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Genetische Codierung
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shiningthrough
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Anmeldungsdatum: 08.11.2003
Beiträge: 1099

Beitrag(#108093) Verfasst am: 25.03.2004, 22:19    Titel: Lernfrage Antworten mit Zitat

@Thomas

Hi Thomas,

habe mal eine grundsätzliche Lernfrage. Weiter oben im Thread schreibst Du, der Blinddarm würde nicht genetisch codiert und noch weiter oben, dass der Code nicht ausriecht um einen Organismus zu codieren.

Tja, woher kommt denn da der Organismus? Morphogenetische Felder a la Sheldrake werden es ja wohl nicht sein, oder? Was taugt überhaupt das Watson/Crick-Modell?

Bitte um kurze Erklärung. Danke!

MfG
Fischkopp
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El Schwalmo
Naturalistischer Ignostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9073

Beitrag(#108100) Verfasst am: 25.03.2004, 23:22    Titel: Re: Lernfrage Antworten mit Zitat

Hi Fischkopp,

Fischkopp hat folgendes geschrieben:

habe mal eine grundsätzliche Lernfrage. Weiter oben im Thread schreibst Du, der Blinddarm würde nicht genetisch codiert und noch weiter oben, dass der Code nicht ausriecht um einen Organismus zu codieren.


auf der DNA sind um Größenordnungen zu wenig Informationen, um einen Körper zu codieren. Vielleicht hast Du schon einmal ein Präparat gesehen, das die Blutgefäße beispielsweise des Herzmuskels zeigt. Kannst Du Dir vorstellen, wie die Information für die genaue Anordnung dieser Gefäße auf der DNA codiert ist?

Fischkopp hat folgendes geschrieben:
Tja, woher kommt denn da der Organismus? Morphogenetische Felder a la Sheldrake werden es ja wohl nicht sein, oder?


Morphogenetische Felder ist gar nicht so schlecht. Das ist ein terminus technicus der Entwicklungsphysiologie, vermutlich älter als Sheldrake. Das sind Stoffgradienten, beispielsweise durch diffundierende Moleküle. Codiert in Sinne von Informationen auf der DNA sind dann diese Moleküle und Rezeptoren, die sich mit diesen Molekülen verbinden können. Zudem gibt es Signale, dass in bestimmten Zellen diese Stoffe gebildet werden und dann von dort aus diffundieren, in benachbarten Geweben werde bestimmte Gewebetypen gebildet oder nicht, je nachdem, wie hoch die Konzentration an diesem Stoff ist.

Denk auch daran, dass die DNA der Zygote gar nicht abgelesen werden kann, weil sich die Zellen ständig teilen und die DNA sozusagen 'verpackt' bleibt. Die Zygote ist randvoll mit m-RNA der Eizelle, die den ganzen Stoffwechsel codiert. Außerdem bestimmt oft die Stelle, an der das Ei im Eierstock angewachsen ist, die Körperpole bzw. die Körperachse.

Das alles ist natürlich irre komplex und nicht in eine paar Worten hier wiederzugeben. Ich kann Dir aber gerne schlaue Bücher nennen.

Vielleicht nur noch ein Detail. Die Muskeln, beispielsweise des Oberschenkels, werden von Axonen aus innerviert, die aus dem ZNS kommen. Während der Embronalentwicklung fangen die Axone von Nervenfasern aus an, Richtung Muskeln zu wachsen, pro Muskel mehrere. Sobald die erste 'ihren' Muskel gefunden hat, sendet sie ein 'Signal' an ihre Nervenzelle. Daraufhin werden die anderen Nervenzellen, die auch in diesen Muskel gewachsen sind, abgetötet. Du siehst leicht, dass von diesen Prozessen wenig 'direkt' in der DNA gespeichert sein kann.

Fischkopp hat folgendes geschrieben:
Was taugt überhaupt das Watson/Crick-Modell?


Sehr viel. Damit lässt sich eine Menge erklären (Replikation, Transkription etc.). Es hat aber Grenzen. Ich kann mir beispielsweise nicht vorstellen, dass man einen Menschen basteln könnte, wenn man nur die Totalsequenz seines Genoms kennt.

Grüßle

Thomas
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Sokrateer
souverän



Anmeldungsdatum: 05.09.2003
Beiträge: 11649
Wohnort: Wien

Beitrag(#108106) Verfasst am: 26.03.2004, 00:04    Titel: Re: Lernfrage Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Hi Fischkopp,

Fischkopp hat folgendes geschrieben:

habe mal eine grundsätzliche Lernfrage. Weiter oben im Thread schreibst Du, der Blinddarm würde nicht genetisch codiert und noch weiter oben, dass der Code nicht ausriecht um einen Organismus zu codieren.


auf der DNA sind um Größenordnungen zu wenig Informationen, um einen Körper zu codieren. Vielleicht hast Du schon einmal ein Präparat gesehen, das die Blutgefäße beispielsweise des Herzmuskels zeigt. Kannst Du Dir vorstellen, wie die Information für die genaue Anordnung dieser Gefäße auf der DNA codiert ist?

Das ist aber eine irreführende Aussage. Natürlich muss das in der DNA codiert sein. Es sicher nicht jede einzelne Verzweigung kodiert. Aber ich will doch vermuten, dass sich entsprechende Wachstumsgesetze plus formgebender Einschränkungen kodiert werden.

Man kann ja mit sogenannten L-Systemen wunderschöne Farne und Bäume im Computer wachsen lassen.
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El Schwalmo
Naturalistischer Ignostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9073

Beitrag(#108188) Verfasst am: 26.03.2004, 06:51    Titel: Re: Lernfrage Antworten mit Zitat

Hi Sokrateer,

Sokrateer hat folgendes geschrieben:

auf der DNA sind um Größenordnungen zu wenig Informationen, um einen Körper zu codieren. Vielleicht hast Du schon einmal ein Präparat gesehen, das die Blutgefäße beispielsweise des Herzmuskels zeigt. Kannst Du Dir vorstellen, wie die Information für die genaue Anordnung dieser Gefäße auf der DNA codiert ist?

Das ist aber eine irreführende Aussage. Natürlich muss das in der DNA codiert sein.[/quote]

es ist definitiv nicht in der DNA codiert.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Es sicher nicht jede einzelne Verzweigung kodiert. Aber ich will doch vermuten, dass sich entsprechende Wachstumsgesetze plus formgebender Einschränkungen kodiert werden.

Man kann ja mit sogenannten L-Systemen wunderschöne Farne und Bäume im Computer wachsen lassen.


Schönes Beispiel. Du darfst bei der _Ausführung_ des Programms nicht vergessen, dass Du dazu einen Computer braucht. Genauso reicht die DNA nicht aus, weil sie eine _Zelle_ benötigt. Und die enthält eben auch Information.

Grüßle

Thomas
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Klaus-Peter
auf eigenen Wunsch deaktiviert



Anmeldungsdatum: 10.01.2004
Beiträge: 1534

Beitrag(#108223) Verfasst am: 26.03.2004, 10:20    Titel: Re: Lernfrage Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Vielleicht nur noch ein Detail. Die Muskeln, beispielsweise des Oberschenkels, werden von Axonen aus innerviert, die aus dem ZNS kommen. Während der Embronalentwicklung fangen die Axone von Nervenfasern aus an, Richtung Muskeln zu wachsen, pro Muskel mehrere. Sobald die erste 'ihren' Muskel gefunden hat, sendet sie ein 'Signal' an ihre Nervenzelle. Daraufhin werden die anderen Nervenzellen, die auch in diesen Muskel gewachsen sind, abgetötet. Du siehst leicht, dass von diesen Prozessen wenig 'direkt' in der DNA gespeichert sein kann.

