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Definition und Operationalisierung von Ich-Bewusstsein
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Babyface
Altmeister



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 11518

Beitrag(#88407) Verfasst am: 10.02.2004, 00:43    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Hi Babyface,

Babyface hat folgendes geschrieben:

Bevor man die Frage beantwortet, ob Computer wie Menschen Schach spielen, sollte man eigentlich mehr Wissen darüber erlangen, wie Menschen überhaupt Schach spielen.


so sehe ich das in etwa auch. Ich gehe noch einen Schritt weiter: man lernt nicht viel darüber, indem man Schach-Programme schreibt.

Grüßle

Thomas

Ich sehe darin eher die Möglichkeit zu lernen, wie es Menschen nicht machen.
_________________
posted by Babyface
.
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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#88415) Verfasst am: 10.02.2004, 01:01    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Babyface,

[ ... ]

Babyface hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
man lernt nicht viel darüber, indem man Schach-Programme schreibt.

Ich sehe darin eher die Möglichkeit zu lernen, wie es Menschen nicht machen.


ganz so krass würde ich es nicht sehen. Immerhin schreiben _Menschen_ die Programme ;-)

Grüßle

Thomas
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ric
Gast






Beitrag(#88500) Verfasst am: 10.02.2004, 12:31    Titel: Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Hi Babyface,
Babyface hat folgendes geschrieben:

Bevor man die Frage beantwortet, ob Computer wie Menschen Schach spielen, sollte man eigentlich mehr Wissen darüber erlangen, wie Menschen überhaupt Schach spielen.
so sehe ich das in etwa auch. Ich gehe noch einen Schritt weiter: man lernt nicht viel darüber, indem man Schach-Programme schreibt.
Wie sonst, außer durch Simulation willst Du etwas darüber lernen?
Natürlich sind die ersten Programme schlechte Näherungen. Von Fritz und Deep Blue behauptet auch niemand, daß sie menschenähnlich denken. Allerdings ist es interessant zu sehen, wie Kasparow diese Programme immer wieder "hereinlegt". Durch dieses "hereinlegen" sieht man klarer, was noch nicht erreicht wurde.

Die nächste Stufe wäre meines Erachtens ein Schachprogramm, daß auf Basis neuronaler Netzwerke arbeitet. Am Anfang würde es sicher grottenschlecht spielen, aber es würde vielleicht "menschenähnlicher" spielen. Ich glaube jedoch, daß wir ab einer bestimmten Komplexitätsstufe nicht mehr nachvollziehen könnten, was im Inneren des Netzwerkes eigentlich abläuft. zwinkern
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ric
Gast






Beitrag(#88504) Verfasst am: 10.02.2004, 12:39    Titel: Antworten mit Zitat

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
hi Ric,

diese Position kannst Du natürlich einnehmen. Aber willst Du das wirklich? Diese "Störung" ist das einzige an mir, das für mich persönlich wichtig ist. Besser gesagt, ich bin diese "Störung". Wenn diese "Störung" nicht mehr da wäre, dann wäre es für mich völlig irrelevant, ob ich lebe oder nicht. Dann könnte ich genausogut tot sein.

Übrigens: dass diese Störung die Ausdauer behindert, dürfte stimmen. Lulian Jaynes argumentiert, dass die alten Ägypter (die diese Störung noch nicht hatten) nur deshalb solche Felsstollen und Pyramiden in so kurzer Zeit bauen konnten.
Ooops Verlegen ,

Mit dem Wort "Störung" ist natürlich eine Wertung verbunden. Nennen wir es einfach "durch komplexe Basis zwangsläufig entstehendes Phänomen"==dukobzep.

Entsteht dieser Innere Dialog eigentlich bei jedem Menschen, oder ist er erlernt? Gibt es dazu irgendwelche Daten? Ich denke dabei insbesondere an in extremer Vernachlässigung aufgewachsene Kinder (Kaspar Hauser, Wolfskinder).

Ach ja. Werden meine Leistungen weniger wert, wenn ich sie ohne inneren Dialog erreiche? Es wäre Dir im übrigen nicht egal, ob Du tot bist oder nicht, da Du genauso wie der kleinste Wurm über einen Überlebenstrieb verfügst. zwinkern
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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#88529) Verfasst am: 10.02.2004, 13:03    Titel: Antworten mit Zitat

Hi ric,

ric hat folgendes geschrieben:
Wie sonst, außer durch Simulation willst Du etwas darüber lernen?


durch Schachspielen, beispielsweise?

Nein, im Ernst, es geht darum, was Du willst:

a. verstehen, wie das Schachspiel funktioniert
b. einen Schachcomputer bauen
c. verstehen, wie ein Mensch Schach spielt.

ric hat folgendes geschrieben:
Natürlich sind die ersten Programme schlechte Näherungen. Von Fritz und Deep Blue behauptet auch niemand, daß sie menschenähnlich denken. Allerdings ist es interessant zu sehen, wie Kasparow diese Programme immer wieder "hereinlegt". Durch dieses "hereinlegen" sieht man klarer, was noch nicht erreicht wurde.


Wir scheinen uns darüber einig zu sein, dass b. klappt. Es könnte sein, dass wir uns auch noch über a. einig sind. Interessant scheint mir c. zu sein.

ric hat folgendes geschrieben:

Die nächste Stufe wäre meines Erachtens ein Schachprogramm, daß auf Basis neuronaler Netzwerke arbeitet. Am Anfang würde es sicher grottenschlecht spielen, aber es würde vielleicht "menschenähnlicher" spielen.


Wenn es gegen _Menschen_ spielt. Selbst dann wüsstest Du noch nichts über _menschliches_ Schachspiel. Du wüsstest bestenfalls, dass man eine Kiste hat, die einen mehr oder weniger identischen OutPut erzeugt. Wie ich schon schrieb: Du hast dann zwei BlackBoxes, die auf identischen InPut identischen OutPut erzeugten. Angenommen, die eine BlackBox könntest Du in allen Details analysieren. Was weißt Du dann über den Inhalt der anderen?

