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Freigeisterhaus -> Kultur und Gesellschaft

#511:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 25.08.2009, 21:45
    —
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
"Das Nichts" als Kausalursache, hä? Am Kopf kratzen

Kausalurnichtsache Sehr glücklich

#512:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 25.08.2009, 21:51
    —
Also das halte ich für ein Unding! Cool

#513:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 25.08.2009, 21:55
    —
step hat folgendes geschrieben:
Gott_der_Luecke hat folgendes geschrieben:
Wie ist Indeterminismus möglich? Es kann doch nur möglich sein, wenn man einige Fakten nicht erklären kann und selbst Indizien fehlen und somit der Indeterminismus nicht existiert, sonder ausschließlich das Fehlen von Faktoren oder etwa nicht?

Naja, erstmal ist natürlich nur die Theorie indeterministisch und deshalb noch nicht gleich die Welt. Ich habe aber keine Lust, jetzt wieder die ganze HV (hidden variables) Geschichte durchzudiskutieren. Solange wir keine Theorie der Zeit und keine Topologie des Gesamtuniversums haben, wäre ich mit der Aussage vorsichtig, es könne keine prinzipielle Indetermination geben.


Ist auch besser so, dass Du da vorsichtig bist. Cool

Skeptiker

#514:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 25.08.2009, 22:04
    —
Gott_der_Luecke hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Marcellinus hat folgendes geschrieben:
Wenn wir uns nicht entscheiden könnten, wären auch die Diskussionen hier ohne Sinn.

Da sind wir uns aber alle einig, oder?

Nö, wir glauben nur, dass wir uns entscheiden. Die Illusion ist doch ok. Entscheiden tun wir uns schon, aber eben nicht frei.

Eine Entscheidung, die keine Alternativen hat, ist keine. Damit hat allerdings auch eine Debatte keinen Sinn. Was du hier vertrittst, ist eine Ideologie, ein Glaube, und ein schlechter dazu.

#515:  Autor: WilsonWohnort: Swift Tuttle BeitragVerfasst am: 01.11.2009, 21:53
    —
http://www.bundestag.de/dasparlament/2008/21/WirtschaftFinanzen/20530060.html

welche rolle spielt denn eine solche offizielle stellungnahme?


Impressum der Wochenzeitung 'Das Parlament'
Herausgeber
Deutscher Bundestag
Themenausgaben erfolgen in Abstimmung mit der Bundeszentrale für politische Bildung

#516:  Autor: HornochseWohnort: Bundeshauptstadt BeitragVerfasst am: 01.11.2009, 21:56
    —
Wilson hat folgendes geschrieben:
http://www.bundestag.de/dasparlament/2008/21/WirtschaftFinanzen/20530060.html

welche rolle spielt denn eine solche offizielle stellungnahme?


Könnte in Anbetracht möglicher juristischer und gesellschaftlicher Implikationen relevant sein.

#517:  Autor: neinguar BeitragVerfasst am: 01.11.2009, 22:25
    —
Wilson hat folgendes geschrieben:
http://www.bundestag.de/dasparlament/2008/21/WirtschaftFinanzen/20530060.html

welche rolle spielt denn eine solche offizielle stellungnahme?

Impressum der Wochenzeitung 'Das Parlament'
Herausgeber
Deutscher Bundestag
Themenausgaben erfolgen in Abstimmung mit der Bundeszentrale für politische Bildung

Erstens stammt der verlinkte Artikel nicht aus einer "Themenausgabe", zweitens ist "Das Parlament" nicht Urheber der Aussage, sondern die Zeitung berichtet über eine Arbeit aus dem Büro für Technikfolgenabschätzung. Das ist eine Einrichtung des Bundestages. Darüber musst Du Dich informieren, wenn Du genaueres wissen willst.

http://www.tab.fzk.de
Zitat:
Das Büro für Technikfolgen-Abschätzung ist eine selbständige wissenschaftliche Einrichtung, die den Deutschen Bundestag und seine Ausschüsse in Fragen des wissenschaftlich-technischen Wandels berät.

Das TAB wird vom Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) des Forschungszentrums Karlsruhe betrieben. Bei der Durchführung seines Arbeitsprogramms kooperiert das Forschungszentrum Karlsruhe mit dem Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI), Karlsruhe.

