Demut
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Freigeisterhaus -> Weltanschauungen und Religionen

#61:  Autor: MarkusWohnort: Südhessen BeitragVerfasst am: 17.11.2003, 13:23
    —
Ich denke, hier wird ein wenig aneinander vorbei geredet, wobei ich mal offen lasse, ob absichtlich oder unabsichtlich.
Als Nichtgläubiger sehe ich mich tatsächlich als Herrn meiner selbst, bin somit nicht demütig, da ich keinen Herrn über mir akzeptiere.
Natürlich akzeptiere ich das Wissen eines anderen Menschen auf einem bestimmten Gebiet als größer als meines, sofern er dies für mich plausibel begründen kann. Aber genauso muss auch er mein Wissen auf einem anderen Gebiet als dem seinen als überlegen akzeptieren.
Nicht demütig zu sein, bedeutet aber auch, für alle meine Taten, meine Fehler und meine Probleme selbst Verantwortung zu übernehmen. Wenn ich etwas tue, kann ich mich nicht darauf berufen, um Sinne Gottes oder eines sonstigen Herrn zu handeln. Ich habe die Entscheidung getroffen, ich habe sie zu verantworten. Ich kann mich nicht damit aus der Verantwortung stehlen, dass ich sage, etwas sei eben nicht gottgewollt gewesen, deshalb habe es nicht funktioniert. Ich muss zu meinem Versagen stehen. Damit bin ich meines Erachtens nicht hochmütig.
Hochmütig ist nach meiner Definition der, der Fehler und Versagen auf höhere Mächte oder sonstige durch ihn nicht beeinflußbare Dinge schiebt und somit die Verantwortung für sein Handeln ablehnt.
Als Nichtgläubiger bin ich also im Sinne der Definition von c.e.s. weder demütig noch hochmütig. Ich bin verantwortungsbewußt und verantwortungsbereit.

Davon abgesehen, finde ich es nicht angebracht, Fragen nach Begriffen in den Raum zu stellen, ohne die durch mich zugrundegelegte Definition dieser Begriffe aufzuführen. Verzichte ich darauf, liegen die Befragten sicherlich nicht falsch, wenn sie meine Frage als gewollte Provokation auffassen und entsprechend reagieren.

#62:  Autor: NordseekrabbeWohnort: Dresden BeitragVerfasst am: 17.11.2003, 23:12
    —
cogito_ergo_sum hat folgendes geschrieben:
Nordseekrabbe schrieb:

Zitat:
Obgleich, nach deinem Verständnis bin ich natürlich kein Christ.


Mein lieber Bruder in Christo,

obgleich mir Nav in seiner grenzenloser Demut ( Mit den Augen rollen ) das Christsein abspricht, spreche ich dir insofern dein Christsein nicht ab, wenn du das nizäno-konstantinopolitanische Glaubensbekenntnis als Grundlage für das Christsein anerkennst.


Mit den Augen rollen
Ist das die einzige Grundlage fürs Christsein? Mit den Augen rollen Geschockt

#63:  Autor: Nav BeitragVerfasst am: 17.11.2003, 23:15
    —
Nordseekrabbe hat folgendes geschrieben:
cogito_ergo_sum hat folgendes geschrieben:
Nordseekrabbe schrieb:

Zitat:
Obgleich, nach deinem Verständnis bin ich natürlich kein Christ.


Mein lieber Bruder in Christo,

obgleich mir Nav in seiner grenzenloser Demut ( Mit den Augen rollen ) das Christsein abspricht, spreche ich dir insofern dein Christsein nicht ab, wenn du das nizäno-konstantinopolitanische Glaubensbekenntnis als Grundlage für das Christsein anerkennst.


Mit den Augen rollen
Ist das die einzige Grundlage fürs Christsein? Mit den Augen rollen Geschockt


Formalismus, Kräbbchen... das ist das, was die Amtskirchen unter "Christsein" verstehen.

Wenn alle so wären, wie Du... dann würde ich auch keine Religionskritik üben müssen, höchstens ein bißchen auf dem Gedanken an den unsichtbaren Freund herumsteigen, aber keine bösen Kommentare, echt nicht... Mit den Augen rollen

#64:  Autor: EifelladyWohnort: Wildnis der Eifel BeitragVerfasst am: 20.11.2003, 09:55
    —
Heike N. hat folgendes geschrieben:
Alzi hat folgendes geschrieben:
cogito_ergo_sum hat folgendes geschrieben:
Wenn es keinen Gott gibt, dann ist ja der Atheist selbst der Herr.