Stell Dir aber auch mal vor, das neuronale Netz würde nur gegen Deep Blue spielen. Du würdest dann über c. gar nichts lernen, obwohl die Maschine vermutlich sehr gut spielen würde. Vielleicht sogar besser als jeder Mensch. Vielleicht aber vollkommen anders, effektiver, auf eine Art und Weise, die einem Mensch niemals einfallen würde.

ric hat folgendes geschrieben:
Ich glaube jedoch, daß wir ab einer bestimmten Komplexitätsstufe nicht mehr nachvollziehen könnten, was im Inneren des Netzwerkes eigentlich abläuft. :wink:


Das ist wieder ein anderer Thread. Aber eigentlich Wasser auf meine Mühlen: wenn man nicht mal so was eher Triviales wie 'wie bewegt ein Mensch 16 Steine über eine 8 x 8 Matrix' mit Computern emulieren kann, wie will man dann 'Bewusstsein' durch Programmierung von irgendwelchen Kisten erforschen?

Grüßle

Thomas
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Klaus-Peter
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Anmeldungsdatum: 10.01.2004
Beiträge: 1534

Beitrag(#88602) Verfasst am: 10.02.2004, 14:52    Titel: Antworten mit Zitat

ric hat folgendes geschrieben:
Mit dem Wort "Störung" ist natürlich eine Wertung verbunden. Nennen wir es einfach "durch komplexe Basis zwangsläufig entstehendes Phänomen"==dukobzep.


Ich hatte kein Problem mit der impliziten Wertung. Ich fand es sogar gut, die negative Wertung mit der überaus positiven Bedeutung, die ich dem Phänomen für mich persönlich gebe, zu kontrastieren.

Zitat:
Entsteht dieser Innere Dialog eigentlich bei jedem Menschen, oder ist er erlernt? Gibt es dazu irgendwelche Daten? Ich denke dabei insbesondere an in extremer Vernachlässigung aufgewachsene Kinder (Kaspar Hauser, Wolfskinder).


Meine These (und die von Dennett oder Jaynes): das würdest Du merken, wenn einer kein Erleben hat. Und zwar daran, wie sie mit Dir reden.

Daten kenne ich nicht, da ein Erheben dieser Daten ja schon die (hypothetische) Akteptanz dieses Modells voraussetzen würde, und ich bin nicht sicher, wie weit die Akzeptanz unter Psychologen schon ist. Meine ersten Ansatzpunkte, wenn ich Psychoforscher wäre: Schizophreniekranke während eines Schubs und Autisten. Ferner Angehörige einer abgelegenen Zivilisation, die noch nie mit unserer Zivilisation in Konatkt kam (wenn es so etwas heute noch gibt).


Zitat:
Ach ja. Werden meine Leistungen weniger wert, wenn ich sie ohne inneren Dialog erreiche?


Wollte ich nicht sagen. Sie werden für mich nur irrelevant. "wertsein" ist eine Wertung, die für mich nur Sinn macht, wenn es ein Bewusstsein (i.S:v. Innerer Dialog) gibt.

Zitat:
Es wäre Dir im übrigen nicht egal, ob Du tot bist oder nicht, da Du genauso wie der kleinste Wurm über einen Überlebenstrieb verfügst. zwinkern


Der mit dem Wurm-Ich wäre dann aber nicht mehr ich. Mag sein, dass der lallende Zombie, der von mir übrigbliebe, wenn ich kein Bewusstsein mehr hätte, um sein Leben kämpfen würde. Aber mir wäre das wurst.

Gruss

KP
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Klaus-Peter
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Anmeldungsdatum: 10.01.2004
Beiträge: 1534

Beitrag(#88743) Verfasst am: 10.02.2004, 19:11    Titel: Antworten mit Zitat

Zum Thema Schachspiel:

Ich denke schon, dass der Computer richtiges Schach spielt, und dass man sehr wohl etwas über das menschliche Schachspielen herausbekommt, wenn man Computerschach betrachtet.

Zunächst einmal: Auf der obersten Ebene sind menschliches Schach und Computerschach identisch. Nicht nur bei den In- und Outputs. Sondern auch bei den Begriffen: Ein Computer hat einen Begriff von König, Läufer, Dame, Springer. Er weiss was "Schach" bedeutet oder "Garde". Er kennt den Wert der Figuren. Er weiss weiss was "decken" bedeutet, Abtauschen, Bauernopfer, ... Woher ich weiss, dass er das weiss? Weil er es macht. Weil er danach handelt. Dass ein Mensch (womöglich) Muster erkennt, während der Computer Such-Bäume rechnet, ist ein Design-Feature auf einer tieferen Ebene. Das wird nur dann relevant, wenn ich Experimente ausdenken kann, mit denen ich Computerschach von Menschenschach unterscheiden kann. (Beim Ausdenken dieser Experimente lerne ich wieder sehr viel über Menschenschach). Das erwähnte Experiment, dass ein Grossmeister bei "echten" Stellungen besser performed als bei künstlichen, ist so ein Prüfstein (ich möchte aber nicht vorhersagen müssen, ob ein Deep Fritz da nicht ähnlich reagiert. Ich könnte mir vorstellen, dass die ausgefeilten Suchbaumheuristiken, die Deep Fritz braucht, zu ähnlichen Effekten führen können. Ich frage mich sogar, ob die Designer von Deep Fritz das verlässlich vorhersagen könnten. Wenn sie ihn mittels neuronalem Netz programmiert hätten, könnten sie das definitiv nicht sagen). Ein anderer wichtiger Unterscheidungspunkt ist die Reaktionszeit: in welchen Situationen braucht der Computer länger, in welchen der Mensch. Andere Merkmale wäre der "Stil", in dem ein Programm spielt: Defensiv, aggressiv, vorsichtig, fantasievoll, mechanisch, ... (man beachte, dass auch Menschen mechanisch spielen können. Mich würde interessieren, ob ein Grossmeister jemals einen Computergegner als fantasievoll bezeichnet hat, es würde mich nicht wundern, wenn ja).

