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Idole
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Yamato
Teeist



Anmeldungsdatum: 21.08.2004
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Beitrag(#312872) Verfasst am: 08.07.2005, 02:56    Titel: Idole Antworten mit Zitat

Sind Idole eher schädlich oder nützlich? Ich habe den Eindruck, dass Idole eine Art Gottesersatz sind, auf den man alles Positive (Erstrebenswerte) projezieren kann, was dazu führt, dass man sich selbst nicht mehr frei entwickeln kann. Auf der anderen Seite können Idole auch Vorbilder sein, die es zu erreichen und möglicherweise zu übertreffen gilt. Was denkt ihr?
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Wygotsky
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Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#312884) Verfasst am: 08.07.2005, 07:58    Titel: Antworten mit Zitat

Jugendliche machen sich eben Gedanken, was für eine Art Erwachsener sie werden wollen. Dazu suchen sie nach Identifikationsmöglichkeiten. In unserer Gesellschaft sind die Lebenswelten von Jugendlichen und Erwachsenen fast völlig getrennt. Jugendliche kennen nur wenige Erwachsene, und von denen meist nur das Freizeitverhalten. Das macht es schwierig, eine Identifikationsfigur zu finden. Ich finde es ziemlich normal, wenn viele Jugendliche dann auf Erwachsene ausweichen, die sie zumindest medial an ihrem Erwachsenenleben teilhaben lassen: Fußballer, Pop-Musiker, Schauspieler, Promis, usw.

Die starke Trennung von Jugendkultur und Erwachsenenkultur finde ich nicht gut, weil sie meiner Meinung nach den Übergang ins Erwachsenenleben schwierig macht.
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Yamato
Teeist



Anmeldungsdatum: 21.08.2004
Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore

Beitrag(#312970) Verfasst am: 08.07.2005, 13:54    Titel: Antworten mit Zitat

Können Erwachsene keine Idole haben?
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phoenix
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Anmeldungsdatum: 26.04.2005
Beiträge: 937

Beitrag(#313066) Verfasst am: 08.07.2005, 16:45    Titel: Antworten mit Zitat

Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Die starke Trennung von Jugendkultur und Erwachsenenkultur finde ich nicht gut, weil sie meiner Meinung nach den Übergang ins Erwachsenenleben schwierig macht.


Es gibt auch die Entwicklung, dass sich (ältere) Erwachsene die Symbole der Jugendlichkeit aneignen und junge Leute zum "konservativen Spiesser" werden, weil es ihnen als die letzte Möglichkeit erscheint, sich von der Welt der Erwachsenen abzugrenzen.
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Wygotsky
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Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#313071) Verfasst am: 08.07.2005, 16:56    Titel: Antworten mit Zitat

Tobias Brandt hat folgendes geschrieben:
Können Erwachsene keine Idole haben?

Sicherlich auch. Aber uneingeschränkte Bewunderung für eine bestimmte Person erlebe ich unter Erwachsenen selten. Man schätzt an einem Menschen bestimmte Eigenschaften, sieht aber auch die negativen Seiten.

Clement hat folgendes geschrieben:
Andererseits gibt es die Entwicklung, dass sich (ältere) Erwachsene die Symbole der Jugendlichkeit aneignen und junge Leute zum "konservativen Spiesser" werden, weil es ihnen als die letzte Möglichkeit erscheint, sich von der Welt der Erwachsenen abzugrenzen.

Das ändert nichts daran, dass Jugendliche und Erwachsene im wirklichen Leben meist wenig miteinander zu tun haben. Jugendliche erleben ihre Eltern in der Freizeit und Lehrer und Sozialpädagogen im Beruf. Schwierig, sich unter diesen Bedingungen ein realistisches Bild davon zu machen, wie Erwachsene leben.
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Yamato
Teeist



Anmeldungsdatum: 21.08.2004
Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore

Beitrag(#313072) Verfasst am: 08.07.2005, 16:59    Titel: Antworten mit Zitat

Clement hat folgendes geschrieben:
Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Die starke Trennung von Jugendkultur und Erwachsenenkultur finde ich nicht gut, weil sie meiner Meinung nach den Übergang ins Erwachsenenleben schwierig macht.

Es gibt auch die Entwicklung, dass sich (ältere) Erwachsene die Symbole der Jugendlichkeit aneignen und junge Leute zum "konservativen Spiesser" werden, weil es ihnen als die letzte Möglichkeit erscheint, sich von der Welt der Erwachsenen abzugrenzen.

Dienen Idole also der Bindung innerhalb von Gruppen und der Abgrenzung der Gruppen gegeneinander?
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Yamato
Teeist



Anmeldungsdatum: 21.08.2004
Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore

Beitrag(#313074) Verfasst am: 08.07.2005, 17:02    Titel: Antworten mit Zitat

Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Tobias Brandt hat folgendes geschrieben:
Können Erwachsene keine Idole haben?