Bravo, Du hast es erkannt!
Warum sollte man sich freiwillig einem menschengemachten Gottesbild unterwerfen (das noch dazu im AT einen sadistischen, lügnerischen Neidhammelgott zeichnet)?

Schließlich ist jede Religion menschengemacht.


Das wird ces erschüttern. Geschockt

Ein Atheist selbst der Herr. Wie empörend. Geschockt


Erschüttern?
Gott selber ist doch Atheist!

ER glaubt nicht an Gott- er weiß, dass er es ist. zwinkern

#65:  Autor: M.S.Salomon BeitragVerfasst am: 20.11.2003, 13:35
    —
Der Begriff "Demut" darf nicht mit dem Begriff "Bescheidenheit" verwechselt werden. Demütiges Verhalten kennen wir aus dem Tierreich: Wenn ein Tier unterlegen ist, versucht es mit Hilfe von Demutsgebärden den Rivalen zu besänftigen, um nicht getötet zu werden oder ernsthafte Verletzungen davon zu tragen.
Insofern ist die von Christen als Tugend geforderte Demut vor ihrem Gott nur ein Erbe archaischen Verhaltens, das insofern pervertiert ist, als es sich bei ihrem Gott nicht um einen realen, sondern um einen bloß imaginären Stärkeren ("imaginäres Alphamännchen in der menschlichen Säugetierhierarchie" ) handelt. Als Gegensatz zum demütigen, d.h. mutlosen und ehrfürchtigen Verhalten haben Humanisten den sog. „aufrechten Gang“ gefordert - eine Haltung, die freien Menschen wohl besser zu Gesichte steht als die Festschreibung permanenter Unterwerfung.

PS: Der Gegensatz von "aufrechtem Geng" und "Demut" kommt auch in meinem Roman "Stollbergs Inferno" zum Tragen (siehe http://www.freigeisterhaus.de/viewtopic.php?t=1170 )
Der Roman zeigt auf, dass die "Demütigen" keineswegs die "Bescheidenen" sind. Im Gegenteil: Durch ihre Demutgebärden versuchen sie eine Allianz mit dem vermeintlich Stärkeren (Gott) zu schließen, was effektiv dazu führt, dass sich diese wahrhaft Demütigen (beste Beispiel in der Realität: Die Hardcoredemütigen des Opus Dei) über all jene stellen, die vermeintlich nicht über ähnlich "gute Kontakte nach oben" verfügen.

Mit anderen Worten: Die demütige religiöse Unterwerfung ist kein Zeichen der Bescheidenheit, sondern der Arroganz, denn sie dient der Selbstüberhöhung durch Indentifikation mit dem Heilsplan eines übermenschlichen Aggressors.

Man sollte also aufpassen, welche Begriffe man gebraucht: Wer gegenüber der Weite des Kosmos seine eigene Begrenztheit erfährt (eine wichtige existentielle Erfahrung) sollte diese Gefühle nicht mit dem Begriff Demut umschreiben. Denn diese haben nichts mit Unterwerfung zu tun, sondern mit der Einsicht in die notwendigen Beschränktheit der menschlichen Existenz im Allgemienen und der eigenen Existenz im Besonderen.

#66:  Autor: CriticWohnort: Arena of Air BeitragVerfasst am: 21.11.2003, 00:05
    —
cogito_ergo_sum hat folgendes geschrieben:
Nordseekrabbe schrieb:

Zitat:
Obgleich, nach deinem Verständnis bin ich natürlich kein Christ.


Mein lieber Bruder in Christo,

obgleich mir Nav in seiner grenzenloser Demut ( Mit den Augen rollen ) das Christsein abspricht, spreche ich dir insofern dein Christsein nicht ab, wenn du das nizäno-konstantinopolitanische Glaubensbekenntnis als Grundlage für das Christsein anerkennst.


Tja. Die Synthese von Kirchenstaat und Staatskirche. Die Kirche "vergottet" den Staat (in dem Sinne, daß sie seine Strukturen als gottgegeben darstellt und ihn dadurch stabilisiert) und der Staat macht dafür ihre Ideologie sakrosankt. :hmmm:

Schon mal in den Sinn gekommen, daß es a. sowas wie "schwarz" und "weiß" nicht gibt, sondern immer ein Kontinuum, und b. daß das Gegenteil von "Demut" nicht "Hochmut" sein könnte, sondern ein "weder noch", ein neutraler Zustand, ein Sein außerhalb des Wertebereiches?