Etwas ausführlicher: http://www.tab.fzk.de/de/kurzinfo.htm

#518:  Autor: TheStone BeitragVerfasst am: 21.09.2020, 16:21
    —
Aus Allesfresser gegen Vegetarier abgetrennt, und hier angehangen. vrolijke

Grey hat folgendes geschrieben:


Mein Tipp: https://www.pschyrembel.de/Einsichtsf%C3%A4higkeit/K06KE

Zitat:
Einsichtsfähigkeit

Vom vollen Wach­bewusst­sein und geistiger Ge­sundheit ab­hän­gi­ge Fähig­keit, Sinn­zu­sammenhän­ge richtig zu er­fassen und nach die­ser Einsicht zu handeln. Einsichts­fähig­keit wird in Kind­heit und Ju­gend er­worben und beruht auf der In­takt­heit von Wahrnehmung, Vor­stellung, Denk­vermö­gen und Gedächt­nis. Forensisch wich­tig ist auf­ge­ho­bene bzw. er­heblich ver­minderte Einsichts­fähig­keit.


Erklär doch mal, wie das funktioniert, dass ein Mensch sich völlig frei aussuchen kann, welche Entscheidungen er trifft, so fern auch die Prozesse im menschlichen Gehirn den Naturgesetzen unterworfen sind und keine übernatürlichen Kräfte involviert sind.

Mit deinem Begriff von "Schuld" stehst du den Christen nämlich in nichts nach.

Davon abgesehen:

Zitat:


Sucht
Femininum, Singular
Synonym: Abhängigkeit
Englisch: addiction
FeedbackUn­ü­ber­wind­bares, nicht mehr steu­er­bares Ver­langen nach ei­ner Substanz oder ei­nem Ver­halten. Nach WHO ist die Be­zeichnung „­Sucht“ stig­mati­sie­rend und da­her „Ab­hän­gig­keit“ vor­zu­ziehen. Ei­ne Ab­hän­gig­keit von psycho­tropen Substan­zen, die durch ei­ne Beeinträch­tigung in wich­ti­gen Le­bens­bereichen und Leidens­druck ge­kennzeichnet ist, wird als Ab­hän­gig­keitssyndrom (früher Such­terkrankung) be­zeichnet.


https://www.pschyrembel.de/Sucht/P05XJ/doc/


Zuletzt bearbeitet von TheStone am 21.09.2020, 16:34, insgesamt 2-mal bearbeitet

#519:  Autor: TheStone BeitragVerfasst am: 21.09.2020, 16:22
    —
Grey hat folgendes geschrieben:


Ja, lass auch gleich alle aus dem Knast. Auch Breivic. Der musste eben so handeln, hatte gar keine Wahl, der arme Mann.


Strohmann und non sequitur.

#520:  Autor: narr BeitragVerfasst am: 21.09.2020, 17:32
    —
Grey hat folgendes geschrieben:

Ja, lass auch gleich alle aus dem Knast. Auch Breivic. Der musste eben so handeln, hatte gar keine Wahl, der arme Mann.


Doch, klar hatte er "eine Wahl". Vielleicht nicht bei dem was er denkt, aber bei dem wie er handelt. Und selbst, wenn man davon ausgeht, dass jemand physisch krank ist, heißt das nicht, dass der/diejenige keine Verantwortung für sein Tun hat.

Für sich selbst oder andere gefährliche psychisch Kranke können ja auch in geschlossenes Gewahrsam kommen, obwohl sie keine "Schuld" an ihrer Erkrankung haben.

#521: Alles am Menschen ist von außen geprägt - es gibt keinen Homunculus Autor: neurosemantik BeitragVerfasst am: 06.10.2020, 16:08
    —
narr hat folgendes geschrieben:

Doch, klar hatte er "eine Wahl".

Die hatte "er" (sein Hirn) ganz sicher nicht.

Das ist aber ein philosophisch-naturwissenschaftliches Problem.

Letzlich ist der Mensch mit seiner Hirn-Persönlichkeit zu 100% ein Produkt aus Prägung !

