Sprache und Diskriminierung
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Freigeisterhaus -> Kultur und Gesellschaft

#211:  Autor: AdvocatusDiaboliWohnort: München BeitragVerfasst am: 24.01.2013, 22:40
    —
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:

Wäre es unchristlich Dich mit "Dickerchen" anstatt als "Kramerchen" zu bezeichnen?


Von mir aus. Aber zurück zum Thema.

Wenn man die nicht rassistisch gemeinte Verwendung des Wortes "Neger" in einem Buch ändert, weil man davon ausgeht, dass der Autor kein Rassist war/ist, vereinnahmt man ihn dann nicht ungefragt für die eigene Position in der Frage, um die es hier geht?


Man sollte davon ausgehen, dass nicht Lieschen Müller Texte korigiert, sondern Sprachwissenschaftler, die auch wissen, welche Wörter, wann welche Bedeutung hatten.

Mal eine umgekehrte Bedeutungswandel.
Wenn jemand in einem Buch von 1970 "Geil" geschrieben hätte, und man läßt es bei eine Neuauflage stehen, geht wahrscheinlich der ganzen Sinn verloren.
Mußte man "spitz", "lüstern", oder "scharf" draus machen. (Vielleicht gibts noch was besseres) "Geil" auf jeden Fall nicht mehr, denn "geil" besitzt nicht mehr die gleiche Bedeutung wie in 1970, und die sollte man treffen.


Das hat nichts mit Sprache zu tun, sondern mit deinem Alter zwinkern

#212:  Autor: beachbernieWohnort: Haida Gwaii BeitragVerfasst am: 24.01.2013, 22:51
    —
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:

Wäre es unchristlich Dich mit "Dickerchen" anstatt als "Kramerchen" zu bezeichnen?


Von mir aus. Aber zurück zum Thema.

Wenn man die nicht rassistisch gemeinte Verwendung des Wortes "Neger" in einem Buch ändert, weil man davon ausgeht, dass der Autor kein Rassist war/ist, vereinnahmt man ihn dann nicht ungefragt für die eigene Position in der Frage, um die es hier geht?


Man sollte davon ausgehen, dass nicht Lieschen Müller Texte korigiert, sondern Sprachwissenschaftler, die auch wissen, welche Wörter, wann welche Bedeutung hatten.

Mal eine umgekehrte Bedeutungswandel.
Wenn jemand in einem Buch von 1970 "Geil" geschrieben hätte, und man läßt es bei eine Neuauflage stehen, geht wahrscheinlich der ganzen Sinn verloren.
Mußte man "spitz", "lüstern", oder "scharf" draus machen. (Vielleicht gibts noch was besseres) "Geil" auf jeden Fall nicht mehr, denn "geil" besitzt nicht mehr die gleiche Bedeutung wie in 1970, und die sollte man treffen.



Das Wort "geil" hat in seiner langen Geschichte schon einiges an Bedeutungswandel hinter sich gebracht.

Wer vor ein paar Hundert Jahren von einem "geilen Treiben" sprach, der meinte damit keine sexuellen Ausschweifungen, sondern nur ein harmloses "lustiges Fest".

Urspruenglich ging der Vokabel "geil" jeder sexuelle Inhalt ab. Heute ist es genau andersrum, "geil" ist eine rein sexuell befrachtete Vokabel. Merkwuerdigerweise ist das "lustig", das heutzutage fast exakt das Gleiche ausdrueckt wie frueher das "geil" von "Lust" abgeleitet und wuerde so von seiner Wurzel her eher dazu taugen das auszudruecken, was heute durch das "schmutzige" Wort "geil" ausgedrueckt wird.

Die Verwendung des Wortes "geil" in diversen modernen Subkulturen kommt demgegenueber seiner urspruenglichen Bedeutung wieder auffaellig nahe. Irgendwie scheint sich hier ein Kreis geschlossen zu haben.