#67:  Autor: SanneWohnort: Nordschland BeitragVerfasst am: 21.11.2003, 09:19
    —
M.S.Salomon hat folgendes geschrieben:

Mit anderen Worten: Die demütige religiöse Unterwerfung ist kein Zeichen der Bescheidenheit, sondern der Arroganz, denn sie dient der Selbstüberhöhung durch Indentifikation mit dem Heilsplan eines übermenschlichen Aggressors.

Allerdings!

Zitat:

Man sollte also aufpassen, welche Begriffe man gebraucht: Wer gegenüber der Weite des Kosmos seine eigene Begrenztheit erfährt (eine wichtige existentielle Erfahrung) sollte diese Gefühle nicht mit dem Begriff Demut umschreiben. Denn diese haben nichts mit Unterwerfung zu tun, sondern mit der Einsicht in die notwendigen Beschränktheit der menschlichen Existenz im Allgemienen und der eigenen Existenz im Besonderen.


Man sollte sich der christlichen und sklavischen wurzeln des Begriffs bewußt sein... ist mir erst in diesem Thread aufgefallen. Ich werde also keine Demut mehr empfinden beim Anblick des nächtlichen Sternenhimmels zwinkern

#68:  Autor: Effô TisettiWohnort: 75 BeitragVerfasst am: 21.11.2003, 20:27
    —
M.S.Salomon hat folgendes geschrieben:
Der Begriff "Demut" darf nicht mit dem Begriff "Bescheidenheit" verwechselt werden. Demütiges Verhalten kennen wir aus dem Tierreich: Wenn ein Tier unterlegen ist, versucht es mit Hilfe von Demutsgebärden den Rivalen zu besänftigen, um nicht getötet zu werden oder ernsthafte Verletzungen davon zu tragen.
Insofern ist die von Christen als Tugend geforderte Demut vor ihrem Gott nur ein Erbe archaischen Verhaltens, das insofern pervertiert ist, als es sich bei ihrem Gott nicht um einen realen, sondern um einen bloß imaginären Stärkeren ("imaginäres Alphamännchen in der menschlichen Säugetierhierarchie" ) handelt. Als Gegensatz zum demütigen, d.h. mutlosen und ehrfürchtigen Verhalten haben Humanisten den sog. „aufrechten Gang“ gefordert - eine Haltung, die freien Menschen wohl besser zu Gesichte steht als die Festschreibung permanenter Unterwerfung.

PS: Der Gegensatz von "aufrechtem Geng" und "Demut" kommt auch in meinem Roman "Stollbergs Inferno" zum Tragen (siehe http://www.freigeisterhaus.de/viewtopic.php?t=1170 )
Der Roman zeigt auf, dass die "Demütigen" keineswegs die "Bescheidenen" sind. Im Gegenteil: Durch ihre Demutgebärden versuchen sie eine Allianz mit dem vermeintlich Stärkeren (Gott) zu schließen, was effektiv dazu führt, dass sich diese wahrhaft Demütigen (beste Beispiel in der Realität: Die Hardcoredemütigen des Opus Dei) über all jene stellen, die vermeintlich nicht über ähnlich "gute Kontakte nach oben" verfügen.

Mit anderen Worten: Die demütige religiöse Unterwerfung ist kein Zeichen der Bescheidenheit, sondern der Arroganz, denn sie dient der Selbstüberhöhung durch Indentifikation mit dem Heilsplan eines übermenschlichen Aggressors.

Man sollte also aufpassen, welche Begriffe man gebraucht: Wer gegenüber der Weite des Kosmos seine eigene Begrenztheit erfährt (eine wichtige existentielle Erfahrung) sollte diese Gefühle nicht mit dem Begriff Demut umschreiben. Denn diese haben nichts mit Unterwerfung zu tun, sondern mit der Einsicht in die notwendigen Beschränktheit der menschlichen Existenz im Allgemienen und der eigenen Existenz im Besonderen.