Zu 25% durch Gene, zu 25% während der Schwangerschaftsentwicklung, zu 20% durch die frühkindliche
Prägung bis 3 Jahre, zu 20% durch Prägung während der Pubertät (alles irreversibel) und
selbst die verbleibenden 20% Prägung während des Erwachsenenalters hängen oft von
unbeeinflüssbarem Glück (wo man wohnt, wen man im Job und privat kennenlernt u.v.a.m.) ab.

Dass es einen "freien" Willen (frei wovon und wie von jedweder Prägung auch sollte der sein?)
neurobilologisch nicht gibt wurde hier sicher schon an anderer Stelle oft und ausführlich erörtert.
(finde den Thread gerade nicht)
Streng genommen ist der Mensch sogar nur eine Ansammlung von Zellen, von denen einige sich zu
einem Organ namens "Hirn" angeordnet haben und dem Menschen so etwas wie ein Bewusstsein oder
"ICH" vorgaukeln.

Da die neurobiologischen und biophysikalischen Tatsachen aber für ein soziales Miteinander
unpraktikabel sind, tut man so als könne man "wählen" und auch anders entscheiden (obwohl die
Entscheidung schon lange vor der Bewusstwerdung im Hirn durch die vorherige Prägung stattfand) und
schreibt dem Zellhaufen namens "Person" eigenverantwortliches Handeln als Möglichkeit
zu und erfindet so Dinge wie "Schuld" "Eigenverantwortung" (und auch so manches adaptive Wahnsystem) ...

#522: Re: Alles am Menschen ist von außen geprägt - es gibt keinen Homunculus Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 06.10.2020, 18:53
    —
neurosemantik hat folgendes geschrieben:
narr hat folgendes geschrieben:

Doch, klar hatte er "eine Wahl".

Die hatte "er" (sein Hirn) ganz sicher nicht. Das ist aber ein philosophisch-naturwissenschaftliches Problem.

Auch auf die Gefahr hin, mich hier unbeliebt zu machen: Das ist kein naturwissenschaftliches Problem. Die Naturwissenschaft kann ja nicht die deutsche Sprache widerlegen.
Eine naturwissenschaftliche Frage ist vielleicht, ob Breivik zum Zeitpunkt der Tat zurechnungsfähig war oder nicht, aber nicht ob es überhaupt Zurechnungsfähigkeit gibt.

#523: Re: Alles am Menschen ist von außen geprägt - es gibt keinen Homunculus Autor: narr BeitragVerfasst am: 06.10.2020, 19:55
    —
neurosemantik hat folgendes geschrieben:
narr hat folgendes geschrieben:

Doch, klar hatte er "eine Wahl".

Die hatte "er" (sein Hirn) ganz sicher nicht.

Das ist aber ein philosophisch-naturwissenschaftliches Problem.

Letzlich ist der Mensch mit seiner Hirn-Persönlichkeit zu 100% ein Produkt aus Prägung !

Zu 25% durch Gene, zu 25% während der Schwangerschaftsentwicklung, zu 20% durch die frühkindliche
Prägung bis 3 Jahre, zu 20% durch Prägung während der Pubertät (alles irreversibel) und
selbst die verbleibenden 20% Prägung während des Erwachsenenalters hängen oft von
unbeeinflüssbarem Glück (wo man wohnt, wen man im Job und privat kennenlernt u.v.a.m.) ab.

...

Wow, du kennst dich ja aus.... genaue Prozentzahlen sogar... ähm, woher weißt du das so genau? Libet und Co?

#524: Re: Alles am Menschen ist von außen geprägt - es gibt keinen Homunculus Autor: TheStone BeitragVerfasst am: 06.10.2020, 19:58
    —
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
neurosemantik hat folgendes geschrieben:
narr hat folgendes geschrieben:

Doch, klar hatte er "eine Wahl".

Die hatte "er" (sein Hirn) ganz sicher nicht. Das ist aber ein philosophisch-naturwissenschaftliches Problem.

Auch auf die Gefahr hin, mich hier unbeliebt zu machen: Das ist kein naturwissenschaftliches Problem. Die Naturwissenschaft kann ja nicht die deutsche Sprache widerlegen.


