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Freigeisterhaus -> Sonstiges und Groteskes

#271:  Autor: Tarvoc BeitragVerfasst am: 08.03.2014, 13:39
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fwo hat folgendes geschrieben:
Du sprichst nur von dir - das kann ich sofort nachvollziehen.

Das ergibt sich schon daraus, dass ich Single bin und derzeit auch keine Ambitionen habe, das zu ändern. zwinkern

#272:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 08.03.2014, 14:45
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Komisch ist doch, daß Menschen, die sehr viel Leid erfahren haben, zugleich sehr wohl glücklich sein können, und aufgrund des erfahrenen Leids das Leben um so höher wertschätzen können, während aus einer lächerlichen, akademischen Warte aus ein Leben mit Leid wohl mit Geringschätzung bedacht wird. Die Konstruktion von Leid und Glück als Antipoden auf einer gemeinsamen Skala, an der man den Wert des Lebens ablesen kann, ist Bullshit.
Es ist immer das Leben der anderen, dessen Wert diese Art -schwarzer- Ethik meint abschätzen zu können. Und insbesondere dient das Kind wieder einmal als Projektionsfläche für den Vollzug einer absonderlichen Idee.

#273:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 08.03.2014, 15:10
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Kival hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:

Was mich nur wundert, ist dass Du in der ersten Person Singular schreibst. Ich kenne das so, dass man diese Entscheidung, wenn man sie bewusst trifft, zu zweit trifft. Und ich kenne das so, dass diese Entscheidung etwas anderes ist als das Mittel zweier vorheriger Einzelentscheidungen - Bereits die Existenz eines neuen Partners kann dein altes Wollen komplett umdrehen. Und mit anderem Wollen findest Du andere Gründe.


Also wenn ein Einzelner schon sehr definitiv weiß, dass er keine Knder will, sollte er sich auch nicht von der oder dem Anderen davon überreden lassen. Das passiert zwar teilweise, aber heute werden Beziehungen bei einem Konlfikt diesebezüglich eher beendet, als dass sich ein Partner nötigen lässt. Glücklicherweise. Schulterzucken

Komisch. Ich habe weder etwas von "überreden" geschrieben, noch diesen Vorgang, den es selbstverständlich gibt, im Kopf gehabt, als ich das schrieb. Liebe ist ein übel Ding - die haut den ganzen Intellekt in Scherben - Lies mal die beiden letzten Sätze, die Du da zitiert hast.

fwo

#274:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 08.03.2014, 16:35
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fwo hat folgendes geschrieben:
Liebe ist ein übel Ding - die haut den ganzen Intellekt in Scherben - Lies mal die beiden letzten Sätze, die Du da zitiert hast.


Ich hab sie gelesen. Ich halte es nur für Unsinn, grundsätzliche Überzeugungen für so einfach veränderbar zu halten. Mein "Keine Kinder"-"Wunsch" hat nichts mit existierenden, vergangenen oder nicht existierenden Partnern zu tun. Ich hatte Partnerschaften, da hätte gegolten "wenn Kinder, dann mit ihr" - ich wollte trotzdem keine. Weil ich dafür eben grundsätzliche Gründe habe (und zur Zeit auch praktische, aber das alleine wäre wohl zu schwach). Das wird nicht einfach mal eben so durch eine neue Partnerschaft umgeworfen. Mit den Augen rollen

#275:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 08.03.2014, 19:34
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Liebe ist ein übel Ding - die haut den ganzen Intellekt in Scherben - Lies mal die beiden letzten Sätze, die Du da zitiert hast.


Ich hab sie gelesen. Ich halte es nur für Unsinn, grundsätzliche Überzeugungen für so einfach veränderbar zu halten. Mein "Keine Kinder"-"Wunsch" hat nichts mit existierenden, vergangenen oder nicht existierenden Partnern zu tun. Ich hatte Partnerschaften, da hätte gegolten "wenn Kinder, dann mit ihr" - ich wollte trotzdem keine. Weil ich dafür eben grundsätzliche Gründe habe (und zur Zeit auch praktische, aber das alleine wäre wohl zu schwach). Das wird nicht einfach mal eben so durch eine neue Partnerschaft umgeworfen. Mit den Augen rollen

Das war keine Erfahrung an mir, die ich da geschrieben habe. Ich dachte dabei an einen Freund, der mir vorher genauso überzeugt widersprochen hätte wie Du jetzt. Du unterschätzt die Macht der Hormone. Deine Grundsätzlichkeit in Ehren, aber der Intellekt wird schon regelmäßig von zivilisatorisch erzeugten Gefühlen weggeschwemmt*, da sollte man bei den basalen Geschichten wie der Reproduktion noch viel vorsichtiger sein.