Ich sehe das nicht leicht, eher überhaupt nicht. Alles Wesentliche ist in der DNA gespeichert: Nämlich die Strategie einer Nervenzelle. In der DNA steckt die "Erwartung" dass die NErvenzelle so eine Umgebung vorfindet, und es steckt die Erwartung drin, dass mehrere Axone loslaufen müssen, und es steckt das Kooperationsprinzip drin, dass ein Strang freiwillig absterben muss, sobald ein anderer erfolgreich war, etc., pp. Im Genom steckt quasi eine minimalistiche Strategie drin, um das Ziel, den Muskel zu enervieren, zu erreichen. Man könnte auch sagen: eine Nervenzelle wächst mittels einer Darwinistischen Strategie.

Zitat:
Fischkopp hat folgendes geschrieben:
Was taugt überhaupt das Watson/Crick-Modell?


Sehr viel. Damit lässt sich eine Menge erklären (Replikation, Transkription etc.). Es hat aber Grenzen. Ich kann mir beispielsweise nicht vorstellen, dass man einen Menschen basteln könnte, wenn man nur die Totalsequenz seines Genoms kennt.

Da stimme ich zu. Ohne die richtige Umgebung ist das unmöglich. Wenn ich eine Software (als ".exe") habe, die auf einer PDP11 lief (ich weiss, die heissen da nicht ".exe", aber wenn ich "Image" schreibe, verstehts keiner), kriege ich die nie wieder zum Laufen, es sei denn, ich baue eine PDP11 (oder einen perfekten Emulator einer PDP11). Trotzdem wird man mit Fug und Recht sagen, die Information und die Fumktion steckt im Programm, und die PDP11 ist nur die Maschine, die es ausführt.

Gruss

KP
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Sokrateer
souverän



Anmeldungsdatum: 05.09.2003
Beiträge: 11649
Wohnort: Wien

Beitrag(#108230) Verfasst am: 26.03.2004, 10:40    Titel: Re: Lernfrage Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Zitat:

Man kann ja mit sogenannten L-Systemen wunderschöne Farne und Bäume im Computer wachsen lassen.


Schönes Beispiel. Du darfst bei der _Ausführung_ des Programms nicht vergessen, dass Du dazu einen Computer braucht. Genauso reicht die DNA nicht aus, weil sie eine _Zelle_ benötigt. Und die enthält eben auch Information.

Eben. Würdest du behaupten, dass die beschriebenen Algorithmen nicht die ganze Information zum Wachsen des Farns enthalten, nur weil sie eine Computersprache + Computer + Grafikkarte + nötiger Bibliotheken voraussetzen? Das, was den Farn ausmacht und ihn von anderen Gewächsen unterscheidet, lässt sich auf ein paar Zeilen niederschreiben.

Sicher macht die Information der DNA nur Sinn im Kontext einer Zelle mit Mitochondiren, Ribosomen und all den physikalischen, chemischen, usw. Effekten und Wachstumseffekten.

Ein Busch lässt sich folgendermaßen beschrieben:
Code:
Axiom= ++++F
F= FF-[-F+F+F]+[+F-F-F]

Diese Information ergibt nur dann Sinn, wenn sie von einem Generator für L-Systeme, oder irgendwas, was entsprechendes Wachstum erzeugt, verwendet wird. Trotzdem ist es die Information, die den Busch ausmacht und es ist auch die Information, die von einer genetischen Evolution sinnvoll verändert werden könnte.
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El Schwalmo
Naturalistischer Ignostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9073

Beitrag(#108234) Verfasst am: 26.03.2004, 10:50    Titel: Re: Lernfrage Antworten mit Zitat

Hi Klaus-Peter,

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Vielleicht nur noch ein Detail. Die Muskeln, beispielsweise des Oberschenkels, werden von Axonen aus innerviert, die aus dem ZNS kommen. Während der Embronalentwicklung fangen die Axone von Nervenfasern aus an, Richtung Muskeln zu wachsen, pro Muskel mehrere. Sobald die erste 'ihren' Muskel gefunden hat, sendet sie ein 'Signal' an ihre Nervenzelle. Daraufhin werden die anderen Nervenzellen, die auch in diesen Muskel gewachsen sind, abgetötet. Du siehst leicht, dass von diesen Prozessen wenig 'direkt' in der DNA gespeichert sein kann.

Ich sehe das nicht leicht, eher überhaupt nicht. Alles Wesentliche ist in der DNA gespeichert: Nämlich die Strategie einer Nervenzelle.


Du würdest Dir einen Nobelpreis verdienen, wenn Du zeigen kannst, _wie_ das erfolgt.

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
In der DNA steckt die "Erwartung" dass die NErvenzelle so eine Umgebung vorfindet, und es steckt die Erwartung drin, dass mehrere Axone loslaufen müssen, und es steckt das Kooperationsprinzip drin, dass ein Strang freiwillig absterben muss, sobald ein anderer erfolgreich war, etc., pp. Im Genom steckt quasi eine minimalistiche Strategie drin, um das Ziel, den Muskel zu enervieren, zu erreichen. Man könnte auch sagen: eine Nervenzelle wächst mittels einer Darwinistischen Strategie.


Man könnte auch sagen: Du bastelst Dir sehr erfolgreich ein Weltbild. Die Frage ist, ob das, was man als 'Epigenetik' bezeichnen könnte (aber eher im Waddingtonschen Sinn als dem derzeit üblichen), mit dem erklärbar ist, was genzentrierte Neo-Darwinisten vom Schlage Dawkins auf ihre Fahnen geschrieben haben. Ich behaupte, dass diese Richtung eine Riesen-BlackBox bastelt und damit die eigentlich interessanten Fragen unter den Teppich kehrt.

BTW, das Buch von Rose ist gerade im Briefkasten. Die verramschen das inzwischen für knapp 10 EUR. Dem Klappentext nach zu urteilen ist das Buch interessant.

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Fischkopp hat folgendes geschrieben:
Was taugt überhaupt das Watson/Crick-Modell?


Sehr viel. Damit lässt sich eine Menge erklären (Replikation, Transkription etc.). Es hat aber Grenzen. Ich kann mir beispielsweise nicht vorstellen, dass man einen Menschen basteln könnte, wenn man nur die Totalsequenz seines Genoms kennt.

Da stimme ich zu. Ohne die richtige Umgebung ist das unmöglich.[/quote]

Schön, dass wir uns einig sind. Wenn Du nun noch überlegst, wie Du die _Umgebung_ in der DNA speicherst, erkennst Du vielleicht, was ich sagen wollte.

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Wenn ich eine Software (als ".exe") habe, die auf einer PDP11 lief (ich weiss, die heissen da nicht ".exe", aber wenn ich "Image" schreibe, verstehts keiner), kriege ich die nie wieder zum Laufen, es sei denn, ich baue eine PDP11 (oder einen perfekten Emulator einer PDP11). Trotzdem wird man mit Fug und Recht sagen, die Information und die Fumktion steckt im Programm, und die PDP11 ist nur die Maschine, die es ausführt.


Das Interessante ist, dass auch bei Organismen die Bauanleitung für die Maschine nicht im Programm steckt.

Mutatis mutandis ist dass dasselbe wie das, was wir anlässlich des Schachspielens diskutiert haben (leider hast Du irgendwann nichts mehr gepostet). Was lernst Du über _menschliches_ Schachspielen, wenn Du ein Programm für _Computer_ schreibst? Auch hier steckt nur die 'Funktion' im Programm. Und zwar so, als ob Du eine PDP11 in einer anderen Kiste emulierst. Was weißt Du dann über eine PDP11 außer wie sie _funktioniert_? Kannst Du entscheiden, ob die mit Transistoren oder mit Kaugummi und Cola-Dosen gebastelt wurde?

Grüßle

Thomas
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El Schwalmo
Naturalistischer Ignostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9073

Beitrag(#108236) Verfasst am: 26.03.2004, 11:01    Titel: Re: Lernfrage Antworten mit Zitat

Hi Sokrateer,

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Zitat:

Man kann ja mit sogenannten L-Systemen wunderschöne Farne und Bäume im Computer wachsen lassen.