Widerspruch:
Auch als überzeugter Nicht-Religiöser verstehe ich mich in dieser Definition (die ich voll und ganz teile) sehr wohl als demütig: Denn wenn "Demut" für "Unterwerfung" steht, bin ich sehr demütig. Mit einer so verstandenen Demut unterwerfe ich mich nämlich meinem Verstand, der mir eben die "Einsicht in die notwendige Beschränktheit der menschlichen Existenz im Allgemeinen und der eigenen Existenz im Besonderen" hat erkennen lassen. Ich werde daher nie behaupten, die Antworten auf die "letztgültigen Fragen" zu kennen. Denn auch wenn ich versuche, sie zu finden, wird mir das nicht gelingen. Das "weiß" ich und unterwerfe mich dieser Erkenntnis.
Ganz anders die Religiösen: Gerade diese "Demut" geht z.B. Christen völlig ab, indem sie jegliche Fehlbarkeit bzw. Grenzen der Erkenntnis durch die Verabsolutierung einfachst denkbarer Erklärungsmodelle mit Füßen treten. Religiöse sind das genaue Gegenteil von "demütig", sie schließen aufgrund von archaischen Offenbarungen bzw. Introspektion (eigene, subjektive Gotteserfahrung) auf alle anderen bzw. "die Welt". DAS nenne ich nicht demütig, sondern erstaunlich hochmütig.
Ich sehe Religion sogar als höchste evolutionäre Stufe der Arroganz an!

#69:  Autor: AlziWohnort: Oberfranken BeitragVerfasst am: 21.11.2003, 21:31
    —
Lalilemlula hat folgendes geschrieben:
Auch als überzeugter Nicht-Religiöser verstehe ich mich in dieser Definition (die ich voll und ganz teile) sehr wohl als demütig: Denn wenn "Demut" für "Unterwerfung" steht, bin ich sehr demütig. Mit einer so verstandenen Demut unterwerfe ich mich nämlich meinem Verstand, der mir eben die "Einsicht in die notwendige Beschränktheit der menschlichen Existenz im Allgemeinen und der eigenen Existenz im Besonderen" hat erkennen lassen.


Wenn Du Verstand hast, dann ist er integraler Bestandteil Deiner Persönlichkeit.

Wie willst Du Dich Dir selbst demütig unterwerfen?
Wie geht das, wie sieht das aus?

#70:  Autor: Effô TisettiWohnort: 75 BeitragVerfasst am: 22.11.2003, 09:09
    —
Alzi hat folgendes geschrieben:
[Wenn Du Verstand hast, dann ist er integraler Bestandteil Deiner Persönlichkeit.
Wie willst Du Dich Dir selbst demütig unterwerfen?
Wie geht das, wie sieht das aus?


Das sieht so aus: Ein Teil meiner Persönlichkeit, nämlich die angeborene Neugier bzw. das Streben nach Wissen, die anerzogene Suche nach dem "Sinn des Lebens" unterwirft sich dem Verstand bzw. der Einsicht in die Begrenztheit der eigenen Erkenntnismöglichkeit. Letzterer verbietet dem ersteren, sich diesbezüglich eine Lebenslüge (Religion oder andere Formen von Irrationalismus) zurechtzulegen - obwohl er es vielleicht gerne tun würde. Er muss sich aber unterwerfen: Wünsche oder Bedürfnisse des ersteren Teils meiner Persönlichkeit bleiben unbefriedigt. Insofern unterwerfe ich mich tatsächlich demütig mir selber.
War das jetzt zu wirr? zwinkern

#71:  Autor: M.S.Salomon BeitragVerfasst am: 22.11.2003, 15:42
    —
Lalilemlula hat folgendes geschrieben:
Alzi hat folgendes geschrieben:
[Wenn Du Verstand hast, dann ist er integraler Bestandteil Deiner Persönlichkeit.
Wie willst Du Dich Dir selbst demütig unterwerfen?
Wie geht das, wie sieht das aus?