Nur mal so als zeitnahes Beispiel: Meinst Du, die später mordende und vergewaltigende Soldateska in Ex-Jugoslavien bestand nur aus ungebildeten promitiven Menschen, als der Konflikt langsam eskalierte? Da waren mit Sicherheit genügend dabei, die vorher mit deiner Bestimmtheit ähnliche Meinungen geäußert haben wie Du jetzt und anschließend vergewaltigend Kinder gemacht haben, ohne dabei einen Kinderwunsch zu verspüren.

Deine Sicherheit in der Entscheidung ist von soviel Faktoren abhängig, die Du in keiner Weise im Griff hast, dass ich da einfach vorsichtiger wäre. Dass Du auf meinen Einwand mit der lauen Vokabel "Partnerschaft" antwortest, sagt für mich schon alles. Ich hatte Liebe geschrieben, und ich meinte das nicht besonders romantisch.

fwo

#276:  Autor: WilsonWohnort: Swift Tuttle BeitragVerfasst am: 08.03.2014, 23:55
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zelig hat folgendes geschrieben:
Komisch ist doch, daß Menschen, die sehr viel Leid erfahren haben, zugleich sehr wohl glücklich sein können, und aufgrund des erfahrenen Leids das Leben um so höher wertschätzen können, während aus einer lächerlichen, akademischen Warte aus ein Leben mit Leid wohl mit Geringschätzung bedacht wird. Die Konstruktion von Leid und Glück als Antipoden auf einer gemeinsamen Skala, an der man den Wert des Lebens ablesen kann, ist Bullshit.
Es ist immer das Leben der anderen, dessen Wert diese Art -schwarzer- Ethik meint abschätzen zu können. Und insbesondere dient das Kind wieder einmal als Projektionsfläche für den Vollzug einer absonderlichen Idee.

was denn für ein kind?

#277:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 09.03.2014, 01:08
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Wilson hat folgendes geschrieben:
was denn für ein kind?

Hier hast Du (und Benatar) recht. Ein ungezeugtes Kind/ein ungezeugter Mensch existiert niemals, daher kann ihm logischerweise weder etwas Gutes noch etwas Schlechtes zugefügt werden. Und daher kann es keine Pflicht geben, etwas nicht Existierendes "in seine Existenz zu rufen". Umgekehrt könnte es jedoch eine Pflicht geben, nichts in die Existenz zu rufen, was voraussichtlich unerträglich leiden wird. Insofern halte ich diese von Benatar konstatierte Asymmetrie zwischen Existenz und Nichtexistenz für richtig. (Und daher halte ich übrigens auch die "Total-Ansicht" von Peter Singer für unsinnig.)

Jedoch halte ich Benatars Prämisse (paraphrasiert: "schon das geringste Leid entwertet ein Leben völlig und absolut") nicht für plausibel und schon gar nicht für selbstevident. Daher sollte sie begründet werden, falls man sie vertreten will.

#278:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 09.03.2014, 06:15
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Wilson hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
Komisch ist doch, daß Menschen, die sehr viel Leid erfahren haben, zugleich sehr wohl glücklich sein können, und aufgrund des erfahrenen Leids das Leben um so höher wertschätzen können, während aus einer lächerlichen, akademischen Warte aus ein Leben mit Leid wohl mit Geringschätzung bedacht wird. Die Konstruktion von Leid und Glück als Antipoden auf einer gemeinsamen Skala, an der man den Wert des Lebens ablesen kann, ist Bullshit.
Es ist immer das Leben der anderen, dessen Wert diese Art -schwarzer- Ethik meint abschätzen zu können. Und insbesondere dient das Kind wieder einmal als Projektionsfläche für den Vollzug einer absonderlichen Idee.

was denn für ein kind?
Ich beziehe mich damit auf die lt wiki nach Benatar stets gebotene Abtreibung nicht geborener Menschen. Föten und Embryos. Nicht Kinder. Der Threadöffner selber fragt jedoch, und das ist eine gängige Redeweise, ob es angesichts des zu erwartenden Leids zu rechtfertigen sei "Kinder in die Welt zu setzen". Die "stets gebotene" Abtreibung wird am Fötus oder Embryo vorgenommen. Jedoch aufgrund des nach Benatar oder des Threadöffners zu erwartenden Leids des Kindes. An der Stelle findet die von mir genannte Projektion statt.

