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Wygotsky registrierter User
Anmeldungsdatum: 25.01.2004 Beiträge: 5014
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(#108728) Verfasst am: 27.03.2004, 14:07 Titel: |
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@Shadeik
Mein Weltbild ist momentan mechanistisch.
@An alle: Sorry, das hier so viel auf einmal kam. Ich hatte Schwierigkeiten mit dem Rechner und konnte darum gestern Nacht nicht mehr mitmachen. Jetzt läuft wieder alles rund und da wollte ich's nachholen.
Gruß
Wygotsky
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Wygotsky registrierter User
Anmeldungsdatum: 25.01.2004 Beiträge: 5014
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(#108730) Verfasst am: 27.03.2004, 14:12 Titel: |
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Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Das zweite Beispiel: Man hat ein neuronales Netz gebaut, das meinethalben das Lernen der Vergangenheitsform bei Kindern emuliert. Nun findet man heraus, dass das neuronale Netz, wenn man vor dem Training bestimmte Werte vorgibt, genau dieselben Fehler macht wie Kinder, die eine neurologische Störung haben. Was kann man nun einem Kinderarzt für die Therapie raten? |
Oder einem Sprachheilpädagogen? Genau auf diese Sache wollte ich auch hinaus.
Vielleicht kennst du die Bücher von Manfred Spitzer, z.B. "Lernen". Da versucht er ja, Ergebnisse der Hirnforschung zusammenzufassen und pädagogische Schlußfolgerungen daraus zu ziehen. Ich finde das durchaus nützlich. Allerdings bezieht er sich in Lernen nicht primär auf Computermodelle sondern auf Imaging-Verfahren in Verbindung mit psychologischen Experimenten.
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#108765) Verfasst am: 27.03.2004, 15:29 Titel: Re: Lernfrage |
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Hi Shadaik,
Shadaik hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Hi Shadiak,
Shadaik hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: |
Aber was sagt das _Modell_ über das _Simulierte_ aus? Das war meine Frage. |
Die Simulation ist so ausgelegt, dass sie das Simulierte nach dem aktuellen Wissensstand des Ausführenden so gut wie möglich simuliert. |
das stimmt doch nicht. Du simulierst die _Funktion_. Oder ist Dein Modell aus Neuronen gebastelt? |
Aus der Simulation von Neuronen, die je nach Stärke des Rechners unterschiedlich ausgefeilt sein kann. |
interessant. _Was_ an einem Neuron hast Du simuliert? Die Natrium-Kalium-Pumpe? Spannungsgesteuerte Poren? Sandwich-Struktur der Membran? Bau- oder Energiestoffwechsel?
Shadaik hat folgendes geschrieben: | Was unterscheidet ein korrekt programmiertes simuliertes H2O-Molekül von einem echten? |
Ich sehe eigentlich nur zwei Möglichkeiten:
1. Du willst mich provozieren. Dann sollten wir das per E-Mail machen.
2. Du solltest noch ein wenig nachdenken.
Hint: wie groß ist ein Wassermolekül im Vergleich zu dem Chip, auf dem Du das Simulationsprogramm laufen lässt?
Shadaik hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Schau vielleicht den abstrakten Datentyp 'Stack' an. Du kannst einen Computer bauen, der den als lineare Liste implementiert hat, oder einen anderen, der das mit einem Array macht. Beide funktionieren tadellos. _Weißt_ Du nun, wenn Du das Verhalten des ersten Computers mit einem mit einem Array emulierst, dass der erste keine lineare Liste (oder weiß der Herr was für ein konkrete Umsetzung) implementiert hat? |
Die Simulation muss auch Zwischenergebnisse ausgeben können, durch die auf die Vorgehensweise des Programms geschlossen werden kann. |
Nur als Verständnisfrage: kannst Du das bitte _konkret_ auf mein Beispiel anwenden?
Shadaik hat folgendes geschrieben: | Das ist eine Bedingung, die ich automatisch an eine gute Simulation stelle um wissenschaftlich verwertbar zu sein. |
Sorry, das verstehe ich gar nicht. Wenn Du nicht mal den Unterschied zwischen Modelliertem und Modell siehst, frage ich mich lieber gar nicht, was Du unter 'wissenschaftlich verwertbar' meinen könntest.
Shadaik hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Das erinnert mich an ein Experiment aus der Psychologie. Es gibt Versuche, bei denen Menschen total unterschiedlich reagieren. Das Interessante ist, dass es für diese zwei Lösungen gibt. Die Menschen sehen meist gar nicht, dass die jeweils andere Lösung eine ist. Kann sein, dass wir inkommensurable Weltbilder vertreten. Ich sehe mein Problem, aber nicht, dass Du eine Lösung anbietest. |
Ja, das ist möglich. |
Schön, dass wir uns wenigstens hier einig sind.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Ich möchte mein Weltbild hiermit mal "mechanistisch" nennen: Ein Objekt oder Sachverhalt definiert und realisiert seine Existenz durch seine Funktion bzw. seine Wirkung.
