Freigeisterhaus Foren-Übersicht
 FAQFAQ   SuchenSuchen   MitgliederlisteMitgliederliste   NutzungsbedingungenNutzungsbedingungen   BenutzergruppenBenutzergruppen   LinksLinks   RegistrierenRegistrieren 
 ProfilProfil   Einloggen, um private Nachrichten zu lesenEinloggen, um private Nachrichten zu lesen   LoginLogin 

Baustelle Europa (Rezension)

 
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen   Drucker freundliche Ansicht    Freigeisterhaus Foren-Übersicht -> Politik und Geschichte
Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  
Autor Nachricht
Dietrich Stahlbaum
registrierter User



Anmeldungsdatum: 23.05.2004
Beiträge: 31
Wohnort: Recklinghausen NRW

Beitrag(#987967) Verfasst am: 24.04.2008, 20:50    Titel: Baustelle Europa (Rezension) Antworten mit Zitat



Wilhelm Neurohrs EU-Kritik

Die Entwicklung Europas wird seit Gründung der EU in offiziellen Verlautbarungen und von willfährigen Medien als eine einzigartige Erfolgsgeschichte dargestellt.

Wilhelm Neurohr hingegen fragt: „Ist Europa noch zu retten?“ und leuchtet hinter die Kulissen der EU-Politik.

Was dabei zu sehen ist, geht uns alle – jeden Europäer, jede Europäerin – an; aber für viele Menschen ist das politische Europa fern, und doch leben wir mitten drin. Die meisten wissen es nicht, sie spüren es, sie resignieren, sie enthalten sich der Politik: Mehr als 50% gingen nicht zur Wahl eines Parlaments, dem, wie Neurohr anmerkt, „die wesentlichen Rechte eines echten Parlaments“ „fehlen“. Denn: „Es hat keinen wirklichen Einfluss auf die Besetzung der EU-Kommission“, die die Gesetze vorlegt, „oder auf die Wahl des Kommissionspräsidenten, der von den Staats- und Regierungschefs ernannt wird“. Es hat „keine eigenen Initiativrechte zur Einbringung von Gesetzen. Ihm fehlt somit die eigentliche Kernkompetenz demokratischer Parlamente.“ Neurohr: Ein „Pseudoparlament“.

So werden von der EU-Administration die demokratischen Errungenschaften immer weiter eingeschränkt. Selbst dem vorbildlichen Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland droht die Aushebelung durch eine übergeordnete EU-Verfassung. Davor warnt sogar der ehemalige Verfassungsrichter und Altbundespräsident Roman Herzog.

Neurohr sieht die «Idee Europa» „zu einer unsozialen Freihandelszone verkommen, innerhalb derer Arbeitslosigkeit, Armut und Zukunftsängste sowie sozialer Unfrieden dramatisch zunehmen.“ Ängste, hervorgerufen durch blinden Standortwettbewerb, europaweiten Sozialabbau, sowie militärische Aufrüstung, Atomenergie und Gentechnik.

– : Gründe für die Ablehnung des EU-Verfassungsentwurfs in Frankreich und in den Niederlanden 2005 bei einem Referendum, einer Volksabstimmung, die den anderen Europäern verweigert wurde. Neurohr war damals in Frankreich wochenlang vor Ort und hat an Diskussionen in Bürgerforen teilgenommen.

Abgelehnt wird von den Menschen, die sich für ihre demokratischen, sozialen, ökologischen und pazifistischen Überzeugungen einsetzen, ein Europa als zentralistische Militär- und Supermacht, „von den einflussreichen Eliten «von oben» nach einseitigen Interessen homogen geformt, ohne Substanz für eine europäische Identitätsfindung aller Menschen im Rahmen einer kulturellen Vielfalt“. Ein Überwachungsstaat, der unter dem Vorwand terroristischer Bedrohung seine Bürgerinnen und Bürger beobachten und aushorchen lässt. Ein Megastaat mit eigenen Truppen auf fremden Kontinenten, die ohne Rücksicht auf Völkerrecht und Menschenrechte zur eigenen Wohlstands- und Rohstoffsicherung eingesetzt werden. Ein Europa, das sich gegenüber unerwünschten Flüchtlingen aus verelendeten Regionen abschottet und „die Augen vor der täglichen Menschenrechtsverletzung in der Gegenwart von Leichen, die an unseren Außengrenzen auf hoher See treiben,“ „verschließt.“

Einem solchen „Moloch“ setzt Wilhelm Neurohr die Idee eines föderalen „Europa der Regionen“ entgegen, eines „Kontinent(s) der aktiven Bürgergesellschaft (…), mit zivilgesellschaftlichen Gestaltungsräumen für Eigeninitiative und zur Verwirklichung der individuellen Menschenrechte.“ Die Idee eines „menschlichen Europa“, das „kulturelle Vielfalt über Assimilation (stellt), Lebensqualität über die Anhäufung privaten Reichtums, nachhaltige Entwicklung über unbegrenztes materielles Wachstum, universelle Menschenrechte und die Rechte und Gesetze der Natur über Eigentumsrechte, globale Zusammenarbeit und Verständigung über einseitige Machtausübung oder militärische Aufrüstung.“

Es sind die Ziele und Forderungen nicht-staatlicher Organisationen (NGOs), internationaler Netzwerke, Bürgerinitiativen und –foren, in denen Wilhelm Neurohr seit Jahrzehnten mitwirkt.

