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Mehr Häme fürs Opfer als für den Täter
Schon mit dem Wort Sexismus tun wir uns schwer. Es scheint beinahe ein Unwort zu sein. Wer es gebraucht und weiblich ist, kann ganz leise im Hinterkopf Begriffe wie "Kampf-Emanze" mitschwingen hören. Wer in den vergangenen Tagen einen Blick in die sozialen Netzwerke geworfen hat, konnte Reaktionen dieser Art zu Hauf beobachten: "Ist das die Story hinter der Story? Ist #stern-Mitarbeiterin Laura #Himmelreich eine Emanze?" Oder: Frau #Himmelreich empört sich über ein Kompliment eines #Spitzbuben. Wahrscheinlich bekommt sie selten welche." Da ist es kein Wunder, wenn kaum eine Frau öffentlich über Sexismus spricht. Hinzu kommt: "Frauen, die sexuell belästigt werden, ist das selbst oft peinlich", sagt Esther Lehnert von der Frauenberatungstelle Lara in Berlin. Die meisten Frauen schieben das lieber weg, verdrängen und bagatellisieren es. Nicht zuletzt, weil dem Opfer oft mehr Häme und Verachtung entgegengebracht werde als dem Täter. |
Rohrspatz hat folgendes geschrieben: |
Ich habe den #aufschrei-Hashtag zum Teil verfolgt. Interessant finde ich immer wieder, dass Frauen, die über Sexismus sprechen, unglaublich viel Aggression erfahren.
Nichts gegen Männer, die unter dem Hashtag von eigenen Erlebnissen berichtet haben. Übergriffige Frauen sind natürlich ebenfalls nicht ok. Aber das automatisierte herunter Spielen von Erlebnissen, die in der Masse ein wichtiges und diskussionswürdiges gesellschaftliches Phänomen darstellen, finde ich schon... bescheiden. Es sind nämlich nicht die Minderheit von eingefleischten Sexisten, die Sexismus "normal" werden lassen, sondern es ist das Klima, in dem Frauen nicht mehr drüber sprechen, weil sie spüren, dass dies unerwünscht ist. Es sind Dulder, die Alltagssexismus ermöglichen. Und "Bros", die Sexismus herunter spielen, weil... naja, weil die Täter halt Bros sind. Dabei geht es auch anders. Viele Männer möchten nicht, dass Frauen ihr Verhalten einschränken, weil Idioten Street Harassment und andere Formen der Objektifizierung als Instrument der Macht missbrauchen. Das ist es nämlich. Es ist kein aufrichtiges Interesse an einer Frau, weswegen jeder heterosexuelle Mann Angst haben müsse, selbst für einen Sexisten gehalten zu werden. Nein. Es gibt keine fließende Grenze zwischen "ich habe Interesse an dir" und "du bist ein sexuelles Objekt und ich signalisiere dir, dass ich frei über dich verfügen kann". Vielleicht wird dieser Unterschied durch diese Debatte endlich deutlicher, so dass die Thematisierung von Sexismus eben nicht mehr als ein Generalverdacht gegen Männer verstanden wird. Vielleicht auch nicht. Das Internet ist halt doch irgendwo ne Parallelwelt. |
pera hat folgendes geschrieben: |
Mir ist leider noch nichts klarer geworden.
