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Modernes Strafrecht
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astarte
Foren-Admin
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Anmeldungsdatum: 13.11.2006
Beiträge: 46493

Beitrag(#1913450) Verfasst am: 02.04.2014, 17:09    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
astarte hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Roth betont, dass man hier mit Abschreckung nicht weiterkommt. Zwar machen [die Psychopathen] nur etwa zehn Prozent aller Täter aus – sie begehen aber 90 Prozent der Straftaten.

Das kann ich ja kaum glauben. Vermutlich sind hier nur bestimmte Straftaten gemeint.

Jo, scheint sich auf jugendliche Intensivtäter zu beziehen.

Zitat:

astarte hat folgendes geschrieben:
Ich lese da raus, dass man der Kausalkette besonder bei den Tätern der ersten und zweiten Gruppe gezielt neue Glieder zufügen versucht (zB Lernen stabile Beziehungen einzugehen), und andere zu schwächen versucht (zB das Umfeld meiden in dem Aggression ausleben anerkannt wird) usw

Ja, so sehe ich das auch. Kausalketten beeinflussen ist zwar auch im weitesten Sinne manipulativ, aber auf eine für die Gemeinschaft effizientere und für den potenziellen Täter weniger würdeverletzende Art als z.B. Gefängnisstrafen und Verbrechenskreisläufe.

Ja, ich glaube wenn einiges schon so schief gelaufen ist, kann man auf manipulative Methoden nicht so ganz verzichten. Zumindest zu Anfang.

Länger eingeschliffene Verhaltensweisen, negative Selbstbilder* und mangelndes Selbstbewusstsein, Empathiemangel, verschobenes Unrechtsbewusstsein, Selbstrechtfertigung bei diesen Taten, diverse Kreisläufe aus Frustration und Reaktion, Schwierigkeiten in der Impulssteuerung, Einfluss der Umgebung (Milieu), und was da noch alles mitspielen und ineinander greifen mag, sind nicht einfach zu verändern.
Würdeverletzende Maßnahmen können mMn auch Teil des Kreislaufes sein....

*(evtl aus früher Erfahrung? Wie: ich bin immer der loser, ich komme immer zu kurz, kann es sowieso niemand recht machen, niemand kümmert sich um meine Bedürfnisse, warum sollte ich die anderer beachten, usw)
_________________
Tja
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Skeptiker
"I can't breathe!"



Anmeldungsdatum: 14.01.2005
Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville

Beitrag(#1913456) Verfasst am: 02.04.2014, 17:56    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
2. Wie sehen deiner Vorstellung nach die *manipulativen Eingriffe* an Stelle von Gefängnisstrafen aus?

Mit abnehmender Anwendungsbreite:
- "Erziehung"
- Therapien (siehe z.B. astartes Beitrag oben)
- Überwachung
- Sicherheitsverwahrung


Zwangserziehung, Zwangstherapie, Überwachung rund um die Uhr, Sicherheitsverwahrung lebenslang?

Ist das legitim? Ist das wirklich modern?

Ich als Soziologe sage ja, dass Verbrechen immer - oder fast immer - eine gesellschaftliche Ursache haben und schrieb oben, wie es denn wäre, wenn man - statt sich Gedanken um das Strafsystem zu machen - einfach mal Strukturen der derzeitigen Gesellschaft zerstört und solche aufbaut, wo die Keime von Verbrechen gar nicht erst vorhanden sind.

Darauf kam leider in diesem Forum, was sich ja als kritisch versteht, keine wirkliche Antwort, die man als solche bezeichnen könnte.

Deswegen fragte ich nach, ob denn die gesellschaftliche Struktur, die wir heute haben, nicht vielleicht viel eher das Problem sein könnte, statt bestimmte *deviante* Individuen.

Auch ein *modernes* Strafsystem sieht das Problem immer nur im Individuum.

Dieses müsse man so weit *gerade rücken*, dass es aus Sicht *der Gesellschaft* (- wer ist das??? -) wieder *passt*.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
3a. Geht es dir primär darum, durch die Einführung manipulativer und kontrollierender an Stelle von Verfahren strafenden Verfahren, die Gesellschaft, wie sie ist, zu stabilisieren oder was sind deine Ziele bei deinen Überlegungen und Konzepten?

Hauptziele:
- wenig Verbrechen


Wenig Verbrechen aus der Sicht derjenigen, die *Verbrechen* definieren!

Was ist denn ganz allgemein gesagt ein Verbrechen? Du hattest Beispiele genannt. Aber was ist ein Verbrechen in allgemeiner Definition? Kann man eine solche Definition hinkriegen?

step hat folgendes geschrieben:
- keine Quälerei der Täter


Werden Täter denn nicht durch Zwangserziehung und Sicherheitsverwahrung gequält und in ihrer Würde verletzt? Das erscheint mit sehr zweifelhaft.

Und werden Täter denn nicht auch dadurch verletzt, indem man ihnen ihre Taten als individuelle Insuffizienz anlastet, welche behoben werden müsse? Ist das nicht ein inhumanes Etikett, welches man auf die Täter klebt? Und ist es nicht schließlich auch eine ideologische Legitimation der Gesellschaft, wie auch immer sie sei?

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
3b. Was ist, wenn die gesellschaftliche Struktur grundsätzlich nicht in Ordnung/ablehnenswert/usw. ist (- nach welchen Kriterien, lasse ich jetzt mal bei seite, es können auch deine sein -) und so eine Gesellschaft ihre Bevölkerung mit den von dir vorgeschlagenen manipulativen und kontrollierenden Methoden *sozialisiert*?

