Nergal hat folgendes geschrieben: |
Habe wieder mal afrikaniscche Christen aus Nigeria kennengelernt (nicht absichtlich) und nach dem ich öfter welche getroffen habe, auch als Nachbarn eines meiner Freunde, frage ich mich wie die eigentlich drauf sind.
Die reden von schwulen Dämonen, bösen Geistern usw. dort gibt es Exorzismusoperationen und sogar Hexenverbrennungen. Kann es sein dass das Christentum in bestimmten Bereichen Afrikas ein sehr häßliches Gesicht angenommen hat oder treffe ich durchgehend Verrückte? |
Nergal hat folgendes geschrieben: |
oder treffe ich durchgehend Verrückte? |
esme hat folgendes geschrieben: |
Das führt mich zu einer Frage, die ich mir schon öfter gestellt habe:
Wieso hat die Aufklärung in Europa eigentlich funktioniert? Glaube an Übersinnliches gibt es überall und ist auch sehr leicht erklärbar, einzelne rational denkende Menschen hat es auch schon immer und überall gegeben. Was war der Unterschied? Die Veränderung der Welt durch neue Entdeckungen und Erfindungen? Der Buchdruck? Das hat Afrika jetzt auch alles. |
Nergal hat folgendes geschrieben: |
Habe wieder mal afrikaniscche Christen aus Nigeria kennengelernt (nicht absichtlich) und nach dem ich öfter welche getroffen habe, auch als Nachbarn eines meiner Freunde, frage ich mich wie die eigentlich drauf sind.
Die reden von schwulen Dämonen, bösen Geistern usw. dort gibt es Exorzismusoperationen und sogar Hexenverbrennungen. Kann es sein dass das Christentum in bestimmten Bereichen Afrikas ein sehr häßliches Gesicht angenommen hat oder treffe ich durchgehend Verrückte? |
GL11 hat folgendes geschrieben: |
... heidnischen Aberglauben ... ...rudimentären heidnischen Vorstellungen |
kynos hat folgendes geschrieben: | ||
Bodenständige Kulte hatten ihre eigenen weisen Leute, wozu auch die im "Haag Sitzenden" (Hagsissa > Hexer, Hexen) gehört haben werden. Das sollte man erst einmal in einem positiven Sinn sehen, als Kulturträgerschaft. Der Haag ist im keltischen und germanischen Sinne der umhegte Bezirk, der umfriedete Bezirk, ein Insel des Friedens inmitten von Wildnis, also Kultur. |
Zitat: |
Leider wurden diese bodenständigen Kulte und Kulturen von den Christenhorden besetzt (ideologisch wie baulich, durch Diffamierung von Brauchtum oder durch Draufsetzen von sog. Herrenhäusern, griech. kyriou oikoi > Kirchen), hierzulande wie auf dem amerikanischen Kontinent.
Um so interessanter, wenn sich in Afrika noch Ursprüngliches erhalten hat. Das mag ein wenig helfen, zu rekonstruieren, was es hierzulande einst alles an Vielfalt und Wissen gegeben hat, bevor die christlichen Horden alles niedermachten nach dem Motto: Wer nicht dran glaubt, der muss dran glauben. Hinsichtlich der historischen Quellen ist zu bedenken, dass die bodenständigen Kulturen solche kaum in schriftlicher Gestalt hatten oder dass sie verloren oder vernichtet sind: Diese Kulturen können also insofern ihren Standpunkt, ihre Lebensart nicht in den heutigen wissenschaftlichen Diskurs einbringen. Mit der Übernahme von Diffamierungsparolen wie "heidnisch" oder "Aberglaube" arbeitet man dem kulturellen wie physischen Völkermord, den die Christen auf allen Kontinenten begangen haben, in die Hände. In Afrika gibt es noch lebendige, sprechende Quellen für die Methodik der oral history, was eine große Chance für Ethnologie und Anthropologie darstellt. Darüberhinaus enthalten diese lebendigen Quellen vielleicht auch für die westliche Zivilisation heilsame Denkansätze, die in der spätmittelalterlich-christlich geprägten seelenlosen Technokraten-Ideologie verloren gegangen sind - hierzulande ein enormer Verlust an Kompetenz in natürlicher Lebensfreude, die man in den als "Entwicklungsländern" diffamierten Ländern oft noch erhalten und praktisch gelebt findet. |