Wenn es auf der intentionalen Ebene (also der begrifflichen Ebene des Schachspiels) keine Unterscheidung gibt, dann gibt es keinen Unterschied zwischen Computerschach und Menschenschach. (Dann sind die beiden Algorithmen funktional äquivalent)

Ich weise auch auf das bisher wichtigste Ergebnis des Computerschach überhaupt hin: Lange Zeit galt die Regel, dass ein Computer niemals so gut Schach spielen könne wie ein Grossmeister, weil es ihm an Kreativität fehle. Offenbar ist es gelungen, die Kreativität, die man braucht, um den Schachweltmeister zu schlagen, durch tumbe Suchbäume zu implementieren. Womöglich ist die ganze menschliche Kreativität, auf die wir so stolz sind, algorithmisch gesehen äquivalent zu einem Suchbaum.
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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#88788) Verfasst am: 10.02.2004, 20:32    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Klaus-Peter,

[ ... ]

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:

Zunächst einmal: Auf der obersten Ebene sind menschliches Schach und Computerschach identisch. Nicht nur bei den In- und Outputs. Sondern auch bei den Begriffen: Ein Computer hat einen Begriff von König, Läufer, Dame, Springer. Er weiss was "Schach" bedeutet oder "Garde". Er kennt den Wert der Figuren. Er weiss weiss was "decken" bedeutet, Abtauschen, Bauernopfer, ... Woher ich weiss, dass er das weiss? Weil er es macht. Weil er danach handelt.


ich hoffe, Du merkst, wie problematisch Deine Aussagen sind? Du redest von 'Begriff', 'Wert', 'kennt' oder 'weiß'. Das sind _Interpretationen_, die das _Ergebnis_ Deiner Auffassung schon _vor_ die Analyse setzen. Es dreht sich doch gerade darum, _ob_ der Computer einen 'Begriff' etc. von den Vorgängen beim Schachspiel hat.

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Dass ein Mensch (womöglich) Muster erkennt, während der Computer Such-Bäume rechnet, ist ein Design-Feature auf einer tieferen Ebene.


Nein, das ist doch ein _wesensmäßiger_ Unterschied. Du siehst ein _identisches_ Verhalten _trotz_ unterschiedlicher Vorgänge in den beiden Systemen. Dein Punkt ist doch eine _Identität_.

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Das wird nur dann relevant, wenn ich Experimente ausdenken kann, mit denen ich Computerschach von Menschenschach unterscheiden kann. (Beim Ausdenken dieser Experimente lerne ich wieder sehr viel über Menschenschach). Das erwähnte Experiment, dass ein Grossmeister bei "echten" Stellungen besser performed als bei künstlichen, ist so ein Prüfstein (ich möchte aber nicht vorhersagen müssen, ob ein Deep Fritz da nicht ähnlich reagiert. Ich könnte mir vorstellen, dass die ausgefeilten Suchbaumheuristiken, die Deep Fritz braucht, zu ähnlichen Effekten führen können. Ich frage mich sogar, ob die Designer von Deep Fritz das verlässlich vorhersagen könnten. Wenn sie ihn mittels neuronalem Netz programmiert hätten, könnten sie das definitiv nicht sagen).


Ich denke, mit solchen Überlegungen kommen wir der Sache näher. Wir lassen uns nicht mehr durch die _oberflächlichen_ Gemeinsamkeiten (Du merkst nicht, wenn Du vor einem Monitor sitzt, ob Du gegen einen Menschen oder eine Maschine spielst, auch eine Art Turing-Test, allerdings mit lächerlich restringiertem Setting) blenden, sondern suchen nach _Unterschieden_. Erst wenn wir _keine_ mehr finden, hast Du ein Argument, dass Du zumindest ein funktionell äquivalentes Modell geschaffen hast.

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Ein anderer wichtiger Unterscheidungspunkt ist die Reaktionszeit: in welchen Situationen braucht der Computer länger, in welchen der Mensch. Andere Merkmale wäre der "Stil", in dem ein Programm spielt: Defensiv, aggressiv, vorsichtig, fantasievoll, mechanisch, ... (man beachte, dass auch Menschen mechanisch spielen können. Mich würde interessieren, ob ein Grossmeister jemals einen Computergegner als fantasievoll bezeichnet hat, es würde mich nicht wundern, wenn ja).


Ich denke, dass noch ein anderer Aspekt interessant ist. Du kannst ja prinzipiell (klar, Du stößt an _praktische_ Grenzen) einen Baum mit allen möglichen Zügen des Schachspiels erstellen. Du könntest dann, ausgehend von jeder Stellung, unzweideutig angeben, welche jeweils beste Züge (bzw. besten Zug) es gibt. Die Frage ist nun, wie Computer und wie Mensch damit fertig werden, dass die Zeit nicht reicht, _alle_ Züge vollständig zu analysieren. Kann man das wirklich emulieren? Wie kann man Intuition (muss ich analysieren oder kann ich 'nach Gefühl' gehen?) implementieren? Verschiedene Großmeister denken unterschiedlich. Manche sehen bildlich farbige Linien, die die Zugmöglichkeiten jeder Figur repräsentieren. Es soll Spieler geben, die einen Zug machen, den sie nicht 'begründen' können, der sich aber, im Nachhinein, als der optimale herausstellt. Was läuft hier im Gehirn ab? Kann man so etwas, von dem man gar nicht weiß, wie das beim Menschen geht, in einem Computer implementieren?

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Wenn es auf der intentionalen Ebene (also der begrifflichen Ebene des Schachspiels) keine Unterscheidung gibt, dann gibt es keinen Unterschied zwischen Computerschach und Menschenschach. (Dann sind die beiden Algorithmen funktional äquivalent)


Das sehe ich nur auf der _abstrakten_ Ebene, wenn Du vor einem Monitor sitzt, der weder atmet, noch schwitzt, noch komisch kuckt, wenn Du einen guten Zug gemacht hast und und und. Ich sehe nur, dass Du Deine Begrifflichkeit so wählst, dass Du die Gemeinsamkeiten herausstellst, wo es eigentlich um die Unterschiede geht.

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Ich weise auch auf das bisher wichtigste Ergebnis des Computerschach überhaupt hin: Lange Zeit galt die Regel, dass ein Computer niemals so gut Schach spielen könne wie ein Grossmeister, weil es ihm an Kreativität fehle. Offenbar ist es gelungen, die Kreativität, die man braucht, um den Schachweltmeister zu schlagen, durch tumbe Suchbäume zu implementieren. Womöglich ist die ganze menschliche Kreativität, auf die wir so stolz sind, algorithmisch gesehen äquivalent zu einem Suchbaum.


