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Freigeisterhaus -> Kultur und Gesellschaft

#601:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 02.04.2019, 18:54
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
Es ging genau genommen nicht um Lebenszeit als Schaden, sondern um die Zufügung von Leid, die mit dieser Lebenszeitverlängerung verbunden war.


Zitat:
Ärzte können für eine künstliche Lebensverlängerung nicht haftbar gemacht werden, auch dann nicht, wenn sie ohne jeden medizinischen Sinn war. Und zwar deshalb, weil das Leben juristisch niemals als "Schaden" eingestuft werden dürfe, sei es auch noch so leidvoll:"Das Urteil über den Wert menschlichen Lebens steht keinem Dritten zu"


https://www.sueddeutsche.de/politik/bgh-magensonde-aerzte-sterben-1.4393336

#602:  Autor: astarte BeitragVerfasst am: 02.04.2019, 19:13
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hier noch ein Artikel in der "Zeit"

https://www.zeit.de/news/2019-04/02/kein-schadenersatz-fuer-kuenstlich-hinausgezoegerten-tod-190401-99-639876
Zitat:
Heinrich Sening war schwer demenzkrank und verbrachte seine letzten Lebensjahre in einem Münchner Pflegeheim - bewegungsunfähig im Bett, außerstande, sich mitzuteilen, von Schmerzen und Fieber gebeutelt.

Sein Sohn Heinz, der damals schon in den USA lebte und selbst Altenpfleger ist, hält das für sinnlose Quälerei: «Er musste weiterleben.» Seiner Meinung nach hätte der Arzt die Ernährung per Magensonde irgendwann stoppen und den Vater sterben lassen müssen.
...
Heinrich Sening hatte keine Anweisungen hinterlassen, selbst äußern konnte er sich später nicht mehr. Deshalb ist bis heute unklar, ob und wie lange er die 2006 gelegte Sonde gewollt hätte. Sein Vater sei ein lebenslustiger Mensch gewesen und habe immer alt werden wollen, erinnert sich der Sohn. «Aber das hätte er nicht gewollt, da bin ich mir ziemlich sicher.»

Also wenn die Sonde seit 2006 schon gelegt wurde, frage ich mich, kam der Sohn auch aus USA nicht mal her, und hat sich mit Betreuer und Arzt besprochen? Oder sich sonst gekümmert?
Ich finde es merkwürdig, da ist nur von der Klage im Nachhinein die Rede.

Von Ärzten aus gesehen wäre die Behandlung von Schwerkranken und Sterbenden noch eine Arschkarte mehr, wenn die Klage durchgekommen wäre: du kannst für zu wenig aber auch für zuviel Behandlung verklagt werden, wäre die Botschaft. Ich denke: wenn ein Sohn sich Sorgen macht, muss er etwas früher handeln.
Und am Besten: rechtzeitig eine Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht schreiben.

#603:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 02.04.2019, 20:53
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Ich kann die Ablehnung der Schadensersatzklage gut nachvollziehen, auch wenn es sicher nicht lustig ist, wenn man z.B. vom Sozialamt auch noch in Regress genommen wird für die Quälerei.

Mich hat vor allem gestört, daß die Begründung sich anmaßt, weiter auszuholen als nur zum Freispruch der Ärzte nötig. Meiner Ansicht nach waren die Ärzte freizusprechen, weil eine klare persönliche oder rechtliche Vorgabe fehlte, und nicht wegen irgendeiner suggerierten Werteordnung von Leiden und Leben.

Vielleicht sollte man eine Patientenverfügung oder wahlweise eine Vorsorgevollmacht zur Pflicht machen.

#604:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 02.04.2019, 21:30
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zelig hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
Es ging genau genommen nicht um Lebenszeit als Schaden, sondern um die Zufügung von Leid, die mit dieser Lebenszeitverlängerung verbunden war.


