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Yogosh Leisetreter ...und Klugscheisser
Anmeldungsdatum: 19.03.2009 Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin
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(#1346755) Verfasst am: 20.08.2009, 17:41 Titel: |
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fräulein rottenmeier hat folgendes geschrieben: | Sogar der christliche Fundi, der den Sinn seines Lebens im Missionieren sieht, wird freimütig sagen, dass *ich habe Jesus gefunden* oder *ich habe meine wahre Berufung erkannt* oder sowas.
Das ist vom Vorgang her genau dasselbe wie der Dreikäsehoch, der einen Film mit Mondlandung sieht und in dem Moment weiss: ich möchte unbedingt Astronaut werden, und dann den Rest seines Lebens damit verbringt, dieses Ziel zu erreichen. |
Oh Nein. Der Fundi wird sich einbilden nicht bloß seinen Sinn gefunden zu haben, sondern den Sinn.
Der Dreikäsehoch wird nicht von anderen verlangen, dass auch sie Astronauten werden sollen. Und er wird auch nie annehmen, dass Astronaut zu sein eine ethische Kategorie ist.
_________________ "If the King's English was good enough for Jesus Christ, it's good enough for the children of Texas!" - Miriam Amanda "Ma" Ferguson, Governor of Texas, als Begründung gegen Spanischunterricht
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fräulein rottenmeier registrierter User
Anmeldungsdatum: 16.02.2009 Beiträge: 1106
Wohnort: Saint Louis
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(#1346756) Verfasst am: 20.08.2009, 17:43 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: |
Das Bedeutungsgefühl gibt es natürlich unabhängig. Aber insbesondere viele religiöse Menschen gehen ja weiter und glauben, daß das Bedeutungsgefühl sich auf etwas real existierendes dahinter beziehe, z.B. einen Plan, den ein echter Gott mit ihnen habe. Da ist sehr wohl ein Unterscheid zwischen "sein" und "scheinen". |
Inwiefern hat denn deiner Meinung nach das Bedeutungsgefühl Realität und/oder bezieht sich auf dahinter liegende Realitäten? Und wie ernst sollte man es deiner Meinung nach nehmen?
Zitat: |
Deine Ausführungen zuvor waren daher für mich mißverständlich, sie lasen sich so, als ob, nur um ein Gefühl der Bedeutendheit zu erzeugen oder zu erhalten, intellektueller Selbstbetrug zumindest eine Option sei. |
Der Sinn des Lebens hat mit Intellekt ja herzlich wenig zu tun. Dass der Sinn von Van Goghs Leben es war, Bilder zu malen, und der Sinn von Mozarts Leben, Musik zu schreiben, und dass diese beiden das taten, war keine intellektuelle Leistung. (wobei der Intellekt durchaus benötigt wird - zB um die Technik des Notenschreibens zu lernen, und solche Dinge)
Grundsätzlich hat der Intellekt allerdings durchaus die Neigung, unsere Motive zu rationalisieren - in der Regel haben dann diese Rationalisierungen wenig mit der Realität zu tun.
grüsse, das fräulein
_________________ "I can't say I ever could make sense out of electricity when anyone tried to explain it. But, no, these lights are scientific. They work by magic.
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fräulein rottenmeier registrierter User
Anmeldungsdatum: 16.02.2009 Beiträge: 1106
Wohnort: Saint Louis
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(#1346758) Verfasst am: 20.08.2009, 17:45 Titel: |
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Yogosh hat folgendes geschrieben: |
Oh Nein. Der Fundi wird sich einbilden nicht bloß seinen Sinn gefunden zu haben, sondern den Sinn. |
ach komm. Der Fundi, der den Sinn seines Lebens im Missionieren sieht, wird nicht ernsthaft diesen seinen Sinn verallgemeinern. Er würde sich ja die Basis an zu missionierenden Subjekten damit wegnehmen. Und auch Fundis merken, dass es Leute mit verschiedenen Talenten gibt, und als Fundi hat er bestimmt Paulus gelesen, der extra noch darauf hinweist, dass alle verschiedene Talente haben und dementsprechend andere Berufungen.
Ich sehe da tatsächlich im Vorgang des Sinn-Erkennens nichts anderes als bei unserem Möchtegernastronauten.
grüsse ,das fräulein
_________________ "I can't say I ever could make sense out of electricity when anyone tried to explain it. But, no, these lights are scientific. They work by magic.
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#1346759) Verfasst am: 20.08.2009, 17:46 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | ..... Ich würde nur bestreiten, daß der Glaube an ein jenseitiges Leben zu weniger Achtung vor dem diesseitigen Leben führt. .... |
@zelig: Als intellektuelle Position nehme ich dir das ab. Ich bezweifle allerdings, dass das gefühlsmäßig möglich ist.
Wer nur das diesseitige Leben hat, für den ist es alles - danach kommt nichts mehr. Wer ein Leben nach den Tode hat, für den ist das vorher nur ein Bruchteil seines Lebens, und insofern ist die Vertröstung auf das jenseitige Leben bei der RKK nicht nur Kalkül, sondern folgerichtig. Dieser Relativierung des Diesseits wird sich auch keiner, der an ein Leben nach dem Tode glaubt, ganz entziehen können.
fwo |
Du bezweifelst die tiefe emotionale Verankerung der Wertschätzung des (irdischen) Lebens bei Religiösen. Das macht mich nachdenklich. Denn da ich vielfach die Äusserungen in Diskussionen zu diesem Themenkreis wesentlich für Rationalisierungen halte, messe ich ihr eine große, und aufgrund der menschlichen Konstitution dauerhaft unverzichtbare Bedeutung zu. Hältst Du denn die Vermutung für plausibel, daß hinter dieser von Dir geäußerten und der Vorstellung, Entseelung produziere Unmenschlichkeit, kongeniale Ängste stehen?
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1346764) Verfasst am: 20.08.2009, 18:01 Titel: |
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fräulein rottenmeier hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Das Bedeutungsgefühl gibt es natürlich unabhängig. Aber insbesondere viele religiöse Menschen gehen ja weiter und glauben, daß das Bedeutungsgefühl sich auf etwas real existierendes dahinter beziehe, z.B. einen Plan, den ein echter Gott mit ihnen habe. Da ist sehr wohl ein Unterscheid zwischen "sein" und "scheinen". | Inwiefern hat denn deiner Meinung nach das Bedeutungsgefühl Realität und/oder bezieht sich auf dahinter liegende Realitäten? |
- Das Gefühl selbst, daß man selbst oder sein Leben bedeutend sei, hat (neurologische, psychologische) Realität.
- Es bezieht sich entweder auf eine Realität (z.B. ein selbstgewähltes Ziel) oder eine Illusion (z.B. Gottes Plan).
fräulein rottenmeier hat folgendes geschrieben: | Und wie ernst sollte man es deiner Meinung nach nehmen? |
Jedenfalls nicht so ernst, daß man Illusion und Realität verwechselt, nur um sich bedeutender vorzukommen.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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fräulein rottenmeier registrierter User
Anmeldungsdatum: 16.02.2009 Beiträge: 1106
Wohnort: Saint Louis
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(#1346773) Verfasst am: 20.08.2009, 18:27 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: |
- Das Gefühl selbst, daß man selbst oder sein Leben bedeutend sei, hat (neurologische, psychologische) Realität.
- Es bezieht sich entweder auf eine Realität (z.B. ein selbstgewähltes Ziel) oder eine Illusion (z.B. Gottes Plan). |
ich weiss nicht, ob's die Hitze ist, die macht, dass mir der Begriffe "neurologische/psychologische Realität" schwammig und nichtssagend vorkommt? Was sind denn die Kennzeichen solcher Realitäten, wie sind sie einzuordnen?
