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„Gut gemeint, –– schlecht gelaufen“ … … so der Titel des [ hpd ] Artikels über den Heimkinderfonds[1]. [ es handelt sich hier um den »Fonds Heimerziehung-WEST«, von den Errichtern »Fonds "Heimerziehung in den Jahren von 1949 bis 1975"« benannt ] Doch das ist falsch. Schlecht gemeint, gut gelaufen müsste es heissen. Der Runde Tisch [Heimerziehung] [ RTH ] als Umsetzung eines Beschlusses der Petitionskommission war von Beginn an schlecht gemeint. Er sollte die Rechtsnachfolger der Heimeinrichtungen möglichst wenig kosten. Das ist x-mal geschrieben und nachvollziehbar belegt, auch hier im Blog[2]. Im Sinne der Heimträger ist die Sache glimpflich und damit gut gelaufen. In der „Moderatorin“ Antje Vollmer fanden sie eine Komplizin, und sie hat ihre Sache glänzend gemacht[3]. ● Keine Rechtsberatung der ehemalige Heimkinder, ● keine Entschädigung, ● keine Anerkennung der Zwangsarbeit, ● kein Blick auf teurere Lösungen im Ausland, ● keine Information der Betroffenen durch öffentliche Bekanntgaben in Zeitungen oder Plakaten, ● keine Berücksichtigung der ehemaligen Heimkinder aus Behindertenheimen und psychiatrischen Einrichtungen, auch nicht auf die Säuglingsheime. Dafür die Nötigung zur Unterschrift. Wenn das nicht gut gelaufen ist – allerdings nicht für die Opfer. Staat und Kirche arbeiteten Hand in Hand, um gemeinsam die ehemaligen Heimkinder über den Runden Tisch zu ziehen. Hat doch gut geklappt. [1] http://hpd.de/artikel/10810?nopaging=1 [2] https://dierkschaefer.wordpress.com/2009/04/05/anhorung-runder-tisch-2-april-2009/ mit weiterführenden Links [3] https://dierkschaefer.wordpress.com/2011/01/31/der-runde-tisch-heimkinder-und-der-erfolg-der-politikerin-dr-antje-vollmer/ Beschlagwortet mit TAGS/LABELS: Antje Vollmer, Ehemalige Heimkinder, Fonds für Opfer, Rechtsnachfolger, . |
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“Amtsblätter” sind in der Regel regionale Käseblätter und ich glaube kaum, dass Ehemalige eine besondere Abneigung gegen diese Blättchen haben. Da hätten Anzeigen über den Fonds regelmäßig erscheinen können und sollen. Zumal solche Anzeigen ebenso gratis sind, wie die Blätter selbst, die so ziemlich alle Haushalte erreichen. 3 x darf man raten, warum dies nicht geschehen ist… Sinnvoll wäre auch eine regelmäßig alle 3 oder 4 Monate wiederholte Bekanntmachung in großen Anzeigen in überregionalen Zeitungen und Illustrierten wie FAZ, (meinetwegen auch) BILD, SZ, Spiegel, Stern etc. gewesen. Hier reicht 1 maliges Raten… . |
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Im Übrigen stimme ich mit so ziemlich jedem Wort Dierk Schäfers überein: ● A. Vollmer ist die ideale Besetzung für den Runden Tisch [Heimerziehung] gewesen ● Es ist gelungen, die Ehemaligen auf geradezu wundervolle Weise über den Tisch zu ziehen ● Die Kosten für Bund, Länder und Kirchen sind gerade zu lächerlich ● Große Gruppen Ehemaliger sind weiterhin außen vor – das dient der Kostenreduzierung ● In der Öffentlichkeit wird stets mit freundlichem Nicken auf den [ RTH ] verwiesen ● Mit Befristung des Fonds, Ausklammerung von Behinderten und Psychiatrisierten, Kinderarbeit unter 14 Jahren und insgesamt Ausschluss all derjenigen, die nach 1975 im Heim waren, ist es gelungen, die Beteiligung am Fonds auf 2 - 4 % zu reduzieren. Und die Sektkorken knallen! . |
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30.11.2012 16:47:55 Bahn-Chef Rüdiger Grube hat ehemalige Zwangsarbeiter bei der DDR-Reichsbahn um Entschuldigung gebeten. Es sei offensichtlich, dass Unrecht geschehen sei, sagte Grube am Samstag 29. November 2014 bei einem Treffen mit Vertretern der Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG). Dafür bitte er im Namen der Deutschen Bahn AG um Entschuldigung - unabhängig davon, wer juristisch Nachfolger der Reichsbahn sei. YouTube Video @ https://www.youtube.com/watch?v=sDaYEyZOlQc ( Länge: 46 Sek. )
QUELLE: http://www.are-org.de/are/files/UOKG-PM%20vom%2029.11.2014%20-%20Bahnchef%20Grube%20bi.pdf . |
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Bahn-Chef entschuldigt sich bei DDR-Zwangsarbeitern Agence France-Presse (AFP) 29.11.2014 [ Foto ] Die Deutsche Bahn stellt sich der Vergangenheit der DDR-Reichsbahn: Konzernchef Rüdiger Grube hat ehemalige Zwangsarbeiter bei einem Treffen mit Opfervertretern in Berlin um Entschuldigung gebeten. Die Opfer litten auch heute noch unter den Folgen der Zwangsarbeit, erklärte der Bundesvorsitzende der Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG), Rainer Wagner. Es sei offensichtlich, dass Unrecht geschehen sei, sagte Grube. Dafür bitte er im Namen der Deutschen Bahn AG um Entschuldigung - unabhängig davon, wer juristisch Nachfolger der Reichsbahn sei. Der UOKG-Bundesvorsitzende Wagner erinnerte an die bis heute andauernden Schäden, die politische Häftlinge beim Gleisbau, in den Ausbesserungswerken der Reichsbahn und bei der Gleismontage erlitten. "Es ist an der Zeit, dass die deutsche Öffentlichkeit diese schweren Verletzungen der Menschenrechte zur Kenntnis nimmt", erklärte Wagner. Wer als politischer Häftling zu Unrecht verurteilt worden sei, habe auch zu Unrecht Häftlingsarbeit leisten müssen. Mittelfristig müsse über einen Härtefonds oder andere materielle Entschädigungen nachgedacht werden, forderte Wagner. Kurzfristig müssten Firmen die weitere Aufarbeitung der Zwangsarbeit in der DDR gewährleisten. Laut Grube gab die Bahn im September bei der Gesellschaft für Unternehmensgeschichte eine Studie in Auftrag, die die Ausbeutung von DDR-Strafgefangenen aufarbeiten soll. Sie solle das "weitgehend unbekannte Kapitel aus der Geschichte der Reichsbahn" durchleuchten, sagte der Bahn-Chef. "Wir sind es denen, die aus politischen Gründen ins Gefängnis mussten, schuldig, dass wir das geschehene Unrecht aufarbeiten." Grube zufolge sollen in der Studie die Leidtragenden der Gefängnisarbeit für die Deutsche Reichsbahn zu Wort kommen. "Wir sind auf Berichte von Zeitzeugen schlichtweg angewiesen, um ein fundiertes detailgetreues Dokumentationswerk erstellen zu können", sagte er. Die Studie soll Ende 2015 abgeschlossen sein und dann vorgestellt werden. Im Juni war eine Studie der UOKG zum Schluss gekommen, dass in der DDR fast alle Wirtschaftszweige von Zwangsarbeit durch Häftlinge profitierten. Demnach leisteten zwischen 1951 und 1989 jährlich mehr als 1200 Häftlinge Zwangsarbeit bei der Deutschen Reichsbahn. Die Deutsche Bahn AG ist aus der Zusammenführung der Reichsbahn und der Bundesbahn entstanden. Das ARD-Magazin "Report Mainz" hatte im Mai berichtet, politische Gefangene seien in der DDR insbesondere zu Arbeiten beim Gleisbau, bei der Demontage alter Gleise und der Verschrottung von Waggons gezwungen worden. Die Reichsbahn habe regelmäßig Kontingente von Zwangsarbeitern gestellt bekommen. . |