Zitat:
Ärzte können für eine künstliche Lebensverlängerung nicht haftbar gemacht werden, auch dann nicht, wenn sie ohne jeden medizinischen Sinn war. Und zwar deshalb, weil das Leben juristisch niemals als "Schaden" eingestuft werden dürfe, sei es auch noch so leidvoll:"Das Urteil über den Wert menschlichen Lebens steht keinem Dritten zu"


https://www.sueddeutsche.de/politik/bgh-magensonde-aerzte-sterben-1.4393336

Ja. Ich hatte den Artikel gelesen, bevor ich geantwortet habe, ich habe auch selbst daraus zitiert. Aber die Klage war sehr bewusst nicht auf die Lebensverlängerung gezielt, sondern auf das damit zugefügte Leiden. Dadurch, dass das auf dieses kontrolliert zugefügte Leid gar nicht Bezug genommen wird, wird die Lebensverlängerung zum Selbstzweck erhoben, der nicht in Frage gestellt werden darf.

Für mich sind das Leute, die andere foltern, weil sie sich selbst vor Petrus dann bessere Karten versprechen. Mit der Ausrede, dass der Mensch keine Verfügungsgewalt über das Leben haben dürfe. Aber genau diese Verfügungsgewalt, die sei faktisch haben, nutzen sie damit zu ihren eigenen Gunsten aus, völlig egal, ob da jemand leidet, der das nicht will. Da wird das religiöse Gebot höher gestellt als der Mitmensch.

#605:  Autor: Samson83 BeitragVerfasst am: 02.04.2019, 21:44
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Ich kann den Neuigkeitswert nicht sehen. Das ist seit Jahrzehnten geltende Rechtsprechung.

#606:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 03.04.2019, 18:04
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Samson83 hat folgendes geschrieben:
Ich kann den Neuigkeitswert nicht sehen. Das ist seit Jahrzehnten geltende Rechtsprechung.


Stimmt, die Inhumanität der deutschen Juristerei ist nichts neues.

#607:  Autor: HFRudolph BeitragVerfasst am: 12.04.2019, 13:30
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@Skeptiker: Du redest am Thema vorbei, Samson hat das nicht geschrieben und gemeint. Die Aussage war völlig wertneutral.

@fwo: Ich habe das BGH-Urteil noch nicht einmal gelesen, denke aber, das du möglicherweise hier falsch liegst.

Die Rechtslage MUSS doch immer ganz eindeutig sein, ob ich jemanden leben lasse oder ihn töte: Man tötet ihn nämlich auch, wenn man ihm die Magensonde zieht und ihn verhungern lässt. Strafrechtlich ist für die Ärzte, die eine Garantenstellung gegenüber dem Patienten haben, Handlung und Unterlessen strafrechtlich gleichwertig: Und ethisch ist das ohnehin der Fall!

Ein Arzt im Krankenhaus hat grundsätzlich, wenn nichts Näheres bestimmt ist, das Leben des Patienten zu erhalten. Das ist schon aus dem Behandlungsvertrag so. Das Grundgesetz sagt auch: Im Zweifel ist das Leben zu erhalten. Die Strafgesetze sagen das im Übrigen auch.
Nun ist durchaus auch Leid zu minimieren, aber sicherlich nicht dadurch, dass ich jemanden über die Klinge springen lasse, d.h. Lebenserhaltung geht rechtlich immer vor Leidminimierung:
Anders ist das doch nur, wenn der Patient einen anderen Willen äußert oder die oben dargestellte Gesetzeslage durch Patientenverfügung generell abgeändert hat: Das war aber hier gar nicht der Fall, wenn ich das richtig verstanden habe.

Ich bin ein starker Fürsprecher für Patientenrechte und auch für das Recht auf Suizid - aber doch nicht gegen den Willen des Patienten und sicherlich auch nicht auf Verwandtenzuruf nach dem Motto, „das hätte er nicht gewollt“.

Ich meine, dass muss immer ganz klar gelegelt sein für den Arzt: Muss er ihn leben lassen oder muss er aufgrund einer Patientenverfügung jetzt die Gerärte abklemmen. Wenn daran irgendein Zweifel besteht, dann lebt der Patient eben, selbst wenn das mit unvermeidbaren Qualen verbunden ist.