Zitat: |
Jedenfalls nicht so ernst, daß man Illusion und Realität verwechselt, nur um sich bedeutender vorzukommen. |
naja, Sinn des Lebens ist ja immer eine sehr konkrete Sache.
Nochmals Van Gogh: der hat gemalt, und nur gemalt, und alles dem Malen untergeordnet, weil das der Sinn seines Lebens war. Er hat immer wieder mal gehungert, er hat sich freiwillig in eine Irrenanstalt einliefern lassen, er hat auf Ehe und Familie und auf ein sicheres Einkommen verzichtet, nur um zu malen.
Denkst du, es war die Mühe wert, oder hat Van Gogh sein Leben falsch investiert?
Immerhin hat er den Sinn seines Lebens ernster genommen als alles andere. So ernst, dass man ohne weiteres von einer Besessenheit sprechen könnte. Noch ernster kann man etwas gar nicht nehmen.
grüsse, das fräulein
_________________ "I can't say I ever could make sense out of electricity when anyone tried to explain it. But, no, these lights are scientific. They work by magic.
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26511
Wohnort: im Speckgürtel
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(#1346795) Verfasst am: 20.08.2009, 19:17 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | ....
Du bezweifelst die tiefe emotionale Verankerung der Wertschätzung des (irdischen) Lebens bei Religiösen. Das macht mich nachdenklich. Denn da ich vielfach die Äusserungen in Diskussionen zu diesem Themenkreis wesentlich für Rationalisierungen halte, messe ich ihr eine große, und aufgrund der menschlichen Konstitution dauerhaft unverzichtbare Bedeutung zu. Hältst Du denn die Vermutung für plausibel, daß hinter dieser von Dir geäußerten und der Vorstellung, Entseelung produziere Unmenschlichkeit, kongeniale Ängste stehen? |
Bevor ich darauf antworte, möchte ich wissen, was Entseelung bedeutet.
EDIT: Das Essen muss noch 5 Min. ziehen
Präzisierung: Ich ärgere mich manchmal über unsere Christen, ich bin mistrauisch bei Fanatikern jeglicher Art - aber Angst würde ich das nicht nennen, was ich habe.
Meinen Zweifel hatte ich ja rechnerisch begründet - er lässt sich jedoch auch aus der Beobachtung begründen: Irgendwo hier gibt es einen Thread " Strafantrag gegen "Frontal 21"-Autoren". Wenn Du dir den Beitrag, um den es geht, ansiehst, dann reden da ein paar Hühner davon, dass es im Zweifelsfall auch nicht schlimm ist, wenn sie für Gottes Sache sterben. Das ist noch etwas anderes als ein Kamikazekommando, aber nährt sich aus dem "Wissen", dass nach dem Tod das zweite Leben kommt. Das ist für mich ein Beispiel für eine relative Geringachtung des Diesseits, die jedoch bei einer direkten Frage danach empört abgestritten würde.
Und nun: Was ist Entseelung?
fwo
_________________ Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.
The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.
Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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pewe auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 20.01.2008 Beiträge: 3377
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(#1346830) Verfasst am: 20.08.2009, 20:16 Titel: |
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fräulein rottenmeier hat folgendes geschrieben: | neinguar hat folgendes geschrieben: |
Die Reduktion von "Sinn" oder "Bedeutung" auf etwas übergeordnetes, transzendentales, wie auch immer..... ist ja keine Erfindung von Atheisten, Naturalisten usw., sondern ist religiöser Standard, und die Welt ist voll von Leuten, die einen solchen Sinn für allgemeinverbindlich erklären und/oder mit Sprüchen wie "Ohne Gott/religiöse Fundierung/blabla... kann es keinen Sinn geben" begründen, dass religiöse Vorstellungen in Politik, Erziehung, Bildung und anderen wichtigen gesellschaftlichen Bereichen privilegiert werden sollten.
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naja, die klassisch neutestamentliche Idee nach dem Johannesevangelium wäre: Gott IST Sinn. Identität. Und nicht, dass Gott irgendwie Sinn verteilt, verleiht, einpflanzt oder sowas.
Woraus man als gläubiger Mensch schliessen muss: Wenn man feststellt, dass ein Atheist von sich sagt "mein Leben ist sinnvoll", so muss man aus christlicher Perspektive sagen, dass dieser Mensch Gott gefunden hat. (jaja, ich weiss, dass solche Aussagen sowohl Christen wie Atheisten ärgern könnten... )
grüsse, das fräulein |
Langsam denke ich, du hast doch den Schuss nicht gehört.
GOTT=LIEBE
GOTT=LICHT
GOTT=SINN
Glaubst du ernsthaft durch beliebige Gleichungen wird die Welt verständlicher? Was darfs denn noch alles sein?
Oder anders gefragt: Was ist denn dein GOTT nicht?
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neinguar Blue Note
Anmeldungsdatum: 04.02.2008 Beiträge: 3088
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(#1346835) Verfasst am: 20.08.2009, 20:20 Titel: |
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fräulein rottenmeier hat folgendes geschrieben: | neinguar hat folgendes geschrieben: |
Zynix hatte - wirklich völlig offentsichtlich - die "Bedeutung" gemeint, die von ganz oben kommt und das Leben eines Menschen in einen Sinnzusammenhang mit Millionen Lichtjahren Galaxien stellt. In diesem Sinne ist das menschliche Leben, individuell und in seiner Gesamtheit, noch viel, viel weniger als ein matter Furz im Wind. Und nun gibt es Menschen, die diesen Gedanken nicht ertragen.
Mir ist völlig schleierhaft, wie man das missverstehen kann. |
ja, das schien mir auch offensichtlich. Nur scheint mir diese Idee, dass es angeblich Leute gäbe, die von *irgendwo da oben aus göttlichen Gefilden" ihren Sinn bezögen, reichlich realitätsfern. |
Und warum hast Du dann überhaupt angefangen, mit Zynix zu diskutieren? Warum hast Du "Bedeutung" im Sinne dessen, was man selber draus macht, verwendet, wenn Dir klar war, dass Zynix davon gar nicht gesprochen hatte?
_________________ Woran du dein Herz hängest, das ist dein Gott - Martin Luther -
Wenn ich Gott wäre, würde ich mich nicht von jedem anbeten lassen wollen - Hilde Ziegler -
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#1346869) Verfasst am: 20.08.2009, 21:11 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | ....
Du bezweifelst die tiefe emotionale Verankerung der Wertschätzung des (irdischen) Lebens bei Religiösen. Das macht mich nachdenklich. Denn da ich vielfach die Äusserungen in Diskussionen zu diesem Themenkreis wesentlich für Rationalisierungen halte, messe ich ihr eine große, und aufgrund der menschlichen Konstitution dauerhaft unverzichtbare Bedeutung zu. Hältst Du denn die Vermutung für plausibel, daß hinter dieser von Dir geäußerten und der Vorstellung, Entseelung produziere Unmenschlichkeit, kongeniale Ängste stehen? |
:hmm: Bevor ich darauf antworte, möchte ich wissen, was Entseelung bedeutet.
EDIT: Das Essen muss noch 5 Min. ziehen :wink:
Präzisierung: Ich ärgere mich manchmal über unsere Christen, ich bin mistrauisch bei Fanatikern jeglicher Art - aber Angst würde ich das nicht nennen, was ich habe.
Meinen Zweifel hatte ich ja rechnerisch begründet - er lässt sich jedoch auch aus der Beobachtung begründen: Irgendwo hier gibt es einen Thread " Strafantrag gegen "Frontal 21"-Autoren". Wenn Du dir den Beitrag, um den es geht, ansiehst, dann reden da ein paar Hühner davon, dass es im Zweifelsfall auch nicht schlimm ist, wenn sie für Gottes Sache sterben. Das ist noch etwas anderes als ein Kamikazekommando, aber nährt sich aus dem "Wissen", dass nach dem Tod das zweite Leben kommt. Das ist für mich ein Beispiel für eine relative Geringachtung des Diesseits, die jedoch bei einer direkten Frage danach empört abgestritten würde. |
Ich weiß nicht, was Du mit rechnerisch begründet meinst.