Aus der Sicht dessen, der die grundlegenden Normen gern anders hätte, sollte es in einer offenen, modernen Gesellschaft einen Prozeß geben, wie er seine Wünsche veröffentlichen und einbringen kann. Die Manipulation darf daher auf keinen Fall soweit gehen, daß die Leute nicht mehr kritisch nachdenken können/wollen. Überigens haben wir dieses Problem mit dem geltenden Strafrecht genauso. Gerade dessen Befürworter argumentieren ja mit der general- und spezialpräventiven Abschreckungswirkung, die drakonische Strafen haben.


Nun, dass eine moderne Gesellschaft die Möglichkeit eröffnen soll, dass Leute kritisch nachdenken und diese Gedanken auch veröffentlichen dürfen, klingt zunächst großzügig angesichts der gängigen Kriminalisierung oder auch Psychiatrisierung politischer Opponenten. Das Problem ist nur: Wenn eine Gesellschaft nicht in Ordnung ist, dann wird es nichts nützen, die philosophische und ideale Bedingung zu stellen, step, dass die Gesellschaft wenigstens so weit in Ordnung sein sollte, dass sie politische Opposition toleriert.

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Oder anders gefragt: Wer kontrolliert und manipuliert wen zu welchen Zwecken? Ist Kontrolle und Manipulatiion überhaupt zu bewerten ohne zuerst die Ziele dahinter zu hinterfragen?

Natürlich nicht. Wie ich schon oft geschrieben habe, steht am Anfang einer Ethik ein interessensausgleichender Zielkonsens, dann kommen die vereinbarten Werte und am Schluß werden daraus die geeigneten Mittel abgeleitet.


Ich will's mal im Klartext schreiben, was ich sagen will:

Auch eine echt faschistische Gesellschaft, die z.B. einen Teil ihrer Bevölkerung versklavt, die die Umwelt vernichtet, die einen offenen Sozialdarwinismus predigt usw., wird sich durch so ein *modernes Strafrecht*, wie du und andere es hier beschrieben haben, nicht nur nicht in ihrem Charakter ändern, sondern sogar noch stabilisieren - eher noch als durch das herkömmliche Strafrecht.

Auch der schlimmste Faschismus würde durch das besagte *moderne Strafrecht* überhaupt nicht tangiert - ganz im Gegenteil.

Fazit: Man bekommt die Gesellschaft nicht modern und nicht human, wenn man das Pferd von hinten aufzäumt, d.h. vom Überbau her.

Zum gesellschaftlichen Überbau gehören all die staatlichen Institutionen, darunter auch die Justiz ...-
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Populismus ist keine Verschwörungstheorie

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step
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Beiträge: 22767
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Beitrag(#1913467) Verfasst am: 02.04.2014, 19:17    Titel: Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Auch ein *modernes* Strafsystem sieht das Problem immer nur im Individuum.

Das mußt Du aber denen sagen, die an eine individuelle Schuld glauben. Ich habe schon oft darauf hingewiesen, daß die Kausalketten nicht an der Grenze des Individuums haltmachen und daß die Gesellschaft als Ganze es in der Hand hat.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Was ist denn ganz allgemein gesagt ein Verbrechen? Du hattest Beispiele genannt. Aber was ist ein Verbrechen in allgemeiner Definition? Kann man eine solche Definition hinkriegen?

Ich habe doch eine gegeben:
step hat folgendes geschrieben:
[Verbrecher] sind mindestens einmalig vom erwarteten Verhalten abgewichen, sie haben ein verhalten außerhalb der Norm gezeigt - und zwar in einem Bereich, in dem die Gesellschaft das nicht für harmlos hält.


Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Werden Täter denn nicht durch Zwangserziehung und Sicherheitsverwahrung gequält und in ihrer Würde verletzt?

Ich habe nichts von Zwangserziehung geschrieben. Mit "Erziehung" meinte ich eine kindheitliche Prägung, die nicht als Zwang empfunden werden muß - sogar weniger als wenn Bestrafung ihr Kernelement darstellt.

Sicherheitsverwahrung ist ganz bestimmt nicht lustig, aber das würde ich auch nur anwenden, wenn sonst nichts hilft und der Mensch sehr gefährlich ist.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Und werden Täter denn nicht auch dadurch verletzt, indem man ihnen ihre Taten als individuelle Insuffizienz anlastet, welche behoben werden müsse?

Moment mal, ich laste denen das ja eben viel weniger an als das klassische Strafrecht. Ist mehr wie zum Arzt gehen, mal salopp gesagt.

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
... die Gesellschaft wenigstens so weit in Ordnung sein sollte, dass sie politische Opposition toleriert.

Ja, das schon. Meinungs- und Protestfreiheit usw. Aber Gewaltaktionen, wie etwa bei der RAF, gehören da nicht dazu.
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Tarvoc
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Beitrag(#1913470) Verfasst am: 02.04.2014, 19:39    Titel: Antworten mit Zitat

Schöngeist hat folgendes geschrieben:
Wie willst du feststellen, ob der Täter die Wahrheit sagt oder nicht? Frage

Darauf kommt's gar nicht an. Der Täter weiss im Zweifelsfall noch nicht mal selbst genau, ob er nicht nochmal töten wird oder nicht. Ja, auch dann, wenn er geistig gesund ist.

