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Die Menschenwürde - Herkunft, Gesetz und Anwendung
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Samson83
registrierter User



Anmeldungsdatum: 18.01.2013
Beiträge: 6833

Beitrag(#2020667) Verfasst am: 16.09.2015, 08:48    Titel: Re: Materialistisch begründete Menschenwürde Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ein liberaler Humanist wird dir darauf mit dem Hinweis antworten, dass deine eigene Position ganz genauso widersprüchlich ist, weil du die Menschenwürde hochhalten willst, obwohl eine Überwindung des Kapitalismus durch Revolution, wie sie dir vorschwebt, eben auch notwendig mit einer Verletzung von Menschenrechten einhergehen wird. Schon die Vergesellschaftung der Produktionsmittel ist ja bereits eine Verletzung des Menschenrechts auf Eigentum.

Antastung Menschenwürde ist nicht synonym mit der Verletzung von Menschenrechten; es sind durchaus Grundrechtsverletzungen denkbar, die keine Verletzung der Menschenwürde mit sich bringen. Daher ist der Widerspruch insoweit nicht gegeben. Ich sehe auch nicht, dass eine Revolution zwingend die Verletzung der Menschenwürde mit sich bringen muss; die Behandlung von "Louis Capet" erscheint mir z.B. eingedenk der damaligen Möglichkeiten sogar ziemlich würdevoll.
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An alle: Lasst Euch dadurch nicht in die Irre führen. Dieser braune Burschi muss bearbeitet werden - immer hart an der Sache. Macht ihn mürbe! (Kramer)
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zelig
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Anmeldungsdatum: 31.03.2004
Beiträge: 25405

Beitrag(#2020682) Verfasst am: 16.09.2015, 10:49    Titel: Re: Materialistisch begründete Menschenwürde Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
@ Skeptiker: Puh, eine ganze Menge auf einmal. Einiges kann man sicher so sehen, anderes halte ich für verfehlt.
Ich geh' jetzt aber mal nicht auf alles im Einzelnen ein, sondern greife mir den einen Punkt heraus, an dem die Problematik deiner Position in der Praxis am deutlichsten sichtbar wird. Ich befasse mich sozusagen direkt mit dem "Hauptwiderspruch".

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Na ja, wenn wir schon von Witzen reden, dann sehe ich den Witz darin, dass das Bürgertum einerseits Menschenrechte proklamiert und andererseits Menschenrechte vernichten muss durch seine eigenen Produktions- und Existenzgrundlagen. Mit dem Hintern reisst die Bourgeoisie die kunstvoll hindrappierten Menschenrechte regelmäßig immer wieder ein.


Soweit ich weiss, gestehst du aber doch auch ein, dass das einzige gangbare Mittel zur Überwindung der kapitalistischen Verhältnisse die Revolution ist.

Du wirfst natürlich dem bürgerlichen liberalen Humanismus völlig zu Recht vor, dass er eine widersprüchliche Position vertritt, wenn er gleichzeitig die Menschenwürde hochhält und dem kapitalistischen Wirtschaftssystem das Wort redet, in dem Menschenrechte strukturell notwendig immer wieder verletzt werden. Ein liberaler Humanist wird dir darauf mit dem Hinweis antworten, dass deine eigene Position ganz genauso widersprüchlich ist, weil du die Menschenwürde hochhalten willst, obwohl eine Überwindung des Kapitalismus durch Revolution, wie sie dir vorschwebt, eben auch notwendig mit einer Verletzung von Menschenrechten einhergehen wird. Schon die Vergesellschaftung der Produktionsmittel ist ja bereits eine Verletzung des Menschenrechts auf Eigentum. Auf den Umfang kommt es dabei auch nicht an, weil die Menschenwürde bekanntlich keine Rechengröße ist (auch das besagt der Grundsatz ihrer Unantastbarkeit). Du kannst versuchen, dich damit herauszureden, dass das eben daran liegt, dass die Menschenwürde erst nach der Abschaffung des Kapitalismus realisiert werden kann, aber das ändert eben nichts daran, dass es ein Widerspruch ist, die Menschenwürde mit Mitteln realisieren zu wollen, die die Verletzung von Menschenrechten beinhalten. Und ich weiss nicht, wie du diesen Widerspruch auflösen willst.

Ob Marx nun einen affirmativen Begriff von Menschenwürde hatte oder nicht, zumindest war ihm dieser Widerspruch bewusst.


Wird eine Gesellschaft mit vergesellschaftlichten Produktionsmitteln eigentlich als selbststabilisierend betrachtet? Oder wie schätzt man den, ich versuche einen neutralen Ausdruck zu finden, regulatorischen Bedarf ein?
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Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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Tarvoc
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Anmeldungsdatum: 01.03.2004
Beiträge: 44649

Beitrag(#2020710) Verfasst am: 16.09.2015, 15:14    Titel: Re: Materialistisch begründete Menschenwürde Antworten mit Zitat

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Antastung Menschenwürde ist nicht synonym mit der Verletzung von Menschenrechten; es sind durchaus Grundrechtsverletzungen denkbar, die keine Verletzung der Menschenwürde mit sich bringen. Daher ist der Widerspruch insoweit nicht gegeben. Ich sehe auch nicht, dass eine Revolution zwingend die Verletzung der Menschenwürde mit sich bringen muss; die Behandlung von "Louis Capet" erscheint mir z.B. eingedenk der damaligen Möglichkeiten sogar ziemlich würdevoll.

Gut argumentiert. Ich gestehe ein, dass man das in der Tat so auflösen kann. Bin mal gespannt, was Skeptiker dazu sagt...
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"Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Samson83
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Anmeldungsdatum: 18.01.2013
Beiträge: 6833

Beitrag(#2020715) Verfasst am: 16.09.2015, 15:45    Titel: Re: Materialistisch begründete Menschenwürde Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Antastung Menschenwürde ist nicht synonym mit der Verletzung von Menschenrechten; es sind durchaus Grundrechtsverletzungen denkbar, die keine Verletzung der Menschenwürde mit sich bringen. Daher ist der Widerspruch insoweit nicht gegeben. Ich sehe auch nicht, dass eine Revolution zwingend die Verletzung der Menschenwürde mit sich bringen muss; die Behandlung von "Louis Capet" erscheint mir z.B. eingedenk der damaligen Möglichkeiten sogar ziemlich würdevoll.

Gut argumentiert. Ich gestehe ein, dass man das in der Tat so auflösen kann. Bin mal gespannt, was Skeptiker dazu sagt...

Aber das du hier ein Menschenwürdeproblem siehst zeigt letztlich erneut, wie beliebig der Begriff letztlich ist. Da hilft es auch nicht, wenn jemand eine (wie gesagt gar nicht so schlechte) Zusammenfassung der bisherigen Auslegungen reinstellt.
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Defätist
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Anmeldungsdatum: 09.06.2010
Beiträge: 8557

Beitrag(#2020866) Verfasst am: 17.09.2015, 09:04    Titel: Re: Materialistisch begründete Menschenwürde Antworten mit Zitat

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Antastung Menschenwürde ist nicht synonym mit der Verletzung von Menschenrechten; es sind durchaus Grundrechtsverletzungen denkbar, die keine Verletzung der Menschenwürde mit sich bringen. Daher ist der Widerspruch insoweit nicht gegeben. Ich sehe auch nicht, dass eine Revolution zwingend die Verletzung der Menschenwürde mit sich bringen muss; die Behandlung von "Louis Capet" erscheint mir z.B. eingedenk der damaligen Möglichkeiten sogar ziemlich würdevoll.

Gut argumentiert. Ich gestehe ein, dass man das in der Tat so auflösen kann. Bin mal gespannt, was Skeptiker dazu sagt...

