maschinen ansehen muss. Es sei denn, man könnte diese Einflüsse benennen und nachweisen.

In dubio pro reo, daher sehe ich nicht warum hier die konkrete Nachweisbarkeit verlangt werden muss.

Nein, nein, bisher ist es nur eine Behauptung, dass Handlungen von Personen deren Einfluss entzogen seien. Eine Behauptung, die irgendwie nachgewiesen werden muss.

Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Nur: die Behauptung der Inkompatibilisten ist ja eine Prinzipielle: jemand kann nicht verantwortlich/schuldig sein für Handlungen, die er nicht vollständig selber kontrolliert hat. Und den Grund für diese Ansicht versuche ich schon seit einigen Seiten zu erfahren.

Ich meine "Kontrolle" ist hier zu ungenau.
Das Problem ist folgendes: Worin liegt der individualethische Vorwurf?
Du sagst ja: Du konntest nicht anders handeln in dieser konkreten Situation, aber ich werfe dir vor, dass...

Siehe oben.
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Mario Hahna
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Anmeldungsdatum: 04.04.2005
Beiträge: 9607
Wohnort: München

Beitrag(#970767) Verfasst am: 03.04.2008, 15:21    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Wenn jemand konkret nicht anders handeln konnte, wass wirfst du ihm dann vor? Dass er so ist wie er ist?

Nein, dass es seine Entscheidung war, die Norm zu verletzten, obgleich er die Norm kannte, fähig dazu war, sein Unrecht einzusehen und fähig dazu war, seine Handlungen nach seinen Überlegungen auszurichten.


Warum nein? Du wirfst ihm dann doch genau das vor! Dass er so ist wie er ist! Dass er, obwohl er die Norm kannte und obwohl er schuldfähig war im Sinne des § 20 StGB, so handelte, wie er handelte. Du weißt, dass er in diesem Moment, in dem Moment der Tat (und auf diesen kommt es im deutschen Strafrecht an) konkret nur eine Handlungsmöglichkeit hatte, wirfst ihm also vor, dass er nur diese Handlungsmöglichkeit hatte! Das ist allerhöchstens Täterschuld, wenn man hier überhaupt noch begrifflich von Schuld sprechen kann.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Ich habe übrigens eine andere Vorstellung davon, was "können" bedeutet. In Deiner Lesart ist "können" und "tun" ein und dasselbe.


Nein, ist es nicht. Du kommst vom Ergebnis her. Warum muss ich dir jetzt dein "anderes" Verständnis aus der Nase ziehen?
Geht mir auf den Sack!

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Naja, diese Forderung kann ich jetzt aber so nicht aus Deinen Zitaten des BVerfGes und des BGH herauslesen. Jedenfalls nicht in Deinem Verständnis von "können"...


Ich habe Auszüge gepostet. Die Strafrechtswissenschaft liest das so heraus, siehe T/F. Der BGH hat sich auch nicht bemüht dieser Interpretation entgegenzutreten, im Gegenteil.


AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Jeder handelt so, wie er handelt. Das ist doch vollkommen trivial.


Das ist nicht die Aussage.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Die Frage hier kann also nur lauten: wieweit lag die Handlung des Handelnden in seinem Einflussbereich und wieweit lag sie außerhalb dessen?


Nein...


AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Nein, nein, bisher ist es nur eine Behauptung, dass Handlungen von Personen deren Einfluss entzogen seien.


Nein, im Gegenteil, es ist "trivial", dass es keinen Einfluss auf das Handlungsergebnis gibt (außer der Genetik), der die personale Zurechnung rechtfertigt. Du bezeichnest das ständig als trivial und hast dennoch enorme Probleme diese triviale Ergebnis zu akzeptieren.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Siehe oben.


Ich seh nix.
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Argáiþ
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Beitrag(#970778) Verfasst am: 03.04.2008, 15:35    Titel: Antworten mit Zitat

zelig hat folgendes geschrieben:


Ich halte übrigens an beiden Begriffen fest, da man sich nach meiner Vorstellung schuldig machen kann, ohne dafür verantwortlich zu sein.


ergibt für mich keinen Sinn.