LEUTE: Macht Patientenverfügungen, wenn Ihr das anders haben wollt!
Download gibts hier, rechte Spalte:

Föderation des Determinismus

#608:  Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 12.04.2019, 13:56
    —
HFRudolph hat folgendes geschrieben:
Strafrechtlich ist für die Ärzte, die eine Garantenstellung gegenüber dem Patienten haben, Handlung und Unterlessen strafrechtlich gleichwertig: Und ethisch ist das ohnehin der Fall!

Im deutschen Recht haben wir - zumindest nach meinem Eindruck - keineswegs wirkliche Symmetrie bezüglich Handlung und Unterlassung. Selbst im Fall der Sterbehilfe mit eindeutigem Patientenwunsch wird eine strafrechtlich relevante Unterscheidung zwischen aktiver und passiver Sterbehilfe vorgenommen, oder?

#609:  Autor: AhrimanWohnort: 89250 Senden BeitragVerfasst am: 12.04.2019, 16:31
    —
step hat folgendes geschrieben:
HFRudolph hat folgendes geschrieben:
Strafrechtlich ist für die Ärzte, die eine Garantenstellung gegenüber dem Patienten haben, Handlung und Unterlessen strafrechtlich gleichwertig: Und ethisch ist das ohnehin der Fall!

Im deutschen Recht haben wir - zumindest nach meinem Eindruck - keineswegs wirkliche Symmetrie bezüglich Handlung und Unterlassung. Selbst im Fall der Sterbehilfe mit eindeutigem Patientenwunsch wird eine strafrechtlich relevante Unterscheidung zwischen aktiver und passiver Sterbehilfe vorgenommen, oder?

Für den Arzt ein geringer Unterschied im Strafmaß, ansonsten sind die Folgen für ihn wahrscheinlich gleich: Er ist erledigt.

#610:  Autor: HFRudolph BeitragVerfasst am: 12.04.2019, 16:43
    —
@Step: Du hast insofern Recht, als es dort massive systematische und logische Widersprüchlichkeiten gibt. Logische Widersprüche bedeuten aber auch Rechtsfehlerhaftigkeit.

Die Themen Suizid-Tötung auf Verlangen-Patientenverfügung-Grundrechte sind teilweise unvereinbar, so wie sie jetzt stehen und z.B. vom Bundesgesundheitsministerium in der Natriumpentobarbitalfrage angewendet werden. Einerseits gibt es z.B. die erlaubte aktive Tötung auf Verlangen, also den Suizid auf schriftliche Vorbestellung, wenn Du regelst, dass unter bestimmten Umständen jemand kommen soll und den Schalter umlegt und die künstliche Beatmung abschaltet und deinstalliert.

Andererseits wird Dir aber der Zugang zu Natriumpentobarbital verweigert, selbst wenn Du dies ganz bei Bewusstsein und voller Zurechnungsfähigkeit forderst, unter dem Vorwand des sogenannten Dammbrucharguments, dann breche der Schutz des Lebens zusammen. Das das Unsinn ist, zeigt sich nicht nur am Beispiel der Nederlande, sondern vor allem ist es ein Vorwand, der massive Logikwidersprüche produziert. Selbst Folter wird im Prinzip in Kauf genommen: in Wirklichkeit (!) aber nur, um das christliche Weltbild anderen Menschen aufzuzwingen, nämlich die Verherrlichung der angeblich „natürlichen“ Lage gegenüber der vom Menschen herbeigeführten Herrschaft über das eigene Leben und das eigene Lebensende.

Dieser Gedanke zieht sich wie ein roter Faden durch den Systematischen Unsinn, der sich bei dem Vergleich der oben genannten Themenbereiche zeigt. Im Prinzip werden unter dieser Begründung Menschen, die ohnehin sterben werden und die jetzt human sterben wollen gegen ihren Willen (Achtung, es geht nur num Selbstbestimmung) am Leben erhalten und gequält (gefoltert), weil es eine angeblich natürliche Folter ist. Die Selbstbestimmung und damit auch die Menschenwürde wird verlacht und mit Füßen getreten, wenn man die Leute auf die Plastiktüte aus dem Mülleimer als Suizidmethode verweist, alles nur deshalb, weil die Christen anderen Menschen ihr irrationales Weltbild aufzwingen wollen, nach dem man gegen göttlichen Willen der naturgegebenen Zustände nicht anwirken dürfe.