Sicherlich auch. Aber uneingeschränkte Bewunderung für eine bestimmte Person erlebe ich unter Erwachsenen selten. Man schätzt an einem Menschen bestimmte Eigenschaften, sieht aber auch die negativen Seiten.

Mir fällt spontan Johannes Paul II. oder Mutter Theresa ein.
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Wygotsky
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Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#313079) Verfasst am: 08.07.2005, 17:09    Titel: Antworten mit Zitat

Tobias Brandt hat folgendes geschrieben:
Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Tobias Brandt hat folgendes geschrieben:
Können Erwachsene keine Idole haben?

Sicherlich auch. Aber uneingeschränkte Bewunderung für eine bestimmte Person erlebe ich unter Erwachsenen selten. Man schätzt an einem Menschen bestimmte Eigenschaften, sieht aber auch die negativen Seiten.

Mir fällt spontan Johannes Paul II. oder Mutter Theresa ein.

Von solchen Leuten weiß ich aus den Medien. Aus eigener Anschauung kenne ich so etwas nicht.

Aber du hast mit deinem Bespiel natürlich recht. Uneingeschränkte Bewunderung für eine Person gibt es auch unter Erwachsenen. Ich finde so etwas unreif.
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Wygotsky
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Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#313084) Verfasst am: 08.07.2005, 17:15    Titel: Antworten mit Zitat

Tobias Brandt hat folgendes geschrieben:
Clement hat folgendes geschrieben:
Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Die starke Trennung von Jugendkultur und Erwachsenenkultur finde ich nicht gut, weil sie meiner Meinung nach den Übergang ins Erwachsenenleben schwierig macht.

Es gibt auch die Entwicklung, dass sich (ältere) Erwachsene die Symbole der Jugendlichkeit aneignen und junge Leute zum "konservativen Spiesser" werden, weil es ihnen als die letzte Möglichkeit erscheint, sich von der Welt der Erwachsenen abzugrenzen.

Dienen Idole also der Bindung innerhalb von Gruppen und der Abgrenzung der Gruppen gegeneinander?

Keine Ahnung. Aus diesem Blickwinkel habe ich noch nicht darüber nachgedacht. Ich wollte so etwas jedenfalls nicht implizieren.

Mir scheint, dass die besondere Bedeutung von Idolen in der Jugend nicht der Abgrenzung zur Welt der Erwachsenen dient sondern sich eher daraus ergibt. Weil man real wenig über Erwachsene in Erfahrung bringen kann, muss man auf die Identifikationsangebote zurückgreifen, die medial verfügbar sind. Auf Stars zum Beispiel.

Wenn Kinder und Erwachsene mehr miteinander zu tun hätten, würden vielleicht mehr Erwachsene aus dem Bekanntenkreis idealisiert. Den Vorteil sehe ich darin, dass man von denen leichter ein realistisches Bild gewinnen kann als von Leuten, denen man im Leben nie begegnet ist.
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phoenix
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Anmeldungsdatum: 26.04.2005
Beiträge: 937

Beitrag(#313085) Verfasst am: 08.07.2005, 17:16    Titel: Antworten mit Zitat

Tobias Brandt hat folgendes geschrieben:
Clement hat folgendes geschrieben:
Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Die starke Trennung von Jugendkultur und Erwachsenenkultur finde ich nicht gut, weil sie meiner Meinung nach den Übergang ins Erwachsenenleben schwierig macht.

Es gibt auch die Entwicklung, dass sich (ältere) Erwachsene die Symbole der Jugendlichkeit aneignen und junge Leute zum "konservativen Spiesser" werden, weil es ihnen als die letzte Möglichkeit erscheint, sich von der Welt der Erwachsenen abzugrenzen.

Dienen Idole also der Bindung innerhalb von Gruppen und der Abgrenzung der Gruppen gegeneinander?


Die Idole hatte ich bei meinem Posting gar nicht im Sinn, aber deine Frage würde ich bejahen. Sie können es zumindest. Ich persönlich begreife erst jetzt und nach und nach, wie wichtig den meisten Menschen Abgrenzung und Distinktion sind.
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Yamato
Teeist



Anmeldungsdatum: 21.08.2004
Beiträge: 4548
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Beitrag(#313088) Verfasst am: 08.07.2005, 17:19    Titel: Antworten mit Zitat

Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Aber du hast mit deinem Bespiel natürlich recht. Uneingeschränkte Bewunderung für eine Person gibt es auch unter Erwachsenen. Ich finde so etwas unreif.

Das finde ich auch. Deshalb die Fragestellung, ob solch einer Verehrung vielleicht doch etwas gutes abgewonnen werden kann. Immerhin kan sie integrierend wirken.
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phoenix
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Anmeldungsdatum: 26.04.2005
Beiträge: 937

Beitrag(#313091) Verfasst am: 08.07.2005, 17:22    Titel: Antworten mit Zitat

These: Idole erfüllen in einer hierarchisch gegliederten Gesellschaft die Funktion, den schlechter Gestellten eine Projektionsfläche zu bieten, an denen sie ihr Selbst wieder aufrichten können, was wiederum für das Funktionieren der hierarchisch gegliederten Gesellschaft Vorraussetzung ist.
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Othilic
Gast






Beitrag(#313095) Verfasst am: 08.07.2005, 17:27    Titel: Antworten mit Zitat

Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Jugendliche machen sich eben Gedanken, was für eine Art Erwachsener sie werden wollen. Dazu suchen sie nach Identifikationsmöglichkeiten. In unserer Gesellschaft sind die Lebenswelten von Jugendlichen und Erwachsenen fast völlig getrennt. Jugendliche kennen nur wenige Erwachsene, und von denen meist nur das Freizeitverhalten.