Schönes Beispiel. Du darfst bei der _Ausführung_ des Programms nicht vergessen, dass Du dazu einen Computer braucht. Genauso reicht die DNA nicht aus, weil sie eine _Zelle_ benötigt. Und die enthält eben auch Information.

Eben. Würdest du behaupten, dass die beschriebenen Algorithmen nicht die ganze Information zum Wachsen des Farns enthalten, nur weil sie eine Computersprache + Computer + Grafikkarte + nötiger Bibliotheken voraussetzen?


das müssten wir sehr differenziert diskutieren, auch im Hinblick auf die Frage, um die es mir ging (dazu müssten wir uns mit bestimmten Auffassungen in der Evolutionsbiologie sehr intensiv befassen). Natürlich ist das Code-Stück _in_ dem genannten System eine 'hinreichende Bedingung' für die Erzeugung einer bestimmten Bildschirm-Ausgabe. Die Frage ist aber, ob Du durch Veränderung eines Codes die Eigenschaften der Grafikkarte verändern kannst. Auf die Evolution übertragen: kannst Du durch die Mechanismen, die 'Programme' auf Organismen laufen lassen, die Organismen umgestalten?

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Das, was den Farn ausmacht und ihn von anderen Gewächsen unterscheidet, lässt sich auf ein paar Zeilen niederschreiben.


Genau. Durch die Angabe bestimmter DNA-Sequenzen. Wenn Du das kannst, hast Du einen Nobelpreis sicher.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Sicher macht die Information der DNA nur Sinn im Kontext einer Zelle mit Mitochondiren, Ribosomen und all den physikalischen, chemischen, usw. Effekten und Wachstumseffekten.


Womit Du wieder bei dem klassischen Henne-Ei-Problem bist.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Ein Busch lässt sich folgendermaßen beschrieben:
Code:
Axiom= ++++F
F= FF-[-F+F+F]+[+F-F-F]

Diese Information ergibt nur dann Sinn, wenn sie von einem Generator für L-Systeme, oder irgendwas, was entsprechendes Wachstum erzeugt, verwendet wird. Trotzdem ist es die Information, die den Busch ausmacht und es ist auch die Information, die von einer genetischen Evolution sinnvoll verändert werden könnte.


Sind wir uns darüber einig, dass Du über die Ontogenese eines 'echten' Busches durch diesen Code genau so viel lernen kannst wie durch ein Schachprogramm darüber, wie Menschen Schach spielen?

Grüßle

Thomas
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Sokrateer
souverän



Anmeldungsdatum: 05.09.2003
Beiträge: 11649
Wohnort: Wien

Beitrag(#108248) Verfasst am: 26.03.2004, 11:57    Titel: Re: Lernfrage Antworten mit Zitat

nur kurz, weil Momentan keine Zeit.

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Das, was den Farn ausmacht und ihn von anderen Gewächsen unterscheidet, lässt sich auf ein paar Zeilen niederschreiben.


Genau. Durch die Angabe bestimmter DNA-Sequenzen. Wenn Du das kannst, hast Du einen Nobelpreis sicher.

Gemeint ist natürlich der Barnsley-Farn, kein echter.

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

Sind wir uns darüber einig, dass Du über die Ontogenese eines 'echten' Busches durch diesen Code genau so viel lernen kannst wie durch ein Schachprogramm darüber, wie Menschen Schach spielen?

Nein, denn Schachprogramme sind näher am Menschen dran, als viele für wahr haben wollen. Der Busch sagt natürlich nicht viel über einen echten aus.

Sowohl Farn als auch Busch zeigen aber recht eindrucksvoll, wie komplexe, selbstähnliche Strukturen mit wenigen Mitteln und minimaler Information erzeugt werden können.
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shiningthrough
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Anmeldungsdatum: 08.11.2003
Beiträge: 1099

Beitrag(#108254) Verfasst am: 26.03.2004, 12:15    Titel: DNA, das Allroundprogramm? Antworten mit Zitat

@Thomas

Hi Thomas,

thanx for information. Ich habe da auch nochmal drüber nachgedacht und es fiel mir ein etas älterer Fernsehbericht ein:
Da hat ein Wissenschaftler Gene einer Maus, welche Augen codieren, in das Genom einer Fruchtfliege eingepflanzt (nachdem er zuvor das Augengen der Fliege entfernt hatte). Eigentlich hätte man da wohl eine Monstrosität oder blinde Fliege erwarten müssen. Denn wie soll das zusammengehen: Säugergen in Insektengenom?
Heraus kam Folgendes:
Die Fliege entwickelte ein ganz normales Fligenauge!

D.h., die Augenstruktur wurde im besagten Gen nicht codiert, sondern nur der "Befehl" gegeben: "Baut ein Auge" - wobei man nachsetzen möchte "...aber nach dem euch bekannten Prinzip!". Die Frage ist, wo dieses Prinzip - diese genaueren Anweisungen verborgen sind".

MfG
Fischkopp

@Moderator, Admin.

Tip: Für diese genetische Fragestellung wäre vielleicht ein eigener Thread angebracht, da es hier hauptsächlich um Atavismen geht.
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El Schwalmo
Naturalistischer Ignostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9073

Beitrag(#108264) Verfasst am: 26.03.2004, 12:42    Titel: Re: DNA, das Allroundprogramm? Antworten mit Zitat

Hi Fischkopp,

[ ... ]

Fischkopp hat folgendes geschrieben:

D.h., die Augenstruktur wurde im besagten Gen nicht codiert, sondern nur der "Befehl" gegeben: "Baut ein Auge" - wobei man nachsetzen möchte "...aber nach dem euch bekannten Prinzip!". Die Frage ist, wo dieses Prinzip - diese genaueren Anweisungen verborgen sind".


das Pax-6 Gen, das hier übertragen wurde, ist ein gutes Beispiel für Tiefenhomologien. Es scheint wirklich so zu sein, dass es 'uralte' Gene für ganz zentrale Bildunge (wie Körperachse, Körperanhänge etc.) gibt, deren Funktion in immer neuen Zusammenhängen verwendet wird. So gesehen sind viele Strukturen, die man klassisch als 'Analogien' gewertet hat, dennoch echte Homologien.

Blöd nur, dass einen das, wenn man es etwas 'gegen den Strich' interpretiert, schon wieder an 'Grundtypen' der Kreationisten denken lässt.

Grüßle

Thomas
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Darwin Upheaval
Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator



Anmeldungsdatum: 23.01.2004
Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden

Beitrag(#108275) Verfasst am: 26.03.2004, 13:07    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Thomas, Hi Fischkopp,

Fischkopp hat folgendes geschrieben:

Zitat:
Da hat ein Wissenschaftler Gene einer Maus, welche Augen codieren, in das Genom einer Fruchtfliege eingepflanzt (nachdem er zuvor das Augengen der Fliege entfernt hatte). Eigentlich hätte man da wohl eine Monstrosität oder blinde Fliege erwarten müssen.


Stimmt. Ich habe Gehrings Artikel über seine Experimente mit dem eyeless-Gen auch mit großer Faszination verfolgt. Der kam gerade heraus, als ich anfing, erstmals mit Junker zu diskutieren. IIRC wurde irgendwo in seinem Lehrbuch erwähnt, daß das Auge 42 mal unabhängig voneinander (konvergent) entstand. Er hat das Argument natürlich gegen die STE ins Spiel gebracht (und wollte es gegen Evolution "an sich" ummünzen).

Mit einer solchen Tiefen-Homologie hatte offenbar keiner gerechnet. Das zeigt sehr schön, daß gelegentlich auch Kreationisten "zurückrudern" müssen, wenn sie sich mit apodiktischen Aussagen vorher zu weit aus dem Fenster gelehnt haben. Mr. Green


Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

Zitat:
das Pax-6 Gen, das hier übertragen wurde, ist ein gutes Beispiel für Tiefenhomologien. Es scheint wirklich so zu sein, dass es 'uralte' Gene für ganz zentrale Bildunge (wie Körperachse, Körperanhänge etc.) gibt, deren Funktion in immer neuen Zusammenhängen verwendet wird. So gesehen sind viele Strukturen, die man klassisch als 'Analogien' gewertet hat, dennoch echte Homologien.