Dem Gewerkschaftler, Personalratsvorsitzenden und Agenda-Beauftragten der Kreisverwaltung Recklinghausen ist es gelungen, aus eigener Erfahrung und aus der Fülle an Material, wovon der umfangreiche Anhang zeugt, die gesamte, komplexe Europaproblematik in kurzen, übersichtlichen, gut lesbaren Kapiteln darzulegen und – wie der Untertitel lautet – «Wege zu einer europäischen Identität» zu zeigen.

Dieses Europa ist eine Baustelle, symbolisiert durch das Titelbild. Der Arbeiter darauf besagt, dass „unten“ und mit den Fundamenten begonnen werden muss.

Dietrich Stahlbaum © 2008


Wilhelm Neurohr:
Ist Europa noch zu retten?
Wie die EU den Europa-Gedanken
verfälscht. Wege zu einer neuen
europäischen Identität
Pforte Verlag, CH, April 2008
243 Seiten, kartoniert, € 14,– / CHF 24.–
ISBN 978-3-85636-194-5
_________________
ZEITFRAGENFORUM I:
http://www.dietrichstahlbaum.de
Blogs:
http://zeitfragen.blog.de/
http://fotoserien.blog.de/
http://zeitfragen-info-blog.blog.de/
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden Website dieses Benutzers besuchen
Elisa.beth
registrierter User



Anmeldungsdatum: 15.03.2007
Beiträge: 2344

Beitrag(#988069) Verfasst am: 24.04.2008, 23:09    Titel: Antworten mit Zitat

"Unten" wird wohl nicht mehr viel erreicht werden können, die meisten wissen doch nicht mal, daß ein Großteil der Gesetze nicht mehr von gewählten nationalen Volksvertretern gemacht wird, sondern von diesen lediglich EU Gesetze umgesetzt werden .
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Shadaik
evolviert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 26377
Wohnort: MG

Beitrag(#989114) Verfasst am: 27.04.2008, 11:11    Titel: Antworten mit Zitat

Ich sehe das Hauptproblem im festhalten der Mutternationen Europas an den alten Strukturen. So züchtet man einen zahnlosen Tiger heran und versucht, ihm das Beissen beizubringen.

Zugeich ist man kulturell konzeptlos: Wie schafft man ohne kriegerische Eroberungen einen Vielvölkerstaat? Ein vollkommen ungekannter historischer Vorgang (mit einer Beinaheausnahme: Dem Deutschen Reich).
Dass die EU aber zu einem Staat wächst, daran habe ich keinen Zweifel - ob die Mitgliedsstaaten das nun aktiv wollen oder nicht. Die Eigendynamik der europäischen Nation ist zu weit, um gestopt zu werden ausser durch komplette Auflösung - das aber ist ebenfalls kaum noch möglich.
_________________
Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
Botschafter Kosh
auf eigenen Wunsch deaktiviert



Anmeldungsdatum: 26.11.2007
Beiträge: 3972

Beitrag(#989121) Verfasst am: 27.04.2008, 11:17    Titel: Antworten mit Zitat

Elisa.beth hat folgendes geschrieben:
"Unten" wird wohl nicht mehr viel erreicht werden können, die meisten wissen doch nicht mal, daß ein Großteil der Gesetze nicht mehr von gewählten nationalen Volksvertretern gemacht wird, sondern von diesen lediglich EU Gesetze umgesetzt werden .


Und wir wurden daran weder beteiligt noch gefragt.

mfg Kosh
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
hikanio
registrierter User



Anmeldungsdatum: 15.01.2007
Beiträge: 95

Beitrag(#989129) Verfasst am: 27.04.2008, 11:32    Titel: Antworten mit Zitat

Bei aller Kritik an einzelnen Themen innerhalb der EU:

Dieses wachsende Staatenkonstrukt ist bisher das erfolgreichste und humanste was diese Welt bisher gesehen hat.
Verbesserungen sind aber immer möglich. Es steht jedem frei sich politisch zu engagieren und sich konstruktiv einzubringen.
Und diese Gesellschaft bietet sogar Platz für die unverbesserlichen Nörgler die das Klagen auf höchstem Niveau perfektioniert haben. zwinkern

Grüßle

Hikanio
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:   
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen   Drucker freundliche Ansicht    Freigeisterhaus Foren-Übersicht -> Politik und Geschichte Alle Zeiten sind GMT + 1 Stunde
Seite 1 von 1

 
Gehe zu:  
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht mitmachen.



Impressum & Datenschutz


Powered by phpBB © 2001, 2005 phpBB Group