#279:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 09.03.2014, 09:39
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ein ungezeugtes Kind/ein ungezeugter Mensch existiert niemals, daher kann ihm logischerweise weder etwas Gutes noch etwas Schlechtes zugefügt werden. Und daher kann es keine Pflicht geben, etwas nicht Existierendes "in seine Existenz zu rufen".

Genaugenommen folgt nur, daß es keine Pflicht geben kann mit der Begründung des Kindeswohls.

Aus anderen Gründen könnte es jedoch sehrwohl eine Pflicht geben, ähnlich etwa wie es die Pflicht geben könnte, eine nicht existierende Armenküche "in ihre Existenz zu rufen".

#280:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 09.03.2014, 13:03
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step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ein ungezeugtes Kind/ein ungezeugter Mensch existiert niemals, daher kann ihm logischerweise weder etwas Gutes noch etwas Schlechtes zugefügt werden. Und daher kann es keine Pflicht geben, etwas nicht Existierendes "in seine Existenz zu rufen".

Genaugenommen folgt nur, daß es keine Pflicht geben kann mit der Begründung des Kindeswohls.

Aus anderen Gründen könnte es jedoch sehrwohl eine Pflicht geben, ähnlich etwa wie es die Pflicht geben könnte, eine nicht existierende Armenküche "in ihre Existenz zu rufen".


Wie könnte denn diese Pflicht aussehen und begründet sein, Kinder zu zeugen?

#281:  Autor: AhrimanWohnort: 89250 Senden BeitragVerfasst am: 09.03.2014, 13:09
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Kival hat folgendes geschrieben:
Wie könnte denn diese Pflicht aussehen und begründet sein, Kinder zu zeugen?

Tja, in Science-Fiction-Romanen gibts das allenthalben. Wenn fremde Planeten besiedelt werden. Hier bei uns ist das Soll schon mehrfach übererfüllt.

#282:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 09.03.2014, 14:50
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Kival hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Aus anderen Gründen könnte es jedoch sehrwohl eine Pflicht geben, ähnlich etwa wie es die Pflicht geben könnte, eine nicht existierende Armenküche "in ihre Existenz zu rufen".
Wie könnte denn diese Pflicht aussehen und begründet sein, Kinder zu zeugen?

Nicht daß ich diese Pflicht vertreten würde, aber wenn die Gemeinschaft sich auf ein höheres Ziel einigt, einen höheren Wert, zu dessen Erreichung mehr Kinder erforderlich sind (z.B. Expansion), dann könnte man daraus eine entsprechende moralische Pflicht ableiten.

#283:  Autor: AhrimanWohnort: 89250 Senden BeitragVerfasst am: 09.03.2014, 19:34
    —
step hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Aus anderen Gründen könnte es jedoch sehrwohl eine Pflicht geben, ähnlich etwa wie es die Pflicht geben könnte, eine nicht existierende Armenküche "in ihre Existenz zu rufen".
Wie könnte denn diese Pflicht aussehen und begründet sein, Kinder zu zeugen?

Nicht daß ich diese Pflicht vertreten würde, aber wenn die Gemeinschaft sich auf ein höheres Ziel einigt, einen höheren Wert, zu dessen Erreichung mehr Kinder erforderlich sind (z.B. Expansion), dann könnte man daraus eine entsprechende moralische Pflicht ableiten.

Haben die Nazis ja gemacht.
"Mädel, mach die Beine breit, der Führer braucht Soldaten!"
und ab dem vierten Kind gabs den Gebär-Orden.
Aber in Einzelfällen ist das sicher auch heute nicht selten. Wenn der Industrieboß einen Erben braucht, dann läßt er sich halt scheiden und nimmt eine jüngere, wenn es seine Olle nicht bringt. Oder die treibt's mit dem Chauffeur.
Kinderlosigkeit soll erblich sein... Lachen

#284:  Autor: DesperadoxWohnort: Hamburg BeitragVerfasst am: 09.03.2014, 22:51
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Ahriman hat folgendes geschrieben:

Kinderlosigkeit soll erblich sein... Lachen

Am Kopf kratzen idee Gröhl... Daumen hoch!