Besonders aufschlußreich finde ich, daß man heute einerseits bereits über 2000 Gene kennt, die unter der Kontrolle des Pax-6 exprimiert werden. Auf der anderen Seite soll es aber Organismen geben, die zwar das Pax-6 besitzen, bei denen es aber völlig andere Funktionen übernimmt (weißt Du eventuell näheres darüber, Thomas)?

Wenn das stimmte, wäre das in doppelter Hinsicht der Clou: Zum einen wäre das ein tolles Beispiel für "Doppelfunktionen" bzw. Funktionswechsel. Zum anderen macht der Fall deutlich, daß die Evolution vermutlich mit einem solchen Regulatorgen "begonnen" hatte und dann - Schritt für Schritt neue Strukturgene unter einen solchen Regulator verschaltet hat. Wenn das stimmte, wären wir der Lösung des "Synorganisationsproblems" wieder ein Stückchen näher gerückt.


Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

Zitat:
Blöd nur, dass einen das, wenn man es etwas 'gegen den Strich' interpretiert, schon wieder an 'Grundtypen' der Kreationisten denken lässt.


Naja, die können immer zweigleisig fahren, weil die Schöpfungshypothese nicht widerlegbar ist. Egal was man findet, man kann alles entweder als Ausdruck eines "Baukastensystems" (Formenähnlichkeit) - oder als "Einfallsreichtum des Schöpfers" (vollkommene Unähnlichkeit) deuten.

Grüße

Martin
_________________
"Science is a candle in the dark." - Carl Sagan

www.ag-evolutionsbiologie.de
www.facebook.com/AGEvolutionsbiologie
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Anmeldungsdatum: 08.11.2003
Beiträge: 1099

Beitrag(#108279) Verfasst am: 26.03.2004, 13:18    Titel: Gene und Grundtypen Antworten mit Zitat

Hi Thomas,

sind diese Grundtypen eigentlich fest definiert? Könnte ja sein, dass es sich um einen dehnbaren Begriff handelt. Das wäre ja nicht ungeschickt, denn immer, wenn weitere evobiolog. Erkenntnisse vorliegen, die einen derzeit als solchen definierten Grundtyp infrage stellen, geht man einen Schritt weiter in die Verallgemeinerung und schafft neue Grundtypen.
Allerdings - wenn dem so ein sollte - könnte man auch in eine selbstgestellte Falle laufen, denn mit jeder Verallgemeinerung, mit jedem allgemeineren Grundtyp wird ja der Evolution mehr Raum gegeben und am Ende könnte man dann sogar beim gemeinsamen Ahnen allen Lebens ankommen und wurde von Kreationisten zum...... Evolutionisten Smilie.
(Ich habe so das Gefühl, dass "die Forschungsreise" auch einmal dort enden wird und damit die Debatte beenden wird - ob wir das aber noch erleben werden, scheint mir fragwürdig.)

Was die Gene resp. DNA betrifft, so bedarf es auch mehr als nur des Esperantocharakters der DNA um einen genetischen Stammbaum allen Lebens zu entwerfen, da es ja noch weitere - vmtl. auch unentdeckte Faktorenkomplexe zu geben scheint, welche das Leben hervorbringen.
Gleichwohl ist dieser Esperantocharakter ein nicht unwichtiges Indiz für Abstammung. Jedenfalls noch viele Gelegenheiten für Nobelpreise!

Noch ein Bitte an Dich, Thomas:

Welche deutschsprachigen Werke zur Einführung in dieses Themengebiet (Genetik aktuell) kannst Du uns - ich nehme an und hoffe, ich bin hier nicht der einzige Interessent - empfehlen?
Danke!

MfG
Fischkopp
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Anmeldungsdatum: 08.11.2003
Beiträge: 1099

Beitrag(#108284) Verfasst am: 26.03.2004, 13:21    Titel: Gehring Fruchtfliege Antworten mit Zitat

@Martin

Ja, Gehring hieß der Typ, der im besagten Bericht auftrat! Danke Martin.
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Sokrateer
souverän



Anmeldungsdatum: 05.09.2003
Beiträge: 11649
Wohnort: Wien

Beitrag(#108287) Verfasst am: 26.03.2004, 13:28    Titel: Re: Lernfrage Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
das müssten wir sehr differenziert diskutieren, auch im Hinblick auf die Frage, um die es mir ging (dazu müssten wir uns mit bestimmten Auffassungen in der Evolutionsbiologie sehr intensiv befassen). Natürlich ist das Code-Stück _in_ dem genannten System eine 'hinreichende Bedingung' für die Erzeugung einer bestimmten Bildschirm-Ausgabe. Die Frage ist aber, ob Du durch Veränderung eines Codes die Eigenschaften der Grafikkarte verändern kannst. Auf die Evolution übertragen: kannst Du durch die Mechanismen, die 'Programme' auf Organismen laufen lassen, die Organismen umgestalten?

Ich denke nicht, dass das die Frage ist. Software kann die Grafikkarte natürlich nicht verändern. Aber wenn man die Grafikkarte durch einen Plotter ersetzt, dann kommt noch immer das gleiche raus, nämlich der Barnsley-Farn. Das sollte der Vergleich zeigen.

Im Gegensatz zu Software und Hardware kann die DNA nämlich ihre Hardware sehr wohl verändern, schließlich encodiert sie ja die Proteine, die in der Zelle herumschwirren. An der Stelle hinkt der Vergleich. Dafür war er aber auch nicht gedacht.

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Sicher macht die Information der DNA nur Sinn im Kontext einer Zelle mit Mitochondiren, Ribosomen und all den physikalischen, chemischen, usw. Effekten und Wachstumseffekten.


Womit Du wieder bei dem klassischen Henne-Ei-Problem bist.

Physikalische und chemische Effekte waren sicher zuerst da. Das ist ja wohl unbestritten. Selbstähnliche Wachstumsprozesse entstehen überall und ganz ohne das Einwirken von intelligenter Informationsverarbeitung. Solche Phänomene sieht man überall, von Kristallen, über Flussverläufe, bis hin zu Mauerrissen oder der Ausbreitung von Substanzen.

Mitochondrien haben selbst Erbinformation und sind halbe Zellen. Die kann man nicht rein zur Hardware zählen.

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Ein Busch lässt sich folgendermaßen beschrieben:
Code:
Axiom= ++++F
F= FF-[-F+F+F]+[+F-F-F]

Diese Information ergibt nur dann Sinn, wenn sie von einem Generator für L-Systeme, oder irgendwas, was entsprechendes Wachstum erzeugt, verwendet wird. Trotzdem ist es die Information, die den Busch ausmacht und es ist auch die Information, die von einer genetischen Evolution sinnvoll verändert werden könnte.


Sind wir uns darüber einig, dass Du über die Ontogenese eines 'echten' Busches durch diesen Code genau so viel lernen kannst wie durch ein Schachprogramm darüber, wie Menschen Schach spielen?

Informatik und AI haben unheimlich viel von Evolution und Gehirn gelernt.Umgekehrt scheinen Evolutionsbiologen, Hirnforscher usw. nicht sonderlich an den Erkentnissen aus den Computermodellen interessiert zu sein. Jedenfalls kommt mir das so vor.

Die Geschichte mit dem Blinddarm ist ein einfacher Fall eines irreführenden Suchraums, also eines Suchraums, der negativ korreliert ist. Nicht nur die Evolution, sondern jeglicher intelligenter Prozess hätte damit zu kämpfen.