Zuletzt bearbeitet von beachbernie am 24.01.2013, 22:51, insgesamt einmal bearbeitet

#213:  Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 24.01.2013, 22:51
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AdvocatusDiaboli hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
zelig hat folgendes geschrieben:

Wäre es unchristlich Dich mit "Dickerchen" anstatt als "Kramerchen" zu bezeichnen?


Von mir aus. Aber zurück zum Thema.

Wenn man die nicht rassistisch gemeinte Verwendung des Wortes "Neger" in einem Buch ändert, weil man davon ausgeht, dass der Autor kein Rassist war/ist, vereinnahmt man ihn dann nicht ungefragt für die eigene Position in der Frage, um die es hier geht?


Man sollte davon ausgehen, dass nicht Lieschen Müller Texte korigiert, sondern Sprachwissenschaftler, die auch wissen, welche Wörter, wann welche Bedeutung hatten.

Mal eine umgekehrte Bedeutungswandel.
Wenn jemand in einem Buch von 1970 "Geil" geschrieben hätte, und man läßt es bei eine Neuauflage stehen, geht wahrscheinlich der ganzen Sinn verloren.
Mußte man "spitz", "lüstern", oder "scharf" draus machen. (Vielleicht gibts noch was besseres) "Geil" auf jeden Fall nicht mehr, denn "geil" besitzt nicht mehr die gleiche Bedeutung wie in 1970, und die sollte man treffen.


Das hat nichts mit Sprache zu tun, sondern mit deinem Alter zwinkern


Nein, das stimmt nicht. Geil hat sich zum allgemeinen Sprachgebrauch gemausert. In 1970 nun wirklich nur für sexueller Geilheit, und gewiss nicht gesellschaftsfähig.

#214:  Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 24.01.2013, 22:57
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Zu Luthers Zeiten bedeutete "schlecht" "gut". Und nicht nur dieses Wort hatt seine Bedeutung umgekehrt.

Wers nicht glaubt: "Du Jane, ich Goethe". Eine Geschichte der Sprache, von Guy Deutscher.

#215:  Autor: AdvocatusDiaboliWohnort: München BeitragVerfasst am: 24.01.2013, 23:03
    —
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Zu Luthers Zeiten bedeutete "schlecht" "gut". Und nicht nur dieses Wort hatt seine Bedeutung umgekehrt.

Wers nicht glaubt: "Du Jane, ich Goethe". Eine Geschichte der Sprache, von Guy Deutscher.


Ah, ich hatte Dir das Buch glaub ich mal empfohlen...

#216:  Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 24.01.2013, 23:19
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AdvocatusDiaboli hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Zu Luthers Zeiten bedeutete "schlecht" "gut". Und nicht nur dieses Wort hatt seine Bedeutung umgekehrt.

Wers nicht glaubt: "Du Jane, ich Goethe". Eine Geschichte der Sprache, von Guy Deutscher.


Ah, ich hatte Dir das Buch glaub ich mal empfohlen...


Nein, das kenne ich aus eine Radiobesprechung.

"Die feinen Unterschiede". Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft, von Pierre Bourdieu, habe ich von dir empfohlen bekommen.

#217:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 24.01.2013, 23:33
    —
vrolijke hat folgendes geschrieben:
AdvocatusDiaboli hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Zu Luthers Zeiten bedeutete "schlecht" "gut". Und nicht nur dieses Wort hatt seine Bedeutung umgekehrt.

Wers nicht glaubt: "Du Jane, ich Goethe". Eine Geschichte der Sprache, von Guy Deutscher.


Ah, ich hatte Dir das Buch glaub ich mal empfohlen...


Nein, das kenne ich aus eine Radiobesprechung.

"Die feinen Unterschiede". Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft, von Pierre Bourdieu, habe ich von dir empfohlen bekommen.


Ach deshalb liest du das. Und ich hatte mich schon gewundert.