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Frankfurter Allgemeine @ http://www.faz.net/aktuell/rhein-main/misshandelte-heimkinder-der-zeitgeist-ist-eine-schlechte-entschuldigung-13328032-p2.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2 MISSHANDELTE HEIMKINDER Der Zeitgeist ist eine schlechte Entschuldigung Heinz-Norbert Schäfer lebte mehr als 20 Jahre lang im Heim. Er bekam Schläge und wurde gedemütigt. Jetzt bekommt er eine kleine Hilfsleistung. Das ist zu wenig, findet er – nicht nur des Geldes wegen. 25.12.2014, von Denise Peikert Das Kinderheim [ der Diakonie ] lag auf einer kleinen Anhöhe in der Nähe von Schwalmstadt in Mittelhessen. Malerisch eigentlich. Aber wenn sich die Kinder vor den gemeinsamen Mahlzeiten in einer langen Reihe aufstellen mussten, mit gekämmten Haaren, sauberen Händen und geordneter Kleidung, dann hörten sie die Schreie aus dem hintersten Schlafraum des Flures, dem „Bettnässerschlafraum“. Der Erzieher ließ dafür extra die Tür offen, wenn er zuschlug, mit einem seiner Pantoffeln aus Gummi. Heinz-Norbert Schäfer, bei seinem Einzug ins Johannes-Falk-Haus des Heimes im Dezember 1956 gerade elf Jahre alt geworden, konnte dann immer noch Tage später beim Duschen den Abdruck des Profils auf der nackten Haut desjenigen sehen, den es getroffen hatte. Die „Heil-, Pflege- und Erziehungsanstalten Hephata“, wie das Kinderheim seinerzeit hieß, war das zweitgrößte, das es damals gab im Westen Deutschlands. 2000 Menschen lebten dort. Eine Institution zur „Abfertigung und Verwahrung im Kollektiv“, nennt es Schäfer, 69 Jahre alt, Frankfurter von Geburt an und heute wieder. Er erzählt seine Geschichte ohne Regung. Schnell und konzentriert handelt er die Punkte ab: die Prügelstrafen, bei denen er und die anderen nicht wussten, warum sie einen trafen. Das „Strafbohnern“ mit den fünf Kilogramm schweren Eisenbohnern bis zehn Uhr abends. Die Zwangsarbeit auf den Feldern um die Stadt. Nur als es um die Selbstmorde seiner Kameraden geht, muss er ein paar Tränen verschlucken. Hilfsfonds mit 120 Millionen Euro Es dauerte lange, so lange, bis schon eine zwei vorn an der Jahreszahl stand, bis über die Umstände diskutiert wurde, unter denen Kinder von 1949 an in Westdeutschlands Heimen leben mussten. Dann gab es Petitionen im Bundestag, ein Runder Tisch [Heimerziehung] wurde eingesetzt, er sollte das „System Heimerziehung“ aufklären. Am Ende empfahl das Gremium einen Hilfsfonds, 120 Millionen Euro zahlten Bund, Länder und Kirchen ein, die einstigen Träger der Heime also. Noch bis Ende dieses Jahres können Heimkinder Leistungen aus dem Fonds beantragen. Er wird nicht reichen, das wissen sie schon im Bundessozialministerium und wollen ihn aufstocken. Aber den ehemaligen Heimkindern reicht der Fonds auch aus anderen Gründen nicht. Schäfer hat schon lange seinen Anteil beantragt. Insgesamt haben sich aus der ehemaligen Bundesrepublik bisher mehr als 10.000 ehemalige Heimkinder an den Fonds gewandt, die Heimerziehung in der DDR wird an anderer Stelle verwaltet. 1200 Frauen und Männer aus Hessen haben sich gemeldet, rund 9,6 Millionen Euro sind an sie ausgezahlt worden. Ihnen werden nötige Psychotherapien bezahlt und für jeden Monat, den sie in den Heimen gearbeitet haben, ohne dass Sozialleistungen abgeführt worden sind, bekommen sie 300 Euro. Durchschnittlich haben die Heimkinder je 8600 Euro für materielle Hilfen bekommen und 7200 an Rentenersatzleistungen. Schäfer hat 10.000 Euro materielle Hilfen ausgezahlt bekommen, den maximalen Betrag, den ein einzelner Betroffener bekommen kann. Noch einmal 12.300 Euro gingen ihm für damals nicht abgeführte Sozialleistungen zu. Entschädigung wäre das falsche Wort 22.300 Euro, brutto, für mehr als zwanzig Jahre im Heim. Eine Hilfeleistung ist das, keine Entschädigung, so sehen das die Verantwortlichen des Fonds, und so sieht das Helfried Gareis. Er leitet die Selbsthilfegruppe ehemaliger Heimkinder in Frankfurt. Erst jetzt, da viele der Betroffenen in Ruhestand gehen, brechen die Erinnerungen an ihre Kindheit in den Heimen wieder auf. „Die gehen in Rente und haben ein Loch vor sich und ein Loch hinter sich“, sagt Gareis, wobei das noch der glücklichste aller möglichen Fälle sei. Viele ehemalige Heimkinder waren ohnehin den Großteil ihres Lebens arbeitslos, manche wurden drogenabhängig, einige straffällig. Ein Bruder von Heinz-Norbert Schäfer, der wie er selbst wenige Monate nach der Geburt in ein Säuglingsheim kam, hat seit rund 20 Jahren einen gesetzlichen Betreuer. „Er hat das nicht überlebt“, sagt Schäfer, obwohl sein Bruder nicht tot ist. „Das war ein schönes Leben, ich kann mich nicht beklagen“, sagt Schäfer über seine eigene Zeit nach dem Heim. Im November 1945 ist er unehelich in Frankfurt geboren worden, seine Mutter konnte sich nicht um ihn kümmern. Schäfer kam ins Heim, war lange in Bayern, und dann zehn Jahre in Hephata bei Schwalmstadt. Kurz bevor er nach zwanzig Jahren und einem halben aus der staatlichen Obhut entlassen wurde, konnte er noch eine Schuhmacherausbildung machen. Danach stellte ihn ein großes Kaufhaus in Frankfurt ein, er stieg zur Führungskraft auf, heiratete und bekam zwei Kinder. Seit ein paar Jahren ist er Rentner, fährt Mountainbike und arbeitet als Trainer in einem Boxstudio in Rödelheim. Kürzlich hat er vom Jugendamt die offiziellen Unterlagen seiner zwei Jahrzehnte langen Heimkarriere bekommen. Darunter sind zwei psychologische Gutachten, die ihm eine geistige Behinderung diagnostizieren. Das brachte dem Träger seiner Heime, im Falle von Hephata war das die Diakonie, „[ pro Woche ] eine Mark mehr“ für seine Unterbringung. Staatliche Aufarbeitung sei noch nicht abgeschlossen Obwohl es die Arbeitsgruppe gab, in der Vertreter von Bund, Land und Kirchen sowie drei Betroffene fast ein Jahr lang über die Zustände in den Heimen zwischen 1949 und 1975 debattierten, ist die „Quelle des Systems“ noch immer nicht erforscht. So sieht das Gareis, der selbst Heimkind war und heute versucht, in Archiven so viel wie möglich über die Zeit herauszufinden. Er kritisiert, dass sich der Staat vor der Verantwortung drücke. „Der Runde Tisch [Heimerziehung] hätte die administrative Verantwortung für das Leid anerkennen müssen“, sagt Gareis. Der Zeitgeist, auf den in der Diskussion immer wieder einmal verwiesen worden ist und mit dem beispielsweise die Prügelstrafen gerechtfertigt wurden, hält Gareis für „eine ganz schlechte Entschuldigung“. Obendrein sei die Prügelstrafe in Hessen und in Nordrhein-Westfalen schon Anfang der fünfziger Jahre verboten worden. Der Abschlussbericht des Gremiums ist 67 Seiten lang, er stellt die Situation in verschiedenen Heimen dar. Für Gareis ist das „keine erschöpfende Aufarbeitung, sondern nur eine Erklärung“. Besonders stört er sich an einem Satz auf Seite 31: „Ein ,Unrechtssystem‘ war es nach Bewertung des Runden Tisches jedoch nicht.“ Gareis findet das angesichts von staatlichen und kirchlichen Vorgaben aus der Zeit, wie Kinder in Heimen zu erziehen seien, ein Versäumnis. Er erklärt es sich aber so: „Wenn der Runde Tisch [Heimerziehung] die administrative Verantwortung anerkannt hätte, dann hätte es eine Welle an Zivilklagen gegeben“. Das hessische Sozialministerium verweist darauf, dass der Abschlussbericht die „Verantwortung der Einrichtungen und Aufsichtsbehörden in übergreifendem Sinne“ darstelle. Jedoch ist man auch dort der Meinung, dass die Verhältnisse kaum vollumfänglich erfasst worden sind. Dies sei aber auch gar nicht möglich gewesen. „Dies muss weiteren Forschungsarbeiten überlassen bleiben“, sagt eine Sprecherin. Das Ministerium verweist auf eine Dokumentation und eine Wanderausstellung zu dem Thema, die der Landeswohlfahrtsverband Hessen zu dem Thema erarbeitet hat. Schäfer hat angefangen, seine Erinnerungen aufzuschreiben. Er ist ein bisschen erstaunt darüber, wie er es geschafft hat, ein normaler Mensch zu werden – mit all dem Hass und dem Willen zur Unterdrückung, mit dem er und die anderen behandelt worden sind. Wie er nicht völlig paranoid werden konnte, obwohl er als kleiner Junge zur Strafe in den dunklen Keller gehen musste, um dort die Kartoffeln zu „entkeimen“. Und obwohl der 6.Dezember für ihn und die anderen immer ein Tag der Angst war, weil der Nikolaus allzu oft eben nicht zu dem Säckchen mit den Plätzchen griff, sondern zur Rute. Seitdem Schäfer seine Akten vom Jugendamt hat, staunt er noch mehr: Wie die Erzieher über ihn geurteilt haben, sogar die, denen er ein bisschen vertraute. Er glaubt, dass er seine Kindheit und Jugend so gut überstanden hat, weil er von der Natur ein Talent bekommen habe: „Ich bin schnell und wendig und habe viel Kraft.“ Der Heimleiter in Hephata bei Schwalmstadt war ein ehemaliger Boxer. In der Einrichtung, so erzählt der Frankfurter das, herrschte Faustrecht. „Ich wusste nur eins: Ich muss überleben.“ QUELLE: F.A.Z. . |
