Schamanismus
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Freigeisterhaus -> Kultur und Gesellschaft

#1: Schamanismus Autor: StandpunktWohnort: Chattischer Bibelgürtel BeitragVerfasst am: 29.11.2023, 18:59
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Schamanismus feiert an gewissen Orten wie z.B. Externsteine, Brocken, Stonehenge, Carnac usw. fröhlich Urständ. Schamanen mit kleinerer Reisekasse begnügen sich mit Baumumarmungen u.ä,. in der näheren Umgebung ihres Wohnortes.

Harald Meller (Archäologe) und Karl Michel (Historiker) liefern anhand der Analyse des Grabfundes einer vor 9 000 Jahren verstorbenen Schamanin interessante Aspekte zur Erklärung dieser merkwürdigen Rituale und deren Renaissance in unseren Tagen. So schreiben sie:
"Schamanismus gilt als Mittel der Selbstermächtigung. Schamanen gehören zu den Sehnsuchtsgestalten unserer Tage ....Hier rumoren uralte, evolutionär erworbene Strukturen der menschlichen Psychologie, die mal mehr, mal weniger nach Befriedigung verlangen." (S. 15)

Weil Selbstermächtigung (leider) eine Wachstumsbranche ist, steigern heutige Schamanen die Anzahl verkannter Experten für viele Lebenslagen.

Zur Entstehung des Schamenentums schreiben die Autoren:
"Wir dürfen nicht vergessen, dass wir gut 99,99 Prozent der Menschheitsgeschichte ohne das Wissen um Bakterien und Viren, klimatische oder physikalische Zusammenhänge auskommen mussten ....Da steckt jemand dahinter. Wenn es nicht andere Menschen waren, waren es Geister, Ahnen, Dämonen, später dann Götter." (S. 201)

Die Entwicklung von Religionen erklären die Autoren so:
"Mächtige Götter, die sich wie Herrscher gebärden, können sich Menschen erst dann vorstellen, wenn sie mächtige Menschen kennen, die sich zu Herrschern aufschwingen - und das geschieht erst dort, wo Landwirtschaft es einzelnen Menschen ermöglichte große Reichtümer anzuhäufen. Gerade weil moralisierende Götter erst so spät in der Menschheitsgeschichte auftauchen und diese nicht in unserer egalitären Natur verwurzelt sind, brauchen wir so viele Prioester, überwältigende Tempel und gewaltige Zeremonien, heilige Schriften und Theologen, die sie glaubhaft machen." (S. 205)

Ein interessanter Blickwinkel auf die Entstehung von Religionen.

Harald Meller/Kai Michel, Das Rätsel der Schamanin, Hamburg 2022, 363 S., € 28

#2: Re: Schamanismus Autor: narr BeitragVerfasst am: 30.11.2023, 21:11
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Standpunkt hat folgendes geschrieben:
....
"...Hier rumoren uralte, evolutionär erworbene Strukturen der menschlichen Psychologie, die mal mehr, mal weniger nach Befriedigung verlangen." (S. 15)

...


Schreiben sie auch, was die "evolutionär erworbenen Strukturen" sind? Geben sie da Quellen an?
9000 Jahre hört sich ja viel an, ist es aber nicht. Eine der wenigen rel. gesicherten genetischen Veränderung ist die Laktoseverträglichkeit, datiert auf vor ca. 8000 Jahre.
Wie "erworbene Strukturen der menschlichen Psychologie" nachgewiesen werden sollten, würde ich gern wissen.

#3: Re: Schamanismus Autor: VanHanegem BeitragVerfasst am: 01.12.2023, 15:46
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Standpunkt hat folgendes geschrieben:
Zur Entstehung des Schamenentums schreiben die Autoren:
"Wir dürfen nicht vergessen, dass wir gut 99,99 Prozent der Menschheitsgeschichte ohne das Wissen um Bakterien und Viren, klimatische oder physikalische Zusammenhänge auskommen mussten ....Da steckt jemand dahinter. Wenn es nicht andere Menschen waren, waren es Geister, Ahnen, Dämonen, später dann Götter." (S. 201)

Entsprechend unserer heutigen wissenschaftlichen Herangehensweise werden bei dieser Betrachtung die Modelle überbewertet. Dabei sollte man sich lieber mal die tatsächlichen Tools und Prozesse anschauen. Unsere ASS hat doch auch mal als Schamanenmedizin angefangen oder nicht?

