beachbernie hat folgendes geschrieben: | ||||||
Auch Bündnisse zwischen Neoliberalen und Faschisten sind Zweckbündnisse und keine Liebesheiraten. Zunaechst mal gibt es den Gegensatz zwischen Neoliberalismus und Sozialismus als diametral entgegengesetzte Wirtschaftsideologien. Der Neoliberalismus lehnt staatliche Interventionen in das Wirtschaftsgeschehen prinzipiell ab, waehrend es sich beim Sozialismus eindeutig um eine staatsinterventionistische Ideologie handelt, die dem "freien Spiel der Marktkräfte" ganz grundsaetzlich misstraut. Der Faschismus setzt im Zweifel auch eher auf Staatsintervention als auf freie Marktwirtschaft und steht dadurch zunaechst genauso im Gegensatz zum Neoliberalismus. Er zieht jedoch die Bevormundung der Kapitaleigner der Enteignung privaten Kapitals vor und laesst somit die Besitzverhältnisse ueberwiegend unangetastet (Er enteignet zwar auch, allerdings nur Minderheiten wie z.B. die Juden in Nazideutschland). Dadurch bietet sich der Faschismus aus neoliberaler Sicht als "kleineres Uebel" als Bündnispartner an. Insbesondere wenn es infolge von Krisen zur Radikalisierung breiter Bevoelkerungsschichten kommt und zunehmend nur noch "rot" oder "braun" als künftige Führung in Frage kommen. Fuer den Neoliberalen stellt das die Wahl zwischen Pest und Cholera dar. Allerdings laesst sich hinterher, nach einer faschistischen Episode, die Marktwirtschaft weitaus leichter wiederherstellen, weil die Unternehmerschaft weitgehend intakt geblieben ist. Nach einer sozialistischen Episode ist das weitaus schwieriger, weil sozialistische Regimes dazu tendieren das Unternehmertum als solches zu zerstören und dieses erst wieder neu aufgebaut werden muss. Man kann das recht gut am Beispiel (West-)Deutschlands nach 1945 sowie im Vergleich dazu die Sowjetunion nach 1990 erkennen. Das deutsche "Wirtschaftswunder" wurde auch deshalb so schnell moeglich, weil die Wirtschaftsbosse der Weimarer Republik immer noch an den Schalthebeln ihrer Unternehmen sassen, waehrend die postsozialistische Era auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion von Anfang an daran krankte, dass es keine richtigen Unternehmerpersönlichkeiten gab und deren Funktion von EX-kommisaren und Gestalten aus dem Halbweltmillieu übernommen wurde. Dabei haben Sozialismus und Neoliberalismus durchaus auch Gemeinsamkeiten, die sie gleichermassen vom Faschismus unterscheiden, z.B. das egalitaere Menschenbild sowie den gemeinsamen Internationalismus (Globalismus) im Gegensatz zur abgeschotteten "Volksgemeinschaft" der Faschisten, waehrend der inhärente Individualismus den Neoliberalismus vom Kollektivismus wieder des Sozialismus und des Faschismus unterscheidet. |
Zitat: |
Entscheidend für den Zusammenhang dieser neoliberalen Entwicklungsvorstellung mit dem Rechtsextremismus ist die Idee der Aussiebung und Auslese.
Wie nah das beim traditionellen Faschismus liegt, können zwei Hitler-Zitate verdeutlichen: "Das hohe Maß an persönlicher Freiheit, das ihnen (Unternehmern und Arbeitern, H.S.) in ihrem Wirken dabei zugebilligt wird, ist durch die Tatsache zu erklären, dass erfahrungsgemäß die Leistungsfähigkeit des einzelnen durch weitgehende Freiheitsgewährung mehr gesteigert wird als durch Zwang von oben, und es weiter geeignet ist zu verhindern, dass der natürliche Ausleseprozeß, der den Tüchtigsten, Fähigsten und Fleißigsten befördern soll, etwa unterbunden wird." Diesen Vorstellungen aus "Mein Kampf" bleibt Hitler nach 1933 treu, und auch dann, wenn Wirtschaftsplanung zur Produktions- und Effizienzsteigerung der deutschen Wirtschaft einstweilen unumgänglich erscheinen. Planmäßige Leitung sei ein "gefährliches Unternehmen, weil jeder Planwirtschaft nur zu leicht die Verbürokratisierung und damit die Erstickung der ewig schöpferischen privaten Einzelinitiative folgt". "Diese Gefahr wird noch erhöht durch die Tatsache, dass jede Planwirtschaft nur zu leicht die harten Gesetze der wirtschaftlichen Auslese der Besseren und der Vernichtung der Schwächeren aufhebt oder zumindest einschränkt zugunsten einer Garantierung der Erhaltung auch des minderwertigen Durchschnitts (...)." Es ist dieser Auslesegedanke, der auch wesentlicher Bestandteil der neoliberalen Evolutionstheorie ist. Hayek sagt in einem Interview mit der Wirtschaftswoche: "Gegen die Überbevölkerung gibt es nur die eine Bremse, nämlich dass sich nur die Völker erhalten und vermehren, die sich auch selbst ernähren können." Das sei - so Hayek - kein Sozialdarwinismus, sondern "bei mir geht es um einen gesellschaftlichen Evolutionsprozeß". https://www.linksnet.de/artikel/17635 |
