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Meinungsfreiheit ist Religionsfreiheit und Freiheit der Kritik
HU Marburg zum Karrikaturen-Streit dp - 11.02.2006 "Das Leben meint es gut mit Dänen und mit denen, denen Dänen nahestehen!" Dieser Schlager von Vivi Bak und Dietmar Schönherr wurde in den letzten Wochen leider Lügen gestraft: Ein ganzes Volk und gleich noch seine Nachbarvölker dazu wurden für die Freiheit einiger Zeitungsredakteure in Sippenhaft genommen. Ihr Blatt "Jyllandsposten" hatte sich erdreistet, zwölf Karikaturen des Propheten Mohammed abzudrucken. Als Ergebnis einer üblen Hetzkampagne einiger fundamentalistischer Imame kritisiert die Humanistische Union (HU) die gewalttätigen Demonstrationen gegen die Veröffentlichung dieser dänischen Karikaturen. Von interessierten Kreisen werde bewußt Öl ins Feuer gegossen. Auch dänische Imame hätten gegenüber dem arabischen Fernsehsender Al Dschasira zum Boykott und anderen Aktionen gegen Dänemark aufgerufen, während sie gleichzeitig der dänischen Öffentlichkeit ein friedvolles Bild ihrer religiösen Betätigungen vermitteln wollten. Das zumindest hat Spiegel Online am Freitag (10.Januar) berichtet. Der dänische Imam Ahmed Abu Ladan hatte arabischen Gewährsleuten noch drei weitere üble Karikaturen präsentiert, die in Wirklichkeit aber nicht zu der Serie gehörten. Der HU-Ortsverband Marburg tritt für eine uneingeschränkte Meinungs- und Pressefreiheit ein. Dazu zähle die Religionsfreiheit ebenso wie die Freiheit zur Religionslosigkeit und Religionskritik. Dies müsse auch in satirischer Form möglich sein. "Wir alle erinnern uns an den Film Das Leben des Brian von Monty Phyton" sagte der Stellvertretende HU-Ortsvorsitzende Dragan Pavlovic. Nur wenige Christen haben sich über die satirische Darstellung ihres Religionsstifters empört. Die meisten konnten herzhaft darüber lachen. Der HU-Ortsvorsitzende Franz-Josef Hanke kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hinter der erhitzten Debatte um die Karikaturen keine wirklich gläubigen Muslime stehen. "Wer fest in seinem Glauben wäre, könnte nicht so aufgebracht auf ein paar lächerliche Karikaturen reagieren." Doch anscheinend benötigten einige für ihr antiquiertes Weltbild dringend ein passendes Feindbild. Eine humanistische Weltanschauung hingegen verbiete aus dem Respekt gegenüber Andersdenkenden heraus eine boshafte Herabwürdigung ihrer religiösen oder weltanschaulichen Überzeugung. Deswegen hält Hanke einige der in "Jyllandsposten" abgedruckten Karikaturen auch für absolut unpassend. Wenn Mohammed mit einer Bombe im Turban gezeigt werde, setze dies den Religionsstifter mit einem Terroristen gleich. "Damit werden alle Muslime in die Arme derjenigen getrieben, die unter dem Vorwand ihrer angeblichen islamischen Gesinnung Attentate begehen oder rechtfertigen." Die HU verabscheut jede Form von Gewalt. Sie weist jedoch darauf hin, dass gerade Religionen eine lange Tradition darin besitzen, Gewalt zu rechtfertigen oder dazu anzustacheln. Hierin sei das Christentum dem Islam beileibe kaum unterlegen. Insbesondere Meinungs- und Pressefreiheit seien religiösen Eiferern häufig ein Dorn im Auge gewesen. Hier hat der HU-Ortsverband Marburg sowohl bei "Christen" wie auch bei Muslimen interessante Erfahrungen sammeln können. So erhielt Pavlovic im Zusammenhang mit einer HU-Diskussion über störendes Glockengeläut und Muezzin-Rufe 1998 unflätige Beschimpfungen und sogar eine Morddrohung. In der Debatte um das Kindergartengebet in Bad Endbach - Wommelshausen war es mit dem Respekt einiger Christen vor der Meinungsfreiheit ebenfalls nicht weit her. Im Vorfeld einer Diskussionsveranstaltung Pro und Contra Kopftuch im Jahr 2002 mußte die Marburger Bürgerrechtsorganisation feststellen, dass muslimische Frauen regelrecht Angst davor hatten, sich öffentlich als