Das hängt, denke ich, von der Schulform ab. Hauptschüler beginnen schon mit 15 ihre Ausbildung in Betrieben, leben also auch in der Welt der Erwachsenen.
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Yamato
Teeist



Anmeldungsdatum: 21.08.2004
Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore

Beitrag(#313102) Verfasst am: 08.07.2005, 17:32    Titel: Antworten mit Zitat

Clement hat folgendes geschrieben:
These: Idole erfüllen in einer hierarchisch gegliederten Gesellschaft die Funktion, den schlechter Gestellten eine Projektionsfläche zu bieten, an denen sie ihr Selbst wieder aufrichten können, was wiederum für das Funktionieren der hierarchisch gegliederten Gesellschaft Vorraussetzung ist.

Das ist, denke ich, richtig. Dafür spricht auch der hohe Stellenwert von Statussymbolen (Autos, Handy,... ), die den schlechter Gestellten scheinbar näher an die Glitzerwelt der Stars heranbringt.
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Wygotsky
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Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#313103) Verfasst am: 08.07.2005, 17:35    Titel: Antworten mit Zitat

Tobias Brandt hat folgendes geschrieben:
Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Aber du hast mit deinem Bespiel natürlich recht. Uneingeschränkte Bewunderung für eine Person gibt es auch unter Erwachsenen. Ich finde so etwas unreif.

Das finde ich auch. Deshalb die Fragestellung, ob solch einer Verehrung vielleicht doch etwas gutes abgewonnen werden kann. Immerhin kann sie integrierend wirken.

Ja, aber zugleich wirken sie auch abgrenzend. Wer am Idol etwas auszusetzen hat, wird zum Outsider, vielleicht sogar zum Feind.

Ich denke, dass Idole schon eine positive Wirkung entfalten können. Zunächst einmal, um sich von alten Identifikationen zu lösen. Man erfährt von Leuten, die man viel besser findet, als diejenigen, mit denen man sich bislang identifiziert hat. Zwar gerät man so in neue Abhängigkeit, aber man ist eben auch eine alte Abhängigkeit losgeworden. Wenn man mehrfach durch solch einen Zyklus von Enttäuschung und Begeisterung gegangen ist, sieht man die Dinge vielleicht differenzierter. Und das man negative Aspekte an einem Idol erkennt, heißt ja noch nicht, dass die Ideale, für die es stand, hinfällig sind. Durch ein Idol ist man vielleicht mit etwas in Berührung gekommen, das dauerhaft eine Rolle im eigenen Leben spielen wird.

Außerdem kann die rückhaltlose Identifikation mit einem Idol auch Kräfte freisetzen, die man sonst nicht so leicht aufbringen könnte. Ich habe den schon den Eindruck, dass ich mich früher leichter und mit größerem Schwung auf neue Dinge eingelassen habe. Heute bin ich vorsichtiger und schaue gleich nach den möglichen Nachteilen und Risiken. Das führt dann auch oft dazu, dass ich mich erst gar nicht engagiere.
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Wygotsky
registrierter User



Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#313107) Verfasst am: 08.07.2005, 17:39    Titel: Antworten mit Zitat

Othilic hat folgendes geschrieben:
Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Jugendliche machen sich eben Gedanken, was für eine Art Erwachsener sie werden wollen. Dazu suchen sie nach Identifikationsmöglichkeiten. In unserer Gesellschaft sind die Lebenswelten von Jugendlichen und Erwachsenen fast völlig getrennt. Jugendliche kennen nur wenige Erwachsene, und von denen meist nur das Freizeitverhalten.


Das hängt, denke ich, von der Schulform ab. Hauptschüler beginnen schon mit 15 ihre Ausbildung in Betrieben, leben also auch in der Welt der Erwachsenen.


Ja. Und ich denke, dass sie dadurch vollständigere und realistischere Bilder vom Erwachsensein erhalten.
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Wygotsky
registrierter User



Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#313108) Verfasst am: 08.07.2005, 17:41    Titel: Antworten mit Zitat

Clement hat folgendes geschrieben:
These: Idole erfüllen in einer hierarchisch gegliederten Gesellschaft die Funktion, den schlechter Gestellten eine Projektionsfläche zu bieten, an denen sie ihr Selbst wieder aufrichten können, was wiederum für das Funktionieren der hierarchisch gegliederten Gesellschaft Vorraussetzung ist.