GL11 hat folgendes geschrieben: | ||||||
Wo hast Du denn diese hübsche Herleitung her? Zu der Zeit, als es die Hexenverfolgungen gab, war die Bezeichnung "Hexe" negativ besetzt. Damit wurden ausschließlich jene bezeichnet, die man in negativer Absicht Magie betrieben. Im kirchlichen Sinne waren es dann die, die mit dem Teufel im Bund seien. Aber der Hexenglaube bezog sich im Sinne des Volksglaubens zunächst darauf, dass es Menschen gibt, die zur quasi "schwarzen Magie" fähig waren. Wie gesagt hat die Kirche den Hexenglauben schließlich dazu verwendet, Ketzer zu verfolgen, damit also auch die, die alten Bräuchen bzw. dem alten Glauben anhingen. Insofern wurden "Hexen", wie sie heute im Wiccakult, der ja aber erst in den 20ern entstanden ist, aufgefasst werden, also im Grunde Priester und Priesterinnen heidnischer Kulte, verfolgt. Der Hexenbegriff, wie er heute häufig aufgefasst wird, mag sich aber vermutlich erst durch die Anwendung durch die Kirche überhaupt so ergeben haben. "Hexen" waren im Volksglauben aber keine einfachen heidnischen Priester, sondern eben Menschen, die Schadenszauber ausübten.
"Heidnisch" ist von mir keineswegs abfällig gemeint! Ansonsten kann ich hierzu nur sagen, dass ich ja nichts Gegenteiliges behauptet habe. Es ist auch nicht Thema, ob es irgendwie von Nutzen ist, dass sich das afrikanische Heidentum bis heute erhalten hat, um das kulturgeschichtlich zu studieren. Du musst aber die menschliche Seite dabei sehen: So sehr man nostalgisch schwärmen mag, so werden doch geistig behinderte und psychisch kranke Menschen aufgrund der alten heidnischen Ansichten als von bösen Geistern besessen angesehen und z.T. recht brutalen Geisteraustreibungen unterzogen. Nicht dass es sowas im Christentum nicht auch gegeben hat bzw. sogar noch gibt. Dennoch sollte man soetwas grundsätzlich nicht gutheißen. Hier werden aufgrund von Religiosität Menschen gefoltert und verbrannt. Das ist nicht interessant, das ist ekelerregend. Was ich aber gern noch gewusst hätte: Auf welches Wissen der Afrikaner beziehst Du Dich eigentlich? |
kynos hat folgendes geschrieben: |
Zum Begriff "Hexe" ist die "Hagsissa" eine gängige Herleitung, es gibt aber weitere Herleitungen, siehe vorläufig die Wikipedia! |
Zitat: |
Der "Frieden" ist im Deutschen etwas Umfriedetes, nach außen und vor dem Äußeren Geschütztes, die "pax Romana" ist eine generalisierte, mit militärischen Mitteln hergestellte Zwangsruhe; Das könnte heute auch eine pax americana sein oder eine pax russia sein. Das orientalische Shalom/Salam ist eher der Seelenfriede, als Voraussetzung für zwischenmenschlichen Frieden; die Griechen haben die "Eirene" im Friedensangebot, eine Göttin, die Pluto, den Reichtum, als Kind im Arm trägt, und die Inder haben ihre Frieden ausstrahlenden, von kriegsträchtigen Verwicklungen befreien sollenden Buddhas. Bei soviel unterschiedlichen Konzepten von Frieden kann Streit nicht ausbleiben... |
Zitat: |
Da man, wie es "wirklich gewesen ist", kaum wirklich wissen kann, geht es mir nicht um etwas konkret Inhaltliches, sondern zunächst um ein methodisches Postulat, wenn ich, in Bezug auf das Threadthema, sozusagen von Afrika schwärme. Ohne eine solche bewusste methodische Öffnung der Aufmerksamkeit würde man, sogar wenn man nach Afrika reist oder Leute von dort kennenlernt, kaum etwas Neues wahrnehmen können. Und hierzulande wäre es nicht anders.