Verantwortung ist nichts weiter, als die Möglichkeit Schuld auf sich zu laden, wenn man eine gewissen Funktion, die man im Wissen um die Möglichkeit des Scheiterns antritt, nicht erfüllen kann. Verantwortung ist also lediglich die Schuld-Potentialität.

Das es sich dabei jedoch um ein Prinzip handelt, das man einfach per Deklaration vergessen könnte, halte ich für Fantasterei. Es gibt dafür keinen Ersatz, solange es Individuen mit Eigeninteressen gibt, die verletzt werden können, man ist also unbedingt dazu gezwungen, diesem 'naturalistischen Fehlschluss' zu entsprechen. Das Problem der Juristen damit ist nicht wirklich ein Problem. Derartiges Geschwurbel wird hochwahrscheinlich immer im Rahmen von Grundsatzdebatten angestrengt, die fast automatisch politisch sind.
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Er_Win
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Beitrag(#970784) Verfasst am: 03.04.2008, 15:43    Titel: Antworten mit Zitat

kolja hat folgendes geschrieben:
Du vermischst hier die Position der Inkompatibilisten, die an einen echten FW und ontologische Schuld glauben, mit der Gegenposition. Erstere müssen widerlegt werden, damit Zweck und Nutzen (oder auch Schaden) des Schuld-Prinzips aufgeklärt diskutiert werden kann.

[...]
als vielmehr um die Aufklärung darüber, dass sie nicht "an sich" gegeben sind, sondern menschliche Erfindungen sind, deren Benutzung begründungsbedürftig ist.


Schon wieder: der Zweck "heiligt" die Mittel ... *abgelehnt* !

Schuld ist kein ontologischer Begriff (oder höchstens in christl. Sinne - Erbsünde - was aber hier sowieso allg. als Schwachfug abgelehnt wird.) Ich bin aus konstruktivistisch systemtheoretischer Sicht sehr sicher, daß emergente komplexe hirnartige Systeme sowas wie einen (F)W haben (müssen), um überhaupt die beobachtbaren Eigenschaften wie Bewußtsein und (seriell logisches) Denken entwickeln zu können und trotzdem kann ich problemlos über den Nutzen des Schuld-Prinzips diskutieren und komme sogar zu ähnlichen Ergebnissen wie MSS und andere hier.

(F)W ist keine Erfindung, sondern - nach meinem wissenschaftlichen Dafürhalten - eine zwingende Eigenschaft, die nichts damit zu tun hat, daß qua der ebenso zwingenden Eigenschaft der (starken, vielschichtigen) Musterbildung, die beliebige konkrete Anwendbarkeit des F(W) Einschränkungen unterliegt. Aber die Einschränkung der Anwendbarkeit eines Prinzips, ändert nichts am Prinzip selbst.

Erwin
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Beitrag(#970793) Verfasst am: 03.04.2008, 15:50    Titel: Antworten mit Zitat

Er_Win hat folgendes geschrieben:
kolja hat folgendes geschrieben:
Du vermischst hier die Position der Inkompatibilisten, die an einen echten FW und ontologische Schuld glauben, mit der Gegenposition. Erstere müssen widerlegt werden, damit Zweck und Nutzen (oder auch Schaden) des Schuld-Prinzips aufgeklärt diskutiert werden kann.

[...]
als vielmehr um die Aufklärung darüber, dass sie nicht "an sich" gegeben sind, sondern menschliche Erfindungen sind, deren Benutzung begründungsbedürftig ist.


Schon wieder: der Zweck "heiligt" die Mittel ... *abgelehnt* !

Schuld ist kein ontologischer Begriff (oder höchstens in christl. Sinne - Erbsünde - was aber hier sowieso allg. als Schwachfug abgelehnt wird.) Ich bin aus konstruktivistisch systemtheoretischer Sicht sehr sicher, daß emergente komplexe hirnartige Systeme sowas wie einen (F)W haben (müssen), um überhaupt die beobachtbaren Eigenschaften wie Bewußtsein und (seriell logisches) Denken entwickeln zu können und trotzdem kann ich problemlos über den Nutzen des Schuld-Prinzips diskutieren und komme sogar zu ähnlichen Ergebnissen wie MSS und andere hier.