Angenommen du befindest dich in einem Vulkankrater, der plötzlich anfängt Schwefel und CO2 zu spucken. Du siehst kaum die Hand vor deinen Augen. Ziel ist es eine möglichst hohe Stelle zu erreichen, an der du besser atmen kannst. Die höchste Stelle wäre ein steiler Hügel in der Mitte der Kraterebene, was du aber nicht weißt. Eine Strategie wäre ganz einfach bergauf zu gehen. Aber an fast allen Stellen des Kraters geht es bergauf nach außen, Richtung Kraterwand. Nur wenn du anfänglich schon im Einzugsbereich des Hügel warst, wirst du ihn finden. Ansonsten landest du immer am suboptimalen Kraterrand.

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Shadaik
evolviert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 26377
Wohnort: MG

Beitrag(#108297) Verfasst am: 26.03.2004, 13:49    Titel: Re: Lernfrage Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Hi Sokrateer,

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Zitat:

auf der DNA sind um Größenordnungen zu wenig Informationen, um einen Körper zu codieren. Vielleicht hast Du schon einmal ein Präparat gesehen, das die Blutgefäße beispielsweise des Herzmuskels zeigt. Kannst Du Dir vorstellen, wie die Information für die genaue Anordnung dieser Gefäße auf der DNA codiert ist?

Das ist aber eine irreführende Aussage. Natürlich muss das in der DNA codiert sein.


es ist definitiv nicht in der DNA codiert.

Definitiv? Wer definiert das?
da du dir in dieser Aussage so sicher bist gehe ich davon aus, dass dir jede auf der DNA eines menschen codierte Information bekannt ist.
Somit erkläre ich dich zum Heiligen Patron der Ärzte und Biologen und Vater des Zeitalters ohne Krankheiten.

Zitat:
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Es sicher nicht jede einzelne Verzweigung kodiert. Aber ich will doch vermuten, dass sich entsprechende Wachstumsgesetze plus formgebender Einschränkungen kodiert werden.

Man kann ja mit sogenannten L-Systemen wunderschöne Farne und Bäume im Computer wachsen lassen.


Schönes Beispiel. Du darfst bei der _Ausführung_ des Programms nicht vergessen, dass Du dazu einen Computer braucht. Genauso reicht die DNA nicht aus, weil sie eine _Zelle_ benötigt. Und die enthält eben auch Information.

In welcher Form sind diese gespeichert?
_________________
Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
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El Schwalmo
Naturalistischer Ignostiker



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Beitrag(#108300) Verfasst am: 26.03.2004, 13:55    Titel: Re: Lernfrage Antworten mit Zitat

Hi Sokrateer,

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
das müssten wir sehr differenziert diskutieren, auch im Hinblick auf die Frage, um die es mir ging (dazu müssten wir uns mit bestimmten Auffassungen in der Evolutionsbiologie sehr intensiv befassen). Natürlich ist das Code-Stück _in_ dem genannten System eine 'hinreichende Bedingung' für die Erzeugung einer bestimmten Bildschirm-Ausgabe. Die Frage ist aber, ob Du durch Veränderung eines Codes die Eigenschaften der Grafikkarte verändern kannst. Auf die Evolution übertragen: kannst Du durch die Mechanismen, die 'Programme' auf Organismen laufen lassen, die Organismen umgestalten?

Ich denke nicht, dass das die Frage ist.


indirekt schon, ich schrieb ganz bewusst _Mechanismen_. Das ist nämlich die Kernfrage.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Software kann die Grafikkarte natürlich nicht verändern. Aber wenn man die Grafikkarte durch einen Plotter ersetzt, dann kommt noch immer das gleiche raus, nämlich der Barnsley-Farn. Das sollte der Vergleich zeigen.


Das war aber nicht mein Punkt. Mein Punkt war, dass es ein Thread ist, eine _Bildungs_gleichung für eine Systemleistung aufzustellen, ein anderen, das _System_ zu 'programmieren'.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Im Gegensatz zu Software und Hardware kann die DNA nämlich ihre Hardware sehr wohl verändern, schließlich encodiert sie ja die Proteine, die in der Zelle herumschwirren. An der Stelle hinkt der Vergleich. Dafür war er aber auch nicht gedacht.


Wie gesagt, ich schrieb deshalb _Mechanismen_.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Sicher macht die Information der DNA nur Sinn im Kontext einer Zelle mit Mitochondiren, Ribosomen und all den physikalischen, chemischen, usw. Effekten und Wachstumseffekten.


Womit Du wieder bei dem klassischen Henne-Ei-Problem bist.

Physikalische und chemische Effekte waren sicher zuerst da. Das ist ja wohl unbestritten. Selbstähnliche Wachstumsprozesse entstehen überall und ganz ohne das Einwirken von intelligenter Informationsverarbeitung. Solche Phänomene sieht man überall, von Kristallen, über Flussverläufe, bis hin zu Mauerrissen oder der Ausbreitung von Substanzen.


Klar. Nur ist das Problem, ob diese Selbstähnlichkeiten die DNA _gemacht_ haben, oder ob durch die DNA Selbstähnlichkeiten _ausgenutzt_ werden, um irgendetwas zu codieren.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Mitochondrien haben selbst Erbinformation und sind halbe Zellen. Die kann man nicht rein zur Hardware zählen.


Das sehe ich jetzt nicht. Die sind, buchstäblich, 'Zellen in Zellen' (Hint: Endosymbionten-Theorie).

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

Sind wir uns darüber einig, dass Du über die Ontogenese eines 'echten' Busches durch diesen Code genau so viel lernen kannst wie durch ein Schachprogramm darüber, wie Menschen Schach spielen?

Informatik und AI haben unheimlich viel von Evolution und Gehirn gelernt. Umgekehrt scheinen Evolutionsbiologen, Hirnforscher usw. nicht sonderlich an den Erkentnissen aus den Computermodellen interessiert zu sein. Jedenfalls kommt mir das so vor.


Ich sehe eher, dass die manchmal zu viel davon in ihre Überlegungen einbauen.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Die Geschichte mit dem Blinddarm ist ein einfacher Fall eines irreführenden Suchraums, also eines Suchraums, der negativ korreliert ist. Nicht nur die Evolution, sondern jeglicher intelligenter Prozess hätte damit zu kämpfen.

Angenommen du befindest dich in einem Vulkankrater, der plötzlich anfängt Schwefel und CO2 zu spucken. Du siehst kaum die Hand vor deinen Augen. Ziel ist es eine möglichst hohe Stelle zu erreichen, an der du besser atmen kannst. Die höchste Stelle wäre ein steiler Hügel in der Mitte der Kraterebene, was du aber nicht weißt. Eine Strategie wäre ganz einfach bergauf zu gehen. Aber an fast allen Stellen des Kraters geht es bergauf nach außen, Richtung Kraterwand. Nur wenn du anfänglich schon im Einzugsbereich des Hügel warst, wirst du ihn finden. Ansonsten landest du immer am suboptimalen Kraterrand.


Das verstehe ich jetzt nicht. Der Blinddarm hatte bei den entfernten _Vorfahren_ des Menschen eine wichtig Funktion (Gärkammer). Bei uns als Nachfahren von Früchefressern ist so eine Gärkammer funktionslos. Wie willst Du so was mit Optimalitätskriterien diskutieren? Zudem kann der Blinddarm ja noch Doppelfunktionen aufweisen oder in ontogenetische constraints eingebunden sein.

Grüßle

Thomas
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El Schwalmo
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Beitrag(#108303) Verfasst am: 26.03.2004, 14:02    Titel: Re: Lernfrage Antworten mit Zitat

Hi Shadaik,

Shadaik hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

es ist definitiv nicht in der DNA codiert.

Definitiv? Wer definiert das?


okay, ich muss mich genauer ausdrücken. Auf der DNA ist nicht jede Struktur, die im Körper existiert, als Struktur codiert. Dazu reicht die Informationsmenge, die dort gespeichert werden kann, nicht aus.

Shadaik hat folgendes geschrieben:
da du dir in dieser Aussage so sicher bist gehe ich davon aus, dass dir jede auf der DNA eines menschen codierte Information bekannt ist.
Somit erkläre ich dich zum Heiligen Patron der Ärzte und Biologen und Vater des Zeitalters ohne Krankheiten.