Aber das du hier ein Menschenwürdeproblem siehst zeigt letztlich erneut, wie beliebig der Begriff letztlich ist. Da hilft es auch nicht, wenn jemand eine (wie gesagt gar nicht so schlechte) Zusammenfassung der bisherigen Auslegungen reinstellt.

Es geht gar nicht so sehr um die Zusammenfassung, als viel mehr gerade um die Widerlegung deiner Beliebigkeitsfloskel. So beliebig, wie du es versuchst darzustellen und deshalb generell abzulehnen, ist der Terminus (anhand der Quellenbelege aufgeführt) nämlich überhaupt nicht.

Dass dich das nicht komplett überzeugen würde, ist mir schon klar. Ich hätte aber erwartet, dass jemand mit deiner Einsichtsfähigkeit sein Argument wenigstens verschiebt, wenn er bemerkt dass es nicht greift.
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Samson83
registrierter User



Anmeldungsdatum: 18.01.2013
Beiträge: 6833

Beitrag(#2020883) Verfasst am: 17.09.2015, 10:24    Titel: Re: Materialistisch begründete Menschenwürde Antworten mit Zitat

Defätist hat folgendes geschrieben:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Antastung Menschenwürde ist nicht synonym mit der Verletzung von Menschenrechten; es sind durchaus Grundrechtsverletzungen denkbar, die keine Verletzung der Menschenwürde mit sich bringen. Daher ist der Widerspruch insoweit nicht gegeben. Ich sehe auch nicht, dass eine Revolution zwingend die Verletzung der Menschenwürde mit sich bringen muss; die Behandlung von "Louis Capet" erscheint mir z.B. eingedenk der damaligen Möglichkeiten sogar ziemlich würdevoll.

Gut argumentiert. Ich gestehe ein, dass man das in der Tat so auflösen kann. Bin mal gespannt, was Skeptiker dazu sagt...

Aber das du hier ein Menschenwürdeproblem siehst zeigt letztlich erneut, wie beliebig der Begriff letztlich ist. Da hilft es auch nicht, wenn jemand eine (wie gesagt gar nicht so schlechte) Zusammenfassung der bisherigen Auslegungen reinstellt.

Es geht gar nicht so sehr um die Zusammenfassung, als viel mehr gerade um die Widerlegung deiner Beliebigkeitsfloskel. So beliebig, wie du es versuchst darzustellen und deshalb generell abzulehnen, ist der Terminus (anhand der Quellenbelege aufgeführt) nämlich überhaupt nicht.

Dass dich das nicht komplett überzeugen würde, ist mir schon klar. Ich hätte aber erwartet, dass jemand mit deiner Einsichtsfähigkeit sein Argument wenigstens verschiebt, wenn er bemerkt dass es nicht greift.

Es ist aber hier kein Argument aufgetaucht, dass neu wäre ehrlich gesagt. Ich meine, diese ganze Diskussion war Teil meiner Examensvorbereitung, ich habe mich durchaus ausführlich damit befasst. Nur ist dies eine der Diskussionen, die in einem Forum überhaupt nicht sinnvoll führbar ist.
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Defätist
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Anmeldungsdatum: 09.06.2010
Beiträge: 8557

Beitrag(#2020891) Verfasst am: 17.09.2015, 10:56    Titel: Re: Materialistisch begründete Menschenwürde Antworten mit Zitat

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Defätist hat folgendes geschrieben:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Antastung Menschenwürde ist nicht synonym mit der Verletzung von Menschenrechten; es sind durchaus Grundrechtsverletzungen denkbar, die keine Verletzung der Menschenwürde mit sich bringen. Daher ist der Widerspruch insoweit nicht gegeben. Ich sehe auch nicht, dass eine Revolution zwingend die Verletzung der Menschenwürde mit sich bringen muss; die Behandlung von "Louis Capet" erscheint mir z.B. eingedenk der damaligen Möglichkeiten sogar ziemlich würdevoll.

Gut argumentiert. Ich gestehe ein, dass man das in der Tat so auflösen kann. Bin mal gespannt, was Skeptiker dazu sagt...

Aber das du hier ein Menschenwürdeproblem siehst zeigt letztlich erneut, wie beliebig der Begriff letztlich ist. Da hilft es auch nicht, wenn jemand eine (wie gesagt gar nicht so schlechte) Zusammenfassung der bisherigen Auslegungen reinstellt.

Es geht gar nicht so sehr um die Zusammenfassung, als viel mehr gerade um die Widerlegung deiner Beliebigkeitsfloskel. So beliebig, wie du es versuchst darzustellen und deshalb generell abzulehnen, ist der Terminus (anhand der Quellenbelege aufgeführt) nämlich überhaupt nicht.

Dass dich das nicht komplett überzeugen würde, ist mir schon klar. Ich hätte aber erwartet, dass jemand mit deiner Einsichtsfähigkeit sein Argument wenigstens verschiebt, wenn er bemerkt dass es nicht greift.

Es ist aber hier kein Argument aufgetaucht, dass neu wäre ehrlich gesagt. Ich meine, diese ganze Diskussion war Teil meiner Examensvorbereitung, ich habe mich durchaus ausführlich damit befasst. Nur ist dies eine der Diskussionen, die in einem Forum überhaupt nicht sinnvoll führbar ist.

So wenig, wie deine Ablehnung neu ist. Man kann nun einmal nicht erzwingen, dass die eigene Rechtsansicht für alle anderen verbindlich wird, so lange es die Sachlage nicht her gibt. Dazu benötigt man auch nicht immer neue Argumente, wenn die alten greifen.
Aber das ist zudem ja nicht Ergebnis einer unsinnigen Diskussion (dieser Thread ist eher einer der höherwertigen in diesem Forum), sondern der derzeitigen und sich auch langfristig vermutlich nicht ändernden rechtlichen Situation.
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smallie
resistent!?



Anmeldungsdatum: 02.04.2010
Beiträge: 3726

Beitrag(#2021128) Verfasst am: 18.09.2015, 23:08    Titel: Antworten mit Zitat

Alchemist hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ich muss Samson83 hier mal Recht geben. [...]


Ich möchte das noch gerne einmal hervorheben!!!
Geschockt Lachen

Ich schließe mich den beiden an.

Ha! Querfront! zwinkern



Bravopunk hat folgendes geschrieben:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Bravopunk hat folgendes geschrieben:


Weil es einfach Blödsinn ist. Menschenwürde heißt deswegen Menschenwürde, weil sie für Menschen gilt. Nicht nur für Deutsche.

Deutschenwürde hätte man ja auch ins GG reinschreiben können... klingt nur total bescheuert.

Man hätten den Quatsch gleich ganz rauslassen sollen. Im Ernst.


Dieser "Quatsch" steht aus gutem Grund im ersten Artikel. Und aus noch besserem Grund nicht beschränkt auf Deutsche. Damit wollten sich die Väter und Mütter des Grundgesetzes gleich am Anfang von der Vorgängerorganisation und deren Treiben distanzieren und gewährleisten, dass derartiges nie wieder zustandekommen kann.

Es verlangt daher eine gewisse Begründung, wenn man das weghaben will. Die Titulierung als "Quatsch" ist da nicht genug.

Meine Begründung dazu:

Der Satz ist schon sprachlich unsinnig. "Die Würde das Menschen ist unantastbar", das hat die gleiche Qualität wie "Die Titanic ist unsinkbar".