Auch weiß ich, daß für Ideen, also auch religiöse Ideen geopfert wird. Da rennst Du bei mir offene Türen ein. Mein Beitrag bezog sich darauf:
fwo hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | ..... Ich würde nur bestreiten, daß der Glaube an ein jenseitiges Leben zu weniger Achtung vor dem diesseitigen Leben führt. .... |
@zelig: Als intellektuelle Position nehme ich dir das ab. Ich bezweifle allerdings, dass das gefühlsmäßig möglich ist. |
fwo hat folgendes geschrieben: |
Und nun: Was ist Entseelung?
fwo |
Das ist das Verschwinden des Prozesses, mit dem der Mensch seinem Mitmenschen ein Wesen zuweist, das seinem Zugriff entzogen ist.
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26511
Wohnort: im Speckgürtel
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(#1346987) Verfasst am: 20.08.2009, 22:35 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | fwo hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | ....
Du bezweifelst die tiefe emotionale Verankerung der Wertschätzung des (irdischen) Lebens bei Religiösen. Das macht mich nachdenklich. Denn da ich vielfach die Äusserungen in Diskussionen zu diesem Themenkreis wesentlich für Rationalisierungen halte, messe ich ihr eine große, und aufgrund der menschlichen Konstitution dauerhaft unverzichtbare Bedeutung zu. Hältst Du denn die Vermutung für plausibel, daß hinter dieser von Dir geäußerten und der Vorstellung, Entseelung produziere Unmenschlichkeit, kongeniale Ängste stehen? |
Bevor ich darauf antworte, möchte ich wissen, was Entseelung bedeutet.
EDIT: Das Essen muss noch 5 Min. ziehen
Präzisierung: Ich ärgere mich manchmal über unsere Christen, ich bin mistrauisch bei Fanatikern jeglicher Art - aber Angst würde ich das nicht nennen, was ich habe.
Meinen Zweifel hatte ich ja rechnerisch begründet - er lässt sich jedoch auch aus der Beobachtung begründen: Irgendwo hier gibt es einen Thread " Strafantrag gegen "Frontal 21"-Autoren". Wenn Du dir den Beitrag, um den es geht, ansiehst, dann reden da ein paar Hühner davon, dass es im Zweifelsfall auch nicht schlimm ist, wenn sie für Gottes Sache sterben. Das ist noch etwas anderes als ein Kamikazekommando, aber nährt sich aus dem "Wissen", dass nach dem Tod das zweite Leben kommt. Das ist für mich ein Beispiel für eine relative Geringachtung des Diesseits, die jedoch bei einer direkten Frage danach empört abgestritten würde. |
Ich weiß nicht, was Du mit rechnerisch begründet meinst. |
Das hier, was Du im nachfolgenen Zitat abgeschnitten hast:
fwo hat folgendes geschrieben: | ....
Wer nur das diesseitige Leben hat, für den ist es alles - danach kommt nichts mehr. Wer ein Leben nach den Tode hat, für den ist das vorher nur ein Bruchteil seines Lebens..... |
zelig hat folgendes geschrieben: |
Auch weiß ich, daß für Ideen, also auch religiöse Ideen geopfert wird. Da rennst Du bei mir offene Türen ein. Mein Beitrag bezog sich darauf:
fwo hat folgendes geschrieben: | zelig hat folgendes geschrieben: | ..... Ich würde nur bestreiten, daß der Glaube an ein jenseitiges Leben zu weniger Achtung vor dem diesseitigen Leben führt. .... |
@zelig: Als intellektuelle Position nehme ich dir das ab. Ich bezweifle allerdings, dass das gefühlsmäßig möglich ist. |
fwo hat folgendes geschrieben: |
Und nun: Was ist Entseelung?
fwo |
Das ist das Verschwinden des Prozesses, mit dem der Mensch seinem Mitmenschen ein Wesen zuweist, das seinem Zugriff entzogen ist. |
Aus Zeitmangel in Stichwörtern:
Wenn ich sage, wer an ein Jenseits glaubt, der relativiert das diesseits, bedeutet das nicht, dass er zu keiner Moral im diesseits fähig ist. Außerdem ist das kein binärer Wert, das ist ein Kontinuum - mit vielen Zwischenstufen, von "Normalen" über den Märtyrer bis hin zum Kamikaze.
(Märtyrer und Kamikaze=Selbstmordattentäter zähle ich hier als Extrembetrachtung zur Richtungsanzeige auf - die spielen ansonsten in meinem Denken zur Religion keine Rolle. Aber in ihrem Extrem zeigen sie die Tendenz, die auch in den Zwischenstadien vorhanden sein muss.)
Zu deiner Frage von den selbstkonstruierten Ängsten. Ohne auf (konstruierte) Psycho-Mechanismen einzugehen: Wenn ich mir unsere westliche Welt so ansehe, dann scheint sie mir da am unmenschlichsten, wo sie am religiösesten ist (ich zähle hier den Nationalsozialismus wie den Kommunismus einmal vereinfachend mit zu den Religionen). Innerhalb der christlich orientierten Länder sehe ich in den Lateinamerikanischen die größte Gleichgültigkeit gegenüber dem Leben und das sind auch die Länder, in denen der Katholizismus noch am stärksten verankert ist. (BTW: Nach allem, was man über den Mob Italiens weiß, sind auch diese Leute stark religiös. Und einen Blick nach Osten: Iranische Revolutionswächter sind stark religiös....)
Daraus ziehe ich den Schluss,
dass Religion keine Achtung vor dem Leben erzeugt (sie verhindert sie auch nicht zwangsläufig, ich nehme ganz schlicht an, dass diese Achtung ein Erziehungseffekt ist, der trotz aller religiösen Konstrukte nichts mit Religion zu tun hat)
dass klar begrenzte Gemeinschaften, deren Definition auch religiös sein kann, in ihrer Ausgrenzung der anderen eher zu strukturellen Unmenschlichkeiten kommen als die individualisierte Gemeinschaft.
Dein Argument der Entseelung höre ich hier zum ersten Mal und es erscheint mir absurd, weil das komplette Ausgeliefert sein des Anderen, weil er keine von mir nicht erreichbare Seele hat, keine Rechtfertigung ist, über ihn zu verfügen. Für mein Gefühl betont das eher die Verantwortung, die ich für ihn habe.
Über die Moral des Einzelnen im Zusammenhang mit Religion Betrachtungen anzustellen, halte ich abseits vom Extrem (s.o.) bei Atheisten genauso für verfehlt wie bei Religiösen.
Zur Antwort: Ich halte weder diese kongenialen Ängste, noch dass soetwas hinter meiner Betrachtung steht, für plausibel.
fwo
_________________ Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.
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Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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fräulein rottenmeier registrierter User
Anmeldungsdatum: 16.02.2009 Beiträge: 1106
Wohnort: Saint Louis
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(#1347107) Verfasst am: 21.08.2009, 09:47 Titel: |
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pewe hat folgendes geschrieben: |
Langsam denke ich, du hast doch den Schuss nicht gehört.
GOTT=LIEBE
GOTT=LICHT
GOTT=SINN
Glaubst du ernsthaft durch beliebige Gleichungen wird die Welt verständlicher? Was darfs denn noch alles sein?
Oder anders gefragt: Was ist denn dein GOTT nicht? |
Diese Gleichungen sind eben nicht beliebig
und es ist nichts, was nicht Gott ist. (ebenfalls Johannes-Evangelium am Anfang) Darum nennen einige Leute ihn/sie/es auch "alles-was-ist".
es grüsst
das fräulein
_________________ "I can't say I ever could make sense out of electricity when anyone tried to explain it. But, no, these lights are scientific. They work by magic.