Zur hierarchisch gegliederten Gesellschaft gehört ja auch der Traum, nach oben zu kommen, und die Angst, abzusteigen. Das gilt bei uns als Grundlage der Leistungsbereitschaft und der Einhaltung von Normen.
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Yamato
Teeist



Anmeldungsdatum: 21.08.2004
Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore

Beitrag(#313116) Verfasst am: 08.07.2005, 17:49    Titel: Antworten mit Zitat

Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Ja, aber zugleich wirken sie auch abgrenzend. Wer am Idol etwas auszusetzen hat, wird zum Outsider, vielleicht sogar zum Feind.

Ich denke, dass Idole schon eine positive Wirkung entfalten können. Zunächst einmal, um sich von alten Identifikationen zu lösen. Man erfährt von Leuten, die man viel besser findet, als diejenigen, mit denen man sich bislang identifiziert hat. Zwar gerät man so in neue Abhängigkeit, aber man ist eben auch eine alte Abhängigkeit losgeworden. Wenn man mehrfach durch solch einen Zyklus von Enttäuschung und Begeisterung gegangen ist, sieht man die Dinge vielleicht differenzierter. Und das man negative Aspekte an einem Idol erkennt, heißt ja noch nicht, dass die Ideale, für die es stand, hinfällig sind.

Also könnte man sagen, die zunächst naive Verehrung und die anschließende Enttäuschung führt dazu, dass man fähig ist Kritik zu üben und Zweifel zu äußern, auch an sich selbst.
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Wygotsky
registrierter User



Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#313119) Verfasst am: 08.07.2005, 17:56    Titel: Antworten mit Zitat

Tobias Brandt hat folgendes geschrieben:
Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Ja, aber zugleich wirken sie auch abgrenzend. Wer am Idol etwas auszusetzen hat, wird zum Outsider, vielleicht sogar zum Feind.

Ich denke, dass Idole schon eine positive Wirkung entfalten können. Zunächst einmal, um sich von alten Identifikationen zu lösen. Man erfährt von Leuten, die man viel besser findet, als diejenigen, mit denen man sich bislang identifiziert hat. Zwar gerät man so in neue Abhängigkeit, aber man ist eben auch eine alte Abhängigkeit losgeworden. Wenn man mehrfach durch solch einen Zyklus von Enttäuschung und Begeisterung gegangen ist, sieht man die Dinge vielleicht differenzierter. Und das man negative Aspekte an einem Idol erkennt, heißt ja noch nicht, dass die Ideale, für die es stand, hinfällig sind.

Also könnte man sagen, die zunächst naive Verehrung und die anschließende Enttäuschung führt dazu, dass man fähig ist Kritik zu üben und Zweifel zu äußern, auch an sich selbst.

So stelle ich mir das zumindest vor.

Ich glaube aber noch etwas anderes. Anstelle einem Ideal nachzueifern, fängt man an, sich seine eigene Identität zusammenzubasteln. Man nimmt sich von jedem Idol das, was einem gefällt oder was zu einem passt.
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Yamato
Teeist



Anmeldungsdatum: 21.08.2004
Beiträge: 4548
Wohnort: Singapore

Beitrag(#313134) Verfasst am: 08.07.2005, 18:28    Titel: Antworten mit Zitat

Wygotsky hat folgendes geschrieben:
Tobias Brandt hat folgendes geschrieben:
Also könnte man sagen, die zunächst naive Verehrung und die anschließende Enttäuschung führt dazu, dass man fähig ist Kritik zu üben und Zweifel zu äußern, auch an sich selbst.

So stelle ich mir das zumindest vor.

Ich glaube aber noch etwas anderes. Anstelle einem Ideal nachzueifern, fängt man an, sich seine eigene Identität zusammenzubasteln. Man nimmt sich von jedem Idol das, was einem gefällt oder was zu einem passt.

Ja, dazu ist die vorläufige Orientierung an anderen Personen wohl notwedig.
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Poldi
Bin Daheim



Anmeldungsdatum: 16.07.2003
Beiträge: 4559
Wohnort: Bavarian Congo

Beitrag(#313165) Verfasst am: 08.07.2005, 19:22    Titel: Antworten mit Zitat

Also, ich weiß nicht, ich kann mit Idolen so nun absolut nichts anfangen ...
ich meine, ok, es gibt einige Leute, die ich für das, was sie geleistet haben, achte und für das, was sie erreicht habe, bewundere, aber das war´s auch schon ...
z.B. ich hab vor den Leistungen Ghandis höchsten Respekt, aber ich weiß auch, daß seine Methode absolut nicht für mich geeignet ist.

