Tarvoc hat folgendes geschrieben: | ||
Der Punkt ist der, dass in diesen Beispielen der Sozialismus nicht ökonomisch gescheitert ist, sondern militärisch, und zwar meist in einer Phase, in der er noch gar nicht richtig etabliert war. Man kann also von diesen Beispielen nicht auf sein notwendiges ökonomisches Scheitern schließen, aber man kann an ihnen zeigen, dass er zumindest eine Zeitlang ökonomisch funktioniert hat. |
Tarvoc hat folgendes geschrieben: |
Ich hatte hier ja schon die Zeit vor und nach dem spanischen Bürgerkrieg sowie die EZLN in Mexiko erwähnt. Die Pariser Commune war wohl zu kurz um irgendwelche Schlüsse draus zu ziehen. |
Marcellinus hat folgendes geschrieben: |
Ja, und so wie wir uns die Evolution nicht ausgesucht haben, haben wir uns die politischen, sozialen und ökonomischen Prozesse, die wir miteinander bilden nicht ausgesucht.
Und so wie wir die Evolution nicht abschaffen und durch eigenes Handeln ersetzen können, weil uns schlicht dazu die Kenntnisse fehlen (auch wenn manche das offenbar nicht wahrhaben wollen), so können wir auch nicht die ökonomischen Prozesse durch eigenes Planen und Handeln ersetzen - aus dem gleichen Grund: uns fehlen schlicht die Kenntnisse, auch wenn da eine lange, allerdings aus einer Liste von Fehlschlägen bestehende Tradition besteht, das zu bestreiten. Wir können in beiden Fällen im Moment nichts anderes machen, als das, was wir schon tun: die unvermeidlich eintretenden Fehler zu reparieren, wohl wissend, daß wir nicht alle erwischen werden. (...) Es ist auch kein Prinzip, obwohl es Leute gibt, die daraus eines machen wollen. Das, was manche verdinglichend Kapitalismus nennen, ist eben kein von Menschen bewußt und geplant eingerichtetes System. Es hat sich vielmehr entwickelt, ist bis heute ein weitgehend ungeplanter, selbststeuernder Prozeß, obwohl die Marktteilnehmer natürlich durchaus ihre Pläne machen, die allerdings mangels sachgerechtem oder auch nur hinreichendem Überblick in der Regel nicht recht gelingen wollen. Die letzten, die damit gescheitert sind, sind die Neoliberalen. Sie sind an den gleichen Umständen gescheitert wie die Sozialisten aller Couleur: an ihren mangelnden Kenntnissen der politischen und ökonomischen Zusammenhänge. Nicht nur die sozialistische Ökonomie ist keine Wissenschaft, die kapitalistische ist es auch nicht. |
Skeptiker hat folgendes geschrieben: |
Und tatsächlich, es handelt sich um den Kern jeder Religion - dem Menschen ein weiterführendes Potenzial an Erkenntnis- und Veränderungsfähigkeit in Bezug auf die Welt abzusprechen. |
Er_Win hat folgendes geschrieben: | ||
Obwohl ich mich mit Nietzscheaner jetzt gar nicht persönlich angesprochen fühle, wundert mich bei dir doch, dass du zwar *imho richtig konstatierst, dass der Kapitalismus insbesondere in der neoliberalen Prägung eine Sackgasse ist. Nur warum du trotz eigenem Hinweis auf heutige wissenschaftliche Erkentnisse, dann trotzdem die bereits sich ebenso (real) "sackgassig" entwickelnd habenden ideologischen Konzepte als gesellschaftspolitisches Allheilmittel preist, kann ich weniger nachvollziehen ... |
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | ||
Der Punkt ist der, dass in diesen Beispielen der Sozialismus nicht ökonomisch gescheitert ist, sondern militärisch, und zwar meist in einer Phase, in der er noch gar nicht richtig etabliert war. Man kann also von diesen Beispielen nicht auf sein notwendiges ökonomisches Scheitern schließen, aber man kann an ihnen zeigen, dass er zumindest eine Zeitlang ökonomisch funktioniert hat. |
Marcellinus hat folgendes geschrieben: |