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fräulein rottenmeier registrierter User
Anmeldungsdatum: 16.02.2009 Beiträge: 1106
Wohnort: Saint Louis
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(#1347108) Verfasst am: 21.08.2009, 09:51 Titel: |
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neinguar hat folgendes geschrieben: | fräulein rottenmeier hat folgendes geschrieben: | neinguar hat folgendes geschrieben: |
Zynix hatte - wirklich völlig offentsichtlich - die "Bedeutung" gemeint, die von ganz oben kommt und das Leben eines Menschen in einen Sinnzusammenhang mit Millionen Lichtjahren Galaxien stellt. In diesem Sinne ist das menschliche Leben, individuell und in seiner Gesamtheit, noch viel, viel weniger als ein matter Furz im Wind. Und nun gibt es Menschen, die diesen Gedanken nicht ertragen.
Mir ist völlig schleierhaft, wie man das missverstehen kann. |
ja, das schien mir auch offensichtlich. Nur scheint mir diese Idee, dass es angeblich Leute gäbe, die von *irgendwo da oben aus göttlichen Gefilden" ihren Sinn bezögen, reichlich realitätsfern. |
Und warum hast Du dann überhaupt angefangen, mit Zynix zu diskutieren? Warum hast Du "Bedeutung" im Sinne dessen, was man selber draus macht, verwendet, wenn Dir klar war, dass Zynix davon gar nicht gesprochen hatte? |
Wenn mit etwas SCHEINT, so heisst das eben, dass ich nicht sicher bin, sondern lediglich meine, es wär vermutlich so.
Mal abgesehen davon, dass das, was mit "von oben kommende Bedeutung" gemeint ist, nach wie vor schwammig und vage ist. Es wird so ein Stichwort in den Raum geworfen, ohne genau zu definieren, wie das dann exakt funktionieren sollte.
Ich selbst verwende Bedeutung im Sinne davon "was man selbt daraus macht" aus dem Grund, weil ich mir Bedeutung unabhängig von einem Subjekt gar nicht vorstellen kann. Bedeutung ist immer, was etwas FÜR JEMANDEN bedeutet. Bei der angeblichen "Bedeutung von oben" wird aber so getan, als gäbe es sowas wie eine subjektunabhängige Bedeutung.
es grüsst
das fräulein
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GermanHeretic Individualoptimist & Kulturpessimist
Anmeldungsdatum: 16.06.2004 Beiträge: 4932
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(#1347109) Verfasst am: 21.08.2009, 10:00 Titel: |
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Marcellinus hat folgendes geschrieben: | fräulein rottenmeier hat folgendes geschrieben: |
unsinn, die Engel sind alle viel näher bei Gott. Und auch der Satan ist ein Gottessohn und geniesst hin und wieder Privataudienzen beim Alten.
es grüsst
das fräulein |
Habt ihr schon mal überlegt, daß Satan und der Alte Brüder sein könnten? |
Dann wären sie ja Katharer und müßten sich selbst verbrennen.
_________________ "Nehmen Sie einem Durchschnittsmenschen die Lebenslüge, und Sie nehmen ihm zu gleicher Zeit das Glück." (Henrik Ibsen)
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1347124) Verfasst am: 21.08.2009, 11:20 Titel: |
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fräulein rottenmeier hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | - Das Gefühl selbst, daß man selbst oder sein Leben bedeutend sei, hat (neurologische, psychologische) Realität.
- Es bezieht sich entweder auf eine Realität (z.B. ein selbstgewähltes Ziel) oder eine Illusion (z.B. Gottes Plan). | ich weiss nicht, ob's die Hitze ist, die macht, dass mir der Begriffe "neurologische/psychologische Realität" schwammig und nichtssagend vorkommt? Was sind denn die Kennzeichen solcher Realitäten, wie sind sie einzuordnen? |
Ach komm, das weißt Du doch ganz genau. Es ist wie bei jedem Gefühl, z.B. wenn ich Angst und das Gefühl habe, jemand verfolge mich. Dann existiert in meinem Gehirn ein Modell(!) einer Situation, in der jemand mich verfolgt, und die neurologischen Umstände spiegeln das real wieder (z.B. Neuronen feuern, Puls steigt usw.). Das Gefühl selbt ist also real, und auch das Modell ist real, aber eben unabhängig davon, wie gut das Modell die äußere Realität abbildet. Etwa wenn mich in Wirklichkeit niemand verfolgt.
fräulein rottenmeier hat folgendes geschrieben: | Nochmals Van Gogh: der hat gemalt, und nur gemalt, und alles dem Malen untergeordnet, weil das der Sinn seines Lebens war. Er hat immer wieder mal gehungert, er hat sich freiwillig in eine Irrenanstalt einliefern lassen, er hat auf Ehe und Familie und auf ein sicheres Einkommen verzichtet, nur um zu malen. |
Ich finde den Ausdruck "weil das der Sinn seines Lebens war" hier zumindest irreführend. Genauer wäre "weil das sein stärkstes Interesse war".
fräulein rottenmeier hat folgendes geschrieben: | Denkst du, es war die Mühe wert, oder hat Van Gogh sein Leben falsch investiert? |
Auch das ist eine zweideutige Frage: "wert" bedeutet imer, daß "wert für jemanden" oder "beurteilt durch jemanden". Ich würde Dich daher bitten, Deine Frage genauer zu stellen, etwa:
- Wäre Van Gogh selbst im Nachhinein lieber anderen Interessen nachgegangen?
- War Van Gogh selbst der Meinung, daß die Welt von seinem Werk profitiert?
- Ist step der Meinung, daß er von Van Goghs Werk profitiert?
- ...
fräulein rottenmeier hat folgendes geschrieben: | Immerhin hat er den Sinn seines Lebens ernster genommen als alles andere. So ernst, dass man ohne weiteres von einer Besessenheit sprechen könnte. Noch ernster kann man etwas gar nicht nehmen. |
Das ist sicherlich richtig, spricht aber in keiner Weise für einen von der eigenen Selbst-Ernstnahme unabhängigen äußeren Sinn.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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pewe auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 20.01.2008 Beiträge: 3377
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(#1347125) Verfasst am: 21.08.2009, 11:21 Titel: |
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fräulein rottenmeier hat folgendes geschrieben: | pewe hat folgendes geschrieben: |
Langsam denke ich, du hast doch den Schuss nicht gehört.
GOTT=LIEBE
GOTT=LICHT
GOTT=SINN
Glaubst du ernsthaft durch beliebige Gleichungen wird die Welt verständlicher? Was darfs denn noch alles sein?
Oder anders gefragt: Was ist denn dein GOTT nicht? |
Diese Gleichungen sind eben nicht beliebig
und es ist nichts, was nicht Gott ist. (ebenfalls Johannes-Evangelium am Anfang) Darum nennen einige Leute ihn/sie/es auch "alles-was-ist".
es grüsst
das fräulein |
Somit gilt, mutadis mutandis, auch GOTT=HASS oder auch GOTT=TOT.
Aber auch hier will sich mir nicht so recht ein Mehrwert an Erkenntnis einstellen.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1347129) Verfasst am: 21.08.2009, 11:30 Titel: |
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pewe hat folgendes geschrieben: | fräulein rottenmeier hat folgendes geschrieben: | Diese Gleichungen sind eben nicht beliebig
und es ist nichts, was nicht Gott ist. (ebenfalls Johannes-Evangelium am Anfang) Darum nennen einige Leute ihn/sie/es auch "alles-was-ist". | Somit gilt, mutadis mutandis, auch GOTT=HASS oder auch GOTT=TOT.