Ich hab nunmal nur ein Idol ... mich Cool
Ich mach meinen Mist selber und ich löffle die Suppe auch selber aus, die ich mir einbrocke ...
_________________
gG,
Poldi
Doch leider kanns gefählich sein, den Satan in dir zu verstehen.
Jeder Mensch ein Sünderschwein, Oh christliches Vergehen.
Die Trennung zwischen Gut und Bös die wirst du niemals finden
nur leider kanns gefährlich sein das den Pfaffen auf die Nasen zu binden.
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Wygotsky
registrierter User



Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#313178) Verfasst am: 08.07.2005, 19:44    Titel: Antworten mit Zitat

Bei mir ist es so, dass ich in bestimmten Bereichen Leute habe, an denen ich mich orientiere. Zum Beispiel im Beruf. Da gibt es Leute, die bestimmte Sachen besser können als ich. Da schaue ich dann genau hin, was ich von denen lernen kann, dass ich einmal so gut werde wie die.

Aber da geht es ja nie um den ganzen Menschen. Einem ganzen Menschen rückhaltlos nacheifern, genau so werden und sein wollen, wie der? Ne, da geht's mir wohl eher wie Poldi.
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wowie
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Anmeldungsdatum: 18.06.2005
Beiträge: 80
Wohnort: frankfurt/main//GER

Beitrag(#313414) Verfasst am: 09.07.2005, 09:10    Titel: Antworten mit Zitat

@wygotski & tobias brandt & all others
das mit der trennung von 'kind' & 'erwachsenem' stimme ich dir voll zu. das ist auch sehr sehr wichtig ! besonders auch für die ideale.

was ich am wichtigsten finde bei idolen, ist selbstsicherheit und soziale aktzeptanz.
also identität als 'gebrauchsanweisung des lebens' und als 'attrakor' für andere individuen.

ich glaube es sind meist die menschen idole/ideale die von vielen als erfolgreich und besonders 'gemocht'/anziehend dargestellt werden.
oder die für etwas ganz besonderes stehen, für universell anerkannte werte. das kann natürlich auch bis zur besseren 'arbeit' am arbeitsplatz gehen.

die wahl der idole hat auch sehr viel mit autorität zu tun. man kann sich glaube ich nur idole suchen/nehmen wenn man frei ist von bestimmten fixierungen.
allerdings kann die erneute fixierung im falle der unzufriedenheit auch zum fetisch werden !
pop-fetisch. besonders wenn man ausgegrenzt ist.

letztenendes, auf der höchsten stufe der autorität und des selbstwertes, ist man sein eigenes idol.
also als ideale vorstellung.
wenn man aber noch nicht weis wer man ist und was man will sollte man sich 'identifizieren'/adaptieren können um 'jemand besonderes' zu werden.
tragisch echt tragisch
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Wygotsky
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Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#313423) Verfasst am: 09.07.2005, 09:51    Titel: Antworten mit Zitat

wowie hat folgendes geschrieben:
ich glaube es sind meist die menschen idole/ideale die von vielen als erfolgreich und besonders 'gemocht'/anziehend dargestellt werden.

Hier dürften gerade die Medien eine starke Rolle spielen. Die Zeit, die von Kindern für Medienkonsum aufgewendet wird, dürfte in vielen Fällen länger sein, als die in der Schule oder mit Freunden verbrachte. Was in den Medien als erfolgreich und populär dargestellt wird, kann manchmal ganz schön reaktionär sein. Und in vielen Fällen ist es einfach sehr lebensfern. (Was im Hinblick auf Ideale natürlich auch wieder ein Vorteil sein kann.)
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wowie
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Anmeldungsdatum: 18.06.2005
Beiträge: 80
Wohnort: frankfurt/main//GER

Beitrag(#313562) Verfasst am: 09.07.2005, 17:12    Titel: Antworten mit Zitat

ja echt tragisch.
wir brauchen 'einfach' ein besseres bildungssystem und dann wäre diese tragik schon gemildert und vor allem die notwendigkeit der identifiziewrung würde sich erleichtern da man lernen würde mit unterschieden besser umzugehen.

das idol würde sich dann im sinne eines humanismus sehr stark beschränken und vielleicht noch nicht einmal gebraucht werden da die direkte vermittlung von identität, also durch eltern(verwandte), schule, freunde und öffentlichkeit, schon gewährleistet wäre.

vivalaAufklärung Smilie
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Wygotsky
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Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#313590) Verfasst am: 09.07.2005, 18:02    Titel: Antworten mit Zitat

wowie hat folgendes geschrieben:
vor allem die notwendigkeit der identifiziewrung würde sich erleichtern da man lernen würde mit unterschieden besser umzugehen.

Das glaube ich nicht. Nur weil ich Unterschiede akzeptiere, weiß ich noch lange nicht, wer ich selbst sein möchte. Es wird im Gegenteil viel schwieriger, weil es so viele Möglichkeiten gibt, die alle ihren Wert haben. Ich denke, dass frühere Generationen es in dieser Hinsicht leichter hatten.

wowie hat folgendes geschrieben:
das idol würde sich dann im sinne eines humanismus sehr stark beschränken und vielleicht noch nicht einmal gebraucht werden da die direkte vermittlung von identität, also durch eltern(verwandte), schule, freunde und öffentlichkeit, schon gewährleistet wäre.