Das sehe ich anders. Du kannst für eine Kiste in dieser primitiven Spielwelt (die Regeln des Schachspiels kannst Du in ein paar kB ASCII formulieren, versuch mal in Form eines Algorithmus zu formulieren, wie Du ein Spiegelei brätst, unter Berücksichtigung aller Möglichkeiten, auf die Du reagieren musst, incl. dass ein Hühner-Embryo in einem beliebigen Entwicklungsstadium zum Vorschein kommt, wenn Du das Ei über der Pfanne aufschlägst, während gerade das Telefon klingelt, Dein Kind vom Stuhl fällt und der Wecker klingelt, der Dich daran erinnern soll, dass der Tee fertig ist) ein Programm (bzw. lernfähiges neuronales Netz) schreiben, das aufgrund der Tatsache, dass es in affenartiger Geschwindigkeit unter Verwendung von in digitaler Form leicht implementierbarer Gewichtungen für Handlungsalternativen mit 'brute force' weiß der Herr wie viel Stellungen in Echtzeit durchrechnen kann, das vollkommen anders funktionierende kognitive System eines Menschen übertrumpfen. Aber nicht deshalb, weil Du das _menschliche_ System emuliert hast.

Grüßle

Thomas
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step
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Beiträge: 22767
Wohnort: Germering

Beitrag(#88843) Verfasst am: 10.02.2004, 22:02    Titel: Antworten mit Zitat

Je ähnlicher der Simulator dem menschlichen Gehirn ist, desto mehr werden sich ihre optimalen Schachstrategien ähneln.

Beispiel:

Im menschlichen Gehirn und im Computer ist die Speicherkapazität im Vergleich zu den Stellungsmöglichkeiten gering. Daher werden weder Mensch noch Computerprogramm nur tablebases benutzen, sondern müssen die Regeln kennen, alpha-beta und Stellungsbewertung machen.

Der gute Schachspieler erkennt Muster, heutige Computer dagegen kommen mit selektiver Baumsuche zu besseren Ergebnissen (eher wie der schlechte Schachspieler, nur schneller). Gibt man ihnen die Eigenschaften eines lernenden neuronalen Systems, werden sie ähnliche Strategien wie das Schachspielergehirn entwickeln.

Es wird immer eine Ebene geben (z.B. die HW-Realisierung), auf der sie sich unterscheiden.

Nun kam das Schachspielerbeispiel ja nicht von mir, und deshalb noch mal zur Abgrenzung bzgl. unserer Ausgangsfrage:

- Denkt ein Schachcomputer mit denselben Strategien wie ein Schachspieler?
(meine Antwort: ja, in dem Ausmaß / der Tiefe, indem er die Möglichkeiten dazu hat.)

- Können wir verstehen, wie genau ein menschlicher Gedanke funktioniert?
(meine Antwort: ja, nichts spricht dagegen.)

gruß/step
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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Klaus-Peter
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Beiträge: 1534

Beitrag(#88844) Verfasst am: 10.02.2004, 22:04    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Thomas,

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
ich hoffe, Du merkst, wie problematisch Deine Aussagen sind? Du redest von 'Begriff', 'Wert', 'kennt' oder 'weiß'. Das sind _Interpretationen_, die das _Ergebnis_ Deiner Auffassung schon _vor_ die Analyse setzen. Es dreht sich doch gerade darum, _ob_ der Computer einen 'Begriff' etc. von den Vorgängen beim Schachspiel hat.

Das ist eben nur sehr bedingt eine Interpretation. Wenn der Computer regelmässig einen Läufer mit einem Springer tauscht, dann "weiss" er offensichtlich dass die beiden etwa gleich viel "wert" sind. Wenn er regelmässig ablehnt, seinen Turm mit meinem Läufer zu tauschen, aber umgekehrt sofort seinen Läufer gegen meinen Turm tauscht, dann "weiss" er, dass der Turm mehr "wert" ist als der Läufer. Das sind objektive Sachverhalte, die sich aus den Regeln des Schachspiels ergeben. Sie sind nur sehr bedingt von mir uminterpretiertbar. Ich behaupte ja nicht, dass der Computer weiss. dass er einen Begriff vom Wert einer Figur hat (sozusagen ein Metabegriff)., Den habe nur ich, aber als Besitzer eines Bewusstseins, nicht als Schachspieler.

zum " _wesensmäßigen_ Unterschied":

da scheinst Du mir ja letztlich entgegenzukommen:

Zitat:
Wir lassen uns nicht mehr durch die _oberflächlichen_ Gemeinsamkeiten (Du merkst nicht, wenn Du vor einem Monitor sitzt, ob Du gegen einen Menschen oder eine Maschine spielst, auch eine Art Turing-Test, allerdings mit lächerlich restringiertem Setting) blenden, sondern suchen nach _Unterschieden_. Erst wenn wir _keine_ mehr finden, hast Du ein Argument, dass Du zumindest ein funktionell äquivalentes Modell geschaffen hast.

Ja. Genau. Wobei, wie ich schon schrieb, ein Austausch Springer gegen Läufer (oder das Druckmachem über offene Linien, ...) nicht nur oberflächlich ist. Das zeugt von "tiefem Verständnis" der Schachspiels.

Zitat:
Ich denke, dass noch ein anderer Aspekt interessant ist. Du kannst ja prinzipiell (klar, Du stößt an _praktische_ Grenzen) einen Baum mit allen möglichen Zügen des Schachspiels erstellen. Du könntest dann, ausgehend von jeder Stellung, unzweideutig angeben, welche jeweils beste Züge (bzw. besten Zug) es gibt.

Die Tatsache, dass das nicht geht, macht das Schachspiel ja erst softwaretechnisch interessant. (Und Hirntheoretisch, weil es zeigt, wie weit man mit Heuristik gepaart mit brute-force kommen kann.

Zitat:
Die Frage ist nun, wie Computer und wie Mensch damit fertig werden, dass die Zeit nicht reicht, _alle_ Züge vollständig zu analysieren. Kann man das wirklich emulieren?


