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Definition und Operationalisierung von Ich-Bewusstsein
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defensor_fidei
Gast






Beitrag(#85064) Verfasst am: 02.02.2004, 21:40    Titel: Antworten mit Zitat

Sorry - aber ich kann es mir nicht verkneifen:

Gehören nicht besondere Käfer - wie die Pillendreher und andere - in eine Käfersammlung?

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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
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Beitrag(#85067) Verfasst am: 02.02.2004, 21:50    Titel: Antworten mit Zitat

M.S.Salomon hat folgendes geschrieben:
Die ungeklärte Frage in Bezug auf Bewusstsein ist die Frage, wie konnten Organismen entstehen, die bestrebt sind, unangenehme Reize zu vermeiden und angenehme Reize zu verstärken? Anders ausgedrückt: Wie kam das "Interesse" in die Natur? (Und Interesse entstand nicht erst mit den Säugetieren, auch ein Regenwurm hat "Empfindungen"... In völlig reduzierter Form kann man das möglicherweise sogar schon bei einer Amöbe unterstellen)

Wenn Du "Interesse" so allgemein definierst, hat es mit Bewußtsein nichts mehr zu tun, sondern scheint sowas zu bedeuten wie "Reiz-Reaktionssystem mit der Eigenschaft, daß die Reaktion idR die genetische Fortpflanzung begünstigt". Und ich bin skeptisch, ob das wirklich etwas so Besonderes darstellt.

Ich denke, das "Besondere" an Leben ist, daß es biochemische (vielleicht kann man diese Einschränkung auch noch fallen lassen) Strukturen gibt, die bestimmte Umwelten dazu bringen, Kopien von ihnen herzustellen.

gruß/step
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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Klaus-Peter
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Beiträge: 1534

Beitrag(#85211) Verfasst am: 03.02.2004, 12:40    Titel: Antworten mit Zitat

M.S.Salomon hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
M.S.Salomon hat folgendes geschrieben:
... aber wie das "Prinzip Eigennutz" (= Leben) in die Natur kommt, ist m.E. noch völlig ungeklärt. Hat jemand auf diese Frage schon halbwegs plausible Antworten gefunden?

Ist es nicht nahezu trivial, daß nach einer hinreichenden Zeit von allen etwaigen komplexen Strukturen nur noch solche zu beobachten sind, die ihren Aufbau erfolgreich replizieren?

Falls das so ist: Ist es nicht weiterhin klar, daß replizierende Strukturen immer so aussehen müssen, als unterlägen sie einem "Prinzip Eigennutz"


Selbstverständlich: Wenn replizierende Strukturen auftreten, werden sie nicht replizierende Strukturen verdrängen... Die Frage ist jedoch: Wodurch treten solche Strukturen aus? Es ist bislang noch niemandem gelungen, Leben zu erschaffen, ohne dabei selbst auf Lebendiges zurückzugreifen...

Die ungeklärte Frage in Bezug auf Bewusstsein ist die Frage, wie konnten Organismen entstehen, die bestrebt sind, unangenehme Reize zu vermeiden und angenehme Reize zu verstärken? Anders ausgedrückt: Wie kam das "Interesse" in die Natur? (Und Interesse entstand nicht erst mit den Säugetieren, auch ein Regenwurm hat "Empfindungen"... In völlig reduzierter Form kann man das möglicherweise sogar schon bei einer Amöbe unterstellen)

Ich denke, dass Step die Frage schon beanwortet hat:
1. Replizierende Strukturen müssen nur einmal entstanden sein, dann ist schon sichergestellt dass sie mehr werden.
2. Sobald ein Replikator einmal genügend konstant ist, kann man ihm eine "Interesse" zuschreiben, das "Interesse", kopiert zu werden.
3. Replikatoren, die unangenehme Reize vermeiden und angenehme verstärken, dienen ihren Interessen besser.
4. Replikatoren, die sich zusammengetan haben (z.B: in Zellen, Organismen) müssen ihre Interessen weitgehend gemeinsam verfolgen. Das ist die optimale Strategie. Das gemeinsame Interesse aller Replikatoren eines Organismus ist das Interesse des Organismus.
5. Dass heutzutage keine Entstehung von Leben beobachtet wird, hat zwei Gründe: a) es dauert zu lange für das Labor. b) Neues Leben kann nicht hochwachsen, weil eventuelle Möchtegern-Replikatoren schon lange von bereits lebenden Konkurrenten weggefressen werden.

Mehr braucht es nicht, um die Entstehung von Teleonomie prinzipiell zu erklären.

Sehr erhellend für diese Zusammenschau fand ich das Buch von Eigen/Winkler: "Das Spiel".
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ric
Gast






Beitrag(#87240) Verfasst am: 08.02.2004, 01:50    Titel: Antworten mit Zitat

@KP

Ich habe immer noch nicht verstanden, was Deiner Ansicht nach der Quantensprung im bewußtsein des Menschen ist, mit dem er sich von allen anderen Lebewesen abgrenzt.

Oder ist das gar nicht Deine Ansicht? Am Kopf kratzen
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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#87263) Verfasst am: 08.02.2004, 09:39    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Wygotsky,

Wygotsky hat folgendes geschrieben:


[ ... ]

(Ebenso wie denkbar ist, dass Lebenwesen aus anderen Bausteinen zusammengesetzt sein könnten als ausgerechnet Nukleinsäuren und Aminosäuren.)


da bin ich mir gar nicht so sicher. Es stimmt natürlich, dass wir nur ein Leben kennen, das sich so entwickeltl hat. Aber wenn Du überlegst, welche Chemikalien denn überhaupt infrage kommen, beschleicht einen schon der Verdacht, dass das nicht allzu viele sind. Vor allem, weil die ja auch irgendwie entstehen müssen, und zwar abiotisch. Das schränkt die Auswahl noch einmal gewaltig ein.

Kauffmann hat derartige Sachen AFAIK mit 'order for free' umschrieben.

