Tarvoc hat folgendes geschrieben: |
Also: Was ist Kritik? |
Tarvoc hat folgendes geschrieben: |
Also: Was ist Kritik? |
Malcolm hat folgendes geschrieben: |
Eine in sich nicht logische wissenschaftliche Betrachtung ist quasi wertlos. Mache ich dassselbe mit einem Gedicht und stelle fest, daß ein Gedicht nicht logisch ist und erkläre es deshalb für wertlos, so habe ich dieselben "kritischen Maßstäbe" auf einen unzureichenden Gegenstand angewendet. |
Danol hat folgendes geschrieben: | ||
Du hast dann beim Gedicht genau dasselbe gezeigt wie bei der wissenschaftlichen Betrachtung, nämlich das sie logisch inkonsistent ist. In beiden Fällen hast Du dasselbe nachgewiesen, nämlich das durch logische Fehlschlüsse keine Wissenschaft vorliegt, da kein Wissen geschaffen wurde. Ein Gedicht ist also keineswegs ein unzureichender Gegenstand, oder sollte man nicht feststellen können, das Gedichte kein Wissen schaffen, nur weil das nie die Intention des Autors war? Gerade das sie wissenschaftlich wertlos sind kann ja schließlich durchaus ein Kritikpunkt sein. Wertlos ist m.E. kein sinnvolles Ergebnis einer Kritik. |
Zitat: |
Das ist natürlich nur die rein wissenschaftliche Seite der Kritik (und es besteht kein Anspruch auf vollständigkeit der Aufzählung), man kann allerdings z.B. auch von moralischer Seite ein System kritisieren, dazu muss man allerdings erst eine Argumentationsbasis schaffen, also Moralische Grundlagen finden, die für alle beteiligten (den Kritiker und die Vertreter des kritisierten Systems) akzeptabel sind, ansonsten ist die Kritik wirkungslos.
|
Malcolm hat folgendes geschrieben: |
Im folgenden redest Du viel über die "Kritisierbarkeit von Denksystemen". Das mag alles sehr verdienstvoll sein und verdient meine volle Bewunderung. Nur ist die Religion ein "Denksystem"? Das ist eben die Frage. |
Zitat: |
Gedichte wie Wissenschaften kritisieren zu wollen ist "unpassend", da sie Wissenschaftlichkeit gar nicht für sich in Anspruch nehmen. |
Zitat: |
Du bewegst Dich in der ganzen Diskussion ausschließlich auf der Ebene rationaler Systeme, die innerhalb eines solchen Konzeptes von Rationalität kritisierbar sein müssen. Das mag alles wiegesagt sehr verdienstvoll sein, nur trifft es wirklich die eigentlich viel brennenderen Fragen der Kritik oder Nichtkritik an durchaus irrationalen Systemen? |
Zitat: |
Ich kann etwas, was ein Politiker sagt, für in der Sache völlig falsch halten, aber trotzdem sein "politisches Geschick" bewundern, oder es sogar für "politisch richtig" halten, im Sinne eines richtigen Anzielens politischer Ziele mit argumentativ durchaus fragwürdigen Mitteln. |
Zitat: |
Und Religion ist sehr vieles, hat sehr viele Facetten, eine der wichtigesten Facetten von Religion ist aber zweifellos die politische. Man kann etwa die "Geschicklichkeit", mit der ein gewisser Herr Mohammed die religiösen Sehnsüchte seiner Muslime bedient, sehr bewundern. Mit dem Begriff der Geschicklichkeit stehen wir jedoch vollkommen außerhalb der Wahrheitsfrage. Aber sicher nicht außerhalb jeder Kritik. Wenn ich etwas ungeschickt finde, habe ich es durchaus kritisiert ohne dabei doch bei irgendeiner Wahrheit zu sein. Und ich kann "Geschicklichkeit" eben auch bezüglich der Geschicklichkeit in Hinsicht einer Erreichung gewisser Ziele definieren. Diese Ziele kann ich dann teilen oder auch nicht teilen. |
Zitat: |
Damit stimme ich absolut überein, nur daß ich eben ganz stark bezweifle, daß sich solche "gemeinsamen moralischen Grundlagen" schaffen lassen. |
Zitat: |
Eine moralische Betrachtung der Religion etwa, ist zweifellos interessanter als eine formallogische, führt aber letztenendes zu gar nichts. |
Danol hat folgendes geschrieben: |