In der Praxis hat GG 1 oft versagt. Jeweils Jahreszahl und Thema genannt, wo es mit der Würde nicht weit her war:



1971 - HOMOSEXUALITÄT

Strafbarkeit aufgehoben (BRD)

Zitat:
Gesetze zur Homosexualität

[...] in der Bundesrepublik wurde [der Paragraph] 1971 auf sexuelle Handlungen mit Jugendlichen unter 21 Jahren beschränkt. Dieses so genannte Schutzalter wurde 1968 (Ost) bzw. 1973 (West) auf 18 Jahre herabgesetzt.

https://de.wikipedia.org/wiki/Gesetze_zur_Homosexualität




1977 - KRIEGSDIENSTVERWEIGERUNG

War verfassungsmäßig garantiert, wurde aber nicht so umgesetzt:

Zitat:
GG 4

(3) „Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.“

(1) „Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.“

http://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_4.html

Tatsächlich gab es bis 1976 eine schriftliche und mündliche "Gewissenprüfung" des Verweigerers. Die sah etwa so aus:


Zitat:
Kampf gegen den Kriegsdienst
"Das waren reine Willkürverfahren"

Die professionellen Gewissensprüfer traktierten die Verweigerer stundenlang mit absurd-kreativen Fangfragen: "Würden Sie einem Zonenflüchtling, der von Volkspolizisten beschossen wird, Feuerschutz gewähren?" Oder: "Was machen Sie, wenn Sie mit der Freundin durch den Wald gehen und Ihre Freundin plötzlich von einer Horde Russen angegriffen wird - greifen Sie zur Waffe?"

Berühmt wurde 1970 die scheinbar harmlose Frage des Hamburger Oberregierungsrats Martin Treut: "Sind Sie Autofahrer?" Als der Verweigerer bejahte, schnappte die Logik-Falle zu: "Sie wissen doch, dass jährlich auf den Straßen der Bundesrepublik 17.000 Menschen sterben. Da dürften Sie als Pazifist eigentlich kein Auto fahren." Der Antrag auf Ersatzdienst wurde abgelehnt.


http://www.spiegel.de/einestages/kampf-gegen-den-kriegsdienst-a-946864.html





1997 - VERGEWALTIGUNG IN DER EHE

Seitdem strafbar.

Zitat:
Vergewaltigung - Deutschland - Strafrecht

Vergewaltigung war bis 1997 als „außerehelich“ definiert, Vergewaltigung in der Ehe war somit kein Straftatbestand. Der Ehemann konnte sich jedoch gemäß § 240 StGB (Nötigung) strafbar machen. 1973 legte das Land Hessen, 1983 die Hansestadt Hamburg erfolglos Gesetzesentwürfe vor, um die Formulierung „außerehelich“ aus den §§ 177–179 StGB zu streichen. 1983 versuchten die Grünen und Abgeordnete der SPD eine Streichung des Wortes „außerehelich“ zu bewirken. Beide Gesetzesentwürfe scheiterten. CDU und CSU begründeten ihren Widerstand gegen die Reformberstrebungen damit, dass die Gesetzesänderung den Abtreibungsparagraphen 218 erweitern würde, weil Ehefrauen die Behauptung, sie seien vergewaltigt worden, als Rechtfertigung für ihren Wunsch nach Abtreibung verwenden könnten. In den folgenden Jahren legten u.a. die Grünen, die SPD, die PDS, der Juristinnenbund und das Justizministerium verschiedene Gesetzesentwürfe vor. Im Mai 1997 stimmte schließlich eine Mehrheit der Abgeordneten – vom Fraktionszwang befreit – für einen fraktionsübergreifenden Gruppenantrag der weiblichen Abgeordneten und für die rechtliche Gleichstellung ehelicher und außerehelicher Vergewaltigung.


https://de.wikipedia.org/wiki/Vergewaltigung





2000 - KÖRPERSTRAFE

Zitat:
Heutige gesetzliche Regelung (im Familienrecht)

„Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.“

https://de.wikipedia.org/wiki/Körperstrafe#Heutige_gesetzliche_Regelung_.28im_Familienrecht.29



Besser wäre GG 1 etwa derart: "Seid euch bewußt, wie fehlbar Menschen und Gesetze sind."



PS:

Rhetorische Frage: ist es denkbar, daß GG 1 heute immer noch mißachtet wird?
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tillich (epigonal)
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Beitrag(#2021152) Verfasst am: 19.09.2015, 10:14    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Der Satz ist schon sprachlich unsinnig. "Die Würde das Menschen ist unantastbar", das hat die gleiche Qualität wie "Die Titanic ist unsinkbar".

Nur, wenn man meint, die beiden Sätze hätten auch die gleiche Aussageabsicht, nämlich die einer Beschreibung der Wirklichkeit. Wenn du im GG weiterliest, wirst du auch weitere Sätze finden (ebenso ganz simpel im Präsens Indikativ formuliert - natürlich neben zahlreichen anders formulierten mit "dürfen" oder "haben das Recht" usw.), die ebenso formuliert sind, aber auch nicht die Wirklichkeit beschreiben, sondern Normen setzen. Das ist nicht "sprachlich unsinnig", sondern eine andere Funktion von Sprache.
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"YOU HAVE TO START OUT LEARNING TO BELIEVE THE LITTLE LIES." -- "So we can believe the big ones?" -- "YES."

(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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Skeptiker
"I can't breathe!"



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Beitrag(#2021176) Verfasst am: 19.09.2015, 11:48    Titel: Re: Materialistisch begründete Menschenwürde Antworten mit Zitat

Defätist hat folgendes geschrieben:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Antastung Menschenwürde ist nicht synonym mit der Verletzung von Menschenrechten; es sind durchaus Grundrechtsverletzungen denkbar, die keine Verletzung der Menschenwürde mit sich bringen. Daher ist der Widerspruch insoweit nicht gegeben. Ich sehe auch nicht, dass eine Revolution zwingend die Verletzung der Menschenwürde mit sich bringen muss; die Behandlung von "Louis Capet" erscheint mir z.B. eingedenk der damaligen Möglichkeiten sogar ziemlich würdevoll.

Gut argumentiert. Ich gestehe ein, dass man das in der Tat so auflösen kann. Bin mal gespannt, was Skeptiker dazu sagt...

Aber das du hier ein Menschenwürdeproblem siehst zeigt letztlich erneut, wie beliebig der Begriff letztlich ist. Da hilft es auch nicht, wenn jemand eine (wie gesagt gar nicht so schlechte) Zusammenfassung der bisherigen Auslegungen reinstellt.

Es geht gar nicht so sehr um die Zusammenfassung, als viel mehr gerade um die Widerlegung deiner Beliebigkeitsfloskel. So beliebig, wie du es versuchst darzustellen und deshalb generell abzulehnen, ist der Terminus (anhand der Quellenbelege aufgeführt) nämlich überhaupt nicht.

Dass dich das nicht komplett überzeugen würde, ist mir schon klar. Ich hätte aber erwartet, dass jemand mit deiner Einsichtsfähigkeit sein Argument wenigstens verschiebt, wenn er bemerkt dass es nicht greift.


Es gibt eine lange Tradition in der Ablehnung menschlicher Rechte und menschlicher Würdekonzepte, die mit Namen verbunden ist wie Heidegger, Schopenhauer, Norber Hoerster (der "Bekehrte"), B.F. Skinner, Nietzsche, u.a.

Das zeigt auch schon, welche philosophische Tradition damit einher geht.

Die Finte, dass Menschenwürde ein entweder undefinierbarer oder schwammiger oder metaphysischer Begriff sei, ist schlicht und einfach verlogen und der Versuch einer Ablenkung von der wirklichen Intention, die bei solchen "Denkern" dahinter steckt. Sie alle vertreten einen aggressiven bürgerlich-dekadenten Extrem-Strukturkonservatismus welcher auch beinhaltet, die herrschenden materiellen Strukturen auch gesetzlich abzufedern. Somit lehnen sie es ab, eben jene materiellen Verhältnisse - die Produktionsverhältnisse - als den Menschenrechten untergeordnet zu betrachten.

