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Freigeisterhaus -> Spiel, Spaß und Unterhaltung

#451:  Autor: StickyWohnort: Am Arsch der Welt anstatt am Busen der Natur! BeitragVerfasst am: 01.07.2012, 22:12
    —
Wenn die Börsenkurse fallen
regt sich Kummer fast bei allen
aber manche blühen auf
ihr Rezept heißt Leerverkauf

Keck verhökern diese Knaben
Dinge, die sie gar nicht haben
treten selbst den Absturz los
den sie brauchen - echt famos

Leichter noch bei solchen Taten
tun sie sich mit Derivaten:
Wenn Papier den Wert frisiert,
wird die Wirkung potenziert

Wenn in Folge Banken krachen
haben Sparer nichts zu lachen
und die Hypothek aufs Haus
heißt, die Bewohner müssen raus

Trifft's hingegen große Banken
kommt die ganze Welt ins Wanken
auch die Spekulantenbrut
zittert jetzt um Hab und Gut!

Soll man das System gefährden?
Da muss eingeschritten werden:
Der Gewinn, der bleibt privat
die Verluste kauft der Staat

Dazu braucht der Staat Kredite,
und das bringt erneut Profite,
hat man doch in jenem Land
die Regierung in der Hand

Für die Zechen dieser Frechen
hat der kleine Mann zu blechen
und - das ist das Feine ja
nicht nur in Amerika!

Und wenn die Kurse wieder Steigen,
fängt von vorne an der Reigen -
ist halt Umverteilung pur
stets in eine Richtung nur.

Aber sollten sich die Massen
das mal nimmer bieten lassen,
ist der Ausweg längst bedacht:
Dann wird bisschen Krieg gemacht

#452:  Autor: DesperadoxWohnort: Hamburg BeitragVerfasst am: 01.07.2012, 23:18
    —
Besser als G.Grass. zwinkern

#453:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 02.07.2012, 03:37
    —
Desperadox hat folgendes geschrieben:
Besser als G.Grass. zwinkern

Das ist ja auch nicht wirklich schwierig...

#454:  Autor: StickyWohnort: Am Arsch der Welt anstatt am Busen der Natur! BeitragVerfasst am: 05.07.2012, 19:50
    —
Jeder Traum

(von Louis Fürnberg)

Jeder Traum, an den ich mich verschwendet,
jeder Kampf, wo ich mich nicht geschont,
jeder Sonnenstrahl der mich geblendet,
alles hat am Ende sich gelohnt.

Jedes Feuer das mein Herz gefangen,
jede Sorge die mein Herz beschlich,
war's oft schwer so ist's ja doch gegangen,
Narben blieben, doch es lohnt sich.

Unser Leben ist nicht leicht zu tragen.
Nur wer fest sein Herz in Händen hält,
hat die Kraft zum Leben ja zu sagen
und zum Kampf für eine neue Welt.

Jeder Tag ist in mein Herz geschlossen,
der auch mich zu diesem Dienst beschied.
Was ich singe, sing' ich den Genossen.
Ihre Träume geh'n durch mein Lied.

Louis Fürnberg wurde 1909 geboren und schloß sich schon in den 20er Jahren der sozialistischen Jugendbewegung an. Während des Faschismus war er im politischen Untergriund aktiv. 1939 wurde er verhaftet, durch 13 Gefängnisse geschleppt und taub geschlagen. Nach seiner Flucht im gleichen Jahr blieb er bis 1946 in Jerusalem im Exil. Die Schrecken des Faschismus noch vor Augen schrieb er 1950 das Gedicht "Jeder Traum".

#455:  Autor: StickyWohnort: Am Arsch der Welt anstatt am Busen der Natur! BeitragVerfasst am: 14.08.2012, 10:23
    —
Der Henker

„Helft mir“, schrie der Henker,
„es war nicht meine Schuld.
Die Befehle kamen von oben.
Habt mit mir Geduld.

Ich war doch nur das Schräubchen
in der Riesenmaschinerie.
Es war nur meine Arbeit.
Ich dachte dabei nie.“

Aus der Menge rief einer:
„Der Mann hat wirklich recht.
Wir können ihn nicht strafen.
Er war doch nur ein Knecht.

