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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#249708) Verfasst am: 25.01.2005, 14:15 Titel: |
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Hi step,
step hat folgendes geschrieben: |
Es ist natürlich richtig, daß Reden und Erzählen auch sekundäre Botschaften transportieren kann, unterschwellige, zuweilen ja auch solche, die dem eigentlich gesagten Inhalt widersprechen. |
das ist nicht das, was ich meinte. Ich versuche es möglichst unverfänglich zu veranschaulichen.
Wenn jemand sagt, er habe Schmerzen, dann ist das nichts worüber sich diskutieren lässt. Der Redende erzählt von sich, und niemand käme auf die Idee mit ihm über die Statthaftigkeit seiner Selbstauskunft zu diskutieren. Natürlich ist der Schmerz für den Hörenden auf gewisse Weise bedeutungslos. Denn der hat ja keine Schmerzen.
Soweit ich dies beurteilen kann, galten Phantomschmerzen beispielsweise lange Zeit eher als eine Art Einbildung. Eine Sache also, der man gutmeinend eine mindere Realität beigemessen hat. Bis das Phänomen besser verstanden wurde. Ich glaube mittlerweile weiss man, daß dem Phantomschmerz ein realer physiologischer Vorgang zugrunde liegt. Unabhängig davon, wie Phantomschmerz nun wissenschaftlich erklärt wird, halte ich es für die angemessene Haltung, die Wirklichkeit des Erzählenden erstmal so zu akzeptieren wie der sie schildert.
[Dieses Bild soll nicht bedeuten, daß ich eine Analogie herstellen möchte, derart, daß wir Gott noch nicht begreifen können aber eines Tages dazu in der Lage sein werden. Ferner wäre es vielleicht besser hier nicht darauf einzugehen warum ich ausgerechnet den Schmerz heranziehe um meine Position zu verdeutlichen. Es gäbe vielleicht Überlegungen, daß nichts so wie der Schmerz die Körperlichkeit der eigenen Existenz, und damit auch alle von jener abhängigen Fragen verdeutlicht. Aber dies ist hier nicht meine Intention]
step hat folgendes geschrieben: |
So kann ein rational gesehen falscher oder nichtssagender Glaube dennoch durchaus eine hohe Bedeutung für die gläubige Person haben. |
Ja. So meinte ich es. Ich frage mich also, was so erstrebenswert daran ist, dem spirituell Veranlagten die Rede über diesen Bereich seiner Person zu verunmöglichen.
step hat folgendes geschrieben: |
I.a. funktioniert dies leider nur, wenn der Gläubige die Bedeutung seines Glaubens auf die primäre (inhaltliche, Aussagen-) Ebene überträgt, da mit der Erkenntnis des Widerspruchs die Wirkung verlorenginge. |
Ich bin mir nicht sicher ob ich Dich richtig verstehe. Ich kann jedoch keinen Widerspruch darin entdecken, von dem zu sprechen, an was man glaubt, _und_ von dem zu sprechen was man für wahrheitsfähig hält. Damit Du micht richtig verstehst: Aussagen über die eigene Spiritualität halte ich nicht für wahrheitsfähig.
step hat folgendes geschrieben: | Dadurch entsteht theologisches Geschwurbel. |
Ich sehe das Problem. Mit Geschwurbel meinst Du eventuell die Ungenauigkeit, das Vage und Unbestimmte. Damit habe ich kein Problem. Mein Problem entsteht erst, wenn daraus Anweisungen für andere entstehen. Was die zu glauben, zu denken, zu tun haben.
step hat folgendes geschrieben: | Da dieser Effekt bei den Gläubigen der Welt absolut überwiegt, halte ich Leonys Kritik für berechtigt. |
Im Unterschied dazu habe ich eben keine Kritik erkennen können. Sondern eine in einer Beschreibung verpackten Hoffnung, spirituelle Menschen mögen bitte ihren Mund halten, da das was sie sagen nichtssagend und bedeutungslos sei.
Genau dagegen habe ich mich gewandt. Sollte ich das überinterpretiert haben, dann nehme ich es zurück.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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Leony gottlos
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 3674
Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus
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(#249942) Verfasst am: 25.01.2005, 20:25 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Leony hat folgendes geschrieben: | Zweitens ist es zwar durchaus legitim,
eine Frage (konsequent) offen zu lassen,
wenn man die richtige Antwort nicht kennt.
Allerdings hat dies Offenlassen von Fragen seinen Preis:
Je mehr Fragen man offen lässt, um so weniger sagt man aus.
Je mehr Fragen dazu,
was der Gläubige eigentlich meint, wenn er von "Gott" spricht,
vom Gläubigen offen gelassen werden,
um so mehr wird sein Glaube zu einem nichtssagenden Glauben, zu einem bedeutungslosen Glauben. |
Ich kann darin nur einen Sinn erkennen, wenn Du zum einen aussagen nur in einem rationalen Diskurs zulässt. Zum anderen jeder Rede ausserhalb dieses Diskurses Bedeutungslosigkeit beimisst.
Nicht dem Glauben entziehst Du das Wort [nichtssagenden Glauben], sondern dem Menschen der glaubt. Nicht den Glauben machst Du bedeutungslos [bedeutungslosen Glauben], sondern den Menschen der glaubt. |
Diesen Vorwurf halte ich schon deshalb für ungerechtfertigt,
weil der glaubende Mensch ja nicht nur ein glaubender Mensch ist,
sondern auch ein arbeitender und liebender, denkender und diskutierender
und in vielfältiger Hinsicht aktiver und fühlender Mensch.
Außerdem: Wer sagt dir, zelig, dass ich die Bedeutung des Wortes "Bedeutung"
auf Entscheidungen darüber reduzieren würde, ob Tatsachenbehauptungen zutreffend oder unzutreffend sind?
Das ist deine Interpretation meiner Aussagen.
Mir ist durchaus klar, dass auch Glaubensaussagen, deren Tatsachen-Inhalt nahe bei 0 liegt,
eine hohe emotionale und lebenspraktische Bedeutung haben können.
Ich halte es allerdings für schwierig,
die emotionale und lebenspraktische Bedeutung eines Glaubens
von Person zu Person zu übermitteln,
wenn es an Tatsachen-Inhalten mangelt.
Ich stelle die Theorie auf, dass die Übermittlung einer emotionalen und/oder lebenspraktischen Bedeutung eines Glaubens,
vielleicht sogar die Aufrechterhaltung dieser Bedeutung für den Glaubenden selbst,
vor allem dann gut funktioniert,
wenn es Tatsachen-Behauptungen gibt,
die der Glaubende,
auch wenn er sie vordergründig nicht mehr als Tatsachen-Behauptungen aufrecht erhält, vielleicht sogar als "naiv" abtut,
dennoch weiterhin mit seinem Glauben assoziiert.
Ich stelle die Theorie auf,
dass Gläubige in bestimmten theologischen Richtungen
deshalb so viel Wert darauf legen, die mythischen Bilder weiterhin zu benutzen -
obwohl ihnen klar sein müsste, dass sie damit das Risiko eingehen, missverstanden zu werden,
missverstanden in einem nicht unerheblichem Maße.
Dass sie selbst dies Risiko verursachen,
sehen sie häufig nicht ein.
Sie entlasten sich selbst, indem sie die Verantwortung für die Missverständnisse
denen zuschieben, die ihre Aussagen wörtlich verstehen;
und das auf eine aggressive Weise, d. h. mit Vorwürfen, wie z. B. dem Vorwurf der "Naivität".
_________________ Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren )
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Mandingo Sucher des verlorenen Schlüssels
Anmeldungsdatum: 03.01.2005 Beiträge: 456
Wohnort: Köln-Nähe
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(#249943) Verfasst am: 25.01.2005, 20:25 Titel: |
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Leony hat folgendes geschrieben: | ...Dass es auf die Nächstenliebe ankommt,
soll für die Juden der Zeit Jesu neu gewesen sein?
Das Gebot der Nächstenliebe stand schon seit Jahrhunderten in ihrem Gesetz.
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So ist es, wenn man Pointen in ihre Einzelteile zerlegt.
Klar, war das Einzelteil Nächstenliebe bekannt und wurde im Gesetz gefordert.
Es kommt eben auf den Zusammenhang der Geschichte an,
auf die neue revolutionäre Kombination aus alten anerkannten Elementen.
Dass nämlich die Nächstenliebe das einzige Kriterium
für die Zugehörigkeit zu Gotte Reich sein soll,
dass Jude zu sein oder die Reinheits-,Sabbatvorschriften und andere kultischen Regeln keine Rolle mehr spielen,
dass niemand mehr ausgegrenzt werden darf, der Nächstenliebe übt,
das, liebe Leony,
war das Ärgernis Jesu für die Jerusalemer Geistlichkeit
und andere Gruppen,
die auf kasuistische Gesetzlichkeit und Kult setzten.
Genau das stellt die "Weltgerichtsrede" wunderbar deutlich dar.
_________________ "Wer sagt, hier herrscht Freiheit, lügt, denn Freiheit herrscht nicht." (Erich Fried)
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Mandingo Sucher des verlorenen Schlüssels
Anmeldungsdatum: 03.01.2005 Beiträge: 456
Wohnort: Köln-Nähe
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(#249947) Verfasst am: 25.01.2005, 20:32 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | ...Ja, das Modell macht frei, es beliebig dem Zeitgeist oder auch den persönlichen Vorlieben anzupassen.
gruß/step |
Klar, Step,
das kannst du mit jedem Sprach-Elaborat machen,
wenn du nach so etwas suchst.
Das ist doch die alte Masche, aber meist mit wörtlich genommenen Bibelworten vollzogen.
Wer aber eine Orientierungshilfe für sein Leben sucht,
kann ein Modell, das den Geist aus vielen Texten herausfiltert,
gut gebrauchen.
Es kommt eben immer darauf an, wer was macht.
_________________ "Wer sagt, hier herrscht Freiheit, lügt, denn Freiheit herrscht nicht." (Erich Fried)
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Leony gottlos
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 3674
Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus
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(#249949) Verfasst am: 25.01.2005, 20:38 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | ... habe ich eben keine Kritik erkennen können. Sondern eine in einer Beschreibung verpackten Hoffnung, spirituelle Menschen mögen bitte ihren Mund halten, da das was sie sagen nichtssagend und bedeutungslos sei.
Genau dagegen habe ich mich gewandt. Sollte ich das überinterpretiert haben, dann nehme ich es zurück. |
Gut, dass du das bereits zurückgenommen hast.