Aber auch hier will sich mir nicht so recht ein Mehrwert an Erkenntnis einstellen. |
Es ist, als ob man einfach der ganzen Welt und allem in der Welt noch so einen zusätzlichen metaphysischen Glorienschein verpassen will.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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fräulein rottenmeier registrierter User
Anmeldungsdatum: 16.02.2009 Beiträge: 1106
Wohnort: Saint Louis
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(#1347145) Verfasst am: 21.08.2009, 12:01 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: |
Ach komm, das weißt Du doch ganz genau. Es ist wie bei jedem Gefühl, z.B. wenn ich Angst und das Gefühl habe, jemand verfolge mich. Dann existiert in meinem Gehirn ein Modell(!) einer Situation, in der jemand mich verfolgt, und die neurologischen Umstände spiegeln das real wieder (z.B. Neuronen feuern, Puls steigt usw.). Das Gefühl selbt ist also real, und auch das Modell ist real, aber eben unabhängig davon, wie gut das Modell die äußere Realität abbildet. Etwa wenn mich in Wirklichkeit niemand verfolgt. |
Das Problem dabei ist ja, dass die neurologischen Umstände alles sind, was wir haben. Die äussere Realität könnte wie in Matrix sein, dass wir in Wirklichkeit Fleischklumpen in Nährlösung sind, und das alles, was wir erleben, nur eine Illusion ist. Dass alles nur ein Modell ist. Im Grunde haben wir null Ahnung, was die "äussere Realität" ist und ob die Sinnesorgane sie auch nur einigermassen korrekt abbildet. Über die Empirie werden wir auch nicht dazu kommen, weil wir das Wahrnehmen durch die Sinnesorgane und das Nervensystem einfach nicht ausschalten können.
Das Gefühl, dass das Leben bedeutend sei, ist also nicht mehr und nicht weniger gut begründet als das Gefühl, dass man gerade dabei sei, Kaffee zu trinken.
Zitat: |
Ich finde den Ausdruck "weil das der Sinn seines Lebens war" hier zumindest irreführend. Genauer wäre "weil das sein stärkstes Interesse war".
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Was könnte der Sinn des Lebens denn Anderes sein, als das zu tun, was einem am stärksten interessiert?
Zitat: |
Auch das ist eine zweideutige Frage: "wert" bedeutet imer, daß "wert für jemanden" oder "beurteilt durch jemanden". Ich würde Dich daher bitten, Deine Frage genauer zu stellen, etwa:
- Wäre Van Gogh selbst im Nachhinein lieber anderen Interessen nachgegangen?
- War Van Gogh selbst der Meinung, daß die Welt von seinem Werk profitiert?
- Ist step der Meinung, daß er von Van Goghs Werk profitiert?
- ...
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ich kann es für mich beantworten: ich finde, Van Goghs Bilder sind ein Geschenk an die Welt, und ein grosses Geschenk.
Was Van Gogh selbst dazu meinte, ich weiss es nicht. Allerdings schien er nichts dagegen tun zu können: Mancher Mensch hat ein großes Feuer in seiner Seele, und niemand
kommt, um sich daran zu wärmen.
http://www.art-perfect.de/van_gogh.htm
Zitat: |
Das ist sicherlich richtig, spricht aber in keiner Weise für einen von der eigenen Selbst-Ernstnahme unabhängigen äußeren Sinn. |
Was war denn daran "innerlich" ode r"äusserlich"? Auf alle Fälle ist es nicht so geschehen, dass Van Gogh sich eines schönen Tages seine Karriere plante und sich sagte: ich werd arm, psychisch krank, einsam, hungrig und finanziell von meinem Bruder abhängig sein, dafür werde ich Bilder malen, die ich zu meinen Lebzeiten nie verkaufen werde, die dafür nach meinem Tod Millionenbeträge wert sein werden. Noch eine dümmere Karriereplanung kann man sich gar nicht vorstellen. Wer oder was hat also dazu geführt, dass es so gekommen ist?
grüsse, das fräulein
_________________ "I can't say I ever could make sense out of electricity when anyone tried to explain it. But, no, these lights are scientific. They work by magic.
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fräulein rottenmeier registrierter User
Anmeldungsdatum: 16.02.2009 Beiträge: 1106
Wohnort: Saint Louis
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(#1347150) Verfasst am: 21.08.2009, 12:06 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | pewe hat folgendes geschrieben: | fräulein rottenmeier hat folgendes geschrieben: | Diese Gleichungen sind eben nicht beliebig
und es ist nichts, was nicht Gott ist. (ebenfalls Johannes-Evangelium am Anfang) Darum nennen einige Leute ihn/sie/es auch "alles-was-ist". | Somit gilt, mutadis mutandis, auch GOTT=HASS oder auch GOTT=TOT.
Aber auch hier will sich mir nicht so recht ein Mehrwert an Erkenntnis einstellen. |
Es ist, als ob man einfach der ganzen Welt und allem in der Welt noch so einen zusätzlichen metaphysischen Glorienschein verpassen will. |
Es ist weniger ein Wollen, es ist eher ein Versuch, die Erinnerung an die Wahrnehmung dieses *Glorienscheins* in Worte zu fassen. Was natürlich nie ganz gelingen kann, und was meistens noch nicht einmal annähernd gelingt.
es grüsst
das fräulein
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1347160) Verfasst am: 21.08.2009, 12:24 Titel: |
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fräulein rottenmeier hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | ... z.B. wenn ich Angst und das Gefühl habe, jemand verfolge mich. Dann existiert in meinem Gehirn ein Modell(!) einer Situation, in der jemand mich verfolgt, und die neurologischen Umstände spiegeln das real wieder (z.B. Neuronen feuern, Puls steigt usw.). Das Gefühl selbt ist also real, und auch das Modell ist real, aber eben unabhängig davon, wie gut das Modell die äußere Realität abbildet. Etwa wenn mich in Wirklichkeit niemand verfolgt. | Das Problem dabei ist ja, dass die neurologischen Umstände alles sind, was wir haben. Die äussere Realität könnte wie in Matrix sein, dass wir in Wirklichkeit Fleischklumpen in Nährlösung sind, und das alles, was wir erleben, nur eine Illusion ist. Dass alles nur ein Modell ist. Im Grunde haben wir null Ahnung, was die "äussere Realität" ist und ob die Sinnesorgane sie auch nur einigermassen korrekt abbildet. Über die Empirie werden wir auch nicht dazu kommen, weil wir das Wahrnehmen durch die Sinnesorgane und das Nervensystem einfach nicht ausschalten können. |
Wenn dieser Einwand wirklich relevant wäre, würdest Du Dich im Alltagsleben nicht ständig auf die (hypothetische) Realität verlassen. Würde die Empirie nicht hinreichend gut funktionieren, gäbe es uns gar nicht.