#285:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 09.03.2014, 23:27
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step hat folgendes geschrieben:
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ein ungezeugtes Kind/ein ungezeugter Mensch existiert niemals, daher kann ihm logischerweise weder etwas Gutes noch etwas Schlechtes zugefügt werden. Und daher kann es keine Pflicht geben, etwas nicht Existierendes "in seine Existenz zu rufen".

Genaugenommen folgt nur, daß es keine Pflicht geben kann mit der Begründung des Kindeswohls.

Ja, das meinte ich.

step hat folgendes geschrieben:
Aus anderen Gründen könnte es jedoch sehrwohl eine Pflicht geben, ähnlich etwa wie es die Pflicht geben könnte, eine nicht existierende Armenküche "in ihre Existenz zu rufen".

Ja.

Was ich sagen wollte: Pflichten kann es mE nur gegenüber existierenden Wesen geben. Diese Wesen müssen nicht jetzt existieren, sondern können auch erst zukünftig existieren, d.h. es kann Pflichten gegenüber unseren künftigen Nachfahren geben. Jedoch gegenüber niemals existierenden Wesen kann es keine Pflichten geben. Daher hat Benatar in diesem Punkt recht, da er dabei eine Asymmetrie konstatiert und Peter Singers sogenannte "Total-Ansicht" geht fehl.

#286:  Autor: WilsonWohnort: Swift Tuttle BeitragVerfasst am: 10.03.2014, 03:06
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Wilson hat folgendes geschrieben:
was denn für ein kind?

Hier hast Du (und Benatar) recht. Ein ungezeugtes Kind/ein ungezeugter Mensch existiert niemals, daher kann ihm logischerweise weder etwas Gutes noch etwas Schlechtes zugefügt werden. Und daher kann es keine Pflicht geben, etwas nicht Existierendes "in seine Existenz zu rufen". Umgekehrt könnte es jedoch eine Pflicht geben, nichts in die Existenz zu rufen, was voraussichtlich unerträglich leiden wird. Insofern halte ich diese von Benatar konstatierte Asymmetrie zwischen Existenz und Nichtexistenz für richtig. (Und daher halte ich übrigens auch die "Total-Ansicht" von Peter Singer für unsinnig.)

Jedoch halte ich Benatars Prämisse (paraphrasiert: "schon das geringste Leid entwertet ein Leben völlig und absolut") nicht für plausibel und schon gar nicht für selbstevident. Daher sollte sie begründet werden, falls man sie vertreten will.

ich habe das buch wie gesagt nicht gelesen. ich habe so eine aussage nicht paraphrasiert irgendwo gelesen.
meiner ansicht nach, spielt das keine rolle, weil ich als erzeuger nicht absehen kann, wie stark mein nachwuchs zu leiden hätte.
selbstverständlich kann man eine menge aushalten, aber das weißt du sicher.

#287:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 10.03.2014, 11:40
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AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Was ich sagen wollte: Pflichten kann es mE nur gegenüber existierenden Wesen geben. Diese Wesen müssen nicht jetzt existieren, sondern können auch erst zukünftig existieren, d.h. es kann Pflichten gegenüber unseren künftigen Nachfahren geben. Jedoch gegenüber niemals existierenden Wesen kann es keine Pflichten geben. Daher hat Benatar in diesem Punkt recht, da er dabei eine Asymmetrie konstatiert ...

Bis dahin stimme ich zu.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
... und Peter Singers sogenannte "Total-Ansicht" geht fehl.

Wo berücksichtigt Singer denn Wesen, die nicht existieren bzw. nicht existieren werden?

#288:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 10.03.2014, 15:51
    —
step hat folgendes geschrieben:
Wo berücksichtigt Singer denn Wesen, die nicht existieren bzw. nicht existieren werden?

Singer berücksichtigt diese Asymmetrie nicht hinreichend. Siehe z.B. hier:

Zitat:
Wenn Eltern noch vor der Zeugung wüssten, dass sie ein schwer behindertes Kind zur Welt bringen, so wäre dies kein Grund dagegen, ein solches Kind zu zeugen, denn wenn die Lust, die ein potentielles Kind in die Welt brächte, kein Grund für seine Zeugung und Austragung ist, gilt dies auch für die Irrelevanz des potentiellen Schmerzes.

Diese beiden Fälle sind jedoch grundsätzlich unterschiedlich: im einen Fall existiert nie jemand, im anderen Falle jedoch schon. Einmal geht es lediglich um rein hypothetisch bleibendes Glück von niemandem, das andere Mal geht es um tatsächliches Leid von jemandem.

