vrolijke hat folgendes geschrieben: |
Die Zahl der Armen sinkt tatsächlich auch erheblich:
Zitat: | Die Zahl der unter der Armutsgrenze lebenden Menschen ging danach zwischen 1981 und 2005 um 500 Millionen auf 1,4 Milliarden zurück. Während 1981 noch 52 Prozent der Menschen in den Entwicklungsländern in Armut lebten, seien es 2005 noch 26 Prozent gewesen. | |
Da muss man genau hingucken:
Zitat: | "Die Fortschritte sind im Wesentlichen auf China zurückzuführen", sagte Attac-Koordinatorin Jutta Sundermann gegenüber der taz.
Wenn man China herausrechnet, hat die Zahl der absolut Armen zwischen 1981 und 2008 tatsächlich nicht abgenommen, sondern ist leicht gestiegen. Vor dem Hintergrund der wachsenden Weltbevölkerung bleibt der Befund des relativen Rückgangs der Armut allerdings auch ohne China bestehen.
Außerdem bemängelt Sundermann, dass die Weltbank-Statistik nichts darüber aussage, wie die Finanz- und Hungerkrise seit 2008 gewirkt habe. "Die Zahl der Hungernden ist [auf] über 1 Milliarde Menschen gestiegen", sagte Sundermann. Die Weltbank-Forscher vermuten dagegen, dass selbst die Nahrungsmittelkrise den Trend zu weniger Armut nicht habe stoppen können – wobei ihre Datenbasis, wie sie selbst einräumen, an diesem Punkt dürftig ist.
https://www.taz.de/%215098309/
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Außerdem ist der Maßstab der Armutsgrenze - 1,25 $ pro Tag - fraglich:
Zitat: | ... schon einmal knallten die Korken, im April 2007, als die Zahl der weltweit Armen erstmals seit Beginn der internationalen Armutsmessung unter eine Milliarde sank und die Erreichung des ersten Millenniumsziels in greifbare Nähe rückte. Allerdings war die Freude nur von kurzer Dauer. Es folgte der „Schwarze Montag“ der Armutsbekämpfung, der 26. August 2008, als wir in einer Welt aufwachten, in der schlagartig 430 Millionen Menschen mehr in Armut lebten als noch am Tag zuvor. Nicht etwa aufgrund einer verheerenden Katastrophe, sondern weil die Weltbank nach anhaltender und zunehmend lauter werdender Kritik ihre Armutsgrenze neu berechnet hat.
Die damals gültige Armutsgrenze von 1,08 USD basierte auf dem Durchschnitt der nationalen Armutsgrenzen von acht der ärmsten Länder. Man muss keine Expertin oder Experte sein, um zu erkennen, dass diese Zahl für die Berechnung einer internationalen Armutsgrenze viel zu gering ist. Die neue, derzeit gültige Armutsgrenze von 1,25 US Dollar beruht auf dem Durchschnitt der nationalen Armutsgrenzen der ärmsten 15 Länder. Die Neuberechnung sowie eine Aktualisierung der Kaufkraftparitäten, die die internationale Vergleichbarkeit von Waren und Dienstleistungen trotz unterschiedlicher Preise und Währungssysteme gewährleisten sollen, führte zu der besagten Korrektur der Armutszahlen nach oben und offenbarte, dass die weltweite Armut bis zu diesem Zeitpunkt radikal unterschätzt worden war. (...)