Bei den Regelungen zur Patientenverfügung hat man Ansätze der Selbstbestimmung umgesetzt, ist dann aber auf halbem Wege stehen geblieben. Es gibt durchaus bestimmte Fälle, die z.B. zum Thema Natriumpentobarbitalherausgabe dem Bundesverfassungsgericht vorliegen, da kann man den Menschen nur noch empfehlen, das Land zu verlassen.

#611:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 12.04.2019, 16:44
    —
HFRudolph hat folgendes geschrieben:
....
@fwo: Ich habe das BGH-Urteil noch nicht einmal gelesen, denke aber, das du möglicherweise hier falsch liegst.
.....

Juristisch wahrscheinlich. Was ich geschrieben habe, war eine moralische Würdigung.
Deshalb auch die Formulierung "Für mich sind das Leute, die ....".

#612:  Autor: HFRudolph BeitragVerfasst am: 12.04.2019, 16:56
    —
Ahriman hat folgendes geschrieben:
Für den Arzt ein geringer Unterschied im Strafmaß, ansonsten sind die Folgen für ihn wahrscheinlich gleich: Er ist erledigt.

Welchen Unterschied meinst Du?

#613:  Autor: HFRudolph BeitragVerfasst am: 12.04.2019, 17:02
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fwo hat folgendes geschrieben:
Für mich sind das Leute, die andere foltern, weil sie sich selbst vor Petrus dann bessere Karten versprechen. Mit der Ausrede, dass der Mensch keine Verfügungsgewalt über das Leben haben dürfe. Aber genau diese Verfügungsgewalt, die sei faktisch haben, nutzen sie damit zu ihren eigenen Gunsten aus, völlig egal, ob da jemand leidet, der das nicht will.

Der zitierte Fall ist nur der falsche Aufhänger. Ich wäre voll auf Deiner Seite, hätte die Person den zurechnungsfähigen Willen geäußert, sterben zu wollen oder hätte die Person eine entsprechende Patientenverfügung vorgehalten. Wenn ich das richtig sehe, war das aber nicht der Fall. Man kann also nicht sagen, dass das gegen den Willen des Patienten erfolgte - oder?

Den Artikel der Süddeutschen kann ich nicht ansehen. Muss mir wohl das BGH-Urteil ziehen.

#614:  Autor: HFRudolph BeitragVerfasst am: 12.04.2019, 17:58
    —
Das war der Fall:
BGH-Pressemitteilung Nr. 40/2019 hat folgendes geschrieben:
… Der Patient hatte keine Patientenverfügung errichtet. Sein Wille hinsichtlich des Einsatzes lebenserhaltender Maßnahmen ließ sich auch nicht anderweitig feststellen. Es war damit nicht über die Fallgestaltung zu entscheiden, dass die künstliche Ernährung gegen den Willen des Betroffenen erfolgte. …


Die Rechtslage unterstellt Lebenswillen. Das ist ansich auch kein Problem, so lange die Möglichkeit besteht, die Ärzte per Patientenverfügung zu anderm Verhalten zu zwingen.

Viel problematischer wäre es, wenn man das irgendwie in das Ermessen der Ärzte stellen würde, den Patienten umkommen oder ihn leben zu lassen: dann wären es wirklich „Götter in Weiß“ - oder besser gesagt: „Herren über Leben und Tod“. Die Regelung über Patientenverfügungen ist aber die einzig akzeptable Regelung - meine ich jedenfalls.

#615:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 12.04.2019, 18:13
    —
HFRudolph hat folgendes geschrieben:
....
Die Rechtslage unterstellt Lebenswillen. Das ist ansich auch kein Problem, so lange die Möglichkeit besteht, die Ärzte per Patientenverfügung zu anderm Verhalten zu zwingen.
....