Nenne mir mal ein irrationales System. Oder besser, definiere erstmal was irrational sein soll. Wie kann denn ein System, das einer inneren Logik folgt, wie die Religion, irrational sein? Es kann höchstens irrational sein, sich die Aussagen des Systems zu eigen zu machen weil man erkannt hat, das sie falsch/inkonsistent/untragbar sind. Wie hat man das erkannt? Durch die Kritik! |
Zitat: |
Das, was ich annehme das Du mit irrationalität meinst, erkennt man also erst nachdem man bereits kritisiert hat. |
Danol hat folgendes geschrieben: | ||
Du hast dann beim Gedicht genau dasselbe gezeigt wie bei der wissenschaftlichen Betrachtung, nämlich das sie logisch inkonsistent ist. In beiden Fällen hast Du dasselbe nachgewiesen, nämlich das durch logische Fehlschlüsse keine Wissenschaft vorliegt, da kein Wissen geschaffen wurde. |
Tarvoc hat folgendes geschrieben: |
Also: Was ist Kritik? |
Malcolm hat folgendes geschrieben: |
Also Du betrachtest Religion als ein "System, das einer inneren Logik folgt". Einer äußeren also nicht? Was genau meinst Du mit "innerer Logik"? Ich kann mit dem Begriff "innerer Logik" ehrlich gesagt gar nichts anfangen. Logik ist Logik. Oder etwa nicht? |
Zitat: |
Die christliche Lehre, die religiöse Lehre überhaupt, ist zutiefst unlogisch. |
Zitat: |
Deine Argumentation geht in besonderer Weise an den Tatsachen vorbei, da sie unterstellt, daß das christliche System in besondererer Weise Logik für sich beansprucht. Es ist aber gar nicht selten, sondern sogar ziemlich häufig, daß innerhalb christlicher "Verteidigungstrategien", die Logik christlichen Glaubens gar nicht in Anspruch genommen wird. Die christliche Lehre ist unlogisch, weil sie "jenseits aller Vernunft im Göttlichen wurzelt". |
Zitat: |
Wie willst Du ein solches Konzept des Irrationalismus kritisieren? Wie willst Du mit der Tatsache umgehen, daß die Irrationalität des christlichen Glaubens von vielen Christen gar nicht bestritten wird, aber in den Bereich "höherer Vernunft" verwiesen wird? |
Zitat: |
Wenn Du diese Haltung des "Irrationalismus" kritisieren willst, kannst Du dies gar nicht auf rationaler Ebene tun. |
Zitat: |
Und genau das würde von mir bestritten. Das heißt, historisch mag es wahr sein, aber es spiegelt den Gegenwartsstand der Auseinandersetzung von Religion und Aufklärung gar nicht mehr wieder. Gerade in der Auseinandersetzung mit der Aufklärung hat sich Religion teilweise auf einen Standpunkt des Irrationalismus zurückgezogen. "irrational sein" und "Irrationalismus" sind zwei verschiedene Paar Stiefel, die Du begrifflich überhaupt nicht unterscheidest. |
Zitat: |
Übrigens ist der "Irrationalismus" für mich etwas durchaus nicht durchweg böses. |
Zitat: |
Ganz im Gegenteil ist der Irrationalismus eine Methode, die eine weitestgehende Anpassung an die moderne Welt ganz hervorragend ermöglicht. Es ist vielleicht sogar ganz hervorragend "rational", weil man jede Form rationaler Argumentation sogar gelten läßt, sich mit moderner Wissenschaft versöhnt usw., aber alles nur, Husserlsch gesprochen, quasi einklammert, und sich religiös auf eine Irrationalität zurückzieht, die auf einem göttlichen Sein beruht, das "menschlicher Vernunft" übergeordnet bleibt. |
Hornochse hat folgendes geschrieben: | ||||
Ihr untersucht Gedichte auf logische Fehler? Gedichte sind Wissenschaft? Deutsch LK war's jedenfalls nicht. |
Danol hat folgendes geschrieben: |
Nein, tun wir nicht. Meine Aussage war: Man kann Gedichte daraufhin untersuchen und kritisieren. Ob das sinnvoll ist oder nicht ist steht auf einem anderen Blatt. |
Danol hat folgendes geschrieben: |