Schöngeist hat folgendes geschrieben:
Wenn man behauptet, Menschen hätten generell keine Handlungsfreiheit, dann sind alle Menschen unschuldig für alle ihre Handlungen.

Deshalb müsste man geistig gesunde Menschen genauso mit Strafen verschonen wie Geisteskranke.

Zwei Fehlschlüsse in zwei Sätzen. Der Unterschied zwischen Willensfreiheit und Handlungsfreiheit wurde in diesem Thread übrigens schon dargelegt.
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caballito
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Beitrag(#1913498) Verfasst am: 02.04.2014, 21:13    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:

astarte hat folgendes geschrieben:
Ich lese da raus, dass man der Kausalkette besonder bei den Tätern der ersten und zweiten Gruppe gezielt neue Glieder zufügen versucht (zB Lernen stabile Beziehungen einzugehen), und andere zu schwächen versucht (zB das Umfeld meiden in dem Aggression ausleben anerkannt wird) usw

Ja, so sehe ich das auch. Kausalketten beeinflussen ist zwar auch im weitesten Sinne manipulativ, aber auf eine für die Gemeinschaft effizientere und für den potenziellen Täter weniger würdeverletzende Art als z.B. Gefängnisstrafen und Verbrechenskreisläufe.

Was du wie viele zu übersehen scheinst ist der Umstand, das das Vorhandensein einer Strafdrohung, und die etwaige Angst davor, ebenfalls ein Glied der Kausalkette ist. Genau deshalb wirkt ja Abschreckung.
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Die Gedanken sind frei.

Aber nicht alle Gedanken wissen das.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#1913499) Verfasst am: 02.04.2014, 21:34    Titel: Antworten mit Zitat

caballito hat folgendes geschrieben:
Was du wie viele zu übersehen scheinst ist der Umstand, das das Vorhandensein einer Strafdrohung, und die etwaige Angst davor, ebenfalls ein Glied der Kausalkette ist. Genau deshalb wirkt ja Abschreckung.

Das übersehe ich keineswegs. Ich lehne Abschreckung auch nicht völlig ab. Mal abgesehen von der Frage, wie gut es funktioniert, stört mich daran, daß diese Abschreckung nur funktioniert, wenn drastische Exempel statuiert werden, und das auch noch gerade wenn sie nicht funktioniert.
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Misterfritz
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Wohnort: badisch sibirien

Beitrag(#1913516) Verfasst am: 02.04.2014, 22:36    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
caballito hat folgendes geschrieben:
Was du wie viele zu übersehen scheinst ist der Umstand, das das Vorhandensein einer Strafdrohung, und die etwaige Angst davor, ebenfalls ein Glied der Kausalkette ist. Genau deshalb wirkt ja Abschreckung.

Das übersehe ich keineswegs. Ich lehne Abschreckung auch nicht völlig ab. Mal abgesehen von der Frage, wie gut es funktioniert, stört mich daran, daß diese Abschreckung nur funktioniert, wenn drastische Exempel statuiert werden, und das auch noch gerade wenn sie nicht funktioniert.

mich würde ja interessieren, wie du es einschätzt, wie es wäre, wenn diese abschreckung nicht mehr da wäre.
und ich glaube auch nicht, dass es drastische exempel sind, die die meisten davon abhalten, straftaten zu begehen, sondern die schlichten strafen, die z.b. eintragungen im polizeilichen führungszeugnis nach sich ziehen, oder auch nur kurze haftstrafen.
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Kival
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Anmeldungsdatum: 14.11.2006
Beiträge: 24071

Beitrag(#1913531) Verfasst am: 02.04.2014, 23:18    Titel: Antworten mit Zitat

Misterfritz hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
caballito hat folgendes geschrieben:
Was du wie viele zu übersehen scheinst ist der Umstand, das das Vorhandensein einer Strafdrohung, und die etwaige Angst davor, ebenfalls ein Glied der Kausalkette ist. Genau deshalb wirkt ja Abschreckung.

Das übersehe ich keineswegs. Ich lehne Abschreckung auch nicht völlig ab. Mal abgesehen von der Frage, wie gut es funktioniert, stört mich daran, daß diese Abschreckung nur funktioniert, wenn drastische Exempel statuiert werden, und das auch noch gerade wenn sie nicht funktioniert.

mich würde ja interessieren, wie du es einschätzt, wie es wäre, wenn diese abschreckung nicht mehr da wäre.
und ich glaube auch nicht, dass es drastische exempel sind, die die meisten davon abhalten, straftaten zu begehen, sondern die schlichten strafen, die z.b. eintragungen im polizeilichen führungszeugnis nach sich ziehen, oder auch nur kurze haftstrafen.


Die meisten werden von Straftaten dadurch abgehalten, dass sie keine Straftaten begehen wollen. Es ist eine starke internalisierte Norm, keine Straftaten zu begehen. Ganz ohne konkrete Strafen schon.
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"A basic literacy in statistics will one day be as necessary for efficient citizenship as the ability to read and write." (angeblich H. G. Wells)
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Schöngeist
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Anmeldungsdatum: 06.10.2013
Beiträge: 803

Beitrag(#1913536) Verfasst am: 02.04.2014, 23:36    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Schöngeist's Verständnis von "Gerechtigkeit" ist eher alttestamentarisch, so etwas wie Vergeltung / Rache / Sühne.