Es liegt mir fern, Menschen zum "Mund halten" aufzufordern,
wenn ich ihre Ansichten oder ihren Glauben für falsch halte, oder eben für nichtssagend und bedeutungslos.
Im Gegenteil, ich begrüße es,
wenn auch Aussagen zur Diskussion gestellt werden,
die ich für falsch halte oder für nichtssagend und bedeutungslos.
Dadurch wird es ja erst möglich,
über solche Aussagen zu diskutieren,
und das verbessert die Chancen, sich eine wohlbegründete Meinung darüber zu bilden,
ob sie denn wirklich falsch sind bzw. wirklich nichtssagend und bedeutungslos.
Wenn ich den Inhalt einer Aussage kritisiere,
dann wäre es völlig verfehlt, daraus den Schluss zu ziehen,
ich würde den Urheber der Aussage dafür kritisieren, dass er seine Aussage gemacht hat
und damit zur Diskussion gestellt hat.
_________________ Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren )
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Leony gottlos
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 3674
Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus
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(#249959) Verfasst am: 25.01.2005, 20:52 Titel: |
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Mandingo hat folgendes geschrieben: | Wer aber eine Orientierungshilfe für sein Leben sucht,
kann ein Modell, das den Geist aus vielen Texten herausfiltert,
gut gebrauchen. |
Um sich die Bibel so zurechtzuinterpretieren und einen Geist "herauszufiltern",
dass eine akzeptable Orientierungshilfe herauskommt,
muss man bereits darüber orientiert sein, was akzeptabel ist und was nicht.
So bekommt man im Wesentlichen das heraus, was man als Auswahl- und Interpretationskriterium hineingesteckt hat.
_________________ Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren )
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Leony gottlos
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 3674
Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus
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(#250095) Verfasst am: 25.01.2005, 23:30 Titel: |
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Mandingo hat folgendes geschrieben: | ...Es kommt eben auf den Zusammenhang der Geschichte an,
auf die neue revolutionäre Kombination aus alten anerkannten Elementen.
Dass nämlich die Nächstenliebe das einzige Kriterium
für die Zugehörigkeit zu Gotte Reich sein soll,
dass Jude zu sein oder die Reinheits-,Sabbatvorschriften und andere kultischen Regeln keine Rolle mehr spielen,
dass niemand mehr ausgegrenzt werden darf, der Nächstenliebe übt,
...
Genau das stellt die "Weltgerichtsrede" wunderbar deutlich dar. |
Ja, ja, der Zusammenhang ...
Nur geht aus diesem Zusammenhang
etwas ganz anderes hervor:
Laut Matthäus 11, 20-24 verkündete derselbe Jesus,
dass es "am Tag des Gerichts" fürchterliche Folgen haben würde, dass bestimmte Städte "sich nicht bekehrt hatten".
Die Parallelstelle bei Lukas - Kapitel 10, 1-16, insbesondere ab Vers 10 - zeigt noch eindeutiger,
dass es dabei um die Haltung zu Jesus und seinen Jüngern gehen würde
und nicht etwa um eine Bekehrung zu mehr Nächstenliebe.
Was du "wunderbar deutlich" genannt hast, geht unter in einem Meer von Widersprüchen.
_________________ Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren )
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#250348) Verfasst am: 26.01.2005, 18:45 Titel: |
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Leony hat folgendes geschrieben: |
Mir ist durchaus klar, dass auch Glaubensaussagen, deren Tatsachen-Inhalt nahe bei 0 liegt,
eine hohe emotionale und lebenspraktische Bedeutung haben können. |
Ich meine, daß Glaubensaussagen niemals Tatsachenbehauptungen sein können.
Leony hat folgendes geschrieben: | Ich halte es allerdings für schwierig,
die emotionale und lebenspraktische Bedeutung eines Glaubens
von Person zu Person zu übermitteln,
wenn es an Tatsachen-Inhalten mangelt. |
Glaubensaussagen haben keine Tatsachen zum Inhalt. Daher verstehe ich es nicht so richtig. Es braucht dafür nur einen Erzähler und einen Zuhörer.
Leony hat folgendes geschrieben: |
Ich stelle die Theorie auf, dass die Übermittlung einer emotionalen und/oder lebenspraktischen Bedeutung eines Glaubens,
vielleicht sogar die Aufrechterhaltung dieser Bedeutung für den Glaubenden selbst,
vor allem dann gut funktioniert,... |
Ich kann mit funktioniert nichts anfangen. Warum geht es hier um eine Funktion?
Leony hat folgendes geschrieben: |
wenn es Tatsachen-Behauptungen gibt,
die der Glaubende,
auch wenn er sie vordergründig nicht mehr als Tatsachen-Behauptungen aufrecht erhält, |
Es ist nicht vordergründig, soweit es mich betrifft. Im Gegenteil.
Leony hat folgendes geschrieben: | vielleicht sogar als "naiv" abtut,
dennoch weiterhin mit seinem Glauben assoziiert. |
Es tut mir ehrlich Leid Leony, aber den Satz insgesamt versteh ich einfach nicht. Liegt die Betonung auf „Tatsache“? Daß zur Aufrechterhaltung und Kommunikation von Glaubensaussagen in Wirklichkeit Tatsachen postuliert werden müssen? Meinst Du es so? Denn sonst finde ich nichts besonderes daran, daß eine Haltung, eine Meinung oder ein Glaube durch Behauptungen gestützt werden.
Leony hat folgendes geschrieben: | weil der glaubende Mensch ja nicht nur ein glaubender Mensch ist,
sondern auch ein arbeitender und liebender, denkender und diskutierender
und in vielfältiger Hinsicht aktiver und fühlender Mensch. |
Ja. Und hier gibt es keine Unterschiede zu denen die sich nicht zu den Glaubenden rechnen.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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Leony gottlos
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 3674
Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus
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(#250407) Verfasst am: 26.01.2005, 21:26 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Leony hat folgendes geschrieben: |
Mir ist durchaus klar, dass auch Glaubensaussagen, deren Tatsachen-Inhalt nahe bei 0 liegt,
eine hohe emotionale und lebenspraktische Bedeutung haben können. |
Ich meine, daß Glaubensaussagen niemals Tatsachenbehauptungen sein können. |
Unsinn.
Zum christlichen Glauben in seiner traditionellen Interpretation gehört - wie übrigens allgemein bekannt ist -
die Aussage: "Es gibt ein allmächtiges Wesen, das unsere Welt erschaffen hat."
Das ist eine Tatsachenbehauptung.
Auch eine höchstwahrscheinlich unzutreffende Tatsachenbehauptung ist eine Tatsachenbehauptung.
zelig hat folgendes geschrieben: | Leony hat folgendes geschrieben: | Ich halte es allerdings für schwierig,
die emotionale und lebenspraktische Bedeutung eines Glaubens
von Person zu Person zu übermitteln,
wenn es an Tatsachen-Inhalten mangelt. |
Glaubensaussagen haben keine Tatsachen zum Inhalt. Daher verstehe ich es nicht so richtig. Es braucht dafür nur einen Erzähler und einen Zuhörer. |
Du verstehst es nicht, weil du deine Perspektive
auf einen winzigen Ausschnitt des Glaubenslebens in Gegenwart und Vergangenheit reduzierst:
Auf den Glauben von ein paar Intellektuellen, vor allem von Intellektuellen unserer Zeit,
die traditionelle Glaubensvorstellungen - mit ihren Tatsachenbehauptungen - als inakzeptabel ansehen
und darum vieles umdeuten,
um von den psychischen Vorteilen des Glaubens weiterhin profitieren zu können.
zelig hat folgendes geschrieben: | Leony hat folgendes geschrieben: |
Ich stelle die Theorie auf, dass die Übermittlung einer emotionalen und/oder lebenspraktischen Bedeutung eines Glaubens,
vielleicht sogar die Aufrechterhaltung dieser Bedeutung für den Glaubenden selbst,
vor allem dann gut funktioniert,... |
Ich kann mit funktioniert nichts anfangen. Warum geht es hier um eine Funktion? |
Die Übermittlung einer emotionalen und/oder lebenspraktischen Bedeutung eines Glaubens
ist ein Spezialfall der Übermittlung von Informationen, kurz gesagt, von Kommunikation.
Kommunikation kann gut funktionieren - d. h. der Adressat versteht, was gemeint ist - oder auch nicht.
Auch die Aufrechterhaltung der emotionalen und/oder lebenspraktischen Bedeutung eines Glaubens
ist ein aktiver Vorgang, der gelingen kann oder scheitern.
Schon die Aufrechterhaltung des Glaubens
kann Aktivitäten erfordern:
der Kampf von manchen Gläubigen gegen ihre Zweifel ist ein aktiver Vorgang.
Die Aufrechterhaltung der Bedeutung eines Glaubens für den Glaubenden
erfordert in jedem Fall Aktivitäten:
Denn Bedeutung hat ein Glaube für den Glaubenden nur dann,
wenn er immer wieder daran denkt
und sich in seinen Emotionen und in seinen Entscheidungen auf diesen Glauben bezieht.
Mit dem Ausdruck "die Aufrechterhaltung funktioniert" wollte ich nichts anderes sagen als "die Aufrechterhaltung gelingt".
Falls du meine Ausdrucksweise unangemessen findest, okay, das ist Ansichtssache;
wir brauchen uns nicht darüber zu streiten.
zelig hat folgendes geschrieben: | Leony hat folgendes geschrieben: |
wenn es Tatsachen-Behauptungen gibt,
die der Glaubende,
auch wenn er sie vordergründig nicht mehr als Tatsachen-Behauptungen aufrecht erhält, |
Es ist nicht vordergründig, soweit es mich betrifft. Im Gegenteil. |
Heißt das, dass du gläubig bist?
zelig hat folgendes geschrieben: | Leony hat folgendes geschrieben: | vielleicht sogar als "naiv" abtut,
dennoch weiterhin mit seinem Glauben assoziiert. |
Es tut mir ehrlich Leid Leony, aber den Satz insgesamt versteh ich einfach nicht. Liegt die Betonung auf "Tatsache"? Daß zur Aufrechterhaltung und Kommunikation von Glaubensaussagen in Wirklichkeit Tatsachen postuliert werden müssen? Meinst Du es so? Denn sonst finde ich nichts besonderes daran, daß eine Haltung, eine Meinung oder ein Glaube durch Behauptungen gestützt werden. |
Ich will es mal an einem Beispiel erläutern:
dem Satz "Jesus ist auferstanden".