Ich sehe da schon ein Problem, wenn kein Hirn mehr da ist, um überhaupt einen Willen zu haben. Das ist eine der stellen, an denen mit Menschen in einer Weise verfahren wird, die bei andern Tieren nach dem Tierschutzgesetz verboten wäre.

#616:  Autor: HFRudolph BeitragVerfasst am: 12.04.2019, 20:17
    —
@fwo: Es gibt keine generelle Rechtslage in dem Punkt, sondern sie wird individuell gestaltet.
Wie lautet zB. Deine Patientenverfügung in dem Punkt?

Du hast keine? Hast Du doch, hat jeder! Wer keine zu haben glaubt, hat automatisch die Standartrechtslage gebucht, nämlich die ultimative Lebenserhaltung: auch wenn das Gehirn nicht mehr feststellbar einen Willen äußert oder der Mensch nicht mehr in der Lage ist, einen Willen kundzutun. Der Patient im vorliegenden Fall, über den die BGH-Presseerklärung berichtet, der hat durch Nichtstun die ultimative Lebenserhaltung bestellt.

„Ich will aber nicht wählen, dann muss ich mich ja meinen eigenen Tod planen!“
Geht das? Du kannst nicht nicht-wählen: Wenn Du keine Rechtslage wählst, dann wählst Du automatisch die Standart-Rechtslage mit ultimativer Lebenserhaltung.

Das ist etwas sarkastisch ausgedrückt, aber denn versteht es jedenfalls jeder.

#617:  Autor: AhrimanWohnort: 89250 Senden BeitragVerfasst am: 13.04.2019, 11:07
    —
HFRudolph hat folgendes geschrieben:
Ahriman hat folgendes geschrieben:
Für den Arzt ein geringer Unterschied im Strafmaß, ansonsten sind die Folgen für ihn wahrscheinlich gleich: Er ist erledigt.

Welchen Unterschied meinst Du?

Na, das ist wie bei Fahrlässige Tötung, Totschlag oder Mord: Das Ergebnis ist immer eine Leiche, aber die Gefängnisstrafen sind unterschiedlich hoch.

#618:  Autor: HFRudolph BeitragVerfasst am: 14.04.2019, 17:07
    —
@Ahriman: Das sollte vermutlich Ausdruck einer besonderen Art von Sarkasmus sein - im Geschriebenen allerdings schwer verständlich worauf Du in diesem Zusammenhang hinaus wolltest.

#619: Mittelalterliche Rechtslage Autor: HFRudolph BeitragVerfasst am: 17.04.2019, 09:16
    —
Die Föderation des Determinismus bringt heute einen Artikel heraus, der sich mit der Anhörung des Bundesverfassungsgerichts zu § 217 StGB befasst - ein kurzer Abriss.

#620: Re: Mittelalterliche Rechtslage Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 17.04.2019, 10:36
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HFRudolph hat folgendes geschrieben:
Die Föderation des Determinismus bringt heute einen Artikel heraus, der sich mit der Anhörung des Bundesverfassungsgerichts zu § 217 StGB befasst - ein kurzer Abriss.

Schöner Text, der die Beweggründe der anderen Seite auf das wesentliche reduziert.

Die Begründung dieses Gesetzes ist absolut anmaßend: Wir machen die Selbsttötung deshalb schwer, damit weniger es schaffen, deren Begründung uns beschämen würde, die also nicht der Schmerzen wegen sterben wollen, die sie nicht mehr aushalten können, oder nicht in der Sinnlosigkeit der Teilnahmslosigkeit verbleiben wollen, sondern sterben wollen, um nicht zur Last zu fallen. Als könnte das Gefühl, nur noch Last zu sein, keine Qual sein. Aber auch das ist ein eigenes Gefühl, eine eigene Entscheidungsgrundlage, in die mir niemand hereinzureden hat. Es ist, wenn er denn diesen Maßstab hat, höchstens an ihm, dieses Gefühl nicht aufkommen zu lassen - was aber weit außerhalb seiner Macht liegt.

Die Begründung klingt sooo edel. Aber ich empfinde sie um so widerlicher, je genauer ich hinsehe. Montgomery gestern in den Tagestemen zu diesem Thema empfand ich nur noch als ohne Ende verlogen.