Was ist dein Ansatz diesbezüglich? |
Ich bin emergentistischer Materialist. Details findest Du in den ersten Kapiteln von
Mahner, M.; Bunge, M. (2000) 'Philosophische Grundlagen der Biologie' Berlin; mult., Springer
Grüßle
Thomas
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Sokrateer souverän
Anmeldungsdatum: 05.09.2003 Beiträge: 11649
Wohnort: Wien
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(#108792) Verfasst am: 27.03.2004, 17:42 Titel: Re: Lernfrage |
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Wygotsky hat folgendes geschrieben: | Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Im Chinesischen Zimmer verbirgt sich nichts anderes als der Solipsismus. | Und der Solipsismus kann prinzipiell nicht widerlegt werden. Es gibt nur pragmatische Gründe gegen ihn.
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Searle hat übrigens ganz im Gegenteil zu dir behauptet, dass das chinesische Zimmer bzw. AI sehr wohl dazu geeignet ist, Rückschlüsse über die menschliche Kognition zu ziehen. Er meinte aber, dass der Computer (bzw. das chinesische Zimmer) nur Gedanken simuliert, aber selbst nicht denkt. |
Soweit ich mich recht erinnere, hat Searle behauptet, dass Maschinen denken können, weil auch das Gehirn eine Maschine sei. Er verneinte aber, dass der damalige Ansatz der Symbolverarbeitung per se ausreichend sei, um eine denkende Maschine hervorzubringen. Weiß jemand, wie Searle über neuronale Netze gedacht hat. |
Zur Zeit als Searle den chineese room postulierte galten neuronale Netze allgemein als tot, weil sie nicht mal die Antivalenzfunktion berechnen konnten. jedenfalls hat Minsky das 1969 bewiesen. Danach haben die meisten die Forschung an NNs aufgegeben. Erst ab 1986 wurden NNs wieder beliebt, als Rumelhart und McClelland einen Lernalgorithmus für mehrschichtige NNs erfanden.
Wygotsky hat folgendes geschrieben: |
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Stand der Wissenschaft ist jedenfalls, dass sowohl Menschen, als auch Computer prinzipiell ähnlich vorgehen. Beide berechnen Züge voraus und wählen den Günstigsten. |
Das ist eine Antwort. Hinter jeder Antwort lauert aber eine neue Frage. Wie berechnet ein Mensch Züge voraus? |
Die verbleibende Frage ist vielmehr, wie der Mensch ungünstige Züge von günstigen schon im Voraus abschätzen kann, was ihm unter anderem den entscheidenden Vorteil bei Go verschaft. Die Antwort dürfte Mustererkennung sein. Die ist aber in der AI noch fern von perfektioniert.
Wygotsky hat folgendes geschrieben: |
Wie ein neuronales Netz eine Problem löst, wissen wir auch dann nicht genau, wenn wir es gebaut und programmiert haben. |
Man kann es leichter untersuchen als ein natürliches NN. Außerdem untersuchst du dann schon eine andere Fragestellung. Nämlich die Fragestellung "Wie spielt man Schach?" und nicht "Wie lernt der Mensch Schach zu spielen?". Für die AI ist die zweite Frage relevant. Die erste Frage stellt die Spieletheorie, oder vielleicht die Schachtheorie, falls es sowas gibt....
Wygotsky hat folgendes geschrieben: |
Wie ein Mensch eine Schachstellung bewertet, wird wieder anders ablaufen, eben weil das neuronale Netz nur eine sehr primitive Beschreibung dessen ist, was Nervenzellen alles tun können. |
Wo künstliche NNs stark hinterherhinken ist, dass sie starr sind. Nat. NNs können ihre Struktur dynamisch verändern. Künstliche NNs werden nach wie vor fix voreingestellt.
Wygotsky hat folgendes geschrieben: |
Und diese Unterschiede werden zum Problem, wenn es mir nicht um Funktionsäquivalenz geht, sondern um ein Verständnis dessen, was denkende Gehirne tun. |
Kommt drauf an, was du damit meinst. Letztendlich spielt jeder Schachspieler anders. Die Verfahren, die Kasparov in seinem Gehirn gebildet hat, unterscheiden sich von denen, die Kramnik gebildet hat.