Das dürfte einfach sein: Da verwenden beide eine explizite Heuristik.

Zitat:
Wie kann man Intuition (muss ich analysieren oder kann ich 'nach Gefühl' gehen?) implementieren?

Intuition heisst nichts anderes, als dass man keinen expliziten Weg angeben kann, wie man etwas "rechnet".

Zitat:
Verschiedene Großmeister denken unterschiedlich. Manche sehen bildlich farbige Linien, die die Zugmöglichkeiten jeder Figur repräsentieren. Es soll Spieler geben, die einen Zug machen, den sie nicht 'begründen' können, der sich aber, im Nachhinein, als der optimale herausstellt. Was läuft hier im Gehirn ab? Kann man so etwas, von dem man gar nicht weiß, wie das beim Menschen geht, in einem Computer implementieren?

Ich gehe ohnehin davon aus, dass das, was diese Grossmeister berichten, eine introspektive Rekonstruktion dessen ist, was sie glauben getan zu haben. Ich bezweifle, dass man der Introspektion hier trauen kann.
Zitat:

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Wenn es auf der intentionalen Ebene (also der begrifflichen Ebene des Schachspiels) keine Unterscheidung gibt, dann gibt es keinen Unterschied zwischen Computerschach und Menschenschach. (Dann sind die beiden Algorithmen funktional äquivalent)


Das sehe ich nur auf der _abstrakten_ Ebene, wenn Du vor einem Monitor sitzt, der weder atmet, noch schwitzt, noch komisch kuckt, wenn Du einen guten Zug gemacht hast und und und. Ich sehe nur, dass Du Deine Begrifflichkeit so wählst, dass Du die Gemeinsamkeiten herausstellst, wo es eigentlich um die Unterschiede geht.


Nun ja, wenn es ums Schachspielen geht, sollte man von nichtschachspielenden Effekten abstrahieren. Dass ein Schachspieler aufs Klo muss und ein Computer nicht, ist sicher bei einem Turnier wichtig (weil ich bei einem Turnier unter Computern keine Toiletten brauche), aber für das Schachspielen ist das irrelevant. Dass ein Mensch mit Hilfe einer Maschine schachspielt, die nicht explizit dafür gebaut ist (seinem Gehirn), und er neben dem Schachspielen auch noch an was anderes denken kann, sollte erst mal ausgeklammert werden. Die Frage ist ja nicht, ob ein Schachcomputer schwitzen kann.

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Ich weise auch auf das bisher wichtigste Ergebnis des Computerschach überhaupt hin: Lange Zeit galt die Regel, dass ein Computer niemals so gut Schach spielen könne wie ein Grossmeister, weil es ihm an Kreativität fehle. Offenbar ist es gelungen, die Kreativität, die man braucht, um den Schachweltmeister zu schlagen, durch tumbe Suchbäume zu implementieren. Womöglich ist die ganze menschliche Kreativität, auf die wir so stolz sind, algorithmisch gesehen äquivalent zu einem Suchbaum.


Das sehe ich anders. Du kannst für eine Kiste in dieser primitiven Spielwelt (die Regeln des Schachspiels kannst Du in ein paar kB ASCII formulieren, versuch mal in Form eines Algorithmus zu formulieren, wie Du ein Spiegelei brätst, unter Berücksichtigung aller Möglichkeiten, auf die Du reagieren musst, incl. dass ein Hühner-Embryo in einem beliebigen Entwicklungsstadium zum Vorschein kommt, wenn Du das Ei über der Pfanne aufschlägst, während gerade das Telefon klingelt, Dein Kind vom Stuhl fällt und der Wecker klingelt, der Dich daran erinnern soll, dass der Tee fertig ist) ein Programm (bzw. lernfähiges neuronales Netz) schreiben, das aufgrund der Tatsache, dass es in affenartiger Geschwindigkeit unter Verwendung von in digitaler Form leicht implementierbarer Gewichtungen für Handlungsalternativen mit 'brute force' weiß der Herr wie viel Stellungen in Echtzeit durchrechnen kann, das vollkommen anders funktionierende kognitive System eines Menschen übertrumpfen. Aber nicht deshalb, weil Du das _menschliche_ System emuliert hast.

Das war nicht mein Argument. Mein Argument war, dass man etwas das man früher für "nichtalgorithmisch" gehalten hat und von dem man glaubte, Computer könnten das nie, nämlich Kreativität beim Schachspiel, nun auf einen popeligen Baum reduziert hat. Deine Antwort besagt letztlich: Aber das können Computer nie. Nun gebe ich zu, dass das neue Problem wesentlich schwieriger ist als das alte. Aber bezüglich der Lösbarkeit des ersten hättest Du Dich, vor 20 Jahren gefragt, wohl geirrt, wenn Du genau diese Antwort gegeben hättest auf die Frage, was der Unterschied zwischen Tic-Tac-Toe und Schach ist.

Gruss

KP
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El Schwalmo
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Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#89381) Verfasst am: 11.02.2004, 17:29    Titel: Antworten mit Zitat

Hi step,

step hat folgendes geschrieben:
Je ähnlicher der Simulator dem menschlichen Gehirn ist, desto mehr werden sich ihre optimalen Schachstrategien ähneln.


das sehe ich auch so. Der beste Simulator entspricht der 1:1 Landkarte der Geographen ;-)

step hat folgendes geschrieben:

Beispiel:

Im menschlichen Gehirn und im Computer ist die Speicherkapazität im Vergleich zu den Stellungsmöglichkeiten gering. Daher werden weder Mensch noch Computerprogramm nur tablebases benutzen, sondern müssen die Regeln kennen, alpha-beta und Stellungsbewertung machen.

Der gute Schachspieler erkennt Muster, heutige Computer dagegen kommen mit selektiver Baumsuche zu besseren Ergebnissen (eher wie der schlechte Schachspieler, nur schneller). Gibt man ihnen die Eigenschaften eines lernenden neuronalen Systems, werden sie ähnliche Strategien wie das Schachspielergehirn entwickeln.


Was bedeutet hier 'ähnlicher'? Modellieren die Netze Vorgänge im menschlichen Gehirn, oder werden die OutPuts ähnlicher?