Vermittlung von Identität - das klingt als würden die gesellschaftlichen Institutionen Familie und Schule mir eine fix und fertige Identität liefern, die ich nur noch annehmen brauche. So etwas wird nicht mehr funktionieren.

Gerade in einer pluralistischen Gesellschaft braucht es sehr viele Menschen, die die verschiedenen Lebenswege und Werte repräsentieren können. Und da können die Medien auch eine Menge leisten.

Was ist zum Beispiel mit einem jungen Menschen, der merkt, dass er schwul ist. Dass Eltern und Gleichaltrige seine Neigung akzeptieren, genügt nicht. Wie ist es denn, schwul zu sein? Wie leben Schwule? Wie kann er selbst zu einem für ihn passenden schwulen Lebensstil finden? Solche Fragen können ihm auch verständnisvollste Heten nicht beantworten. Dazu muss er Schwule treffen.

Heute kann solch ein Jugendlicher über Fernsehen, Internet und Zeitschriften eine Menge über Schwule und Schwulsein erfahren. Das ersetzt natürlich nicht die persönliche Begegnung mit Schwulen, aber man muss ja erst mal welche kennenlernen, wissen, wo man überhaupt welche trifft.

Die Medien können schon sehr nützliche Identifikationsangebote liefern.
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wowie
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Anmeldungsdatum: 18.06.2005
Beiträge: 80
Wohnort: frankfurt/main//GER

Beitrag(#313743) Verfasst am: 10.07.2005, 08:13    Titel: Antworten mit Zitat

@wygotsky
erleichtern in dem sinn, als das die aufgeklärte toleranz es nicht unbedingt nötig macht sich attraktiv zu machen oder vorschnell wegen gruppendruck sich auf eine identität festzulegen.

die varaiable X muss in den öffentlichen dialog eingebracht werden. die fixierungen und zwänge müssen gelockert werden. dies würde es ermöglichen sich zeit zu lassen seine identität zu finden ohne dabei unsicherheit zu empfinden weil der erwartungsdruck zu hoch ist.

die 'fix und fertige' idee ist ein freier zustand in dem sich die individuen selbst gestalten können mit der minimalen hilfe von aussen.

und du hast völlig recht wygotsky was die medien angeht.
doch genau da muss die toleranz beginnen was aber sehr schwer zu bewerkstelligen ist und momentan nicht real umgesetzt wird.
wie du schon selbst sagtest sind viele menschenbilder im fernsehen irreal.
doch das aufklärungspotential durch die medien ist enorm !
es muss nur genutzt werden, wie das bildungssystem.

und es muss freie information zur verfügung stehen die es den einzelnen menschen möglich macht sich aufzuklären und zu entfalten ohne sanktioniert oder von tabus erschlagen zu werden.
das internet ist auf alle fälle das fortschritlichste netzwerk wo auch die meisten beziehungen möglich sind

one of my sites: http://www.gin.net.tf
(im going to start it soon, have to make some structures, so if you have some ideas?)

fuck censorship Smilie
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Wygotsky
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Anmeldungsdatum: 25.01.2004
Beiträge: 5014

Beitrag(#313746) Verfasst am: 10.07.2005, 09:44    Titel: Antworten mit Zitat

wowie hat folgendes geschrieben:
@wygotsky
erleichtern in dem sinn, als das die aufgeklärte toleranz es nicht unbedingt nötig macht sich attraktiv zu machen oder vorschnell wegen gruppendruck sich auf eine identität festzulegen.


Das ist sicher ein Kennzeichen moderner Gesellschaften. In meinen Augen wird es dadurch noch viel schwieriger, eine Identität zu finden. In früheren Zeiten war klarer, was von mir erwartet wurde. Einige Menschen waren vielleicht unzufrieden mit der ihnen angebotenen Identität, aber mangels Alternativen werden wohl wenige gewagt haben, auszubrechen. Heute gibt es eine Vielzahl möglicher Lebensformen, die als gleichwertig gelten und aus denen ich wählen kann. Gleichzeitig werden viele bewährte Lebensmodelle hinfällig oder zweifelhaft. Was bedeuten zum Beispiel Männlichkeit oder Weiblichkeit? Einerseits ist diese Vielfalt befreiend, andererseits macht es auch unsicher. Ich habe den Eindruck, dass viele Menschen diese Ungewissheit nur schwer ertragen können. Eigentlich könnten sie sein, wer immer sie wollen, aber sie wissen gar nicht so genau, wer sie sein wollen und wollen wenigstens irgendjemand sein. Daher der starke Drang, sich dann doch irgendwelchen Gruppen anzuschließen, sich Regeln, Ritualen und Uniformierung zu unterwerfen, und die jeder Szene eigene Spießigkeit zu kultivieren. Dass Menschen sich in solche Abhängigkeiten flüchten, hat in meinen Augen nicht mit Gruppendruck zu tun. Sie suchen den Gruppendruck geradezu, weil er ihnen eine Richtung weist, die sie für sich selbst nicht finden.