(F)W ist keine Erfindung, sondern - nach meinem wissenschaftlichen Dafürhalten - eine zwingende Eigenschaft, die nichts damit zu tun hat, daß qua der ebenso zwingenden Eigenschaft der (starken, vielschichtigen) Musterbildung, die beliebige konkrete Anwendbarkeit des F(W) Einschränkungen unterliegt. Aber die Einschränkung der Anwendbarkeit eines Prinzips, ändert nichts am Prinzip selbst.

Erwin


Wie können sich Systemtheoretiker, moderne Wissenschaftler und Analytiker, bezüglich der wissenschaftlichen Sinnhaftigkeit eines zweifellos alten und nebulösen Begriffes so sicher sein? Sind wir wieder in den Zeiten wissenschaftlicher Lyrik angelangt, in denen man auch auf den Wohlklang der Vorträge achtete und sich an romantischen Begriffen wie "Freiheit" ergötzte?
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Beitrag(#970795) Verfasst am: 03.04.2008, 15:50    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
... und Du offensichtlich ungern die Suchfunktion bemühst...

Kriterien fuer Wirklichkeit

ja, ja ....

wieso denn nicht gleich - danke, komme darauf zurück ... ! zwinkern

Erwin
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Er_Win
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Beitrag(#970801) Verfasst am: 03.04.2008, 15:55    Titel: Antworten mit Zitat

Semnon hat folgendes geschrieben:
Wie können sich Systemtheoretiker, moderne Wissenschaftler und Analytiker, bezüglich der wissenschaftlichen Sinnhaftigkeit eines zweifellos alten und nebulösen Begriffes so sicher sein? Sind wir wieder in den Zeiten wissenschaftlicher Lyrik angelangt, in denen man auch auf den Wohlklang der Vorträge achtete und sich an romantischen Begriffen wie "Freiheit" ergötzte?


Was schwadronierst du denn schon wieder zusammen: ich definiere dir jetzt nicht nochmal das, was ich auf deine Nachfrage, im anderen Thread eh schon extra nochmal gemacht habe, was ich (bzw. auch andere NW'ler, die ich kenne) unter F(W) verstehen, das hat nichts mit den - psychologischen "Freiheitsträumen" blabla - zu tun.

Erwin
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AgentProvocateur
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Beitrag(#970802) Verfasst am: 03.04.2008, 15:57    Titel: Antworten mit Zitat

Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
Wenn jemand konkret nicht anders handeln konnte, wass wirfst du ihm dann vor? Dass er so ist wie er ist?

Nein, dass es seine Entscheidung war, die Norm zu verletzten, obgleich er die Norm kannte, fähig dazu war, sein Unrecht einzusehen und fähig dazu war, seine Handlungen nach seinen Überlegungen auszurichten.

Warum nein? Du wirfst ihm dann doch genau das vor! Dass er so ist wie er ist! Dass er, obwohl er die Norm kannte und obwohl er schuldfähig war im Sinne des § 20 StGB, so handelte, wie er handelte. Du weißt, dass er in diesem Moment, in dem Moment der Tat (und auf diesen kommt es im deutschen Strafrecht an) konkret nur eine Handlungsmöglichkeit hatte, wirfst ihm also vor, dass er nur diese Handlungsmöglichkeit hatte! Das ist allerhöchstens Täterschuld, wenn man hier überhaupt noch begrifflich von Schuld sprechen kann.

Nein, ich werfe ihm nicht vor, dass er so ist, wie er ist, wenn er darauf keinen Einfluss hat. Wenn er aber einen Einfluss hat, wenn er seine Handlungen (ausreichend) steuern kann, basierend auf seinen Überlegungen, dann rechtfertigt das mMn Vorwerfbarkeit.

Mario Hahna hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Nein, nein, bisher ist es nur eine Behauptung, dass Handlungen von Personen deren Einfluss entzogen seien.

Nein, im Gegenteil, es ist "trivial", dass es keinen Einfluss auf das Handlungsergebnis gibt (außer der Genetik), der die personale Zurechnung rechtfertigt.

Ach, tatsächlich, das ist trivial?