Genauso könnte man nun argumentieren "Ihr untersucht Mythen auf logische Fehler?". Genau das tun aber recht viele Leute z.B. mit den christlichen oder islamischen oder jüdischen oder Buddhistischen oder ... Mythen. |
Danol hat folgendes geschrieben: |
Gibt es einen zwingenden Grund, warum man ein Gedicht nicht auf logische Fehler untersuchen kann? |
I.R hat folgendes geschrieben: |
Wir haben doch schon einen rk72! |
Hornochse hat folgendes geschrieben: |
Wenn du "können" als Ausdruck einer reinen Möglichkeit verwendest (man kann einen Baum auf Tumore untersuchen): OK. |
Danol hat folgendes geschrieben: |
Ob das sinnvoll ist oder nicht ist steht auf einem anderen Blatt. |
Zitat: |
Da gibt es aber einen kleinen Unterschied: Im Gegensatz zu Gedichtliebhabern behaupten manche Gläubige (sofern sie textreu sind, müssen sie es sogar), ihre Texte seien logisch fehlerfrei. Das ist der Grund, weshalb sie darauf untersucht werden. |
Tarvoc hat folgendes geschrieben: |
Anlässlich Threads mit Titeln wie "Ist man Rassist, wenn man den Islam kritisiert?", "Ist man Rassist, wenn man das Christentum kritisiert?" etc. und aufgrund der insgesamt doch recht häufigen Verwendung dieses Ausdrucks nicht nur hier im Forum dachte ich mir, dass ich einfach mal einen solchen Thread eröffne. Also: Was ist Kritik? |
Danol hat folgendes geschrieben: | ||
Das ist nicht falsifizierbar und somit beliebig. Wissen ist nur dann wissen wenn man es überprüfen kann, kann man das nicht ist die Behauptung eine reine Beliebigkeit. Wenn sich ein Christ darauf einlässt, dass sein Glaube letztlich beliebig ist, habe ich alles erreicht was ich mir in so einer Diskusion wünschen kann. |
Malcolm hat folgendes geschrieben: |
das magst Du so sehen, ist aber bezüglich der Sachlage reichlich weltfremd. Ganz allgemein denke ich, daß der Gläubige bzw. der Glauben die Rationalität bzw. die Logik immer gerne dann bemühen wird, wenn sie ihm paßt und nutzt, und sie von sich weisen wird, wenn er mit ihr "in Schwierigkeiten" gerät, oder noch besser: Er wird sagen: Das verstehe ich nicht, da muß ich meinen Pastor fragen. |
Zitat: |
Wolltest Du tatsächlich einem Gläubigen gegenüber so argumentieren, wie Du mir gegenüber argumentierst, dann würdest Du wirklich Deine Perlen vor die Säue werfen. Ich habe schon Schwierigkeiten, Dir zu folgen, glaubst Du ernsthaft, daß ein Gläubiger Deine Argumentation auch nur in Ansätzen versteht? |
Zitat: |
Den Glauben intellektuell aus dem Felde zu schlagen, ist wiegesagt weltfremd. Was nützt es Dir, einen Religionsführer "intellektuell zu schlagen", wenn die Schafsherde ihn trotzdem für den Sieger hält? |
Zitat: |
Ein Schlagwort der Aufklärung lautet: Daß man sich trauen soll, sich des eigenen Verstandes zu bedienen. Dies ist aber stets ein "frommer" Wunsch geblieben. Tatsache ist, daß ein Großteil der Menschen sich durchaus nicht des eigenen Verstandes bedienen. |
Zitat: |
In dem moment, wo ich bereit bin, meinen eigenen Verstand einem anderen gegenüber für "unterlegen" zu halten und "Probleme des Verständnisses" ganz allgemein eigenem Unvermögen zuzuordnen, in diesem moment bin ich auch bereit, mich von eigenem logischen Denken frei zu machen und dem "überlegenen Geist" des Gurus zu folgen. Wenn mir also etwas als "unlogisch" erscheint, dann habe ich es "nicht richtig verstanden". |
Zitat: |
Kritik siegt selten, aber selbst da wo Kritik siegt, was selten genug der Fall ist, ist es immer noch die Frage, ob die Kritik wirklich gesiegt hat, oder ob nicht plötzlich der Kritiker - ganz wider willen - nun plötzlich zum neuen Guru geworden ist, auch wenn er dies womöglich weder will noch gemerkt hat. |
Danol hat folgendes geschrieben: |
Das ist der entscheidende Schritt in den Fundametalismus, dem man höchstens noch durch subversives Diskutieren, nicht aber durch Kritik begegnen kann. |