#289:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 10.03.2014, 19:22
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Singer hat folgendes geschrieben:
Wenn Eltern noch vor der Zeugung wüssten, dass sie ein schwer behindertes Kind zur Welt bringen, so wäre dies kein Grund dagegen, ein solches Kind zu zeugen, denn wenn die Lust, die ein potentielles Kind in die Welt brächte, kein Grund für seine Zeugung und Austragung ist, gilt dies auch für die Irrelevanz des potentiellen Schmerzes.

Diese beiden Fälle sind jedoch grundsätzlich unterschiedlich: im einen Fall existiert nie jemand, im anderen Falle jedoch schon. Einmal geht es lediglich um rein hypothetisch bleibendes Glück von niemandem, das andere Mal geht es um tatsächliches Leid von jemandem.

Ah, jetzt verstehe ich, was Du meinst. Ich sehe zwar auch eine gewisse Asymmetrie, aber nicht die von Dir genannte. Denn meiner Ansicht nach ist das Glück bzw. Leid in beiden Fällen in der Abwägung jeweils für die Austragungs/Zeugungsvariante zu berücksichtigen, und nur für den jeweils anderen Fall nicht.

Zukünftiges Glück eines zu zeugenden Kindes hat denselben Potenzialitätsstatus wie zukünftiges Leid eines zu zeugenden Kindes.

#290:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 10.03.2014, 19:59
    —
step hat folgendes geschrieben:
Denn meiner Ansicht nach ist das Glück bzw. Leid in beiden Fällen in der Abwägung jeweils für die Austragungs/Zeugungsvariante zu berücksichtigen, und nur für den jeweils anderen Fall nicht.

Meiner Ansicht nach ebenso. Jedoch stimmt es dann nicht, zu sagen: "Wenn Eltern noch vor der Zeugung wüssten, dass sie ein schwer behindertes Kind zur Welt bringen, so wäre dies kein Grund dagegen, ein solches Kind zu zeugen, [...]", denn das wäre sehr wohl ein Grund gegen die Zeugung, denn durch die Zeugung bliebe das Kind (und dessen Leid) nicht hypothetisch, sondern wäre real. Wohingegen ein ungezeugter Mensch (und dessen Glück/Leid) lediglich hypothetisch ist, es daher keinen Grund gibt, diesem etwas Gutes zu tun, indem man ihn zeugt, (der existiert ja nie). Insofern geht Singers Argumentation hier fehl.

#291:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 10.03.2014, 20:40
    —
Um nochmal auf Benatar zurückzukommen. Dieser sagt: "Laut Benatar hat jeder Mensch ein derart schlechtes Leben, dass wir verpflichtet sind, keine Menschen hervorzubringen."

Hätte Benatar damit recht, dann würde ich ihm zustimmen. Jedoch sehe ich das nicht so wie er und mir ist völlig unklar, wieso er das so sieht. Das müsste er plausibel machen, begründen und dazu reicht es nicht, einfach zu behaupten, das sei so und alle, die das anders sehen, würden das eben falsch sehen.

Eine andere antinalistische Strategie fährt wohl Hermann Vetter (siehe obigen Link): "Da wir niemals mit Sicherheit ausschließen können, überlegt Vetter, ob der Betreffende schwer leiden wird, wenn wir einen neuen Menschen zeugen, sei es in jedem Falle besser, keine Nachkommen zu haben." Nun, in der Tat können wir nicht die Zukunft mit endgültiger Sicherheit abschätzen. Es könnte daher sein, (und kommt auch vor), dass, unvorhergesehen von uns, ein neuer Mensch ein so furchtbares Leben hat, dass er sich wünschte, niemals existiert zu haben.

Nur: folgte man dieser Argumentation, dann dürfte man überhaupt nicht mehr handeln, denn unsere Handlungen können immer unvorhergesehene schlechte Auswirkungen (auf andere und/oder auf den Handelnden selber) haben. Und genau genommen ist es nicht möglich, nicht zu handeln, denn auch absichtliche Unterlassungen sind Handlungen, die als solche ebenfalls unvorhergesehene schlechte Auswirkungen haben können. Aus dieser Zwickmühle kommt man nicht heraus. Egal, was man tut oder nicht tut: es kann sich im Nachhinein als falsch herausstellen.