Vielleicht nur nebenbei: ich kenne mich mit neuronalen Netzen nicht besonders aus. Wenn ich richtig informiert bin, arbeiten sie aber in einem bestimmten Punkt anders als Neuronen: im Gehirn läuft sehr viel über Aufhebung von Hemmung. Wenn man eher über Bahnung (tt) arbeitet, ist das schon vom Prinzip her anders. Selbst wenn man dann identische OutPuts erhält, ist das, was 'unter der Haube' abläuft, vollkommen verschieden. Ich würde mich dann weigern, das eine System als 'Modell' für das zweite zu betrachten, es sei denn, man _beschränkt_ diesen Begriff auf den OutPut.

step hat folgendes geschrieben:
Es wird immer eine Ebene geben (z.B. die HW-Realisierung), auf der sie sich unterscheiden.


Und genau da liegt das Problem: wie kann man mit dem einen System das andere modellieren? Kann man daraus, dass beide Systeme in _einem_ Bereich zu identischen InPuts identische OutPuts erzielen, auf _andere_ Bereiche schließen? Genauer: was lernt man über das jeweils andere System, wenn man eins genauer kennt? Muss man nicht beide _vorher_ schon kennen, um die Fragen beantworten zu können?

step hat folgendes geschrieben:
Nun kam das Schachspielerbeispiel ja nicht von mir, und deshalb noch mal zur Abgrenzung bzgl. unserer Ausgangsfrage:

- Denkt ein Schachcomputer mit denselben Strategien wie ein Schachspieler?
(meine Antwort: ja, in dem Ausmaß / der Tiefe, indem er die Möglichkeiten dazu hat.)


Das bezweifle ich. Bist Du sicher, dass ein Computer eine 'Strategie' hat, die explizit formulierbar ist?

Bildungslücke, kannst Du mich schlau machen: wie implementiert man eine _Strategie_ in ein Schach-Programm? (Das letzte Mal, dass ich mich mit Schach-Programmierung befasst habe, war vor etwa 15 Jahren, und das Programm war in BASIC, da wurden nur Figuren-Werte vorgegeben und ganz grobe 'Stellungs-Parameter', war ganz interessant, da was zu 'drehen' und zu schauen, wie das Programm dann in bestimmten Stellungen spielt).

step hat folgendes geschrieben:
- Können wir verstehen, wie genau ein menschlicher Gedanke funktioniert?
(meine Antwort: ja, nichts spricht dagegen.)


Hmmm, ich würde eher sagen, dass nichts dafür spricht. Ein 'Gedanke' ist die Funktion eines Systems, in dem sehr viele analoge Inputs, vor allem die Aktivität komplexer Neuronen-Netze, _gleichzeitig_ verrechnet werden. Keine Ahnung, wie Du so was in einem Computer emulieren kannst. Denk daran, wie sich ein 'Gedanke' ändert, je nachdem, ob Du fröhlich oder traurig bist. Und versuch mal, ganz exakt anzugeben, warum Du 'traurig' bist und wodurch das ausgelöst wird. Wie willst Du das implementieren?

Grüßle

Thomas
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El Schwalmo
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Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#89401) Verfasst am: 11.02.2004, 18:09    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Klaus-Peter,

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
ich hoffe, Du merkst, wie problematisch Deine Aussagen sind? Du redest von 'Begriff', 'Wert', 'kennt' oder 'weiß'. Das sind _Interpretationen_, die das _Ergebnis_ Deiner Auffassung schon _vor_ die Analyse setzen. Es dreht sich doch gerade darum, _ob_ der Computer einen 'Begriff' etc. von den Vorgängen beim Schachspiel hat.

Das ist eben nur sehr bedingt eine Interpretation. Wenn der Computer regelmässig einen Läufer mit einem Springer tauscht, dann "weiss" er offensichtlich dass die beiden etwa gleich viel "wert" sind. Wenn er regelmässig ablehnt, seinen Turm mit meinem Läufer zu tauschen, aber umgekehrt sofort seinen Läufer gegen meinen Turm tauscht, dann "weiss" er, dass der Turm mehr "wert" ist als der Läufer. Das sind objektive Sachverhalte, die sich aus den Regeln des Schachspiels ergeben. Sie sind nur sehr bedingt von mir uminterpretiertbar. Ich behaupte ja nicht, dass der Computer weiss. dass er einen Begriff vom Wert einer Figur hat (sozusagen ein Metabegriff)., Den habe nur ich, aber als Besitzer eines Bewusstseins, nicht als Schachspieler.


das ist mir jetzt nicht klar. Von welcher Art Computer redest Du jetzt? Wenn Du einen Computer baust, dem die Regeln des Schachspiels beibringst und der spielt dann Schach, würde ich das verstehen. Aber wenn Du einen Schachcomputer baust, dem Du die jeweiligen Figurenwerte implementierst, so ist das 'Wissen' trivial.

Was man vertreten kann, ist, dass ein Computer in der 'Welt' 'Schachspiel' sinnvoll 'agiert', genauer, sich regelkonform verhält und 'weiß', was er will: nämlich gewinnen. Die Frage war eigentlich, was Du über einen _menschlichen_ Schachspieler von so einer Maschine lernen kannst.

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
zum " _wesensmäßigen_ Unterschied":

da scheinst Du mir ja letztlich entgegenzukommen:


Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Wir lassen uns nicht mehr durch die _oberflächlichen_ Gemeinsamkeiten (Du merkst nicht, wenn Du vor einem Monitor sitzt, ob Du gegen einen Menschen oder eine Maschine spielst, auch eine Art Turing-Test, allerdings mit lächerlich restringiertem Setting) blenden, sondern suchen nach _Unterschieden_. Erst wenn wir _keine_ mehr finden, hast Du ein Argument, dass Du zumindest ein funktionell äquivalentes Modell geschaffen hast.

Ja. Genau. Wobei, wie ich schon schrieb, ein Austausch Springer gegen Läufer (oder das Druckmachem über offene Linien, ...) nicht nur oberflächlich ist. Das zeugt von "tiefem Verständnis" der Schachspiels. [quote="Thomas Waschke"]

Wie gesagt, die Grundvoraussetzung ist, dass ein Computer das 'lernt' und nicht explizit implementiert bekommen hat. Aber selbst dann ist noch nicht geklärt, ob er das so lernt, wie ein _Mensch_ das lernt.