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„Er hat das nicht überlebt“, sagt er, obwohl sein Bruder nicht tot ist. Die Unfähigkeit zu trauern haben wir nicht noch nicht überwunden. Das "Entschuldigungsgestammel", ein Begriff von Helmut Jacob, ist nur die Camouflage dieser Unfähigkeit. In der Heimkinderfrage finden wir die Unfähigkeit auf beiden Seiten[1]. Doch die ehemaligen Heimkinder sind exkulpiert, denn die einen können in ihrer Empörung, die anderen in ihrer Scham keinen Trauermodus finden. Die Täterseite hingegen könnte, wenn sie wollte. Dafür bedarf es jedoch mehr als bloße Rituale, auch mehr, als die Beauftragung wissenschaftlicher Untersuchungen – denn die Opfer leben noch. in wenigen Tagen endet die Frist für einen Teil der Opfer auf Antragstellung für Hilfeleistungen mit entwürdigenden Prozedere. Die Verbrechen sind nicht einfach gleichzusetzen. Den Begriff der "Unfähigkeit zu trauern" hat Alexander Mitscherlich geprägt – und ein paar Parallelen gibt es doch: »Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges beauftragten ihn 1946 die Ärztekammern der drei Westzonen mit der Leitung einer Kommission zur Beobachtung der „NS-Ärzteprozesse“ in Nürnberg. Er bekam den Auftrag, „alles zu tun, um den Begriff der "Kollektivschuld" von der Ärzteschaft in der Presse und in der Öffentlichkeit abzuwenden“. Der Kommission gehörten neben Mitscherlich noch fünf weitere Personen, darunter Alice von Platen-Hallermund und sein Mitarbeiter Fred Mielke (1922-1959), an. Im März 1947 erschien die Prozess-Dokumentation Diktat der Menschenverachtung: Der Nürnberger Ärzteprozeß und seine Quellen in einer Auflage von 25.000 Exemplaren. In der Mitscherlich allerdings, erschüttert von den Grausamkeiten, von denen er in den Prozessen erfahren hatte, über die Verbrechen deutscher Mediziner in den Konzentrationslagern berichtete. Der ursprüngliche Plan, einen Bericht in Deutsche Medizinische Wochenschrift (DMW) zu veröffentlichen, war an der Ablehnung der Redaktion gescheitert. Die Broschüre Diktat der Menschenverachtung: Der Nürnberger Ärzteprozeß und seine Quellen wurde in der DMW und anderen Ärzteblättern nicht erwähnt. Auch in der sonstigen Presse fand die Broschüre fast keine Erwähnung. 1949 erschien das Buch Wissenschaft ohne Menschlichkeit: Medizinische und Eugenische Irrwege unter Diktatur, Bürokratie und Krieg über die NS-Ärzteprozesse, in einer Auflage von 10.000 Exemplaren. „1960 erinnert sich Mitscherlich: ‚[…] Nahezu nirgends wurde das Buch bekannt, […] Es war und blieb ein Rätsel – als ob das Buch nie erschienen wäre.‘ Über das Schicksal des Buches herrscht bis heute Unklarheit. Mitscherlich vermutete, es sei von den Ärztekammern […] ‚in toto aufgekauft‘, denn alle Exemplare seien ‚kurz nach dem Erscheinen aus den Buchläden‘ verschwunden“. „Alexander Mitscherlich war seitdem freilich aus den medizinischen Fakultäten Deutschlands ausgegrenzt; […] er [wurde] nie an eine medizinische Fakultät berufen. Als er berufen wurde, war es die Philosophische Fakultät der Frankfurter Universität“. 1960 erschien die Prozess-Dokumentation aus dem Jahr 1949 mit dem Titel Medizin ohne Menschlichkeit erneut. Von dieser wurden bis 1996 119.000 Exemplare gedruckt, welche große Resonanz fanden. Im Buch sprach Mitscherlich von 350 Medizinverbrechern unter 90.000 Medizinern im Reich. Um seine Erschütterung auch philosophisch zu verarbeiten, brauchte er 20 Jahre, bis er zusammen mit seiner Frau Margarete 1967 Die Unfähigkeit zu trauern veröffentlichte.«[2] [1] http://www.faz.net/aktuell/rhein-main/misshandelte-heimkinder-der-zeitgeist-ist-eine-schlechte-entschuldigung-13328032.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2 [2] https://de.wikipedia.org/wiki/Alexander_Mitscherlich Beschlagwortet mit TAGS/LABELS: Alexander Mitscherlich, Entschuldigungsgestammel, Heimkinder, Rituale, Schuld, Trauer, Schuld, Trauerprozess . |
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SHORT LIST: Firms profiting and profiteering from the "forced labour of children in care" ( Firmen die von „Heimkinder-Zwangsarbeit“ profitiert und sich auf diese Weise bereichert haben ) : CARITAS; Hella; Claas; Miele; Rowenta Sunbeam; Braun; Grundig; Siemens; Recticel Schalfkomfort, Schlaraffia Matratzen; GROßWÄSCHEREI VOSS GMBH in WUPPERTAL Elberfeld; Leitz; Quelle; Schwab; Neckermann; Stollwerck; BKS Schlösser; nordrohr; Oellerking; Mewes & v. Eitzen; Kölln Flocken; Holzland Gehlsen; Steinbeis Temming, Steinbeis Papier Glückstadt; Meyer-Lippinghausen, Meylip; Ölmühle; Osram GmbH; VDO - Continental Automotive GmbH; DER - Deutsches Reisebüro GmbH & Co. OHG; Tipon; Wanderer-Werke, Exacta Continental, Nixdorf Computer; Maddaus, Rottapharmgruppe; Gebra; Backhaus & Grass; Grasolin-Lackfabrik; Escho-Plast Kunstofferzeugnisse; Roller + Schneider in Biedenkopf; Lahnwerk in Biedenkopf; Varta Consumer Batteries, VARTA Batteriengroßhandel; DEA, RWE-DEA, RWE Dea, Shell Deutschland Oil GmbH; elasta & florex marketing GmbH; Sprick GmbH & Co; Dr.-Ries-Gruppe / BADISCHEN PLASTIC-WERKE IN BÖTZINGEN / Peguform-Werke GmbH / Pergaform / Tarkett / CEREBUS; Dr. Johann Koch Hähnchenfabrik, Dorsten; SOLID Rudolf Meutgens GmbH, Köln, Schreibgeräte; NIVEA = Beiersdorf AG [ ein paar weitere sind seither noch hinzugekommen – aber noch nicht dieser schon seit längerer Zeit bestehenden Liste hinzugefügt worden ] . |