Als ich 1957-1968 den Religionsunterricht besuchte, nahm ich den eindeutigen Eindruck mit,
dass dieser Satz eine Tatsachenbehauptung sei,
des Inhalts, dass Jesus von einem Toten zu einem Lebenden zurückverwandelt worden sei.
Eine solche Interpretation wird heute von vielen Christen abgelehnt und als "naiv" abgetan.
Trotzdem reden dieselben Christen immer noch von "Auferstehung",
oft genug in einem geradezu schwärmerischen Ton.
Ich stelle nun die These auf,
dass die Begeisterung für ein solches Wort
daher rührt,
dass mit diesem Wort immer noch Assoziationen zu der wörtlichen Bedeutung dieses Wortes verbunden sind
und auf diesem Wege zu der Freude,
die durch das Wort in seiner wörtlichen Bedeutung ausgelöst würde.
_________________ Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren )
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Mandingo Sucher des verlorenen Schlüssels
Anmeldungsdatum: 03.01.2005 Beiträge: 456
Wohnort: Köln-Nähe
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(#250415) Verfasst am: 26.01.2005, 22:08 Titel: |
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Leony hat folgendes geschrieben: | ...Um sich die Bibel so zurechtzuinterpretieren und einen Geist "herauszufiltern",
dass eine akzeptable Orientierungshilfe herauskommt,
muss man bereits darüber orientiert sein, was akzeptabel ist und was nicht.
So bekommt man im Wesentlichen das heraus, was man als Auswahl- und Interpretationskriterium hineingesteckt hat. |
Langsam drehst du dich im Kreis, Leony,
in jeder Leserpsychologie (z.B. Gröben u.a.) kannst du erfahren,
dass man von einem eigenen System und von eigenen Normen ausgeht,
auf das man neu Gelesenes bezieht,
dass das Interesse die Erkenntnis bestimmt (Habermas u.a.) usw..
Was soll an deiner These so informativ sein?
Auch du machst es nicht anders, nur merkst du es wohl nicht.
Wenn jemand sich für einen Glauben begeistert,
der ihn überzeugt,
dann wird auch er das an seinen Normen und Bedürfnissen messen,
was soll daran informativ sein?
Deine obigen Thesen zu harten Gerichtssprüchen Jesu
leiden unter ein und demselben Mangel:
Du prüfst überhaupt nicht, was diese Aussagen in ihrer Zeit
mit dem Vorverständnis der Zuhörer bedeuten
und verstehst Jesus nicht als Menschen seiner Zeit.
Wenn du es ungerecht findest, dann müssen es wohl alle Menschen
aller Zeiten.
So kommen wir immer auf die alte Leier!
_________________ "Wer sagt, hier herrscht Freiheit, lügt, denn Freiheit herrscht nicht." (Erich Fried)
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#250443) Verfasst am: 26.01.2005, 23:25 Titel: |
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Mandingo hat folgendes geschrieben: | Wer aber eine Orientierungshilfe für sein Leben sucht, kann ein Modell, das den Geist aus vielen Texten herausfiltert, gut gebrauchen. |
Das Modell des persönlichen allmächtigen Gottes und des Wiederauferstehungsglaubens ist aber eben nicht gut geeignet, den Geist der Nächstenliebe aus den vielen Texten herauszufiltern - sondern eher, ihn zu verschleiern.
Die meisten Leute wollen eben nicht nur ethische Inspiration, sondern ein möglichst geschlossenes Weltbild, Bestätigung und Hoffnung.
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Mandingo Sucher des verlorenen Schlüssels
Anmeldungsdatum: 03.01.2005 Beiträge: 456
Wohnort: Köln-Nähe
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(#250542) Verfasst am: 27.01.2005, 00:50 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | ...Die meisten Leute wollen eben nicht nur ethische Inspiration, sondern ein möglichst geschlossenes Weltbild, Bestätigung und Hoffnung. gruß/step |
Und genau die steckt in dem Modell der Familie,
in der die Geschwister sich gegenseitig lieben
und sich wie bei einem gemeinsamen Vater geborgen fühlen,
wenn diese Liebe als letzte nicht mehr zu hinterfragende Instanz zur Gerechtigkeit für alle führt, Leben schafft und erhält.
Das ist eine Auswahl der mit dem Modell verbundenen Aspekte,
geschlossen und offen zugleich, bestätigend und durch Hoffnung stärkend
und jederzeit neu durch Mythen der eigenen Zeit auszudifferenzieren.
_________________ "Wer sagt, hier herrscht Freiheit, lügt, denn Freiheit herrscht nicht." (Erich Fried)
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Leony gottlos
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 3674
Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus
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(#250572) Verfasst am: 27.01.2005, 02:06 Titel: |
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Mandingo hat folgendes geschrieben: | Leony hat folgendes geschrieben: | ...Um sich die Bibel so zurechtzuinterpretieren und einen Geist "herauszufiltern",
dass eine akzeptable Orientierungshilfe herauskommt,
muss man bereits darüber orientiert sein, was akzeptabel ist und was nicht.
So bekommt man im Wesentlichen das heraus, was man als Auswahl- und Interpretationskriterium hineingesteckt hat. |
Langsam drehst du dich im Kreis, Leony,
in jeder Leserpsychologie (z.B. Gröben u.a.) kannst du erfahren,
dass man von einem eigenen System und von eigenen Normen ausgeht,
auf das man neu Gelesenes bezieht,
dass das Interesse die Erkenntnis bestimmt (Habermas u.a.) usw..
Was soll an deiner These so informativ sein?
Auch du machst es nicht anders, nur merkst du es wohl nicht. |
Du hast offenbar nicht einmal gemerkt, dass du gar nicht verstanden hast, worauf es mir ankam.
Die Bibel unterscheidet sich höchst negativ
von anderen Büchern, die durchaus als akzeptable Orientierungshilfe dienen können.
Und zwar so, wie sie sind.
Weil ihre Urheber Menschen von einem geistigen und sittlichen Niveau sind,
dass man darauf vertrauen kann, dass das, was sie schreiben, in aller Regel Zustimmung verdient.
Das sind Bücher, die man einem Menschen empfehlen kann, der
Mandingo hat folgendes geschrieben: | eine Orientierungshilfe für sein Leben sucht | Diese Bücher kann er als Orientierungshilfe gebrauchen, und zwar so, wie sie sind.
Genau das trifft auf die Bibel nicht zu.
Ihre Urheber und die Urheber der dort überlieferten Worte
sind großenteils von einem so erbärmlichen sittlichen Niveau,
dass erst mal ein Rosinenpicker mit geistigem und sittlichem Niveau darangehen muss,
Akzeptables und Inakzeptables auseinander zu sortieren,
um daraus eine akzeptable Orientierungshilfe zu extrahieren.
Die Bibel selbst
ist für den, der dies geistige und sittliche Niveau noch nicht erreicht hat
und noch Orientierung braucht,
keine Orientierungshilfe;
im Gegenteil, sie ist eine Gefahr für seine sittliche Entwicklung,
weil sie ihn verleiten kann, Unrecht und Grausamkeit für gut und gerecht zu halten.
Zusammengefasst:
Wenn man ein Buch hat, das von einem Geist auf hohem geistigen und sittlichen Niveau geprägt ist,
dann kann man daraus wirklich etwas für seine sittliche Orientierung lernen.
Wenn man aber ein Buch hat wie die Bibel, aus dem man das Akzeptable erst herausfiltern muss,
dann kann man herzlich wenig daraus lernen,
weil man im Wesentlichen nur das herausbekommt, was man als Auswahlkriterium hineingesteckt hat.
Noch kürzer:
Es gibt gute Bücher, aus denen man was lernen kann,
und Bücher wie die Bibel, die überflüssig sind.
Mandingo (Ausschnitt von oben noch einmal zitiert) hat folgendes geschrieben: | in jeder Leserpsychologie (z.B. Gröben u.a.) kannst du erfahren,
dass man von einem eigenen System und von eigenen Normen ausgeht,
auf das man neu Gelesenes bezieht, |
Da trägst du Eulen nach Athen.
Trotzdem gibt es Bücher, aus denen man etwas Neues lernen kann,
mit deren Hilfe man sein eigenes System und seine eigenen Normen
erweitern, ausdifferenzieren, überprüfen und soweit nötig korrigieren kann,
und es gibt Bücher, in denen man nur das findet, was man ohnehin schon weiß
(oder sogar eine Menge Irreführendes dazu).
Mandingo (Ausschnitt von oben noch einmal zitiert) hat folgendes geschrieben: | dass das Interesse die Erkenntnis bestimmt (Habermas u.a.) |
Den Spruch kenne ich auch.
Nicht im Original, darum weiß ich nicht, ob Herr Habermas das so undifferenziert geschrieben hat.
Was aber in diesem Zusammenhang auch nicht so wichtig ist,
da Philosophen untereinander derart uneinig sind, dass eh keiner unumstrittene Autorität in Anspruch nehmen kann.
Worauf es hier ankommt:
Das Interesse mag auf vielfältige Weise Einfluss auf die Erkenntnisgewinnung haben,
z. B. auf die Fragen, die man stellt, und auf die Hypothesen, die man aufstellt und überprüft -
aber das heißt nicht,
dass das Interesse auch die Antworten auf diese Fragen bestimmen müsste
und die Ergebnisse der Überprüfungen.
Es gibt seriös arbeitende Menschen, die sich dabei so weit wie möglich an objektiven Kriterien orientieren.
Sodass die Antworten auf die Fragen und die Ergebnisse der Überprüfungen
ganz oder wesentlich durch objektive Kriterien bestimmt werden
und eben nicht (allein) durch das Interesse.
Mandingo hat folgendes geschrieben: | Wenn jemand sich für einen Glauben begeistert,
der ihn überzeugt,
dann wird auch er das an seinen Normen und Bedürfnissen messen,
was soll daran informativ sein? |
Ausgangspunkt dieser Diskussion war:
Mandingo hat folgendes geschrieben: | Wer aber eine Orientierungshilfe für sein Leben sucht,
kann ein Modell, das den Geist aus vielen Texten herausfiltert,
gut gebrauchen. |
Wenn etwas nicht informativ ist, wie soll es dann als Orientierungshilfe dienen?
Mandingo hat folgendes geschrieben: | Deine obigen Thesen zu harten Gerichtssprüchen Jesu
leiden unter ein und demselben Mangel:
Du prüfst überhaupt nicht, was diese Aussagen in ihrer Zeit
mit dem Vorverständnis der Zuhörer bedeuten
und verstehst Jesus nicht als Menschen seiner Zeit. |
Diese Äußerung leidet unter dem Mangel,
dass du pauschale Vorwürfe erhebst, ohne sie im Geringsten zu begründen.