Ja, und so wie wir uns die Evolution nicht ausgesucht haben, haben wir uns die politischen, sozialen und ökonomischen Prozesse, die wir miteinander bilden nicht ausgesucht. Und so wie wir die Evolution nicht abschaffen und durch eigenes Handeln ersetzen können, weil uns schlicht dazu die Kenntnisse fehlen (auch wenn manche das offenbar nicht wahrhaben wollen), so können wir auch nicht die ökonomischen Prozesse durch eigenes Planen und Handeln ersetzen - aus dem gleichen Grund: uns fehlen schlicht die Kenntnisse, auch wenn da eine lange, allerdings aus einer Liste von Fehlschlägen bestehende Tradition besteht, das zu bestreiten. Wir können in beiden Fällen im Moment nichts anderes machen, als das, was wir schon tun: die unvermeidlich eintretenden Fehler zu reparieren, wohl wissend, daß wir nicht alle erwischen werden. Daß wir in beiden Fällen, dem der biologischen Evolution wie der unserer politisch-ökonomischen Prozesse, selbst nach heutigem Stand unseres Wissens weniger tun, als wir tun könnten, da bin ich wieder bei dir. |
Marcellinus hat folgendes geschrieben: | ||
Du hast jetzt zwei Möglichkeiten, entweder du liest noch mal genau, was ich geschrieben habe, und findest deinen Fehler, oder du amüsierst dich weiter mit deinem Strohmann. |
beachbernie hat folgendes geschrieben: | ||||
Eine Zeitlang lebt es sich auch im Privatleben auf Pump recht gut, solange bis die Substanz verfruehstueckt ist, bzw. das vom Opa erebte Haeuschen mit soviel Hypothek belastet ist, dass die Bank nichts mehr leiht. Selbst die zunaechst scheinbar erfolgreichen sozialistischen Experimente kamen bisher immer an einen Punkt, wo sie entweder radikal vom sozialistischen Weg abwichen oder an Kapitalmangel zugrunde gingen. Das wohl erfolgreichste laengerfristig von einer kommunistischen Partei regierte Land ist China, mit seinen inzwischen eingerichteten drei grossen Aktienboersen. Als klar wurde, dass die marxistischer Wirtschaftspolitik laengerfristig nicht funktioniert, schwenkte die KP Chinas in vielen wichtigen Bereichen auf Marktwirtschaft um um wenigstens ihre Macht zu retten. Auch in Vietnam zeigt eine Abkehr von alten Illussionen positive Resultate. Das Land ist auf dem Weg die naechste "kommunistische" Erfolgsstory zu werden. Der Aktienindex der vietnamesischen Boerse hoert uebrigens auf den schoenen Namen "Ho-Chi-Minh-Index", bei dessen Klang so manchem Altlinken ganz warm ums Herz werden duerfte. Ich bin mal gespannt welchen Weg Kuba in Zukunft gehen wird. Ob man an alten Fehlern festhalten wird und so zwangslaeufig daran zugrunde geht, oder ob es einer neuen Generation von Politikern gelingen wird die Fehlentwicklungen zu beheben und das Noetige zu veranlassen um die kubanische Wirtschaft zu rekapitalisieren. Ein modernes Aktienrecht und eine Aktienboerse in Havanna waeren ein guter Anfang. Man kann ja den zugehoerigen Aktienindex "Che-Guevara-Index" nennen um fuer Akzeptanz unter den letzten Revolutionsnostalgikern zu sorgen. Ich wuerde es mir wuenschen, dass die Kubaner noch die Kurve kriegen und somit die Gelegenheit erhalten die kuenftige kubanische Marktwirtschaft nach ihren Vorstellungen sozial auszugestalten. Der Zug ist noch nicht ganz abgefahren. Die Alternative dazu ist nicht schoen: Irgendwann bricht der Laden zusammen und dann kriegen irgendwelche Marktradikalen aus Chicago freie Hand ihre Vorstellung einer funktionierenden Marktwirtschaft umzusetzen, weil die Menschen im Land selbst keine Alternative mehr sehen und eine dementsprechende Regierung waehlen. Venezuela steht das wohl unmittelbar bevor.... |
Er_Win hat folgendes geschrieben: | ||
Bevor ich mir bzw. dir jetzt ein Strohmännchen baue, frage ich nochmal konkret nach ob ich dich richtig verstehe: Du findest es gibt systemisch keinen Unterschied zwischen (biologischer) Evolution und sich kulturell bildenden politischen/ökonomischen Systemen ? |