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Helmut Jacob sagte, am 19. Dezember 2014 um 23:12 Uhr [MEZ] [ @ https://dierkschaefer.wordpress.com/2014/12/18/gut-gemeint-schlecht-gelaufen/#comment-6423 ] Ich muss meine Feststellungen wohl singen, damit sie endlich durchdringen: Viele ehemalige Heimkinder verfügen aufgrund größter Armut weder über einen PC noch über einen Internetanschluss. Darum ist der ständige Verweis auf irgendeine dusselige Homepage völliger Blödsinn. Auch der Verweis auf irgendwelche Anzeigen, dazu auf solche, die eh kein Mensch liest, ist eher Quatsch. 1. Hätte der Hinweis auf die Meldefrist schon Anfang bis Mitte des Jahres geschehen müssen! 2. Hätte man andere Möglichkeiten der Informationsübertragung einschalten müssen (Werbespots in Rundfunk und Fernsehen, etc.). 3. Hätte man sich Rundfunk und Fernsehen ins Boot holen müssen, darauf hinweisen müssen, dass man in der Informationspflicht gegenüber den Opfern völlig versagt hat und deshalb die Hilfe der Sender braucht, um das damit verbundene Manko der viel zu geringen Information der Opfer halbwegs auszugleichen. 4. Hätte schon der [ »Runde Tisch Heimerziehung« ] RTH die Anstalten verdonnern müssen, ihre Opfer zu informieren. 5. Hätte der RTH die Kellerüberflutungen oder Verbrennungen der Akten schon zu Beginn der Arbeit, nötigenfalls mit juristischen Maßnahmen (Beschlagnahmung der Akten) stoppen müssen, um Adressen der Opfer zu retten. 6. Hätten für Internetnutzer die Sozialen Netzwerke und vorhandene Opferplattformen genutzt werden können, um auf diese Fristen hinzuweisen. Ich habe von [Heimkinder-Ombudsmann, Prof. Dr. Peter] Schruth keinen Brief erhalten! Es drängt sich mir das Gefühl auf, dass sich so wenig Opfer gemeldet haben, dass aus der Statistik ein Disaster herauszulesen [ sein ] wird. 4 oder 5%, aber auch 10% sind eine Niederlage für die Ziele des RTH. Heidi Dettinger hat bereits bestätigt [ u.a. auch zu lesen @ http://heimkinder-forum.de/v4x/index.php/Thread/17722-Heimkinder-Demo-Behinderten-Demo-in-Köln-Sa-20-12-2014/?postID=448555&highlight=K%25C3%25A4sebl%25C3%25A4tter#post448555 ], dass die Kurzanalyse von Dierk Schäfer [ @ https://dierkschaefer.wordpress.com/2014/12/18/gut-gemeint-schlecht-gelaufen/#comments[/url] ] völlig zutrifft. Darum kann ich mir diese Bestätigung ersparen. . |
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die kinderheime waren grausame verwahranstalten |
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19. Juli 2013, um 15:52 Uhr LESERKOMMENTAR von dem Australier Martin MITCHELL, Ehemaliges Heimkind ( Jg. 1946 ), seinerseits getätigt bei DORSTEN-Transparent.de @ http://www.dorsten-transparent.de/2013/03/der-kreskenhof-in-holsterhausen-romerlager-%E2%80%93-fischereihof-%E2%80%93-ausgewanderte-familie-kresken-%E2%80%93-keramitwerk-%E2%80%93-landeserziehungsheim-%E2%80%93-moderne-wohnsiedlung/ ( am 19. Juli 2013 ) [ ein LESERKOMMENTAR zu einem längeren kürzlich dort veröffentlichten diesbezüglichen Artikel ]: Das Landeserziehungsheim "KRESKENHOF" in Dorsten-Holsterhausen, im Verantwortungsbereich des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe in Münster [LWL], wurde 1965 in Betrieb genommen. Der unter den vielen, vielen verschiedenen von den damals dort festgehaltenen Jugendlichen verrichteten gewinnbringenden und gewinnmaximierenden Produktionsarbeiten und Herstellungsaktivitäten – ALLES UNENTLOHNTE ZWANGSARBEIT IN DER PRODUKTION VON VERBRAUCHSGÜTERN UND LEBENSMITTELN ! – mussten u.a. damals dort im "KRESKENHOF" auch massenhaft und im Akkord Holzpaletten für MONIER BRAAS GmbH in Oberursel/Taunus ( „BRAAS - Dachziegel- und Eternitplatten-Herstellung und -Verwertung“ ) gefertigt werden und, ohne Atemschutz, asbesthaltige Eternitplatten hantiert und zurechtgeschnitten werden --- und dies auch noch Mitte bis Ende der 1970 Jahre ! . |
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DER DIREKTOR DES LANDSCHAFTSVERBANDES RHEINLAND Landesjugendamt Köln-Deutz, Landeshaus Constantinstr. 2 den 20.2.1962 Fernruf: Zentrale 8991 Bearbeiter unmittelbar: 899 573 Hei. Fernschreiber: 8 873 335 Zeichen: 41.0 - 437 -12/33- An die mit schulentlassenen Minderjährigen der öffentlichen Erziehung belegten Heime im Bereich des Landschaftsverbandes Rheinland Betr.: Verwendung und Verrechnung des Arbeitsverdienstes oder der Erziehungsbeihilfe (Lehrlingsvergütung) der Minderjährigen der öffentlichen Erziehung die in Heimen oder Fremdfamilien untergebracht sind Nachstehende Regelung gilt mit Wirkung vom 1.4.1962 für diejenigen Minderjährigen der öffentlichen Erziehung, die - von einem Heim aus ohne Leitung eines Erziehers in einer außerhalb des Heimbereichs gelegenen Arbeitsstelle (Lehrstelle) mit Ziel einer auf die Dauer angelegten Beschäftigung tätig sind - gegen Pflegegeld in einer Fremdfamilie untergebracht sind und von da aus eine Arbeitstelle oder Lehrstelle besuchen. 1) Minderjährigen, die einen monatlichen Netto-Arbeitsverdienst oder als Lehrling eine Erziehungshilfe bis DM 140,-- beziehen, wird ein Freibetrag belassen in Höhe der aus der Anlage ersichtlichen Sätze für a) ein Taschengeld zur Bestreitung kleinerer persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens, b) Instandhaltung und kleinere Ergänzungen der Bekleidung, c) Fahrgeld von und zur Berufsschule oder Arbeitsstelle. d) Lernmittel. Für Mütter in öffentlicher Erziehung kommt als Sonderbetrag der unter e) in der Anlage genannte Anteil vom Lohn oder der Lehrlingsvergütung hinzu. 2) Liegt der Arbeitsverdienst oder die Erziehungsbeihilfe unter der Summe der Beträge von a) bis e) der Anlage, so ist der ungedeckte Betrag dem Landesjugendamt in Rechnung zu stellen. 3) Übersteigt das Nettoeinkommen des Minderjährigen den Betrag von DM 140,--, so wird a) bei einem Verdienst bis zu DM 200,-- die Hälfte des übersteigenden Betrages dem Minderjährigen zusätzlich zu dem Freibetrag nach Ziff. 1) belassen; die andere Hälfte wird zusätzlich auf die Unterbringungskosten verrechnet, b) bei einem Verdienst von über DM 200,-- - vorab ein Freibetrag gemäß Ziff. 1) belassen, von der Einnahme zwischen diesem Betrag und DM 140,-- die Hälfte dem Minderjährigen belassen; die andere Hälfte auf die Unterbringungskosten verrechnet, - von dem weiteren die DM 200,-- Grenze übersteigenden Einkommen bis zur Deckung der vollen Unterbringungskosten 2/3 verrechnet und 1/3 dem Minderjährigen belassen. 4) Die vereinnahmten Beträge werden bei der Heranziehung der Unterhaltenspflichtigen zu den Kosten der öffentlichen Erziehung zugunsten des Zahlungspflichtigen berücksichtigt. 5) Die mit einzelnen Heimen auf Widerruf getroffenen Einzelregelungen werden mit dieser Verfügung aufgehoben. 6) Für die in der Meisterfamlie wohnenden Lehrlinge ergeht eine besondere Regelung. 7) Die bisherigen Einzelregelungen über die Verrechnung des Arbeitsverdienstes oder der Erziehungshilfe (Lehrlingsvergütung) treten mit Wirksamwerden dieser Regelung außer Kraft. In Vertretung [ Landesrat ] Dr. [ Karl-Wilhelm ] Jans Anlage zu dem Rundschreiben vom 20.2.1962 41.0 - 437 -12/33- Betr.: Verwendung und Verrechnung des Arbeitsverdienstes oder der Erziehungsbeihilfe (Lehrlingsvergütung) der Minderjährigen der öffentlichen Erziehung die in Heimen oder Fremdfamilien untergebracht sind 1) Für Minderjährige der öffentlichen Erziehung, die von einem Heim oder einer Fremdfamilie aus in Arbeits- oder Lehrstellen tätig sind, werden neben den für diese Minderjährigen jeweils gültigen Pflegesätzen folgende Beträge gezahlt für a) Taschengeld: 1. Lehrjahr bzw. für Jugendliche bis zu 16 Jahren … DM 15,-- 2. Lehrjahr bzw. für Jugendliche bis zu 18 Jahren … DM 22,-- 3. Lehrjahr bzw. für Jugendliche über 18 Jahren ……DM 30,-- monatlich b) Instandhaltung und kleinere Ergänzungen der Bekleidung 25,-- DM monatlich; sofern Schuhreparaturen aus dem Pflegesatz oder als Nebenkosten gezahlt werden, 15,-- DM [ monatlich ] c) Fahrgeld von und zur Berufsschule bzw. Arbeitsstelle in tatsächlich entstehender Höhe, d) Lernmittel 5,--- DM monatlich, e) Müttern in öffentlicher Erziehung wird vorweg aus ihrem Verdienst oder der Lehrlingsvergütung ein Betrag von DM 20,-- monatlich belassen. 2) Der für diese Minderjährigen gezahlte Heim-Pflegesatz ermäßigt sich a) wenn der Jugendliche in der Arbeits- oder Lehrstelle volle Beköstigung erhält, um täglich 2,40 DM, b) bei nur teilweiser Beköstigung in der Arbeits- oder Lehrstelle für 2. Frühstück um …… DM 0,30 Mittagessen …………… DM 1,-- Nachmittagskaffee … DM 0,20 Abendessen …………… DM 0,60 c) Wird dem in einer Fremdfamilie untergebrachten Minderjährigen in seiner Arbeits- oder Lehrstelle Verpflegung gegen Bezahlung gewährt, so ist dies aus dem Pflegegeld zu bestreiten. . |