Ich kann deiner Argumentation nicht folgen. Demnach ist alles existent, wofür es einen Begriff gibt?

#525: Re: Alles am Menschen ist von außen geprägt - es gibt keinen Homunculus Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 06.10.2020, 22:16
    —
TheStone hat folgendes geschrieben:
Ich kann deiner Argumentation nicht folgen. Demnach ist alles existent, wofür es einen Begriff gibt?

Nein. Es ist schon ein Irrtum, zu meinen, es ginge hier überhaupt um Existenz. Wenn ich sage, jemand hat eine Wahl, dann besteht die Funktion dieser Aussage nicht in der Bezeichnung eines existierenden Gegenstandes, der sich im Besitz dieser Person befindet. Der Satz sieht vielleicht so aus, aber das ist nicht seine Funktion. (Abgesehen davon lässt sich Nichtexistenz sowieso nicht beweisen, weder naturwissenschaftlich noch sonstwie. Spielt aber hier eigentlich keine Rolle.)

#526: Re: Alles am Menschen ist von außen geprägt - es gibt keinen Homunculus Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 07.10.2020, 19:07
    —
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Wenn ich sage, jemand hat eine Wahl, dann besteht die Funktion dieser Aussage nicht in der Bezeichnung eines existierenden Gegenstandes, der sich im Besitz dieser Person befindet. Der Satz sieht vielleicht so aus, aber das ist nicht seine Funktion.

Das scheint mir zwar richtig, aber es scheint mir auch vom Thema abzulenken.

Ich finde es problematisch, "er hatte eine Wahl" als Begründung für echte Strafen zu verwenden, aber gleichzeitig eine klare Operationalisierung dieses Satzes abzulehnen oder für unmöglich zu erklären.

#527:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 07.10.2020, 22:15
    —
Wer verwendet denn überhaupt "Er hatte eine Wahl" als Begründung für Strafen? Das Strafrecht jedenfalls nicht.

#528:  Autor: beachbernieWohnort: Haida Gwaii BeitragVerfasst am: 07.10.2020, 22:41
    —
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Wer verwendet denn überhaupt "Er hatte eine Wahl" als Begründung für Strafen? Das Strafrecht jedenfalls nicht.


Das Strafrecht geht indirekt davon aus, dass Täter eine Wahl haben. Sonst koennen die naemlich nicht verurteilt und bestraft werden. Wer nachweisen kann, dass er nicht in der Lage war eine Wahlentscheidung zu treffen, z.B. wegen "Unzurechnungsfähigkeit", der wird auch nicht bestraft.

#529:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 08.10.2020, 06:41
    —
Auf Zurechnungsfähigkeit habe ich oben schon hingewiesen. Ich wüsste aber nicht, dass das Wort "Wahl" in dieser Bedeutung im Strafrecht vorkommt. Man darf hier nicht einfach ein paar Zwischenschritte auslassen, sonst verstellt man sich nur den Blick darauf, wie diese sozialen Konstruktionen funktionieren. (Letztendlich ist "Strafen" in erster Linie eine Herrschaftstechnik.) Allerdings ging es in neurosemantiks Beitrag weniger um Bestrafung als um Depersonalisierung. Was ich sage, ist: Keine Naturwissenschaft kann beweisen, dass unsere Handlungen gar nicht von uns begangen werden - weil diese Behauptung sowohl der Erfahrung als auch der Logik der Sache widerspricht. Die Naturwissenschaften können das lediglich präzisieren, aber nicht widerlegen.

#530:  Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 08.10.2020, 09:00
    —
Mir ist er relativ wurscht, ob ein Täter eine freie Wahl hatte. Hauptsache, die Gesellschaft geht so mit ihn um, dass er kein Unheil anrichten kann.