Kopftuch-Gegnerinnen zu positionieren. Nach alledem befürchten Pavlovic und Hanke eine erhitzte Debatte der religiösen Eiferer ohne tatsächliche Sachargumente. Einigen scheine es dabei auch um eine Einschränkung der Pressefreiheit zu gehen. Auch christliche Stimmen forderten inzwischen entsprechende Regelungen. Dem gegenüber beharrt die HU auf der uneingeschränkten Freiheit von Kritik, Satire und Publikationen. Selbstverständlich müsse diese Freiheit immer mit Vernunft und Augenmaß wahrgenommen werden. Doch keineswegs dürfe der Staat sie durch Gesetze einschränken. Die HU ruft alle Beteiligten dazu auf, zu einer Deeskalation in diesem "Kulturkrieg" beizutragen. Die Bürgerinnen und Bürger sollten auf muslimische Nachbarn und Freunde zugehen und das Gespräch mit ihnen suchen. Dabei sei der Respekt vor ihrer religiösen Überzeugung wichtig. Ihrerseits denkt die HU darüber nach, die unterschiedlichen Positionen von Muslimen, Christen, Juden, Laizisten und Atheisten in einer Podiumsdiskussion zusammenzuführen. Dragan Pavlovic - 11.02.2006 |
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Sollten Regeln für das friedliche Miteinander in der Unvereinbarkeit festgelegt werden, so hätte als eine der ersten zu gelten, dass man Christen nicht als "Ungläubige" denunziert.
Um eine weitere Regel wird gegenwärtig gestritten: ob der Meinungsfreiheit eine Grenze zu setzen sei. Sie findet sie bereits beim Schutz der Person. Es ist nicht einzusehen, weshalb ein solcher Schutz nicht auch für die Sakralsphäre gewährt werden sollte, ohne dass damit demokratische Grundrechte aufs Spiel gesetzt würden. Die religiös Indifferenten leben nicht mehr ganz unter sich in diesem Land. Der Verletzung sakraler Gefühle kommt daher eine andere Bedeutung zu als in der früheren Bundesrepublik. Sie sollte ebenso strafbar sein wie die Verletzung der Ehre. |
Botho Strauss hat folgendes geschrieben: |
Die religiös Indifferenten leben nicht mehr ganz unter sich in diesem Land. Der Verletzung sakraler Gefühle kommt daher eine andere Bedeutung zu als in der früheren Bundesrepublik. Sie sollte ebenso strafbar sein wie die Verletzung der Ehre. |
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Angesichts der eskalierenden Konflikte mit islamistischen Gruppen fordern einsichtige Muslime wie der aus Syrien stammende und in Göttingen lehrende Bassam Tibi seit langem die Entwicklung eines Euro-Islams. Er soll, um die Integration in westliche Gesellschaften zu erleichtern, bestimmte Werte der abendländischen Kultur aufnehmen, vor allem die Trennung von Religion und Politik sowie die Anerkennung individueller Menschenrechte.
Dieser Forderung kann man nur zustimmen. Es stellt sich aber die Frage, ob ein solcher Euro-Islam noch ein authentischer Islam ist. Niemand bezweifelt zum Beispiel, dass ein liberaler Jude ein wirklicher Jude ist, auch wenn er sich nicht um koscheres Essen kümmert. Kann aber ein Muslim, der die abendländische Leitkultur bejaht, noch als wirklicher Muslim gelten? Ist ihm zuzumuten, sich einen aufgeklärten oder liberalen Islam zu Eigen zu machen? Schließlich haben sowohl die Trennung von Religion und Politik als auch der Primat des Individuums vor der Gesellschaft, die einander bedingen, christliche Wurzeln. |
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Es ist der strenge Monotheismus, der eine Verbindung von authentischem Islam und offener Demokratie ausschließt. Dies zu bestreiten würde bedeuten, das trinitarische Gottesbild in den Islam zu verpflanzen, ein für Muslime abscheulicher Synkretismus. Deshalb ist es ein Gebot nüchterner Einsicht, die Hoffnung auf eine multikulturelle Gesellschaft nicht mit dem Traum eines Euro-Islams zu verbinden. Gewiss gibt es Euro-Muslime, die freilich im Kreis ihrer Glaubensbrüder oft argwöhnisch beobachtet werden; einen Euro-Islam kann es nicht geben.