Doch die Kritik an den Zahlen der Weltbank richtete sich nicht allein gegen die Herleitung der internationalen Armutsgrenze sondern auch gegen die Verwendung besagter Kaufkraftparitäten (KKP). Mit einem KKP-Dollar soll theoretisch in jedem Land der Welt die gleiche Menge an Waren und Dienstleistungen erwerbbar sein. Um die internationale Vergleichbarkeit ihrer Armutsgrenze zu gewährleisten, verwendet auch die Weltbank KKP-Dollar. Dieses Vorhaben ist höchst umstritten. Die Berechnung des KKP-Dollar beruht auf internationalen Warenkörben, die mit dem Konsumverhalten der Armen wenig zu tun haben. Ein wenig polemisch formuliert: ein indischer Haushalt könnte arm werden, weil sich die Preise für Konditoreiprodukte in Hong-Kong verändert haben. Tatsächlich ist das Vorgehen der Weltbank so abenteuerlich, dass die Wissenschaftler Thomas Pogge und Sanjay Reddy zu einer Studie mit dem aussagekräftigen Titel „Wie man die Armen nicht zählen sollte“ inspiriert wurden. (...)
Vor diesem Hintergrund wird man angesichts des derzeitigen Optimismus unweigerlich von einem unguten Gefühl beschlichen. Früher oder später wird die Weltbank auch auf diese zunehmend lauter werdende Kritik reagieren und ihre Zahlen korrigieren müssen. Insbesondere in Hinblick auf die Preisexplosion der Lebensmittelpreise in jüngster Zeit könnte dies gravierende Auswirkungen haben.
https://www.die-gdi.de/die-aktuelle-kolumne/article/die-weltbank-sagt-die-weltweite-armut-hat-sich-seit-1990-halbiert-wirklich/
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Ja, und man hat durchaus den Eindruck, dass es einen wirklich durchschlagenden Erfolg in der Bekämpfung der absoluten Armut auch in den nächsten Jahrzehnten oder Jahrhunderten nicht geben wird, wenn das ökonomische System auf dieser Erde so undemokratisch bleibt wie es heute ist.
Und selbst in einem Spitzen-Industrieland wie den USA nimmt die - relative - Armut zu:
Problematisch an der höchst ungleichen Reichtumsverteilung ist die noch viel ungleichere Machtverteilung:
Zitat: | Die Pioniere in der modernen Erforschung des politischen Einflusses der Superreichen waren die US-Politikwissenschaftler Martin Gilens und Benjamin J. Page. Gilens, einer der bekanntesten Ungleichheitsforscher der USA, lehrt an der Eliteuni Princeton.
Im Jahr 2014 veröffentlichten Sie eine Studie, die zu einem dramatischen Schluss kam: "Der Einfluss des durchschnittlichen Bürgers auf den politischen Prozess ist nahezu nicht vorhanden." (...)
Selbst wenn eine Mehrheit Bürger mit der Meinung der Elite nicht einverstanden sei, setze sich laut den Forschern in den meisten Fällen dennoch die Forderung der Wohlhabenden durch. (...)
Es ist eine Dominanz, die auch Norbert Berthold, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Würzburg, in seinem Buch "Ungleichheit, soziale Mobilität und Umverteilung" bemängelt.
Berthold gehört eher zu den liberalen Ökonomen, er ist kein Autor, der linker Parolen verdächtig ist. (...)
"Die Ergebnisse zeigen ganz deutlich, dass die Bezieher von Top-Einkommen – die schlussendlich Nettozahler einer umverteilenden Politik sind – einen signifikant negativen Einfluss auf die nationalen Umverteilungsanstrengungen nehmen. Dieser Effekt ist umso stärker, je weiter wir die Einkommensleiter emporklettern. Das bedeutet, die Top-0,01 Prozent üben einen stärkeren Effekt aus als die Top-0,1 Prozent, welche wiederum eine größere politische Macht besitzen als die Top-1 Prozent."
Je reicher, je mächtiger also.
http://www.huffingtonpost.de/amp/entry/das-sollten-alle-wissen-die-daruber-schimpfen-dass-die-reichen-immer-reicher-werden_de_5a660852e4b002283004f8c1/#
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Somit erzeugen die herrschenden Eigentumsverhältnisse bzgl. Kapital nicht nur eine chronische Ungleichverteilung von Einkommen und Vermögen, sondern vor allem auch - und das ist ihr wesentlich antidemokratischer Inhalt - eine extrem ungleiche Machtverteilung. |