Wygotsky hat folgendes geschrieben: |
Man darf nicht vergessen, dass Schach als KI-Problem aus einem ganz bestimmten Grund gewählt wurde. Man stellte sich vor, dass Schachspielen eine ziemlich intelligente Tätigkeit ist. |
Es ist auch eine intelligente Tätigkeit. Schach spielen war lange Zeit synonym mit intelligent sein. Wie üblich aber ändert sich das jetzt. Intelligenz ist das, was der Computer noch nicht kann. Sobald es funktioniert, ist es nicht mehr AI.
Wygotsky hat folgendes geschrieben: |
Wenn man ein gutes Schachprogramm hätte, dann hätte man mutmaßlich auch das Know-How andere kognitive Fähigkeiten des Menschen nachzubilden. Ich bin kein Fachmann für diese Thematik, aber ich wäre überrascht, wenn wir von Schachprogrammen viel über den kindlichen Spracherwerb, über das Erkennen von Gesichtern, über Phantomschmerz oder ähnliche Phänomene lernen können. |
Neuronale Netze erkennen Gesichter (zu schlecht für den Einsatz, aber doch mit >90% Sicherheit).
Über Spracherwerb weiß man schon einiges. Es wird aber wohl die letzte Hürde sein, die fallen wird. Denn um menschliche Sprache zu verstehen, muss der Computer all das Wissen, was ein Mensch weiß. Und diese Datenflut muss man irgendwie in einen Computer bekommen.
Wygotsky hat folgendes geschrieben: | Insofern ist der schachspielende Computer eine Enttäuschung bzw. uns wird klar, wie wenig damit erreicht ist, dass Computer Schach spielen können. |
Was erwartest du? Dass der Schachcomputer selbst nebenbei auch Gesichter erkennt und eine Lied komponiert? Die Erkenntnisse, die man gewonnen hat leben in anderen Disziplinen weiter.
Zuletzt bearbeitet von Sokrateer am 27.03.2004, 18:22, insgesamt 2-mal bearbeitet |
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Sokrateer souverän
Anmeldungsdatum: 05.09.2003 Beiträge: 11649
Wohnort: Wien
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(#108810) Verfasst am: 27.03.2004, 18:14 Titel: |
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Wygotsky hat folgendes geschrieben: |
Ging zwar nicht an mich, aber ich zähle trotzdem mal zwei Punkte auf:
1. Hormone. Welchen ungeheueren Einfluss Hormone auf das Denken haben können, wird einem klar, wenn man jemanden kennenlernt, dessen Hormonhaushalt krankheitsbedingt gestört ist. |
Sind vergleichbar mit einer Grobjustierung des NNs. Das NN im menschlichen Gehirn ist aber enorm groß und auch noch in unterschiedliche Teile gegliedert, die unterschiedlich auf Hormone ansprechen. Ich bezweifle, dass das noch eine Frage ist, die mit Intelligenz, oder AI zu tun hat. Nicht alles, was menschlich ist, ist Intelligenz. Es geht darum künstliche Intelligenz zu entwickeln, nicht das menschliche Gehirn nachzubauen.
Wygotsky hat folgendes geschrieben: |
2. Vernachlässigung der Körperlichkeit. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind neurnale Netze sozusagen Gehirn pur. Der Körper existiert nur als Signal in der Eingabeschicht. Das ist insofern plausibel, weil ca. 98% der Neuronen nur untereinander und nicht mit Sinnenorganen oder Muskeln und Drüsen vernetzt sind. In der Entwicklung des Gehirn spielen aber körperlich-sinnliche Erfahrungen eine entscheidende Rolle. So ist es z.B. für ein Kind, das Rechnen lernt, von großer Bedeutung, in welcher Form eine Zahl gegeben und veranschaulicht ist. Darauf hat das neuronale Netz per se keine Antwort, denn es kennt nur Input und alle Arten des Inputs sind gleich. |
Ach ja, der körperbasierte Ansatz. Ist eine gute Ausrede um mit Lego-Technik zu basteln und Fußballmatches zwischen Robotern zu veranstalten. Jedenfalls hat Minsky das beobachtet.
Für das künsltiche NN gibt es sehr wohl einen Körper. Bei der Mustererkennung ist das z.B. eine Kamera, oder der Teil, der ein Bild von der Festplatte liest und dem NN füttert. Der Körper ist eine Möglichkeit Informationen über die Umwelt einzuholen und Informationen mit ihr auszutauschen, sie zu modifizieren. Einem künstlichen NN kann man auch das Rechnen auf verschiedenste Arten beibringen. Man kann die Aufgaben in Bild, oder Ton präsentieren. Wenn man ein und demselben NN die Information in beiden Formaten zur Verfügung stellen kann, dann ist für das NN die Zahl Drei in Ton nicht das Gleiche, wie die Zahl Drei in Bild. Schließlich kommen die Inputs über unterschiedliche Eingangsneuronen herein.