Es gibt keine fließende Grenze zwischen "ich habe Interesse an dir" und "du bist ein sexuelles Objekt und ich signalisiere dir, dass ich frei über dich verfügen kann". Wenns keine fließenden Grenzen gibt, dann eben starre. (Du meinst ja wohl nicht keine) Und dann? Wie sind sie festgelegt? Wo ist der Katalog mit Redewendungen, Gesten und Mimik, der mir sagt was in welche Kategorie fällt? (Aber, ich hoffe doch sehr, dass dieser Thread nicht ausartet.) |
Religionskritik-Wiesbaden hat folgendes geschrieben: |
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Zum Fall Brüderle: Er hat sich einfach nur tollpatschig benommen, dumm - ach - 'benommen' sollte man hier vielleicht gar nicht verwenden. Das Brüderle bei der Stern-Dame ihre scheinbar busigen Vorteile im Gespräch flapsig hervorholt - tcha, dumm aber puh - Brüderle gehört vielleicht auch zu den Männchen, die nicht nur Starren sondern auch mal tolldreist den ersten Schritt versuchen zu wagen, und wenn man nun also sich vielleicht fragt, ob denn 'vielleicht' die Dame Brüderle einen Anlass hierzu gab, weil sie vielleicht in ihrer Abendgaderobe ihre Oberweite besonders herausputzte, oder aber sie im Moment besonders Atmete, so das Brüderle als wenn auch betagtes Männchen einfach nur noch tollpatschig, gierig, alles Benehmen vergessend, erben übergriffig wurde, wie bisher nur aus der Opferperspektive geschildert, ja dann was? Hier wird es nun glatt - denn nun schlüpft man in die Strategie auch der Vergewaltiger - die sich mit der sie aufreizenden Kleidung ihrer Opfer herausreden und dem Opfer eine Mitschuld einreden wollen - und sich entlasten. Aber glatt ist es auch für das Opfer im Fall Brüderle - sich erst nach einem Jahr melden, erst, als Brüderle mit neuem Amt bedacht, erst dann, warum eigentlich erst jetzt? Per se werden im Falle von Sexismusvorwürfen aktuell immer die böse Buben Karten dem männlichen Geschlecht zu gewiesen, warum eigentlich? Es schadet schließlich auch nicht, wenn sich das andere Geschlecht fragt, was sie denn dazu Beitrug, dass es zur Eskalation auf der anderen Seite des Geschlechts kam. Ist es denn jedes Opfer gleich rein und unschuldig. Sind nicht die auch sexistisch - die per se rüpelhaften Männern einen Sexismus unterstellen - den sie unbewußt oder gar bewußt weckten? |
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Der Hauptvorwurf ist der Zeitpunkt der Veröffentlichung ihrer Geschichte: Die geschilderten Erlebnisse liegen schon etwa ein Jahr zurück. Dass der "Stern" die Geschichte jetzt veröffentliche, wenn Brüderle eine neue, herausragende Position einnehme, sei durchsichtig und primitiv, sagte beispielsweise der FDP-Bundestagsabgeordnete Rainer Stinner. Der SPD-Politiker Sebastian Edathy warf Himmelreich vor, sie könne nicht ernsthaft davon ausgegangen sein, um Mitternacht an der Hotelbar ein offizielles Gespräch mit einem Politiker zu führen. |
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Natürlich gehöre es zum Journalistenberuf, bei solchen informellen Treffen anwesend zu sein. Man könne sich die Uhrzeiten eben nicht aussuchen, wenn man oft stundenlang auf Politiker warten müsse. "Wenn ein Politiker dann ein Bier trinkt, muss er sich trotzdem bewusst sein, dass er sich in einer öffentlichen Situation befindet. In welchem Land leben wir denn, wenn hier suggeriert wird, dass Frauen sich um 23.00 Uhr verabschieden müssen?" |
Rohrspatz hat folgendes geschrieben: | ||
Die Grenze ist die Intention. Wenn ein Mann einer Frau auf Augenhöhe begegnet, dann wird er automatisch gucken, aber nicht starren, (angemessene Situation voraus gesetzt) berühren, aber nicht grabschen, enttäuscht sein, wenn die Frau auf ein Kompliment nicht eingeht, aber nicht wütend werden... usw. |
Shevek hat folgendes geschrieben: |
Mir fällt keine Situation ein, in der ich als Sexobjekt behandelt werden möchte. |
Rohrspatz hat folgendes geschrieben: |
... Es ist kein aufrichtiges Interesse an einer Frau, weswegen jeder heterosexuelle Mann Angst haben müsse, selbst für einen Sexisten gehalten zu werden. Nein. Es gibt keine fließende Grenze zwischen "ich habe Interesse an dir" und "du bist ein sexuelles Objekt und ich signalisiere dir, dass ich frei über dich verfügen kann". |
Rohrspatz hat folgendes geschrieben: | ||
Stimmt. |
step hat folgendes geschrieben: |
Zu den "roten Linien": Brüderle ist natürlich klar. Aber sollen z.B. Mädchen in der Umkleide noch über gut gebaute Jungs tuscheln dürfen, oder sollen sie sich dabei sexistsch fühlen? |
Skeptiker hat folgendes geschrieben: |
Und die Frau wiederum kann doch auch sagen: "Hey, Brüderle, du bist mir zu alt und hässlich!" Wo ist das Problem? |