Anders herum wird ein Schuh 'draus. Ich argumentierte gegen genzentristische Ansätze. Es ist nicht meine Aufgabe, zu zeigen, was auf der DNA nicht codiert ist, sondern deren Aufgabe, das zu zeigen. Ich habe Phänomene genannt, die schwer mit Information auf der DNA zu erklären sind.

Shadaik hat folgendes geschrieben:
Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Es sicher nicht jede einzelne Verzweigung kodiert. Aber ich will doch vermuten, dass sich entsprechende Wachstumsgesetze plus formgebender Einschränkungen kodiert werden.

Man kann ja mit sogenannten L-Systemen wunderschöne Farne und Bäume im Computer wachsen lassen.


Schönes Beispiel. Du darfst bei der _Ausführung_ des Programms nicht vergessen, dass Du dazu einen Computer braucht. Genauso reicht die DNA nicht aus, weil sie eine _Zelle_ benötigt. Und die enthält eben auch Information.

In welcher Form sind diese gespeichert?


In dem System, das die DNA abliest.

Grüßle

Thomas
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Shadaik
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Beitrag(#108311) Verfasst am: 26.03.2004, 14:08    Titel: Re: Lernfrage Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Hi Shadaik,

Shadaik hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

es ist definitiv nicht in der DNA codiert.

Definitiv? Wer definiert das?


okay, ich muss mich genauer ausdrücken. Auf der DNA ist nicht jede Struktur, die im Körper existiert, als Struktur codiert. Dazu reicht die Informationsmenge, die dort gespeichert werden kann, nicht aus.

Du sprichst hierbei vermutlich von Zwillingen und deren phänotypischer Unterschiede trotz genetischer Gleichheit?

Zitat:
In dem System, das die DNA abliest.

Du meinst die Information darüber, wie die Informationen der DNA auszulesen sind?
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El Schwalmo
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Beitrag(#108312) Verfasst am: 26.03.2004, 14:09    Titel: Re: Gene und Grundtypen Antworten mit Zitat

Hi Fischkopp,

Fischkopp hat folgendes geschrieben:

sind diese Grundtypen eigentlich fest definiert?


die der Kreationisten schon. Das sind Organismen, deren Gameten so kompatibel sind, dass eine Ontogenese zumindest bis zu dem Zeitpunkt in Gang kommt, an dem beide Genome exprimiert werden.

Fischkopp hat folgendes geschrieben:

Könnte ja sein, dass es sich um einen dehnbaren Begriff handelt. Das wäre ja nicht ungeschickt, denn immer, wenn weitere evobiolog. Erkenntnisse vorliegen, die einen derzeit als solchen definierten Grundtyp infrage stellen, geht man einen Schritt weiter in die Verallgemeinerung und schafft neue Grundtypen.


Das ist AFAIK nicht der Fall.

[ ... ]

Fischkopp hat folgendes geschrieben:

Was die Gene resp. DNA betrifft, so bedarf es auch mehr als nur des Esperantocharakters der DNA um einen genetischen Stammbaum allen Lebens zu entwerfen, da es ja noch weitere - vmtl. auch unentdeckte Faktorenkomplexe zu geben scheint, welche das Leben hervorbringen.
Gleichwohl ist dieser Esperantocharakter ein nicht unwichtiges Indiz für Abstammung. Jedenfalls noch viele Gelegenheiten für Nobelpreise!


So sehe ich das auch.

Fischkopp hat folgendes geschrieben:

Noch ein Bitte an Dich, Thomas:

Welche deutschsprachigen Werke zur Einführung in dieses Themengebiet (Genetik aktuell) kannst Du uns - ich nehme an und hoffe, ich bin hier nicht der einzige Interessent - empfehlen?


Ups, ich kenne nicht einmal englische, weil das nicht mein Interessegebiet ist. Die meisten Informationen habe ich so nebenher irgendwo aufgeschnappt. Systematisch habe ich mich damit noch nie befasst.

Das beste Buch, das ich kenne (das heißt nichts), ist

Coen, E. (2000) 'The Art of Genes. How Organisms Make Themselves' Oxford, Oxford Univ. Press

Da steht sehr viel drin und das Buch ist sehr interessant geschrieben.

Grüßle

Thomas
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Klaus-Peter
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Beitrag(#108313) Verfasst am: 26.03.2004, 14:13    Titel: Re: Lernfrage Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Alles Wesentliche ist in der DNA gespeichert: Nämlich die Strategie einer Nervenzelle.


Du würdest Dir einen Nobelpreis verdienen, wenn Du zeigen kannst, _wie_ das erfolgt.

Das ist das Ärgerliche an Diskussionen mit Dir. Wenn eine Aussage von Dir widerlegt ist, dann weichst Du aus, unter Verwendung von Strategien, die Du in Deinen Diskussionen mit Kreationisten gelernt hast.

Hier in diesem Fall: Wie die Strategie der Nervenzelle im Detail aussieht, ist irrelevant. Ich muss eine Strategie nicht kennen, um zu wissen dass da eine ist.

Es ging um die Frage, ob in der DNA genügend Informationen gespeichert sind, um daraus ein Lebewesen zu konstruieren. Und die Antwort von Sokrateer und mir ist: Selbstverständlich.

Allerdings ist nicht ein Bauplan gespeichert (was auch nie jemand behauptet hat), sondern eine erfolgreiche Strategie, die mit hoher Wahrscheinlichkeit aus einer Zelle durch Wachstum einen kompletten Organismus bastelt. Die DNA ist somit eher mit einem Kuchenrezept zu vergleichen. Da steht auch nicht drin, wie die Luftlöcher zu konstruieren sind, sondern dass man Backpulver hinzutun muss. Die Wirkung von Backpulver, Mehl und Kuchenform müssen vorausgesetzt werden, sonst gibt es keinen Kuchen.

Zitat:
Man könnte auch sagen: Du bastelst Dir sehr erfolgreich ein Weltbild.

Ich beschreibe eine wissenschaftliche Hypothese, die, wie alle Hypothesen falsch sein könnte. Meinetwegen kannst Du sie Weltbild nennen, das ändert aber nichts an der Tatsache, dass es die im Moment beste Hypothese ist (wenn ich richtig sehe, hast Du keine Gegenhypothese, sondern sagst nur, das was ich sage dürfe man nicht sagen, weil man es nicht 100%ig beweisen könne. Kommt Dir das Argument nicht bekannt vor?).

Den Rest ignoriere ich, da er noch mehr vom Thema wegführt.

Gruss

KP
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El Schwalmo
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Beitrag(#108318) Verfasst am: 26.03.2004, 14:21    Titel: Re: Lernfrage Antworten mit Zitat

Hi Shadaik,

Shadaik hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

okay, ich muss mich genauer ausdrücken. Auf der DNA ist nicht jede Struktur, die im Körper existiert, als Struktur codiert. Dazu reicht die Informationsmenge, die dort gespeichert werden kann, nicht aus.

Du sprichst hierbei vermutlich von Zwillingen und deren phänotypischer Unterschiede trotz genetischer Gleichheit?


nein, allgemeiner. Aber an den Zwillingen siehst Du das auch.

Shadaik hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
In dem System, das die DNA abliest.

Du meinst die Information darüber, wie die Informationen der DNA auszulesen sind?


Unter anderem auch, aber nicht nur. Dazu kommt noch, wie das, was dabei entseht, interpretiert werden soll. Die DNA allein ist so sinnvoll wie eine Diskette mit Daten. Erst in einem System, das diese Daten interpretieren kann, kann die etwas Sinnvolles leisten.

Grüßle

Thomas
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Shadaik
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Beitrag(#108325) Verfasst am: 26.03.2004, 14:28    Titel: Re: Lernfrage Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Hi Shadaik,

Shadaik hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

okay, ich muss mich genauer ausdrücken. Auf der DNA ist nicht jede Struktur, die im Körper existiert, als Struktur codiert. Dazu reicht die Informationsmenge, die dort gespeichert werden kann, nicht aus.