#4: Re: Schamanismus Autor: StandpunktWohnort: Chattischer Bibelgürtel BeitragVerfasst am: 02.12.2023, 00:14
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narr hat folgendes geschrieben:
Standpunkt hat folgendes geschrieben:
....
"...Hier rumoren uralte, evolutionär erworbene Strukturen der menschlichen Psychologie, die mal mehr, mal weniger nach Befriedigung verlangen." (S. 15)

...


Schreiben sie auch, was die "evolutionär erworbenen Strukturen" sind? Geben sie da Quellen an?
9000 Jahre hört sich ja viel an, ist es aber nicht. Eine der wenigen rel. gesicherten genetischen Veränderung ist die Laktoseverträglichkeit, datiert auf vor ca. 8000 Jahre.
Wie "erworbene Strukturen der menschlichen Psychologie" nachgewiesen werden sollten, würde ich gern wissen.


Wenn man ab dem Homo erectus zu zählen beginnt, steckt in unseren Körpern die Evolution von 2 Millionen Jahren. Setzt man die Entwicklung der Landwirtschaft bei 10 000 Jahren an, dann haben unsere Vorfahren nahezu 2 Millionen Jahre damit verbracht, in kleinen Gruppen als nomadisierende Sammler und Jäger zu überleben.

Die Autoren sehen dies nachvollziehbar so:

"Diese 99 Prozent der Menschheitsgeschichte sind es, die unserer Natur den Stempel aufgedrückt haben. Unsere Psychologie mit ihren Wünschen, Sehnsüchten, Neigungen, ihrem Hang zu Gerechtigkeit, aber auch zu Geheimnis und Rätseln formte sich als evolutionäre Anpassung an das Jahrtausende währende Leben in den Gruppen hochmobiler Jäger und Sammler. Die Zeit dagegen, seit der wir sesshaft und von der Landwirtschaft abhängig sind, ist viel zu kurz gewesen, als dass sie sich nennenswert in unserer Biologie hätte einschreiben können. In den meisten Regionen Europas sind das nicht einmal 8 000 Jahre." (S. 43)

Die Tatsache, dass die Gattung homo sapiens sich seit jeher gegenseitig einzeln oder im Kollektiv umbringt, erklären die Autoren so:

"Noch heute gelten "natürlich" und "ursprünglich" als erstrebenswert - dabei gehört es zum Beispiel zum "natürlichen" Verhaltensspektrum unserer Vorfahren, andere, die nicht zur eigenen Gruppe gehören, vorschnell zu verteufeln oder in der Not die eigenen Kinder oder Alten aufzugeben. Natürliches menschliches Verhalten ist längst nicht immer erstrebenswert. " (S. 46)

Die These der Strukturen begründen die Autoren mit folgenden Quellen:

Camus, A., der Mythos des Sisyphos, Reinbeck 2011
Ceram, C.W., Götter, Gräber und Gelehrte, Reinbeck 2011
Fischermann, T./Huteni, D., der Sohn des Schamanen, München 2021
van Gennep, A., De l`emploi du mot chamanisme, revue de L´Histoire des Religions, 47, 1903, S. 50-57
Meller, H.,/Michel, K, Die Himmelsscheibe von Nebra, Berlin 2018
Meller, H./Michel, K., Griff nach den Sternen: Nebra, Stonehenge, Babylon, Berlin 2021
van Schalk C:/Michel, K., Das Tegebuch der Menschheit, Reinbeck 2016
van Schalk, C./Michel, K., Die Wahrheit über Eva: Die Erfindung der Ungleichheit von Frauen und Männern, Hamburg 2020." (S. 345)



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