Das sieht so aus: Ein Teil meiner Persönlichkeit, nämlich die angeborene Neugier bzw. das Streben nach Wissen, die anerzogene Suche nach dem "Sinn des Lebens" unterwirft sich dem Verstand bzw. der Einsicht in die Begrenztheit der eigenen Erkenntnismöglichkeit. Letzterer verbietet dem ersteren, sich diesbezüglich eine Lebenslüge (Religion oder andere Formen von Irrationalismus) zurechtzulegen - obwohl er es vielleicht gerne tun würde. Er muss sich aber unterwerfen: Wünsche oder Bedürfnisse des ersteren Teils meiner Persönlichkeit bleiben unbefriedigt. Insofern unterwerfe ich mich tatsächlich demütig mir selber.
War das jetzt zu wirr? zwinkern


Ja, in der Tat, ein wenig... Lachen
Demut ist Ausdruck der Unterwerfung gegenüber einem (vermeintlich) Stärkeren, der AUSSERHALB der eigenen Person existiert. Demut bedeutet heteronome Normen (also von außen gesetzte Normen) anzuerkennen, weil diese Macht über mich haben - und ich mich diesen nicht entziehen kann. Deshalb heißt es ja De-mut = Mutlosigkeit...

Die Einsicht in die Begrenztheit der eigenen Erkenntnis hat nichts mit Mutlosigkeit zu tun, sondern verlangt im Gegenteil einiges an Mut.
Statt von "Demut" würde ich deshalb in diesem Zusammenhang von "Agnostizismus" oder "erkenntnistheoretische Bescheidenheit" sprechen.

Die Fähigkeit, bestimmten (als vernünftig erachteten) Neigungen Vorrang vor anderen zu geben, wird gewöhnlich mit "Selbstdisziplin" beschreiben. Den Zusammenhang zum Begriff "Demut" sehe ich nicht, da Selbstdisziplin
etwas mit Autonomie zu tun hat, nicht mit dem Befolgen heteronomer Bestimmungen.

Wenn dies dennoch der Fall sein sollte, dann ist der Begriff "Kadavergehorsam" angebrachter, der wie "Demut" ein große religiöse Tradition hat... (Der Begriff "Kadavergehorsam" geht wahrscheinlich auf den Begründer des Jesuitenordens, Ignatius, zurück, der seinen Ordensbrüdern befahl, sich führen zu lassen, "als wären sie ein Leichnam, der sich überall hintragen und auf jede Weise behandeln lässt."

#72:  Autor: AlziWohnort: Oberfranken BeitragVerfasst am: 23.11.2003, 04:13
    —
Lalilemlula hat folgendes geschrieben:
Alzi hat folgendes geschrieben:
[Wenn Du Verstand hast, dann ist er integraler Bestandteil Deiner Persönlichkeit.
Wie willst Du Dich Dir selbst demütig unterwerfen?
Wie geht das, wie sieht das aus?


Das sieht so aus: Ein Teil meiner Persönlichkeit, nämlich die angeborene Neugier bzw. das Streben nach Wissen, die anerzogene Suche nach dem "Sinn des Lebens" unterwirft sich dem Verstand bzw. der Einsicht in die Begrenztheit der eigenen Erkenntnismöglichkeit. Letzterer verbietet dem ersteren, sich diesbezüglich eine Lebenslüge (Religion oder andere Formen von Irrationalismus) zurechtzulegen - obwohl er es vielleicht gerne tun würde. Er muss sich aber unterwerfen: Wünsche oder Bedürfnisse des ersteren Teils meiner Persönlichkeit bleiben unbefriedigt. Insofern unterwerfe ich mich tatsächlich demütig mir selber.
War das jetzt zu wirr? zwinkern



In wie viele Teile will man eine Persönlichkeit denn aufspalten?
Man könnnte zum Beispiel das Hungergefühl abspalten.
Jemand begibt sich also hungrig und mit knurrendem Magen auf die Suche nach etwas Essbarem, als plötzlich ein Löwe aus dem Gebüsch springt und ihn zu verspeisen wünscht.

Er meldet Protest an, nimmt die Beine in die Hand und rennt, was das Zeug hält, Richtung nächsten Baum.
Während dieser Flucht demütigt sich sein Hungergefühl vor dem Fluchtinstinkt - richtig?
Oder wird eher sein Hunger vom Fluchtinstinkt gedemütigt?
Oder unterworfen?

Demütigt sich der Verstand vor dem akuten Harndrang, oder demütigt der akute Harndrang den Verstand?


M.S.Salomon hat folgendes geschrieben:
Die Fähigkeit, bestimmten (als vernünftig erachteten) Neigungen Vorrang vor anderen zu geben, wird gewöhnlich mit "Selbstdisziplin" beschreiben.


Genau, oder als Lust, Genuß, usw.