Aber lassen wir ihn laufen:
Wer gibt die Garantie,
dass er nicht wieder zuschlägt?
Mit dem Henker leben? Nie!“

„Wir machen uns selbst zum Henker!“,
hört man jemand schrein,
„Wir sind kein Deut besser als er.
Ich sag zur Rache: Nein!“

Der nächste rief entrüstet:
„Aber wieviel hat er getötet?
Wie könnt ihr das vergessen?
Den Sand mit Blut gerötet…“

Und als sich alle stritten,
griff der Henker sein Beil im nu,
sah seine Chance gekommen
und schlug gleich wieder zu.

#456:  Autor: Murphy BeitragVerfasst am: 18.08.2012, 05:36
    —
Gott gab uns nur einen Mund,
weil zwei Mäuler ungesund.
Mit dem einen Munde schon
schwatzt zuviel der Erdensohn.
Hat er jetzt das Maul voll Brei,
muß er schweigen unterdessen;
hätte er der Mäuler zwei,
löge er sogar beim Essen.

Heinrich Heine

#457:  Autor: Murphy BeitragVerfasst am: 27.08.2012, 22:21
    —
Säh Blumen
mäh den Rasen
schnitze ein Tor
umhau einen Baum
pfeiff in die Wolken
schau in den Himmel
wach wenn sie schlafen
blick in die Sterne
und leb deinen Traum

#458:  Autor: BravopunkWohnort: Woanders BeitragVerfasst am: 24.09.2012, 12:47
    —
Der Muselmann

Es war einmal ein Muselmann,
der trank sich einen Dusel an,
wann immer er nur kunnt.
Er rief dann stets das Muselweib,
wo es denn mit dem Fusel bleib,
denn Durst ist nicht gesund.
Und brachte sie die Pulle 'rein,
gefüllt mit süßem Muselwein,
dann trank er
und trank er,
hin sank er
als Kranker,
bis gottseidank er
unterm Tisch verschwund.

- Heinz Erhardt

#459:  Autor: AhrimanWohnort: 89250 Senden BeitragVerfasst am: 24.09.2012, 18:23
    —
Kinderlied

Auf der Alm,
da steht 'ne Kuh,
die macht ihr Auge
auf und zu.

Auf der Alm,
da steht ein Schwein,
das guckt der Kuh
ins Auge rein.

Da sprach die Kuh:
"Du dummes Schwein,
guck mir doch nicht
ins Auge rein!"

Da sprach das Schwein:
"Du dumme Kuh,
mach doch dein Auge
nicht auf und zu."

Es wird empfohlen, das Wort Auge durch ein anderes zu ersetzen, vorzugsweise durch jenes Wort, da mit A anfängt und mit ch aufhört. Kinder im Vorschul- und Grundschulalter lieben sowas sehr.

#460:  Autor: BravopunkWohnort: Woanders BeitragVerfasst am: 24.09.2012, 19:06
    —
Oh ja. Da werden Erinnerungen wach. Lachen

#461:  Autor: Murphy BeitragVerfasst am: 05.10.2012, 00:12
    —
eins von Böll,
Auszug aus:
"'sieben Jahre und zwanzig später' nach Ingeborg b. für annemarie C"
oder so...

vermine Deine Schwelle
verhärte Dein Herz
verschließ Deine Hände
schieß mich nieder
wenn ich heimkomm
und das Stichwort nicht weiß
lebe von BILD
zu BILD
von WELT zu WELT
denke nicht nach
und vergiß
daß du ein Mensch warst

#462:  Autor: Murphy BeitragVerfasst am: 13.10.2012, 04:07
    —
Erinnerung an die Marie A.

1
An jenem Tag im blauen Mond September
Still unter einem jungen Pflaumenbaum
Da hielt ich sie, die stille bleiche Liebe
In meinem Arm wie einen holden Traum.
Und über uns im schönen Sommerhimmel
War eine Wolke, die ich lange sah
Sie war sehr weiß und ungeheuer oben
Und als ich aufsah, war sie nimmer da.

2
Seit jenem Tag sind viele, viele Monde
Geschwommen still hinunter und vorbei
Die Pflaumenbäume sind wohl abgehauen
Und fragst du mich, was mit der Liebe sei?
So sag ich dir: Ich kann mich nicht erinnern.
Und doch, gewiß, ich weiß schon, was du meinst
Doch ihr Gesicht, das weiß ich wirklich nimmer
Ich weiß nur mehr: Ich küsste es dereinst.