Nochmal: Dann definiere doch bitte erstmal, was DU für "Gerechtigkeit" hälst.

Ich habe mein Verständnis von "Gerechtigkeit" klar umrissen. Du kritisierst das bzw. lehnst das ab. Nun würde mich interessieren, ob Du entweder ein anderes Verständnis von Gerechtigkeit hast, oder ob die Gerechtigkeit generell ablehnst/

step hat folgendes geschrieben:
Selbst wenn Menschen Handlungsfreiheit haben, aber keine Willensfreiheit, wenn sie also zwar präferent handeln, aber ihre Präferenzen nicht selbst bestimmen, macht ein traditioneller Schuldbegriff keinen Sinn, in dem Sinne, daß derjenige tatsächlich anders hätte handeln können und daher schuldig sei.


Bei fehlender Willensfreiheit hat man aber immer noch Handlungsfreiheit. D.h. ich kann mich frei dafür entscheiden für oder gegen meinen Willen zu handeln. Wenn ich mich falsch/unethisch verhalte, dann trage ich dafür auch die Schuld.

Wenn ich auch keine Handlungsfreiheit hätte, müsste man mich im Fall einer Straftat genauso behandeln wie einen schuldunfähigen Geisteskranken.
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Natas
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Anmeldungsdatum: 17.03.2014
Beiträge: 165

Beitrag(#1913554) Verfasst am: 03.04.2014, 00:33    Titel: Antworten mit Zitat

Die Normen an sich haben als solche wahrscheinlich Einfluss auf die Gehirnstruktur.
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Fake
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Beiträge: 3548

Beitrag(#1913575) Verfasst am: 03.04.2014, 09:14    Titel: Antworten mit Zitat

Schöngeist hat folgendes geschrieben:
Bei fehlender Willensfreiheit hat man aber immer noch Handlungsfreiheit.

Genau das wissen wir doch nicht. Mit den Augen rollen

Handlungsfreiheit ist kein politisches Konzept, dass man annehmen oder ablehnen kann. Sie ist entweder Teil unserer Natur oder halt nicht. Und das zu klären ist Aufgabe der Naturwissenschaften.

Wir können sinnvoll nur darüber diskutieren, wie wir mit dem Ergebnis dieser Forschung umgehen möchten. Deine Strategie scheint zu sein, aktuelle Forschungsergebnisse zu ignorieren. Kannst du machen. Ich werde versuchen daraus zu lernen und meine Standpunkte daran anzupassen.
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caballito
zänkisches Monsterpony



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 12112
Wohnort: Pet Sematary

Beitrag(#1913620) Verfasst am: 03.04.2014, 13:51    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
caballito hat folgendes geschrieben:
Was du wie viele zu übersehen scheinst ist der Umstand, das das Vorhandensein einer Strafdrohung, und die etwaige Angst davor, ebenfalls ein Glied der Kausalkette ist. Genau deshalb wirkt ja Abschreckung.

Das übersehe ich keineswegs. Ich lehne Abschreckung auch nicht völlig ab. Mal abgesehen von der Frage, wie gut es funktioniert, stört mich daran, daß diese Abschreckung nur funktioniert, wenn drastische Exempel statuiert werden, und das auch noch gerade wenn sie nicht funktioniert.

Das vielgehörte unsinnige Argument, Abschreckung funktioniere nicht, beriht doch gerade darauf, dass drastische Exempel eben gerade nicht so wunderwirksam sind. Ab einem gewissen Grad begeht die Tat eh nur noch, wer nicht damit rechnet, erwischt zu werden. Eine Drohung über diesen Punkt hinaus ist Abschreckungstechnisch sinnlos. Außerdem muss natüröich gewährleistet sein, dass das Strafrecht nicht mehr Leid (in Form von Strafverfahren und Strafen) verursacht als es (in Form nicht begangener Straftaten) verhindert. Woran das Strafrecht mehr als allem krankt ist die Vorstellung, die Strafe selbst müsse etwas positives sein - ist sie nicht, die Strafe ist kein Gewinn, sondern der der Preis.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
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Beitrag(#1913626) Verfasst am: 03.04.2014, 15:03    Titel: Antworten mit Zitat

caballito hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... Mal abgesehen von der Frage, wie gut es funktioniert, stört mich daran, daß diese Abschreckung nur funktioniert, wenn drastische Exempel statuiert werden, und das auch noch gerade wenn sie nicht funktioniert.
Das vielgehörte unsinnige Argument, Abschreckung funktioniere nicht, beriht doch gerade darauf, dass drastische Exempel eben gerade nicht so wunderwirksam sind.

Äh - ja, aber zum einen werden drastische Exempel ja nun mal statuiert, zum anderen ich hatte hier ein ganz anderes Argument gebracht. Aber interessanter scheint mir sowieso Dein zweiter Punkt:

caballito hat folgendes geschrieben:
... die Strafe ist kein Gewinn, sondern der der Preis.