#73:  Autor: Babyface BeitragVerfasst am: 23.11.2003, 12:45
    —
Alzi hat folgendes geschrieben:
Demütigt sich der Verstand vor dem akuten Harndrang, oder demütigt der akute Harndrang den Verstand?

In diesem Fall ziehen eher beide an einem Strang. zwinkern

#74:  Autor: AlziWohnort: Oberfranken BeitragVerfasst am: 24.11.2003, 04:37
    —
Babyface hat folgendes geschrieben:
Alzi hat folgendes geschrieben:
Demütigt sich der Verstand vor dem akuten Harndrang, oder demütigt der akute Harndrang den Verstand?

In diesem Fall ziehen eher beide an einem Strang. zwinkern


Es sei denn, man ist während einer Klassenfahrt in einem Bus ohne WC unterwegs, hat vorher schwer gebechert, und der Busfahrer genehmigt erst nach längerer Fahrt, die einem wie eine Ewigkeit vorkommt, eine Pinkelpause ... Verlegen

#75:  Autor: ric BeitragVerfasst am: 24.11.2003, 11:35
    —
Alzi hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
Alzi hat folgendes geschrieben:
Demütigt sich der Verstand vor dem akuten Harndrang, oder demütigt der akute Harndrang den Verstand?

In diesem Fall ziehen eher beide an einem Strang. zwinkern
Es sei denn, man ist während einer Klassenfahrt in einem Bus ohne WC unterwegs, hat vorher schwer gebechert, und der Busfahrer genehmigt erst nach längerer Fahrt, die einem wie eine Ewigkeit vorkommt, eine Pinkelpause ... Verlegen
Es gibt sicher irgendwo eine leere Flasche --> Erniedrigung. zwinkern

#76:  Autor: EifelladyWohnort: Wildnis der Eifel BeitragVerfasst am: 24.11.2003, 11:55
    —
Zitat:
Ja, in der Tat, ein wenig... Lachen
Demut ist Ausdruck der Unterwerfung gegenüber einem (vermeintlich) Stärkeren, der AUSSERHALB der eigenen Person existiert. Demut bedeutet heteronome Normen (also von außen gesetzte Normen) anzuerkennen, weil diese Macht über mich haben - und ich mich diesen nicht entziehen kann. Deshalb heißt es ja De-mut = Mutlosigkeit...

Die Einsicht in die Begrenztheit der eigenen Erkenntnis hat nichts mit Mutlosigkeit zu tun, sondern verlangt im Gegenteil einiges an Mut.
Statt von "Demut" würde ich deshalb in diesem Zusammenhang von "Agnostizismus" oder "erkenntnistheoretische Bescheidenheit" sprechen.


Ich würde diese Erkenntnis der eingenen Begrenztheit nicht unbedingt mir Mut in Zusammenhang bringen.
Wenn ich weiß, dass ich keine Chance gegen etwas habe, das mich beherrscht, dann hat es nichts mit Mut zu tun- was hat eine Erkenntnis des *ausgeliefert seins* mit Mut zu tun?
Ich würde es weder mit Mut noch mit Mutlosigkeit bezeichnen.
Sondern einfach mit Erkenntnis, dass Annehmen von Tatsachen, die unabänderlich sind oder scheinen.

Ellen

#77: Demut Autor: Mefi Stofeles BeitragVerfasst am: 25.11.2003, 22:01
    —
Ich habe das Thema "Demut" zum ersten Mal in voller Breitseite während eines Familienaufstellungs-Seminars mitbekommen.

Ziemlich zum Ende der drei oder vier Tage meldete sich eine Frau und sagte, sie habe sich beim letzten Seminar nicht dazu überwinden können, sich vor ihrem Vater zu verbeugen, und fühle sich nun bereit, dies nachzuholen.

Der Moderator forderte sie auf, einen Stellvertreter ihres Vaters vor sich hinzustellen. Vor diesem "Vater" verbeugte sie sich dann lang und tief, erhob sich irgendwann dann, und brach in Tränen aus. Dann umarmte sie den "Vater" für eine Weile, immer noch weinend.

#78:  Autor: SanneWohnort: Nordschland BeitragVerfasst am: 26.11.2003, 08:18
    —
Zum Thema Familienaufstellung wurde hier schon mal diskutiert.
Wie hast du das mit der Demut denn empfunden (im Zusammenhang mit der Familienaufstellung), eher positiv oder eher negativ?