Daher bleibt uns nur, weiterhin zu versuchen, die Auswirkungen von unseren Handlungen/Unterlassungen auf die Zukunft abzuschätzen und anhand dieser Abschätzungen Handlungen und Unterlassungen zu bewerten. (Und wir müssen wohl weiterhin damit leben, dass wir uns dabei täuschen können, was in bestimmten Fällen tragisch sein kann.)

Wenn es gute Gründe dafür geben würde, anzunehmen, dass bestimmte Handlungen/Unterlassungen besser sind als andere, dann sollte man diese Handlungen/Unterlassungen ausführen. Die bloße Möglichkeit, (Vetter), dass etwas unvorhergesehenerweise schief laufen könnte, ist jedoch kein guter Grund für eine Handlung/Unterlassung.

#292:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 10.03.2014, 20:54
    —
Bei so einer Rechnugn wie von Vetter kann man auch nicht einfach mehr die Wahrscheinlichkeit eines glücklichen Lebens usw. ausklammern.

#293:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 10.03.2014, 21:35
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Jedoch stimmt es dann nicht, zu sagen: "Wenn Eltern noch vor der Zeugung wüssten, dass sie ein schwer behindertes Kind zur Welt bringen, so wäre dies kein Grund dagegen, ein solches Kind zu zeugen, [...]", denn das wäre sehr wohl ein Grund gegen die Zeugung, denn durch die Zeugung bliebe das Kind (und dessen Leid) nicht hypothetisch, sondern wäre real. Wohingegen ein ungezeugter Mensch (und dessen Glück/Leid) lediglich hypothetisch ist, es daher keinen Grund gibt, diesem etwas Gutes zu tun, indem man ihn zeugt, (der existiert ja nie). Insofern geht Singers Argumentation hier fehl.

Ich habe das Zitat so verstanden, daß er das nur behauptet für den Fall "wenn die Lust, die ein potentielles Kind in die Welt brächte, kein Grund für seine Zeugung und Austragung ist".

#294:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 10.03.2014, 21:45
    —
Kival hat folgendes geschrieben:
Bei so einer Rechnugn wie von Vetter kann man auch nicht einfach mehr die Wahrscheinlichkeit eines glücklichen Lebens usw. ausklammern.

Sowie die anderen beteiligten Interessen und Folgen.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Die bloße Möglichkeit, (Vetter), dass etwas unvorhergesehenerweise schief laufen könnte, ist jedoch kein guter Grund für eine Handlung/Unterlassung.

Ja, denn sonst würde man es ja gerade "vorhersehen". Man könnte allerdings evtl. argumentieren wie bei einer Versicherung: Schadenshöhe * Wahrscheinlichkeit definiert eine "Beitragshöhe", in dem Fall also eine Art "ethische Emissionspunkte", von denen man nur ein begrenztes Budget hat. Nicht daß ich das jetzt wirklich vorschlagen wollte ...

#295:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 10.03.2014, 21:53
    —
step hat folgendes geschrieben:
Ich habe das Zitat so verstanden, daß er das nur behauptet für den Fall "wenn die Lust, die ein potentielles Kind in die Welt brächte, kein Grund für seine Zeugung und Austragung ist".

?

Die lediglich hypothetisch bleibende Lust/das lediglich hypothetische Glück eines niemals gezeugten Wesens kann kein Grund für eine Zeugung und Austragung sein, (d.h. die Total-Ansicht: "das Glück in der Welt zu erhöhen, ist gut" ergibt keinen Sinn). Jedoch ist das nicht analog/symmetrisch zu der Zeugung/Austragung eines Wesens, das voraussichtlich großes Leid erfahren wird, denn in dem Falle wäre das Wesen und dessen Leid ja nicht mehr nur hypothetisch, sondern real.

Daher ist es kein Widerspruch, so wie Singer behauptet, zu meinen, dass es moralisch keine Rolle spiele, nicht zu zeugen, auch wenn man annähme, dass im Falle der Zeugung ein glückliches Wesen entstehen würde, (in dem Falle käme niemand zu Schaden, da wäre schlicht niemand, dem sein Glück vorenthalten würde), auf der anderen Seite jedoch zu meinen, dass bei der Zeugung sehr wohl zu berücksichtigen sei, ob man dem in dem Falle entstehenden und dann existierenden Wesen keinen unzumutbaren Schaden zufügt.