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[ in dem von Dierk Schäfer angegebenen und von ihm designierten Thread-Thema »Der amtliche Umgang mit den von Armut Betroffenen« ] Dem Beitrag des Herrn Martin Mitchell, Australien, bezüglich der Einbehaltung von Arbeits- bzw. Lehrlingsgeldern kann ich mit ruhigen Gewissen bezeugen! Ich selbst habe noch in der Zeit 1966 bis 1968 im Evangelischen Johannesstift in Berlin-Spandau von meinem Lehrlingsgeld bis auf den amtlichen Taschengeldsatz nichts davon zu sehen bekommen. Der damalige Taschengeldsatz im Evangelischen Johannesstift betrug 25 DM. Erst durch diesen Hinweis wurde mir deutlich, dass ich während dieser Zeit durch Einbehaltung/ Einzug meiner Lehrvergütung meine Unterbringungskosten selbst zahlen musste. Lehrlingsgelder und Arbeitseinkommen wurden während dieser Zeit immer noch vom Arbeitgeber bzw. ausbildenden Betrieb direkt an die Heimeinrichtung gezahlt oder überwiesen, sodass ich als damaliger Lehrling dieses Geld erst garnicht in die Hände bekam. Das Heranführen zur Eigenverantwortung mit diesem Geld gab es im Ev. Johannesstift in Berlin-Spandau nicht. [ und auch in anderen 'Heimen' nicht! – M.M. ] Ich will damit sagen, dass es nicht nur in den alten Bundesländern so gewesen war, sondern auch im damaligen Berlin-West. Wie hoch meine damalige Lehrlingsvergütung gewesen war kann ich heute nicht mehr mit an Sicherheit grenzender Genauigkeit sagen, aber es muss so um die 400 DM monatlich gewesen sein. Ich belegte damals eine Lehre zum Elektriker. Meine Erkenntnis aus diesem Vorgang bezeugt mir erneut, dass [ es ] nur durch derartige Machenschaften seitens der Behörden wie Jugend- und Sozialämter möglich gewesen war uns ehemalige Kinder und Jugendliche von einer Einrichtung in die nächste verschleppen zu können. Und wir ehemalige Heimkinder hatten derartiges durch unser selbst verdientes Geld den Behörden und Einrichtungen ermöglicht. Alles Geld was ein damaliges Mündel welches sich unter der Fuchtel eines Jugendamts [ befand ] oder [ unter ] Amtsvormundschaft stand wurde rücksichtslos von diesen für Heimkosten mit herangezogen! Auch [ für ] zweckgebundene Rücklagen. Skrupel kannten diese Behörden und Einrichtungen nicht. Warum also sollen wir ehemalige Heimkinder Skrupel gegenüber den Behörden heute aufbringen? Welche Berechtigung gibt es seitens dieser Behörden und Einrichtungen derartiges von uns ehemalige Heimkinder einzufordern? Spricht man diese Behörden nebst Einrichtungen auf jene Machenschaften an, so erhält man heute immer noch ein Achselzucken und die Aussage “Es war eben so damals gewesen!” und damit hat sich die Sache für diese Leute [ erledigt ]. Kein Bedauern oder Entschuldigen dafür, sondern nur ein leeres Kopf nickendes Lippenbekenntnis wie überall öffentlich bekannt. Berücksichtigt man die zuvor erfolgte Kinderarbeit sowie das Einbehalten der Lehr- bzw. Arbeitslöhne der ehemaligen Heimkinder, so kommt man zu der Erkenntnis dass die Öffentlichkeit – damit sind Jugendämter, Vormundschaften sowie die staatlichen wie auch kirchlichen Heimeinrichtungen gemeint – ein sehr gutes und gewinnbringendes Geschäft mit dem Leid der Heimkinder gemacht hatten. Und dass in Milliardenhöhe! Und ich wundere mich heute noch wie das sogenannte Wirtschaftswunder der 50er und 60er Jahre an uns ehemalige Heimkinder auf so wundersamer Weise dabei so vorbei gehen konnte? mjf . |
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Projekt Fürsorgeerziehung der 1950er und 60er Jahre Universität Koblenz Dipl. Päd. Melanie Mangold Leitung: Prof. Dr. Christian Schrapper Expertise, November 2010 »Zeitgenössische Positionen des AFET - Allgemeiner Fürsorgeerziehungstag e.V. (bis 1971) und seiner Nachfolger: Arbeitsgemeinschaft für Erziehungshilfe (AFET) sowie AFET - Bundesverband für Erziehungshilfe e.V. zur Heimerziehung im Zeitraum 1945 bis 1970« @ http://www.afet-ev.de/aktuell/AFET_intern/2011/00.AFET-Heimerziehung1950er-60er.pdf ( Umfang: 86 Seiten ) [ Auszüge von Seite 11, Seite 12 und Seite 13, ( bzw. digital Seite 14, Seite 15 und Seite 16 ) Nach der Übernahme der Macht durch die Nationalsozialisten suchte auch der AFET Anschluss an die neuen Ideen und das Gedankengut der Machthaber. Unmittelbar nach der Machtübernahme verfasste ein Ausschuss des AFET die Denkschrift „Die Gestaltung der Fürsorgeerziehung“11, die sich mit durch die politische Umstellung und Veränderungen der Verhältnisse bedingten Fragen zur Durchführung der Fürsorgeerziehung befasste. In dieser Denkschrift war nichts mehr zu spüren von den reformerischen Gedanken Pastor Wolffs von 1931. Man unterstützte die Idee, die Fürsorgeerziehung positiv in die nationalsozialistischen Pläne einzuordnen: „Die Fürsorgeerziehung (FE.) als staatliche Ersatzerziehung hat sich in ihrem Wesen und Charakter nach der Zielsetzung des Führers Adolf Hitler für den nationalsozialistischen Staat und für seine Erziehungsgrundsätze einzufügen.“ (S. 100) Der AFET befürwortete die Differenzierung zwischen Erziehbaren und Unerziehbaren. Für die Verwahrung der Letzteren forderte auch der AFET ein entsprechendes Bewahrungsgesetz. Für die Erziehbaren sollte das Mittel der Unterbringung in Familienerziehung verstärkt in Anspruch genommen werden, um so die Zöglinge wieder in die Volksgemeinschaft einzugliedern; Anstaltserziehung sollte nur erfolgen, soweit die erzieherische Lage des Zöglings dies notwendig mache. Die Erziehung der Zöglinge sollte nach nationalsozialistischen Maßstäben erfolgen; bei den Jungen sollte größter Wert auf körperliche Ertüchtigung gelegt werden und die Liebe zu Volk und Vaterland geweckt werden; bei den Mädchen sollte auf die „Entfaltung echter deutscher Frauenart, Dienst und Opferbereitschaft in Familie und Volk“ geachtet werden. Auch seien in Zukunft die Pflichten und Anforderungen an die Zöglinge wieder mehr hervorzuheben statt der Betonung der Zöglingsrechte. Die Erziehung der Zöglinge sei durch eine durch sorgfältige Auswahl und entsprechender Fachbildung geprägte Erzieherschaft zu leisten. Grundsatz in der Anstaltserziehung sei dabei äußerste Sparsamkeit. Eine Vergütung in Form einer Entlohnung der durch die Zöglinge in der Anstalt geleisteten Arbeit schließe sich dadurch aus; diese Arbeit sei als „gemeinsame Angelegenheit“ zugunsten der Volksgemeinschaft anzusehen. Darüber hinaus empfahl der AFET die Durchführung der Fürsorgeerziehung durch Reichsrichtlinien für die Fürsorgeerziehungsbehörden zu vereinheitlichen, um einer zunehmenden Zersplitterung entgegenzuwirken. Andererseits schaffte es der AFET über Jahre hinweg die von den Machthabern geforderte Anpassung der Organe des AFET an die neuen politischen Verhältnisse hinauszuzögern. Die Frage der organisatorischen Neugestaltung wurde zwar von 1934 bis 1939 immer wieder verhandelt12, zu einer Anpassung kam es jedoch nicht. Mit Kriegsausbruch 1939 verloren die