Ich kann mir gut vorstellen, dass es so was, auf 'höherer Ebene', auch mit Denken etc. geben könnte.


Grüßle

Thomas
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M.S.Salomon
registrierter User



Anmeldungsdatum: 15.09.2003
Beiträge: 389

Beitrag(#87266) Verfasst am: 08.02.2004, 10:50    Titel: Antworten mit Zitat

KP schrieb:

Zitat:
Ich denke, dass Step die Frage schon beanwortet hat:
1. Replizierende Strukturen müssen nur einmal entstanden sein, dann ist schon sichergestellt dass sie mehr werden.
2. Sobald ein Replikator einmal genügend konstant ist, kann man ihm eine "Interesse" zuschreiben, das "Interesse", kopiert zu werden.
3. Replikatoren, die unangenehme Reize vermeiden und angenehme verstärken, dienen ihren Interessen besser.
4. Replikatoren, die sich zusammengetan haben (z.B: in Zellen, Organismen) müssen ihre Interessen weitgehend gemeinsam verfolgen. Das ist die optimale Strategie. Das gemeinsame Interesse aller Replikatoren eines Organismus ist das Interesse des Organismus.
5. Dass heutzutage keine Entstehung von Leben beobachtet wird, hat zwei Gründe: a) es dauert zu lange für das Labor. b) Neues Leben kann nicht hochwachsen, weil eventuelle Möchtegern-Replikatoren schon lange von bereits lebenden Konkurrenten weggefressen werden.


Das alles sehe ich ja ein... Meine Frage zielt jedoch auf etwas anderes ab: Wodurch sind diese replizierenden Strukturen, die das "Interesse" in die Natur brachten, entstanden? Mir scheint, dass das entscheidende Glied für die "Urknall-Theorie der biologischen Evolution" noch fehlt... Oder täusche ich mich da?
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Wir müssen uns Sisyphos
als einen glücklichen Menschen vorstellen."
(Albert Camus)
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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#87273) Verfasst am: 08.02.2004, 11:28    Titel: Antworten mit Zitat

Hi M.S. Salomon,

M.S.Salomon hat folgendes geschrieben:


[ ... ]

Das alles sehe ich ja ein... Meine Frage zielt jedoch auf etwas anderes ab: Wodurch sind diese replizierenden Strukturen, die das "Interesse" in die Natur brachten, entstanden? Mir scheint, dass das entscheidende Glied für die "Urknall-Theorie der biologischen Evolution" noch fehlt... Oder täusche ich mich da?


Deine Frage ist sehr schwierig. Die Antwort, die Klaus-Peter Dir gibt ist die eine Strukturwissenschaftlers. Er analysiert Systeme, im Idealfall kann er sie so beschreiben, dass er die Beschreibung in Programmform im silico testen kann.

Eine 'Erklärung' aus der Sicht meiner Baustelle würde eher narrativ aussehen: Die und die Sorte von Molekülen hat sich durch die und die Art von Prozessen so und so organisiert. Und da keiner von uns dabei war, kann es sein, dass es keine Möglichkeit geben wird, das jemals mehr als durch ein konkret ausformuliertes Modell zu beschreiben, in dem irgendwelche Begriffe wie 'Adenin', 'Phosphat', 'Selektion' etc. vorkommen.

Wie eine für Dich befriedigende Antwort prinzipiell aussehen könnte, ist mir nicht klar. Letztendlich bleibt nur die Alternative 'ist halt so' oder 'ER hat es so eingerichtet'. Dazwischen gibt es viele Ansätze, den Vorgang zu beschreiben.

Grüßle

Thomas
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M.S.Salomon
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Beiträge: 389

Beitrag(#87351) Verfasst am: 08.02.2004, 14:23    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Thomas.

Du schreibst:

Zitat:
Wie eine für Dich befriedigende Antwort prinzipiell aussehen könnte, ist mir nicht klar. Letztendlich bleibt nur die Alternative 'ist halt so' oder 'ER hat es so eingerichtet'. Dazwischen gibt es viele Ansätze, den Vorgang zu beschreiben.


Genau diese Ansätze "dazwischen" interessieren mich ja...
Plausible Antworten auf diese Fragen sind m.E. enorm wichtig, um das Phänomen des Bewusstseins in seiner Tiefe zu verstehen.

Ich halte es für höchst problematisch, "Leben" auf Replikationsprozesse zu reduzieren. Wir können ja sehr wohl Programme entwickeln, die sich autonom reproduzieren. Von außen betrachtet mag es dabei so erscheinen, als ob diese Programme "Interessen" hätten. In Wirklichkeit ist dem jedoch keineswegs so.

Dies ist auch das Grundproblem der strukturalistisch-funktionalistischen Ansätze von Dennett & Co: Sie lösen das Problem des Bewusstseins nicht, sondern eliminieren nur zentrale Aspekte des Problems auf theoretischer Ebene.

Das heißt natürlich nicht, dass die Entwicklung von "intelligenten Robotern" wie COG ein Fehler ist. Es wäre jedoch ein Fehler, würde man glauben, dass man mit einer rein funktionalistischen Herangehensweise (Computermodell des Bewusstseins) biologische Bewusstseinsphänomene angemessen erklären kann...