#531:  Autor: WilsonWohnort: Swift Tuttle BeitragVerfasst am: 08.10.2020, 09:25
    —
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Mir ist er relativ wurscht, ob ein Täter eine freie Wahl hatte. Hauptsache, die Gesellschaft geht so mit ihn um, dass er kein Unheil anrichten kann.


also wegsperren unter menschenwürdigen, die definition ist natürlich unklar, bedingungen?

und die, die die freie "Wahl" hatten anständig und strebsam zu sein? die die nach gängigen gesellschaftlichen maßstäben IHR glückgemacht haben, weil sie fleißig und mutig und und und waren (oder eben die vorfahren) wie z.b. die aldis oder die lidls?
denen steht ihr glück, meint materielle sicherheit, welche zweifellos existenziell ist, in diesem maße zu?
weil sie keine "wahl" hatten?
welche rahmenbedingungen, diktiert von leuten oder gesellschaften, die auch keine "Wahl" hatten/haben ermöglichen das?

deshalb ist es eben nicht wurst.


zur vertiefung:

https://www.youtube.com/watch?v=U_X5djwvyoU&list=PL2E74HMOfd-DphvdJvN3dQQocguU6CHhP&index=15&t=0s&app=desktop
Interview mit Wolf Singer

#532:  Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 08.10.2020, 09:36
    —
Wilson hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Mir ist er relativ wurscht, ob ein Täter eine freie Wahl hatte. Hauptsache, die Gesellschaft geht so mit ihn um, dass er kein Unheil anrichten kann.


also wegsperren unter menschenwürdigen, die definition ist natürlich unklar, bedingungen?

und die, die die freie "Wahl" hatten anständig und strebsam zu sein? die die nach gängigen gesellschaftlichen maßstäben IHR glückgemacht haben, weil sie fleißig und mutig und und und waren (oder eben die vorfahren) wie z.b. die aldis oder die lidls?
denen steht ihr glück, meint materielle sicherheit, welche zweifellos existenziell ist, in diesem maße zu?
weil sie keine "wahl" hatten?
welche rahmenbedingungen, diktiert von leuten oder gesellschaften, die auch keine "Wahl" hatten/haben ermöglichen das?

deshalb ist es eben nicht wurst.

Hab ich irgendwo "menschenunwürdig" erwähnt?
Sowas würde mir nich in den Sinn kommen.
Was Du immer in meine Äußerungen hineininterpretierst... tss tss tss.

#533:  Autor: Zumsel BeitragVerfasst am: 08.10.2020, 10:02
    —
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Wer verwendet denn überhaupt "Er hatte eine Wahl" als Begründung für Strafen? Das Strafrecht jedenfalls nicht.


Das Strafrecht selbst nicht direkt, sehr wohl aber die bundesdeutsche Rechtsprechung. Es gibt da diesen bis heute gültigen Beschluss des Bundesgerichtshofes aus den 50er Jahren:

"Strafe setzt Schuld voraus. Schuld ist Vorwerfbarkeit. Mit dem Unwerturteil der Schuld wird dem Täter vorgeworfen, daß er sich nicht rechtmäßig verhalten, daß er sich für das Unrecht entschieden hat, obwohl er sich rechtmäßig verhalten, sich für das Recht hätte entscheiden können."

Aber natürlich ist das nur eine "moderne" Interpretation des Strafprinzips, es ist nämlich keineswegs zwingend, dass 1. Strafe an Schuld und 2. Schuld an Entscheidungsfreiheit geknüpft ist. Für die Praxis zu strafen gibt es viele, teils sich widersprechende Begründungen, man bekommt die Ursachen dieser Praxis ebenso wenig zu fassen wie eine Definition des Begriffes "Schuld". Wie Nietzsche richtig festgestellt hat haben wir es hier mit Begriffen zu tun, "in denen sich ein ganzer Prozess semiotisch zusammenfasst". Daher kriegt man sie auch nicht auf den Punkt.

#534:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 08.10.2020, 11:18
    —
Zumsel hat folgendes geschrieben:
Das Strafrecht selbst nicht direkt, sehr wohl aber die bundesdeutsche Rechtsprechung. Es gibt da diesen bis heute gültigen Beschluss des Bundesgerichtshofes aus den 50er Jahren:

"Strafe setzt Schuld voraus. Schuld ist Vorwerfbarkeit. Mit dem Unwerturteil der Schuld wird dem Täter vorgeworfen, daß er sich nicht rechtmäßig verhalten, daß er sich für das Unrecht entschieden hat, obwohl er sich rechtmäßig verhalten, sich für das Recht hätte entscheiden können."