Du sprichst hierbei vermutlich von Zwillingen und deren phänotypischer Unterschiede trotz genetischer Gleichheit?


nein, allgemeiner. Aber an den Zwillingen siehst Du das auch.

Entschuldige, jetzt habe ich mich missverständlich ausgedrückt. Ich wollte die Zwillinge nur als offensichtlichstes Berispiel heranziehen.

Zitat:
Shadaik hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
In dem System, das die DNA abliest.

Du meinst die Information darüber, wie die Informationen der DNA auszulesen sind?


Unter anderem auch, aber nicht nur. Dazu kommt noch, wie das, was dabei entsteht, interpretiert werden soll.

Hier sehe ich keinen Grund, etwas anzunehmen was über Molekularphysik bzw. komplexe Reaktionschemie hinausgeht.

Zitat:
Die DNA allein ist so sinnvoll wie eine Diskette mit Daten. Erst in einem System, das diese Daten interpretieren kann, kann die etwas Sinnvolles leisten.

Ich würde sie eher mit einem Buch vergleichen, an dessen Anfang man in einer einfachen Universalsprache, die jeder versteht (Chemie) erklärt wird, wie man die Sprache des restlichen Buches liest.
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Sokrateer
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Beitrag(#108328) Verfasst am: 26.03.2004, 14:33    Titel: Re: Lernfrage Antworten mit Zitat

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Sokrateer hat folgendes geschrieben:

Physikalische und chemische Effekte waren sicher zuerst da. Das ist ja wohl unbestritten. Selbstähnliche Wachstumsprozesse entstehen überall und ganz ohne das Einwirken von intelligenter Informationsverarbeitung. Solche Phänomene sieht man überall, von Kristallen, über Flussverläufe, bis hin zu Mauerrissen oder der Ausbreitung von Substanzen.


Klar. Nur ist das Problem, ob diese Selbstähnlichkeiten die DNA _gemacht_ haben, oder ob durch die DNA Selbstähnlichkeiten _ausgenutzt_ werden, um irgendetwas zu codieren.

Ich behaupte nicht zu wissen, welche Wachstumsprozesse wie stark durch die DNA codiert sind. Nur würde ich das nicht wirklich als den relevanten Teil der Information betrachten. Das hat wohl eher mit der Frage zu tun, wie die ersten Zellen entstanden und weniger, wie Evolution heute abläuft.

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Mitochondrien haben selbst Erbinformation und sind halbe Zellen. Die kann man nicht rein zur Hardware zählen.


Das sehe ich jetzt nicht. Die sind, buchstäblich, 'Zellen in Zellen' (Hint: Endosymbionten-Theorie).

Der Hinweis auf Mitochondiren entkräftet aber nicht die Hypothese, dass sich der Bauplan im genetischen Erbgut befindet. Denn die Mitochondiren haben schließlich die mtDNA als Erbgut.

Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

Das verstehe ich jetzt nicht. Der Blinddarm hatte bei den entfernten _Vorfahren_ des Menschen eine wichtig Funktion (Gärkammer). Bei uns als Nachfahren von Früchefressern ist so eine Gärkammer funktionslos. Wie willst Du so was mit Optimalitätskriterien diskutieren? Zudem kann der Blinddarm ja noch Doppelfunktionen aufweisen oder in ontogenetische constraints eingebunden sein.

Einfach. Der Suchraum, also die Landschaft verändert sich halt. Über den Blinddarm kann man mittels meiner Überlegung nichts rausfinden. Aber sie eignet sich wesentlich besser um zu Veranschaulichen, warum es solche Konstruktionsfehler gibt und dass Evolution nicht stetig zu immer besseren Lösungen findet, sondern in Sackgassen (lokalen Optima) hängen bleibt.

Was hältst du eigentlich vom Versuch den tasmanischen Tiger zu Klonen? Lebendige Zellen stehen ja nicht zur Verfügung sondern nur DNA-Fragmente. Als Träger muss eine andere Eizelle gefunden werden und selbst die Mitochondrien müssen vom Träger stammen. Ist dieser Ansatz nicht vollkommen sinnlos, wenn sich soviel Evolution außerhalb des Erbmaterials abspielt?


Zuletzt bearbeitet von Sokrateer am 26.03.2004, 14:40, insgesamt einmal bearbeitet
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El Schwalmo
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Beitrag(#108330) Verfasst am: 26.03.2004, 14:36    Titel: Re: Lernfrage Antworten mit Zitat

Hi Klaus-Peter,

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Alles Wesentliche ist in der DNA gespeichert: Nämlich die Strategie einer Nervenzelle.


Du würdest Dir einen Nobelpreis verdienen, wenn Du zeigen kannst, _wie_ das erfolgt.

Das ist das Ärgerliche an Diskussionen mit Dir. Wenn eine Aussage von Dir widerlegt ist, dann weichst Du aus, unter Verwendung von Strategien, die Du in Deinen Diskussionen mit Kreationisten gelernt hast.


ärgerlich an Dir ist, dass Du etwas, was Du nicht belegen kannst, als _Widerlegung_ einer Aussage von mir wertest. Du hast nicht gezeigt, dass auf der DNA hinreichend Information gespeichert werden kann.

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Hier in diesem Fall: Wie die Strategie der Nervenzelle im Detail aussieht, ist irrelevant. Ich muss eine Strategie nicht kennen, um zu wissen dass da eine ist.


Und? _Wie_ wird diese Strategie _codiert_?

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Es ging um die Frage, ob in der DNA genügend Informationen gespeichert sind, um daraus ein Lebewesen zu konstruieren. Und die Antwort von Sokrateer und mir ist: Selbstverständlich.


Und ich habe das bezweifelt. Mit den üblichen Argumenten.

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Allerdings ist nicht ein Bauplan gespeichert (was auch nie jemand behauptet hat), sondern eine erfolgreiche Strategie, die mit hoher Wahrscheinlichkeit aus einer Zelle durch Wachstum einen kompletten Organismus bastelt. Die DNA ist somit eher mit einem Kuchenrezept zu vergleichen. Da steht auch nicht drin, wie die Luftlöcher zu konstruieren sind, sondern dass man Backpulver hinzutun muss. Die Wirkung von Backpulver, Mehl und Kuchenform müssen vorausgesetzt werden, sonst gibt es keinen Kuchen.


Genau. Also kommt noch die Information, die im Koch und in den Substanzen steckt, dazu. Genauso wie bei der DNA. Und nun solltest Du Dir das, was Du über Gene bei Dawkins gelernt hast, in diesem Kontext nochmals genauer durch den Kopf gehen lassen. Wenn Du dann nicht merkst, wo die Probleme liegen, solltest Du die Threads, in denen Du nicht mehr weiter diskutiert hast, nochmals durchlesen. Wenn Du den Eindruck hast, dass ich Dich zu dort früh mit Detailwissen zugeballert habe, bietet es ich vielleicht an, die Quellen, die ich genannt habe, zu lesen.

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Man könnte auch sagen: Du bastelst Dir sehr erfolgreich ein Weltbild.

Ich beschreibe eine wissenschaftliche Hypothese,


Bestenfalls. Aber das als _Widerlegung_ dessen, was ich behauptet habe, zu bezeichnen, ist putzig.

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
die, wie alle Hypothesen falsch sein könnte. Meinetwegen kannst Du sie Weltbild nennen, das ändert aber nichts an der Tatsache, dass es die im Moment beste Hypothese ist (wenn ich richtig sehe, hast Du keine Gegenhypothese, sondern sagst nur, das was ich sage dürfe man nicht sagen, weil man es nicht 100%ig beweisen könne. Kommt Dir das Argument nicht bekannt vor?).
Den Rest ignoriere ich, da er noch mehr vom Thema wegführt.


Im Gegenteil, das _ist_ genau das Thema: Du musst zeigen, wie weit Du mit Deinem Reduktionismus kommst. Und nicht gleich losjaunern, dass man die Karten sehen will.