Sondern: der Mensch ist für die HERRschaften dafür da, dass er sich fügt. Das er sich fügt in die Verhältnisse, wie sie sind anstatt dass sie auf die Idee kommen, dass es eigentlich darum gehen müsste, dass die Verhältnisse sich fügen gegenüber dem Menschen, der sich nach seinem Gusto im großen Rahmen für sich gestaltet, so wie er es will und braucht.

Wenn aber nun da so eine Menschenwürde daher käme, die die gesellschaftlichen Zustände eben gerade nicht als gottgegeben respektiert, sondern als höchst variabel und revolutionierbar, dann schreien die oben genannten im Chor:

Alarm!

Sie rufen die Polizei, die Feuerwehr und den Pastor usw.

Anderen bürgerliche *Idealisten* - Tarvoc nannte den Typus des *bürgerlichen Humanisten* - ist durchaus daran gelegen, die bürgerliche Gesellschaft zu einem gemütlichen Wohnzimmer zu gestalten, inklusive Sofakissen mit Schlag. Sie denken gar nicht daran, dass gewisse objektive *Sachzwänge* dem entgegen stehen. Und irgendwann werden sie entweder zu Zynikern oder sie versuchen, ihren Humanismus auf Parzelle *zu leben*. Oder so.

Da also der Humanismus, wenn man ihn denn ernst nehmen würde, eine saftige Demokratisierung der Produktion bräuchte, kann er im Prinzip erst mal nur ein Parzellen- oder Verbaldasein in der spätbürgerlichen Gesellschaft führen. Und teilweise ist es so, dass der Humanismus sich notgedrungen geradezu in Turbo-Verbalien entfalten muss, weil ihm andere Räume gar nicht zur Verfügung stehen. Deshalb die Inflation von Sprachregelungen, von denen man sich materielle Veränderungen erhofft, die aber vor allem den philosophisch völlig aussichtlosen Idealismus dahinter offenbaren.

Denn natürlich verändert sich mit veränderten Verhältnissen auch die Sprache aber eine Veränderung der Sprache allein verändert noch lange nicht die Verhältnisse.

Das heisst: Menschenwürde, Menschenrechte, Humanismus, eine humane Sprache - all das und noch viel mehr ist angewiesen auf eine materielle, reale gesellschaftliche Basis ohne die all das nur Schall und Rauch ist.

Auch die Religion braucht zur Beendigung und Vervollständigung ihrer Kritik die Abschaffung menschenunwürdiger Verhältnisse in der Welt. Erst dann ist die Religionskritik perfekt. Alles andere sind geistige Gefechte, die auf halbem und noch nicht mal auf halbem, sondern auf viertel und hundertstel Wege stehen bleiben.

Fazit: Hinter den Forderungen nach Menschenrechten und Menschenwürde steckt im Prinzip nichts anderes als ein reales gesellschaftliche Fortschrittspotenzial und jene Forderungen müssen sich folglich verwandeln in die Forderungen nach der Umsetzung dieses Potenzials. So ist es auch zu verstehen, wenn man davon spricht, dass der Tauschwert die Menschenwürde auflöst.

Deswegen geht es darum, den Tauschwert aufzulösen.

Ich wollte später noch auf zeligs Frage nach der Regulierung eingehen, aber erst mal bis dahin ...-
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Beiträge: 4482

Beitrag(#2021206) Verfasst am: 19.09.2015, 16:54    Titel: Antworten mit Zitat

Menschenwürde im "War on Terror": Prof. Rainer Mausfeld bei Phoenix

beleuchtet insb. den Punkt der Folter ...
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Tarvoc
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Beiträge: 44649

Beitrag(#2021207) Verfasst am: 19.09.2015, 16:56    Titel: Re: Materialistisch begründete Menschenwürde Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Deswegen geht es darum, den Tauschwert aufzulösen.

@ Skeptiker: Ich wüsste immer noch gerne deine Position bezüglich der zu erwartenden und womöglich unvermeidbaren Menschenrechtsverletzungen im Zuge einer solchen revolutionären Umwälzung selbst.
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Beiträge: 3326

Beitrag(#2021249) Verfasst am: 19.09.2015, 21:59    Titel: Re: Materialistisch begründete Menschenwürde Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Fazit: Hinter den Forderungen nach Menschenrechten und Menschenwürde steckt im Prinzip nichts anderes als ein reales gesellschaftliche Fortschrittspotenzial und jene Forderungen müssen sich folglich verwandeln in die Forderungen nach der Umsetzung dieses Potenzials. So ist es auch zu verstehen, wenn man davon spricht, dass der Tauschwert die Menschenwürde auflöst.

Nichts gegen Metaphysik. Aber ein Fortschrittspotential als Agens der Weltgeschichte ist schon harter Tobak. Zumal wenn man bedenkt, dass der Versuch der "Einlösung der Menschenwürde im Tauschwert" letztes Jahrhundert knapp 100 Mio. Opfer kostete.
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Skeptiker
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Beitrag(#2021339) Verfasst am: 20.09.2015, 16:15    Titel: Re: Materialistisch begründete Menschenwürde Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Skeptiker hat folgendes geschrieben:
Na ja, wenn wir schon von Witzen reden, dann sehe ich den Witz darin, dass das Bürgertum einerseits Menschenrechte proklamiert und andererseits Menschenrechte vernichten muss durch seine eigenen Produktions- und Existenzgrundlagen. Mit dem Hintern reisst die Bourgeoisie die kunstvoll hindrappierten Menschenrechte regelmäßig immer wieder ein.


Soweit ich weiss, gestehst du aber doch auch ein, dass das einzige gangbare Mittel zur Überwindung der kapitalistischen Verhältnisse die Revolution ist.


*Die* Revolution gibt es ja gar nicht. Was ich sage ist, dass menschliche Rechte eine gesellschaftliche Basis in den Produktionsverhältnissen als notwendige Bedingung brauchen, woraus sich eben logisch ergibt, dass die heutigen Produktionsverhältnisse revolutioniert werden müssen. Wie das a) aussieht und b) vor sich geht, ist eine andere Debatte.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Du wirfst natürlich dem bürgerlichen liberalen Humanismus völlig zu Recht vor, dass er eine widersprüchliche Position vertritt, wenn er gleichzeitig die Menschenwürde hochhält und dem kapitalistischen Wirtschaftssystem das Wort redet, in dem Menschenrechte strukturell notwendig immer wieder verletzt werden.


Ich mache hier eigentlich ja keine Vorwürfe, sondern stelle nur fest, dass der bürgerliche Humanismus durchaus ehrenwert ist, jedoch die Menschenrechte immer nur in dem Rahmen verwirklichen möchte, der ihm heilig und absolut ist. Wenn es überhaupt einen Grund für Vorwürfe gibt, dann ist es die Unwilligkeit, über diesen Rahmen hinaus zu denken.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ein liberaler Humanist wird dir darauf mit dem Hinweis antworten, dass deine eigene Position ganz genauso widersprüchlich ist, weil du die Menschenwürde hochhalten willst, obwohl eine Überwindung des Kapitalismus durch Revolution, wie sie dir vorschwebt, eben auch notwendig mit einer Verletzung von Menschenrechten einhergehen wird.