Ja, so schon eher. Der Punkt war, dass da bei beachbernie ein paar Zwischenschritte fehlen.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Wie Nietzsche richtig festgestellt hat haben wir es hier mit Begriffen zu tun, "in denen sich ein ganzer Prozess semiotisch zusammenfasst". Daher kriegt man sie auch nicht auf den Punkt.

Genau.

#535:  Autor: Zumsel BeitragVerfasst am: 11.10.2020, 15:27
    —
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Zumsel hat folgendes geschrieben:
Das Strafrecht selbst nicht direkt, sehr wohl aber die bundesdeutsche Rechtsprechung. Es gibt da diesen bis heute gültigen Beschluss des Bundesgerichtshofes aus den 50er Jahren:

"Strafe setzt Schuld voraus. Schuld ist Vorwerfbarkeit. Mit dem Unwerturteil der Schuld wird dem Täter vorgeworfen, daß er sich nicht rechtmäßig verhalten, daß er sich für das Unrecht entschieden hat, obwohl er sich rechtmäßig verhalten, sich für das Recht hätte entscheiden können."

Ja, so schon eher. Der Punkt war, dass da bei beachbernie ein paar Zwischenschritte fehlen.

Zumsel hat folgendes geschrieben:
Wie Nietzsche richtig festgestellt hat haben wir es hier mit Begriffen zu tun, "in denen sich ein ganzer Prozess semiotisch zusammenfasst". Daher kriegt man sie auch nicht auf den Punkt.

Genau.


Am Konzept "Schuld" sieht man auch, wie vielschichtig das ganze Problem ist. Einerseits assoziiert man den Begriff natürlich mit archaischen theologischen Konzepten, andererseits dient er aber auch, wie im zitierten Beschluss, der Einschränkung staatlicher Willkür. Schuld zu "sühnen" kann also einerseits ein Strafzweck sein und in dem Sinne ist das Konzept archaisch, Schuld als Voraussetzung für die Legitimität zu Strafen ist hingegen progressiv, indem dadurch Strafe dort illegitim wird, wo kein klarer Bezug zwischen Strafe, Tat und Täterwillen gegeben ist. Strafe zu bloßen Präventionszwecken wird (durchaus im Einklang zu Kants Instrumentalisierungsverbot) damit illegitim. Prävention (sei es, als Generalprävention in Form von Abschreckung, sei es als Spezialprävention in Form von "Wegsperren" potenziell Gefährlicher) alleine kann Strafe dann nämlich nicht legitimieren, Präventionszwecke können nur dazu kommen, wenn eben Schuld gegeben ist. Sachen wie Kollektivstrafen, Sippenhaft usw. sind dadurch ausgeschlossen. Natürlich ist auch das hochproblematisch, denn die Bemessung der Strafhöhe bemisst sich dann sehr wohl an Fragen der Prävention, die damit also kein bloßer "Kollateralnutzen" ist. Das alles können Strafrechtsdogmatiker und Rechtsphilosophen drehen und wenden wie sie wollen: die Sache wird einfach nicht richtig rund.

#536:  Autor: kerengWohnort: Hamburg BeitragVerfasst am: 12.10.2020, 11:02
    —
Sabine Hossenfelder hat in ihrem Blog über den Freien Willen geschrieben: http://backreaction.blogspot.com/2020/10/you-dont-have-free-will-but-dont-worry.html

Jerry Coyne hat das kommentiert: https://whyevolutionistrue.com/2020/10/11/sabine-hossenfelder-says-we-dont-have-free-will-but-its-nonexistence-shouldnt-bother-us/

Das hier zuletzt diskutierte Konzept "Schuld" kommt bei Sabine Hossenfelder nicht vor, und Jerry Coyne bemängelt das.

#537:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 13.10.2020, 02:22
    —
Zitat:
Now, some have tried to define free will by the “ability to have done otherwise”. But that’s just empty words. If you did one thing, there is no evidence you could have done something else because, well, you didn’t. Really there is always only your fantasy of having done otherwise.