Aber unter Körper wird halt üblicherweise ein Roboter verstanden, weil der dem Menschen ähnlich ist.
Man kann zwar aus einigen Modellen der AI Rückschlüsse über den Menschen ziehen. Das ist aber bei weitem nicht die Essenz der AI. Es geht hauptsächlich geht darum intelligente Systeme zu entwickeln und etwas über Intelligenz zu erfahren. Es geht kaum darum den Menschen nachzubauen. Wozu auch? Es gibt schon sechs Milliarden Menschen und in vielen Bereichen hat uns die AI schon längst überholt. Zum Beispiel beim Rechnen, Merken von Fakten, Ziehen von einfachem Schlüsen (datenbanken, Google). Das gehörte alles Mal zur Intelligenz.
Meine Behauptung ist, dass man über Modelle der AI Rücksclüsse auf den Menschen anstellen kann. Ich habe nirgends behauptet, dass alles, was die AI tut, uns etwas über den Menschen sagt.
Zuletzt bearbeitet von Sokrateer am 27.03.2004, 18:26, insgesamt 2-mal bearbeitet |
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#108815) Verfasst am: 27.03.2004, 18:24 Titel: |
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Hi Sokrateer,
[ ... ]
Sokrateer hat folgendes geschrieben: |
Meine Behauptung ist, dass man über Modelle der AI Rücksclüsse auf den Mensche anstellen kann. |
wenn Du sagst, bestimmte _Leistungen_ des Menschen, okay.
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Ich habe nirgends behauptet, dass alles, was die AI tut, uns etwas über den Menschen sagt. |
Du nicht. Aber wenn ich frage, was kann ich über das Schachspiel des _Menschen_ (also eines Wesens aus Fleisch und Blut, mit Aggessionen, Wünschen und so weiter) lernen, wenn ich einen Computer baue, der Schach spielt und mir dann jemand sagt, weil der Computer auch Züge macht, die Menschen machen oder gegen Menschen gewinnt, weiß ich was über _menschliches_ Schachspiel, fällt mir dazu nur 'Kategorienfehler' ein.
Wenn mir jemand sagt: welchen Unterschied macht es, ob ein 'Programm' (beispielsweise 'wie beweise ich einen mathematischen Satz') in silicio oder in vivo abläuft, sage ich, dass das Hose wie Jacke ist. Wenn mir aber jemand sagt, dass das auch gilt, wenn ich entscheiden soll, ob ich die hübsche Blonde heiraten sollte, die zwar etwas nympoman ist, oder lieber die Brünette, die zwar nicht so gut aussieht, aber irgendwie besser zu mir passt, würde ich protestieren. Hier kommen Bereiche ins Spiel, für die ein Computer nicht mehr 'kompetent' ist.
Grüßle
Thomas
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Babyface Altmeister
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 11519
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(#108849) Verfasst am: 27.03.2004, 20:16 Titel: |
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Wygotsky hat folgendes geschrieben: |
..
Letztlich müssen Beweise aber immer am Gehirn selbst erbracht werden, wenn es darum geht, etwas über das Gehirn auszusagen. |
ACK. Genau darauf wollte ich hinaus.
Zitat: | Ein wichtiger Punkt war noch gar nicht angesprochen: Die Widerlegung von unbewußten Annahmen am Computermodell. Chomsky ist da ein gutes Beispiel. Aus der Geschwindigkeit des kindlichen Spracherwerbs und Phänomenen wie dem lernen unregelmäßiger Vergangenheitsformen schloss er, dass der Spracherwerb mit dem Prinzipien des operanten Konditionierens nicht adäquat beschrieden werden kann (wie z.B. Skinner behauptet hatte). Chomsky postulierte darauf den sogenannten language-aquisition-device (LAD), eine Art Universalgrammatik, die im kindlichen Gehirn sozusagen fest verdrahtet ist und es auf den Spracherwerb vorbereitet. Das Computermodell hat dann gezeigt, dass der Erwerb der Vergangenheitsformen auch ohne LAD die an Kindern beobachteten Phasen durchlaufen kann. Der LAD ist somit eine entbehrliche Annahme. Computermodelle können also schon ganz nützlich sein. |
Ok. Man darf die Widerlegung von Chomskys Nichtexistenzhypothese (es sei keine effiziente Erklärung möglich, die ausschliesslich auf operanter Konditionierung basiert) eben nur nicht mit Erkenntnisgewinn über menschlichen Spracherwerb gleichsetzen. Wir lernen ja daraus weder, wie das menschliche Gehirn funktioniert, noch wie es nicht funktioniert, da ja LAD nicht widerlegt ist, sondern höchstens nach Ockhams Heuristik als das wissenschaftlich minderwertigere Erklärungsmodell klassifiziert wurde.