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Mojud hat folgendes geschrieben: |
Lissie hat folgendes geschrieben: | ||||
In der ZEIT wurde übrigens die Privilegierung des Christentums indirekt damit legitimiert, daß im Gegensatz zu einem möglichen und von einigen liberalen Moslems geforderten "Euro-Islam" (also der Lightversion des Islam) die Wurzeln für eine offene, westliche Gesellschaft authentisch christlich seien. Mit anderen Worten: "Christentum light"=echtes Christentum, "Islam light"=verfälschter Islam.
Tja ..... Edit: Ich sehe gerade, daß der Artikel 3 Seiten lang ist (man übersieht das leicht) und mit dem Fazit endet:
Wozu das trinitarische Patchwork-Gottesbild doch alles gut sein kann. |
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Der italienische Kruzifix-Streit ist entschieden: Kruzifixe dürfen in öffentlichen Schulen weiterhin angebracht werden, entschieden Richter des italienischen Staatsrates laut Meldung von ANSA. Das Kruzifix habe eine erzieherisch wertvolle „symbolische Funktion“, heißt es in dem 19-seitigen Urteil.
Es sei ein „geeignetes Symbol“, um die hohe Grundlage der sittlichen Werte auszudrücken, die einen religiösen Ursprung haben und welche „jene Werte sind, welche die Laizität in der gegenwärtigen Staatsordnung unterstreichen“. Als Beispiele werden unter anderem genannt: Toleranz, gegenseitiger Respekt, Wertschätzung der menschlichen Person, Einsatz für seine Rechte. |
Lissie hat folgendes geschrieben: |
In der ZEIT wurde übrigens die Privilegierung des Christentums indirekt damit legitimiert, daß im Gegensatz zu einem möglichen und von einigen liberalen Moslems geforderten "Euro-Islam" (also der Lightversion des Islam) die Wurzeln für eine offene, westliche Gesellschaft authentisch christlich seien. Mit anderen Worten: "Christentum light"=echtes Christentum, "Islam light"=verfälschter Islam. |
Schalker hat folgendes geschrieben: |
Wer schreibt den Leserbrief? |
Mojud hat folgendes geschrieben: |
Torsten hat folgendes geschrieben: | ||
Immer der, der fragt. |
M.S.Salomon hat folgendes geschrieben: |
Die Petition soll zumindest solange laufen, solange das Thema heiß diskutiert wird. Möglicherweise verlängern wir sie bis zu dem Zeitpunkt, an dem die CDU/CSU-Fraktion mit einem Entwurf zur Verschärfung des §166 StGB aufwartet... |
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Kann es wirklich sein, dass es von der Militanz der Anhänger einer Religion abhängt, ob Gotteslästerung bestraft wird oder nicht? Dann wäre es in deutschen Gerichten künftig so, dass die Beleidigung des christlichen Gottes und der Heiligen straflos bliebe, weil sich die Christen heutzutage kaum noch militant aufführen. Die Beleidigung Allahs und Mohammeds wäre dagegen strafbar, weil die Muslime gewalttätig protestieren. Der jetzige Papst nannte daher in seiner Kardinalszeit die Beschränkung des Religionsstrafrechts auf die "Gefährdung des öffentlichen Friedens" eine Aufforderung zum Faustrecht. Daraus kann man zwei Folgerungen ziehen: Erstens die Rückkehr zum klassischen Gotteslästerungsparagrafen, der die Verletzung jedweden religiösen Gefühls genügen lässt um zu strafen; dann wird man sich allerdings künftig vor Gotteslästerungsklagen nicht mehr retten können. Zweitens die komplette Abschaffung des Religionsbeschimpfungsparagrafen. Dann griffe künftig nur noch der Tatbestand der Volksverhetzung. Das würde genügen. Strafrecht ist ultima ratio. Der Rechtsfriede kann in einer freiheitlichen Gesellschaft nicht mit Konfliktlosigkeit gleichgesetzt werden. Aufklärung ist kein gesicherter kultureller Bestand. Sie ist nicht einfach da, sie bleibt auch nicht einfach da. Sie ist anstrengend, sie macht Arbeit, weil es für den Ausgang aus der Unmündigkeit keine ewig gültige Gebrauchsanweisung gibt; den richtigen Ausgang muss man immer wieder suchen. Leitkultur in demokratischen Staaten ist also Streitkultur. Muslime müssen sie lernen. Christen und Agnostiker haben noch lange nicht ausgelernt. |