#218:  Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 24.01.2013, 23:35
    —
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
AdvocatusDiaboli hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Zu Luthers Zeiten bedeutete "schlecht" "gut". Und nicht nur dieses Wort hatt seine Bedeutung umgekehrt.

Wers nicht glaubt: "Du Jane, ich Goethe". Eine Geschichte der Sprache, von Guy Deutscher.


Ah, ich hatte Dir das Buch glaub ich mal empfohlen...


Nein, das kenne ich aus eine Radiobesprechung.

"Die feinen Unterschiede". Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft, von Pierre Bourdieu, habe ich von dir empfohlen bekommen.


Ach deshalb liest du das. Und ich hatte mich schon gewundert.


Son Blödsinn. Ich lese das nicht weil mir das empfohlen wurde, sondern, weil wir drüber gesprochen haben, und ich es interessant fand. Aber das gehört nun wirklich nicht hierher.
Hätst Du mir per PN schreiben können. Sowie noch eventuellen Senf, der noch kommen könnte Deinerseits.

#219:  Autor: MisterfritzWohnort: badisch sibirien BeitragVerfasst am: 24.01.2013, 23:36
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beachbernie hat folgendes geschrieben:
Das Wort "geil" hat in seiner langen Geschichte schon einiges an Bedeutungswandel hinter sich gebracht.

richtig,
aber deshalb ist das wort "geil" als vergleich sehr schlecht gewählt, denn das wort "neger" bezeichnet jetzt nicht einen anderen menschen, als einen mit schwarzer hautfarbe.

und ich denke schon, dass kinder verstehen können, dass die leute früher menschen mit schwarzer/dunkler hautfarbe eben "neger" genannt haben, weil das damals so üblich war. nicht das wort "neger" ist das problem, sondern leute, die meinen, es gehöre nicht in ein ca. 60(?) jahre altes kinderbuch, das heute genauso populär ist, wie damals - oder vieleicht sogar populärer, weil kinder das einfach heutzutage lesen dürfen zwinkern

#220:  Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 24.01.2013, 23:39
    —
Misterfritz hat folgendes geschrieben:
beachbernie hat folgendes geschrieben:
Das Wort "geil" hat in seiner langen Geschichte schon einiges an Bedeutungswandel hinter sich gebracht.

richtig,
aber deshalb ist das wort "geil" als vergleich sehr schlecht gewählt, denn das wort "neger" bezeichnet jetzt nicht einen anderen menschen, als einen mit schwarzer hautfarbe.

und ich denke schon, dass kinder verstehen können, dass die leute früher menschen mit schwarzer/dunkler hautfarbe eben "neger" genannt haben, weil das damals so üblich war. nicht das wort "neger" ist das problem, sondern leute, die meinen, es gehöre nicht in ein ca. 60(?) jahre altes kinderbuch, das heute genauso populär ist, wie damals - oder vieleicht sogar populärer, weil kinder das einfach heutzutage lesen dürfen zwinkern


Kann sein.
Sag ich doch. Da müssen Leute ran, die schon ziemlich genau wissen, was welches Wort in welche Zeit für eine Bedeutung hatte.
Und welches Ziel ein Buch hat.

#221:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 24.01.2013, 23:40
    —
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
AdvocatusDiaboli hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Zu Luthers Zeiten bedeutete "schlecht" "gut". Und nicht nur dieses Wort hatt seine Bedeutung umgekehrt.

Wers nicht glaubt: "Du Jane, ich Goethe". Eine Geschichte der Sprache, von Guy Deutscher.


Ah, ich hatte Dir das Buch glaub ich mal empfohlen...


Nein, das kenne ich aus eine Radiobesprechung.

"Die feinen Unterschiede". Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft, von Pierre Bourdieu, habe ich von dir empfohlen bekommen.


Ach deshalb liest du das. Und ich hatte mich schon gewundert.