_________________ posted by Babyface
.
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Babyface Altmeister
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 11519
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(#108851) Verfasst am: 27.03.2004, 20:27 Titel: |
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Wygotsky hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Das zweite Beispiel: Man hat ein neuronales Netz gebaut, das meinethalben das Lernen der Vergangenheitsform bei Kindern emuliert. Nun findet man heraus, dass das neuronale Netz, wenn man vor dem Training bestimmte Werte vorgibt, genau dieselben Fehler macht wie Kinder, die eine neurologische Störung haben. Was kann man nun einem Kinderarzt für die Therapie raten? |
Oder einem Sprachheilpädagogen? Genau auf diese Sache wollte ich auch hinaus.
Vielleicht kennst du die Bücher von Manfred Spitzer, z.B. "Lernen". Da versucht er ja, Ergebnisse der Hirnforschung zusammenzufassen und pädagogische Schlußfolgerungen daraus zu ziehen. Ich finde das durchaus nützlich. Allerdings bezieht er sich in Lernen nicht primär auf Computermodelle sondern auf Imaging-Verfahren in Verbindung mit psychologischen Experimenten. |
Man kann mit Hilfe von Simulationen prinzipiell Hypothesen generieren, die auch zu Veränderungswissen führen, wenn man sie später am Menschen testet, z.b wenn man ein Computerprogramm schreibt, das Lernen und Reproduzieren von Wortlisten abbildet und dann eine Darbietungsstrategie bestimmt, die den besten Lernerfolg garantiert. Ob eine Generalisation solcher Erkenntisse über Simulationen/Modelle auf das Simulirte/Modellierte gelingt, wird natürlich vom Ausmaß der Übereinstimmung zwischen beidem abhängig sein. Deshalb verspricht man sich ja auch grundsätzlich etwas von Tierversuchen, die dem selben methodischen Prinzip folgen und damit auch simulationsorientierte Forschungsstrategien sind.
_________________ posted by Babyface
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#108859) Verfasst am: 27.03.2004, 22:08 Titel: |
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Hi Sokrateer,
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Sokrateer hat folgendes geschrieben: |
Ach ja, der körperbasierte Ansatz. Ist eine gute Ausrede um mit Lego-Technik zu basteln und Fußballmatches zwischen Robotern zu veranstalten. Jedenfalls hat Minsky das beobachtet. ;-) |
starkes Argument ;-)
Minsky hat sich heftigst revanchiert. Er plädierte dafür, 'Tanzen' im Schulunterricht durch Turtle-Graphiken zu betreiben.
Sokrateer hat folgendes geschrieben: |
Für das künsltiche NN gibt es sehr wohl einen Körper. Bei der Mustererkennung ist das z.B. eine Kamera, oder der Teil, der ein Bild von der Festplatte liest und dem NN füttert. |
Die Qualität dieses Inputs dürfte in etwa der Relevanz für das 'wahre Leben' entsprechen.
Sokrateer hat folgendes geschrieben: |
Der Körper ist eine Möglichkeit Informationen über die Umwelt einzuholen und Informationen mit ihr auszutauschen, sie zu modifizieren. Einem künstlichen NN kann man auch das Rechnen auf verschiedenste Arten beibringen. Man kann die Aufgaben in Bild, oder Ton präsentieren. Wenn man ein und demselben NN die Information in beiden Formaten zur Verfügung stellen kann, dann ist für das NN die Zahl Drei in Ton nicht das Gleiche, wie die Zahl Drei in Bild. Schließlich kommen die Inputs über unterschiedliche Eingangsneuronen herein.
Aber unter Körper wird halt üblicherweise ein Roboter verstanden, weil der dem Menschen ähnlich ist. |
Vermutlich. Aber was ist denn daran so 'schlimm', falls man etwas über _menschliches_ Denken heraufinden will? Soll ich auf meine differenzierteren Inputs verzichten, nur damit mich ein NN emulieren kann?
Sokrateer hat folgendes geschrieben: |
Man kann zwar aus einigen Modellen der AI Rückschlüsse über den Menschen ziehen. Das ist aber bei weitem nicht die Essenz der AI. Es geht hauptsächlich geht darum intelligente Systeme zu entwickeln und etwas über Intelligenz zu erfahren. |
Das ist in Ordnung. Die Frage ist nur, ob es 'Intelligenz' als etwas anders denn als Systemeigenschaft bestimmter Systeme gibt ('Intelligenz' ist eine Reifikation wie 'Stoffwechsel' oder 'Leben'). Die Frage ist nicht, ob die Kisten 'Intelligenz' irgendwie gebacken bekommen, sondern auf eine Art und Weise intelligent sind, wie _Menschen_ das sind. Das sind zwei Paar Stiefel.