#621: Re: Mittelalterliche Rechtslage Autor: WilsonWohnort: Swift Tuttle BeitragVerfasst am: 17.04.2019, 11:30
    —
fwo hat folgendes geschrieben:
HFRudolph hat folgendes geschrieben:
Die Föderation des Determinismus bringt heute einen Artikel heraus, der sich mit der Anhörung des Bundesverfassungsgerichts zu § 217 StGB befasst - ein kurzer Abriss.

Schöner Text, der die Beweggründe der anderen Seite auf das wesentliche reduziert.

Die Begründung dieses Gesetzes ist absolut anmaßend: Wir machen die Selbsttötung deshalb schwer, damit weniger es schaffen, deren Begründung uns beschämen würde, die also nicht der Schmerzen wegen sterben wollen, die sie nicht mehr aushalten können, oder nicht in der Sinnlosigkeit der Teilnahmslosigkeit verbleiben wollen, sondern sterben wollen, um nicht zur Last zu fallen. Als könnte das Gefühl, nur noch Last zu sein, keine Qual sein. Aber auch das ist ein eigenes Gefühl, eine eigene Entscheidungsgrundlage, in die mir niemand hereinzureden hat. Es ist, wenn er denn diesen Maßstab hat, höchstens an ihm, dieses Gefühl nicht aufkommen zu lassen - was aber weit außerhalb seiner Macht liegt.

Die Begründung klingt sooo edel. Aber ich empfinde sie um so widerlicher, je genauer ich hinsehe. Montgomery gestern in den Tagestemen zu diesem Thema empfand ich nur noch als ohne Ende verlogen.

dann gäbe es ja auch nicht mehr so viele dahinsiechende zu behandeln...

#622: Re: Mittelalterliche Rechtslage Autor: stepWohnort: Germering BeitragVerfasst am: 17.04.2019, 11:48
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fwo hat folgendes geschrieben:
HFRudolph hat folgendes geschrieben:
Die Föderation des Determinismus bringt heute einen Artikel heraus, der sich mit der Anhörung des Bundesverfassungsgerichts zu § 217 StGB befasst - ein kurzer Abriss.

Schöner Text, der die Beweggründe der anderen Seite auf das wesentliche reduziert.

Die Begründung dieses Gesetzes ist absolut anmaßend: Wir machen die Selbsttötung deshalb schwer, damit weniger es schaffen, deren Begründung uns beschämen würde, die also nicht der Schmerzen wegen sterben wollen, die sie nicht mehr aushalten können, oder nicht in der Sinnlosigkeit der Teilnahmslosigkeit verbleiben wollen, sondern sterben wollen, um nicht zur Last zu fallen. Als könnte das Gefühl, nur noch Last zu sein, keine Qual sein. Aber auch das ist ein eigenes Gefühl, eine eigene Entscheidungsgrundlage, in die mir niemand hereinzureden hat. Es ist, wenn er denn diesen Maßstab hat, höchstens an ihm, dieses Gefühl nicht aufkommen zu lassen - was aber weit außerhalb seiner Macht liegt.

Die Begründung klingt sooo edel. Aber ich empfinde sie um so widerlicher, je genauer ich hinsehe. Montgomery gestern in den Tagestemen zu diesem Thema empfand ich nur noch als ohne Ende verlogen.

Sehe ich sehr ähnlich. Menschen, die meinen zur Last zu fallen, wird vermittelt: "Du fällst zwar zur Last, aber wir müssen Dich am Leben halten, damit wir nicht schlecht dastehen" - viel besser wäre eine Kultur, in der einerseits mehr für zur Last fallende, aber lebenswillige Menschen getan/angeboten wird, andererseits aber auch eine Entscheidung zu sterben als sehr respektabel gilt - auch weil sie so viel freier stattfinden kann.