Son Blödsinn. Ich lese das nicht weil mir das empfohlen wurde, sondern, weil wir drüber gesprochen haben, und ich es interessant fand. Aber das gehört nun wirklich nicht hierher.
Hätst Du mir per PN schreiben können. Sowie noch eventuellen Senf, der noch kommen könnte Deinerseits.


Wollte dich nur ein bisschen triezen. Cool

Was Buchtipps betrifft, vertraue ich ad voll und ganz.

#222:  Autor: AdvocatusDiaboliWohnort: München BeitragVerfasst am: 24.01.2013, 23:43
    —
vrolijke hat folgendes geschrieben:
AdvocatusDiaboli hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Zu Luthers Zeiten bedeutete "schlecht" "gut". Und nicht nur dieses Wort hatt seine Bedeutung umgekehrt.

Wers nicht glaubt: "Du Jane, ich Goethe". Eine Geschichte der Sprache, von Guy Deutscher.


Ah, ich hatte Dir das Buch glaub ich mal empfohlen...


Nein, das kenne ich aus eine Radiobesprechung.

"Die feinen Unterschiede". Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft, von Pierre Bourdieu, habe ich von dir empfohlen bekommen.


http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=1703695#1703695 Gott vergisst, Addi nie. zwinkern

#223:  Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 24.01.2013, 23:47
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AdvocatusDiaboli hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
AdvocatusDiaboli hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Zu Luthers Zeiten bedeutete "schlecht" "gut". Und nicht nur dieses Wort hatt seine Bedeutung umgekehrt.

Wers nicht glaubt: "Du Jane, ich Goethe". Eine Geschichte der Sprache, von Guy Deutscher.


Ah, ich hatte Dir das Buch glaub ich mal empfohlen...


Nein, das kenne ich aus eine Radiobesprechung.

"Die feinen Unterschiede". Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft, von Pierre Bourdieu, habe ich von dir empfohlen bekommen.


http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=1703695#1703695 Gott vergisst, Addi nie. zwinkern


Verlegen Mein Gedächtniss war noch nie gut. Sorry.

#224:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 25.01.2013, 01:43
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vrolijke hat folgendes geschrieben:

Man sollte davon ausgehen, dass nicht Lieschen Müller Texte korigiert, sondern Sprachwissenschaftler, die auch wissen, welche Wörter, wann welche Bedeutung hatten.


Es ist nicht Aufgabe von Sprachwissenschaftlern, Texte umzuschreiben. Das ist ja so, als würden Kulturwissenschaftler die sixtinische Kapelle umgestalten, weil sie nicht mehr zeitgemäss ist.

Zitat:
Mal eine umgekehrte Bedeutungswandel.
Wenn jemand in einem Buch von 1970 "Geil" geschrieben hätte, und man läßt es bei eine Neuauflage stehen, geht wahrscheinlich der ganzen Sinn verloren.
Mußte man "spitz", "lüstern", oder "scharf" draus machen. (Vielleicht gibts noch was besseres) "Geil" auf jeden Fall nicht mehr, denn "geil" besitzt nicht mehr die gleiche Bedeutung wie in 1970, und die sollte man treffen.


"Geil" bedeutet immer noch lüstern. Es sind andere Bedeutungen hinzu gekommen, aber die haben die alte nicht verdrängt.

#225:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 25.01.2013, 07:49
    —
Naja, es wäre vor wenigen Jahrzehnten noch undenkbar gewesen, "geil" in der normalen Umgangssprache zu verwenden, da es ausschlielich sexuell konnotiert war. Inziwschen ist es primär ein Ausdruck der Anerkennung, wobei der Bezug zum geilen Objekt irgendwie körperlich, sinnlich ist. Es nimmt also nicht Wunder, daß diese Art der Bekenntnis in Zeiten der Körperfeindlichkeit und sexueller Verklemmung nicht akzeptabel war.