Er_Win hat folgendes geschrieben: | ||
Bevor ich mir bzw. dir jetzt ein Strohmännchen baue, frage ich nochmal konkret nach ob ich dich richtig verstehe: Du findest es gibt systemisch keinen Unterschied zwischen (biologischer) Evolution und sich kulturell bildenden politischen/ökonomischen Systemen ? |
Marcellinus hat folgendes geschrieben: | ||||
Nein, beides sind autonome, selbststeuernde Prozesse, nicht geplant, und daher ziellos, aber durchaus strukturiert. Da enden aber auch schon fast die Ähnlichkeiten und beginnen die Unterschiede. Strukturiert bedeutet, wir können sie untersuchen und Strukturen durch Modell beschreiben, die mehr oder weniger realistisch sind. Nicht geplant, und damit ziellos, bedeutet, daß es keine Planer gibt und kein vorgegebenes Ziel, wie Theologen bis heute meinen, und manche Philosophen im 19. Jh.. Autonom, selbststeuernd können wir uns bei der biologischen Evolution gemeinhin noch vorstellen. Bei den Gesellschaften, die wir mit anderen Menschen bilden, fällt uns das schon schwerer, weil es einfach gegen unseren Instinkt, und in gewisser Weise auch gegen unseren Stolz geht, uns vorzustellen, daß wir miteinander einen Zusammenhang bilden, der ausschließlich aus Menschen und ihren Beziehungen untereinander besteht, und dessen Funktionsweise uns doch über weite Strecken unbekannter ist als früheren Zeiten die Rückseite des Mondes. Die Unterschiede zwischen biologischer Evolution und sozialen Prozessen (und zum Teil ihre wechselseitige Abhängigkeit) liegt einfach in der Unterschiedlichkeit der beteiligten Objekte und den Mechanismen, mit denen sie sich entwickeln, im Falle der biologischen Evolution Mutation und Auslese von Genen (sehr, sehr vereinfacht!), im Falle der sozialen Entwicklung Menschen und die Gesellschaften, die sie miteinander bilden. So können sich menschliche Gesellschaften zurückentwickeln, ohne daß die beteiligen Menschen deswegen alle verschwinden. Die Völkerwanderungzeit am Ende des Römischen Reiches war so eine Zeit. Die biologische Evolution kennt nicht wirklich einen Weg zurück. Unangepaßte Arten sterben einfach aus. Vieles von dem verstehen wir mittlerweile, im Bereich der biologische Evolution mehr, im Bereich der sozialen Entwicklung sehr viel weniger. Das ist einfach eine Tatsache. Daraus zu schließen, nur weil wir es jetzt nicht wissen, könnten wir es nie wissen, ist natürlich Unfug. In diese Richtung scheint mich Skeptiker allerdings mißverstanden zu haben. Ich hoffe, ich konnte wenigstens deine Frage annähernd beantworten. |
Marcellinus hat folgendes geschrieben: |
Es ist auch kein Prinzip, obwohl es Leute gibt, die daraus eines machen wollen. Das, was manche verdinglichend Kapitalismus nennen, ist eben kein von Menschen bewußt und geplant eingerichtetes System. Es hat sich vielmehr entwickelt, ist bis heute ein weitgehend ungeplanter, selbststeuernder Prozeß, obwohl die Marktteilnehmer natürlich durchaus ihre Pläne machen, die allerdings mangels sachgerechtem oder auch nur hinreichendem Überblick in der Regel nicht recht gelingen wollen. Die letzten, die damit gescheitert sind, sind die Neoliberalen. Sie sind an den gleichen Umständen gescheitert wie die Sozialisten aller Couleur: an ihren mangelnden Kenntnissen der politischen und ökonomischen Zusammenhänge. Nicht nur die sozialistische Ökonomie ist keine Wissenschaft, die kapitalistische ist es auch nicht. |
Kramer hat folgendes geschrieben: |
...Wenn der Kapitalismus scheitert, kriegt das meist kaum einer mit und alles läuft so weiter wie bisher. |
Marcellinus hat folgendes geschrieben: |
Ja, und so wie wir uns die Evolution nicht ausgesucht haben, haben wir uns die politischen, sozialen und ökonomischen Prozesse, die wir miteinander bilden nicht ausgesucht. [...]