Frage an step und Klaus-Peter: Glaubt ihr wirklich, "Bewusstein" mit Hilfe von rein funktionalistischen (biologische Aspekte ausklammernden) Theorie erklären zu können? Geht ihr davon aus, dass "Empfindungen" durch hinreichend komplexe Computerprogramme erzeugt werden können?
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frajo
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Anmeldungsdatum: 25.08.2003
Beiträge: 11440

Beitrag(#87387) Verfasst am: 08.02.2004, 15:50    Titel: Antworten mit Zitat

M.S.Salomon hat folgendes geschrieben:
Meine Frage zielt jedoch auf etwas anderes ab: Wodurch sind diese replizierenden Strukturen, die das "Interesse" in die Natur brachten, entstanden? Mir scheint, dass das entscheidende Glied für die "Urknall-Theorie der biologischen Evolution" noch fehlt... Oder täusche ich mich da?

frage eines interessierten laien:
warum taucht in euren spannenden diskussionen nie der begriff "stochastik" auf?
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step
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Beitrag(#87400) Verfasst am: 08.02.2004, 16:28    Titel: Antworten mit Zitat

M.S.Salomon hat folgendes geschrieben:
Ich halte es für höchst problematisch, "Leben" auf Replikationsprozesse zu reduzieren. Wir können ja sehr wohl Programme entwickeln, die sich autonom reproduzieren. Von außen betrachtet mag es dabei so erscheinen, als ob diese Programme "Interessen" hätten. In Wirklichkeit ist dem jedoch keineswegs so.

Jetzt schränkst Du plötzlich Deinen Begriff "Interesse" wieder ein, nachdem Du ihn zuerst verallgemeinert hattest. Auch das Genom eines Virus oder das Virus hat nur "scheinbar" Interessen.

M.S.Salomon hat folgendes geschrieben:
Frage an step und Klaus-Peter: Glaubt ihr wirklich, "Bewusstein" mit Hilfe von rein funktionalistischen (biologische Aspekte ausklammernden) Theorie erklären zu können?

Funktionalistische Herangehensweisen klammern biologische Aspekte nicht aus, glauben aber nicht an irreduzible biologische Wesenheiten ("Geist", "Seele", ...). Biologische Gesetze, Phänomene, Zusammenhänge spiegeln für uns letztlich makroskopische Effekte der Physik, Stochastik usw. wieder, auch wenn sie sich für die Beschreibung makroskopische Effekte besser eignen als eine vollständige Reduktion. Ähnlich wie in der Chemie: Das Periodensystem ist praktisch, aber letztlich ein makroskopischer Seiteneffekt der Physik.

M.S.Salomon hat folgendes geschrieben:
Geht ihr davon aus, dass "Empfindungen" durch hinreichend komplexe Computerprogramme erzeugt werden können?


Ja. Wobei menschliche Empfindungen ja stark von der Substratbasierung abhängen (Hormonsystem usw.), d.h. um sie zu erzeugen, müßte man mehr als ein neuronales Netz simulieren. Die Körperschnittstelle müßte entweder eine eigene Hardware oder eine Emulation entsprechenden Inputs sein.

gruß/step
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El Schwalmo
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Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#87408) Verfasst am: 08.02.2004, 16:41    Titel: Antworten mit Zitat

Hi step,

[ ... ]

step hat folgendes geschrieben:
Wobei menschliche Empfindungen ja stark von der Substratbasierung abhängen (Hormonsystem usw.), d.h. um sie zu erzeugen, müßte man mehr als ein neuronales Netz simulieren. Die Körperschnittstelle müßte entweder eine eigene Hardware oder eine Emulation entsprechenden Inputs sein.


ich vermute, dass diese 'Hardware' ziemlich exakt dem entsprechen würde, was wir als 'Schwabbelware' zwischen den Ohren tragen. Und zwar _stofflich_. Was bisher so alles 'in silico' vor sich hinwerkelt, scheint mir nicht besonders dem zu entsprechen, was es emulieren soll.

Ich weiß, dass man die Arbeitsweise eines _Computers_ mit Coladosen und Schnürsenkeln emulieren kann. Aber ob man die Arbeitsweise eines biologischen Systems virtuell repräsentieren kann, scheint mir sehr fraglich zu sein.

Deine obigen Zeilen erinnern mich irgendwie an die Karte der Geographen, die im 1:1-Maßstab angefertigt wird.

Ich lasse mich gerne überraschen. Aber nur dadurch, dass mir jemand so eine Kiste auf den Tisch stellt. Nicht dadurch, dass mir jemand mathematisch nachweist, dass so eine Kiste machbar wäre.

Grüßle

Thomas
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step
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Beiträge: 22767
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Beitrag(#87422) Verfasst am: 08.02.2004, 16:59    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Thomas,
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Ich lasse mich gerne überraschen. Aber nur dadurch, dass mir jemand so eine Kiste auf den Tisch stellt. Nicht dadurch, dass mir jemand mathematisch nachweist, dass so eine Kiste machbar wäre.

Diese Skepsis sei Dir gestattet, obwohl ich sie für unnötig halte. Meine Befürchtung jedoch geht eher dahin, daß Du, stünde eine solche Kiste tatsächlich auf dem Tisch, behaupten würdest, sie simuliere die Empfindungen ja nur, und deswegen seien keine "wahren" Empfindungen. Aber das hatten wir ja schon beim CZ.

gruß/step
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El Schwalmo
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Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#87427) Verfasst am: 08.02.2004, 17:14    Titel: Antworten mit Zitat

Hi step,

step hat folgendes geschrieben:
Hi Thomas,
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Ich lasse mich gerne überraschen. Aber nur dadurch, dass mir jemand so eine Kiste auf den Tisch stellt. Nicht dadurch, dass mir jemand mathematisch nachweist, dass so eine Kiste machbar wäre.

Diese Skepsis sei Dir gestattet, obwohl ich sie für unnötig halte. Meine Befürchtung jedoch geht eher dahin, daß Du, stünde eine solche Kiste tatsächlich auf dem Tisch, behaupten würdest, sie simuliere die Empfindungen ja nur, und deswegen seien keine "wahren" Empfindungen. Aber das hatten wir ja schon beim CZ.


ich dachte einen Tick anders. Das Ding müsste einen Körper mit Energie- und Material-Stoffwechsel haben, denn sonst würde es ja nichts 'haben', sondern nur simulieren. Ich könnte so eine Kiste, die mir sagt: 'Ich habe Hunger' weil ein Zähler auf Null ist, nicht 'verstehen'. Denn was kann für einen Computer 'Hunger' bedeuten?