Übrigens, wenn ich es noch richtig weiß, "geil", "vergeilen" kommt aus der Pflanzenwelt, wenn eine Pflanze nicht ausreichend Licht bekommt, und sie schnell, übermäßig lang und blass wächst. Und ich habe es so in Erinnerung, daß diese Bedeutung vor langer Zeit die ursprüngliche war.

edit: klar, "geil" ist die sinnliche hingezogenheit


Zuletzt bearbeitet von zelig am 25.01.2013, 07:53, insgesamt einmal bearbeitet

#226:  Autor: Navigator2 BeitragVerfasst am: 25.01.2013, 07:51
    —
Tom der Dino hat folgendes geschrieben:
Navi, benutzt du diesen Thread um Schimpfworte abzulassen?


Nö - wieso kommst du zu diesem Eindruck?

nv.

#227:  Autor: fwoWohnort: im Speckgürtel BeitragVerfasst am: 25.01.2013, 10:41
    —
zelig hat folgendes geschrieben:
Naja, es wäre vor wenigen Jahrzehnten noch undenkbar gewesen, "geil" in der normalen Umgangssprache zu verwenden, da es ausschließlich sexuell konnotiert war. Inzwischen ist es primär ein Ausdruck der Anerkennung, wobei der Bezug zum geilen Objekt irgendwie körperlich, sinnlich ist. Es nimmt also nicht Wunder, daß diese Art der Bekenntnis in Zeiten der Körperfeindlichkeit und sexueller Verklemmung nicht akzeptabel war.

Übrigens, wenn ich es noch richtig weiß, "geil", "vergeilen" kommt aus der Pflanzenwelt, wenn eine Pflanze nicht ausreichend Licht bekommt, und sie schnell, übermäßig lang und blass wächst. Und ich habe es so in Erinnerung, daß diese Bedeutung vor langer Zeit die ursprüngliche war.

edit: klar, "geil" ist die sinnliche hingezogenheit

Nö. Ich hab jetzt nachgesehen, weil ich mich etwas anders erinnere, deshalb ein kurzer Hinweis aus der Dudeneredaktion (Herkunftsduden in der Ausgabe von 63, Universalduden von 89), zum Schluss auch noch Wikipedia.
Wortstamm gil: gären aufschäumen, ürsprüngliche Bedeutung gärend, aufschäumend, dann erregt, heftig. mhd. ahd. : kraftvoll, üppig, lustig, fröhlich.

Der eindeutig sexuelle Bezug existiert in der Jägersprache, in der die Geilheit der Hoden des Wildes ist. Auch aus der Häufigkeit der Wendung "geiler Bock" kann man vermuten, dass die zeitweise eindeutige Bedeutung brünstig aus der Jägersprache in die Umgangssprache gekommen ist.

Aber spätestens Ende der 60er war geil bereits in der Jugensprache für alles was man toll fand - unsere Deutschlehrer haben sich regelmäßig über dieses Adjektiv aufgeregt, und ich hatte eben sofort die Gesichter dreier Spezialisten aus meiner Klasse vor Augen, bei denen alles nur geil war. Da hinkt Wikipedia also etwas hinterher oder wir waren Avantgarde - was ich nicht glaube.

Die gärtnerische Verwendung kenne ich natürlich auch (Kunststück, ich bin in einem traditionellen Baumschulengebiet aufgewachsen), an der Stelle wäre ich übrigens vorsichtig mit der Deutung, die Wikipedia für den Bedeutungswandel anbietet:
Zitat:
Mit geil werden bereits seit dem 15. Jahrhundert auch die senkrecht nach oben stehenden Triebe von Bäumen bezeichnet („Vergeilung“). Offenbar wurde dies mit dem erigierten Geschlechtsteil des Mannes assoziiert, so dass geil auch in der Bedeutung „lüstern“, „sexuell erregt“ verwendet wurde, eine Bedeutung, die schließlich bis hinein in das 20. Jahrhundert die vorherrschende bildete.