Mandingo hat folgendes geschrieben: | Wenn du es ungerecht findest, dann müssen es wohl alle Menschen
aller Zeiten. |
Ja, natürlich würde jeder gerecht denkende Mensch es ungerecht finden,
wenn für eine endliche Schuld eine ewige Strafe verhängt wird.
In diesem Punkt fällt Jesus weit hinter ein Prinzip des Alten Testaments zurück,
das mit "Auge um Auge, Zahn um Zahn, Leben um Leben"
um Längen gerechter war
als die maßlosen Strafphantasien Jesu.
_________________ Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren )
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Mandingo Sucher des verlorenen Schlüssels
Anmeldungsdatum: 03.01.2005 Beiträge: 456
Wohnort: Köln-Nähe
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(#250653) Verfasst am: 27.01.2005, 12:44 Titel: |
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Leony hat folgendes geschrieben: | ...Du hast offenbar nicht einmal gemerkt, dass du gar nicht verstanden hast, worauf es mir ankam... |
Ich glaube, da hast du wieder mal etwas übersehen, liebe Leony,
1. "objektive Kriterien" gibt es nicht, auch sie werden durch das Interesse einer Gesellschaft oder eines Individuums bestimmt;
2. nochmal: die Bibel ist kein Buch, ...(s.o.)
3. das sittliche Niveau der meisten Bücher der Bibel ist erstaunlich hoch,
nicht "erbärmlich", wie deine Pauschal-Unterstellung nahe legen möchte;
4. ob jemand etwas aus einem Buch lernen kann oder nicht,
kommt auf das an, was er zu lernen hat oder lernen möchte;
Was "man" etwas aus einer Bibliothek wie der Bibel lernen kann, ist wohl schwer zu sagen, das kommt auf den Einzelnen an.
5. begründet und beschrieben habe ich das Vorverständnis Jesu am Beispiel der "Weltgerichtsrede" sehr konkret, dennoch tust du so, als wäre das in der bekannten Geschichte erwähnte Urteil mit "ewiger Strafe" seine Erfindung.
6 "Strafphantasien" brauchte Jesus nicht, er benutzte die alten Motive,
die die Menschen verstanden. Das macht jeder gute Redner.
_________________ "Wer sagt, hier herrscht Freiheit, lügt, denn Freiheit herrscht nicht." (Erich Fried)
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#250756) Verfasst am: 27.01.2005, 16:50 Titel: |
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Leony hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | Leony hat folgendes geschrieben: |
Mir ist durchaus klar, dass auch Glaubensaussagen, deren Tatsachen-Inhalt nahe bei 0 liegt,
eine hohe emotionale und lebenspraktische Bedeutung haben können. |
Ich meine, daß Glaubensaussagen niemals Tatsachenbehauptungen sein können. |
Unsinn. |
Leony hat folgendes geschrieben: | Zum christlichen Glauben in seiner traditionellen Interpretation gehört - wie übrigens allgemein bekannt ist - die Aussage: "Es gibt ein allmächtiges Wesen, das unsere Welt erschaffen hat."
Das ist eine Tatsachenbehauptung.
Auch eine höchstwahrscheinlich unzutreffende Tatsachenbehauptung ist eine Tatsachenbehauptung. |
Ich bin mir nicht sicher ob Du mich richtig verstanden hast.
Ich lehne die Aussage
"Es gibt ein allmächtiges Wesen, das unsere Welt erschaffen hat." ab, wenn sie explizit so gemeint ist. Also derart:
"Ich weiss, es gibt ein allmächtiges Wesen, das unsere Welt erschaffen hat." Dann halte ich sie aus formalen Gründen für unzulässig. Denn Wissen kann sich nur auf Aussagen beziehen, die widerlegt werden können. Wenn ich also im Gespräch umgangssprachlich, was ja in den allermeisten Fällen so ist, sage, "das stimmt nicht." Dann sage ich das nicht, weil die Aussage unwahr ist, sondern, weil sie weder wahr noch unwahr sein kann.
Ich lehne sie nicht ab, wenn sie so gemeint ist:
"Ich glaube es gibt ein allmächtiges Wesen, das unsere Welt erschaffen hat."
Aber, sie entspricht nicht meinem Glauben, da ich mit „Allmacht“ nichts anfangen kann.
Wenn also jemand behauptet, es sei eine Tatsache, daß es ein allmächtiges Wesen gibt, welches unsere Welt erschaffen hat, dann lehne ich diese Aussage aus formalen Gründen ab. Du dagegen lehnst sie nicht ab, sondern findest, daß sie unwahr ist. Es gibt also einen entscheidenden Unterschied in der Art, wie wir beide diesen Satz beurteilen.
Wenn dagegen jemand sagt, sie glaube an ein allmächtiges Wesen, welches unsere Welt erschaffen hat, dann lehne ich das nicht ab, sondern ich sage, daß dies nicht meinem Glauben entspricht, weil ich mit „Allmacht“ nichts anzufangen weiss. Du dagegen meinst dies Aussage ablehnen zu können, weil Du meinst, damit würde jemand behaupten, man könne wissen, daß es ein derartiges Wesen gibt.
Und das halte ich für falsch. Und ich halte genau diesen Punkt für den Kern unseres Dissens.
zelig hat folgendes geschrieben: | Glaubensaussagen haben keine Tatsachen zum Inhalt. Daher verstehe ich es nicht so richtig. Es braucht dafür nur einen Erzähler und einen Zuhörer. |
Leony hat folgendes geschrieben: | Du verstehst es nicht, weil du deine Perspektive
auf einen winzigen Ausschnitt des Glaubenslebens in Gegenwart und Vergangenheit reduzierst: |
Ich kann nicht nachvollziehen wie Du zu diesem Urteil kommst. Daher kann ich auch nichts darauf erwidern.
Leony hat folgendes geschrieben: | Denn Bedeutung hat ein Glaube für den Glaubenden nur dann,
wenn er immer wieder daran denkt und sich in seinen Emotionen und in seinen Entscheidungen auf diesen Glauben bezieht. |
Das seh ich ganz und gar anders. Ich erlebe es auch anders. Ich bin sogar der Überzeugung, daß die Menschen soweit kommen müssten, ihre Sachen untereinander auszumachen. Ich bin der Meinung, daß genau dies die Nagelprobe sein könnte: ohne Berufung auf eine höhere Instanz Regeln zu finden, die die Erde zu einem menschenwürdigen Ort machen.
Leony hat folgendes geschrieben: | Falls du meine Ausdrucksweise unangemessen findest, okay, das ist Ansichtssache;
wir brauchen uns nicht darüber zu streiten. | Nein, das kann ich ja überhaupt nicht beurteilen. Leony hat folgendes geschrieben: | Heißt das, dass du gläubig bist? |
Ja.
Leony hat folgendes geschrieben: | Ich will es mal an einem Beispiel erläutern:
dem Satz "Jesus ist auferstanden".
Als ich 1957-1968 den Religionsunterricht besuchte, nahm ich den eindeutigen Eindruck mit,
dass dieser Satz eine Tatsachenbehauptung sei,
des Inhalts, dass Jesus von einem Toten zu einem Lebenden zurückverwandelt worden sei. |
Oh ja, das glaube ich sofort. Wir hatten sogar einen Lehrer, der ernsthaft behauptete, die Seele flöge nach dem Tod als galertartige Masse gen Himmel.
Leony hat folgendes geschrieben: | Eine solche Interpretation wird heute von vielen Christen abgelehnt und als "naiv" abgetan. |
Meine Einstellung dazu:
Zitat: | Die zentrale Aussage der biblisch-christlichen Religion liegt in der Zurückweisung
des Menschenopfers.
NennSieWieDuWillst hat das Opfer nicht angenommen.
Sie will es nicht.
Sehr klar. Sehr einfach. Sehr ungewöhnlich, damals wie heute.
Wer will kann sich darüber auslassen, ob das Grab nu leer war oder nicht.
Darauf kommt es nicht an. |
http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=203983#203983
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#250891) Verfasst am: 27.01.2005, 21:42 Titel: |
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zelig an Leony hat folgendes geschrieben: | Wenn also jemand behauptet, es sei eine Tatsache, daß es ein allmächtiges Wesen gibt, welches unsere Welt erschaffen hat, dann lehne ich diese Aussage aus formalen Gründen ab. |
Bitte formuliere noch einmal genau, welches formale Kriterium Deine Ablehnung begründet. Würdest Du die Behauptung, der Mond bestehe aus grünem Käse, aus denselben formalen Gründen ablehnen, oder aus anderen?
zelig an Leony hat folgendes geschrieben: | Du dagegen lehnst sie nicht ab, sondern findest, daß sie unwahr ist. |
Auch ich finde, daß sie unwahr ist, wobei - da es sich um eine Aussage über die Welt handelt und keinen Beweis in einem formalen System - "unwahr" so etwas bedeutet wie "kritisch unplausibel".
zelig an Leony hat folgendes geschrieben: | Wenn dagegen jemand sagt, sie glaube an ein allmächtiges Wesen, welches unsere Welt erschaffen hat, dann lehne ich das nicht ab, sondern ich sage, daß dies nicht meinem Glauben entspricht, weil ich mit „Allmacht“ nichts anzufangen weiss. |
Damit lehnst Du diese Aussage aber inhaltlich doch ab (hältst sie für unplausibel oder sogar unsinnig), auch wenn Du es nicht zugibst, mglw. um nicht den Eindruck zu erwecken, den dahinterstehenden Menschen abzulehnen.
zelig an Leony hat folgendes geschrieben: | Du dagegen meinst dies Aussage ablehnen zu können, weil Du meinst, damit würde jemand behaupten, man könne wissen, daß es ein derartiges Wesen gibt. Und das halte ich für falsch. Und ich halte genau diesen Punkt für den Kern unseres Dissens. |
Das denke ich nicht. Zum einen vertreten eigentlich alle Gläubigen ihren Glauben wie eine Art "Wissen", Ge"wiß"heit, Überzeugtheit. Das einzige, was ihnen zum (klassischen) Wissen fehlt, ist die Möglichkeit, kritische Andere davon zu überzeugen, da sie keine Theorien mit zutreffenden Voraussagen beinhalten. Gläubige, die gar keine Glaubensgewißheit mehr haben, sind Agnostiker.
Um obige Aussage abzulehnen, muß man zudem gar nicht meinen, sie sei eine formale Tatsachenbehauptung. Es reicht, wenn man generell unplausible oder unsinnige Aussagen inhaltlich ablehnt (d.h. ihre mangelnde Plausibilität benennt), egal ob es Glaubensaussagen oder ander Aussagen sind.