Aber wenn Du dem Ding einen Körper vermitteln willst, muss der ja auch irgendwie funktionieren. Und wie Du das in silico machen willst, ist mir nicht ersichtlich.

Kann sein, dass so ein Ding _Computer_bewusstsein hat. In etwa, wie ein Computer Schach spielen kann. Über _menschliches_ Bewusstsein scheint mir das wenig auszusagen.

Grüßle

Thomas
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Klaus-Peter
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Anmeldungsdatum: 10.01.2004
Beiträge: 1534

Beitrag(#87650) Verfasst am: 08.02.2004, 23:17    Titel: Antworten mit Zitat

uh, da lief ja einiges am friedlichen Sonntag. Also fang ich mal vorn an, und werde auch nicht alles schaffen:

Ric hat folgendes geschrieben:
Ich habe immer noch nicht verstanden, was Deiner Ansicht nach der Quantensprung im bewußtsein des Menschen ist, mit dem er sich von allen anderen Lebewesen abgrenzt.


Ich denke in der Tat, dass es sich beim Bewusstsein um einen Quantensprung handelt. Es geht um den inneren Erzähler, dass innere Gefühl, jemand zu sein, der meine persönliche Geschichte erlebt. Um den, der zweifelt, ob er existiert. Und der daraus schliesst, dass er existiert. Hierin bin ich ganz Cartesianer. Ich sehe keinen Grund, warum irgendein anderes Lebewesen dieses Gefühl auch haben sollte. Der einzige Grund, warum ich glaube, dass andere Menschen auch so ein Gefühl haben, ist der, dass sie es mir glaubhaft versichern, es sei so.
Ich halte es auch für ein Wunder (im Sinne von: etwas sehr Staunenswertes), dass Materie so ein Gefühl hervorbringen kann. Trotzdem, so denke ich, muss es diese materialistische Erklärung geben. Aber dass ein anderes nichtmenschliches Wesen auch solche subjektiven Erlebnisse hervorbringen sollte, dafür sehe ich bisher keinerlei Grund. Vielleicht könnte man Affen oder Computern eines Tages Bewusstsein beibringen. Aber heute haben sie noch keines.

M.S.Salomon hat folgendes geschrieben:
Meine Frage zielt jedoch auf etwas anderes ab: Wodurch sind diese replizierenden Strukturen, die das "Interesse" in die Natur brachten, entstanden?


Mir ist nicht ganz klar, wo Dein Problem ist. Mit Replikator meine ich natürlich nicht eine ganze Zelle, oder ein ähnlich kompliziertes Gebilde. Ein einfacher Replikator kann schon ein kurzer RNA-Strang aus ein paar Nukleotiden sein. So etwas kann durch Zufall entstehen. Manfred Eigen hat daraus entstehende Wechselwirkungen mathematisch untersucht. Stichwort "Hyperzyklen". Die erste Zelle ist natürlich das Produkt einer ziemlich langen Evolution auf molekularer Ebene. Der genaue Prozess ist (noch?) nicht bekannt. Aber irgendwann im Laufe des Prozesses muss "Interesse" entstanden sein. Ich sehe aber nicht, was das mit Bewusstsein zu tun haben sollte. Das kam erst wesentlich später.

M.S.Salomon hat folgendes geschrieben:
Von außen betrachtet mag es dabei so erscheinen, als ob diese Programme "Interessen" hätten. In Wirklichkeit ist dem jedoch keineswegs so.


Wie unterscheidest Du "echte" Interessen von "scheinbaren" Interessen? Ich sehe keinen. Ich sehe nur unterschiedliche Grade an Komplexität bei verschiedenen Besitzern von Interessen.

Zitat:
Frage an step und Klaus-Peter: Glaubt ihr wirklich, "Bewusstein" mit Hilfe von rein funktionalistischen (biologische Aspekte ausklammernden) Theorie erklären zu können? Geht ihr davon aus, dass "Empfindungen" durch hinreichend komplexe Computerprogramme erzeugt werden können?


Ich kann für mich eindeutig sagen: ja! Wenn Du mir erzählst, Du hättest Bewusstsein, und ich nicht den Eindruck habe, dass Du lügst, muss ich annehmen, dass Du selber glaubst, dass Du Bewusstsein hast. Und wenn Du das selber glaubst, dann hast Du Bewusstsein. Ich glaube auch nur, dass ich Bewusstsein habe, vielmehr ich bin überzeugt davon. Näher heran als diese Überzeugung komme ich nicht an mein Bewusstsein. Ansonsten könnte ich 1zu1 auch die Antwort von Step geschrieben haben.

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Kann sein, dass so ein Ding _Computer_bewusstsein hat. In etwa, wie ein Computer Schach spielen kann. Über _menschliches_ Bewusstsein scheint mir das wenig auszusagen.

Wenn mir der Computer erzählt, er sei der Meinung, er habe Bewusstsein, und ich ihm das trotz verschärftem Nachbohren nicht widerlegen kann, dann sollte ich annehmen, dass er die Wahrheit sagt. Und wenn er selber das glaubt, dann hat er auch eines. Übrigens: Ein Computer, der Schach spielt, spielt wirkliches Schach. Nicht bloss simuliertes Schach.
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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#87669) Verfasst am: 08.02.2004, 23:54    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Klaus-Peter,

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Kann sein, dass so ein Ding _Computer_bewusstsein hat. In etwa, wie ein Computer Schach spielen kann. Über _menschliches_ Bewusstsein scheint mir das wenig auszusagen.

Wenn mir der Computer erzählt, er sei der Meinung, er habe Bewusstsein, und ich ihm das trotz verschärftem Nachbohren nicht widerlegen kann, dann sollte ich annehmen, dass er die Wahrheit sagt. Und wenn er selber das glaubt, dann hat er auch eines.


er hat dann _Computer_bewusstsein. Wie das mit _menschlichem_ Bewusstsein zusammenhängt, ist eine interessante Frage.