Malcolm hat folgendes geschrieben: |
Damit stimme ich absolut überein, nur daß ich eben ganz stark bezweifle, daß sich solche "gemeinsamen moralischen Grundlagen" schaffen lassen. Ich halte sie ehrlich gesagt für absolute Illusion. Eine moralische Betrachtung der Religion etwa, ist zweifellos interessanter als eine formallogische, führt aber letztenendes zu gar nichts. Man wird sich da nie einig werden. Der entscheidende Kritikpunkt, den ich an einer gewissen Ausprägung von Religionskritik allerdings habe, ist, daß er "die Wahrheit" so hoch hängt, daß er die "wissenschaftliche Kritik" mit der "moralischen" schon gleich verwechselt. Etwas ist nicht wahr ( wie die Religion), also ist Religion auch schon moralisch zu verurteilen. Das Komische an der ganzen Angelegenheit ist, daß sich dergleichen atheistische "Wahrheitsmoralität" mit der christlichen völlig deckt. Atheist und Christ mögen sich völlig fremd gegenüber stehen, aber in der Ablehnung der Lüge sind sie sich doch völlig einig. Und diese Haltung empfinde ich ehrlich gesagt sehr naiv.
Und wirkliche Kritik beginnt für mich erst jenseits dieser Naivität. Ob sich dort dann "gemeinsame moralische Grundlagen" schaffen lassen, ist sehr die Frage, allerdings wird für mich ganz persönlich die Diskussion erst da interessant, wo man nicht ein einfaches moralisches Vorurteil, das gar nicht mehr in Frage gestellt werden darf, obwohl es wirklich nicht mehr als ein bloßes Vorurteil ist, wie dieses, daß man Menschen nicht belügen darf, als Grundlage der Diskussion nimmt. Denn das jemand eine andere Moralität hat als ich, nehme ich mit Gelassenheit hin, aber daß er ein bloßes Vorurteil als unumstößliche moralische Wahrheit nimmt, die er erst gar nicht mehr begründen muß, ist eigentlich das Ende jeder Diskussion. |
Malcolm hat folgendes geschrieben: |
Ich finde ganz allgemein, daß Du viele glänzende Dinge sagst, aber wirklich von allen "praktischen Seiten" der Kritik völlig unbeleckt bist. Kritik siegt selten, aber selbst da wo Kritik siegt, was selten genug der Fall ist, ist es immer noch die Frage, ob die Kritik wirklich gesiegt hat, oder ob nicht plötzlich der Kritiker - ganz wider willen - nun plötzlich zum neuen Guru geworden ist, auch wenn er dies womöglich weder will noch gemerkt hat. |
Tarvoc hat folgendes geschrieben: |
Vielleicht sollte man mal die Rahmenbedingungen dieser Unterscheidung hinterfragen... aus der Sicht des Religionsführers ist z.B. die Kritik selbst subversiv. |
Zitat: |
Was angesichts des aktuellen Anlasses dieses Threads vielleicht auch noch interessant zu diskutieren wäre, ist, wie solche Fragen aufkommen können wie "Ist jeder, der x kritisiert, ein Rassist" - und was für ein Begriff von "Kritik" hinter solchen Fragen steckt. |
Danol hat folgendes geschrieben: | ||
Wenn man Kritik als Bedrohung empfindet sicherlich. Wenn man, was ja auch Religionsführern möglich ist, ehrlich auf der Suche nach Erkenntnis gleich welcher Art ist, dann eher nicht. Kritik an einem Glaubenssystem kann ja auch 'intern' geäußert werden, es gab z.b. auf der Grundlage der Bibel Kritik an der Inquisition, ohne das die von der damaligen Kirche direkt als subversiv angenommen worden wäre. Gebracht hat sie freilich wenig, aber das ist wieder ein anderes Kapitel ... Unterscheiden kann man hier nur, wenn man die Ab- und Ansichten seines Gegenübers kennt. Wer sein Glaubenssystem derart in Stein meißelt, dass schon graduelle Abweichungen Häresie sind, dem erscheint natürlich jede Kritik subversiv, da sie ja letztendlich genau zu solchen Veränderungen führen würde. |
output generated using printer-friendly topic mod. Alle Zeiten sind GMT + 1 Stunde