#296:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 10.03.2014, 22:03
    —
step hat folgendes geschrieben:
Man könnte allerdings evtl. argumentieren wie bei einer Versicherung: Schadenshöhe * Wahrscheinlichkeit definiert eine "Beitragshöhe", in dem Fall also eine Art "ethische Emissionspunkte", [...]

Ja, jedoch das ganz grundlegende Problem bei dieser Diskussion scheint mir zu sein, dass es völlig gegensätzliche Ansichten bezüglich dieser Kalkulation zu geben scheint.

Ein Antinalist müsste irgendwie nachvollziehbar darlegen, dass Leben schlecht sei. Oder aber zumindest, dass die Wahrscheinlichkeit, ein schlechtes Leben zu haben, größer als annehmbar sei.

#297:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 10.03.2014, 22:08
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Ein Antinalist müsste irgendwie nachvollziehbar darlegen, dass Leben schlecht sei. Oder aber zumindest, dass die Wahrscheinlichkeit, ein schlechtes Leben zu haben, größer als annehmbar sei.

Ja richtig, das sehe ich auf jeden Fall ebenso. Benatar setzt das einfach voraus, es ist aber keineswegs offensichtlich oder gesichert.

#298:  Autor: Kival BeitragVerfasst am: 10.03.2014, 22:13
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:

Ein Antinalist müsste irgendwie nachvollziehbar darlegen, dass Leben schlecht sei. Oder aber zumindest, dass die Wahrscheinlichkeit, ein schlechtes Leben zu haben, größer als annehmbar sei.


Nunja, zumindest *wenn* er mit Leid/Glück argumentiert. Wobei er auch dann argumentieren kann, es sei wahrscheinlicher ein "schlechtes" als ein "gutes" Leben zu haben. Nicht, dass ich das sehr überzeugend finden würde, aber das wäre auch eine Möglichkeit, zu argumentieren.

#299:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 10.03.2014, 22:15
    —
AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ich habe das Zitat so verstanden, daß er das nur behauptet für den Fall "wenn die Lust, die ein potentielles Kind in die Welt brächte, kein Grund für seine Zeugung und Austragung ist".
?

Vielleicht habe ich es auch falsch verstanden, ich finde es sowieso etwas unklar.

AgentProvocateur hat folgendes geschrieben:
Die lediglich hypothetisch bleibende Lust/das lediglich hypothetische Glück eines niemals gezeugten Wesens kann kein Grund für eine Zeugung und Austragung sein ...

?

Wenn ich vor der Entscheidung stehe "Kind (A) oder keins (B)", dann habe ich doch einen ethischen Bewertungsbaum. Nur im Fall (A) muß ich hypothetisch so tun, als ob das Kind real wäre, und nur im Fall (B) so, als ob es nicht da wäre. Dann irgendwie bewerten und vergleichen. Vereinfacht gesagt

Im Fall (A) zählt daher das vermutliche Leid und das vermutliche Glück des Kindes, so als ob es real wäre. Im Fall (B) gibt es beides nicht, zählt also auch nicht.

Stimmst Du bis dahin zu?

#300:  Autor: AgentProvocateurWohnort: Berlin BeitragVerfasst am: 10.03.2014, 22:58
    —
step hat folgendes geschrieben:
Wenn ich vor der Entscheidung stehe "Kind (A) oder keins (B)", dann habe ich doch einen ethischen Bewertungsbaum. Nur im Fall (A) muß ich hypothetisch so tun, als ob das Kind real wäre, und nur im Fall (B) so, als ob es nicht da wäre. Dann irgendwie bewerten und vergleichen. Vereinfacht gesagt

Im Fall (A) zählt daher das vermutliche Leid und das vermutliche Glück des Kindes, so als ob es real wäre. Im Fall (B) gibt es beides nicht, zählt also auch nicht.

Stimmst Du bis dahin zu?

Ja, dem stimme ich vollumfänglich zu.

Daraus folgt nun, dass die Behauptung "Wenn Eltern noch vor der Zeugung wüssten, dass sie ein schwer behindertes Kind zur Welt bringen, so wäre dies kein Grund dagegen, ein solches Kind zu zeugen [...]" falsch ist, denn das wäre Fall (A), (ist sehr wohl ein Grund gegen die Zeugung/Austragung). Wohingegen "die Lust, die ein potentielles Kind in die Welt brächte, kein Grund für seine Zeugung und Austragung ist" im Falle der Nichtzeugung und Nichtaustragung Dein Fall (B) wäre.



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