Sokrateer hat folgendes geschrieben: |
Es geht kaum darum den Menschen nachzubauen. Wozu auch? Es gibt schon sechs Milliarden Menschen und in vielen Bereichen hat uns die AI schon längst überholt. Zum Beispiel beim Rechnen, Merken von Fakten, Ziehen von einfachem Schlüsen (datenbanken, Google). Das gehörte alles Mal zur Intelligenz. |
ACK
Sokrateer hat folgendes geschrieben: |
Meine Behauptung ist, dass man über Modelle der AI Rücksclüsse auf den Menschen anstellen kann. Ich habe nirgends behauptet, dass alles, was die AI tut, uns etwas über den Menschen sagt. |
So kann man das durchau sehen. Ich vermute, dass man von zeit Seiten vom Pferd fallen kann. Auf der einen Seite ist es natürlich falsch, von einer Modellierung eine '1:1-Landkarte' zu verlangen. Auf der anderen Seite ist es genauso falsch, eine Modellierung als '1:1-Landkarte' zu bezeichnen.
Wenn jemand sagt, ein Schachcomputer emuliert wie ein Mensch _Schach_ spielt, ist das okay. Wenn man aber sagt, es emuliere wie ein _Mensch_ Schach spielt, stimmt das nicht.
Grüßle
Thomas
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Wygotsky registrierter User
Anmeldungsdatum: 25.01.2004 Beiträge: 5014
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(#108897) Verfasst am: 28.03.2004, 00:57 Titel: |
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Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Ich bezweifle, dass das noch eine Frage ist, die mit Intelligenz, oder AI zu tun hat. Nicht alles, was menschlich ist, ist Intelligenz. Es geht darum künstliche Intelligenz zu entwickeln, nicht das menschliche Gehirn nachzubauen. |
Thomas Fragestellung war nicht, ob und wie man künstliche Intelligenz entwickelt. Darüber wurde im FGH schon viel diskutiert. (Da habe ich sogar mitgemacht.) Es ging um die Frage, ob wir aus Schachprogrammen lernen, was sich in einem menschlichen Gehirn abspielt, wenn es Schach spielt.
Es gibt ja menschliche Fähigkeiten, die Computer weit mehr als funktionsäquivalent erledigen können. Ein gutes Beispiel wäre das Addieren. Das können Computer viel schneller und zuverlässiger als wir. Ich verstehe nicht viel von Schachprogrammen, aber wie ein Computer addiert, weiß ich recht gut, weil wir uns damals im Matheunterricht ein halbes Jahr lang mit Digitalelektronik beschäftigt haben. Daraus kann ich leider keine Schlussfolgerungen ziehen, wie ich einem Erstklässler möglichst effektiv das Addieren beibringe.
Sokrater hat folgendes geschrieben: | Ach ja, der körperbasierte Ansatz. Ist eine gute Ausrede um mit Lego-Technik zu basteln und Fußballmatches zwischen Robotern zu veranstalten. Jedenfalls hat Minsky das beobachtet.
Für das künsltiche NN gibt es sehr wohl einen Körper. Bei der Mustererkennung ist das z.B. eine Kamera, oder der Teil, der ein Bild von der Festplatte liest und dem NN füttert. Der Körper ist eine Möglichkeit Informationen über die Umwelt einzuholen und Informationen mit ihr auszutauschen, sie zu modifizieren. Einem künstlichen NN kann man auch das Rechnen auf verschiedenste Arten beibringen. Man kann die Aufgaben in Bild, oder Ton präsentieren. Wenn man ein und demselben NN die Information in beiden Formaten zur Verfügung stellen kann, dann ist für das NN die Zahl Drei in Ton nicht das Gleiche, wie die Zahl Drei in Bild. Schließlich kommen die Inputs über unterschiedliche Eingangsneuronen herein.
Aber unter Körper wird halt üblicherweise ein Roboter verstanden, weil der dem Menschen ähnlich ist. |
Bleiben wir mal beim 6-jährigen, der Addieren lernt. Für den spielt es sehr wohl eine Rolle, in welcher Form die Zahlen gegeben sind. Anfangs wird er die Aufgaben an seinen eigenen Fingern abzählen, weil ihm dies offenbar anschaulicher ist, als Kreise auf einem Blatt Papier. Ähnlich verhält es sich, wenn ein Grundschüler die Silbentrennung lernt. Er wird sich nicht damit begnügen, das Wort zu sprechen, sondern er wird es "klatschen".
