Sermon panta rhei
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 18430
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(#246892) Verfasst am: 20.01.2005, 12:10 Titel: |
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Zitat: | Pressemitteilung 20.01.2005
Jutta Dümpe-Krüger
Mitglied des Deutschen Bundestages
Jugendpolitische Sprecherin der
Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen
-- Mit der Bitte um Veröffentlichung --
Jetzt ist Politik gefragt – Zwangsdienste abschaffen
Zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zur Einberufungspraxis der
Bundeswehr erklärt die für den Zivildienst zuständige jugendpolitische
Sprecherin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/ Die Grünen, Jutta
Dümpe-Krüger:
„Auch wenn das Bundesverwaltungsgericht im konkreten Fall eines 22jährigen
Klägers entschieden hat, dass bei dessen Einberufung keine „Willkür“
vorgelegen habe, ist doch deutlich geworden, dass das Urteil Fragen
aufwirft. Wenn die Richter damit argumentieren, dass die Wehrgerechtigkeit
nicht verlange, dass stets mindestens ein bestimmter Prozentsatz der
männlichen Geburtsjahrgänge tatsächlich zum Wehrdienst herangezogen werden
müssten, mag das aus juristischer Sicht stimmen. Wenn aber gleichzeitig
erklärt wird, dass sich durch die derzeitige Praxis eine Lücke auftun könnte
zwischen den verfügbaren Wehrdienstfähigen und den Einberufenen und dies
dazu führen könne, dass die Wehrgerechtigkeit nicht mehr gegeben sei, liegt
die Frage nahe: Wie soll den etwa 60.000 jungen Männern, die es jährlich
aus einem Jahrgang von etwa 400.000 jungen Männern „trifft“, noch vermittelt
werden, dass es so etwas wie Einberufungsgerechtigkeit gibt? Wenn noch dazu
die Differenz zwischen Wehrdienst- und Zivildienstleistenden immer weiter
auseinander klafft, wird deutlich: Hier ist jetzt die Politik und sind nicht
die Gerichte gefordert, für annähernde Gerechtigkeit zu sorgen.
Dazu braucht es klare Konzepte und die Erkenntnis: Sowohl der Wehr- als auch
der Zivildienst sind ein Auslaufmodell und haben „ausgedient“. Deshalb hilft
kein „Weiter so“ und es helfen auch keine halbherzigen Vorschläge wie etwas
der, das „Dänische System“ in Deutschland einzuführen. Sie sind keine
Lösung, weil sie auf das deutsche System überhaupt nicht übertragbar sind.
Wie aus dem Abschlussbericht des „Fachausschuss Internationales“ der
österreichischen Zivildienst-Reformkommission vom Dezember 2004 eindeutig
hervorgeht, beträgt beispielsweise der prozentuale Anteil der
Ersatzdienstleistenden zu den Wehrpflichtigen in Dänemark ca. 3 Prozent – in
Deutschland sind es 35 Prozent! Auch das dänische „Freiwilligkeitsprinzip“,
dass mit „Zwangsrekrutierungen“ über Losverfahren arbeitet, wenn sich nicht
genug Freiwillige finden, ist in Deutschland nicht vorstellbar. Weder kann
es eine „freiwillige Pflicht“ zum Wehrdienst geben, noch „freiwillige“
Ersatzdienste für den Zivildienst, der seiner Natur nach ein Zwangsdienst
ist und bleibt. Es gibt entweder Freiwilligkeit oder Zwang- beides gemeinsam
ist aus logischer Sicht völlig unmöglich. Ein Blick in unser Grundgesetz-
Artikel 12, Absatz 2, macht darüber hinaus klar, dass außer im Rahmen einer
herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen Dienstpflicht niemand zu
Zwangsdiensten herangezogen werden darf. Eine Absage an alle also, die jetzt
schon wieder nach einem „sozialen Pflichtjahr“ rufen.
Die Bundeswehr ist in der Lage, ihren Personalbedarf auch auf freiwilliger
Basis zu decken. Deshalb sollten wir nach Italien blicken: Dort ist die
Wehrpflicht erst vor kurzem abgeschafft worden. Es hat sich gezeigt, dass
es möglich ist, auf Zwangsdienste zu verzichten. Auch in Italien haben
Zivildienstleistende viele Jahre wichtige soziale Aufgaben übernommen. Es
ist aber gelungen, freiwillige Dienste kontinuierlich auszubauen- und das
vor dem Hintergrund, dass es im Jahr 2004 noch 50.000 Männer gab, die den
obligatorischen Zivildienst leisteten. Der Aufbau „Freiwilliger“ gestaltete
sich rasant: Gab es in 2001 in Italien erst 396 junge Menschen, die sich
freiwillig engagierten, ist nach dem Beschluss in 2001, die allgemeine
Wehrpflicht abzuschaffen, ein kontinuierlicher Anstieg der
Freiwilligenzahlen in Italien zu verzeichnen gewesen: 2002 waren es schon
13.000 junge Menschen, 2003 insgesamt 27.000 junge Männer und Frauen und im
Jahr 2004 sogar 37.000.
In Deutschland haben wir seit Jahren weitaus mehr junge Menschen, die sich
um einen Freiwilligendienst bewerben, als überhaupt Plätze zur Verfügung
stehen. Deshalb hat Rot-Grün erst vor kurzem einen Antrag ins
Parlamentarische Verfahren eingebracht, in dem die Ausweitung der
Freiwilligendienst auf 30.000 Plätze gefordert wird. Wir Grüne setzen beim
Umbau des Wehr- und Zivildienstes weiter auf den Dreiklang: Ausbau der
Freiwilligendienste- Schaffung sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze
und Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements.“
Jutta Dümpe-Krüger
Mitglied des Deutschen Bundestages
Jugendpolitische Sprecherin der
Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen
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