Dann wäre das kein Argument gegen eine Revolution des Kapitalismus. Denn egal, was geschieht, Menschenrechte würden immer verletzt werden. zwinkern

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Schon die Vergesellschaftung der Produktionsmittel ist ja bereits eine Verletzung des Menschenrechts auf Eigentum.


Die Schaffung anderer Eigentumsformen - an den Produktionsmitteln wohlgemerkt! - muss ja nicht bedeuten, dass der Artikel 17 verletzt wird, sondern eben nur, dass sich die Form der Eigentümelei verändert - im Sinne der Menschenrechte selbst.

Die Menschenrechte proklamieren ja keinesfalls das Privateigentum an Produktionsmitteln, sondern dort ist die Rede von Eigentum. Private Produktion aber ist ja mehr als nur ein Eigentumsverhältnis. Es ist ein gesellschaftliches Verhältnis, welches über individuelle Rechte weit hinaus greift.

Klar wird der Kapitalst sich beschweren, wenn man ihm sein Eigentum an Kapital und Lohnarbeitern nimmt, so wie sich auch ein Sklavenhalter beschweren würde, wenn man ihm seine Sklaven wegnimmt, die doch sein Eigentum sind.

Hier geht es einfach - aus meiner Sicht - um die Frage, welches Eigentum aus der Sicht menschlicher Bedürfnisse das optimale ist - sowohl individuell aber eben auch für Alle in jeglicher Hinsicht.

Davon abgesehen stellen die Menschenrechtserklärungen als solche natürlich noch lange kein Programm für eine Umgestaltung gesellschaftlicher Eigentumsverhältnisse dar. So ein Programm ist eine eigene Aufgabe, die sich die Menschheit selber stellen muss unter Berücksichtung dessen, was heute möglich ist - wissenschaftlich, technologisch und organisatorisch - unter demokratischer Mitgestaltung Aller versteht sich. Denn das kann ja nicht von oben irgend wie aufoktroyiert werden.

Nein, die Menschenrechte sind kein sozialistisches Programm, sie sind und bleiben ein bürgerliches Manifest. Aber wenn man z.B. daran denkt, dass die bürgerlichen Freiheiten wie Pressefreiheit, Organisationsfreiheit und Streikrecht die Voraussetzungen für den Klassenkampf wesentlich verbessern, dann ist es wichtig, diese und auch die sonstigen Menschenrechte zu stärken und für sie zu kämpfen - gegen die herrschenden Klassen, welche so gar kein Interesse an den Menschenrechten haben und sie lieber heute als morgen in den Orkus kippen würden. Menschenrechte sind - wie alle Rechte - stets gegen die Herrschenden erkämpft worden und sie sind zu keinem Zeitpunkt gesichert in dieser Gesellschaft hier.

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Auf den Umfang kommt es dabei auch nicht an, weil die Menschenwürde bekanntlich keine Rechengröße ist (auch das besagt der Grundsatz ihrer Unantastbarkeit). Du kannst versuchen, dich damit herauszureden, dass das eben daran liegt, dass die Menschenwürde erst nach der Abschaffung des Kapitalismus realisiert werden kann, aber das ändert eben nichts daran, dass es ein Widerspruch ist, die Menschenwürde mit Mitteln realisieren zu wollen, die die Verletzung von Menschenrechten beinhalten. Und ich weiss nicht, wie du diesen Widerspruch auflösen willst.

Ob Marx nun einen affirmativen Begriff von Menschenwürde hatte oder nicht, zumindest war ihm dieser Widerspruch bewusst.


Man kann sicher von den Beherrschten verlangen, sich zu benehmen, während man den Herrschenden das Recht einräumt, auf jedes Benehmen zu pfeifen. Der Klassenkampf von unten ist ja von Marx immer als eine Antwort auf den Klassenkampf von oben verstanden worden, weil ihm halt sehr bewusst war, dass das Ende der Klassenherrschaft wahrscheinlich nicht durch Meditationsübungen eintreten wird. Wenn es z.B. Sklavenaufstände in der Vergangenheit gab, so waren diese Sklavenaufstände kein Widerspruch zum Anspruch der Befreiung und Emanzipation, sondern ganz im Gegenteil. Ein Widerspruch zu diesen Ansprüchen wäre dann gegeben, wenn etwa Herrschaft gegen stilles Dulden getauscht würde. Das Marx'sche Bonmot von der Geschichte als Geschichte von Klassenkämpfen im Zusammenhang auch mit einer perspektivischen Höherentwicklung der menschlichen Zivilisation macht eben das Vom-Kopf-auf-die-Füße-Stellen der Hegel'schen Dialektik aus im Sinne der Lösung von Widersprüchen durch Verschärfung, durch Auf-die-Spitze-Treiben derselben.

Den Gegenpol nimmt dann der Faschismus ein mit seinem Korporatismus und der plumpen Negation, des Hinwegbügelns des Widerspruches zwischen Kapital und Arbeit.

Aber das sprengt bereits diesen thread bei weitem,wo es doch nur darum geht, Menschenwürde als Begriff zu erfassen.

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Antastung Menschenwürde ist nicht synonym mit der Verletzung von Menschenrechten; es sind durchaus Grundrechtsverletzungen denkbar, die keine Verletzung der Menschenwürde mit sich bringen. Daher ist der Widerspruch insoweit nicht gegeben. Ich sehe auch nicht, dass eine Revolution zwingend die Verletzung der Menschenwürde mit sich bringen muss; die Behandlung von "Louis Capet" erscheint mir z.B. eingedenk der damaligen Möglichkeiten sogar ziemlich würdevoll.

Gut argumentiert. Ich gestehe ein, dass man das in der Tat so auflösen kann. Bin mal gespannt, was Skeptiker dazu sagt...

Aber das du hier ein Menschenwürdeproblem siehst zeigt letztlich erneut, wie beliebig der Begriff letztlich ist. Da hilft es auch nicht, wenn jemand eine (wie gesagt gar nicht so schlechte) Zusammenfassung der bisherigen Auslegungen reinstellt.


Die Meinung, dass der Menschenwürde-Begriff *beliebig* sei, vertreten vor allem Leute wie Heidegger & co., wie oben bereits schon geschrieben. Und dies ist falsch. Ich verweise hier noch mal auf das gute Büchlein, das Defätist oben verlinkt hat und zitiere mal den Anfang der abschließenden Betrachtung der Autorin:

Zitat:
Abschließende Betrachtung

Den Ausgangspunkt dieser Arbeit bildete die Frage, ob durch die neuartige Erscheinung einer Menschenwürde-Garantie eine substantielle Erweiterung des herkömmlichen Kataloges der Menschenrechte ermöglicht wird. Betrachtet man die vorangegangene Untersuchung aus diesem Blickwinkel, so fallen zwei Eigenheiten ins Auge. Zum einen kommt dem Begriff die Funktion einer Verstärkung der Grundaspekte des Menschenrechtsgedankens zu. Zum anderen wird er überall dort herangezogen, wo das herkömmliche – individualistische und liberalistische – Grundrechtsverständnis an seine Grenzen stößt. Die Vieldeutigkeit des Ausdrucks ist dabei einerseits verwirrend und mancher Sachdiskussion hinderlich. Aber auf der anderen Seite eröffnet interessanterweise gerade die Vieldeutigkeit die Möglichkeit, Änderungen der überkommenen Grundrechtsauffassungen einzuklagen.