#79: Re: Demut Autor: Heike N.Wohnort: Bottrop BeitragVerfasst am: 26.11.2003, 08:21
    —
Mefi Stofeles hat folgendes geschrieben:
Ich habe das Thema "Demut" zum ersten Mal in voller Breitseite während eines Familienaufstellungs-Seminars mitbekommen.


Wie bist du da reingeraten? Freiwillig?

Zitat:
Ziemlich zum Ende der drei oder vier Tage meldete sich eine Frau und sagte, sie habe sich beim letzten Seminar nicht dazu überwinden können, sich vor ihrem Vater zu verbeugen, und fühle sich nun bereit, dies nachzuholen.

Der Moderator forderte sie auf, einen Stellvertreter ihres Vaters vor sich hinzustellen. Vor diesem "Vater" verbeugte sie sich dann lang und tief, erhob sich irgendwann dann, und brach in Tränen aus. Dann umarmte sie den "Vater" für eine Weile, immer noch weinend.


Warum muss man sich eigentlich vor dem Vater verbeugen? Am Kopf kratzen

#80: Re: Demut Autor: Heike J BeitragVerfasst am: 26.11.2003, 08:28
    —
Heike N. hat folgendes geschrieben:
Warum muss man sich eigentlich vor dem Vater verbeugen? Am Kopf kratzen


Bei den Familienaufstellungen geht es darum, dass jeder in der Familie eine bestimmte Rolle zu spielen hat. Und die sind klar definiert. Die Kinder haben sich den Eltern unterzuordnen.

#81: Re: Demut Autor: AlziWohnort: Oberfranken BeitragVerfasst am: 26.11.2003, 08:28
    —
Heike N. hat folgendes geschrieben:
Warum muss man sich eigentlich vor dem Vater verbeugen? Am Kopf kratzen


Natürlich aus Dankbarkeit dafür, daß er einen weder verprügelt noch vergewaltigt hat.

Hat er einen verprügelt und/oder vergewaltigt, dann verbeugt man sich dafür, daß er den Kindern seine Liebe eben auf "seine Art" gezeigt hat.

#82: Re: Demut Autor: Heike N.Wohnort: Bottrop BeitragVerfasst am: 26.11.2003, 08:30
    —
Alzi hat folgendes geschrieben:
Heike N. hat folgendes geschrieben:
Warum muss man sich eigentlich vor dem Vater verbeugen? Am Kopf kratzen


Natürlich aus Dankbarkeit dafür, daß er einen weder verprügelt noch vergewaltigt hat.

Hat er einen verprügelt und/oder vergewaltigt, dann verbeugt man sich dafür, daß er den Kindern seine Liebe eben auf "seine Art" gezeigt hat.


Tja, mein Paps hat mich aber weder verprügelt noch vergewaltigt. Und was mache ich nun?

#83: Re: Demut Autor: AlziWohnort: Oberfranken BeitragVerfasst am: 26.11.2003, 08:59
    —
Heike N. hat folgendes geschrieben:
Tja, mein Paps hat mich aber weder verprügelt noch vergewaltigt. Und was mache ich nun?


Aus Dankbarkeit verbeugen, denn es hätte schlimmer kommen können.

#84:  Autor: Mefi Stofeles BeitragVerfasst am: 27.11.2003, 23:44
    —
"Warum muss man sich eigentlich vor dem Vater verbeugen?"

Um sich von ihm zu verabschieden und ihm das Seine zu lassen, in Achtung und Demut vor seinem Schicksal.

Reingeraten tut man da freiwillig, wie sonst?

#85:  Autor: QuéribusWohnort: Avaricum BeitragVerfasst am: 28.11.2003, 00:05
    —
Geschockt Geschockt Geschockt
zitat:
Zitat:
ein hierarchisch strukturiertes Familiensystem, das Hellinger als heilsam erkannt haben will: „Die Frau folgt dem Mann“, schreibt er in einem Buch. Dann folgen die Kinder, in der Reihenfolge ihrer Geburt.

aus welcher Höhle ist denn der entwichen? Verwundert
in dem Moment wär ich schon draussen zwinkern
Sogar in der französischen Armee ist allgemein bekannt, dass die Ehefrau einen Dienstgrad mehr hat als der Mann (um deutlich zu machen, wer zu Hause das Sagen hat) Cool
Also ich bin "Major" = Hauptfeldwebel Lachen

#86:  Autor: Heike N.Wohnort: Bottrop BeitragVerfasst am: 28.11.2003, 00:08
    —
Mefi Stofeles hat folgendes geschrieben:
"Warum muss man sich eigentlich vor dem Vater verbeugen?"