Rein individuell-spieltechnisch könnte man das tatsächlich so sehen, auch wenn die Möglichkeit zur Vorkasse hier verwehrt ist - warum eigentlich? Ich denke, dieser spezialpräventive und gemeinnützige Ansatz wäre für mich OK bei kleineren Verbrechen und Strafen, die der Gemeinschaft oder dem Opfer nutzen, z.B. wenn ein Dieb oder Steuerhinterzieher das Dreifache zurückzahlen muß.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
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Wohnort: Germering

Beitrag(#1913629) Verfasst am: 03.04.2014, 15:22    Titel: Antworten mit Zitat

Schöngeist hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Schöngeist's Verständnis von "Gerechtigkeit" ist eher alttestamentarisch, so etwas wie Vergeltung / Rache / Sühne.
Nochmal: Dann definiere doch bitte erstmal, was DU für "Gerechtigkeit" hälst.

Für mich überwiegen bei "Gerechtigkeit" folgende Aspekte, möglichst allgemnein ausgedrückt:
- faire Verteilung von gemeinschaftlichen Gütern (inklusive Chancen usw.)
- faire Verteilung von gemeinschaftlichen Lasten (Steuern, Flüchtlinge, Risiken ...)

Klar gibt es da im einzelnen viele Dilemmata, aber das ist ein anderes Thema.

Schöngeist hat folgendes geschrieben:
ich kann mich frei dafür entscheiden für oder gegen meinen Willen zu handeln.

Nein, ich zumindest kann das nicht.

Wenn ich Lust auf Sahnetorte habe, aber trotzdem widerstehe, dann tue ich das, weil meine Präferenz abzunehmen größer ist als meine Präferenz Torte zu essen. Mein Gehirn kann zwar rational abwägen, sich der moralischen Aspekte bewußt sein usw., aber das ist alles Teil der Kausalitätskette der Entscheidungsbildung.

Macnhe Leute gewichten bewußte Normverstöße besonders, etwa so: Wenn die Präferenz, etwas zu tun, speziell höher ist als die Präferenz, eine Norm zu beachten, dann ist jemand schuldig. Dahinter steht die unausgesprochene Vorstellung, daß der Wunsch, Normen einzuhalten, die stärkste Präferenz überhaupt sein sollte. Also (absurderweise) der Wunsch nach gesellschaftlicher Determination, nach Unfreiheit in moralisch relevanten Entscheidungen.
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Schöngeist
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Anmeldungsdatum: 06.10.2013
Beiträge: 803

Beitrag(#1913631) Verfasst am: 03.04.2014, 15:37    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Rein individuell-spieltechnisch könnte man das tatsächlich so sehen, auch wenn die Möglichkeit zur Vorkasse hier verwehrt ist - warum eigentlich? Ich denke, dieser spezialpräventive und gemeinnützige Ansatz wäre für mich OK bei kleineren Verbrechen und Strafen, die der Gemeinschaft oder dem Opfer nutzen, z.B. wenn ein Dieb oder Steuerhinterzieher das Dreifache zurückzahlen muß.


Damit reduzierst Du den durch Straftaten entstandende Schäden aber nur auf materielle Schänden, die man mit Geld einfach begleichen kann.

Nehmen wir an, bei einem Einbruch in ein Haus wird der Erbschmuck der Familie gestohlen. Die Beute haben die Täter weiterverkauft. Der rein materielle Wert des Schmucks mag gering sein, der ideelle Wert für den Besitzer aber unschätzbar hoch. Zudem kann der Hausbesitzer anschliessend z.B. nicht mehr unbeschwert in seinem Haus leben, nachdem Fremde in seine Privaträume eingedrungen sind und seine privaten Sachen durchgewühlt haben.

Der Schaden, den die Diebe verursacht haben, geht also weit über die 2000€. die der Erbschmuck rein materiell wert gewesen wäre hinaus.

Davon mal abgesehen wäre selbst die finanzielle Erstattung des materiellen Schaden von der Zahlungsfähigkeit des Täter abhängig. Wenn er das Geld nicht hat, kann er es halt auch nicht zahlen.

Und wie stellst Du dir das bei anderen Straftaten vor? Wenn z.B. eine Frau brutal vergewaltigt wird, soll der Täter ihr 200€ für die zerrissene Kleidung zahlen und damit hat sich die Sache?

Und wenn ein Kind grausam ermordet wird, zahlt der Täter den Eltern 1000€ Schadenersatz und dann ist der Gerechtigkeit genüge getan?

Frage Frage Frage
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Wilson
zwischen gaga und dada



Anmeldungsdatum: 04.02.2008
Beiträge: 20376
Wohnort: Swift Tuttle

Beitrag(#1913636) Verfasst am: 03.04.2014, 16:05    Titel: Antworten mit Zitat

Misterfritz hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
caballito hat folgendes geschrieben:
Was du wie viele zu übersehen scheinst ist der Umstand, das das Vorhandensein einer Strafdrohung, und die etwaige Angst davor, ebenfalls ein Glied der Kausalkette ist. Genau deshalb wirkt ja Abschreckung.