Ich denke, der logische Fehler in Deiner Argumentation liegt
- in der Vermischung mehrerer Bedeutungen von "glauben" - "meinen, für plausibel halten" vs. "nicht wissen" vs. "metaphysisch empfinden, hoffen"
- im "tertium non datur" Fehlschluß zwischen völlig subjektivem Glaubens"traum" und formalem Beweis, der die Intersubjektivität, Plausibilität, den hyp. Realismus und Rationalismus, ausklammert.
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
Zuletzt bearbeitet von step am 27.01.2005, 22:41, insgesamt einmal bearbeitet |
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Mandingo Sucher des verlorenen Schlüssels
Anmeldungsdatum: 03.01.2005 Beiträge: 456
Wohnort: Köln-Nähe
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(#250896) Verfasst am: 27.01.2005, 21:47 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | ....Ich bin der Meinung, daß genau dies die Nagelprobe sein könnte: ohne Berufung auf eine höhere Instanz Regeln zu finden, die die Erde zu einem menschenwürdigen Ort machen... |
Da stimme ich dir völlig zu, Zelig,
und genau so sah es auch Dietrich Bonhoeffer,
als er sagte:
"Christen müssten leben, als ob es Gott nicht gäbe (etsi deus non daretur)".
Christen, die die Nächstenliebe als oberstes Gebot ansehen,
können sich die Regeln der Umsetzung verantwortlich nach den Gegebenheiten ihrer Zeit selbst suchen und sie im Geiste dieser Nächstenliebe finden,
ohne dass ihnen jemand Normen setzt oder Befehle erteilt.
_________________ "Wer sagt, hier herrscht Freiheit, lügt, denn Freiheit herrscht nicht." (Erich Fried)
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#250911) Verfasst am: 27.01.2005, 22:39 Titel: |
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Mandingo hat folgendes geschrieben: | 1. "objektive Kriterien" gibt es nicht, auch sie werden durch das Interesse einer Gesellschaft oder eines Individuums bestimmt; |
Du schüttest das Kind mit dem Bade aus: es gibt immerhin intersubjektiv nachprüfbare Kriterien, derzeit beste Theorien usw.. Nach denen ist Jesus nicht auferstanden, die Arten sind nicht von Göttern geschaffen und die Bibel ist nicht die Bibliothek Gottes, sondern ein hoch selbstreferentielles Sammelsurium an mehr oder weniger nützlichen und widersprüchlichen Mythen irgendwelcher frühneuzeitlicher Hirtenvölker.
Mandingo hat folgendes geschrieben: | 2. nochmal: die Bibel ist kein Buch, ...(s.o.) |
Dann sind es eben mehrere. Das ist völlig wurst, wenn es um die Plausibilität der darin oder damit vertetenen Theologie geht.
Mandingo hat folgendes geschrieben: | 3. das sittliche Niveau der meisten Bücher der Bibel ist erstaunlich hoch, nicht "erbärmlich", wie deine Pauschal-Unterstellung nahe legen möchte; |
Und das andere sind nur unwesentliche Ausrutscher, klar. Jedenfalls gemessen am jeweiligen und nicht objektiven "Interesse einer Gesellschaft oder eines Individuums". Das durchschnittliche "sittliche Niveau" etwa von chinesischen Philosophen kann man durchaus als höher betrachten als das der Bibel.
Mandingo hat folgendes geschrieben: | 4. ob jemand etwas aus einem Buch lernen kann oder nicht, kommt auf das an, was er zu lernen hat oder lernen möchte; Was "man" etwas aus einer Bibliothek wie der Bibel lernen kann, ist wohl schwer zu sagen, das kommt auf den Einzelnen an. |
Ich denke, man lernt höchstens dann etwas Gutes aus der Bibel, wenn man zuerst etwas "Neutrales" über ihr Umfeld weiß und kritisch und rational denken gelernt hat. Nur so kann man das Körnchen nützlicher und mit dem jeweiligen Weltbild gerade mal zu vereinbarenden Ideen von der wirren, grausamen und widersprüchlichen Spreu trennen. Wenn man dagegen vornehmlich mithilfe der Bibel selbst oder ihrer Lehren lernt, ist das ineffizient und gefährlich.
Mandingo hat folgendes geschrieben: | 5. begründet und beschrieben habe ich das Vorverständnis Jesu am Beispiel der "Weltgerichtsrede" sehr konkret, dennoch tust du so, als wäre das in der bekannten Geschichte erwähnte Urteil mit "ewiger Strafe" seine Erfindung. ... 6 "Strafphantasien" brauchte Jesus nicht, er benutzte die alten Motive, die die Menschen verstanden. Das macht jeder gute Redner. |
Ohne jetzt die Figur Jesus schlechtreden zu wollen: Ein gutes Argument ist diese selbstimmunisierende Bedarfslogik nicht. Auch Paulus (Frauenhaß), Petrus (Judenhaß) und Luther (beides) benutzten sicher nur die gerade gängigen "Motive". Man merkt nicht gerade deutlich durch, wie sehr sie - von vielen Päpsten ganz zu schweigen - von der Kernbotschaft der unbedingten Nächstenliebe durchdrungen waren.
Aber wie auch immer, ich möchte mich nicht zu sehr in Spekulationen über Motive und Fehleinschätzungen von Jesus oder anderen "Propheten" verzetteln. Für mich ist entscheidend, daß es keinen plausiblen Grund gibt, einen Gott anzunehmen. Unter kritisch-rationalen Bedingungen kann ich die Jesus zugeschriebenen ethischen Konzepte aber durchaus in Betracht ziehen und gegen andere Entwürfe abwägen.
Mandingo an zelig hat folgendes geschrieben: | ... und genau so sah es auch Dietrich Bonhoeffer, als er sagte: "Christen müssten leben, als ob es Gott nicht gäbe (etsi deus non daretur)". |
Das gefällt mir.
Mandingo an zelig, Bonhöffer zitierend hat folgendes geschrieben: | Christen, die die Nächstenliebe als oberstes Gebot ansehen, können sich die Regeln der Umsetzung verantwortlich nach den Gegebenheiten ihrer Zeit selbst suchen und sie im Geiste dieser Nächstenliebe finden, ohne dass ihnen jemand Normen setzt oder Befehle erteilt. |
Hier sehe ich allerdings das Problem, daß man die Nächstenliebe "etsi deus non daretur" gerade nicht als oberstes Gebot ansehen darf. Die nächste "Stufe" der Menschwerdung bestünde vielmehr darin, sie als menschliches Konzept mit all ihrer Relativität zu erkennen.
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#250974) Verfasst am: 28.01.2005, 00:34 Titel: |
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Mandingo hat folgendes geschrieben: | "Christen müssten leben, als ob es Gott nicht gäbe (etsi deus non daretur)".
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Das ist genau das, was ich denke. Danke für den Hinweis auf Bonhoeffer. Und wenn ich noch ergänzen darf, weil es für den Forenkontext relevant ist: ich versuche sozusagen auch ohne Gott zu argumentieren.
@step
'brauch ein wenig Zeit für ne Antwort
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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Leony gottlos
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 3674
Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus
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(#250988) Verfasst am: 28.01.2005, 01:06 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | Ich lehne die Aussage
"Es gibt ein allmächtiges Wesen, das unsere Welt erschaffen hat." ab, wenn sie explizit so gemeint ist. Also derart:
"Ich weiss, es gibt ein allmächtiges Wesen, das unsere Welt erschaffen hat." |
Die beiden Aussagen sind nicht gleichbedeutend.
Ich will das an einem Beispiel verdeutlichen:
Die Aussage "Eine von meinen, d. h. Leonys, Urgroßmüttern hieß Anna." ist eine Aussage,
von der ich nicht weiß, ob sie wahr oder falsch ist;
es ist möglich, dass sie wahr ist, und es ist möglich, dass sie falsch ist.
Die Aussage "Ich, Leony, weiß, dass eine von meinen, d. h. Leonys, Urgroßmüttern Anna hieß."
ist hingegen eindeutig falsch.
zelig hat folgendes geschrieben: | Dann halte ich sie aus formalen Gründen für unzulässig. Denn Wissen kann sich nur auf Aussagen beziehen, die widerlegt werden können. |
[scherz on]Demnach könnte "Wissen" sich nicht auf die Aussage beziehen:
"Es gibt einen Menschen, der im FGH unter dem Namen Leony Beiträge schreibt" -
eine Aussage, die schon deshalb nicht widerlegt werden kann, weil sie wahr ist;
und das weißt du. [/scherz off]
Im Ernst, ich denke, ich verstehe schon, was du meinst.
Es gibt ja die Auffassung,
dass eine Aussage nur dann zulässig sei, wenn ihr Wahrheitsgehalt überprüft werden kann.
Und auf das "widerlegt" bist du vermutlich deshalb gekommen,
weil für allgemeine Theorien gilt, dass sie zwar widerlegt werden können, nicht bewiesen;
wenn sie trotz Überprüfung nicht widerlegt worden sind, dann sind sie nicht bewiesen, wohl aber "bewährt".
Allgemeine Theorien sind, auch wenn das nicht immer ausdrücklich darin ausgesagt wird, All-Aussagen.
Bei Existenz-Aussagen allgemeiner Art ist es umgekehrt:
Wenn ein Gegenstand tatsächlich existiert, dann kann das bewiesen werden, wenn er gefunden wird.
Wenn man ihn aber nicht findet, dann ist das bei Existenz-Aussagen allgemeiner Art kein Beweis, dass er nicht existiert.
Du bist anscheinend der Auffassung,
dass eine Aussage nur dann zulässig sei, wenn ihr Wahrheitsgehalt überprüft werden kann.
Dieser Auffassung bin ich nicht.
Ich denke, wir können es dabei lassen, dass wir da unterschiedlicher Auffassung sind.