Mojud hat folgendes geschrieben: |
Nachtrag zur unqualifizierten Verunglimpfung Horst Eberhard Richters durch Schmidt-Salomon. |
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Und es ist kein Zufall, dass der "Dialog der Kulturen" gerade von jenen als Therapie zur Lösung von globalen Konflikten empfohlen wird, die sich sonst mit Konflikten innerhalb von Familien und Kleingruppen beschäftigen. Der Psychoanalytiker Horst-Eberhard Richter empfahl in einem Gespräch mit SPIEGEL ONLINE als Mittel der Deeskalation: "Der Westen sollte alle Provokationen unterlassen, die Gefühle von Erniedrigung und Demütigung hervorrufen. Wir sollten die kulturelle Identität der islamischen Länder mehr achten." "
Hand ab, alle Achtung Leider hat H.E. Richter, der wesentlich zur Therapeutisierung des öffentlichen Lebens in Deutschland beigetragen hat, nicht gesagt, wie man seinen Vorschlag praktisch umsetzen sollte: Wie sollen "wir" die kulturelle Identität der islamischen Länder mehr achten? Indem wir das schöne Ritual des freitagnachmittäglichen Handabhackens auch bei uns einführen? Indem wir unsere Frauen zuerst genital verstümmeln und dann unter Burkas und Tschadors verstecken? Indem wir Homosexuelle öffentlich hängen und Ehebrecherinnen steinigen? Und auf welche Provokationen sollten wir verzichten, um keine Gefühle von Erniedrigung und Demütigung hervorzurufen? Sollen wir eine Liste der Themen aufstellen, die unsere Karikaturisten nicht behandeln dürfen? Sollen wir den Christopher Street Day abschaffen und auf den Genuß von Eisbein verzichten? Soll Sasha Waltz ihre Tänzer nicht mehr nackt auftreten lassen? Sollen wir uns jeden Hinweis darauf verkneifen, wie wenige Bücher in Saudi-Arabien verlegt und übersetzt werden? Sollen wir auch bei uns die Fatwa einführen und sie gegen Gotteslästerer anwenden? Sollen wir die Werke von Voltaire, Freud und Rushdie verbieten? Wie soll die "Partnerschaft auf gleicher Augenhöhe", die H.E. Richter fordert, im Alltag funktionieren? Indem wir in die Knie gehen? Sogar die Super-Nanny von RTL weiß, dass man störrischen Kindern Grenzen setzen muss und ihnen nicht nachgeben darf, wenn man sie nicht vollends korrumpieren will. |
Sermon hat folgendes geschrieben: |
Wo Rauch ist … |
Cicero hat folgendes geschrieben: |
Die Uno empfiehlt ihn, mein Nachbar auch. Die EU rät dazu, die Nato, der Kebabverkäufer, die Bundesregierung und der Postbote, die Linke, die Rechte, Grüne, Graue, Blaue, das Militär sogar. Ich auch! Der "Dialog der Kulturen" ist ein "Alles-Wird-Gut" für die Weltpolitik, ein Fetisch der Selbstberuhigung, eine Zauberformel wider die Ratlosigkeit vor religiösen Konflikten. Der Begriff wird so oft beschworen, dass man langsam misstrauisch wird. |
Cicero hat folgendes geschrieben: |
Der "Dialog der Kulturen" ist dabei begrifflich so etwas wie die "friedliche Koexistenz" im Kalten Krieg. Ein politischer Waffenstillstandsversuch, eine rhetorische Anästhesie, die die schläfrige Einsicht befördern soll, wo Rauch ist, sei kein Feuer, sondern eine Menge Menschen mit Friedenspfeifen. ... Oder aber der Begriff soll etwas egalisieren, was nicht egal ist: Freiheit und Ideologie zum Beispiel, Menschenrecht und Fundamentalismus, Karikatur und Waffe. Man hat zuweilen den Verdacht, dass der "Dialog der Kulturen" so gerne beschworen wird, weil es einem unangenehm ist, brutale Wahrheiten anzuerkennen. Wenn Frauen millionenfach misshandelt werden, wo liegt der kommunikative Kompromiss? Wenn Kinder zu Selbstmordattentätern erzogen werden, was gibt es da zu dialogisieren? Wenn Israel ausgelöscht werden soll, kann man darüber ernsthaft reden? |
Cicero hat folgendes geschrieben: |
Den Konflikt mit dem Islamismus kann man kaum mit intellektuellem Appeasement entschärfen. Vielmehr mit kultureller Selbstbehauptung. |
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