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Übrigens: Ein Computer, der Schach spielt, spielt wirkliches Schach. Nicht bloss simuliertes Schach.


Natürlich. Mein Punkt war aber, ob er _dasselbe_ macht wie ein _Mensch_, der Schach spielt. Das sind zwei Paar Stiefel.

Grüßle

Thomas
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ric
Gast






Beitrag(#87831) Verfasst am: 09.02.2004, 10:56    Titel: Antworten mit Zitat

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Ric hat folgendes geschrieben:
Ich habe immer noch nicht verstanden, was Deiner Ansicht nach der Quantensprung im bewußtsein des Menschen ist, mit dem er sich von allen anderen Lebewesen abgrenzt.
Ich denke in der Tat, dass es sich beim Bewusstsein um einen Quantensprung handelt. Es geht um den inneren Erzähler, dass innere Gefühl, jemand zu sein, der meine persönliche Geschichte erlebt. Um den, der zweifelt, ob er existiert. Und der daraus schliesst, dass er existiert. Hierin bin ich ganz Cartesianer. Ich sehe keinen Grund, warum irgendein anderes Lebewesen dieses Gefühl auch haben sollte.
"Innerer Erzähler"? Das ist doch dieses Geplapper im Hintergrund, das ich versuche durch Meditation auszuschalten. Lachen
Im Ernst, diesen "InnerenErzähler" sehe ich nicht als Quantensprung an. Und zwar durch folgende Beobachtung. Wenn ich bewußt geistige oder körperliche Leistungen vollbringen möchte, dann versuche ich diesen inneren Monolog auszuschalten. Der Witz ist der, daß man diesen Erzähler nicht braucht, um kreativ, körperlich oder handwerklich tätig zu werden, sondern daß die Ausführung dieser Tätigkeiten ohne ihn sogar leichter fällt.
Der "innere Erzähler" ist quasi eine in Kauf zu nehmende Störung, die durch die Komplexität des menschlichen Gehirns auftritt. Insofern kann es natürlich schon sein, daß Tiere diese "Störung" nicht haben.
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Der einzige Grund, warum ich glaube, dass andere Menschen auch so ein Gefühl haben, ist der, dass sie es mir glaubhaft versichern, es sei so.
Und wenn ich Dir ein Programm schreibe, daß Dir diesen Umstand glaubhaft versichert? zwinkern
Ich bin überzeugt, daß Reden alleine Dich nicht überzeugen würde.Da braucht es schon etwas mehr, z.B. einen Körper, Aktionen in der Welt ...
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:

Ich halte es auch für ein Wunder (im Sinne von: etwas sehr Staunenswertes), dass Materie so ein Gefühl hervorbringen kann. Trotzdem, so denke ich, muss es diese materialistische Erklärung geben. Aber dass ein anderes nichtmenschliches Wesen auch solche subjektiven Erlebnisse hervorbringen sollte, dafür sehe ich bisher keinerlei Grund. Vielleicht könnte man Affen oder Computern eines Tages Bewusstsein beibringen. Aber heute haben sie noch keines.
Hattest Du schon Begegnungen mit Menschenaffen?
Ich schon. Seit dem bin ich überzeugt, daß sie ein Bewußtsein haben und uns mit ähnlichem Interesse betrachten wie wir sie.
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Babyface
Altmeister



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11518

Beitrag(#88053) Verfasst am: 09.02.2004, 15:12    Titel: Antworten mit Zitat

ric hat folgendes geschrieben:
Hattest Du schon Begegnungen mit Menschenaffen?
Ich schon. Seit dem bin ich überzeugt, daß sie ein Bewußtsein haben und uns mit ähnlichem Interesse betrachten wie wir sie.

Es gibt aber auch Forscher, die sehr lange mit diesen Tieren arbeiten und zu einem ganz anderen Ergebnis kommen. Das liegt vielleicht daran, dass bei oberflächlicher Betrachtung sehr leicht falsche Eindrücke entstehen und wir deshalb Verhalten fehlinterpretieren. Man könnte z.B. annehmen, dass Schimpansen die Fähigkeit zur Übernahme fremder Perspektiven besitzen, weil sie einen Menschen, der mit dem Rücken zu ihnen steht und sie deshalb nicht sehen kann, nicht die Hand ausstrecken, um eine Banane zu bekommen. Allerdings tun sie das auch nicht häufiger, wenn der Mensch zwar den Rücken zukehrt, aber mit dem Kopf über die Schulter blickt und damit Blickkontakt besteht. Dafür betteln sie aber indifferent bei zugewandter Vorderseite, selbst wenn der Mensch einen Eimer über dem Kopf oder die Augen verbunden hat.
_________________
posted by Babyface
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ric
Gast






Beitrag(#88073) Verfasst am: 09.02.2004, 15:31    Titel: Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
Es gibt aber auch Forscher, die sehr lange mit diesen Tieren arbeiten und zu einem ganz anderen Ergebnis kommen. Das liegt vielleicht daran, dass bei oberflächlicher Betrachtung sehr leicht falsche Eindrücke entstehen und wir deshalb Verhalten fehlinterpretieren. Man könnte z.B. annehmen, dass Schimpansen die Fähigkeit zur Übernahme fremder Perspektiven besitzen, weil sie einen Menschen, der mit dem Rücken zu ihnen steht und sie deshalb nicht sehen kann, nicht die Hand ausstrecken, um eine Banane zu bekommen. Allerdings tun sie das auch nicht häufiger, wenn der Mensch zwar den Rücken zukehrt, aber mit dem Kopf über die Schulter blickt und damit Blickkontakt besteht. Dafür betteln sie aber indifferent bei zugewandter Vorderseite, selbst wenn der Mensch einen Eimer über dem Kopf oder die Augen verbunden hat.
Interessant ist, wenn das selbe Verhalten zu unterschiedlichen Interpretationen führt. Es könnte auch bedeuten, daß ihre Erfahrung gezeigt hat, daß betteln von der Vorderseite her mehr Erfolg verspricht, da der angebettelte nicht so leicht ausweichen kann.
Ich habe den Eindruck, daß das Lager der Primatenforscher momentan zweigeteilt ist (pro/contra Bewußtsein) und sich viele um Aussagen drücken, um die Gelder für ihr Forschungsprojekt nicht zu gefährden.
Das äußert sich z.B. in der Auseinandersetzung um Füttern im Freiland oder nicht.
Bei der Interpretation des Lernens von Symbolen. Einige Affen können anscheinend mit Symbolen umgehen, jetzt wird die Schwelle auf die Ebene der Gramatik gehoben.