Nicht nur, dass diese Trieb auch Angsttriebe genannt werden, bei den Winzern sind die Geiltriebe die unfruchtbaren Triebe im Altholz. Ich tippe mehr auf die Bedeutung wuchernd für diesen Gebrauch.

Die sexuelle Bedeutung ergibt sich auch ohne die Phalluszentrierung ganz zwanglos aus dem Anfang: ürsprüngliche Bedeutung gärend, aufschäumend, dann erregt, heftig.

fwo

#228:  Autor: zelig BeitragVerfasst am: 25.01.2013, 12:04
    —
Nö. Schau mal bei Grimm nach.

#229:  Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 25.01.2013, 12:55
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:

Man sollte davon ausgehen, dass nicht Lieschen Müller Texte korigiert, sondern Sprachwissenschaftler, die auch wissen, welche Wörter, wann welche Bedeutung hatten.


Es ist nicht Aufgabe von Sprachwissenschaftlern, Texte umzuschreiben. Das ist ja so, als würden Kulturwissenschaftler die sixtinische Kapelle umgestalten, weil sie nicht mehr zeitgemäss ist.




Eben nicht "umschreiben". Sondern so bearbeiten, dass sie ihre gleiche Bedeutung behalten.

Texte werden in der Regel verfasst, um Informationen mitzuteilen.

#230:  Autor: ShadaikWohnort: MG BeitragVerfasst am: 25.01.2013, 13:11
    —
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
Shadaik hat folgendes geschrieben:
AdvocatusDiaboli hat folgendes geschrieben:
Sprache wird immer und nur durch Menschen geändert - unbewusst UND bewusst. Ohne Eingriffe in die Sprache z. B. durch Adelung sähe unsere Sprache anders aus. Man darf auch über Sprache und ihre Nutzung streiten. Ich schütze nicht die Sprache, sondern Menschen. Du willst Sprache festmeisseln.
Ich verstehe nicht einmal annähernd, wovon du sprichst, wenn du "Adelung" ansprichst.

Adelung
Achsooooooo, Personenname! noc

Naja, dass ein Sprachwandel durch bewusste Intervention möglich ist, bestreite ich ja gar nicht. "Neger" ist dafür durchaus ein Beispiel.
Die Frage ist aber, ob er im Einzelfall legitim ist. Zur Klarstellung: Mir geht es nicht darum, den Neger zurückhaben zu wollen. Der Schaden in dieser Geschichte ist angerichtet, da macht man jetzt nichts mehr dran. Allen wurde eingeredet, das sei rassistisch, also ist es das jetzt, denn so funktioniert Sprache halt, als Konsens. Es geht mir um die Frage, ob die Diskreditierung des Wortes ursprünglich überhaupt gerechtfertigt und die Art des Eingriffes somit legitim war.
Und das sehe ich ganz einfach nicht.

#231:  Autor: ShadaikWohnort: MG BeitragVerfasst am: 25.01.2013, 13:14
    —
Misterfritz hat folgendes geschrieben:
beachbernie hat folgendes geschrieben:
Das Wort "geil" hat in seiner langen Geschichte schon einiges an Bedeutungswandel hinter sich gebracht.

richtig,
aber deshalb ist das wort "geil" als vergleich sehr schlecht gewählt, denn das wort "neger" bezeichnet jetzt nicht einen anderen menschen, als einen mit schwarzer hautfarbe.

und ich denke schon, dass kinder verstehen können, dass die leute früher menschen mit schwarzer/dunkler hautfarbe eben "neger" genannt haben, weil das damals so üblich war. nicht das wort "neger" ist das problem, sondern leute, die meinen, es gehöre nicht in ein ca. 60(?) jahre altes kinderbuch, das heute genauso populär ist, wie damals - oder vieleicht sogar populärer, weil kinder das einfach heutzutage lesen dürfen zwinkern
Zu diesen Leuten gehört übrigens Ottfried Preußler, der hat die Änderung abgesegnet.

#232:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 25.01.2013, 16:47
    —
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Texte werden in der Regel verfasst, um Informationen mitzuteilen.