Es ist auch kein Prinzip, obwohl es Leute gibt, die daraus eines machen wollen. Das, was manche verdinglichend Kapitalismus nennen, ist eben kein von Menschen bewußt und geplant eingerichtetes System. Es hat sich vielmehr entwickelt, ist bis heute ein weitgehend ungeplanter, selbststeuernder Prozeß, obwohl die Marktteilnehmer natürlich durchaus ihre Pläne machen, die allerdings mangels sachgerechtem oder auch nur hinreichendem Überblick in der Regel nicht recht gelingen wollen...[...] |
Tarvoc hat folgendes geschrieben: |
Watt? |
fwo hat folgendes geschrieben: |
Der Kollege Tarvoc |
fwo hat folgendes geschrieben: | ||
Besser kan man ein fehlertolerantes System kaum beschreiben. Wenn die Steuerung nicht zentral ist, darf sie in einzelnen Knoten versagen, ohne die Eigenschaft des Netzes zu gefährden. Kommt Dir das irgendwie bekannt vor? EDIT: RS |
Er_Win hat folgendes geschrieben: | ||||
mir schon, aber sicher nicht aus dem Marktwirtschafts- resp. Geldsystem. Schon ziemlich euphemistisch mit dem "das Scheitern kriegt kaum einer mit und alles läuft so weiter wie bisher" |
Kramer hat folgendes geschrieben: |
....
Darum kann ich der These "Der Sozialismus als System ist historisch gescheitert" nicht zustimmen. Der Sozialismus ist nur anders gescheitert - und zwar an den gleichen Problemen, an denen der Kapitalismus jeden Tag scheitert. Und da hat der Sozialismus einen entscheidenden Vorteil: Wenn er scheitert, dann ist das ein Weltereignis, das in die Geschichte eingeht. Wenn der Kapitalismus scheitert, kriegt das meist kaum einer mit und alles läuft so weiter wie bisher. |
Tarvoc hat folgendes geschrieben: |
Ich glaube, was Kramer meinte, war: Das Scheitern wird nicht als Scheitern des Kapitalismus registriert. |
Tarvoc hat folgendes geschrieben: |
Womöglich. Es wäre aber auch denkbar, dass diese Art von "Blödheit" strukturell von den kapitalistischen Verhältnissen selbst hervorgebracht wird, ohne dass jemand das gezielt steuert. |
Marcellinus hat folgendes geschrieben: | ||
Das genau ist der Punkt! |
Er_Win hat folgendes geschrieben: | ||||
ich meinte "Kalkül" auch eher als Abwehr von Änderungsbestrebungen - also keine geplante Steuerung (die ich ja wie bereits dargestellt gar nicht für möglich halte). |
Marcellinus hat folgendes geschrieben: | ||||||
Ich weiß nicht ob sie unmöglich ist. Fest steht, daß uns im Moment schlicht das hinreichende Wissen fehlt. Wir haben gar keine Wahl, als nach mehr Wissen zu streben. Dafür sind sie Verluste, die wir durch diese ungeplanten Prozesse erleiden, einfach zu groß. Ob dieses Wissen irgendwann zu einer geplanten Steuerung führt, oder ob wir andere Wege finden, kann man erst dann sagen, nicht jetzt. |
fwo hat folgendes geschrieben: | ||||||||
Ich hatte das auch nicht so verstanden, dass Kramer beim täglichen "Scheitern des Kapitalismus" an die große Katastrophe dachte, wie Du eine verlinkt hast, sondern eher an das tägliche Sterben irgendwelcher Betriebe. Und damit ist es tatsächlich so, dass man zwar über die Medien davon erfährt, aber es betrifft einen nicht selbst, solange es sich nicht um den eigenen Arbeitsplatz handelte. |
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