[quote="Klaus-Peter"]
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Ich denke, dass noch ein anderer Aspekt interessant ist. Du kannst ja prinzipiell (klar, Du stößt an _praktische_ Grenzen) einen Baum mit allen möglichen Zügen des Schachspiels erstellen. Du könntest dann, ausgehend von jeder Stellung, unzweideutig angeben, welche jeweils beste Züge (bzw. besten Zug) es gibt.

Die Tatsache, dass das nicht geht, macht das Schachspiel ja erst softwaretechnisch interessant. (Und Hirntheoretisch, weil es zeigt, wie weit man mit Heuristik gepaart mit brute-force kommen kann.


Aber die eigentliche Frage ist doch noch gar nicht angeschnitten: ist die _Verarbeitung_ identisch, wenn der OutPut identisch ist? Genauer: was weiß man über das eine System, wenn man das andere kennt?

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Die Frage ist nun, wie Computer und wie Mensch damit fertig werden, dass die Zeit nicht reicht, _alle_ Züge vollständig zu analysieren. Kann man das wirklich emulieren?


Das dürfte einfach sein: Da verwenden beide eine explizite Heuristik.


Das ist nur ein Wort. Wir müssten klären, ob Du aus der Tatsache, dass _beide_ etwas verwenden, das Du 'explizite Heuristik' nennst, schließen darfst, dass sie _dieselbe_ Heuristik verwenden. Das ist doch die eigentliche Frage.

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Wie kann man Intuition (muss ich analysieren oder kann ich 'nach Gefühl' gehen?) implementieren?

Intuition heisst nichts anderes, als dass man keinen expliziten Weg angeben kann, wie man etwas "rechnet".


Ja. Und die Frage ist genau, ob Du das mit einem Computer emulieren kannst.

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Verschiedene Großmeister denken unterschiedlich. Manche sehen bildlich farbige Linien, die die Zugmöglichkeiten jeder Figur repräsentieren. Es soll Spieler geben, die einen Zug machen, den sie nicht 'begründen' können, der sich aber, im Nachhinein, als der optimale herausstellt. Was läuft hier im Gehirn ab? Kann man so etwas, von dem man gar nicht weiß, wie das beim Menschen geht, in einem Computer implementieren?

Ich gehe ohnehin davon aus, dass das, was diese Grossmeister berichten, eine introspektive Rekonstruktion dessen ist, was sie glauben getan zu haben. Ich bezweifle, dass man der Introspektion hier trauen kann.


Was meinst Du jetzt im Hinblick auf eine Emulation eines Großmeisters durch einen Computer?

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

Das sehe ich nur auf der _abstrakten_ Ebene, wenn Du vor einem Monitor sitzt, der weder atmet, noch schwitzt, noch komisch kuckt, wenn Du einen guten Zug gemacht hast und und und. Ich sehe nur, dass Du Deine Begrifflichkeit so wählst, dass Du die Gemeinsamkeiten herausstellst, wo es eigentlich um die Unterschiede geht.


Nun ja, wenn es ums Schachspielen geht, sollte man von nichtschachspielenden Effekten abstrahieren.


Das _kannst_ Du machen. Aber Du musst bedenken, was dann passiert: Du blendest _bewusst_ das aus, was _menschliches_ Schachspiel ausmacht. Die Konsequenzen sollten klar sein.

[ ... ]

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:

Das war nicht mein Argument. Mein Argument war, dass man etwas das man früher für "nichtalgorithmisch" gehalten hat und von dem man glaubte, Computer könnten das nie, nämlich Kreativität beim Schachspiel, nun auf einen popeligen Baum reduziert hat.


Hat man das? Das ist doch trivial und hat schon geklappt, bevor es Computer gab. Der Computer war doch nicht dadurch 'kreativ', dass er Schachspiel als Baum darstellt, sondern dass er durch eine bestimmte Art der Durchlaufung desselben einen OutPut erzeugt, der, wenn er von einem Menschen stammte, als 'kreativ' gewertet würde. Die spannende Frage ist, ob Du nun weißt, dass die 'Kreativität' des Menschen _genauso_ funktioniert wie die des Computers. Das ist die eigentliche Frage.

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Deine Antwort besagt letztlich: Aber das können Computer nie. Nun gebe ich zu, dass das neue Problem wesentlich schwieriger ist als das alte. Aber bezüglich der Lösbarkeit des ersten hättest Du Dich, vor 20 Jahren gefragt, wohl geirrt, wenn Du genau diese Antwort gegeben hättest auf die Frage, was der Unterschied zwischen Tic-Tac-Toe und Schach ist.


Auch das ist ein anderer Thread. Mir ging es nicht darum, zu entscheiden, was Computer jemals können werden oder nicht, sondern ob es ein Argument dafür gibt, dass Computer so arbeiten, dass sie _menschliches_ Denken emulieren können. Sie können es bestenfalls _simulieren_.

Bisher sehe ich nur, dass die Kisten Aufgaben lösen können, die auch Menschen lösen. Dass daraus folgt, dass Computer Aufgaben _wie_ Menschen lösen, scheint mir nicht der Fall zu sein. Konkret wage ich zu bezweifeln, dass man, wenn man weiß, wie man einen Computer programmiert, der Aufgabe X löst, weiß, wie eine Mensch Aufgabe X löst.

Grüßle

Thomas
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shiningthrough
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Beitrag(#89509) Verfasst am: 11.02.2004, 21:47    Titel: Computerstorys Antworten mit Zitat

Vielleicht kann das helfen:

http://www.blutner.de/philos/comp.html

Und dann gibt es in Bamberg noch einen Prof. Dörner, der sich mit der informationstechnische Abbildung der "Seele" beschäftigt hat (bitte ggf. googeln).
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El Schwalmo
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Beitrag(#89646) Verfasst am: 12.02.2004, 00:57    Titel: Re: Computerstorys Antworten mit Zitat

Hi Fischkopp,

Fischkopp hat folgendes geschrieben:
Vielleicht kann das helfen:

http://www.blutner.de/philos/comp.html

Und dann gibt es in Bamberg noch einen Prof. Dörner, der sich mit der informationstechnische Abbildung der "Seele" beschäftigt hat (bitte ggf. googeln).


danke für den Link. Wenn Du meine Postings gelesen hast, wird Dir möglicherweise aufgefallen sein, dass mir die dort geschilderten Gedanken nicht fremd sind.