Ich dachte, wir reden hier über Literatur.

#233:  Autor: MisterfritzWohnort: badisch sibirien BeitragVerfasst am: 25.01.2013, 16:59
    —
Shadaik hat folgendes geschrieben:
Misterfritz hat folgendes geschrieben:
beachbernie hat folgendes geschrieben:
Das Wort "geil" hat in seiner langen Geschichte schon einiges an Bedeutungswandel hinter sich gebracht.

richtig,
aber deshalb ist das wort "geil" als vergleich sehr schlecht gewählt, denn das wort "neger" bezeichnet jetzt nicht einen anderen menschen, als einen mit schwarzer hautfarbe.

und ich denke schon, dass kinder verstehen können, dass die leute früher menschen mit schwarzer/dunkler hautfarbe eben "neger" genannt haben, weil das damals so üblich war. nicht das wort "neger" ist das problem, sondern leute, die meinen, es gehöre nicht in ein ca. 60(?) jahre altes kinderbuch, das heute genauso populär ist, wie damals - oder vieleicht sogar populärer, weil kinder das einfach heutzutage lesen dürfen zwinkern
Zu diesen Leuten gehört übrigens Ottfried Preußler, der hat die Änderung abgesegnet.

nachdem er sich aber lange dagagen gestemmt hat!

#234:  Autor: vrolijkeWohnort: Stuttgart BeitragVerfasst am: 25.01.2013, 17:10
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
vrolijke hat folgendes geschrieben:
Texte werden in der Regel verfasst, um Informationen mitzuteilen.


Ich dachte, wir reden hier über Literatur.


Auch Literatur dient dazu, Information mitzuteilen.

Emotionen vermitteln, und Gefühle rüberbringen ist im Prinzip nichts anderes, als Information mitteilen.
Und manche Wörter transportieren nun mal andere Gefühle oder Emotionen, in unterschiedliche Zeiten.

#235:  Autor: DesperadoxWohnort: Hamburg BeitragVerfasst am: 25.01.2013, 17:24
    —
Ich will die "Negerküsse" wiederhaben. zornig

#236:  Autor: Kramer BeitragVerfasst am: 25.01.2013, 20:22
    —
vrolijke hat folgendes geschrieben:

Auch Literatur dient dazu, Information mitzuteilen.


Das tut sie, wenn es sich um Sachtexte handelt. Ansonsten tut sie es vielleicht, manchmal, nebenbei... Literatur ist mehr als reine Informationsvermittlung.

Zitat:
Emotionen vermitteln, und Gefühle rüberbringen ist im Prinzip nichts anderes, als Information mitteilen.
Und manche Wörter transportieren nun mal andere Gefühle oder Emotionen, in unterschiedliche Zeiten.


Wer die Gefühlswelt der Gegenwart in heutiger Sprache in der Literatur sucht, der sollte sich dafür aktueller literarischer Erzeugnisse bedienen. Wer Goethes Werther liest, muss sich darauf einstellen, mit der Gefühls- und Gedankenwelt einer anderen Zeit in der Sprache dieser Zeit konfrontiert zu werden.

#237: Wer ist die Zielgruppe? Autor: Commander VimesWohnort: Ankh-Morpork BeitragVerfasst am: 26.01.2013, 12:18
    —
Man muss hier schon etwas unterscheiden, welche Literatur denn verändert werden soll. Niemand käme auf die Idee, Mann, Hesse oder Kafka zu ändern. Das istcaber auch Literatur für Erwachsene. Man kann davon ausgehen, dass die Leser soweit mündig sind, dass sie die Wortwahl in den historischen Kontext einordnen können.