Um sich von ihm zu verabschieden und ihm das Seine zu lassen, in Achtung und Demut vor seinem Schicksal.


Und das kann er nicht haben oder ich ihm nicht lassen, wenn ich mich nicht vor ihm verbeuge?

#87: Re: Demut Autor: Heike N.Wohnort: Bottrop BeitragVerfasst am: 28.11.2003, 00:10
    —
Alzi hat folgendes geschrieben:
Heike N. hat folgendes geschrieben:
Tja, mein Paps hat mich aber weder verprügelt noch vergewaltigt. Und was mache ich nun?


Aus Dankbarkeit verbeugen, denn es hätte schlimmer kommen können.


Blödsinn.

#88: Re: Demut Autor: AlziWohnort: Oberfranken BeitragVerfasst am: 28.11.2003, 04:25
    —
Heike N. hat folgendes geschrieben:
Alzi hat folgendes geschrieben:
Heike N. hat folgendes geschrieben:
Tja, mein Paps hat mich aber weder verprügelt noch vergewaltigt. Und was mache ich nun?


Aus Dankbarkeit verbeugen, denn es hätte schlimmer kommen können.


Blödsinn.


skeptisch


Das sagst Du leicht dahin, weil es bei Dir nicht schlimmer gekommen ist.
Aber wer von den Eltern mit Ruten, Schläuchen, Wäscheprügeln und Gürteln mit Schnallen regelmäßig verprügelt wurde, wird das etwas differenzierter sehen.

Auch die Kinder, die eine halbe Stunde lang kalt abgeduscht oder auf die heiße Herdplatte gesetz wurden.

Frag diese, Kinder, denen weder Gesellschaft, noch Staat oder Gesetzgeber zur Seite standen, was sie bevorzugt hätten - hätte man ihnen die Wahl gelassen - sich zu verbeugen und zu sich zu demütigen, oder mit Gegenständen grün und blau geschlagen oder auf heiße Herdplatten gesetzt zu werden.

Kinder, die jahrelang gegen ihren Willen von einem Elternteil als Sexsklaven gehalten wurden, wären wahrscheinlich auch dankbar gewesen, ihre Qualen durch einen Diener abwenden zu können.

#89: Re: Demut Autor: Heike N.Wohnort: Bottrop BeitragVerfasst am: 28.11.2003, 08:51
    —
Alzi hat folgendes geschrieben:
Heike N. hat folgendes geschrieben:
Alzi hat folgendes geschrieben:
Heike N. hat folgendes geschrieben:
Tja, mein Paps hat mich aber weder verprügelt noch vergewaltigt. Und was mache ich nun?


Aus Dankbarkeit verbeugen, denn es hätte schlimmer kommen können.


Blödsinn.


skeptisch

Das sagst Du leicht dahin, weil es bei Dir nicht schlimmer gekommen ist.


Ich habe ne ganze Menge kennengelernt, wenn auch nicht von meinem Vater. Also erzähl mir nichts.

Ich sehe dennoch keine Veranlassung, eine dämliche Unterwerfungsgeste einem Menschen gegenüber zu vollführen, weil bei diesem Menschen etwas nicht passiert ist. Das halte ich für Pillepalle

#90:  Autor: SanneWohnort: Nordschland BeitragVerfasst am: 28.11.2003, 09:40
    —
Ich würde mir ja bekloppt vorkommen, wenn meine Kinder sich vor mir verbeugen würden (...kann ich wohl nicht richtig beurteilen, bin ja bloß Mutter, nicht Vater Argh )

Wenn Kinder schlimme Erfahrungen mit ihren Eltern gemacht haben, ist eine "Aussöhnung" wohl nicht immer möglich. Da würde ich doch das Kapitel einfach abschließen und den Kontakt mit dem betreffenden Elternteil einstellen.
Sich selber respektieren, Stolz und Würde, sind doch wichtiger als Demut und Unterwerfung. Also in einer Familie sollten alle sich mit Respekt und Wertschätzung begegnen. Wenn mir das als Kind von meinen Eltern nicht entgegengebracht wird, können die das von mir auch nicht verlangen. Und irgendein Therapeut könnte das auch nicht verlangen.



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