Da hat jemand seine philosophischen Hausaufgaben nicht gemacht. Das Argument ist nun wirklich schon von Aristoteles widerlegt worden, und zwar in Buch Theta der Metaphysik. Kurz gesagt liegt in dieser Art der Ausdrucksweise, die hier als "leer" bezeichnet wird, auch eine Grundvoraussetzung dafür, überhaupt von Fähigkeiten zu sprechen. Aristoteles beschäftigt sich in Buch Theta mit der Auffassung der Megariker, nach der eine Fähigkeit (dynamis) nur in ihrer Realisierung (energeia) existiert. Sein Beispiel ist der Baumeister: Wer sowas vertritt, der müsste sagen, dass der gelernte Baumeister, solange er nicht baut, auch die Fähigkeit zum Bauen verliert, und diese Fähigkeit irgendwie magisch wiedererlangt, sobald er wieder anfängt zu bauen. Das klingt nicht nur absurd, es zerstört auch die Möglichkeit, überhaupt Fähigkeiten zuzuschreiben. Wir könnten dann von stehenden Autos nicht mehr sagen, dass sie fahren können; von schlafenden Menschen nicht mehr, dass sie arbeiten können; von faulenzenden Tischlern nicht mehr, dass sie Tische bauen können, etc. Eine fundamentale Funktion der menschlichen Sprache wäre zerstört. Aber hier gilt wieder, was ich oben gesagt habe: Die Naturwissenschaften können nicht grundlegende Funktionen der menschlichen Sprache widerlegen, und wo es den Eindruck macht, sie könnten es, läuft mit ihrer Applikation irgendwas schief. Darauf zu insistieren wäre tatsächlich ein -ismus - u.A auch deshalb, weil es ohne die Möglichkeit eines sprachlichen Ausdrucks für Potenzialität auch schwer wird, den Erkenntnischarakter der Naturwissenschaften selbst zu verteidigen. Allerdings ist Jerry Coines Argument hier gar kein naturwissenschaftliches: Er sagt, dass es sich um "empty words" handelt - also dass ihm solche Aussagen als leer erscheinen. Coine benutzt ein Defizit seines eigenen Sprachverständnisses als Argument. (Bzw. ich glaube, er ist diesbezüglich philosophisch unehrlich: Im Alltag dürfte er genauso in der Lage sein, solche Aussagen zu verstehen und einzuordnen, wie wir alle.)

(("Freier Wille" ist in der ganzen Debatte ein roter Hering. Der menschliche Wille ist letztlich ein Problem der Psychologie. Was unter dem Deckmantel dieser Debatte eigentlich verhandelt wird, ist unsere Fähigkeit, überhaupt über Potenzialität zu sprechen bzw. sie zu verstehen. Zu diesem Thema hat der Schriftsteller Herman Melville mit seinem "Bartleby" mehr und Entscheidenderes beigetragen als ich jemals von irgendeinem Naturwissenschaftler gesehen habe. Jerry Coine hätte zu Bartleby vielleicht allenfalls zu sagen, dass es natürlich trotz mangelnden "free will" "many reasons" gibt, warum man einen Schreiber, der nicht schreibt, für seine "transgressions" "of what (class) society considers moral" einsperren muss.))

#538:  Autor: kerengWohnort: Hamburg BeitragVerfasst am: 13.10.2020, 10:31
    —
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Allerdings ist Jerry Coines Argument hier gar kein naturwissenschaftliches: Er sagt, dass es sich um "empty words" handelt - also dass ihm solche Aussagen als leer erscheinen.

Das Zitat mit den "empty words" war von Hossenfelder. Sie sagt, dass man sich nie anders hätte entscheiden können, weil die Welt deterministisch ist. Und wo sie nicht deterministisch ist, hat das nichts mit Entscheidungen zu tun. Demnach sei eine solche Definition des Freien Willens unsinnig. Jerry Coyne widerspricht ihr hier.

#539:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 13.10.2020, 11:14
    —
...Ja, das war auch von Coines Seite her schon ein Zitat. Dass er dem grundsätzlich widersprochen hätte, sehe ich jetzt aber nicht. Kannst du mal die Passage zitieren, wo er dem widerspricht?

#540:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 13.10.2020, 13:19
    —
Sabine Hossenfelder konnte nicht anders denken als sie tat.



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