Würde man Dein Argument ernstnehmen, müßte der Verkäufer im Laden von einem Kunden auch eingebildetes Geld akzeptieren, wenn der Kunde nur genügend stark daran glaubt.
fräulein rottenmeier hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Ich finde den Ausdruck "weil das der Sinn seines Lebens war" hier zumindest irreführend. Genauer wäre "weil das sein stärkstes Interesse war". | Was könnte der Sinn des Lebens denn Anderes sein, als das zu tun, was einem am stärksten interessiert? |
Manche Menschen sehen einen Sinn der Larve darin, daß sie den Vogel ernährt. Andere sehen den Sinn ihrer Existenz darin, daß in Gott etwas mit ihnen vorhat. Undsoweiter. Darum geht es ja gerade: Ob es einen Sinn, eine Bedeutung, einen Zweck, ein Ziel jenseits der eigenen Interessen und Ziele gibt.
fräulein rottenmeier hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Das ist sicherlich richtig, spricht aber in keiner Weise für einen von der eigenen Selbst-Ernstnahme unabhängigen äußeren Sinn. | Was war denn daran "innerlich" ode r"äusserlich"? |
Naja, wenn man sein eigenes Leben ernstnimmt, hat man den Sinn ja selbst konstruiert und zugewiesen.
fräulein rottenmeier hat folgendes geschrieben: | Auf alle Fälle ist es nicht so geschehen, dass Van Gogh sich eines schönen Tages seine Karriere plante und sich sagte: ich werd arm, psychisch krank, einsam, hungrig und finanziell von meinem Bruder abhängig sein, dafür werde ich Bilder malen, die ich zu meinen Lebzeiten nie verkaufen werde, die dafür nach meinem Tod Millionenbeträge wert sein werden. Noch eine dümmere Karriereplanung kann man sich gar nicht vorstellen. Wer oder was hat also dazu geführt, dass es so gekommen ist? |
Na, da fragst Du den Richtigen: Es ist natürlich naturgesetzlich determiniert, daß es so kam.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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pewe auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 20.01.2008 Beiträge: 3377
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(#1347174) Verfasst am: 21.08.2009, 12:53 Titel: |
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fräulein rottenmeier hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | pewe hat folgendes geschrieben: | fräulein rottenmeier hat folgendes geschrieben: | Diese Gleichungen sind eben nicht beliebig
und es ist nichts, was nicht Gott ist. (ebenfalls Johannes-Evangelium am Anfang) Darum nennen einige Leute ihn/sie/es auch "alles-was-ist". | Somit gilt, mutadis mutandis, auch GOTT=HASS oder auch GOTT=TOT.
Aber auch hier will sich mir nicht so recht ein Mehrwert an Erkenntnis einstellen. |
Es ist, als ob man einfach der ganzen Welt und allem in der Welt noch so einen zusätzlichen metaphysischen Glorienschein verpassen will. |
Es ist weniger ein Wollen, es ist eher ein Versuch, die Erinnerung an die Wahrnehmung dieses *Glorienscheins* in Worte zu fassen. Was natürlich nie ganz gelingen kann, und was meistens noch nicht einmal annähernd gelingt.
es grüsst
das fräulein |
Sollte es sich tatsächlich bei Religion um die Enigma zur Entschlüsselung der kosmischen Hintergrundstrahlung handeln, schlage ich vor noch etwas an den Algorithmen zu arbeiten.
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#1347207) Verfasst am: 21.08.2009, 13:56 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | [...]Wenn ich mir unsere westliche Welt so ansehe, dann scheint sie mir da am unmenschlichsten, wo sie am religiösesten ist (ich zähle hier den Nationalsozialismus wie den Kommunismus einmal vereinfachend mit zu den Religionen). |
Kommunismus ist Kommunismus.
Nationalsozialismus ist Nationalsozialismus.
Religion ist Religion.
Ich kenne aber Standpunkte, nach denen entweder alles
[ ]Atheismus,
[ ]Kommunismus,
[ ]Nationalsozialismus oder
[ ]Religion ist,
was sie für ein besonders grundlegendes Übel halten. Ich finde diese Ansicht sehr vereinfachend, sie sagt manchmal mehr über denjenigen aus, der sich dieser Vereinfachung hingibt, als daß sie die Realität erhellt. Ich kann mir ehrlich gesagt auch gar nicht vorstellen, daß Du Obiges in einer anspruchsvollen Diskussion so vertreten würdest. Ich komme mit sowas jedenfalls schlecht klar. Das hat die Qualität einer Auseinandersetzung, in die ich mich aus Altergründen nicht mehr hineinknien möchte : )
fwo hat folgendes geschrieben: | Dein Argument der Entseelung höre ich hier zum ersten Mal und es erscheint mir absurd, weil das komplette Ausgeliefert sein des Anderen, weil er keine von mir nicht erreichbare Seele hat, keine Rechtfertigung ist, über ihn zu verfügen. |
Ich habe mich vielleicht in einigen Punkten zu undeutlich ausgedrückt. Scheint irgendwie eine Schwäche von mir zu sein. Also meine Intention war kein Argumentetausch über den Prozess der Entseelung, noch habe ich irgendwie Deine oder meine persönlichen Ängste im Sinn gehabt. Sondern ich habe versucht die Struktur einer religiösen Grundangst (ich meine das rein deskriptiv, nicht als Fundament eines moralischen Anspruchs oder dergleichen) zu formulieren. Ungefähr das, was ein Religiöser bei einer stichwortartigen und daher wenig differenzierten Zusamenfassung der Ethik Peter Singers empfinden dürfte: Er hätte kein Respekt vor dem Leben, ihm sei nichts heilig, ein Menschenleben sei für ihn nicht mehr als ein Klumpen Dreck oder ähnliches. (Ich möchte hier nochmal betonen, daß dies hier alles rein dekriptive Sprache von mir ist, bevor die Emotionen hochgehen.) Also dies sind reale, existierende Ängste. Das muss man einfach erstmal akzeptieren.
Und auf der anderen Seite, das war mir etwas Neues, hast Du in deinem Beitrag prinzipiell ausgeschlosen, daß ein Religiöser das irdische Leben auf dieselbe Weise wertschätzen könne, wie ein Nichtreligiöser. Das war mir neu, daß diese Befürchtung echt sein könnte, also nicht nur Teil einer vorgeschobenen Rhetorik. Beziehungsweise ich habe ihre Ernsthaftigkeit vielleicht erstmalig realisiert. Im RL wäre ich irgendwie schockiert, wenn mir (auch stellvertretend gesprochen für andere Religiöse) jemand die Ernsthaftigkeit meiner Wertschätzung für das Leben absprechen würde. Ungefähr die gleiche Entsetzung, die ein Areligiöser (zurecht) empfindet, wenn man ihm seine Eignung zur Moral abspricht. So jedenfalls meine Wahrnehmung.
Ich versuche zu verstehen.
edit: möglicherweise irritierende fehler korrigiert
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fräulein rottenmeier registrierter User
Anmeldungsdatum: 16.02.2009 Beiträge: 1106
Wohnort: Saint Louis
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(#1347219) Verfasst am: 21.08.2009, 14:31 Titel: |
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pewe hat folgendes geschrieben: | fräulein rottenmeier hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | pewe hat folgendes geschrieben: | fräulein rottenmeier hat folgendes geschrieben: | Diese Gleichungen sind eben nicht beliebig
und es ist nichts, was nicht Gott ist. (ebenfalls Johannes-Evangelium am Anfang) Darum nennen einige Leute ihn/sie/es auch "alles-was-ist". | Somit gilt, mutadis mutandis, auch GOTT=HASS oder auch GOTT=TOT.
Aber auch hier will sich mir nicht so recht ein Mehrwert an Erkenntnis einstellen. |
Es ist, als ob man einfach der ganzen Welt und allem in der Welt noch so einen zusätzlichen metaphysischen Glorienschein verpassen will. |
Es ist weniger ein Wollen, es ist eher ein Versuch, die Erinnerung an die Wahrnehmung dieses *Glorienscheins* in Worte zu fassen. Was natürlich nie ganz gelingen kann, und was meistens noch nicht einmal annähernd gelingt.
es grüsst
das fräulein |
Sollte es sich tatsächlich bei Religion um die Enigma zur Entschlüsselung der kosmischen Hintergrundstrahlung handeln, schlage ich vor noch etwas an den Algorithmen zu arbeiten. |
hast du gestern Scobel gesehen?