Quelle:
"Über Den mehrfachen Sinn Von Menschenwürde-Garantien: Mit Besonderer Berucksichtigung Von Art.1, Abs.1 Grundgesetz (Practical Philosophy)" - von Dunja Jaber, 2003, S. 356
Link


Das heisst: Man nähert sich den Menschrechten vom Allgemeinen - der Menschenwürde - zu den besonderen Ausprägungen der Menschenrechte im Kontext der jeweiligen historischen Möglichkeiten ...-
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Beitrag(#2021343) Verfasst am: 20.09.2015, 17:26    Titel: Antworten mit Zitat

tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
Der Satz ist schon sprachlich unsinnig. "Die Würde das Menschen ist unantastbar", das hat die gleiche Qualität wie "Die Titanic ist unsinkbar".
Nur, wenn man meint, die beiden Sätze hätten auch die gleiche Aussageabsicht, nämlich die einer Beschreibung der Wirklichkeit. Wenn du im GG weiterliest, wirst du auch weitere Sätze finden (ebenso ganz simpel im Präsens Indikativ formuliert - natürlich neben zahlreichen anders formulierten mit "dürfen" oder "haben das Recht" usw.), die ebenso formuliert sind, aber auch nicht die Wirklichkeit beschreiben, sondern Normen setzen. Das ist nicht "sprachlich unsinnig", sondern eine andere Funktion von Sprache.

Da möchte ich widersprechen. Meines Wissens wollten die meisten "Väter" des Grundgesetzes gerade keine bloß zuweisende Absichtserklärung oder Herleitung der Menschenrechte aus anderen, etwa utilitaristischen Quellen, obwohl das auch damals von klugen Rechtsphilosophen vorgeschlagen worden war. Sondern sie wollten tatsächlich die Eigenschaft einer "Menschenwürde" als faktisches, absolutes Wesensmerkmal beschwören, also eine metaphysische Grundlage. Bei den meisten war das die christliche Gottesebenbildlichkeit, bei einigen wenigen auch eine Art Naturrecht oder die Kant'sche "sittliche Autonomie".

Es gab zwar später Interpreten (etwa Dürig), die den Aspekt des absoluten Wesensmerkmals wegdiskutieren wollten, aber historisch betrachtet war gerade der eben nun mal sehr wichtig und findet sich in der Formulierung wieder.

Oder wie Wikipedia schreibt:

Zitat:
Die Frage stellt sich dann, ob im GG das Bestehen eines Sachverhalts formuliert ... oder
das Bestehen eines Sachverhalts nur suggeriert wird.


Es wäre mE ehrlicher und aufgeklärter gewesen, auf solche Behauptungen oder Suggestionen eines angeblichen Wesensmerkmals, die Ewigkeitsklausel usw. zu verzichten, oder den Begriff zumindest nur sekundär oder zusammenfassend zu verwenden, und stattdessen die Menschenrechte zu priorisieren, mit dem eindeutigen Hinweis, daß sie eine gesellschaftliche Zuweisung darstellen. Diesen Mut hätte aber selbst heute wohl nur ine Minderheit, umso mehr damals unter dem Eindruck der Naziherrschaft und eines anscheinend völlig unmündigen Volkes.
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Samson83
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Beitrag(#2021423) Verfasst am: 21.09.2015, 08:16    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Alchemist hat folgendes geschrieben:
Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Ich muss Samson83 hier mal Recht geben. [...]


Ich möchte das noch gerne einmal hervorheben!!!
Geschockt Lachen

Ich schließe mich den beiden an.

Ha! Querfront! zwinkern



Bravopunk hat folgendes geschrieben:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
Bravopunk hat folgendes geschrieben:


Weil es einfach Blödsinn ist. Menschenwürde heißt deswegen Menschenwürde, weil sie für Menschen gilt. Nicht nur für Deutsche.

Deutschenwürde hätte man ja auch ins GG reinschreiben können... klingt nur total bescheuert.

Man hätten den Quatsch gleich ganz rauslassen sollen. Im Ernst.


Dieser "Quatsch" steht aus gutem Grund im ersten Artikel. Und aus noch besserem Grund nicht beschränkt auf Deutsche. Damit wollten sich die Väter und Mütter des Grundgesetzes gleich am Anfang von der Vorgängerorganisation und deren Treiben distanzieren und gewährleisten, dass derartiges nie wieder zustandekommen kann.

Es verlangt daher eine gewisse Begründung, wenn man das weghaben will. Die Titulierung als "Quatsch" ist da nicht genug.

Meine Begründung dazu:

Der Satz ist schon sprachlich unsinnig. "Die Würde das Menschen ist unantastbar", das hat die gleiche Qualität wie "Die Titanic ist unsinkbar".

In der Praxis hat GG 1 oft versagt. Jeweils Jahreszahl und Thema genannt, wo es mit der Würde nicht weit her war:



1971 - HOMOSEXUALITÄT

Strafbarkeit aufgehoben (BRD)

Zitat:
Gesetze zur Homosexualität

[...] in der Bundesrepublik wurde [der Paragraph] 1971 auf sexuelle Handlungen mit Jugendlichen unter 21 Jahren beschränkt. Dieses so genannte Schutzalter wurde 1968 (Ost) bzw. 1973 (West) auf 18 Jahre herabgesetzt.

https://de.wikipedia.org/wiki/Gesetze_zur_Homosexualität




1977 - KRIEGSDIENSTVERWEIGERUNG

War verfassungsmäßig garantiert, wurde aber nicht so umgesetzt:

Zitat:
GG 4

(3) „Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.“

(1) „Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.“

http://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_4.html

Tatsächlich gab es bis 1976 eine schriftliche und mündliche "Gewissenprüfung" des Verweigerers. Die sah etwa so aus:


Zitat:
Kampf gegen den Kriegsdienst
"Das waren reine Willkürverfahren"

Die professionellen Gewissensprüfer traktierten die Verweigerer stundenlang mit absurd-kreativen Fangfragen: "Würden Sie einem Zonenflüchtling, der von Volkspolizisten beschossen wird, Feuerschutz gewähren?" Oder: "Was machen Sie, wenn Sie mit der Freundin durch den Wald gehen und Ihre Freundin plötzlich von einer Horde Russen angegriffen wird - greifen Sie zur Waffe?"

Berühmt wurde 1970 die scheinbar harmlose Frage des Hamburger Oberregierungsrats Martin Treut: "Sind Sie Autofahrer?" Als der Verweigerer bejahte, schnappte die Logik-Falle zu: "Sie wissen doch, dass jährlich auf den Straßen der Bundesrepublik 17.000 Menschen sterben. Da dürften Sie als Pazifist eigentlich kein Auto fahren." Der Antrag auf Ersatzdienst wurde abgelehnt.


http://www.spiegel.de/einestages/kampf-gegen-den-kriegsdienst-a-946864.html





1997 - VERGEWALTIGUNG IN DER EHE

Seitdem strafbar.

Zitat:
Vergewaltigung - Deutschland - Strafrecht

Vergewaltigung war bis 1997 als „außerehelich“ definiert, Vergewaltigung in der Ehe war somit kein Straftatbestand. Der Ehemann konnte sich jedoch gemäß § 240 StGB (Nötigung) strafbar machen. 1973 legte das Land Hessen, 1983 die Hansestadt Hamburg erfolglos Gesetzesentwürfe vor, um die Formulierung „außerehelich“ aus den §§ 177–179 StGB zu streichen. 1983 versuchten die Grünen und Abgeordnete der SPD eine Streichung des Wortes „außerehelich“ zu bewirken. Beide Gesetzesentwürfe scheiterten. CDU und CSU begründeten ihren Widerstand gegen die Reformberstrebungen damit, dass die Gesetzesänderung den Abtreibungsparagraphen 218 erweitern würde, weil Ehefrauen die Behauptung, sie seien vergewaltigt worden, als Rechtfertigung für ihren Wunsch nach Abtreibung verwenden könnten. In den folgenden Jahren legten u.a. die Grünen, die SPD, die PDS, der Juristinnenbund und das Justizministerium verschiedene Gesetzesentwürfe vor. Im Mai 1997 stimmte schließlich eine Mehrheit der Abgeordneten – vom Fraktionszwang befreit – für einen fraktionsübergreifenden Gruppenantrag der weiblichen Abgeordneten und für die rechtliche Gleichstellung ehelicher und außerehelicher Vergewaltigung.


https://de.wikipedia.org/wiki/Vergewaltigung





2000 - KÖRPERSTRAFE

Zitat:
Heutige gesetzliche Regelung (im Familienrecht)

„Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.“

https://de.wikipedia.org/wiki/Körperstrafe#Heutige_gesetzliche_Regelung_.28im_Familienrecht.29



Besser wäre GG 1 etwa derart: "Seid euch bewußt, wie fehlbar Menschen und Gesetze sind."