3
Und auch den Kuss, ich hätt' ihn längst vergessen
Wenn nicht die Wolke da gewesen wär
Die weiß ich noch und werd ich immer wissen
Sie war sehr weiß und kam von oben her.
Die Pflaumenbäume blühn vielleicht noch immer
Und jene Frau hat jetzt vielleicht das siebte Kind
Doch jene Wolke blühte nur Minuten
Und als ich aufsah, schwand sie schon im Wind.[/i]


von Bertolt Brecht

...der Wikipedia-Artikel dazu übrigens einer aus der Reihe der exzellenten.

#463: Gute Unterhaltung Autor: UegoWohnort: MG BeitragVerfasst am: 13.10.2012, 08:37
    —
Gute Unterhaltung


Freundlich,

belanglose,

schleppende,

mit vielen
Worten
nichts
sagende
Unterhaltung

von H. U. Görs

#464:  Autor: pera BeitragVerfasst am: 13.10.2012, 10:54
    —
Es hat mein singen und mein sagen
mir meist nur kummer eingetragen.
Es hat mein sehnen und mein lieben
mich schwer in den ruin getrieben.
Und an mein seufzen und mein stöhnen
kann sich echt keine sau gewöhnen.

#465:  Autor: WilsonWohnort: Swift Tuttle BeitragVerfasst am: 15.10.2012, 15:16
    —
Miquel Martí Pol


DIE SCHÖPFUNG

I

Am ersten Tag betäubte uns der schreckliche
Lärm der Maschinen. Wir kämpften
um zu verstehen, was man uns sagte, und um Mittag,
als wir dann auf die Straße gingen, fanden wir
die verlorene Ruhe wieder.
Es war im Sommer, und erst vor kurzem
waren wir vierzehn geworden. Als Arbeiter
waren wir noch neu, ohne Galle und Mißtrauen.

II

Am zweiten Tage lernten wir den feierlichen
Rhythmus des Tagwerks. Langsam schmolz
unser Heimweh und schon bedienten wir uns
der Hände um zu verstehen. Draußen fiel
wie im Traum langsam der Regen.
Das hat man uns gesagt, als wir die Arbeit verließen,
und da lachten wir.

III

Am dritten Tage begriffen wir viele
nur halb verstandene Worte. Den tiefen Grund,
warum all jene leben, die einsam
und besiegt sind und die lastende
und quälende Verwirrung der Befehle.
Es war im Winter, und das matte Grau der Scheiben
sinterte Trauer.

IV

Am vierten Tage liebten wir ein Mädchen
hinter einem Lagerschuppen, bei fernem
und gedämpftem Lärme der Maschinen
als Hintergrundsmusik.
Es wehte heißer Wind. Sanft wie ein Schatten
schmiegte sie sich an. Am Abend
schien es als hätten wir die Hände voll
mit Nesseln oder Sand.

V

Am fünften Tage war es schon als seien wir
unter Maschinen geboren. Die Hände waren
so hart wie irgend Hände und wir schrien
lauter um ohne Scheu zu fluchen.
Auf der Straße war Sonne und das winzige
bißchen Himmel, das man am Fenster sah,
war ohne Sinn und fern wie eine Spiegelung der Luft.

VI

Am sechsten Tag war Zahltag.
Wir sind
Leute mit gesundem Urteil und glauben nicht,
daß unsere Welt durch Wunder zu retten sei.
Nun sind wir groß und sicher. Wir machen alle Dinge
mit derart finsterer Miene, daß es nicht scheint
als kämpften wir hartnäckig darum, daß diese Welt
verständlicher
und klarer läuft. Da gibt es Leute, die sehn uns an
wie man sich Narren ansieht. Und kurz darauf bücken
sie sich,
um denen, die sie prügeln, den Fuß zu lecken.

VII

Am siebten Tag war Sonntag, und wir ruhten aus
wie Gott befiehlt.

All das geschah, wenn ich nicht irre, im Juni
werden's neunzehnhundertvierundzwanzig
sehr lange Jahre.
Nichts: eine Kleinigkeit!



http://www.jbeilharz.de/katalan/marti-ged.htm

#466:  Autor: Murphy BeitragVerfasst am: 29.10.2012, 07:22
    —
Überlass es der Zeit

Erscheint dir etwas unerhört,
bist du tiefsten Herzens empört,
bäume nicht auf, versuch's nicht mit Streit,
berühr es nicht, überlaß es der Zeit.
Am ersten Tag wirst du feige dich schelten,
am zweiten lässt du dein Schweigen schon gelten,
am dritten hast du's überwunden;
alles ist wichtig nur auf Stunden,
Ärger ist Zehrer und Lebensvergifter,
Zeit ist Balsam und Friedensstifter.