#623:  Autor: WilsonWohnort: Swift Tuttle BeitragVerfasst am: 17.04.2019, 11:58
    —
https://www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/gesundheitswirtschaft/article/913039/anderer-blick-oekonomisierung-medizin-nicht-unbedingt-schlecht.html

hier steht es nun:
Zitat:
Die Fakten sind beeindruckend. So ist die Bruttowertschöpfung der Gesundheitswirtschaft zwischen 2004 und 2015 um fast 50 Prozent auf 324 Milliarden Euro gestiegen, der Anteil an der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung von 10,6 auf zwölf Prozent. Im Jahresdurchschnitt wuchs die Gesundheitswirtschaft um 3,5 Prozent, die Gesamtwirtschaft schaffte es gerade auf 2,4 Prozent.

Die Dynamik der Gesundheitsversorgung ist dabei von Kontinuität geprägt und weist - im Unterschied zu anderen Branchen - eine hohe Robustheit gegen konjunkturelle Risiken auf: Brach die gesamtwirtschaftliche Wertschöpfung im Krisenjahr 2009 um 4,2 Prozent ein, so schaffte die Gesundheitswirtschaft ein Plus von 2,2 Prozent.



GESUNDHEITSWIRTSCHAFT! genau.

vermutliche ist einigen nicht klar, was an gesundheitlicher/medizinischer versorgung alles aktiviert werden kann, eben auch für sterbende:
transportdienste incl. rtw, bei akuter verschlechterung jedes mal und diagnostik, therapie, hilfsmittel, wie hygieneartikel, stomaversorgung ernährungspunpen, psychologische beratung, ambulante pflege, immense mengen an schmerzmitteln usw. ach und was mir noch alles nicht einfällt.

#624:  Autor: lucWohnort: Nice. Paris. Köln BeitragVerfasst am: 17.04.2019, 13:02
    —
Sterbehilfe ist eine Dienstleistung und eine Hilfeleistung wie jede Andere. Man sollte mit dem Tod nicht zu viel phantasieren und seine Probleme und Ängste auf andere projizieren. Viele sind sehr souverän gegenüber dem Tod und das ist gut so. Also regt euch ab und lasst die Leute selbst entscheiden, wann sie gehen wollen. Eine Last für andere will ich auch nicht sein und das ist durchaus legitim und rücksichtsvoll. Ich mache mich nicht sehr gerne breit.

#625:  Autor: HFRudolph BeitragVerfasst am: 17.04.2019, 13:38
    —
@fwo: danke.

Montgomery ist ja auch mein totaler Liebling. Ich habe lange gebraucht, um auch nur ansatzweise zu verstehen, was er überhaupt sagen will: Es gibt Menschen, die sehen die Thematik von außen, also z.B. als Arzt oder Angehöriger, der sich fragt, ob man jemandem zum Suizid raten soll, wenn die Möglichkeit zur Verfügung steht. Das soll aber niemand, das unter Strafe zu stellen, wäre ja möglicherweise erwägenswert.
Ganz anders sieht man das Thema aber, wenn man das aus Perspektive des eigenen möglichen Todes betrachtet. Montgomery z.B. schließt das entweder für sich selbst pauschal aus (ideologiebedingt) oder aber er sieht jedenfalls kein Problem darin, weil er sich selbst natürlich technisch-medizinisch helfen könnte und vermutlich auch an geeignete Mittel herankäme. Um solche Leute geht es aber gar nicht. Sondern es geht darum, ob Opa Müller die selben Rechte hat, wie Montgomery.

Und „Nicht-zur-Last-fallen-wollen“ als Motiv für Suizid habe ich nun noch gar nicht real gesehen.
Um ehrlich zu sein würde ich das dann tatsächlich als Indiz sehen, an Unzurechnungsfähigkeit zu denken, weil es so nicht plausibel erscheint. Dann muss man aber auch Vorkehrungen gegen den Strick an der Decke oder Suizid mit Mülleimertüte treffen, um es einmal brutal zu sagen.

Es geht im Prinzip immer nur um Methodenverfügbarkeit.