Ich würde wenig Sinn darin sehen, wenn wir uns hier in eine Auseinandersetzung über ein Thema stürzen würden,
über das sich schon die schlauesten Leute die Köpfe zerbrochen haben,
Bücher geschrieben und Auseinandersetzungen geführt.
zelig hat folgendes geschrieben: | Wenn also jemand behauptet, es sei eine Tatsache, daß es ein allmächtiges Wesen gibt, welches unsere Welt erschaffen hat, dann lehne ich diese Aussage aus formalen Gründen ab. Du dagegen lehnst sie nicht ab, sondern findest, daß sie unwahr ist. Es gibt also einen entscheidenden Unterschied in der Art, wie wir beide diesen Satz beurteilen. |
Diesen entscheidenden Unterschied sehe ich auch.
zelig hat folgendes geschrieben: | Wenn dagegen jemand sagt, sie glaube an ein allmächtiges Wesen, welches unsere Welt erschaffen hat, dann lehne ich das nicht ab, sondern ich sage, daß dies nicht meinem Glauben entspricht, weil ich mit "Allmacht" nichts anzufangen weiss. Du dagegen meinst dies Aussage ablehnen zu können, weil Du meinst, damit würde jemand behaupten, man könne wissen, daß es ein derartiges Wesen gibt.
Und das halte ich für falsch. Und ich halte genau diesen Punkt für den Kern unseres Dissens. |
Ungefähr,
aber ich meine nicht: "damit würde jemand behaupten, man könne wissen, daß es ein derartiges Wesen gibt."
Ich habe ja oben schon erklärt, dass ich es für möglich halte,
dass eine Aussage wahr oder falsch sein kann, auch wenn man nicht weiß, welches von beiden der Fall ist;
und dass ein "ich weiß, dass" vor einer Aussage
keine bloße Erläuterung ist, sondern eine neue Aussage entstehen lässt,
eine Aussage, die falsch sein kann, auch wenn die ursprüngliche Aussage wahr ist.
zelig hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | Glaubensaussagen haben keine Tatsachen zum Inhalt. Daher verstehe ich es nicht so richtig. Es braucht dafür nur einen Erzähler und einen Zuhörer. |
Leony hat folgendes geschrieben: | Du verstehst es nicht, weil du deine Perspektive
auf einen winzigen Ausschnitt des Glaubenslebens in Gegenwart und Vergangenheit reduzierst: |
Ich kann nicht nachvollziehen wie Du zu diesem Urteil kommst. Daher kann ich auch nichts darauf erwidern. |
Dein Glaube mag keine Tatsachen zum Inhalt haben.
Aber ich behaupte, dass der Glaube anderer Menschen, auch der Glaube vieler Christen,
durchaus Tatsachenbehauptungen zum Inhalt hat.
Was für deinen Glauben gilt, muss nicht auch für den Glauben anderer Menschen gelten.
zelig hat folgendes geschrieben: | Leony hat folgendes geschrieben: | Denn Bedeutung hat ein Glaube für den Glaubenden nur dann,
wenn er immer wieder daran denkt und sich in seinen Emotionen und in seinen Entscheidungen auf diesen Glauben bezieht. |
Das seh ich ganz und gar anders. Ich erlebe es auch anders. Ich bin sogar der Überzeugung, daß die Menschen soweit kommen müssten, ihre Sachen untereinander auszumachen. Ich bin der Meinung, daß genau dies die Nagelprobe sein könnte: ohne Berufung auf eine höhere Instanz Regeln zu finden, die die Erde zu einem menschenwürdigen Ort machen. |
Das würde ich ja sehr schön finden,
wenn auch Menschen, die sich als gläubig verstehen, sich daran machen würden,
"ohne Berufung auf eine höhere Instanz Regeln zu finden, die die Erde zu einem menschenwürdigen Ort machen".
Ich sehe aber nicht,
welche Bedeutung sein Glaube denn hat, wenn er nicht mehr daran denkt und sich nicht mehr darauf bezieht.
Vielleicht hast du auch meine Worte "sich in seinen Emotionen und in seinen Entscheidungen auf diesen Glauben bezieht"
nicht ganz richtig verstanden:
mit "sich in seinen Entscheidungen auf seinen Glauben beziehen"
meinte ich nicht unbedingt: "die Regeln, für die man eintritt, aus den Heiligen Schriften seines Glaubens beziehen";
"sich in seinen Entscheidungen auf seinen Glauben beziehen"
kann aus meiner Sicht auch heißen:
"aus dem Glauben die Motivation zu bestimmten Entscheidungen und Taten beziehen".
zelig hat folgendes geschrieben: | Leony hat folgendes geschrieben: | Ich will es mal an einem Beispiel erläutern:
dem Satz "Jesus ist auferstanden".
Als ich 1957-1968 den Religionsunterricht besuchte, nahm ich den eindeutigen Eindruck mit,
dass dieser Satz eine Tatsachenbehauptung sei,
des Inhalts, dass Jesus von einem Toten zu einem Lebenden zurückverwandelt worden sei. | ...
Leony hat folgendes geschrieben: | Eine solche Interpretation wird heute von vielen Christen abgelehnt und als "naiv" abgetan. |
Meine Einstellung dazu:
Zitat: | Die zentrale Aussage der biblisch-christlichen Religion liegt in der Zurückweisung
des Menschenopfers.
NennSieWieDuWillst hat das Opfer nicht angenommen.
Sie will es nicht.
Sehr klar. Sehr einfach. Sehr ungewöhnlich, damals wie heute.
Wer will kann sich darüber auslassen, ob das Grab nu leer war oder nicht.
Darauf kommt es nicht an. |
http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=203983#203983 |
zelig, das ist deine Interpretation des christlichen Glaubens.
Für mich als Außenstehende ist sie nur eine Interpretation unter vielen, noch dazu keine besonders weit verbreitete.
Du meinst möglicherweise, deine Interpretation sei besonders wichtig, weil sie die richtige sei -
okay, dann ist sie für dich besonders wichtig.
Für mich als Außenstehende hingegen ist die Frage, welche Interpretation denn die richtige sei,
überhaupt keine Frage, die ich zu entscheiden hätte.
Für mich gibt es ganz einfach eine breite Palette der unterschiedlichsten Interpretationen der christlichen Religion,
einige weiter verbreitet, einige weniger,
einige mit bestimmten Vorzügen, andere mit anderen Vorzügen, andere mit vielen Nachteilen,
und sie alle gehören für mich zu den möglichen Interpretationen der christlichen Religion.
Den Ausdruck "biblisch-christliche Religion" benutze ich übrigens nur für bestimmte Versionen der christlichen Religion:
solche, die sich eng an den Bibeltext halten und das meiste wörtlich verstehen.
_________________ Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren )
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Leony gottlos
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 3674
Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus
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(#251006) Verfasst am: 28.01.2005, 02:32 Titel: |
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Mandingo hat folgendes geschrieben: | 1. "objektive Kriterien" gibt es nicht, auch sie werden durch das Interesse einer Gesellschaft oder eines Individuums bestimmt; |
step (dazu) hat folgendes geschrieben: | Du schüttest das Kind mit dem Bade aus: es gibt immerhin intersubjektiv nachprüfbare Kriterien, derzeit beste Theorien usw. |
Zustimmung für step.
Zwar mag man, wenn man mit erkenntnistheoretischer Pedanterie an solche Fragen herangeht,
zu dem Schluss kommen, dass man nichts absolut sicher weiß,
und dass es folglich keine absolut objektiven Kriterien gibt.
Aber das heißt eben nicht,
dass jedes Kriterium in gleichem Maße willkürlich wäre
und es deshalb legitim wäre,
wenn jede Gesellschaft und jedes Individuum sich in völliger Freiheit
diejenigen Kriterien herauspicken würde,
die ihren Interessen am besten dienen.
Für rationales Denken,
für die Anerkennung der Gesetze der Logik und des Prinzips, dass man aus Erfahrungen lernen kann,
und für eine humane Ethik,
die dazu bestimmt ist, den Interessen von Menschen und anderen empfindungsfähigen Wesen
so gut wie möglich gerecht zu werden und zu dienen -
für dies Denken und für diese Ethik
gibt es, vom Standpunkt erkenntnistheoretischer Pedanterie aus gesehen, keine absolute Letztbegründung.
Hat man sich aber einmal für rationales Denken und humane Ethik entschieden,
dann sind nicht mehr alle Kriterien gleichwertig,
sodass man sich - je nach eigenem Interesse - willkürlich etwas aussuchen könnte.
Dann gibt es Kriterien,
die man "objektiv" nennen kann
in dem Sinne, dass die Ablehnung des Kriteriums - rational und/oder ethisch - unvertretbar wäre.
Mandingo hat folgendes geschrieben: | dass das Interesse die Erkenntnis bestimmt (Habermas u.a.) usw.. |
Mandingo (Zitat wiederholt) hat folgendes geschrieben: | 1. "objektive Kriterien" gibt es nicht, auch sie werden durch das Interesse einer Gesellschaft oder eines Individuums bestimmt; |
Da kann man ja mal die Frage stellen, wer ein Interesse daran hat, solche Thesen zu vertreten.
Womöglich Leute,
die dann, wenn ihnen das Ergebnis einer rationalen Argumentation nicht in den Kram passt,
dies zurückweisen können wollen
mit der Begründung,
die Gegenseite hätte doch auch keine objektiven Kriterien
und würde auch durch ihre Interessen bestimmt,
sodass man dem Ergebnis ihrer Argumentation keine Bedeutung bemessen müsste,
wenn man eben andere Interessen habe
_________________ Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren )
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Leony gottlos
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 3674
Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus
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(#251007) Verfasst am: 28.01.2005, 02:35 Titel: |
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Mandingo hat folgendes geschrieben: | 3. das sittliche Niveau der meisten Bücher der Bibel ist erstaunlich hoch,
nicht "erbärmlich", wie deine Pauschal-Unterstellung nahe legen möchte; |
Diese deine Einschätzung
sagt etwas über dein sittliches Urteilsvermögen.
_________________ Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren )
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Leony gottlos
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 3674
Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus
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(#251008) Verfasst am: 28.01.2005, 03:09 Titel: |
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Mandingo hat folgendes geschrieben: | 5. begründet und beschrieben habe ich das Vorverständnis Jesu am Beispiel der "Weltgerichtsrede" sehr konkret, dennoch tust du so, als wäre das in der bekannten Geschichte erwähnte Urteil mit "ewiger Strafe" seine Erfindung. |
Eine falsche Begründung ist auch nicht besser als gar keine.
Ich tue keineswegs "so, als wäre das in der bekannten Geschichte erwähnte Urteil mit 'ewiger Strafe' seine Erfindung".
Auch wenn Jesus dies Urteil aus den Traditionen seiner Zeit und Kultur übernommen hat,
ist er verantwortlich dafür,
dass er es gegenüber seinen Zuhörern so benutzt hat, dass der Eindruck entstehen musste, er finde dies Urteil richtig.
Dass er dabei unter dem Einfluss seiner Zeit und Kultur stand,
das mag man für ihn persönlich als mildernden Umstand werten.
