Zitat: |
Das Diskriminierungsparadox
Das gesteigerte Konfliktpotenzial zeigt sich auf unterschiedlichen gesellschaftlichen Ebenen und wirkt sich auf den öffentlichen Diskurs über Diskriminierung und Integration aus. Es offenbart sich ein paradoxer Effekt: Die Teilhabechancen verbessern sich und gleichzeitig wird viel mehr über Diskriminierung aufbegehrt und diskutiert als vorher – und zwar nicht obwohl, sondern weil sich die Situation verbessert hat. Menschen, die gut integriert sind und mit am Tisch sitzen, haben den Anspruch auf gleichberechtigte Teilhabe. Sie haben also gesteigerte Teilhabe- und Zugehörigkeitserwartungen. Die Realität ist aber fast immer träger als die Erwartungen. Das heißt, dass die Erwartungen schneller steigen als die realen Teilhabechancen. |
Tarvoc hat folgendes geschrieben: |
Das "Paradox", dass gesellschaftliche Machtstrukturen (wozu Diskriminierungsstrukturen nunmal gehören) oft erst dann in die Kritik und auch unter gesellschaftlichen und politischen "Beschuss" geraten, wenn sie ohnehin bereits dabei sind, zu verfallen und ihre Macht über das gesellschaftliche Leben einzubüßen, ist ein schon recht lange bekannter Effekt und auch nicht wirklich ein Paradox, sondern angesichts der Natur und des normierenden Charakters gesellschaftlicher Macht eigentlich gerade zu erwarten.
Trotzdem interessantes Thema. Bin schon gespannt auf die weitere Diskussion. Das berührt ja auch die Thematik meiner Dissertation. ![]() |
AdvocatusDiaboli hat folgendes geschrieben: | ||
Im Falle der Integration ist der Aspekt der sprachlichen Teilhabe nicht zu unterschätzen. Die erste Einwandergeneration aus der Türkei sprach überhaupt kein Deutsch und hatte noch intensive Bande an die Heimat. Deren Enkel kennen die Türkei allenfalls aus dem Urlaub und sprechen vielleicht nur noch gebrochen Türkisch. Sie werden aber trotzdem meist als "türkisch" identifiziert - was unabhängig von ihrer sozio-ökonomischen Position als Herabstufung erfahren wird: "Ihr seid keine 'richtigen' Deutschen". Dass dies für die so Betroffenen erst einmal wichtiger ist, als ökonomische Ungleichheiten zu beseitigen, finde ich vollkommen verständlich. |
Zumsel hat folgendes geschrieben: |
Ein "Integrationsparadox" ist das unter diesem Gesichtspunkt betrachtet nicht wirklich, eher könnte man konstatieren, dass die Integration ins bestehende Verwertungssystem ZU erfolgreich verlaufen ist. |
Tarvoc hat folgendes geschrieben: |
Zudem gibt es in Deutschland noch den Effekt, dass eine diskriminierte nationale Minderheit ab dem Punkt zunehmend akzeptiert wird, wo eine andere diskriminierbare Minderheit sozusagen nachrückt. In den frühen Jahren der Republik waren es ja zuerst primär Einwanderer aus europäischen Mittelmeerstaaten wie Italien oder Griechenland, die Ziel von Diskriminierungen waren. Dann kamen die Türken nach und für Italiener, etc. entspannte sich die Situation ein wenig. Und jetzt im Moment sehen wir das selbe mit Flüchtlingen aus Syrien und dem Mittleren Osten. Also der Rassismus und die Diskriminierung verschwinden nicht, sondern die jeweils diskriminierte Gruppe wird immer dann zunehmend akzeptiert, wenn sich ein neues Ziel findet. |
DonMartin hat folgendes geschrieben: | ||
Die angeblich so schlimm diskriminierten Minderheiten aus Südeuropa werden deshalb akzeptiert, weil sie sich mittlerweile angepasst haben, also mitteleuropäischer und moderner geworden sind. Genau wie ihre Herkunftsländer. Für die Türkei und den Rest der islamischen Welt gilt das nicht, da läuft die Uhr rückwärts. |
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: |
Jetzt gibt es kopftuchtragende Muslimas, die gut gebildet sind und entsprechende Berufe ausüben wollen, die also objektiv viel besser integriert sind - aber das Problem ist angeblich zu wenig Integration. |
vrolijke hat folgendes geschrieben: |
Sorry, aber du redest Blödsinn. |
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | ||
DonMartins Beitrag steht unter aller Kritik. Er hat noch nicht mal den Punkt verstanden, den ich über Türken und ihre zunehmende Akzeptiertheit in Deutschland gemacht habe. Dass man in seinen Kreisen auch immer noch kräftig gegen Türken Stimmung macht, glaube ich ihm aber unbesehen. Ich bin beinahe überrascht, dass er Italiener und Griechen akzeptiert. |
output generated using printer-friendly topic mod. Alle Zeiten sind GMT + 1 Stunde