Machthaber das Interesse, den AFET gleichzuschalten, lediglich die Geschäftsstelle musste 1941 von Hannover nach Berlin umziehen. Seine organisatorische Selbständigkeit schaffte der AFET jedoch über die gesamte NS-Zeit hinweg zu erhalten. Wozu ein Blick auf die Gründungsgeschichte des AFET, die Weimarer und die NSZeit? Auftrag dieser Expertise ist es, die Rolle, die Tätigkeit und die Positionen des AFET in der unmittelbaren Nachkriegszeit, den 1950er und 1960er Jahren herauszuarbeiten. Warum ist es dann wichtig, auch einen Blick auf die Gründungsgeschichte des AFET und seine Rolle in der Weimarer und NS-Zeit zu werfen? Reicht es nicht aus, im Jahr 1945 zu beginnen? Nein, es reicht nicht aus. Um die Diskussionsthemen, die Bemühungen und die Positionen des AFET in der unmittelbaren Nachkriegszeit und auch in den Jahren bis etwa 1970 verstehen zu können, ist es erforderlich, diese vor dem Hintergrund der Erfahrungen aus der Gründungszeit des AFET, während des Ersten Weltkriegs, der Weimarer Republik und der NS-Zeit zu untersuchen.13 Sozialrassistische Debatten und Theorien vom Unter- und Übermenschentum, zur Vererbung und Entartung, die bereits in den 1920er Jahren begannen, wurden von den Nationalsozialisten übernommen, weiterentwickelt, radikalisiert und pervertiert. Es erfolgte eine Umdeutung sozialer Auffälligkeiten in genetisch bedingte Krankheiten, um somit eine Eugenik und Rassenhygiene zu rechtfertigen. Die nationalsozialistische Pädagogik war zwiespältig und eindeutig zugleich: sie bedeutete die Zuwendung und Förderung der Erziehbaren sowie die Aussonderung der Unerziehbaren. Fachvertreter schlossen sich mehr oder weniger unkritisch diesen sozialrassistischen Deutungsmustern an, im Versuch einer „Endlösung“ auch der sozialen Frage.14 Der rassenhygienische Rahmen verschwand zwar nach 1945, jedoch nur oberflächlich. Die nach dem Zerfall des Nationalsozialismus weiter andauernden Diskussionen um ein Bewahrungsgesetz und ein Arbeitserziehungsgesetz zeigten ebenso wie die bis in die 1960er Jahre hinein dauernden Debatten zur Unerziehbarkeit eine starke Analogie zum nationalsozialistischen System und deren Idee von Rassenhygiene und Erbbiologie. Schildt spricht von einer „untergründig fortlebenden Virulenz von Denkformen und Überheblichkeit gegenüber Slawen, des Antisemitismus, der Ablehnung der Demokratie und so fort“15. Diese sozialen Ausschließungsprozesse, die sich während des Nationalsozialismus vor allem gegen die Slawen und Juden richteten, wurden nach dem Zerfall des 3. Reiches gegen innergesellschaftliche Gruppen gerichtet. Über moralische Abwertungen wurden Kranke, „Irre“, „Asoziale“, „Krüppel“ oder Schwererziehbare aus der Gesellschaft ausgeschlossen und zum Schutz der Gesellschaft weggesperrt16. Bei drohender oder bereits eingesetzter Verwahrlosung von Kindern und Jugendlichen reagierte man nach dem alten Muster. Man bediente sich den der Jugendhilfe zur Verfügung stehenden gesetzlichen Eingriffsgrundlagen und isolierte die Kinder und Jugendlichen, ob mit oder ohne Einverständnis der Eltern von der übrigen Gesellschaft. Die Diagnose „Verwahrlosung“ wurde dabei von einer Gesellschaft gestellt, deren Bezug zum Nationalsozialismus und dessen Vorstellungen gegenüber abweichendem Verhalten weitgehend affirmativ war. Die Übernahme von Konzepten aus den 1920er Jahren und der NS-Zeit zog sich durch die Jugendhilfe der Nachkriegszeit durch wie ein roter Faden. So wurden sowohl an die Debatte über ein Bewahrungsgesetz, an Konzepte zur Verwahrlosung und Unerziehbarkeit sowie an gängige Termini, an Erziehungsgrundsätze und -methoden aus den 1920er Jahren angeknüpft, ohne sich mit dem rassenpolitischen und erbbiologischen Missbrauch dieser Ideen während der Jahre des Nationalsozialismus kritisch reflektierend auseinanderzusetzen. Das deutsche Psychoanalytikerehepaar Mitscherlich führte diese Beharrungstendenzen auf der Ebene gesellschaftlicher Institutionen und auf der Ebene von Gefühlen und Einstellungen der Nachkriegsgesellschaft auf die Unfähigkeit der Deutschen zurück, Trauerarbeit zu leisten über den Zusammenbruch des Nationalsozialismus und dem damit einhergehenden Verlust ihrer Ideale17. Die Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus blieben unreflektiert oder wurden verdrängt, die nationalsozialistische Terrorherrschaft erschien als „Betriebsunfall“. Eine Restauration der Gesellschaft erfolgte nur oberflächlich, worüber die Konzentration auf den Wiederaufbau und das einsetzende Wirtschaftswunder jedoch hinweg täuschte. Auch der AFET knüpfte nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes im Mai 1945 nicht an die kritischen und reformorientierten Forderungen Wolffs von 1931 an, sondern ordnete sich in die repressiven Traditionen der Debatten über ein Bewahrungsgesetz sowie der Konzepte zur Verwahrlosung und Unerziehbarkeit ein. Versuche einer Vergangenheitsbewältigung oder einer kritischen Reflektion der NS-Zeit sind auch beim AFET nicht erkennbar. Die NSZeit wurde verdrängt und verschwiegen und der AFET knüpfte 1945 - ungeachtet des menschenverachtenden Gebrauchs der sozialrassistischen Deutungsmuster der Nationalsozialisten und ungeachtet der modernen, zukunftsweisenden und reformträchtigen Ideen Wolffs von 1931 – an Ideen und Konzepte repressiver und autoritärer Fürsorgeerziehung der 1920er Jahre an. –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– 11 Denkschrift, Die Gestaltung der Fürsorgeerziehung, 1933; in 100 Jahre AFET 1906-2005, S. 100/101 12 Siehe Geschäftsberichte 1934-1939; in 100 Jahre AFET 1906-2005, S. 105-109 13 Vgl. dazu auch: Christian Schrapper, Sozialpädagogik und Heimerziehung in den 1950er und 1960er Jahren; in: Damberg/Frings/Jähnichen/Kaminsky, Mutter Kirche – Vater Staat?, 2010, S. 108-130 14 Vgl. dazu: Carola Kuhlmann, Soziale Arbeit im nationalsozialistischen Gesellschaftssystem; in: Werner Thole (Hrsg.), Grundriss Soziale Arbeit, 2002, S. 77-96 15 Axel Schildt, Ankunft im Westen ( 1999 ); zitiert nach Arbeitsgruppe Heimreform, Aus der Geschichte lernen: Analyse der Heimreform in Hessen 1968 – 1983 ( 2000 ) 16 Vgl. Arbeitsgruppe Heimreform, Aus der Geschichte lernen: Analyse der Heimreform in Hessen 1968 – 1983 ( 2000 ), S. 43 17 Vgl. Arbeitsgruppe Heimreform, Aus der Geschichte lernen: Analyse der Heimreform in Hessen 1968 – 1983 ( 2000 ), S. 32; vgl. Mitscherlich und Mitscherlich, Die Unfähigkeit zu Trauern, 1977 . |