Aber das entbindet ihn nicht von jeder Verantwortung.
Er war ein erwachsener Mensch,
und wenn ein erwachsener Mensch nicht im klinischen Sinne geistig behindert oder geistesgestört ist,
dann ist er verantwortlich für das, was er sagt und tut.
Wäre Jesus ein mitfühlender Mensch gewesen,
dann hätte er ein Problem gehabt
mit der Vorstellung einer ewigen Strafe im ewigen Feuer;
und wenn er außerdem ein Denker von geistigem und religiösem Format gewesen wäre,
dann hätte er den Gedanken, dass ein Gott, der in seiner Tradition "gütig" genannt wurde, so urteilen könnte,
voller Entsetzen
als Gotteslästerung zurückgewiesen
und gar nicht daran gedacht, so etwas zu verkünden.
Wäre Jesus ein Mensch mit intaktem Gerechtigkeitssinn gewesen,
dann hätte er ebenfalls ein Problem gehabt
mit der Vorstellung einer ewigen Strafe im ewigen Feuer;
und wenn er außerdem ein Denker von geistigem und religiösem Format gewesen wäre,
dann hätte er den Gedanken, dass ein Gott, der in seiner Tradition "gerecht" genannt wurde, so urteilen könnte,
voller Empörung
als Gotteslästerung zurückgewiesen
und gar nicht daran gedacht, so etwas zu verkünden.
Eine Klarstellung:
Diese meine Aussagen über Jesus
sind zunächst einmal Aussagen über die literarische Figur Jesus,
wie sie im Matthäus-Evangelium beschrieben wird.
Ob dieselben Aussagen auch auf den Jesus zutreffen, der (vermutlich) tatsächlich gelebt hat,
das kann ich in Ermangelung zuverlässiger Berichte nicht sagen.
Es würde mich allerdings überraschen,
wenn Jesus sich derart positiv von seiner Anhängerschaft unterschieden hätte,
wie heutige Christen das gern behaupten.
"Gleich und gleich gesellt sich gern" ist immer noch "the best bet",
die Vermutung, die am meisten für sich hat.
Mandingo hat folgendes geschrieben: | 6 "Strafphantasien" brauchte Jesus nicht, er benutzte die alten Motive,
die die Menschen verstanden. Das macht jeder gute Redner. |
Es sind Phantasien, ob Jesus sie nun selbst entwickelt oder von anderen übernommen hat.
_________________ Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren )
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Mandingo Sucher des verlorenen Schlüssels
Anmeldungsdatum: 03.01.2005 Beiträge: 456
Wohnort: Köln-Nähe
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(#251163) Verfasst am: 28.01.2005, 15:50 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | ....Du schüttest das Kind mit dem Bade aus: es gibt immerhin intersubjektiv nachprüfbare Kriterien, derzeit beste Theorien usw.. |
Auch "intersubjektiv nachprüfbare Kriterien" entstammen einem zeitbedingten Wissenschafts-, Gesellschafts- und Weltbild.
Es gibt keine "objektiven" Kriterien, da sollte man sich nichts in die Tasche lügen.
Auch unsere Mythen haben ihren Wert für unsere Gesellschaft,
nicht für eine abstrakt-theoretische Ewigkeit.
step hat folgendes geschrieben: | . Mandingo hat folgendes geschrieben: | 2. nochmal: die Bibel ist kein Buch, ...(s.o.) |
Dann sind es eben mehrere. Das ist völlig wurst, wenn es um die Plausibilität der darin oder damit vertetenen Theologie geht. |
Das ist keineswegs wurst, wenn es um Widersprüche und Symbole und Mythen aus völlig unterschiedlichen Zeiten geht.
Auch du, Step, sprichst hier wieder von der Theologie.
Es gibt in der Bibel keine einheitliche Theologie!
step hat folgendes geschrieben: | ....Das durchschnittliche "sittliche Niveau" etwa von chinesischen Philosophen kann man durchaus als höher betrachten als das der Bibel. |
Toll, Step, pauschaler geht´s wohl kaum.
Bäcker kann man auch als produktiver betrachten als Schornsteinfeger.
step hat folgendes geschrieben: | ....Wenn man dagegen vornehmlich mithilfe der Bibel selbst oder ihrer Lehren lernt, ist das ineffizient und gefährlich. |
Ich habe weniger an Lernen "mithilfe der Bibel" gedacht als an Lernen,
aus den unterschiedlichen Ansichten in der Bibel,
die mir z.B. auch zeigen, wie man es nicht machen sollte,
wenn man nicht zum Sklaven einer Ideologie werden will.
Dazu mache ich mir aber nicht vor, ich wendete "neutrale" Kriterien an,
sondern ich benutze die Kriterien, Lehren, Systeme meiner Zeit und vergleiche sie mit den damaligen.
step hat folgendes geschrieben: | ..... Auch Paulus (Frauenhaß), Petrus (Judenhaß) und Luther (beides) benutzten sicher nur die gerade gängigen "Motive". Man merkt nicht gerade deutlich durch, wie sehr sie - von vielen Päpsten ganz zu schweigen - von der Kernbotschaft der unbedingten Nächstenliebe durchdrungen waren. |
Richtig, und an den Folgen solcher Hass-Grundlagen merkt man,
dass man sie ablehnen muss und die "gängigen Motive" der Texte sich von unseren fundamental unterscheiden.
Du siehst die biblischen Texte für mich viel zu normativ und verbindlich, Step.
So kann man doch nicht mit einer Bekenntnis-Bibliothek umgehen,
wenn man kritisch und frei den Leben erhaltenden Teil herausfiltern will.
step hat folgendes geschrieben: | .... Unter kritisch-rationalen Bedingungen kann ich die Jesus zugeschriebenen ethischen Konzepte aber durchaus in Betracht ziehen und gegen andere Entwürfe abwägen. |
Da stimmen wir also doch noch in einem Punkt überein.
step hat folgendes geschrieben: | ....Hier sehe ich allerdings das Problem, daß man die Nächstenliebe "etsi deus non daretur" gerade nicht als oberstes Gebot ansehen darf. Die nächste "Stufe" der Menschwerdung bestünde vielmehr darin, sie als menschliches Konzept mit all ihrer Relativität zu erkennen. |
Klar, die Relativität zeigt schon das Verhalten von Jesus selbst im Vergleich zu seiner Bergpredigt:
Er hält vor seiner Kreuzigung nicht die andere Backe hin, als er auf die eine geschlagen wird, sondern fragt nach einer Begründung.
Alle unsere Konzepte sind menschlich und werden erst zur "letzten nicht mehr hinterfragbaren Grundlage", wenn sich eine Gemeinschaft darauf einigt (siehe Israel beim Treffen der Stämme an der Oase Kadesh, bevor sie durch die Wüste marschierten).
Dann wird sie "göttlich", - so wie bei uns das Kapital, die Marktwirtschaft o.ä.
und nimmt die Stelle ein, die bei den Naturreligionen die Götter hatten.
_________________ "Wer sagt, hier herrscht Freiheit, lügt, denn Freiheit herrscht nicht." (Erich Fried)
Zuletzt bearbeitet von Mandingo am 28.01.2005, 15:56, insgesamt einmal bearbeitet |
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Mandingo Sucher des verlorenen Schlüssels
Anmeldungsdatum: 03.01.2005 Beiträge: 456
Wohnort: Köln-Nähe
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(#251165) Verfasst am: 28.01.2005, 15:53 Titel: |
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Leony hat folgendes geschrieben: | ...Es sind Phantasien, ob Jesus sie nun selbst entwickelt oder von anderen übernommen hat. |
Sag´ich doch die ganze Zeit,
und darum sollten wir auch nicht ständig normenkritisch auf ihnen herumreiten!
_________________ "Wer sagt, hier herrscht Freiheit, lügt, denn Freiheit herrscht nicht." (Erich Fried)
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Leony gottlos
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 3674
Wohnort: Aufklärung und Kritischer Rationalismus
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(#251172) Verfasst am: 28.01.2005, 16:29 Titel: |
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Mandingo hat folgendes geschrieben: | Leony hat folgendes geschrieben: | ...Es sind Phantasien, ob Jesus sie nun selbst entwickelt oder von anderen übernommen hat. |
Sag´ich doch die ganze Zeit,
und darum sollten wir auch nicht ständig normenkritisch auf ihnen herumreiten! |
Auch wenn's Phantasien waren,
wurden sie doch ernst und wörtlich genommen
und haben sehr reale furchtbare Ängste erzeugt.
Und solange Christen diesen Jesus als religiöse Autorität anpreisen,
haben kritische Menschen allen Grund, darauf aufmerksam zu machen,
welche Qualen er mit seinen Botschaften bei gläubigen Menschen angerichtet hat und heute noch anrichtet.
_________________ Gruß, Leony (Gott losgeworden vor vielen Jahren )
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#251242) Verfasst am: 28.01.2005, 18:07 Titel: |
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Mandingo hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | ....Du schüttest das Kind mit dem Bade aus: es gibt immerhin intersubjektiv nachprüfbare Kriterien, derzeit beste Theorien usw.. | Auch "intersubjektiv nachprüfbare Kriterien" entstammen einem zeitbedingten Wissenschafts-, Gesellschafts- und Weltbild. Es gibt keine "objektiven" Kriterien, da sollte man sich nichts in die Tasche lügen. |
- Ich habe nicht behauptet, es gebe objektive Kriterien.
- Daß auch "intersubjektiv nachprüfbare Kriterien" einem zeitbedingten Wissenschafts-, Gesellschafts- und Weltbild entstammen, läßt nicht den Schluß zu, intersubjektiv nicht nachprüfbare Kriterien seien ebenso plausibel.
Warum pflegen wir wohl heutzutage nicht gleichberechtigt das geozentrische Weltbild weiter?
Mandingo hat folgendes geschrieben: | Auch unsere Mythen haben ihren Wert für unsere Gesellschaft, nicht für eine abstrakt-theoretische Ewigkeit. |
Ja, deswegen ist es notwendig, alle Theorien immer wieder neu auf ihre Nützlichkeit, Konsistenz usw. abzuklopfen, und sich ihres Zweckes und ihrer Beschränktheit bewußt zu sein.
Mandingo hat folgendes geschrieben: | Auch du, Step, sprichst hier wieder von der Theologie. Es gibt in der Bibel keine einheitliche Theologie! |
Stimmt, es gibt mehrere zueinander widersprüchliche theologische Systemfragmente in der Bibel. Keines davon ist plausibel.