Ein sinnvoller Weg wäre gewesen, durchzudiskutieren, was man eigentlich aus einen Schach_programm_ darüber lernen kann, wie _Menschen_ Schach spielen. Dabei hättest Du en passant einiges über die Problematik Deines Standpunkts lernen können.

Grüßle

Thomas
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Sokrateer
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Beitrag(#108332) Verfasst am: 26.03.2004, 14:37    Titel: Re: Lernfrage Antworten mit Zitat

Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Allerdings ist nicht ein Bauplan gespeichert (was auch nie jemand behauptet hat), sondern eine erfolgreiche Strategie,

Kommt drauf an, was mit Bauplan gemeint ist. In einem Bauplan für ein Haus ist auch nicht jeder Ziegel verzeichnet.
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Darwin Upheaval
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Beitrag(#108352) Verfasst am: 26.03.2004, 15:25    Titel: Antworten mit Zitat

Hi Klaus-Peter,

Zitat:
Es ging um die Frage, ob in der DNA genügend Informationen gespeichert sind, um daraus ein Lebewesen zu konstruieren. Und die Antwort von Sokrateer und mir ist: Selbstverständlich.


Selbstverständlich nicht Ausrufezeichen Beim Ablesen der Gene schafft sich der Organismus selber Systemzustände, in die eine Reihe von "Informationen" einfließen, die nicht den Genen entstammen.

Ein negatives Beispiel ist das (IIRC) rechtsdrehende Stereoisomer des Kontergans. Wie die morphogenetische Entwicklung im Detail abläuft, welche Gene wie, zu welchem Zeitpunkt und für wie lange aktiviert werden, hängt von der Gesamtheit der Stoffwechselprozesse ab. Das Genom steckt nur den "allgemeinen Rahmen" ab.

Grüße

Martin
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El Schwalmo
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Beitrag(#108353) Verfasst am: 26.03.2004, 15:26    Titel: Re: Lernfrage Antworten mit Zitat

Hi Shadaik,

Shadaik hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

nein, allgemeiner. Aber an den Zwillingen siehst Du das auch.

Entschuldige, jetzt habe ich mich missverständlich ausgedrückt. Ich wollte die Zwillinge nur als offensichtlichstes Berispiel heranziehen.


das Beispiel war sehr gut, es zeigt das Wesentliche.

Shadaik hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

Unter anderem auch, aber nicht nur. Dazu kommt noch, wie das, was dabei entsteht, interpretiert werden soll.

Hier sehe ich keinen Grund, etwas anzunehmen was über Molekularphysik bzw. komplexe Reaktionschemie hinausgeht.


Ich auch nicht. Mit 'interpretiert' meinte ich beispielsweise, wie eine Zelle reagiert, wenn ein Signal empfangen wird, also beispielsweise ein Hormonmolekül, das in einer anderen Zelle hergestellt wurde (via Transkription und Translation), an einen Rezeptor andockt.

Shadaik hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:
Die DNA allein ist so sinnvoll wie eine Diskette mit Daten. Erst in einem System, das diese Daten interpretieren kann, kann die etwas Sinnvolles leisten.

Ich würde sie eher mit einem Buch vergleichen, an dessen Anfang man in einer einfachen Universalsprache, die jeder versteht (Chemie) erklärt wird, wie man die Sprache des restlichen Buches liest.


Das passt IMAO nicht, denn auf der DNA steht nirgends eine 'Gebrauchsanleitung'.

Grüßle

Thomas
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Anmeldungsdatum: 10.01.2004
Beiträge: 1534

Beitrag(#108355) Verfasst am: 26.03.2004, 15:28    Titel: Re: Lernfrage Antworten mit Zitat

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben:
Allerdings ist nicht ein Bauplan gespeichert (was auch nie jemand behauptet hat), sondern eine erfolgreiche Strategie,

Kommt drauf an, was mit Bauplan gemeint ist. In einem Bauplan für ein Haus ist auch nicht jeder Ziegel verzeichnet.

Ja. Aber auch mit dem Bauplan für ein Haus ist die DNA nicht zu vergleichen. Immerhin muss ein Lebewesen zu jedem Zeitpunkt seines Lebens perfekt genug funktionieren, um den Moment danach auch noch zu erleben. Das heisst, jede einzelne Zelle hat eine genaue Handlungsanweisung, was sie als nächstes tun soll. Die tatsächliche Handlung hängt dann natürlich von der Anweisung selber sowie den vorgefundenen Umgebungsbedingungen und inneren Zuständen ab. In einem Bauplan dagegen würden bestimmte Features (Wände, Fenster, Möbel, ...) in ihrer Lage und Anordnung festgelegt. So etwas passiert in Lebewesen definitiv nicht. (Für manchen Mitleser: "definitiv" hat nichts mit "definieren" zu tun, sondern heisst so was ähnliches wie "abschliessend", "letztendlich")

Gruss

KP
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El Schwalmo
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Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9073

Beitrag(#108357) Verfasst am: 26.03.2004, 15:34    Titel: Re: Lernfrage Antworten mit Zitat

Hi Sokrateer,

[ übereinstimmungshalber gesnippt ]

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Mitochondrien haben selbst Erbinformation und sind halbe Zellen. Die kann man nicht rein zur Hardware zählen.


Das sehe ich jetzt nicht. Die sind, buchstäblich, 'Zellen in Zellen' (Hint: Endosymbionten-Theorie).

Der Hinweis auf Mitochondiren entkräftet aber nicht die Hypothese, dass sich der Bauplan im genetischen Erbgut befindet. Denn die Mitochondiren haben schließlich die mtDNA als Erbgut.


Das verstehe ich jetzt nicht. Du weißt sicher auch, dass Zellen nicht in der Lage sind, Mitochondrien neu zu bilden. Mitochondrien sind auch alleine nicht überlebensfähig, weil bestimmte Informationen zu deren Bildung auf der DNA der Zelle liegen. Kann aber sein, dass wir aneinander vorbeireden.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben:

Das verstehe ich jetzt nicht. Der Blinddarm hatte bei den entfernten _Vorfahren_ des Menschen eine wichtig Funktion (Gärkammer). Bei uns als Nachfahren von Früchefressern ist so eine Gärkammer funktionslos. Wie willst Du so was mit Optimalitätskriterien diskutieren? Zudem kann der Blinddarm ja noch Doppelfunktionen aufweisen oder in ontogenetische constraints eingebunden sein.

Einfach. Der Suchraum, also die Landschaft verändert sich halt. Über den Blinddarm kann man mittels meiner Überlegung nichts rausfinden.


So habe ich das auch interpretiert.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Aber sie eignet sich wesentlich besser um zu Veranschaulichen, warum es solche Konstruktionsfehler gibt und dass Evolution nicht stetig zu immer besseren Lösungen findet, sondern in Sackgassen (lokalen Optima) hängen bleibt.


Das war ein Problem, das schon Dobzhansky in seinem Klassiker 1937 umtrieb und für das Wright eine Lösung fand. Aber mit dem Problem, um das es uns hier geht, hat das wirklich nichts zu tun. Es geht ja darum, dass (mindestens) _zwei_ Selektionsdrücke herrschen, die sich _gegenseitig_ in Schach halten.

Sokrateer hat folgendes geschrieben:
Was hältst du eigentlich vom Versuch den tasmanischen Tiger zu Klonen? Lebendige Zellen stehen ja nicht zur Verfügung sondern nur DNA-Fragmente. Als Träger muss eine andere Eizelle gefunden werden und selbst die Mitochondrien müssen vom Träger stammen. Ist dieser Ansatz nicht vollkommen sinnlos, wenn sich soviel Evolution außerhalb des Erbmaterials abspielt?


So sehe ich das auch. In den letzten Nummern von Spektrum sind zwei sehr interessante Artikel erschienen (über 'junk DNA' und Epigenetik). Wenn man das zusätzlich bedenkt, scheinen mir solche Versuche wenig Erfolg versprechend zu sein.

Grüßle

Thomas
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