Peter Sloterdijk hat dort vorgeschlagen, Religion als ein "Übungssystem" zu sehen, was ich eine ziemlich gute Definition finde. Die Entschlüsselung kosmischer Hintergrundstrahlen dürfen gern die Astronomen in Angriff nehmen.
es grüsst, das fräulein
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fräulein rottenmeier registrierter User
Anmeldungsdatum: 16.02.2009 Beiträge: 1106
Wohnort: Saint Louis
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(#1347222) Verfasst am: 21.08.2009, 14:40 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: |
Wenn dieser Einwand wirklich relevant wäre, würdest Du Dich im Alltagsleben nicht ständig auf die (hypothetische) Realität verlassen. Würde die Empirie nicht hinreichend gut funktionieren, gäbe es uns gar nicht. |
Der Einwand ist durchaus relevant, auch wenn die Infos, das ich von den Sinnen vermittelt bekomme, in meinem Geist ein ziemlich konsistentes und einigermassen sinnvolles Ganzes ergeben. Neo hatte sich die Frage auch jahrelang nicht gestellt, bis auf einmal lauter seltsame Dinge passierten...
Zitat: |
Würde man Dein Argument ernstnehmen, müßte der Verkäufer im Laden von einem Kunden auch eingebildetes Geld akzeptieren, wenn der Kunde nur genügend stark daran glaubt. |
Was ist Geld anderes als ein Symbol? Der Materialwert von Geldscheinen ist ein Bruchteil des symbolischen Werts, und nur weil alle sich an die gemeinsame Vereinbarung halten, dass man für 1€ etwas Brot und für 1000€ einen schon ganz anständigen Compi bekomme, funktioniert es. Wenn auf einmal der Typ im Computerladen, und der Bäcker, und auf einmal jeder andere verlangt, dass du den Gegenwert in Naturalien bringst, wärst du ziemlich aufgeschmissen mit deinen bedruckten Papierfetzen.
Zitat: |
Manche Menschen sehen einen Sinn der Larve darin, daß sie den Vogel ernährt. Andere sehen den Sinn ihrer Existenz darin, daß in Gott etwas mit ihnen vorhat. Undsoweiter. Darum geht es ja gerade: Ob es einen Sinn, eine Bedeutung, einen Zweck, ein Ziel jenseits der eigenen Interessen und Ziele gibt.
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nochmals: wie sollte es Sinn, Bedeutung und Zweck geben können, dass nicht Sinn, Bedeutung und Zweck FÜR JEMANDEN ist?
Zitat: |
Naja, wenn man sein eigenes Leben ernstnimmt, hat man den Sinn ja selbst konstruiert und zugewiesen. |
Dann hat Van Gogh sein Leben nicht ernst genommen, der hat ja nicht selbst entschieden, dass es so sein soll, wie es war. Andererseits, was hätte er denn tun sollen?
Zitat: |
Na, da fragst Du den Richtigen: Es ist natürlich naturgesetzlich determiniert, daß es so kam. |
Fragt sich, welche Eigenschaften diese Naturgesetze haben - die vermutlich in vielen mit jenen Eigenschaften übereinstimmen dürften, die man Gott zuschreibt - und wie man sie von einer Gottesvorstellung unterscheidet.
es grüsst
das fräulein
_________________ "I can't say I ever could make sense out of electricity when anyone tried to explain it. But, no, these lights are scientific. They work by magic.
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astarte Foren-Admin

Anmeldungsdatum: 13.11.2006 Beiträge: 46545
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(#1347225) Verfasst am: 21.08.2009, 14:47 Titel: |
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Das ist alles nicht mal mehr Pudding. Und schwammig ist mir dafür als Beschreibung noch viel zu griffig.
_________________ Tja
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1347232) Verfasst am: 21.08.2009, 15:05 Titel: |
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fräulein rottenmeier hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Wenn dieser Einwand wirklich relevant wäre, würdest Du Dich im Alltagsleben nicht ständig auf die (hypothetische) Realität verlassen. Würde die Empirie nicht hinreichend gut funktionieren, gäbe es uns gar nicht. | Der Einwand ist durchaus relevant, auch wenn die Infos, das ich von den Sinnen vermittelt bekomme, in meinem Geist ein ziemlich konsistentes und einigermassen sinnvolles Ganzes ergeben. Neo hatte sich die Frage auch jahrelang nicht gestellt, bis auf einmal lauter seltsame Dinge passierten... |
Schon wieder: Diese Dinge sind nicht wirklich passiert, sondern Du hast sie in einem fiktiven Film gesehen. Ebenso könntest Du Zaubereien aus der Bibel oder Grimm's Märchen anführen.
fräulein rottenmeier hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Würde man Dein Argument ernstnehmen, müßte der Verkäufer im Laden von einem Kunden auch eingebildetes Geld akzeptieren, wenn der Kunde nur genügend stark daran glaubt. | Was ist Geld anderes als ein Symbol? Der Materialwert von Geldscheinen ist ein Bruchteil des symbolischen Werts, und nur weil alle sich an die gemeinsame Vereinbarung halten, dass man für 1€ etwas Brot und für 1000€ einen schon ganz anständigen Compi bekomme, funktioniert es. Wenn auf einmal der Typ im Computerladen, und der Bäcker, und auf einmal jeder andere verlangt, dass du den Gegenwert in Naturalien bringst, wärst du ziemlich aufgeschmissen mit deinen bedruckten Papierfetzen. |
Du lenkst ab: Es war idZ nicht die Frage, ob man echtem Geld seinen Gegenwert glaubt, sondern ob man gar nicht vorhandenes Geld akzeptiert, nur weil der Kunde behauptet, der Verkäufer sehe es nur nicht.
fräulein rottenmeier hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Manche Menschen sehen einen Sinn der Larve darin, daß sie den Vogel ernährt. Andere sehen den Sinn ihrer Existenz darin, daß in Gott etwas mit ihnen vorhat. Undsoweiter. Darum geht es ja gerade: Ob es einen Sinn, eine Bedeutung, einen Zweck, ein Ziel jenseits der eigenen Interessen und Ziele gibt. | nochmals: wie sollte es Sinn, Bedeutung und Zweck geben können, dass nicht Sinn, Bedeutung und Zweck FÜR JEMANDEN ist? |
Ich habe ja Beispiele genannt, auch wenn sie für mich natürlich nicht gelten. Wenn also Du nur Sinn akzeptierst, den Du aus Deinen persönlichen Interessen und Zielen ableitest, dann sind wir uns ja einig, daß es keinen übergeordneten Sinn oder Zweck des Ganzen gibt.
fräulein rottenmeier hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Naja, wenn man sein eigenes Leben ernstnimmt, hat man den Sinn ja selbst konstruiert und zugewiesen. | Dann hat Van Gogh sein Leben nicht ernst genommen, der hat ja nicht selbst entschieden, dass es so sein soll, wie es war. |
Ich behaupte ja gar nicht, daß er es frei entschieden habe, im Gegenteil. Du hast behauptet, er habe sein Leben ernstgenommen.
fräulein rottenmeier hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Na, da fragst Du den Richtigen: Es ist natürlich naturgesetzlich determiniert, daß es so kam. | Fragt sich, welche Eigenschaften diese Naturgesetze haben - die vermutlich in vielen mit jenen Eigenschaften übereinstimmen dürften, die man Gott zuschreibt - und wie man sie von einer Gottesvorstellung unterscheidet. |
Na, das ist doch wohl klar:
- Naturgesetze erklären was, man kann sie benutzen, um überprüfbare Voraussagen zu machen
- Naturgesetze sind nicht intentional, unpersönlich usw.
- Zu Naturgesetzen wird i.a. nicht gebetet "Heilige Gravitation, vergib uns unsere Flugsünden ..."
Dies alles gilt nicht für übliche Gottesvorstellungen.