Mandingo hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | ....Das durchschnittliche "sittliche Niveau" etwa von chinesischen Philosophen kann man durchaus als höher betrachten als das der Bibel. | Toll, Step, pauschaler geht´s wohl kaum. Bäcker kann man auch als produktiver betrachten als Schornsteinfeger. |
Verstehe ich nicht. Vielleicht solltest Du mal die Eigenschaft "sittliches Niveau" definieren, mit der schlißlich Du selbst aufgekommen bist. Mglw. steckt ja hier schon die Pauschalität.
Mandingo hat folgendes geschrieben: | Ich habe weniger an Lernen "mithilfe der Bibel" gedacht als an Lernen, aus den unterschiedlichen Ansichten in der Bibel, die mir z.B. auch zeigen, wie man es nicht machen sollte, wenn man nicht zum Sklaven einer Ideologie werden will. |
Dafür gibt es aber wiederum besser geeignete Bücher
Mandingo hat folgendes geschrieben: | Du siehst die biblischen Texte für mich viel zu normativ und verbindlich, Step. So kann man doch nicht mit einer Bekenntnis-Bibliothek umgehen, wenn man kritisch und frei den Leben erhaltenden Teil herausfiltern will. |
Zum einen ist die verbindliche Normativität zumindest einiger Kernelemente ja eine der deutlichen Behauptungen der Bibel selbst, und so sehen es auch die meisten Christen. Daß Du nun mal gerade nur eine ganz bestimmte Aussage für verbindlich und normativ hältst, ist Dein Recht, aber nicht plausibel. Vielleicht sollten wir "etsi Bibel non daretur" diskutieren.
Mandingo hat folgendes geschrieben: | ... Alle unsere Konzepte sind menschlich und werden erst zur "letzten nicht mehr hinterfragbaren Grundlage", wenn sich eine Gemeinschaft darauf einigt (siehe Israel beim Treffen der Stämme an der Oase Kadesh, bevor sie durch die Wüste marschierten). Dann wird sie "göttlich", - so wie bei uns das Kapital, die Marktwirtschaft o.ä. und nimmt die Stelle ein, die bei den Naturreligionen die Götter hatten. |
Nicht ganz. Der aufgeklärte Neuzeitmensch sollte sich auch bei einem normativen Konsens der prinzipiellen Hinterfragbarkeit, demokratischen Veränderbarkeit usw. bewußt sein. Das holt den Konsens vom "Göttlichen" herunter und stellt gesellschaftlich ein Dilemma dar, aber nach heutigem Stand der Aufklärung die einzige Variante, mit der ich in den Spiegel schauen kann, ohne rot zu werden.
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Mandingo Sucher des verlorenen Schlüssels
Anmeldungsdatum: 03.01.2005 Beiträge: 456
Wohnort: Köln-Nähe
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(#252367) Verfasst am: 30.01.2005, 16:31 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | ...- Daß auch "intersubjektiv nachprüfbare Kriterien" einem zeitbedingten Wissenschafts-, Gesellschafts- und Weltbild entstammen, läßt nicht den Schluß zu, intersubjektiv nicht nachprüfbare Kriterien seien ebenso plausibel. |
Da sagst du was! Tolle Entdeckung!
Aber ihre Merkmale, die aus diesen Bildern stammen,
sind ja gerade das interessante.
step hat folgendes geschrieben: | ...Ja, deswegen ist es notwendig, alle Theorien immer wieder neu auf ihre Nützlichkeit, Konsistenz usw. abzuklopfen, und sich ihres Zweckes und ihrer Beschränktheit bewußt zu sein. |
In dem Punkt waren wir und bisher immer einig!
step hat folgendes geschrieben: | ...Stimmt, es gibt mehrere zueinander widersprüchliche theologische Systemfragmente in der Bibel. Keines davon ist plausibel. |
Plausibilität ist immer subjektiv. Es gibt genug kluge Köpfe in unserer Geistesgeschichte, denen vieles in theologischen Thesen der Bibel sehr plausibel erschien.
step hat folgendes geschrieben: | ...Verstehe ich nicht. Vielleicht solltest Du mal die Eigenschaft "sittliches Niveau" definieren, mit der schlißlich Du selbst aufgekommen bist. Mglw. steckt ja hier schon die Pauschalität. |
Da musst du Leony fragen, das war ihr Begriff und Gedanke.
step hat folgendes geschrieben: | ...Dafür gibt es aber wiederum besser geeignete Bücher. |
Auch da gibt es genug kluge Köpfe, die viel aus der Bibel gelernt haben.
Auch Lernen hängt von dem ab, der etwas sucht und braucht.
step hat folgendes geschrieben: | ... Daß Du nun mal gerade nur eine ganz bestimmte Aussage für verbindlich und normativ hältst, ist Dein Recht, aber nicht plausibel. Vielleicht sollten wir "etsi Bibel non daretur" diskutieren. |
Sehr witzig, aber am Thema vorbei.
Ich finde gerade Bibliotheken wie die Bibel sind Fundgruben für kritische Köpfe,
die auf ebenfalls Suchende treffen wollen.
Dass sie sich über das freuen, was sie gebrauchen können, ist höchst plausibel.
step hat folgendes geschrieben: | ...Der aufgeklärte Neuzeitmensch sollte sich auch bei einem normativen Konsens der prinzipiellen Hinterfragbarkeit, demokratischen Veränderbarkeit usw. bewußt sein. Das holt den Konsens vom "Göttlichen" herunter und stellt gesellschaftlich ein Dilemma dar, aber nach heutigem Stand der Aufklärung die einzige Variante, mit der ich in den Spiegel schauen kann, ohne rot zu werden. gruß/step |
Die ständige Offenheit und Neusuche gehört zum Verbot jedes festen Gottesbildes.
Das Dilemma ist auszuhalten und geradezu permanenter Kern des Konsenses. Eine "Religion" muss lebendig bleiben.
Aber sie kann eine Grundhaltung wie die der Nächstenliebe und sozialen Gerechtigkeit dabei konstant halten.
Keine Demokratie würde Gleichberechtigung, Meinungsfreiheit u.ä. in Frage stellen, ohne aufzuhören, eine Demokratie zu sein.
_________________ "Wer sagt, hier herrscht Freiheit, lügt, denn Freiheit herrscht nicht." (Erich Fried)
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#252498) Verfasst am: 30.01.2005, 20:45 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | zelig an Leony hat folgendes geschrieben: | Wenn also jemand behauptet, es sei eine Tatsache, daß es ein allmächtiges Wesen gibt, welches unsere Welt erschaffen hat, dann lehne ich diese Aussage aus formalen Gründen ab. |
Bitte formuliere noch einmal genau, welches formale Kriterium Deine Ablehnung begründet. |
Eine Tatsachenbehauptung kann wahr werden oder unwahr. Oder beides, jedoch nicht gleichzeitig.
Ich sehe nicht, wie Es ist eine Tatsache, daß es ein allmächtiges Wesen gibt jemals wahr oder unwahr werden kann.
step hat folgendes geschrieben: | Würdest Du die Behauptung, der Mond bestehe aus grünem Käse, aus denselben formalen Gründen ablehnen, oder aus anderen? |
Ich lehne sie nicht aus formalen Gründen ab. Sie ist falsch. Aber sie ist eine Tatsachenbehauptung.
zelig an Leony hat folgendes geschrieben: | Du dagegen lehnst sie nicht ab, sondern findest, daß sie unwahr ist. |
step hat folgendes geschrieben: | Auch ich finde, daß sie unwahr ist, wobei - da es sich um eine Aussage über die Welt handelt und keinen Beweis in einem formalen System - "unwahr" so etwas bedeutet wie "kritisch unplausibel". | Wenn sie unwahr ist, dann räumst Du ein, daß sie auch wahr werden könnte.
zelig an Leony hat folgendes geschrieben: | Wenn dagegen jemand sagt, sie glaube an ein allmächtiges Wesen, welches unsere Welt erschaffen hat, dann lehne ich das nicht ab, sondern ich sage, daß dies nicht meinem Glauben entspricht, weil ich mit „Allmacht“ nichts anzufangen weiss. |
step hat folgendes geschrieben: | Damit lehnst Du diese Aussage aber inhaltlich doch ab (hältst sie für unplausibel oder sogar unsinnig), |
Ja, das stimmt.
step hat folgendes geschrieben: | auch wenn Du es nicht zugibst, mglw. um nicht den Eindruck zu erwecken, den dahinterstehenden Menschen abzulehnen. | Nein, so ist es nicht. Es ist eine andere Sache. Eine Schwierigkeit die ich habe, möglicherweise nicht genug durchdacht, wie ich es formulieren soll. Eine Aussage, die mit "Ich glaube, daß......" beginnt, weder wahr noch unwahr sein kann. Wie sage ich das? Ich lehne sie inhaltlich ab, ja.
zelig an Leony hat folgendes geschrieben: | Du dagegen meinst dies Aussage ablehnen zu können, weil Du meinst, damit würde jemand behaupten, man könne wissen, daß es ein derartiges Wesen gibt. Und das halte ich für falsch. Und ich halte genau diesen Punkt für den Kern unseres Dissens. |
step hat folgendes geschrieben: | Das denke ich nicht. Zum einen vertreten eigentlich alle Gläubigen ihren Glauben wie eine Art "Wissen", Ge"wiß"heit, Überzeugtheit. |
Ich habe an diesem Punkt die Schwierigkeit, daß ich tatsächlich von einem Dissens zw Leony und mir sprach. Aber nicht von einem Dissens zw Leony und "alle Gläubigen". Wenn Du von diesem Dissens sprichst, also zwischen Leony und "alle Gläubigen", dann könnte es also sein, daß Du Recht hast, unter der Voraussetzungen, daß die Allaussage wegfällt.
step hat folgendes geschrieben: | Das einzige, was ihnen zum (klassischen) Wissen fehlt, ist die Möglichkeit, kritische Andere davon zu überzeugen, da sie keine Theorien mit zutreffenden Voraussagen beinhalten. |
Was ihnen "fehlt", ist die Möglichkeit zu zeigen, wie die Existenz Gottes zu falsifizieren ist.
step hat folgendes geschrieben: | Gläubige, die gar keine Glaubensgewißheit mehr haben, sind Agnostiker. |
Agnostiker sind Leute, die die Frage nach der Existenz Gottes für unentscheidbar halten.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#252501) Verfasst am: 30.01.2005, 20:56 Titel: |
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@leony
Keine Reaktion kann bei mir bedeuten, daß ich nichts zu meckern habe.
_________________ Es gibt kein richtiges Leben im falschen.
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