#626:  Autor: Marcellinus BeitragVerfasst am: 17.04.2019, 13:44
    —
luc hat folgendes geschrieben:
Sterbehilfe ist eine Dienstleistung und eine Hilfeleistung wie jede Andere. Man sollte mit dem Tod nicht zu viel phantasieren und seine Probleme und Ängste auf andere projizieren. Viele sind sehr souverän gegenüber dem Tod und das ist gut so. Also regt euch ab und lasst die Leute selbst entscheiden, wann sie gehen wollen. Eine Last für andere will ich auch nicht sein und das ist durchaus legitim und rücksichtsvoll. Ich mache mich nicht sehr gerne breit.

Und wer mal einen Blick in eine der Einrichtungn geworfen hat, die man beschönigend „Seniorenheime“ nennt, der weiß (oder könnte wissen), daß weit vor dem Augenblick, wo man anfängt, anderen zur Last zu fallen, man sich selbst zur Last fällt. Es ist einfach eines dieser Totschlagargumente, mit denen man meint, jede Debatte beenden zu können, die aber doch nur zeigen, daß man eigentlich gar keine Debatte will.

#627:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 17.04.2019, 15:02
    —
luc hat folgendes geschrieben:
Sterbehilfe ist eine Dienstleistung und eine Hilfeleistung wie jede Andere.


Die Beteiligten sehen es wohl anders.

#628:  Autor: lucWohnort: Nice. Paris. Köln BeitragVerfasst am: 17.04.2019, 15:07
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
luc hat folgendes geschrieben:
Sterbehilfe ist eine Dienstleistung und eine Hilfeleistung wie jede Andere.


Die Beteiligten sehen es wohl anders.


Welche Beteiligten? Die die auf eine Erlösung ihrer Schmerzen warten, und die keine Motivation mehr haben zu leben? Leben ist schön aber nur bis zu einem bestimmten Punkt und es muss einen Sinn für die Beteiligten haben. Ich weiss.... Mutter Theresa sagte: Schmerzen sind der Kuss von Jesus oder so einen Unsinn.


Zuletzt bearbeitet von luc am 17.04.2019, 15:09, insgesamt einmal bearbeitet

#629:  Autor: Samson83 BeitragVerfasst am: 17.04.2019, 15:09
    —
luc hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
luc hat folgendes geschrieben:
Sterbehilfe ist eine Dienstleistung und eine Hilfeleistung wie jede Andere.


Die Beteiligten sehen es wohl anders.


Welche Beteiligten? Die die auf eine Erlösung ihrer Schmerzen warten, und die keine Motivation mehr haben zu leben? Leben ist schön aber nur bis zu einem bestimmten Punkt und es muss einen Sinn für die Beteiligten haben.
Nein, die "Beteiligten", die die Sterbehilfe ausführen. Die sind zu schützen, z.B. darf die Ausführung weder im Allgemeinen noch im Einzelfall eine (ggf. auch arbeitsrechtlich) durchsetzbare Pflicht werden.

#630:  Autor: lucWohnort: Nice. Paris. Köln BeitragVerfasst am: 17.04.2019, 15:10
    —
Samson83 hat folgendes geschrieben:
luc hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:
luc hat folgendes geschrieben:
Sterbehilfe ist eine Dienstleistung und eine Hilfeleistung wie jede Andere.


Die Beteiligten sehen es wohl anders.


Welche Beteiligten? Die die auf eine Erlösung ihrer Schmerzen warten, und die keine Motivation mehr haben zu leben? Leben ist schön aber nur bis zu einem bestimmten Punkt und es muss einen Sinn für die Beteiligten haben.
Nein, die "Beteiligten", die die Sterbehilfe ausführen. Die sind zu schützen, z.B. darf die Ausführung weder im Allgemeinen noch im Einzelfall eine (ggf. auch arbeitsrechtlich) durchsetzbare Pflicht werden.


Ja, das stimmt. aber ich sehe auch keinen Unterschied zur Abtreibung. Kein Arzt ist dazu verpflichtet, eine Abtreibung vorzunehmen, wenn er es aus ethischen Gründen ablehnt, es sei denn, das Leben der Mutter ist in Gefahr.


Zuletzt bearbeitet von luc am 17.04.2019, 15:14, insgesamt einmal bearbeitet



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