Ich glaube gerne, das Minsky eine Menge von Computern versteht, aber ob er Ahnung von Psychomotorik hat, wage ich doch zu bezweifeln.
An menschenähnliche Roboter hatte ich überhaupt nicht gedacht.
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Man kann zwar aus einigen Modellen der AI Rückschlüsse über den Menschen ziehen. Das ist aber bei weitem nicht die Essenz der AI. Es geht hauptsächlich
geht darum intelligente Systeme zu entwickeln und etwas über Intelligenz zu erfahren. |
Ich habe mittlerweile begriffen, dass das ein wichtiges Thema für dich ist. Auch finde KI faszinierend. Aber Thomas und ich betrachten die Ergebnisse der KI mit unserer eigenen deformation professionelle. Thomas hat Biologie studiert und wir beide sind beruflich damit befasst, jungen Menschen etwas beizubringen. Und da erheben wir Einspruch, wenn behauptet wird, der Computer zeige uns, wie der Mensch denkt. Dass es enorm ist, dass DeepBlue einen Kasparow schlagen kann, soll jedenfalls von mir gar nicht bestritten werden.
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Es geht kaum darum den Menschen nachzubauen. Wozu auch? Es gibt schon sechs Milliarden Menschen und in vielen Bereichen hat uns die AI schon längst überholt. Zum Beispiel beim Rechnen, Merken von Fakten, Ziehen von einfachem Schlüsen (datenbanken, Google). Das gehörte alles Mal zur Intelligenz. |
Um einen weiteren Verdacht auszuräumen. Ich habe nicht vor, zu behaupten, alles was ein Computer könne, sei keine Intelligenz mehr. Es geht mir auch nicht darum, die Leistungen der KI herabzuwürdigen. Ich sehe Intelligenz vorwiegend als soziales Konstrukt, d.h ich habe einen sehr flexiblen Intelligenzbegriff.
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Meine Behauptung ist, dass man über Modelle der AI Rücksclüsse auf den Menschen anstellen kann. Ich habe nirgends behauptet, dass alles, was die AI tut, uns etwas über den Menschen sagt. |
Meine Behauptung ist, dass Modelle der AI inspirierend wirken können, beim Menschen nach vergleichbaren Strukturen oder Mechanismen zu suchen, und das diese Suche bisweilen sogar zu Ergebnissen führen kann, die von pädagogischem Nutzen sind. Thesen über menschliches Denken und Verhalten akzeptiere ich aber erst, wenn sie am Menschen belegt werden. (Bei Medikamenten begnügt man sich auch nicht mit Computermodellen, nicht mal mit Labortieren. Irgendwann muss sie einer schlucken, und dann sieht man, ob sie so wirken, wie sie sollen.) Im übrigen ist es überhaupt nichts neues, dass menschliches Verhalten durch andere Systeme modelliert werden soll. Skinner zog haufenweise Schlußfolgerungen über menschliches Verhalten und entwickelte gar eine Vision einer idealen Gesellschaft auf der Grundlage der von ihm erforschten Prinzipien des Lernens durch operantes Konditionieren. Sein Modell waren Tauben. Und tatsächlich denke ich, dass Skinners Tauben uns etwas über menschliches Denken und Verhalten gelehrt haben.
Beim Schachprogramm bin ich allerdings skeptisch. Der Schachcomputer hat das Schachspielen ja auf ganz andere Weise gelernt als ich. Er wurde programmiert. Ich vermute, durch Schachprogramme kann man eher etwas über die Intelligenz seiner Entwickler lernen.
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#108972) Verfasst am: 28.03.2004, 07:21 Titel: |
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Hi Wygotsky,
nur mal allgemein: ich antworte wenig auf das, was Du schreibst, weil wir uns recht einig sind.
Wygotsky hat folgendes geschrieben: |
[ ... ]
Beim Schachprogramm bin ich allerdings skeptisch. Der Schachcomputer hat das Schachspielen ja auf ganz andere Weise gelernt als ich. Er wurde programmiert. Ich vermute, durch Schachprogramme kann man eher etwas über die Intelligenz seiner Entwickler lernen. |
Das sehe ich auch so. Und noch einen Nebenaspekt: mein Thema ist weniger die Ausbildung junger Menschen (erst wieder ab 2006), sondern die Evolutions(bio|theorie). Ein wenig an den AI-Modellen 'stört' mich wirklich, dass da immer ein Designer mit im Spiel ist. Viele Menschen sind dann schnell beim 'Super-Designer' in der Natur. Gerade unter Informatikern oder Strukturwissenschaftlern findet man viele Kreationisten.