Wowie hat folgendes geschrieben:
die varaiable X muss in den öffentlichen dialog eingebracht werden. die fixierungen und zwänge müssen gelockert werden. dies würde es ermöglichen sich zeit zu lassen seine identität zu finden ohne dabei unsicherheit zu empfinden weil der erwartungsdruck zu hoch ist.


Ich sehe es genau anders herum. Steigt der Erwartungsdruck, so steigt auch die Sicherheit. Unsicherheit kommt daher, dass es immer weniger Geländer gibt.

Die interessante Frage für mich ist: Wie kann man die Identitätsfindung erleichtern, wenn von außen gesetzte Normen wegfallen?
Oder anders ausgedrückt: Welche Resourcen braucht man, um Unsicherheit zu ertragen und die damit verbundene Freiheit für sich zu nutzen.
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wowie
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Anmeldungsdatum: 18.06.2005
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Beitrag(#313984) Verfasst am: 10.07.2005, 22:16    Titel: Antworten mit Zitat

(eingebildete) sicherheit, wenn du so fragst.
(es fallen ja nicht alle normen weg, und es kommen ja noch welche hinzu.)

sicherheit kann man nur aufbauen durch erfolg und die erkenntnis, das es eigentlich keinen juckt oder großen schaden zufügt, inklusive man selbst, wenn man verliert.
man sollte hier vorsichtig sein welche bsp man verwendet.
in einer extremen liebesbeziehung ist da schon wieder die ausnahme zu finden. die tragik der unfähigkeit !

Identität muss sich nicht durch eine totale identität erzeugen.
sie kann sich auch aus verschiedenen identitäten zusammensetzen. das ist genau der punkt wo jemand sagt, er hat keine idole, aber in wirklichkeit sind sie nur fragmentarisch verteilt auf mehrere identitäten.

idealfall wäre, man hat eine sicherheit bei all seinen handlungen, und ist dann frei, seine persönlichkeit so zu gestalten wie man will, unabhängig von jeder totalen person.

aber der wichtigste punkt ist doch, das man aktzeptiert, positiv verlangt wird, deswegen auch erwartungsdruck, welcher ja auch eben gerade gesenkt werden muss, slow down, und möglichkeit der freien klassenwahl, ums mal veraltet auszudrücken.
es geht ja auch um eine gewisse flexibiltät um am überleben zu bleiben.
Zitat:
In früheren Zeiten war klarer, was von mir erwartet wurde

deswegen ja änderung des erwartungsdrucks in eine positive, produktive und soziale form.
sicherheit aufzubauen ist natürlich sehr sehr wichtig und genau ein teil dieser positiven forderung an die 'kinder' !
für alle handlungen die man vollzieht, ob sozial oder assozial.
meine empfehlung SPOCHT, joke, neeeeeeeeeeeeee
gezielte bildung für alle, jaja ich weis...utopisch
sicheres UMFELD (alle gruppen), sichere ELTERN ! sichere LEHRER ! sicheres KONZEPT !
dann hat man auch sichere leute

hört sich einfach an, ist aber das wohl schwierigste und langwierigste projekt was die menschheit je angefangen hat...ViVaLaAufklärung
(ich wollt jetzt nicht noch länger schreiben...aber morgen ist ja auch noch ein tag)

btw positiver zwang ist gut, aber positive flexibilität ist besser
und das mit dem male/female das nächste mal
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Wygotsky
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Anmeldungsdatum: 25.01.2004
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Beitrag(#314005) Verfasst am: 10.07.2005, 23:58    Titel: Antworten mit Zitat

wowie hat folgendes geschrieben:
(eingebildete) sicherheit, wenn du so fragst.

Wenn du mich fragst auch. Fühlt sich trotzdem für viele erst mal gut an, sich wo einordnen zu können. Sonst würden sie's nicht so bereitwillig machen.

wowie hat folgendes geschrieben:
(es fallen ja nicht alle normen weg, und es kommen ja noch welche hinzu.)

Das erhöht die Unsicherheit, wenn zum Teil widersprüchliche Werte und Normen als gleichwertig gelten können. Wenn alles irgendwie gleich gut ist, wie soll ich dann wissen, wer ich sein möchte. Ist viel schwieriger.

wowie hat folgendes geschrieben:
sicherheit kann man nur aufbauen durch erfolg und die erkenntnis, das es eigentlich keinen juckt oder großen schaden zufügt, inklusive man selbst, wenn man verliert.

Ich denke, das reicht nicht. Wenn zum Beispiel Eltern sagen "Jung, ergreif einfach den Beruf, der dir Spaß macht, wir unterstützen dich egal was kommt", dann weiß der Jung leider noch nicht, welchen Beruf er nehmen soll. Natürlich könnte er rumexperimentieren und sich Zeit lassen, und ich kenn viele, die das gemacht haben, aber glücklich waren die damit nicht unbedingt. Zufriedener schienen sie, wenn sie eine Sache gefunden hatten, wo sie sich richtig reinhängen wollten, auch wenn es nicht gerade Erfolgversprechend war und von allen Seiten misstrausch beäugt wurde. Es ist schon sehr schwierig, zu wissen, was man will.

wowie hat folgendes geschrieben:
Identität muss sich nicht durch eine totale identität erzeugen.
sie kann sich auch aus verschiedenen identitäten zusammensetzen.