Das übersehe ich keineswegs. Ich lehne Abschreckung auch nicht völlig ab. Mal abgesehen von der Frage, wie gut es funktioniert, stört mich daran, daß diese Abschreckung nur funktioniert, wenn drastische Exempel statuiert werden, und das auch noch gerade wenn sie nicht funktioniert.

mich würde ja interessieren, wie du es einschätzt, wie es wäre, wenn diese abschreckung nicht mehr da wäre.
und ich glaube auch nicht, dass es drastische exempel sind, die die meisten davon abhalten, straftaten zu begehen, sondern die schlichten strafen, die z.b. eintragungen im polizeilichen führungszeugnis nach sich ziehen, oder auch nur kurze haftstrafen.

schlicht?
sie ruinieren dir wahrscheinlich die zukunft.
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"als ob"
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Samson83
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Anmeldungsdatum: 18.01.2013
Beiträge: 6833

Beitrag(#1913638) Verfasst am: 03.04.2014, 16:06    Titel: Antworten mit Zitat

Schöngeist hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Rein individuell-spieltechnisch könnte man das tatsächlich so sehen, auch wenn die Möglichkeit zur Vorkasse hier verwehrt ist - warum eigentlich? Ich denke, dieser spezialpräventive und gemeinnützige Ansatz wäre für mich OK bei kleineren Verbrechen und Strafen, die der Gemeinschaft oder dem Opfer nutzen, z.B. wenn ein Dieb oder Steuerhinterzieher das Dreifache zurückzahlen muß.


Damit reduzierst Du den durch Straftaten entstandende Schäden aber nur auf materielle Schänden, die man mit Geld einfach begleichen kann.

Nehmen wir an, bei einem Einbruch in ein Haus wird der Erbschmuck der Familie gestohlen. Die Beute haben die Täter weiterverkauft. Der rein materielle Wert des Schmucks mag gering sein, der ideelle Wert für den Besitzer aber unschätzbar hoch. Zudem kann der Hausbesitzer anschliessend z.B. nicht mehr unbeschwert in seinem Haus leben, nachdem Fremde in seine Privaträume eingedrungen sind und seine privaten Sachen durchgewühlt haben.

Der Schaden, den die Diebe verursacht haben, geht also weit über die 2000€. die der Erbschmuck rein materiell wert gewesen wäre hinaus.

Davon mal abgesehen wäre selbst die finanzielle Erstattung des materiellen Schaden von der Zahlungsfähigkeit des Täter abhängig. Wenn er das Geld nicht hat, kann er es halt auch nicht zahlen.

Und wie stellst Du dir das bei anderen Straftaten vor? Wenn z.B. eine Frau brutal vergewaltigt wird, soll der Täter ihr 200€ für die zerrissene Kleidung zahlen und damit hat sich die Sache?

Und wenn ein Kind grausam ermordet wird, zahlt der Täter den Eltern 1000€ Schadenersatz und dann ist der Gerechtigkeit genüge getan?

Frage Frage Frage

Deswegen steht in Steps Beitrag auch "bei kleineren Verbrechen" - wobei hier Vergehen gemeint sein dürften.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#1913667) Verfasst am: 03.04.2014, 18:41    Titel: Antworten mit Zitat

Schöngeist hat folgendes geschrieben:
Und wenn ein Kind grausam ermordet wird, zahlt der Täter den Eltern 1000€ Schadenersatz und dann ist der Gerechtigkeit genüge getan?

Du bist offensichtlich nicht fähig zu einer rationalen Diskussion. Vor lauter Geifer liest Du nicht mal, wozu Du Stellung nimmst. Schreib doch am besten noch, wie süß das Kind gelächelt hat oder daß es meins war.
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Anmeldungsdatum: 06.10.2013
Beiträge: 803

Beitrag(#1913668) Verfasst am: 03.04.2014, 18:44    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Du bist offensichtlich nicht fähig zu einer rationalen Diskussion.


Doch, aber Du hast Angst endlich mal klare Kante zu zeigen und zu schreiben, wie Du dir das konkret in der Praxis vorstellst.
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#1913673) Verfasst am: 03.04.2014, 19:08    Titel: Antworten mit Zitat

Kival hat folgendes geschrieben:
Misterfritz hat folgendes geschrieben:
mich würde ja interessieren, wie du es einschätzt, wie es wäre, wenn diese abschreckung nicht mehr da wäre. und ich glaube auch nicht, dass es drastische exempel sind, die die meisten davon abhalten, straftaten zu begehen, sondern die schlichten strafen, die z.b. eintragungen im polizeilichen führungszeugnis nach sich ziehen, oder auch nur kurze haftstrafen.
Die meisten werden von Straftaten dadurch abgehalten, dass sie keine Straftaten begehen wollen. Es ist eine starke internalisierte Norm, keine Straftaten zu begehen. Ganz ohne konkrete Strafen schon.

Ja. Wobei eine internalisierte Norm auch nichts anderes ist als etwas Anerzogenes (oder sogar Anevolviertes). Es bleibt wohl zudem immer eine Abschreckung im allgemeinsten Sinne übrig, nämlich die Nichterfüllung der eigenen Präferenzen kann ja schon als abschreckend empfunden werden.
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step
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Beitrag(#1913674) Verfasst am: 03.04.2014, 19:14    Titel: Antworten mit Zitat

Schöngeist hat folgendes geschrieben:
Du hast Angst endlich mal klare Kante zu zeigen und zu schreiben, wie Du dir das konkret in der Praxis vorstellst.

In jedem zweiten Beitrag gehst Du nicht auf das ein, was ich schreibe. Stattdesssen findest Du irgendwas, was ich nicht tue. Manchmal mache ich das dann (wie bei der Gerechtigkeitsdefinition z.B.), Du findest etwas Neues. Komischerweise hat es oft mit Schwerverbrechen an Kindern oder Frauen zu tun und basiert meist zudem auf Strohmännern, wie das mit den 1000 Euro oder dem ersetzten Kleid oben. Ich warte jetzt schon auf den Holocaust, der fehlt Dir noch, oder sollte ich ihn übersehen haben?
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Samson83
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Beitrag(#1913685) Verfasst am: 03.04.2014, 19:24    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Ich warte jetzt schon auf den Holocaust, der fehlt Dir noch, oder sollte ich ihn übersehen haben?

