Bevor wir aber die Länge der Schöpfungstage betrachten, scheint es angebracht zu sein, ein allgemeines Mißverständnis aufzuklären, das Mißverständnis nämlich, daß die Erde erst während der sechs Schöpfungs„tage“ erschaffen worden sei. Aus dem Bibelbericht geht hervor, daß das Universum, der Sternenhimmel und der Planet Erde, vor Beginn des ersten Schöpfungstages erschaffen wurde.
In 1. Mose 1:1 ist demnach von der Erschaffung des Sternenhimmels und des Planeten Erde die Rede, wenn dort gesagt wird: „Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde.“ Wann dieser „Anfang“ war, sagt die Bibel nicht. Erst danach lesen wir darin, was Gott am ersten „Tag“ erschuf. Die sechs Schöpfungs „tage“ beziehen sich somit auf Gottes schöpferisches Wirken in Verbindung mit der Zubereitung der bereits vorhandenen Erde zur Wohnstätte der Menschen und nicht auf die Erschaffung der Erde selbst. Der Bericht in 1. Mose enthält also nichts, was den Schlußfolgerungen der heutigen Wissenschaftler widersprechen würde, nach denen das materielle Universum mehrere Milliarden Jahre alt sein soll.
Wie sollen wir aber dann das vierte Gebot verstehen, in dem gesagt wird, Gott habe den Himmel und die Erde in sechs Tagen gemacht? (2. Mose 20:11) Man kann es verstehen, wenn man weiß, daß die Ausdrücke „Himmel“ und „Erde“, wie sie die Bibelschreiber gebrauchten, ebenfalls mehrere Bedeutungen hatten wie das Wort „Tag“. So wird manchmal die Luft, in der die Vögel fliegen, als der „Himmel“ bezeichnet. (Jer. 4:25) Diese Lufthülle oder Ausdehnung, „Himmel“ genannt, wurde am zweiten „Tag“ der Schöpfungswoche geschaffen. Erst am dritten „Tag“ erschien das trockene Land. Folglich kann gesagt werden, daß die Erde, das trockene Land, ebenfalls während der Schöpfungswoche geschaffen wurde, doch das heißt nicht, daß die Erde, der Erdball oder der Planet selbst, erst dann geschaffen wurde. — 1. Mose 1:6-10, 13.
Wie lang waren denn diese „Tage“ der Schöpfung? Die Bibel hilft uns, die Länge des siebenten Tages zu errechnen. Da diese „Tage“ alle zu einer einzigen „Woche“ gehörten, ist anzunehmen, daß alle diese „Tage“ gleich lang waren.
Was die Länge des siebenten Tages betrifft, so ist es interessant festzustellen, daß die Bibel beim siebenten Tag nichts von einem „Abend“ und einem „Morgen“ sagt wie im Falle der anderen sechs Tage. Das ist von nicht geringer Bedeutung. Der Bericht lautet einfach: „Und Gott segnete den siebenten Tag und heiligte ihn; denn an demselben ruhte er von all seinem Werk.“ — 1. Mose 2:3.
Die einzig logische Schlußfolgerung ist die, daß der siebente Tag damals weiter andauerte. Stützt die Bibel diese Schlußfolgerung? Jawohl, denn sie spricht davon, daß Jehova Gott Jahrtausende nach der Schöpfung immer noch ruhte. So lesen wir in Psalm 95:8-11, daß Jehova zu den Israeliten in der Wüste sagte, sie würden wegen ihrer Herzenshärte nicht in seine Ruhe eingehen. Das zeigt, daß Gott von der Zeit der Erschaffung Evas an bis zu jener Zeit, also mehr als 2 500 Jahre, von den in 1. Mose, Kapitel 1 und 2 beschriebenen Werken geruht hatte.
Etwa 400 Jahre später sprach der Psalmist David (Ps. 95:8-11) vom Eingehen in die Ruhe Gottes in seinen Tagen. Und über tausend Jahre nach den Tagen Davids sprach der Schreiber des Hebräerbriefes davon, daß Jehova Gott immer noch ruhe. Er ermahnte die Christen, nicht so zu handeln wie die Israeliten in der Wüste, die nicht in Gottes Ruhe eingegangen seien, sondern ihr Äußerstes zu tun, „in jene Ruhe [Jehovas Ruhe] einzugehen“. Er sagte in diesem Zusammenhang, daß „dem Volke Gottes noch eine Sabbatruhe“ verbleibe. Da die Worte des Apostels Paulus auch auf die heutigen Christen anwendbar sind, läßt dies den Schluß zu, daß Jehova nun schon fast 6 000 Jahre Sabbat hält oder von seinen sichtbaren Schöpfungswerken ruht. — Hebr. 4:9, 11.
Auf diese Weise kämen wir auf 6 000 Jahre. Ist das die Länge des siebenten Tages? Nein, denn wir lesen: „Und Gott segnete den siebenten Tag und heiligte ihn.“ Dieser Tag muß „sehr gut“ enden, und das ist angesichts der heutigen Weltlage nicht der Fall. Folglich kann der „Tag“ noch nicht zu Ende sein. Diese sechstausend Jahre sind in Wirklichkeit gewissermaßen die Arbeitswoche des Menschen gewesen, in der er im Schweiße seines Angesichts gearbeitet hat. Er wird jedoch unter der Tausendjahrherrschaft Christi, die nach der biblischen Chronologie und aufgrund der Erfüllung der biblischen Prophezeiungen nun sehr bald beginnen wird, ruhen können. — 1. Mose 2:3.
Das siebente Jahrtausend des siebenten „Tages“ wird somit ein Sabbat sein. Satan und seine Dämonen werden während dieses Tages gebunden sein. Christus und seine gesalbten Nachfolger werden als Könige und Priester herrschen. Mit welchem Ergebnis? Alle Feinde Gottes werden unter Christi Füße gelegt werden. Durch diesen Sabbat wird der siebente Tag wirklich geheiligt sein, denn er wird Gerechtigkeit hervorsprossen lassen. — 1. Kor. 15:24-28; Offb. 20:1-6; Psalm 72.
Demnach ist der siebente „Tag“ der Schöpfungswoche also siebentausend Jahre lang. Aufgrund der Länge des siebenten „Tages“ ist es daher vernünftig anzunehmen, daß jeder der anderen sechs „Tage“ ebenfalls siebentausend Jahre dauerte. Das würde genügend Zeit lassen für die Erschaffung aller Dinge, die nach dem Bibelbericht an jedem der sechs Schöpfungstage erschaffen wurden. |