Kleines Experiment: vor mir liegen zwei Kugeln. Wir führen den Versuch beliebig oft durch. Ich benenne eine Kugel und dann nehme ich eine Kugel. Ich behaupte, ich könnte jedesmal die Kugel nehmen, die ich vorher benannt habe. Was mMn durchaus den Schluss zulässt, (den einzigen plausiblen übrigens), dass ich meine Handlungen beeinflussen kann. Jetzt kommst Du. Was ist denn dMn der wirkliche Grund dafür, dass es mir immer gelingt, meine Handlung in Einklang mit meiner Vorhersage zu bringen?
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Argáiþ
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Beiträge: 12486

Beitrag(#970804) Verfasst am: 03.04.2008, 16:00    Titel: Antworten mit Zitat

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Semnon hat folgendes geschrieben:
Wie können sich Systemtheoretiker, moderne Wissenschaftler und Analytiker, bezüglich der wissenschaftlichen Sinnhaftigkeit eines zweifellos alten und nebulösen Begriffes so sicher sein? Sind wir wieder in den Zeiten wissenschaftlicher Lyrik angelangt, in denen man auch auf den Wohlklang der Vorträge achtete und sich an romantischen Begriffen wie "Freiheit" ergötzte?


Was schwadronierst du denn schon wieder zusammen: ich definiere dir jetzt nicht nochmal das, was ich auf deine Nachfrage, im anderen Thread eh schon extra nochmal gemacht habe, was ich (bzw. auch andere NW'ler, die ich kenne) unter F(W) verstehen, das hat nichts mit den - psychologischen "Freiheitsträumen" blabla - zu tun.

Erwin


Wir hatten uns ja angeblich auf das Denken in der Möglichkeitsform geinigt. Du willst also doch letzten Endes auf Quantenchaos und mysteriöser Nicht-Modellierbarkeit beharren?


Zuletzt bearbeitet von Argáiþ am 03.04.2008, 16:01, insgesamt einmal bearbeitet
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kolja
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Beitrag(#970807) Verfasst am: 03.04.2008, 16:01    Titel: Antworten mit Zitat

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Schuld ist kein ontologischer Begriff [...]

Ich behaupte nach wie vor, dass die meisten Menschen, auch wenn sie nicht an die christliche Erbsünde glauben, naive moralische Realisten sind, und daher ein ontologisches Verständnis von Werten und auch von Schuld haben. Soweit ich mich erinnere wird dies von Soziologen bestätigt, dazu müsste ich nochmal meine Quellen checken.
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Argáiþ
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Beitrag(#970810) Verfasst am: 03.04.2008, 16:02    Titel: Antworten mit Zitat

Andererseits repräsentieren die 'meisten Menschen' aber auch nicht die Justiz.
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Mario Hahna
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Beitrag(#970812) Verfasst am: 03.04.2008, 16:03    Titel: Antworten mit Zitat

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Nein, ich werfe ihm nicht vor, dass er so ist, wie er ist, wenn er darauf keinen Einfluss hat. Wenn er aber einen Einfluss hat, wenn er seine Handlungen (ausreichend) steuern kann, basierend auf seinen Überlegungen, dann rechtfertigt das mMn Vorwerfbarkeit.


Du gehst nicht auf das geschriebene ein. Woran liegt das? Verstehst du mich nicht?
Der personal zurechenbare Einfluss erschöpft sich in seiner Genetik, welchen Einfluss siehst du denn sonst?

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Kleines Experiment


Nö, kein kleines Experiment, nicht dass ich dazu nix sagen kann (ich musste unwillkürlich grinsen, da dieses Experiment so durchschaubar ist, Lösung: künstl. Abbruch der Kausalkette), aber das ist nicht zielführend. Bitte abstrakt.
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Beitrag(#970817) Verfasst am: 03.04.2008, 16:07    Titel: Antworten mit Zitat

Mario Hahna hat folgendes geschrieben:

Der personal zurechenbare Einfluss erschöpft sich in seiner Genetik, welchen Einfluss siehst du denn sonst?


Ist das so richtig zu verstehen: Du siehst gerade in der unbeeinflussbaren genetischen Strukturierung eines Menschen die einzige Quelle für dessen Einflussnahme auf seine Handlungen??
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