Wie geht man hierzulande mit psychisch Kranken um? Leider weiß ich einiges darüber, von kriegstraumatisierten Verwandten und jüngeren Bekannten, die in der Psychiatrie waren, z.T. nach Zwangsabholung durch die Polizei, mit der Folge von wochenlanger Zwangsmedikation - dabei rede ich hier nicht von Kriminellen und auch nicht von Selbstmördern, obwohl von Gesetzes wegen nur diese zwangseingeliefert werden dürfen. Das ist ja auch schon wieder ein methodisches Problem: Jemand ist im Verhalten auffällig und schon ist er oder sie "krank"? Ist das nicht auch eine Verfluchung, eine schwarze Magie? Krank geschrieben, krank geflucht? Ich habe diese Leute im sog. Krankenhaus besucht und auch andere Patienten gesprochen - die kommen mir manchmal als sehr hellsichtig vor, als Propheten, sind künstlerisch aktiv, freilich sensibel, oft viel zu gut für eine böse mobbende Mitwelt. In anderen Kulturen mögen solche auffälligen Leute vielleicht als Priester oder Heiler tätig gewesen sein, hoch verehrt, wie ja auch ein Senat, eine Altenversammlung, einst als ein Hort der Weisheit und Erfahrung galt, während ich vorgestern gelesen (siehe Link im FGH-thread zur Jugendsprache) habe, dass eine Ü-30-Party bei manchen Jugendlichen als "Gammelfleischparty" bezeichnet wird. Das sind alles unterschiedliche Zugänge, Methoden, die unterschiedliche Wirklichkeiten produzieren! Ist der Kranke krank, weil er eine kranke Umgebung nicht erträgt? Ist der Psychiater krank, weil er sagt, der unter Medikamente Gesetzte (der solcherart "Geheilte") sei jetzt wieder besser beruflich "belastbar", wo doch der Tierschutzverein protestieren würde, wenn man einen Esel mit Waren belastet durch die Straße führen würde; aber ein Mensch wird - vom Arzt - mit der Kategorie "belastbar" in die Rubrik "Lasttier" geschoben - ist das nicht eher so, als ob man einen Dämon einpflanzt statt ihn auszutreiben? Dass der "workoholic" ("Schau, was für ein erfolgreicher Mensch! Nimm dir ein Beispiel daran!") einen Dämon haben könnte, wird leider oft erst nach dem burn out sichtbar. Und überhaupt: Die Menschen sind charakterlich und körperlich unterschiedlich, wieweit passt dazu eine allgemein gleiche Schule oder eine allgemein gleiche Medizin? (deutsch "allgemein" = lateinisch "totalitär = griechisch "katholisch"!). Was heilt? Fürsorgliche Harmonieaufdrängung oder machmal besser das 68er "Macht kaputt was euch kaputt macht!", das in anderer Gestalt ca. 24 Jahre früher schon Graf von Stauffenberg in der Wolfsschanze auf seine Weise leider vergeblich anzuwenden versucht hat? Verflucherei und schwarze Magie gibt es hierzulande massenhafter denn je, zumal in Massenmedien aktiv verbreitet, etwa wenn Kriege zu "Frieden schaffenden Maßnahmen" amtlich-inszenatorisch uminterpretiert werden, damit man wieder ein paar gutgläubige junge Leute zum Verheizen findet - aber das wird ja hier im FGH an anderen Orten schon diskutiert. Wie schwarze Magie funktioniert, ist oft leichter zu erkennen, wenn man es andernorts erforscht, denn dort wird durch den Kontrast manches deutlicher. |
esme hat folgendes geschrieben: |
Das führt mich zu einer Frage, die ich mir schon öfter gestellt habe:
Wieso hat die Aufklärung in Europa eigentlich funktioniert? |
Shadaik hat folgendes geschrieben: |
Irgendetwas muss in Europa passiert sein, das wir uns besser aus dem weltanschaulichen Mittelalter lösen konnten als selbst unsere direkten Nachbarn. |
GermanHeretic hat folgendes geschrieben: | ||