(Theodor Fontane)

#467:  Autor: Murphy BeitragVerfasst am: 10.11.2012, 15:00
    —
DER MENSCHIST EIN FLÖTENBLÄSER
Jean Arp (1878-1966), Begründer des Dadaismus

Der Mensch ist ein Flötenbläser.
Der Mensch ist ein Leierspieler.
Der Mensch ist ein Tempelbauer:
Der Mensch ist aber auch ein mordgeiler Schwerterschmied.
Mit welch elementarer Geschäftstüchtigkeit sind in den
Gesängen des Homer die Ergebnisse der Schlächtereien aufgezählt.
Der Mensch ist eine schönheitstrunkene Spinne.
Der Mensch ist ein reißender Wolf, der Kuckuk ruft.
Der Mensch ist ein Bogenschütze, der Fingerhüte erlegt,
ein hoffnungslos vernagelter Mörder, ein Atompilzzüchter
mit Großvaterkäppchen auf dem Kopf, der alles bisher Erreichte
in den endgültigen Schatten stellen wird.
Der Mensch ist ein wauwaubellender Richer, eine vierfache Wurzel
vom unzureichenden Grund, die eine Unzahl Wetterfähnchen
auf ihrem Gipfel trägt, eine Onkel-Tom`s Hütte,
ein auf Schusters Rappen reitender Klöavierflügel.
Der Mensch ist aber vor allem die personifizierte lasterhafte Geschäftigkeit,
die wohl für immer das Sinnen und Beten verlernt hat.
Am Besten ist es, beim Anblick des Menschen Reißaus zu nehmen
und in die tiefsten, dunkelsten Spalten der Erde zu fliehen.
Aus seinen acht lockenumrahmten Öffnungen stößt der Mensch
unaufhörlich blauen Dunst, grauen Nebel, grauen Rauch aus.
Das Unsinnige, das Ungeheure, das Tobsüchtige
ist das Ziel seines Strebens. Der Mensch findet es natürlich,
das Unnatürliche zu begehren. Weil er keine Flügel hat,
will er Flügel haben und fliegen. Die Flügel haben es ihm besonders angetan.
Er fühlt sich gottähnlich, wenn er mit einem Kübel Benzin
unter seinem Hintern in den Himmel saust.
Der Mensch ist aber auch eine beseelte Knospe.
Der Mensch ist aber auch ein Dichter.
Der Mensch ist aber auch ein Heiliger,
ein regenbogenfarbener Engel.

#468:  Autor: pera BeitragVerfasst am: 10.11.2012, 18:13
    —
Wenn man das Original kennt ists noch besser:


#469:  Autor: Murphy BeitragVerfasst am: 10.11.2012, 21:23
    —
ja, pera, du Scherzbold, wie kommst jetzt von Urdadaflötenbläser auf das?

Aber gut, sollte in diesem Fred nicht fehlen, hier die Simpsonsversion, die meiner unmaßgeblichen Meinung nach nicht einmal die schlechteste Übersetzung darstellt:


Das Lied von der Glocke
(von Friedrich von Schiller)

Mitternacht war’s schwarz und schaurig, lustlos saß ich träg und traurig
stöbernd in uralten Büchern, und die Augen wurden schwer
plötzlich hörte ich ein Scharren, und ein Klopfen und ein Knarren
deutlich von der Türe her, ein Besucher dacht ich jetzt noch
wo kommt der denn heut noch her
ja das dacht ich und nicht mehr


ach wie kalt fühl ich noch heute, die Dezembernacht ihr Leute
im Kamin die Flammenmeute, warf Gespenster rings umher
nutzlos der Versuch vor morgen, von den Büchern Trost zu Borgen
für die größte meiner Sorgen, ob Lenore ein Engel wär
ob Lenore die ich verloren, wiederum ein Engel wär
jetzt im Himmel hier nicht mehr