Ein Erlebnis hatte ich z.B., als ich mit meinem (damals 3 Jahre alten) Sohn im Münchner Zoo zu den Schimpansen durfte. Ein Weibchen legte mir ihr Kind in die Arme, sah mich lange an und hat dann meinen Sohn begutachtet. Jetzt kann man natürlich interpretieren, warum sie das getan hat. zwinkern
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Babyface
Altmeister



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11518

Beitrag(#88266) Verfasst am: 09.02.2004, 18:29    Titel: Antworten mit Zitat

ric hat folgendes geschrieben:
Interessant ist, wenn das selbe Verhalten zu unterschiedlichen Interpretationen führt. Es könnte auch bedeuten, daß ihre Erfahrung gezeigt hat, daß betteln von der Vorderseite her mehr Erfolg verspricht, da der angebettelte nicht so leicht ausweichen kann.

Genauso wurden die Ergebnisse übrigens vom Primatologen Daniel Povinelli, der die Testreihen durchführte, interpretiert: Einfaches trial-and-error Lernen. Die Frage ist, was diese Verhaltensweisen über Bewußtseinszustände aussagen. Wenn man annimmt, dass das Selbst-Bewußtsein (die Fähigkeit, die eigenen psychischen Prozesse zu analysieren) ein sekundärer Nebeneffekt einer ausgeprägten primären Fähigkeit ist, psychische Prozesse des Interaktionspartners zu simulieren, um dessen Verhalten effektiver vorhersagen zu können, dann könnte Povinellis Ergebis ein starkes Indiz sein, dass Menschenaffen gerade erst dabei sind, diese primäre Fähigkeit zu entwickeln. Jedenfalls erscheint es mir unplausibel, warum ein Affe, der die Fähigkeit besitzt, sich in sein Gegenüber hineinzuversetzen und dabei dessen Perspektive zu übernehmen, stattdessen eine ineffektivere Heuristik (achte auf die Vorderseite) vorziehen sollte, um an die Banane zu kommen.

Zitat:
Ein Erlebnis hatte ich z.B., als ich mit meinem (damals 3 Jahre alten) Sohn im Münchner Zoo zu den Schimpansen durfte. Ein Weibchen legte mir ihr Kind in die Arme, sah mich lange an und hat dann meinen Sohn begutachtet. Jetzt kann man natürlich interpretieren, warum sie das getan hat. zwinkern

Hmm, vielleicht hattest Du einfach vergessen, Dich zu rasieren? zynisches Grinsen Zustimmung
_________________
posted by Babyface
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ric
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Beitrag(#88274) Verfasst am: 09.02.2004, 18:35    Titel: Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
Jedenfalls erscheint es mir unplausibel, warum ein Affe, der die Fähigkeit besitzt, sich in sein Gegenüber hineinzuversetzen und dessen Perspektive zu übernehmen, stattdessen eine ineffektivere Heuristik (achte auf die Vorderseite) vorziehen sollte, um an die Banane zu kommen.
Dazu fällt mir ein:
- Es kann sein, daß diese Heuristik in der Natur einfach effektiver ist
- Es kann sein, daß sie nicht intelligent genug sind (Perspektivwechsel == Intelligenz? ).

Hat Daniel Povinelli versucht den Affen ein anderes Verhalten beizubringen?

Babyface hat folgendes geschrieben:
hmm, vielleicht hattest Du einfach vergessen, Dich zu rasieren? zynisches Grinsen Zustimmung

*PATSCH*
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Klaus-Peter
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Beitrag(#88353) Verfasst am: 09.02.2004, 21:41    Titel: Antworten mit Zitat

Ric hat folgendes geschrieben:
Der "innere Erzähler" ist quasi eine in Kauf zu nehmende Störung, die durch die Komplexität des menschlichen Gehirns auftritt. Insofern kann es natürlich schon sein, daß Tiere diese "Störung" nicht haben.

hi Ric,

diese Position kannst Du natürlich einnehmen. Aber willst Du das wirklich? Diese "Störung" ist das einzige an mir, das für mich persönlich wichtig ist. Besser gesagt, ich bin diese "Störung". Wenn diese "Störung" nicht mehr da wäre, dann wäre es für mich völlig irrelevant, ob ich lebe oder nicht. Dann könnte ich genausogut tot sein.

Übrigens: dass diese Störung die Ausdauer behindert, dürfte stimmen. Lulian Jaynes argumentiert, dass die alten Ägypter (die diese Störung noch nicht hatten) nur deshalb solche Felsstollen und Pyramiden in so kurzer Zeit bauen konnten.

Gruss

KP
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step
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Beiträge: 22767
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Beitrag(#88355) Verfasst am: 09.02.2004, 21:45    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Thomas,
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Übrigens: Ein Computer, der Schach spielt, spielt wirkliches Schach. Nicht bloss simuliertes Schach.
Natürlich. Mein Punkt war aber, ob er _dasselbe_ macht wie ein _Mensch_, der Schach spielt. Das sind zwei Paar Stiefel.