Mir leuchtet ein, dass ein Mensch verschiedene Rollen spielen kann. Aber die Identität ist nach meinem Verständnis ein ganzheitliches Bild des Selbst. Das hat mit den Fragen zu tun:
- Was will ich?
- Was gestatte ich mir?
- Was kann ich?
Eine Sache zugleich zu können und nicht zu können, etwas für moralisch geboten und zugleich verboten zu halten, etwas zugleich zu erlangen und zu vermeiden versuchen, damit kann ich nichts anfangen. Somit kann ich auch mit multiplen Identitäten nichts anfangen.

wowie hat folgendes geschrieben:
das ist genau der punkt wo jemand sagt, er hat keine idole, aber in wirklichkeit sind sie nur fragmentarisch verteilt auf mehrere identitäten.

Ein Mensch mag sich aus verschiedensten Quellen Anregungen für seine Identität holen, aber im Endeffekt arbeitet er auf eine sinnstiftende Gestalt hin.

wowie hat folgendes geschrieben:
idealfall wäre, man hat eine sicherheit bei all seinen handlungen, und ist dann frei, seine persönlichkeit so zu gestalten wie man will, unabhängig von jeder totalen person.

Vergleichbar mit einem Schriftsteller, der frei von Termindruck, Geldsorgen, Störungen und Zensur arbeiten kann, der sogar die Garantie erhält, dass das Publikum jedes beliebige Resultat begeistert aufnehmen wird. Trotzdem ist damit die Frage, welches Buch er schreiben will, noch nicht beantwortet. Wahrscheinlich ist sogar gerade das die Situation, in der er eine Schreibblockade entwickelt.

wowie hat folgendes geschrieben:
aber der wichtigste punkt ist doch, das man aktzeptiert, positiv verlangt wird, deswegen auch erwartungsdruck, welcher ja auch eben gerade gesenkt werden muss, slow down, und möglichkeit der freien klassenwahl, ums mal veraltet auszudrücken.

In diesem Punkt stimmen wir eben nicht überein. Ich habe in meine Identität Bausteine integriert, denen fast jedermann mit so heftiger Ablehnung begegnen würden, dass ich sie vermutlich mein Leben lang verbergen werde. Nun erinnere ich mich genau, dass ich niemals Schwierigkeiten damit hatte, diese Elemente zu integrieren. Meine persönliche Erfahrung ist also, dass die Ablehnung anderer mich nicht im geringsten behindern konnte, wenn ich mir sicher war, wer ich notfalls auch gegen alle Widerstände sein wollte.

wowie hat folgendes geschrieben:
es geht ja auch um eine gewisse flexibiltät um am überleben zu bleiben.

Geht es darum? Ist Überleben der übergeordnete Sinn? Nicht in meinem Leben. Wenn ich eine Identität gefunden habe, muss ich sie möglicherweise gegen ökonomische oder andere Zwänge verteidigen. Das könnte den anderen so passen, dass ich dann flexibel bin und wechsele. Es gibt auch andere Möglichkeiten. Man kann seine Identität auch dadurch zum Ausdruck bringen, dass man dafür zu Grunde geht.

wowie hat folgendes geschrieben:
deswegen ja änderung des erwartungsdrucks in eine positive, produktive und soziale form.
sicherheit aufzubauen ist natürlich sehr sehr wichtig und genau ein teil dieser positiven forderung an die 'kinder' !
für alle handlungen die man vollzieht, ob sozial oder assozial.
meine empfehlung SPOCHT, joke, neeeeeeeeeeeeee
gezielte bildung für alle, jaja ich weis...utopisch
sicheres UMFELD (alle gruppen), sichere ELTERN ! sichere LEHRER ! sicheres KONZEPT !
dann hat man auch sichere leute

hört sich einfach an, ist aber das wohl schwierigste und langwierigste projekt was die menschheit je angefangen hat...ViVaLaAufklärung
(ich wollt jetzt nicht noch länger schreiben...aber morgen ist ja auch noch ein tag)

Hier im großen und ganzen Zustimmung. Nur glaube ich nicht, dass damit die Probleme der Identitätsfindung gelöst sind. Damit fangen die Schwierigkeiten erst an.

wowie hat folgendes geschrieben:
btw positiver zwang ist gut, aber positive flexibilität ist besser

Du konzentrierst dich darauf, günstige Bedingungen zu schaffen, und das ist sicherlich sinnvoll. Aber Identitätsbildung bleibt ein schwieriges Geschäft, auch unter Idealbedingungen. Auf der anderen Seite gibt es immer wieder Leute, die ihre Identität auch unter ungünstigsten Bedingungen behaupten.

Die Gewissheit, die ich in mir selbst finden muss, kann mir niemand geben oder nehmen.
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