das Wispern von Gestalten, in den Purpurvorhangfalten
weckte Angst mir vor Gewalten, die ich nie gespürt vorher
Herz hör auf wie wild zu Schlagen, lass es dir noch einmal Sagen
ein Besuch ist für mich draußen, mich zu sehn ist sein begehr
das ist alles und nicht mehr


so verschwand mein banges Zagen, und ich konnte furchtlos Sagen
werter Herr verehrte Dame, bitte gleich und bittesehr
und verzeiht mir denn ich machte, grad ein Schläfchen und so sachte
das ich wohl nicht gleich erwachte, war ihr Klopfen dann vorher
und mit diesen Worten, riss ich weit die Tür auf
alles leer und gar nichts mehr


zu die Tür als ich erkannte, das mein Herz wie Feuer brannte
hört ich wieder dieses Pochen, etwas lauter als vorher
Schluss jetzt mit den Eskapaden, richtig ja der Fensterladen
nahm womöglich heute Schaden, dann kommt da das Pochen her
auf stieß ich das hohe Fenster, und wie rauschende Gespenster
flatterte ein stolzer Rabe, just aus alter Sage her
keinen Gruß keine Verbeugung, nicht die kleinste Gunstbezeugung
gleich mit hoheitsvoller Miene, flog hinauf zur Türe er
setzt sich auf die Pallasbüste, die dort thronte marmorschwer
flog und saß da und nicht mehr


etwas pflege alter Knabe, fehlt zu deinem Wohlgehabe
aber sag mir grimmer Rabe, Wanderer aus Plutos Sphär
sag mir welchen edlen schwarzen Namen gab man dir in Plutos Sphär
sprach der Rabe (friss meine shorts) nimmermehr


und dann schwebten durch die Lüfte, plötzlich wundersame Düfte
und Serafins Schritte klangen, aus des Raumes Tiefe her
Himmel rief ich sieh Gott sendet, einen Engel her und spendet
dir Vergessen und so endet, die Erinnerung an Lenore
trink o trink das freundliche Vergessen, setz nicht länger dich zur Wehr
sprach der Rabe nimmermehr


nein dies war dein Abschiedszeichen, Teufelsvogel ohne Gleichen
lass dich nicht mehr bei mir sehn, kehr zurück in Plutos Sphär
pack dich hörst du du sollst Fliegen, und lass keine Feder liegen
als Beweisstück der Intrigen, pack dich ohne Wiederkehr
friss nicht weiter mir am Herzen, pack dich ohne Wiederkehr
sprach der Rabe nimmermehr
friss nicht weiter mir am Herzen, pack dich ohne Wiederkehr
sprach der Rabe nimmermehr
und der Rabe er fliegt nimmer, sitzt noch immer sitzt noch immer
auf der bleichen Pallasbüste, überm Türsims wie vorher
in den bösen Blick verwoben, eines Dämons träume toben
und das Licht wirft mir den groben, rabenschwarzen Schatten her
es erhebt sich aus dem Schatten, aus dem Rabenschatten her
meine Seele nimmermehr.

#470:  Autor: Murphy BeitragVerfasst am: 23.12.2012, 12:50
    —
Schillers Fritz hat folgendes geschrieben:
Sprüche des Confuzius


I

Dreifach ist der Schritt der Zeit:
Zögernd kommt die Zukunft hergezogen,
Pfeilschnell ist das Jetzt entflogen,
Ewig still steht die Vergangenheit.


Keine Ungeduld beflügelt
Ihren Schritt, wenn sie verweilt.
Keine Furcht, kein Zweifeln zügelt
Ihre Lauf, wenn sie enteilt.
Keine Reu', kein Zaubersegen
Kann die Stehende bewegen.


Möchtest du beglückt und weise
Endigen des Lebens Reise,
Nimm die Zögernde zum Rath,
Nicht zum Werkzeug deiner That.
Wähle nicht die Fliehende zum Freund,
Nicht die Bleibende zum Feind.


II

Dreifach ist des Raumes Maß:
Rastlos fort ohn Unterlaß
Strebt die Länge, fort ins Weite
Endlos gießet sich die Breite,
Grundlos senkt die Tiefe sich.



Dir ein Bild sind sie gegeben:
Rastlos vorwärts mußt du streben,
Nie ermüdet stille stehn,
Willst du die Vollendung sehn;
Mußt ins Breite dich entfalten,
Soll sich dir die Welt gestalten;
In die Tiefe mußt du steigen,
Soll sich dir das Wesen zeigen.
Nur Beharrung führt zum Ziel,
Nur die Fülle führt zur Klarheit,
Und im Abgrund wohnt die Wahrheit.