DAS ist aber echt interessant, verehrter Step. Wie wärst du nach deinen Maßstäben - dich erstaunlicherweise für sehr schlüssig halte- in Nürnberg verfahren?

Ich habe vor kurzem aus einem deutschen Leben über R. Höß mit George gesehen; und der Herr wäre bei Wiederaufbau Deutschlands mit Sicherheit ein mehr als engagiertes und produktives Mitglied geworden und nie wieder straffällig geworden.
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Waschmaschine777
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Beitrag(#1913690) Verfasst am: 03.04.2014, 19:54    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Ich warte jetzt schon auf den Holocaust, der fehlt Dir noch, oder sollte ich ihn übersehen haben?


Auch ich halte das für eine interessante Frage.
Und die Frage ist noch aktuell.
http://www.welt.de/politik/deutschland/article119653656/30-neue-Verfahren-gegen-NS-Kriegsverbrecher.html
Zitat:
Verfolgung der NS-Verbrecher bevor die letzten sterben


Das Vergeltungsbedürfnis unserer Gesellschaft ist in dieser Sache nicht unerheblich.
Eine konkrete Gefahr geht von über Neunzigjährigen wohl nicht mehr aus.
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Zumsel
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Beitrag(#1913691) Verfasst am: 03.04.2014, 20:03    Titel: Antworten mit Zitat

Waschmaschine777 hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ich warte jetzt schon auf den Holocaust, der fehlt Dir noch, oder sollte ich ihn übersehen haben?


Auch ich halte das für eine interessante Frage.
Und die Frage ist noch aktuell.
http://www.welt.de/politik/deutschland/article119653656/30-neue-Verfahren-gegen-NS-Kriegsverbrecher.html
Zitat:
Verfolgung der NS-Verbrecher bevor die letzten sterben


Das Vergeltungsbedürfnis unserer Gesellschaft ist in dieser Sache nicht unerheblich.
Eine konkrete Gefahr geht von über Neunzigjährigen wohl nicht mehr aus.


Ich denke, so etwas muss im Zusammenhang mit der gesellschaftlich nun einmal vorherrschenden Ansicht zum Thema Schuld, Sühne und Gerechtigkeit gesehen werden. Nazis lafen zu lassen in einer Gesellschaft, in der die Bestrafung von Unrecht als Akt der Gerechtigkeit gilt, würde einer moralische Rehabilitierung der Täter gleichkommen. Würde das "Strafrecht" insgesamt steps Vorstellungen entsprechen, bestünde dieses Problem nicht.

Womit ich freilich nicht sagen will, dass ich steps Vorstellung teile.
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step
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Beitrag(#1913693) Verfasst am: 03.04.2014, 20:13    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Ich denke, so etwas muss im Zusammenhang mit der gesellschaftlich nun einmal vorherrschenden Ansicht zum Thema Schuld, Sühne und Gerechtigkeit gesehen werden. Nazis lafen zu lassen in einer Gesellschaft, in der die Bestrafung von Unrecht als Akt der Gerechtigkeit gilt, würde einer moralische Rehabilitierung der Täter gleichkommen. Würde das "Strafrecht" insgesamt steps Vorstellungen entsprechen, bestünde dieses Problem nicht.

Womit ich freilich nicht sagen will, dass ich steps Vorstellung teile.

Umso mehr freut mich Deine ganz hervorragende Antwort!
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Waschmaschine777
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Beitrag(#1913701) Verfasst am: 03.04.2014, 20:35    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:

Ich denke, so etwas muss im Zusammenhang mit der gesellschaftlich nun einmal vorherrschenden Ansicht zum Thema Schuld, Sühne und Gerechtigkeit gesehen werden. Nazis lafen zu lassen in einer Gesellschaft, in der die Bestrafung von Unrecht als Akt der Gerechtigkeit gilt, würde einer moralische Rehabilitierung der Täter gleichkommen. Würde das "Strafrecht" insgesamt steps Vorstellungen entsprechen, bestünde dieses Problem nicht.



Da stellt sich dann die Frage ob steps Vorstellungen realisierbar sind, oder ob sie zu menschenfern sind.
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step
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Beitrag(#1913703) Verfasst am: 03.04.2014, 20:51    Titel: Antworten mit Zitat

Waschmaschine777 hat folgendes geschrieben:
Zumsel hat folgendes geschrieben:
Ich denke, so etwas muss im Zusammenhang mit der gesellschaftlich nun einmal vorherrschenden Ansicht zum Thema Schuld, Sühne und Gerechtigkeit gesehen werden. Nazis lafen zu lassen in einer Gesellschaft, in der die Bestrafung von Unrecht als Akt der Gerechtigkeit gilt, würde einer moralische Rehabilitierung der Täter gleichkommen. Würde das "Strafrecht" insgesamt steps Vorstellungen entsprechen, bestünde dieses Problem nicht.
Da stellt sich dann die Frage ob steps Vorstellungen realisierbar sind, oder ob sie zu menschenfern sind.