Critic hat folgendes geschrieben: |
"Für die neoliberalen Theoretiker (ist) die Garantie der liberalen Freiheitsrechte entscheidend - nicht die universelle politische Teilhabe (-) und daher wird im Zweifelsfall eher für die Einschränkung des Wahlrechts plädiert, falls dies zur Sicherung der Wirtschaftsfreiheit notwendig erscheinen sollte. |
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | ||
Nun kann ja z.B. im Falle des Pinochet-Regimes aber gar keine Rede davon sein, dass es die Freiheitsrechte garantiert hätte. Das Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit war ebenso ausgehebelt wie das auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Um welche Rechte geht es also den neoliberalen Theoretikern? Offensichtlich ja nicht um alle. Welche Freiheitsrechte sollen damit gegen die Gefahren der Demokratie verteidigt werden? Meine Hypothese dazu: Es geht diesen Leuten ausschließlich um ein einziges ganz bestimmtes Recht. Alle anderen Freiheitsrechte sind für diese Leute nicht nur verhandelbar, sondern - auch wenn sie das nie so offen zugeben würden - potenziell gefährlich. Und genau deshalb ist für sie der Faschismus auch eine potenzielle Option und mögliche Alternative, und zwar nicht nur zum Kommunismus, sondern unter Umständen durchaus auch zur Demokratie. |
vrolijke hat folgendes geschrieben: |
Du insinuierst, dass Neoliberalen Theoretiker Pinochet an die Macht verholfen haben. |
vrolijke hat folgendes geschrieben: |
Als ob "Neoliberale Theoretiker" eine Einheit wären.
Das ist mir doch ein Spur zu "alles über einen Kamm scheren". |
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | ||
Nun kann aber z.B. im Falle des Pinochet-Regimes ja gar keine Rede davon sein, dass es die Freiheitsrechte garantiert hätte. Das Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit war z.B. ebenso ausgehebelt wie das auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Um welche Rechte geht es also den neoliberalen Theoretikern? Offensichtlich ja nicht um alle. Welche Freiheitsrechte sollen damit gegen die Gefahren der Demokratie verteidigt werden? Meine Hypothese dazu: Es geht diesen Leuten ausschließlich um ein einziges ganz bestimmtes Recht. Alle anderen Freiheitsrechte sind für diese Leute nicht nur verhandelbar, sondern - auch wenn sie das wohl nicht so offen zugeben würden - potenziell gefährlich. Und deshalb ist für sie der Faschismus auch eine Option und akzeptable Alternative, und zwar nicht nur zum Kommunismus, sondern unter Umständen durchaus auch zur Demokratie. |
Critic hat folgendes geschrieben: | ||||
So in etwa habe ich das auch gelesen: Die "liberalen Rechte" sind nach dieser Auffassung primär Eigentumsrechte und das "Recht auf freies Wirtschaften", während politische Rechte, Meinungsfreiheit etc. auf einer anderen Schiene liegen. |
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | ||||||
Also das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, i.e. auf Eigentum am eigenen Körper, ist ein politisches Recht und kein ökonomisches? Zumal das Pinochet-Regime auch sonst keineswegs immer persönliches Eigentum respektierte. Mit "Recht auf Eigentum" ist das Recht, um das es diesen Leuten nur und ausschließlich geht, m.E. unzureichend beschrieben. Sachlich richtig wäre "Recht auf Privateigentum an Kapital". |
beachbernie hat folgendes geschrieben: | ||||||||
Fuer neoliberale Theoretiker gibt es keinen Unterschied zwischen dem Recht auf "Privateigentum an Kapital" und dem Recht auf Eigentum an anderen Dingen. |
beachbernie hat folgendes geschrieben: |
Was das Pinochet-Regime gemacht hat, tut dabei nichts zur Sache. Das war kein neoliberales Regime, sondern ein faschistisches, das den neoliberalen "Chicago-Boys" das Land Chile als Versuchslabor zur Verfügung gestellt hat, wohl auch um sich der unbedingten Unterstützung durch die USA zu versichern. |
beachbernie hat folgendes geschrieben: |
Weshalb Neoliberale Faschisten gegenueber Sozialisten/Kommunisten/Marxisten bevorzugen habe ich bereits erläutert. |
beachbernie hat folgendes geschrieben: |
Das bedeutet aber nicht, dass ihnen eine bürgerlich-parlametarische Demokratie nicht eigentlich lieber waere. |
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