Preußlers Werje sind aber Bücher für (kleine) Kinder. Der Hotzenplotz wurde mir im Kindergarten vorgelesen, die kleine Hexe kam in der Grundschule dran. Sowas wird als Gute-Nacht-Geschichte vorgelesen. Von kleinen Kindern kann man eben nicht erwarten, dass sie den Wandel der Wortbedeutung kennen oder erkennen. Da halte ich es nicht für besonders schlau, ihnen solche Wörter beizubringen. Wie will man kleinen Kindern verständlich machen, dass sie gewisse (Schimpf)Wörter nicht verwenden sollen, wenn man ihnen dann genau solche Wörter vorm Zubettgehen vorliest?

Und es wurde schon erwähnt: eine Zensur liegt nicht vor, die alten Ausgaben werden nicht verboten.

#238:  Autor: Mad Magic BeitragVerfasst am: 26.01.2013, 12:18
    —
Kramer hat folgendes geschrieben:
Wer die Gefühlswelt der Gegenwart in heutiger Sprache in der Literatur sucht, der sollte sich dafür aktueller literarischer Erzeugnisse bedienen. Wer Goethes Werther liest, muss sich darauf einstellen, mit der Gefühls- und Gedankenwelt einer anderen Zeit in der Sprache dieser Zeit konfrontiert zu werden.

Genau und wer die Gefühlswelt vergangener Generationen nachempfinden möchte, kann dies über damals aktuelle Literatur tun. Dafür muss sie im original erhalten bleiben. Selbstverständlich möchte ich selber "herauslesen" können, welches Weltbild ein verblichener Autor hatte. Wenn dessen Werke "korrigiert" werden, nenne ich das Manipulation oder gar Zensur, die mir diese Freiheit nimmt.

Im Übrigen müssen wir ja mittlerweile wirklich eine derart perfekte Gesellschaft sein, für die es nicht mehr viel anderes zu tun gibt, als sich um angebliche Sprachkorrekturen vergangener Werke zu kümmern. Was für eine lächerliche Farce an Astrid Lindgren oder Mark Twain herumzumäkeln in Anbetracht dessen, was heutzutage durch vielfältige Medien transportiert wird...

#239:  Autor: SkeptikerWohnort: 129 Goosebumpsville BeitragVerfasst am: 26.01.2013, 12:20
    —
Mad Magic hat folgendes geschrieben:
Kramer hat folgendes geschrieben:
Wer die Gefühlswelt der Gegenwart in heutiger Sprache in der Literatur sucht, der sollte sich dafür aktueller literarischer Erzeugnisse bedienen. Wer Goethes Werther liest, muss sich darauf einstellen, mit der Gefühls- und Gedankenwelt einer anderen Zeit in der Sprache dieser Zeit konfrontiert zu werden.

Genau und wer die Gefühlswelt vergangener Generationen nachempfinden möchte, kann dies über damals aktuelle Literatur tun. Dafür muss sie im original erhalten bleiben. Selbstverständlich möchte ich selber "herauslesen" können, welches Weltbild ein verblichener Autor hatte. Wenn dessen Werke "korrigiert" werden, nenne ich das Manipulation oder gar Zensur, die mir diese Freiheit nimmt.

Im Übrigen müssen wir ja mittlerweile wirklich eine derart perfekte Gesellschaft sein, für die es nicht mehr viel anderes zu tun gibt, als sich um angebliche Sprachkorrekturen vergangener Werke zu kümmern. Was für eine lächerliche Farce an Astrid Lindgren oder Mark Twain herumzumäkeln in Anbetracht dessen, was heutzutage durch vielfältige Medien transportiert wird...


Tja, das ist immerhin die symbolische Verbesserung der Welt ...- zwinkern

#240:  Autor: Commander VimesWohnort: Ankh-Morpork BeitragVerfasst am: 26.01.2013, 12:24
    —
Mark Twain zu verändern und bei huck Finn den "Nigger" zu streichen, halte ich aber für Blödsinn. Schließlich befasst Sich Twain ja gerade auch mit dem Thema Rassismus in all seiner Hässlichkeit. Da ist die Entschärfung kontraproduktiv.



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