Sollte es aber doch eine Gottesvortellung ergeben, die den Naturgesetzen entspricht (also sozusagen Naturgesetze mit Glorienschein), dann wäre diese Gottesvorstellung überflüssig für die Beschreibung der Welt, denn sie bringt nichts Zusätzliches. Im Gegenteil hielte ich das sogar für gefährlich, weil manche Leute dadurch zu Naturrechts-Argumentationen animiert werden.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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fwo Caterpillar D9
Anmeldungsdatum: 05.02.2008 Beiträge: 26511
Wohnort: im Speckgürtel
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(#1347237) Verfasst am: 21.08.2009, 15:26 Titel: |
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zelig hat folgendes geschrieben: | fwo hat folgendes geschrieben: | [...]Wenn ich mir unsere westliche Welt so ansehe, dann scheint sie mir da am unmenschlichsten, wo sie am religiösesten ist (ich zähle hier den Nationalsozialismus wie den Kommunismus einmal vereinfachend mit zu den Religionen). |
Kommunismus ist Kommunismus.
Nationalsozialismus ist Nationalsozialismus.
Religion ist Religion.
Ich kenne aber Standpunkte, nach denen entweder alles
[ ]Atheismus,
[ ]Kommunismus,
[ ]Nationalsozialismus oder
[ ]Religion ist
was sie für ein besonders grundlegendes Übel halten. Ich finde diese Ansicht sehr vereinfachend, sie sagt manchmal mehr über denjenigen aus, der sich dieser Vereinfachung hingibt, als daß sie die Realität erhellt. Ich kann mir ehrlich gesagt auch gar nicht vorstellen, daß Du Obiges in einer anspruchsvollen Diskussion so vertreten würdest. Ich komme mit sowas jedenfalls schlecht klar. Das hat die Qualität einer Auseinandersetzung, in die ich mich aus Altergründen nicht mehr hineinknien möchte : )
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Erstmal nur das - aus Zeitgründen:
das einzige Grundübel in dieser Aufzählung ist der Nationalsozialismus die anderen 2 haben auch üble Begleiterscheinungen, sind nicht unbdingt mein Zuhause, aber für mich auch jede für sich nicht einem allgemeinen Urteil zugänglich, sondern bedürfen für Wertungen der Einzelfallbetrachtung. Weshalb der Atheismus da nicht reinpasst, wirst Du selbst sehen.
Weshalb ich sie gemeinsam nenne: sie entstehen als +- mystische Bewegung mit Heilsverkündung, die die Unterordnung des Individuums unter ihre Idee einfordert. Die jeweiligen Parteien/Kirchen kennen die Wahrheit und entscheiden entsprechend rigide über ihre Untertanen, solange die sie lassen. Entsprechend ist das Untertanenverhältnis zu diesen Kirchen angstgeprägt (und erzeugt wahrscheinlich auch eine statistisch relevante Rate an Angstbeißern auch und gerade bei denjenigen, die sich in die Organisation gerettet haben).
Dass Kirchen soweit entmachtet sind wie bei uns heute, und mit ansehen müssen, wie jeder Einzelne seine Religion selbst definiert, ohne ihn dafür als Ketzer abstrafen zu können, ist ein neuer Fall in der Geschichte und insofern nicht typisch für Religion und ob kirchenferne Religion auf diese Art auf Dauer überlebensfähig bleibt ist auch noch nicht geklärt.
Dass Du, der dir die Religion so wichtig ist, Religion immer aus deiner diesbezüglichen historischen und persönlichen Luxussituation begreifst, ist verständlich, aber in einer allgemeinen Diskussion zum Thema halte ich diese Sicht nicht für passend.
OT:
Das erinnert mich an eine Diskussion, die ich als Biologe einmal mit einem Förster "aus Leib und Seele" hatte, der mir genau erzählte, wie er seinen Wald versuchte als Wald zu erhalten und nicht zum Forst werden zu lassen, und der sich beschwerte, was "die Biologen" für ein übles Bild von der Forstwirtschaft hätten. Als ich ihn dann fragte, wie er sich denn mit den übrigen Försten verstünde, bekam ich eine Leidensgeschichte zu hören, die in seiner Studienzeit begonnen hatte, mit einem Dozenten, der so dachte wie er und entprechend lehrte, und dafür aus dem Lehrbetrieb entfernt wurde und und und .....
Am Ende war das Bild, das er dann von der Forstwirtschaft gezeichnet hatte, ähnlich schwarz wie meins - er hatte nur mehr Beispiele aus eigenem Erleben parat.
Kann es sein, dass das bei dir ähnlich ist?
fwo
_________________ Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.
The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.
Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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zelig Kultürlich
Anmeldungsdatum: 31.03.2004 Beiträge: 25405
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(#1347258) Verfasst am: 21.08.2009, 16:04 Titel: |
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fwo hat folgendes geschrieben: | [...]Weshalb der Atheismus da nicht reinpasst, wirst Du selbst sehen. |
Warum soll <s>sie</s> er da nicht reinpassen? Ich kenne wirklich den Standpunkt, daß der deutsche Faschismus die reine Verkörperung der Gottlosigkeit darstellt. Oder der Sowjetkommunismus oder die Roten Khmer. Du magst Deine Gründe dafür haben, alle die von Dir genannten Erscheinungen unter dem Begriff Religion zu subsumieren. Aber das ist, genau wie die von mir genannten parallelen Einstufungsversuche historisch nicht haltbar.
edit: korrektur
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neinguar Blue Note
Anmeldungsdatum: 04.02.2008 Beiträge: 3088
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(#1347425) Verfasst am: 21.08.2009, 23:29 Titel: |
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fräulein rottenmeier hat folgendes geschrieben: | neinguar hat folgendes geschrieben: | fräulein rottenmeier hat folgendes geschrieben: | neinguar hat folgendes geschrieben: |
Zynix hatte - wirklich völlig offentsichtlich - die "Bedeutung" gemeint, die von ganz oben kommt und das Leben eines Menschen in einen Sinnzusammenhang mit Millionen Lichtjahren Galaxien stellt. In diesem Sinne ist das menschliche Leben, individuell und in seiner Gesamtheit, noch viel, viel weniger als ein matter Furz im Wind. Und nun gibt es Menschen, die diesen Gedanken nicht ertragen.
Mir ist völlig schleierhaft, wie man das missverstehen kann. |
ja, das schien mir auch offensichtlich. Nur scheint mir diese Idee, dass es angeblich Leute gäbe, die von *irgendwo da oben aus göttlichen Gefilden" ihren Sinn bezögen, reichlich realitätsfern. |
Und warum hast Du dann überhaupt angefangen, mit Zynix zu diskutieren? Warum hast Du "Bedeutung" im Sinne dessen, was man selber draus macht, verwendet, wenn Dir klar war, dass Zynix davon gar nicht gesprochen hatte? |
Wenn mit etwas SCHEINT, so heisst das eben, dass ich nicht sicher bin, sondern lediglich meine, es wär vermutlich so. |
Das würde erstens nichts am Anlass für meine Frage ändern, nämlich dass Du "Bedeutung" in Deiner Antwort auf Zynix in einer anderen Bedeutung verwendet hast als der, die Du, wenn auch nur "vermutlich", unterstellt hast.
Dazu kommt, dass Du nicht nur geschrieben hast, "das schien mir so" , sondern "das schien mir offensichtlich", was sprachlich bedeutet, dass Du keinen Anlass sahst, von einer anderen intendierten Verwendung des Begriffs auszugehen. Trotzdem hast Du selbst den Begriff in Deiner Antwort für Dich anders verwendet, ohne das offenzulegen. Wie soll man da nicht aneinander vorbeischreiben?
fräulein rottenmeier hat folgendes geschrieben: | Ich selbst verwende Bedeutung im Sinne davon "was man selbt daraus macht" aus dem Grund, weil ich mir Bedeutung unabhängig von einem Subjekt gar nicht vorstellen kann. |
Öm......sprichst Du jetzt von menschlichen Subjekten, oder ist Gott auch wieder mit von der Partie?
_________________ Woran du dein Herz hängest, das ist dein Gott - Martin Luther -
Wenn ich Gott wäre, würde ich mich nicht von jedem anbeten lassen wollen - Hilde Ziegler -
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