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Projekt Fürsorgeerziehung der 1950er und 60er Jahre Universität Koblenz Dipl. Päd. Melanie Mangold Leitung: Prof. Dr. Christian Schrapper Expertise, November 2010 »Zeitgenössische Positionen des AFET - Allgemeiner Fürsorgeerziehungstag e.V. (bis 1971) und seiner Nachfolger: Arbeitsgemeinschaft für Erziehungshilfe (AFET) sowie AFET - Bundesverband für Erziehungshilfe e.V. zur Heimerziehung im Zeitraum 1945 bis 1970« @ http://www.afet-ev.de/aktuell/AFET_intern/2011/00.AFET-Heimerziehung1950er-60er.pdf ( Umfang: 86 Seiten ) [ Auszüge von Seite 50, Seite 51 und Seite 52 (bzw. digital Seite 53, Seite 54 und Seite 55 ) ] Arbeitserziehung und Berufsausbildung der Zöglinge in der Fürsorgeerziehung [ präsentiert hier als: ERSTE TEIL VON ZWEI TEILEN ] In den 1950er Jahren gab es in Fachkreisen eine Debatte über die Arbeit und Berufsausbildung der Zöglinge in Erziehungsheimen. Im Hinblick auf diese Diskussion druckte der AFET Beiträge der Direktoren zweier Erziehungsheime ab, die einen exemplarischen Einblick in die aktuelle Situation der Arbeit und Berufsausbildung der Zöglinge in der Fürsorgeerziehung lieferten.115 Im ersten Beitrag stellte Oberin Herrmann, Leiterin des Ev. Mädchenheims Bretten, die Möglichkeiten der Berufsausbildung in ihrem Heim vor: Demnach seien in Bretten eine hauswirtschaftliche sowie eine handwerkliche Ausbildung in einer Schneiderei und einer Gärtnerei möglich. An der handwerklichen Ausbildung bestehe jedoch von Seiten der Mädchen nur wenig Interesse. 23 % aller Mädchen legten eine Hauswerkprüfung ab. Es wurde der Vorwurf gemacht, diese hauswirtschaftliche Ausbildung habe nur einen ideellen Wert und die Mädchen hätten nach ihrer Entlassung aus dem Heim keine weiteren beruflichen Aufstiegschancen. Oberin Hermann merkte dazu an, diese Mädchen hätten durch ihre Ausbildung sehr gute Kenntnisse im hauswirtschaftlichen Bereich erworben, die ihnen im Hinblick auf ihre spätere Rolle als Hausfrau und Mutter sehr wertvoll sein könne. Daher sei diese Ausbildung von enormer volkswirtschaftlicher Bedeutung.116 An diesem Beitrag wird deutlich, dass eine Berufsausbildung für Mädchen 1956 noch fast ausschließlich auf den hauswirtschaftlichen Bereich beschränkt war. Die Mädchen sollten später die Rolle der Ehefrau, Hausfrau und Mutter übernehmen. Daher wurde eine hauswirtschaftliche Ausbildung als sinnvoll und erstrebenswert betrachtet. Einen gewerblichen Beruf zu ergreifen war für Frauen (wieder) die völlige Ausnahme geworden und wurde daher bei der Berufsausbildung in der Heimerziehung nicht berücksichtigt. Es gab zwar seltene Angebote einer Handwerksausbildung, jedoch nutzten auch die Mädchen diese Möglichkeit seltener. Im zweiten Beitrag gab Dr. Schaubert, Leiter des Ev. Jugendheims Rummelsberg, einen Einblick in den Umgang mit der Berufsausbildung der männlichen Zöglinge in seinem Heim: Dort stehe die Erlernung eines Berufes im Mittelpunkt des Erziehungsprogramms, da der Heimaufenthalt für die Jungen durch eine Berufsausbildung einen Sinn erhalte und somit eine positive Einstellung zum Heim und eine aktive Mitarbeit der Jungen aufgebaut werden könne. Schaubert betonte, die Erlernung eines Berufes sei die beste Voraussetzung für die spätere soziale Bewährung der Jungen nach ihrer Entlassung. Im Jugendheim Rummelsberg befanden sich im Jahre 1956 85,1 % der Zöglinge in einem Lehr- bzw. Anlernverhältnis in einer der insgesamt elf Heimwerkstätten. Laut Schaubert wurden dem Jugendheim Rummelsberg von den Jugendämtern besonders gern solche Jugendlichen zugewiesen, die für eine handwerkliche Ausbildung in Frage kommen, da das Heim über elf verschiedene handwerkliche Werkstätten verfügte. Diejenigen Jugendlichen, die nicht für eine Lehrausbildung in Frage kamen, arbeiteten in der heimeigenen Landwirtschaft. Den pädagogischen Wert sah Schaubert darin, dass man die Zöglinge durch die Landarbeit zu einer brauchbaren Arbeitseinstellung erziehen kann. Gleichzeitig diene diese Arbeit auch der Bewährung der Zöglinge: Man erkenne, wenn ein Junge arbeiten könne und wolle und ggf. könne dieser dann auch in ein Ausbildungsverhältnis in eine der Heimwerkstätten vermittelt werden. Anhand der verschiedenen Ausbildungsmöglichkeiten des Jugendheims Rummelsberg (Schlosserei, Flaschnerei, Schreinerei, Baubetrieb, Malerwerkstatt, Schneiderei, Polsterei, Bäckerei, Metzgerei, Gärtnerei und Landwirtschaft), lässt sich der Schwerpunkt der Berufsausbildung der männlichen Zöglinge in der Heimerziehung im handwerklichen und landwirtschaftlichen Fach festlegen. Notwendige Anpassung an die sich verändernde Wirtschaftsstruktur In den 1950er Jahren deutete sich eine Veränderung der Wirtschaftsstruktur an, die eine Anpassung der Berufsausbildung der Jugendlichen in den Heimen erforderte. Die traditionell handwerklichen Berufe waren immer weniger gefragt, Stellenangebote in der industriellen Arbeit nahmen immer mehr zu. Der AFET reagierte in der April-Ausgabe 1958 des Mitglieder-Rundbriefes darauf, in dem die Frage der Notwendigkeit eines Strukturwandels der Heimerziehung in beruflicher und pädagogischer Hinsicht erörtert wurde. Um den aktuellen Stand der Berufsausbildung in der Heimerziehung festzustellen, wurden 200 Heime angeschrieben und nach der Ausbildungssituation in ihrem Heim befragt. [ Es ist durchaus möglich, dass derzeit nur ein Bruchteil der in Westdeutschland und in Berlin-West existierenden Heime befragt wurden. – M.M. ] 132 Heime mit insgesamt 10.612 schulentlassenen Zöglingen (5.297 Jungen und 5.315 Mädchen) hatten darauf geantwortet. Die Befragung ergab, dass sich von den 5.297 männlichen Jugendlichen 4.742 in einer Berufsausbildung befinden, davon 1.970 in Volllehre 468 in einem Anlernverhältnis und 2.304 ohne anerkanntes Ausbildungsziel. 4.742 Jungen befanden sich in einer Ausbildung innerhalb des Heims, 555 außerhalb des Heims. Der Schwerpunkt der männlichen Ausbildungsberufe lag dabei im Bereich des Handwerks. Von den 5.315 Mädchen befanden sich insgesamt 5.297 in einer Berufsausbildung, davon 455 in Volllehre 634 in einem Anlernverhältnis und 4.208 ohne anerkanntes Ausbildungsziel. Auch bei den Mädchen stand der Großteil (5.297) in einem meist hauswirtschaftlichen Ausbildungsverhältnis innerhalb des Heims und 18 außerhalb. Die Mehrheit der männlichen und weiblichen Heimzöglinge (6.512) befand sich in einem Arbeitsverhältnis ohne anerkanntes Ausbildungsziel. Davon wurden bereits 333 Jungen und 337 Mädchen auf die industrielle Fertigung vorbereitet. Die Jungen arbeiten z.B. in der Torfwirtschaft (180), im Bergbau (50) oder in der Holzindustrie (18 ). Der Einsatz der Mädchen erstreckt sich z.B. auf die Textilindustrie (25), Bügelanstalten (43) oder Nähereien (96). Anschließend stellte der AFET Überlegungen an, wie man die Heimerziehung dem Strukturwandel in der Arbeits- und Berufswelt anpassen kann. So wollte man prüfen, ob eine Handwerkslehre überhaupt noch sinnvoll ist oder ob ein Anlernverhältnis mit einer Grundausbildung im industriellen Bereich ausreicht. Die Wirtschaft stelle immer mehr auf industrielle Fertigung um, welche auch bessere Verdienstmöglichkeiten als das Handwerk für die Arbeitnehmer biete. Auch in der Ausbildung der Mädchen nahm die Bedeutung einer Spezialisierung der Berufe im Gegensatz zu einer allgemein-hauswirtschaftlichen Ausbildung zu. Es bestand die Tendenz zur Doppelrolle der Frau, zum Einen als Hausfrau und Mutter, zum Anderen als Arbeitnehmerin. Daher sei auch in diesem Fall die Vorbereitung auf industrielle Arbeit, z.B. in Bügelanstalten oder in der Textilindustrie, notwendig. Die dafür nötigen Ausbildungsbetriebe sollten nach Möglichkeit Produktionsbetriebe sein, um die Zöglinge auf die Arbeitsanforderungen der freien Wirtschaft vorzubereiten.117 Arbeitserziehung und Berufsausbildung in den 1960er Jahren Diese in den 1950er Jahren geforderte Anpassung der Berufsausbildung der Zöglinge an die sich wandelnde Wirtschaftsstruktur schien sich bis in die 1960er Jahre vollzogen zu haben. –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– 115 AFET-Mitgliederrundbrief Nr. 3, August 1956 116 Vgl. a.a.O. 117 Vgl. dazu: AFET-Mitgliederrundbrief Nr. 1/2 , April 1958 . |