Dieses "etwas" nannte sich "30jähriger Krieg", da wurde Mitteleuropa schlimmer verwüstet und entvölkert als im 1. und 2. Weltkrieg zusammen. Danach kam man so allmählich auf die Idee, daß Politik und Religion besser getrennt wären. Zudem wanderten viele religiösen Spinner, denen der Zeitgeist nicht puritanisch genug war, nach Amerika aus. |
Shadaik hat folgendes geschrieben: |
Und zudem scheint die Aufklärung innerhalb Europas ausgerechnet Mitteleuropa zuletzt erreicht zu haben |
Shadaik hat folgendes geschrieben: |
bei allen Klischees aber auch eine aufgeklärte nation geworden. |
Domingo hat folgendes geschrieben: | ||
Wie kommst Du denn da drauf? |
Nergal hat folgendes geschrieben: |
Habe wieder mal afrikaniscche Christen aus Nigeria kennengelernt (nicht absichtlich) und nach dem ich öfter welche getroffen habe, auch als Nachbarn eines meiner Freunde, frage ich mich wie die eigentlich drauf sind.
Die reden von schwulen Dämonen, bösen Geistern usw. dort gibt es Exorzismusoperationen und sogar Hexenverbrennungen. Kann es sein dass das Christentum in bestimmten Bereichen Afrikas ein sehr häßliches Gesicht angenommen hat oder treffe ich durchgehend Verrückte? |
Shadaik hat folgendes geschrieben: |
Zeitlicher Verlauf des Beginns? Die deutsche Aufklärung war ja nun keine heimische Entwicklung, sondern inspiriert durch französisch-italienisch-niederländische Einflüsse, die Länder eben, in denen die Aufklärung ihren Ausgang nahm (Galileo, Bruno, frz. Revolution, Erasmus von Rotterdam u.a.) |
GL11 hat folgendes geschrieben: |
...
Das ist eigentlich faszinierend: Man könnte sagen, das Heidentum musste einst durch die Schule des Christentums gehen, um sein allzu magisches Denken und gewisse "barbarische" Sitten (z.B. Tieropfer) loszuwerden und das Christentum brauchte später die Schule des vor allem griechischen Heidentums, um aufgeklärt wieder daraus hervorzugehen. Das aber bitte nicht falsch verstehen, denn ich meine jenes griechische Heidentum, wie man es zu der Zeit recht frei zurechtbastelte. Aber davon war die intellektuelle Schicht zur Zeit der Aufklärung inspiriert und darein projizierte sie ihre Wunschvorstellungen und Ideale von Menschenwürde (dieser Begriff geht auf den eher polytheistisch orientierten Schiller zurück!) und Freiheit. .... |
DeHerg hat folgendes geschrieben: | ||
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GL11 hat folgendes geschrieben: | ||||
Ersetze "Projektion" besser durch "eine Form annehmen lassen". Ich schrieb auch davon, dass sie ihre Bedürnisse projizierten, nicht ihre kompletten Gedankengebäude. Die haben sich erst durch die Projektionen entwickelt. |
DeHerg hat folgendes geschrieben: | ||||||
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GL11 hat folgendes geschrieben: |
Ich meine nur, dass die Aufklärung erst so richtig einsetzte, als man sich in Poesie und Literatur allgemein eher wieder dem Heidentum nahe fühlte. |
Zitat: |
Ich denke schon, dass es eine Relativierung der Religion bedarf und dass man insbesondere erstmal vom Monotheismus wegkommen muss, damit es zu einer umgreifenden Aufklärung kommt. |
Zitat: |
Kant hatte aber das Heidentum auch nicht nötig. Aber was kümmert das Volk eines Landes, was der ein oder andere so schreibt. Es muss erst eine breite Masse, die ganze Literatur davon durchdrungen sein, bis es was bewirkt. |
DeHerg hat folgendes geschrieben: | ||||||
2.seh ich halt nur nicht den Zwang dabei über den Polytheismus zu gehen
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