PS:

Rhetorische Frage: ist es denkbar, daß GG 1 heute immer noch mißachtet wird?

Jetzt wäre noch eine saubere Subsumtion hilfreich, inwiefern auch nur eines dieser Beispiele etwas mit "Menschenwürde" im sinne von Art. 1 GG zu tun hat. Mit den Augen rollen
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Defätist
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Beitrag(#2021442) Verfasst am: 21.09.2015, 11:59    Titel: Re: Materialistisch begründete Menschenwürde Antworten mit Zitat

Skeptiker hat folgendes geschrieben:
...
Die Finte, dass Menschenwürde ein entweder undefinierbarer oder schwammiger oder metaphysischer Begriff sei, ist schlicht und einfach verlogen und der Versuch einer Ablenkung von der wirklichen Intention, die bei solchen "Denkern" dahinter steckt. Sie alle vertreten einen aggressiven bürgerlich-dekadenten Extrem-Strukturkonservatismus welcher auch beinhaltet, die herrschenden materiellen Strukturen auch gesetzlich abzufedern. Somit lehnen sie es ab, eben jene materiellen Verhältnisse - die Produktionsverhältnisse - als den Menschenrechten untergeordnet zu betrachten. ...

Ja, mit ein paar kleinen Abänderungen kann man das so unterschreiben.
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smallie
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Beitrag(#2021709) Verfasst am: 22.09.2015, 20:40    Titel: Antworten mit Zitat

Samson83 hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
<schnipp>

Jetzt wäre noch eine saubere Subsumtion hilfreich, inwiefern auch nur eines dieser Beispiele etwas mit "Menschenwürde" im sinne von Art. 1 GG zu tun hat. Mit den Augen rollen

Das GG ist etwas einsilbig, was unter Würde zu verstehen ist. Ich tippe auf Verletzung der unveräußerlichen Rechte, das wären zum Beispiel life, liberty and the pursuit of happiness.

    - Schwule einzusperren widerspricht der Idee von Freiheit und dem Streben nach Glück.

    - Gewissensprüfung unter Einsatz von Fangfragen widerspricht Gewissensfreiheit.

    - Vergewaltigung widerspricht der Idee der persönlichen Autonomie.

    - Körperstrafe ist eine - Zitat Gesetzestext - "entwürdigende Maßnahme".


Wie ist "Menschenwürde" im Sinne von Art. 1 GG deiner Ansicht nach zu verstehen?
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Samson83
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Beitrag(#2021760) Verfasst am: 23.09.2015, 08:00    Titel: Antworten mit Zitat

smallie hat folgendes geschrieben:
Samson83 hat folgendes geschrieben:
smallie hat folgendes geschrieben:
<schnipp>

Jetzt wäre noch eine saubere Subsumtion hilfreich, inwiefern auch nur eines dieser Beispiele etwas mit "Menschenwürde" im sinne von Art. 1 GG zu tun hat. Mit den Augen rollen

Das GG ist etwas einsilbig, was unter Würde zu verstehen ist. Ich tippe auf Verletzung der unveräußerlichen Rechte, das wären zum Beispiel life, liberty and the pursuit of happiness.

    - Schwule einzusperren widerspricht der Idee von Freiheit und dem Streben nach Glück.

    - Gewissensprüfung unter Einsatz von Fangfragen widerspricht Gewissensfreiheit.

    - Vergewaltigung widerspricht der Idee der persönlichen Autonomie.

    - Körperstrafe ist eine - Zitat Gesetzestext - "entwürdigende Maßnahme".


Wie ist "Menschenwürde" im Sinne von Art. 1 GG deiner Ansicht nach zu verstehen?

Die "unveräußerlichen Rechte" sind separat geschützt. "liberty" gehört nicht dazu; "life" auch nicht. Den Passus mit der Körperstrafe würde ich gerne mal sehen.

Wie "Menschenwürde" im Sinne von Art. 1 GG "meiner Ansicht nach" zu verstehen ist, steht bei Wikipedia. Da geht es nicht um meine Meinungen, sondern um die herrschende und praktische Anwendung geltenden Rechts.
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smallie
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Beiträge: 3726

Beitrag(#2021927) Verfasst am: 23.09.2015, 21:48    Titel: Antworten mit Zitat

Samson83 hat folgendes geschrieben:
Die "unveräußerlichen Rechte" sind separat geschützt. "liberty" gehört nicht dazu; "life" auch nicht. Den Passus mit der Körperstrafe würde ich gerne mal sehen.

Wie "Menschenwürde" im Sinne von Art. 1 GG "meiner Ansicht nach" zu verstehen ist, steht bei Wikipedia. Da geht es nicht um meine Meinungen, sondern um die herrschende und praktische Anwendung geltenden Rechts.

In meiner Version der Wikipedia steht ziemlich genau das, was ich angerissen habe. Einschließlich des Fehlens einer belastbaren Definition.


Zitat:
Menschenwürde

[...]

Auf rechtsphilosophischer Ebene sind Menschenrechte u. a. durch Menschenwürde im deutschen Grundgesetz verankert. Auf rechtstheoretischer Ebene erhebt sich damit die Frage, inwiefern die Weiterentwicklung von Gesetzen, die die Grundrechte wie Meinungsfreiheit, Recht auf Selbstbestimmung, Schutz vor Folter und Hinrichtung, Recht auf Teilhabe oder Gesundheit einschränken, auf der Grundlage der Menschenwürde stattfinden kann.



Oder:
Zitat:
Menschenwürde als Summe aller Grund- und Menschenrechte

Da es Probleme bereitet, eine abschließende Definition der Menschenwürde zu formulieren, kann man alternativ dazu die Menschenwürde als Summe aller Grund- und Menschenrechte verstehen.

    - Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit
    - Allgemeine Handlungsfreiheit
    - Verbot der Folter und der Kindesmisshandlung sowie das Recht auf gewaltfreie Erziehung


https://de.wikipedia.org/wiki/Menschenwürde#Der_Begriff_der_Menschenw.C3.BCrde


Und so weiter. Wenn in deiner Wikipedia etwas anderes steht, dann kann das nur heißen - ich lebe in einem Paralleluniversum. Geschockt Naja, ist nicht das erste Mal, daß mich dieser Verdacht überkommt. Pfeifen


Samson83 hat folgendes geschrieben:
Den Passus mit der Körperstrafe würde ich gerne mal sehen.

Du hast ihn schon gesehen. Schulterzucken Er stand verbatim im Zitierten. Nocheinmal mit direkter Quellenangabe.