Diese Frage stellen sich übrigens auch moderne Strafrechtler. Einige warnen sogar davor, das Volk zu überfordern. Ich habe auch mal gelesen, daß die meisten Urteile als zu milde empfunden werden. Viele Menschen geraten ja schon in den Zorn der Gerechten, wenn straffällige Jugendliche in eine Therapie kommen, anstatt mal ordentlich durchgeprügelt oder ins Arbeitslager gesteckt zu werden.

Ich denke, ein Teil wäre sofort realisierbar. Man könnte das auch daran ablesen, daß das Strafrecht bereits schleichend humanisiert wurde. Andere, stärker emotional besetzte Bereiche können nur langsam reformiert werden, da sie auch eine anders erzogene Zuschauergeneration benötigen.

Sicher könnte man auch einiges erreichen, indem man den Geschädigten intensiver hilft, so daß sie sich nicht am Ende auch von der Gemeinschaft noch als unfair behandelt vorkommen.
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smallie
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Beitrag(#1913724) Verfasst am: 03.04.2014, 22:24    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Auch ein *modernes* Strafsystem sieht das Problem immer nur im Individuum.

Das mußt Du aber denen sagen, die an eine individuelle Schuld glauben. Ich habe schon oft darauf hingewiesen, daß die Kausalketten nicht an der Grenze des Individuums haltmachen und daß die Gesellschaft als Ganze es in der Hand hat.

Wieso glaubst du, daß die Gesellschaft es in der Hand hat?

Wenn Individuen determiniert sind, warum dann nicht auch ganze Gesellschaften?


step hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Was ist denn ganz allgemein gesagt ein Verbrechen? Du hattest Beispiele genannt. Aber was ist ein Verbrechen in allgemeiner Definition? Kann man eine solche Definition hinkriegen?

Ich habe doch eine gegeben:
step hat folgendes geschrieben:
[Verbrecher] sind mindestens einmalig vom erwarteten Verhalten abgewichen, sie haben ein verhalten außerhalb der Norm gezeigt - und zwar in einem Bereich, in dem die Gesellschaft das nicht für harmlos hält.

Das würde ich gerne etwas einschränken.

Ob eine Tat ein Verbrechen ist, wird in unterschiedlichen Gesellschaften zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedlich beurteilt. Die "Norm" hängt von der Zeit und dem Ort ab, an dem wir uns gerade geschichtlich befinden.

Was ist Norm?

Ich sehe bei dieser Frage eher eine andere Achse. Etwa Selbstbestimmung vs. Fremdbestimmung.

- Täter = Opfer. Als Beispiele: Gesetze gegen freiwilligen assistierten Suizid, Drogengesetze. Abtreibungsgesetz. Verbot öffentlicher Nacktheit.

- Tateinverständnis zwischen zwei Tätern. Gesetze gegen Homosexuelle. Schulpflicht (falls einvernehmlich zwischen Eltern und Kind). Verbot öffentlicher Kopulation.

- Täter schädigt Außenstehende. OK, ab hier sehe ich deine Definition als diskutabel.
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step
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Beitrag(#1913741) Verfasst am: 03.04.2014, 23:12    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Zitat:
Ich habe schon oft darauf hingewiesen, daß die Kausalketten nicht an der Grenze des Individuums haltmachen und daß die Gesellschaft als Ganze es in der Hand hat.
Wieso glaubst du, daß die Gesellschaft es in der Hand hat? Wenn Individuen determiniert sind, warum dann nicht auch ganze Gesellschaften?

Naja, freilich auch ganze Gesellschaften. "in der Hand haben" hier im Sinne von "handeln, beeinflussen".

smallie hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
[Verbrecher] sind mindestens einmalig vom erwarteten Verhalten abgewichen, sie haben ein verhalten außerhalb der Norm gezeigt - und zwar in einem Bereich, in dem die Gesellschaft das nicht für harmlos hält.
Das würde ich gerne etwas einschränken.

Ob eine Tat ein Verbrechen ist, wird in unterschiedlichen Gesellschaften zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedlich beurteilt. Die "Norm" hängt von der Zeit und dem Ort ab, an dem wir uns gerade geschichtlich befinden.

Klar, das hatte ich oben ja auch schon geschrieben, sogar mit mehr oder weniger exotischen Beispielen.

smallie hat folgendes geschrieben:
Was ist Norm?

Ich sehe bei dieser Frage eher eine andere Achse. Etwa Selbstbestimmung vs. Fremdbestimmung.

- Täter = Opfer. Als Beispiele: Gesetze gegen freiwilligen assistierten Suizid, Drogengesetze. Abtreibungsgesetz. Verbot öffentlicher Nacktheit.

- Tateinverständnis zwischen zwei Tätern. Gesetze gegen Homosexuelle. Schulpflicht (falls einvernehmlich zwischen Eltern und Kind). Verbot öffentlicher Kopulation.

- Täter schädigt Außenstehende. OK, ab hier sehe ich deine Definition als diskutabel.

Ich verstehe nicht, wieso meine Definition nicht auch für Deine ersten beiden Beispielgruppen gelten sollte.
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Schöngeist
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Beitrag(#1913919) Verfasst am: 04.04.2014, 18:22    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Komischerweise hat es oft mit Schwerverbrechen an Kindern oder Frauen zu tun und basiert meist zudem auf Strohmännern, wie das mit den 1000 Euro oder dem ersetzten Kleid oben.


Warum drückst Du dich davor konkret mal Stellung zu beziehen, welche Form von Strafe Du dir bei Kapitalverbrechen wie Vergewaltigung oder Mord vorstellst?
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