So formuliert ist Deine Position
- selbstimmunisierend, denn wirklich dasselbe machen wie ein Mensch kann p.d. nur ein Mensch
- unlogisch, denn auch zwei Menschen machen beim Schachspielen nicht dasselbe.

gruß/step
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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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frajo
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Beiträge: 11440

Beitrag(#88369) Verfasst am: 09.02.2004, 23:06    Titel: Antworten mit Zitat

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Ric hat folgendes geschrieben:
Der "innere Erzähler" ist quasi eine in Kauf zu nehmende Störung, die durch die Komplexität des menschlichen Gehirns auftritt. Insofern kann es natürlich schon sein, daß Tiere diese "Störung" nicht haben.

hi Ric,

diese Position kannst Du natürlich einnehmen. Aber willst Du das wirklich? Diese "Störung" ist das einzige an mir, das für mich persönlich wichtig ist. Besser gesagt, ich bin diese "Störung". Wenn diese "Störung" nicht mehr da wäre, dann wäre es für mich völlig irrelevant, ob ich lebe oder nicht. Dann könnte ich genausogut tot sein.

Übrigens: dass diese Störung die Ausdauer behindert, dürfte stimmen. Lulian Jaynes argumentiert, dass die alten Ägypter (die diese Störung noch nicht hatten) nur deshalb solche Felsstollen und Pyramiden in so kurzer Zeit bauen konnten.

OT: hat lulian jaynes dabei berücksichtigt, daß der größere teil der am stollen- oder pyramidenbau beteiligten dies nicht freiwillig tat?
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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#88372) Verfasst am: 09.02.2004, 23:18    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Step,
step hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Übrigens: Ein Computer, der Schach spielt, spielt wirkliches Schach. Nicht bloss simuliertes Schach.

Natürlich. Mein Punkt war aber, ob er _dasselbe_ macht wie ein _Mensch_, der Schach spielt. Das sind zwei Paar Stiefel.

So formuliert


bedenke bitte dass das eine Reaktion auf Klaus-Peter war. Man müsste klären, was mit 'wirkliches Schach' gemeint ist. Ich habe sozusagen 'nachgegeben' und das konzidiert. 'Wirklich' ist das Schach natürlich in dem Sinn, dass ich mich vor die Kiste setzen kann und eine Partie Schach spielen kann. Vielleicht auf eine Art und Weise, dass ich, falls ich das am Bildschirm tue, nicht merke, ob ein Mensch oder ein PC gegen mich spielt (ich spiele schlecht genug, dass mich jedes Computer-Programm schlagen würde, das auf dem Markt erhältlich ist).

step hat folgendes geschrieben:
ist Deine Position
- selbstimmunisierend, denn wirklich dasselbe machen wie ein Mensch kann p.d. nur ein Mensch


So gesehen hast Du Recht. Kommt natürlich auch darauf an, wie Du das 'Schachspiel' eines Computers bewertest. Wenn Du 'nur' eine Maschine basteln willst, die Schach spielt, ist das ein anderer Thread, als wenn Du 'menschliches' Schachspielen emulieren willst.

Im ersten Fall musst Du 'nur' ein Programm schreiben, das Züge auf dem Feld hervorbringt. Im zweiten Fall musst Du ein menschliches Gehirn emulieren. Ich wage zu bezweifeln, dass letzteres mit Computern (zumindest solchen, die ich kenne) möglich ist.

step hat folgendes geschrieben:
- unlogisch, denn auch zwei Menschen machen beim Schachspielen nicht dasselbe.


Ich weiß jetzt nicht, in welchem Kontext dieses Argument steht. Soll damit bestätigt werden, dass es gar nicht möglich ist, 'das' menschliche Schachspiel (oder gar das 'menschliche Bewusstsein') zu emulieren, weil man dazu viele verschiedene Gehirne emulieren müsste? Wenn das der Fall ist, was zeigt dann eine Maschine, die Schach spielt? Hat das dann überhaupt etwas damit zu tun, wie manche Menschen Schach spielen?

Irgendwo (sorry, Quellen kenne ich nicht) habe ich über ein Experiment gelesen, in denen man Großmeistern und Schach-Laien Schachbretter mit Stellungen aus Schachpartien zeigte und sie anschließend nachstellen ließ. Großmeister schafften das nantürlich besser. Dann wählte 'Stellungen', die im regulären Schach nicht vorkommen können. Großmeister zeigten dann keine besseren Leistungen mehr.

An anderer Stelle (sorry, auch keine Quelle) habe ich gelesen, dass Computerprogramme sehr viele Positionen in sehr kurzer Zeit durchrechnen, darunter auch sehr viele sinnlose, und daher in vertretbarer Zeit nur auf eine relativ geringe Suchtiefe kommen. Menschen hingegen rechnen nur wenige 'sinnvolle' Positionen durch, die aber sehr tief.

Letztendlich scheint mir das auf das Standard-Problem der KI hinauszulaufen: Menschen denken im sinnvollen Kontext massiv parallel, was auf Computern nur sehr schwer, wenn überhaupt, zu emulieren ist.

Was man erreicht ist, dass die Kisten 'menschenanalogen' output erzeugen. Die 'black box' ist in beiden Fällen aber sehr unterschiedlich. Mir scheint nicht viel über das Funktionieren einer 'black box' daraus zu lernen zu sein, dass zwei 'black boxes' auf denselben Input denselben OutPut erzeugen.

Grüßle

Thomas
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Babyface
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11518

Beitrag(#88384) Verfasst am: 09.02.2004, 23:52    Titel: Antworten mit Zitat

ric hat folgendes geschrieben:
Babyface hat folgendes geschrieben:
Jedenfalls erscheint es mir unplausibel, warum ein Affe, der die Fähigkeit besitzt, sich in sein Gegenüber hineinzuversetzen und dessen Perspektive zu übernehmen, stattdessen eine ineffektivere Heuristik (achte auf die Vorderseite) vorziehen sollte, um an die Banane zu kommen.
Dazu fällt mir ein:
- Es kann sein, daß diese Heuristik in der Natur einfach effektiver ist
- Es kann sein, daß sie nicht intelligent genug sind (Perspektivwechsel == Intelligenz? ).