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Projekt Fürsorgeerziehung der 1950er und 60er Jahre Universität Koblenz Dipl. Päd. Melanie Mangold Leitung: Prof. Dr. Christian Schrapper Expertise, November 2010 »Zeitgenössische Positionen des AFET - Allgemeiner Fürsorgeerziehungstag e.V. (bis 1971) und seiner Nachfolger: Arbeitsgemeinschaft für Erziehungshilfe (AFET) sowie AFET - Bundesverband für Erziehungshilfe e.V. zur Heimerziehung im Zeitraum 1945 bis 1970« @ http://www.afet-ev.de/aktuell/AFET_intern/2011/00.AFET-Heimerziehung1950er-60er.pdf ( Umfang: 86 Seiten ) [ Auszüge von Seite 52, Seite 53 und Seite 54, (bzw. digital Seite 55, Seite 56 und Seite 57 ) ] Arbeitserziehung und Berufsausbildung der Zöglinge in der Fürsorgeerziehung [ präsentiert hier als: ZWEITE TEIL VON ZWEI TEILEN ] Der Aufsatz Gertrud Sauerborns „Das Arbeitsverhältnis des Jugendlichen im FE-Heim“.118 von 1965 gibt einen Überblick über die Berufs- und Arbeitssituation der Zöglinge in den 1960er Jahren. Sauerborn berichtet, die Lehrbetriebe und Arbeitsstätten in den Heimen seien technisiert und automatisiert worden. Für die Zöglinge bestände, neben der hauswirtschaftlichen Beschäftigung der Mädchen und den handwerklichen bzw. landwirtschaftlichen Ausbildungsmöglichkeiten der Jungen, die Möglichkeit, die Jugendlichen in Arbeitseinsätze in Betrieben außerhalb des Heims zu vermitteln. Darüber hinaus befänden sich häufig Werkshallen auf dem Heimgelände, in denen die Jugendlichen Arbeiten im Auftrag von Großbetrieben durchführen konnten:
Zu den rechtlichen Bestimmungen dieser Arbeitsverhältnisse der Jugendlichen innerhalb und außerhalb des Heims schrieb der Jurist Dr. [Manfred] Rehbinder:
Auch der AFET bekräftigte in seiner Ausschusssitzung 1963 in Kassel:
Demnach hatten diese Jugendlichen, die in einem solchen Beschäftigungsverhältnis standen, Anspruch auf geregelte Arbeitszeiten, Sozialversicherung und Tariflohn. Kritik an den Regelungen der Arbeitserziehung und Berufsausbildung Ende der 1960er Jahre geriet jedoch das Arbeitsprämiensystem [ d.h. die Zahlung an „Zöglinge“ von nur „Taschengeld“ und das auch noch nur nach „Strafabzügen vom Taschengeld“ – M.M. ] als Bezahlung der während der Heimerziehung tätigen Zöglinge in Kritik. Der AFET schrieb:
Der AFET forderte eine Anpassung der arbeitsrechtlichen Verhältnisse im Heim an die Regelungen in der freien Wirtschaft und macht im August 1970 einen Vorschlag zur Abänderung des bisherigen Prämiensystems [ d.h. „Taschengeldsystems“ – M.M. ] in eine Arbeitsvergütung123: Diejenigen Jugendlichen, die eine regelmäßige Arbeit im Heim verrichteten, sollten eine Arbeitsvergütung erhalten. Diese sollte sich in drei Leistungsgruppen staffeln: Spitzen-, Durchschnitts- und Minderleistung. Der Durchschnittsleistende sollte eine angemessene Arbeitsvergütung von ca. 2 DM / Stunde erhalten; die beiden anderen Leistungsgruppen je nachdem einen Zuschlag bzw. Abzug von 0,50 DM. Vom erwirtschafteten Lohn sollten die Zöglinge einen Beitrag zu den Heimkosten leisten. Ebenfalls setzte sich der AFET für die Verbesserung der sozialrechtlichen Stellung der Heimzöglinge ein. Um festzustellen, wie viele Zöglinge sozialrechtlich versichert waren, sollten alle Heime in Deutschland einen Fragebogen vom 1. Juni 1969 zur Erfassung beantworten. Die Befragung ergab, dass 1969 insgesamt 7.109 Mädchen und 9.049 Jungen in Heimen untergebracht waren. 12.411 Jugendliche waren innerhalb des Heims beschäftigt, davon waren 3.343 sozialversichert und 9.068 nicht sozialversichert. 3.275 Jugendliche waren außerhalb des Heims beschäftigt, davon waren 2.972 sozialversichert und 303 nicht sozialversichert. Dabei ist aufgefallen, dass die 303 Zöglinge, die außerhalb beschäftigt, aber nicht sozialversichert waren, eigentlich hätten versichert sein müssen. Der AFET setzte sich für alle nicht versicherten Zöglinge ein, die im oder außerhalb des Heimes beschäftigt waren. Dazu machte der AFET einen Vorschlag zur Ergänzung der Reichsversicherungsordnung §1227, Abs. 1 zur Regelung der Rentenversicherung der Arbeitnehmer. Nach dieser Ergänzung sollten nun auch „Zeiten einer nach Vollendung des 16. Lebensjahres liegenden Heimunterbringung im Rahmen der Freiwilligen Erziehungshilfe, der Fürsorgeerziehung oder der Hilfe zur Erziehung nach §§ 5, 6 JWG, soweit nicht eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt wurde“124 sozialversicherungsrechtlich anerkannt werden. –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– 118 Unsere Jugend, Nr. 9, Sept. 1965 119 a.a.O. 120 Dr. Manfred Rehbinder, Fürsorgeerziehung und Arbeitsrecht, in: „Recht der Arbeit“ – Zeitschrift für Wissenschaft und Praxis des gesamten Arbeitsrechts, Heft 6/1963; zitiert nach: Gertrud Sauerborn, Das Arbeitsverhältnis des Jugendlichen im FE-Heim, in: Unsere Jugend, Nr. 9, Sept. 1965 121 AFET-Auschusssitzung, 1963 in Kassel; zitiert nach: Gertrud Sauerborn, Das Arbeitsverhältnis des Jugendlichen im FE-Heim, in: Unsere Jugend, Nr. 9, Sept. 1965 122 AFET-Mitgliederrundbrief Nr. 5/6 , August 1970 123 Vgl. AFET-Mitgliederrundbrief Nr. 5/6 , August 1970 124 Vgl. a.a.O. . |
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ZEIT ONLINE Folterkammer auf dem Bauernhof Bürgermeister legte einen Fürsorgezögling in Ketten VON KILIAN GASSNER Aktualisiert 17. Juli 1970 - 07:00 Uhr Traustein . |
Martin Mitchell hat folgendes geschrieben: | ||
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Bundesrepublik Deutschland, Ende der 1960er / Anfang der 1970er Jahre: Ein vom Heim an einen Bauern verdingtes Heimkind von dem Bauern, der auch der Bürgermeister ist, gefoltert und in Ketten gelegt.
Der Bürgermeister der 886 Einwohner zählenden Gemeinde Emertsham im oberbayerischen Chiemgau, Thomas Mayr ( 63 ), wurde angeklagt und vom Schöffengericht der »fortgesetzten Verletzung der Obhutspflicht, Körperverletzung und Freiheitsberaubung« (geschehen im Sommer 1968) für schuldig befunden; seine Frau und Tocher Anna Mayr ( 28 ) und sein Sohn Karl Mayr ( 31 ) wurden ebenso angeklagt und gleichsam für schuldig befunden. Die Presse sprach dabei von einem „Sklavenprozeß“; das Heimkind, Detlev Kozian, war der „Sklave“ von dem hier die Rede ist und den man gefoltert hatte. Das Heim war das kaltholische Glonner Pius-Heim, das dem Landwirt und Bürgermeister von Emertsham, Thomas Mayr, den sich im „Vollzug der freiwilligen Erziehungshilfe“ befindenden 17jährigen Zögling, Detlev Kozian, als landwirtschaftlichen Arbeiter auslieh. Die ganze horrende Geschichte im Original lesen (berichtet am 17. Juli 1970 - 07:00 Uhr ) (Seite 1) @ http://www.zeit.de/1970/29/folterkammer-auf-dem-bauernhof und (Seite 2) @ http://www.zeit.de/1970/29/folterkammer-auf-dem-bauernhof/seite-2 Zu diesem katholischen Erziehungsheim »Piusheim Glonn« / Glonn Piusheim« / »Piusheim 85625, Erziehungsheim bei Glonn Ebersberg« gibt es mindestens vier verschiedene Threads im HEIMKINDER-FORUM.DE http://heimkinder-forum.de/v4x/index.php/Thread/15260-Piusheim-Glonn/ http://heimkinder-forum.de/v4x/index.php/Thread/14378-Jugenddorf-Piusheim/ http://heimkinder-forum.de/v4x/index.php/Thread/16520-Suche-Ehemalige-vom-Piusheim-Glonn-war-von-1962-1966-und-Schloß-Birckeneck-Freis/ http://heimkinder-forum.de/v4x/index.php/Thread/15179-Hat-Jemand-Informationen-zum-Erziehungsheim-in-Glonn-Bayern/ . |
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