step hat folgendes geschrieben: |
Es gibt eine Grauzone, in der beispielsweise ein rein körperliches Interesse liegt. Interesse an der Frau als Person ist mW entwicklungsgeschichtlich viel jünger als der sexuelle Verfügbarkeitswunsch. Und es ist teilweise asymmetrisch, das Interesse der Frau an über rein Körperliches hinausgehende Aspekte des Mannes ist - aufgrund der Kosten der Schwangerschaft für die Frau - vermutlich älter als umgekehrt. Ich will da jetzt keine große Theorie aufziehen oder gar naturrechtlich rechtfertigen. Aber wenn wir heute gegen Sexismus und agieren (weil wir als aufgeklärte Gesellschaft gute ethische Gründe dafür haben), dann agieren wir immer auch ein Stück gegen archaische Verhaltensweisen. Ich fände es unehrlich, das zu leugnen. |
Skeptiker hat folgendes geschrieben: |
Und die Frau wiederum kann doch auch sagen: "Hey, Brüderle, du bist mir zu alt und hässlich!" Wo ist das Problem? |
step hat folgendes geschrieben: | ||
Das Problem liegt darin, daß das Gefühl unangenehmer Berührtheit schon vorher eintritt. |
astarte hat folgendes geschrieben: | ||||
Ich weiß nicht, ob alle Frauen als "als Sexobjekt behandelt werden" gleich definieren. Ich finde überhaupt nicht jedes Kompliment über mein Aussehen unangenehm. |
Shevek hat folgendes geschrieben: | ||
Seine Machtstellung und die Höflichkeit die Frauen immer noch viel zu sehr anerzogen wird. Aber stimmt, ein klarer ehrlicher Umgang von Frauen würde wohl einiges an Problemen lösen: "Junge, du bist ne Witzfigur, mit die schlafe ich nicht" müsste wohl öfter mal ausgesprochen werden. |
Skeptiker hat folgendes geschrieben: |
Andererseits hängt diese unangenehme Berührtheit m.E. auch mit Brüderles genannten äußerlichen Eigenschaften zusammen. (Möglicher Weise.) |
Shevek hat folgendes geschrieben: | ||||||
Es ist auch nicht jedes Kompliment über das aussehen ein behandeln als Sexobjekt. |
Shevek hat folgendes geschrieben: |
Das Frauen davon abhängig seien, dass der Mann der sie schwängert später bleibt und bei der Aufzucht hilft, ... |
astarte hat folgendes geschrieben: | ||||||||
Welche sind es, welche nicht? Ich bleibe dabei, es kommt auf die Situtaion an. Im fachlichen und beruflichen Gespräch hat es gar nichts verloren (sagt denn der Chef zum männlichen Angestellten, "ach diese Hemdfarbe schmeichelt ihrem Teint aber ungemein"? ) In privatem Umfeld kommt es sehr auf den Ton und die Interaktion an, und da sind die Grenzen schon eher schwer festzulegen. |
step hat folgendes geschrieben: | ||
Ich habe nicht behauptet, daß die Frau davon abhängig gewesen oder daß es überhaupt um die Frau (und den Mann) gegangen sei. Vor dem Primat der Kultur des Individuums ging es v.a. (und weitgehend ohne Intention) darum, daß die Überlebenschancen des Kindes dadurch besser waren. |
step hat folgendes geschrieben: | ||
Mit dieser Aussage - jedenfalls so wie sie da steht - habe ich ein gewisses Problem. Meines Erachtens gibt es diese fließende Grenze letztlich schon, auch wenn wir es vielleicht lieber anders hätten. Es gibt eine Grauzone, in der beispielsweise ein rein körperliches Interesse liegt. Interesse an der Frau als Person ist mW entwicklungsgeschichtlich viel jünger als der sexuelle Verfügbarkeitswunsch. Und es ist teilweise asymmetrisch, das Interesse der Frau an über rein Körperliches hinausgehende Aspekte des Mannes ist - aufgrund der Kosten der Schwangerschaft für die Frau - vermutlich älter als umgekehrt. Ich will da jetzt keine große Theorie aufziehen oder gar naturrechtlich rechtfertigen. Aber wenn wir heute gegen Sexismus und agieren (weil wir als aufgeklärte Gesellschaft gute ethische Gründe dafür haben), dann agieren wir immer auch ein Stück gegen archaische Verhaltensweisen. Ich fände es unehrlich, das zu leugnen. Das ist übrigens auf anderen "potenziell objektifizierenden" Gebieten ebenso, etwa bei den Themen Demokratie statt Hackordnung / Diktatur, Sozialsystem statt survival of the fittest, Minderheitenschutz statt Ausgrenzung, Resozialisierung statt Rache usw. ... alles Errungenschaften bzw. Ausflüsse unserer kulturellen Natur. Daher kann man mE nur "rote Linien" definieren / vermitteln, die nicht überschritten werden dürfen. Und vielleicht wäre es irgendwann sogar beser, wenn wir unsere biologische Natur selbst formen (und zwar nicht mit Viagra). Zu den "roten Linien": Brüderle ist natürlich klar. Aber sollen z.B. Mädchen in der Umkleide noch über gut gebaute Jungs tuscheln dürfen, oder sollen sie sich dabei sexistsch fühlen? |
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