#471:  Autor: AhrimanWohnort: 89250 Senden BeitragVerfasst am: 24.12.2012, 11:25
    —
Murphy hat folgendes geschrieben:
Aber gut, sollte in diesem Fred nicht fehlen, hier die Simpsonsversion, die meiner unmaßgeblichen Meinung nach nicht einmal die schlechteste Übersetzung darstellt:


Das Lied von der Glocke
(von Friedrich von Schiller)

Mitternacht war’s schwarz und schaurig, lustlos saß ich träg und traurig
stöbernd in uralten Büchern, und die Augen wurden schwer
plötzlich hörte ich ein Scharren, und ein Klopfen und ein Knarren
deutlich von der Türe her, ein Besucher dacht ich jetzt noch
wo kommt der denn heut noch her
ja das dacht ich und nicht mehr


Also mit Schillers Glocke hat das nun überhaupt nichts zu tun. Meiner Vermutung nach handelt es sich hier um eine Parodie auf E.A.Poe's Gedicht "Der Rabe".
Wer kennt es genau? Ich hab's nur mal vor geraumer Zeit gehört.

#472:  Autor: HatioraWohnort: Frankfurt BeitragVerfasst am: 13.01.2013, 17:41
    —
*schubs

Als ich anläßlich zu Boomklevers Beitrag "Wo bin ich" nach Gott und Stadt gegoogelt habe, bin ich darüber gestolpert.

DER GOTT DER STADT (Georg Heym)

Auf einem Häuserblocke sitzt er breit.
Die Winde lagern schwarz um seine Stirn.
Er schaut voll Wut, wo fern in Einsamkeit
Die letzten Häuser in das Land verirrn.

Vom Abend glänzt der rote Bauch dem Baal,
Die großen Städte knieen um ihn her.
Der Kirchenglocken ungeheure Zahl
Wogt auf zu ihm aus schwarzer Türme Meer.

Wie Korybanten-Tanz dröhnt die Musik
Der Millionen durch die Straßen laut.
Der Schlote Rauch, die Wolken der Fabrik
Ziehn auf zu ihm, wie Duft von Weihrauch blaut.

Das Wetter schwält in seinen Augenbrauen.
Der dunkle Abend wird in Nacht betäubt.
Die Stürme flattern, die wie Geier schauen
Von seinem Haupthaar, das im Zorne sträubt.

Er streckt ins Dunkel seine Fleischerfaust.
Er schüttelt sie. Ein Meer von Feuer jagt
Durch eine Straße. Und der Glutqualm braust
Und frißt sie auf, bis spät der Morgen tagt.

#473:  Autor: AhrimanWohnort: 89250 Senden BeitragVerfasst am: 13.01.2013, 18:19
    —
Ich hasse solche Lyrik.
"Die letzten Häuser in das Land verirrn" Die Grammatik als Opfer des Versmaßes: "sich verirren". Aber so hat auch Goethe die Sprache in das Prokrustesbett des Versmaßes gespannt.
"Vom Abend glänzt der rote Bauch dem Baal,
Die großen Städte knieen um ihn her.
Der Kirchenglocken ungeheure Zahl
Wogt auf zu ihm aus schwarzer Türme Meer."
Bei allen Heidengöttern, was für ein Quatsch. Das muß man sich mal bildlich vorstellen, wie der rote Bauch glänzt und wie Städte knien und Kirchenglocken aufwogen.
"Korybanten"
Wer außer Wiki weiß, was das ist? Ehrlich!
"Er streckt ins Dunkel seine Fleischerfaust.
Er schüttelt sie."
Wen? Die Faust? Sieht im Dunkeln eh keiner...

#474:  Autor: pera BeitragVerfasst am: 13.01.2013, 18:46
    —
Ahriman hat folgendes geschrieben:
Ich hasse solche Lyrik.
"Die letzten Häuser in das Land verirrn" Die Grammatik als Opfer des Versmaßes: "sich verirren". Aber so hat auch Goethe die Sprache in das Prokrustesbett des Versmaßes gespannt.
"Vom Abend glänzt der rote Bauch dem Baal,
Die großen Städte knieen um ihn her.
Der Kirchenglocken ungeheure Zahl
Wogt auf zu ihm aus schwarzer Türme Meer."
Bei allen Heidengöttern, was für ein Quatsch. Das muß man sich mal bildlich vorstellen, wie der rote Bauch glänzt und wie Städte knien und Kirchenglocken aufwogen.
"Korybanten"
Wer außer Wiki weiß, was das ist? Ehrlich!
"Er streckt ins Dunkel seine Fleischerfaust.
Er schüttelt sie."
Wen? Die Faust? Sieht im Dunkeln eh keiner...