Ich habe mich schon vor dem Kauf meines ersten Computers (damals kam der C 64 auf den Markt) mit Searles Thesen befasst.

Grüßle

Thomas
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Alzi
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Beitrag(#99151) Verfasst am: 04.03.2004, 16:35    Titel: Antworten mit Zitat

M.S.Salomon hat folgendes geschrieben:
Die ungeklärte Frage in Bezug auf Bewusstsein ist die Frage, wie konnten Organismen entstehen, die bestrebt sind, unangenehme Reize zu vermeiden und angenehme Reize zu verstärken?


Erst einmal muß sich wohl ein Mechanismus ausbilden, der mindestens 2 unterscheidbare Zustände liefern kann.
Diejenigen Organismen, welche dem einen Zustand die (über)lebensfreundlichen Bedingungen dem anderen Zustand die lebenswidrigen Bedingungen zuordnen und versuchen, den einen Zustand zu meiden und den anderen zu suchen, haben gute Voraussetzungen, sich entweder auf freundliche Bedingungen zuzubewegen, sich die freundlichen Bedingungen durch entsprechendes Verhalten eventuell selbst zu generieren, oder sich (aktiv/passiv) so anzupassen, daß die unfreundlichen Bedingungen als freundlich genutzt werden können.

Als die Brits in ihrer indischen Kolonialzeit daran waren, eine abgelegene Festung zu erobern, kamen einige hundert Menschen anscheinend gleichmütig heraus und liefen ohne Umschweife direkt in das Feuer der Angreifer, die natürlich weiterfeuerten - was sonst.

Dieser Volksstamm wurde damals ausgerottet - die wenigen Überlebenden wurden einfach assimiliert.

Das heißt, daß die Friedlichen, Unaggressiven und mit dem Ist-Zustand Zufriedenen automatisch untergehen und die Aggressiven, Habgierigen und Unzufriedenen nach und nach wie ein Krebsgeschwür die Erde überfluten. Die staatlichen und gesellschaftlichen Konventionen müssen die Kampfmonster irgendwie vor einer größeren inneren Selbstzerfleischung schützen, dabei jedoch die aggressive Kampfkraft potent erhalten.
Wenn sich dann noch eine hohe Vermehrungsrate dazugesellt, wodurch man immer neue Gebiete erobern muß und sich nicht mit dem Status Quo abfinden kann ... Teufel
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Alzi
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Beitrag(#99165) Verfasst am: 04.03.2004, 16:58    Titel: Antworten mit Zitat

ric hat folgendes geschrieben:
Im Ernst, diesen "InnerenErzähler" sehe ich nicht als Quantensprung an. Und zwar durch folgende Beobachtung. Wenn ich bewußt geistige oder körperliche Leistungen vollbringen möchte, dann versuche ich diesen inneren Monolog auszuschalten. Der Witz ist der, daß man diesen Erzähler nicht braucht, um kreativ, körperlich oder handwerklich tätig zu werden, sondern daß die Ausführung dieser Tätigkeiten ohne ihn sogar leichter fällt.
Der "innere Erzähler" ist quasi eine in Kauf zu nehmende Störung, die durch die Komplexität des menschlichen Gehirns auftritt. Insofern kann es natürlich schon sein, daß Tiere diese "Störung" nicht haben.


Ein interessanter Gedanke.
Was kann man leisten, wenn dieser "Erzähler" fehlt?
Kann man Tagebuch schreiben?
ME kämen wir ohne aus - unser Leben wäre dann wohl ein fundamental anderes.
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Alzi
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Beitrag(#99201) Verfasst am: 04.03.2004, 17:19    Titel: Antworten mit Zitat

Babyface hat folgendes geschrieben:
ric hat folgendes geschrieben:
Hattest Du schon Begegnungen mit Menschenaffen?
Ich schon. Seit dem bin ich überzeugt, daß sie ein Bewußtsein haben und uns mit ähnlichem Interesse betrachten wie wir sie.

Es gibt aber auch Forscher, die sehr lange mit diesen Tieren arbeiten und zu einem ganz anderen Ergebnis kommen.


Das sind dann wohl die selben, die sich Jahrhunderte lang mit Frauen beschäftigten und zum Ergebnis kamen, sie hätten - im Gegensatz zu Männern - keine Seele.

Oder die "Tierexperten", welche meinten, daß Tiere keinen Schmerz fühlen könnten und die Schmerzensschreie als Automatismus ansahen, wie wenn man unten an einer Klingelschnur zieht und es oben klingelt ...

Man sollte bei solchen "Schlaubies" immer nach der Interessenslage fragen.
Sähen sie den Menschen gerne einzigartig, leben sie von entwürdigenden oder schmerzenden Tierversuchen, sind sie vielleicht romgläubige Christen, für die ja eh nur der Mensch ein Bewußtsein hat, usw.


Zitat:
Das liegt vielleicht daran, dass bei oberflächlicher Betrachtung sehr leicht falsche Eindrücke entstehen und wir deshalb Verhalten fehlinterpretieren. Man könnte z.B. annehmen, dass Schimpansen die Fähigkeit zur Übernahme fremder Perspektiven besitzen, weil sie einen Menschen, der mit dem Rücken zu ihnen steht und sie deshalb nicht sehen kann, nicht die Hand ausstrecken, um eine Banane zu bekommen. Allerdings tun sie das auch nicht häufiger, wenn der Mensch zwar den Rücken zukehrt, aber mit dem Kopf über die Schulter blickt und damit Blickkontakt besteht. Dafür betteln sie aber indifferent bei zugewandter Vorderseite, selbst wenn der Mensch einen Eimer über dem Kopf oder die Augen verbunden hat.


Wenn der Affe merkt, daß man mit einem Eimer über dem Kopf nichts sieht, stellt er seine Bettelversuche vielleicht ein.
Hat man also diesen Eimer auch dem Schimpansen auf den Kopf gesetzt?
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