Zitat:
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 1631 Inhalt und Grenzen der Personensorge

(2) Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.

http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1631.html

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Smart Gott
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Beitrag(#2032774) Verfasst am: 23.11.2015, 23:16    Titel: Gibt es eine menschliche WÜRDE? Antworten mit Zitat

Hallo liebes Forum,

das ist nun mein zweiter THREAD (ist männlich, oder?),
ich habe meine Gesprächspartner jetzt ein wenig kennengelernt,
entschuldige mich, falls ich jemanden verletzt habe
und möchte einen wesentlichen Streitpunkt aus dem Thread "Was hat Atheismus für einen SINN?"
hier weiterführen. Formuliert als Frage:

Kann hier jemand die Existenz der Menschenwürde beweisen?
Oder anders formuliert: Transparent begründen?

Ich freu mich auf gute Erklärungen Smilie

Beitrag hier angehängt, schtonk
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Tarvoc
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Beitrag(#2032797) Verfasst am: 24.11.2015, 02:23    Titel: Antworten mit Zitat

Was heißt denn hier Existenz? Würde ist keine physikalische Eigenschaft, und das sagt glaube ich auch kaum jemand. Wir schreiben Gegenständen oder Personen Würde zu, um zu beschreiben, wie wir uns ihnen gegenüber verhalten, und (vielleicht wichtiger) um Verhaltenserwartungen auszudrücken. Die Frage ist doch nicht, ob Würde existiert, sondern ob Menschenwürde als Rechtsfigur Sinn macht.
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kereng
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Beitrag(#2032804) Verfasst am: 24.11.2015, 08:30    Titel: Re: Gibt es eine menschliche WÜRDE? Antworten mit Zitat

Smart Gott hat folgendes geschrieben:
Kann hier jemand die Existenz der Menschenwürde beweisen?

Wie wäre es mit:

Die Menschenwürde wird im Grundgesetz erwähnt.
Die Existenz eines Erwähnten kann man nicht bestreiten.
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Beitrag(#2032811) Verfasst am: 24.11.2015, 09:18    Titel: Re: Gibt es eine menschliche WÜRDE? Antworten mit Zitat

kereng hat folgendes geschrieben:
Smart Gott hat folgendes geschrieben:
Kann hier jemand die Existenz der Menschenwürde beweisen?

Wie wäre es mit:

Die Menschenwürde wird im Grundgesetz erwähnt.
Die Existenz eines Erwähnten kann man nicht bestreiten.





*böses.gekicher*


(Sry, kann mom nichts Besessers..)
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Ahriman
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Beitrag(#2032836) Verfasst am: 24.11.2015, 12:58    Titel: Antworten mit Zitat

Die Menschenwürde kann auch an der Bezahlung gemessen werden. Die mieseste Tätigkeit kann würdevoll sein, wenn man ein gutes Gehalt dafür kriegt und die anderen das auch wissen.
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Beitrag(#2032899) Verfasst am: 24.11.2015, 20:51    Titel: Re: Gibt es eine menschliche WÜRDE? Antworten mit Zitat

Smart Gott hat folgendes geschrieben:
Hallo liebes Forum,

das ist nun mein zweiter THREAD (ist männlich, oder?),
ich habe meine Gesprächspartner jetzt ein wenig kennengelernt,
entschuldige mich, falls ich jemanden verletzt habe
und möchte einen wesentlichen Streitpunkt aus dem Thread "Was hat Atheismus für einen SINN?"
hier weiterführen. Formuliert als Frage:

Kann hier jemand die Existenz der Menschenwürde beweisen?

Beitrag hier angehängt, schtonk


Manche, (hier weiblich) versuchen es sogar:

http://www.welt.de/vermischtes/article148721476/Schwaebische-Schule-will-Jogginghosen-verbieten.html Geschockt
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Tarvoc
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Beitrag(#2032945) Verfasst am: 25.11.2015, 02:00    Titel: Re: Gibt es eine menschliche WÜRDE? Antworten mit Zitat

kereng hat folgendes geschrieben:
Die Menschenwürde wird im Grundgesetz erwähnt. Die Existenz eines Erwähnten kann man nicht bestreiten.

Wo hast du denn den Käse aufgeschnappt? Mit den Augen rollen
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kereng
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Beitrag(#2032950) Verfasst am: 25.11.2015, 09:01    Titel: Re: Gibt es eine menschliche WÜRDE? Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
kereng hat folgendes geschrieben:
Die Menschenwürde wird im Grundgesetz erwähnt. Die Existenz eines Erwähnten kann man nicht bestreiten.

Wo hast du denn den Käse aufgeschnappt? Mit den Augen rollen

Da man die Anzeige von Signaturen abschalten kann, sollte ich es wohl erklären. Das ist analog zu Smart Gotts Signatur formuliert.

Smart Gott hat folgendes geschrieben:
Das Wort "Gott" kommt aus dem Indogermanischen und bedeutet: "Der Angerufene". Die Existenz eines Angerufenen kann man nicht bestreiten. Entweder man ruft oder man ruft nicht.

Im Gegensatz zu dem Objekt Gott, dessen Existenz man so nicht belegen kann, erscheint es mir bei dem Abstraktum Menschenwürde sogar möglich, die Existenz des Begriffs aus seiner Benutzung zu folgern. Ob jeder Mensch diese Würde hat, ist damit aber noch nicht entscheiden.
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Beitrag(#2032966) Verfasst am: 25.11.2015, 10:29    Titel: Re: Gibt es eine menschliche WÜRDE? Antworten mit Zitat

kereng hat folgendes geschrieben:

Im Gegensatz zu dem Objekt Gott, dessen Existenz man so nicht belegen kann, erscheint es mir bei dem Abstraktum Menschenwürde sogar möglich, die Existenz des Begriffs aus seiner Benutzung zu folgern. Ob jeder Mensch diese Würde hat, ist damit aber noch nicht entscheiden.



Wir, das Staatsvolk.....nein, die 4 Mütter und 61 Väter des Grundgesetzes, haben beschlossen, das Schalten und Walten der staatlichen Gewalten derart zu gestalten, dass die größtmögliche Souverenität der einzelnen Menschen gesichert ist.

Und wir nannten es "Menschenwürde" ("Seele" war schon vergeben).

Und durch die folgenden Jahrzehnte sahen wir, dass es funzte und daher gut war.

Lachen

Das Rückschlussfolgern ist sogar die einzige Möglichkeit, mit dem Begriff umzugeben.
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Ahriman
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Beitrag(#2032990) Verfasst am: 25.11.2015, 13:57    Titel: Antworten mit Zitat

Kereng hat folgendes geschrieben:
Im Gegensatz zu dem Objekt Gott, dessen Existenz man so nicht belegen kann, erscheint es mir bei dem Abstraktum Menschenwürde sogar möglich, die Existenz des Begriffs aus seiner Benutzung zu folgern. Ob jeder Mensch diese Würde hat, ist damit aber noch nicht entschieden.

Das hängt auch von dem betreffenden Menschen selber ab. Das Grundgesetz sagt, daß die Würde des Menschen unantastbar sei. Gleichwohl aber kann jeder selbst sich seiner Würde begeben. Ein Mensch, der besinnungslos besoffen im Rinnstein schnarcht hat m.E. keinerlei Würde mehr.
Aber irgendein kluger Mensch hat auch mal gesagt: "Würde ist der Mantel, der die Dummheit am besten verhüllt." Wenn man so bedenkt, wie dumm so mancher "Würdenträger" sich schon aufgeführt hat...
Ich möchte aber auch noch darauf hinweisen, daß auch der Begriff "Würde" nicht völlig eindeutig zu definieren ist. Er steht z.B. auch für "anständiges Benehmen". Ferner gibt es auch noch verschiedene Grade oder Werte von Würde. Ein Pfarrer wird "Hochwürden" tituliert, seine Würde ist offenbar etwas höher oder wertvoller als - ja, welche? Unsere?
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