Das ist expressionistische Lyrik. Muss, wie jede Kunst, nicht jedem gefallen. Ist auch nicht mehr aktuell.
Benn, Lichtenstein, Trakl und viele andere haben sich auch darin betätigt.

#475:  Autor: AhrimanWohnort: 89250 Senden BeitragVerfasst am: 14.01.2013, 13:39
    —
"...glaubt der Mensch, wenn er nur Worte hört, es müsse sich dabei doch auch was denken lassen...." (Goethe)

#476:  Autor: HatioraWohnort: Frankfurt BeitragVerfasst am: 14.01.2013, 19:39
    —
pera hat folgendes geschrieben:

Das ist expressionistische Lyrik. Muss, wie jede Kunst, nicht jedem gefallen. Ist auch nicht mehr aktuell.
Benn, Lichtenstein, Trakl und viele andere haben sich auch darin betätigt.


Tja, die arme Kunst und das Verfallsdatum.

Heute liest man ja auch keinen Jules Verne mehr, wozu auch, alles schon im Kino.

Ich mag van Gogh, Georg Grosz und wie sie alle heißen heute noch.

#477:  Autor: HatioraWohnort: Frankfurt BeitragVerfasst am: 16.01.2013, 13:42
    —
Kaum hatte ich den Satz gesagt, tat es mir auch schon wieder leid.
Er war um vieles zu gewagt und fegte Deine Heiterkeit
hinweg wie einen Schleier.

(meins)

#478:  Autor: pera BeitragVerfasst am: 16.01.2013, 19:42
    —
Hatiora hat folgendes geschrieben:
Kaum hatte ich den Satz gesagt, tat es mir auch schon wieder leid.
Er war um vieles zu gewagt und fegte Deine Heiterkeit
hinweg wie einen Schleier.

(meins)


Hinweg wie einen Schleier, ok.
Wenn sich die letzte Zeile auch noch reimte, würde es mir besser gefallen:

Kaum hatte ich den Satz gesagt,
da tat es mir schon wieder leid.
Er war um vieles zu gewagt
und fegte Deine Heiterkeit
hinweg wie Laub zur Winterzeit.

Oder so. Nicht falsch verstehen, ich will dich nicht verbessern. skeptisch

#479:  Autor: HatioraWohnort: Frankfurt BeitragVerfasst am: 16.01.2013, 19:55
    —
pera hat folgendes geschrieben:
Hatiora hat folgendes geschrieben:
Kaum hatte ich den Satz gesagt, tat es mir auch schon wieder leid.
Er war um vieles zu gewagt und fegte Deine Heiterkeit
hinweg wie einen Schleier.

(meins)


Hinweg wie einen Schleier, ok.
Wenn sich die letzte Zeile auch noch reimte, würde es mir besser gefallen:

Kaum hatte ich den Satz gesagt,
da tat es mir schon wieder leid.
Er war um vieles zu gewagt
und fegte Deine Heiterkeit
hinweg wie Laub zur Winterzeit.

Oder so. Nicht falsch verstehen, ich will dich nicht verbessern. skeptisch


Das soll sich nicht reimen. Der letzte Vers ist der Bruch, der versinnbildlicht, wie das Gespräch etwa durch eine unbedachte Bemerkung abbricht, wie das Gegenüber sich abwendet.

Da fällt mir ein Witz ein:

Zwei Schwaben stehen auf der Neckarbrücke und wollen dichten. Sagt der eine:
"Ich stehe auf der Neckarbrück
und spuck dem Fischer ins Genick"
Der andere:
"Ich stehe auf der Neckarbück
und und steck mir den Finger in den Arsch"
Darauf der Erste:
"Des reimt sich net"
Der andere:
"Aber es dichtet"

zwinkern

#480:  Autor: astarte BeitragVerfasst am: 16.01.2013, 20:11
    —
Lachen



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