Hat Daniel Povinelli versucht den Affen ein anderes Verhalten beizubringen?

Die Affen haben natürlich relativ schnell gelernt, dass man jemand, dessen Gesicht man nicht sieht (unter dem Eimer), nicht mehr anbettelt. Das Konzept "auf das Sehen kommt es an" scheinen sie aber trotzdem nicht dadurch erworben zu haben, denn anschliessend war es immer noch egal, ob einer Person die Augen oder der Mund verbunden wurde (in beiden Fällen konnte man das Gesicht sehen). Es blieb also beim Trial-und Error-Prinzip, ein Umschalten auf das flexible Konzept "Perspektive" war ihnen offenbar misslungen und mE kann man daraus schliessen, dass sie es einfach nicht besitzen. Selbst wenn wir annehmen, der Perspektivenwechsel stelle eine intelligenzabhängige Transferleistung einer primär auf die Entwicklung eines Selbstkonzept ausgerichteten Fähigkeit dar und nicht vice versa, ist es schwierig dieses "Versagen" zu erklären, denn schon kleine Kinder im Alter von 2-3 Jahren verhalten sich in solchen Experimenten völlig anders als erwachsene Affen, d.h. sie begreifen sofort, dass es auf das Sehen ankommt.
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Babyface
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11518

Beitrag(#88391) Verfasst am: 10.02.2004, 00:07    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

Irgendwo (sorry, Quellen kenne ich nicht) habe ich über ein Experiment gelesen, in denen man Großmeistern und Schach-Laien Schachbretter mit Stellungen aus Schachpartien zeigte und sie anschließend nachstellen ließ. Großmeister schafften das nantürlich besser. Dann wählte 'Stellungen', die im regulären Schach nicht vorkommen können. Großmeister zeigten dann keine besseren Leistungen mehr.

Das ist richtig. Es war u.a. Ergebnis eines Experiments von Chase und Simon (1973). Offensichtlich scheinen sich Schachexperten im Gegensatz zu den unerfahrenen Novizen nicht die Position einzelner Figuren einzuprägen, sondern bedeutsame Muster ("chunks"). Dieser Vorteil verschwindet natürlich bei sinnlosen Konfigurationen.

Zitat:
An anderer Stelle (sorry, auch keine Quelle) habe ich gelesen, dass Computerprogramme sehr viele Positionen in sehr kurzer Zeit durchrechnen, darunter auch sehr viele sinnlose, und daher in vertretbarer Zeit nur auf eine relativ geringe Suchtiefe kommen. Menschen hingegen rechnen nur wenige 'sinnvolle' Positionen durch, die aber sehr tief.

Man vermutet auch, dass die spielerische Überlegenheit von Schachgroßmeistern in einem Zusammenhang zur besseren Erinnerungsleistung steht. Offensichtlich scheinen sie nicht nur viele Muster, sondern auch ein jeweils begrenztes Spektrum an erfolgreichen Taktiken und Zügen für die unterschiedlichen Muster im Gedächtnis zu repräsentieren, wodurch auch ihre noch größere Überlegenheit beim Blitzschach erklärt werden könnte.
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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
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Beitrag(#88394) Verfasst am: 10.02.2004, 00:20    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Babyface,

[ ... ]

schön, dass mich mein Gedächtnis nicht getäuscht hat.

Aber was folgt jetzt daraus für die Frage, ob Computer 'richtiges Schach' spielen können?

Grüßle

Thomas
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Babyface
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Beiträge: 11518

Beitrag(#88396) Verfasst am: 10.02.2004, 00:24    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Hi Babyface,

[ ... ]

schön, dass mich mein Gedächtnis nicht getäuscht hat.

Aber was folgt jetzt daraus für die Frage, ob Computer 'richtiges Schach' spielen können?

Grüßle

Thomas

Bevor man die Frage beantwortet, ob Computer wie Menschen Schach spielen, sollte man eigentlich mehr Wissen darüber erlangen, wie Menschen überhaupt Schach spielen.
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Graf Zahl
untot



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Beitrag(#88400) Verfasst am: 10.02.2004, 00:34    Titel: Antworten mit Zitat

Habe hier ein Interview gefunden:
http://www.peshawar.ch/tech/rolf-pfeifer-interview.htm


Auszüge:
Zitat:
Schach ist genau die richtige Anwendung für die traditionelle Auffassung von künstlicher Intelligenz. Schach ist ein formales Spiel. Jede Position im Spiel lässt sich mit formalen Regeln eindeutig beschreiben. Es findet keine Interaktion mit der Umwelt statt oder sie ist trivial und besteht aus dem Verschieben von Figuren.



Zitat:
Unsere Computerprogramme sind aber alle sequentiell und genau so funktionniert Intelligenz nicht. Darum hat man sich den neuronalen Netzen zugewandt. Sie haben verschiedene Eigenschaften, die für uns ganz wichtig sind: Dazu gehört etwa die Generalisierung. Im Schach gibt es identische Zustände. In der wirklichen Welt gibt es nie zweimal dieselbe Situation. Darum braucht es diese Fähigkeit zur Generalisierung. Neuronale Netze bieten zudem die notwendige Robustheit und Redundanz. In natürlichen System ist Redundanz ein ganz wichtiger Bestandteil. Dazu kommt auch die Lernfähigkeit.

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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



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Beiträge: 9070

Beitrag(#88403) Verfasst am: 10.02.2004, 00:38    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Babyface,

Babyface hat folgendes geschrieben:

Bevor man die Frage beantwortet, ob Computer wie Menschen Schach spielen, sollte man eigentlich mehr Wissen darüber erlangen, wie Menschen überhaupt Schach spielen.


so sehe ich das in etwa auch. Ich gehe noch einen Schritt weiter: man lernt nicht viel darüber, indem man Schach-Programme schreibt.

Grüßle

Thomas
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