Grüßle
Thomas
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Shadaik evolviert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 26377
Wohnort: MG
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(#109115) Verfasst am: 28.03.2004, 18:54 Titel: Re: Lernfrage |
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Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Hi Shadaik,
Shadaik hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Hi Shadiak,
Shadaik hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: |
Aber was sagt das _Modell_ über das _Simulierte_ aus? Das war meine Frage. |
Die Simulation ist so ausgelegt, dass sie das Simulierte nach dem aktuellen Wissensstand des Ausführenden so gut wie möglich simuliert. |
das stimmt doch nicht. Du simulierst die _Funktion_. Oder ist Dein Modell aus Neuronen gebastelt? |
Aus der Simulation von Neuronen, die je nach Stärke des Rechners unterschiedlich ausgefeilt sein kann. |
interessant. _Was_ an einem Neuron hast Du simuliert? Die Natrium-Kalium-Pumpe? Spannungsgesteuerte Poren? Sandwich-Struktur der Membran? Bau- oder Energiestoffwechsel? |
Wie wäre es mit: Das alles (Multitasking)?
Zitat: | Shadaik hat folgendes geschrieben: | Was unterscheidet ein korrekt programmiertes simuliertes H2O-Molekül von einem echten? |
Ich sehe eigentlich nur zwei Möglichkeiten:
1. Du willst mich provozieren. Dann sollten wir das per E-Mail machen. |
Provozieren, ja. Ich will dir eine Antwort entlocken (pro vozieren = fürs sprechen)
Zitat: | 2. Du solltest noch ein wenig nachdenken.
Hint: wie groß ist ein Wassermolekül im Vergleich zu dem Chip, auf dem Du das Simulationsprogramm laufen lässt? |
Irrelevant.
Wie groß ist das Wassermolekül innerhalb seiner simulierten Welt im Vergleich zu aallen anderen Objekten in der simulierten Welt und wie groß ist ein Wassermolekül in der wahren Welt relativ zu allen anderen Objekten in der realen Welt?
Zitat: | Shadaik hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Schau vielleicht den abstrakten Datentyp 'Stack' an. Du kannst einen Computer bauen, der den als lineare Liste implementiert hat, oder einen anderen, der das mit einem Array macht. Beide funktionieren tadellos. _Weißt_ Du nun, wenn Du das Verhalten des ersten Computers mit einem mit einem Array emulierst, dass der erste keine lineare Liste (oder weiß der Herr was für ein konkrete Umsetzung) implementiert hat? |
Die Simulation muss auch Zwischenergebnisse ausgeben können, durch die auf die Vorgehensweise des Programms geschlossen werden kann. |
Nur als Verständnisfrage: kannst Du das bitte _konkret_ auf mein Beispiel anwenden? |
Kein Problem: Der Computer legt zusätzlich zum Hauptprozess einen Stapel mit allen Zwischenergebnissen an, den er selbst aber nicht ausliest.
Somit haben die ausgelagerten dateien keinen Einfluss auf das Ergebnis (außer zeitlich) und sind jederzeit nachlesbar.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Zitat: | Ich möchte mein Weltbild hiermit mal "mechanistisch" nennen: Ein Objekt oder Sachverhalt definiert und realisiert seine Existenz durch seine Funktion bzw. seine Wirkung.
Was ist dein Ansatz diesbezüglich? |
Ich bin emergentistischer Materialist. Details findest Du in den ersten Kapiteln von
Mahner, M.; Bunge, M. (2000) 'Philosophische Grundlagen der Biologie' Berlin; mult., Springer |
Du darfst es auch mit deinen eigenen Worten beschreiben. Das ist effektiver und wahrscheinlich fällt die Antwort wahrheitsgemäßer aus, als wenn ich die Definition von jemand anderem lese.
Wer Marx liest versteht schließlich auch nicht, wie Stalin gedacht hat. Dennoch wird Stalin immer auf Marx verweisen.
_________________ Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#109132) Verfasst am: 28.03.2004, 19:32 Titel: Re: Lernfrage |
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Hi Shadaik,
Shadaik hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: |
interessant. _Was_ an einem Neuron hast Du simuliert? Die Natrium-Kalium-Pumpe? Spannungsgesteuerte Poren? Sandwich-Struktur der Membran? Bau- oder Energiestoffwechsel? |
Wie wäre es mit: Das alles (Multitasking)? |
darf ich davon ausgehen, dass Dir nicht bekannt ist, was eine Simulation ist?
Shadaik hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Shadaik hat folgendes geschrieben: | Was unterscheidet ein korrekt programmiertes simuliertes H2O-Molekül von einem echten? |
Ich sehe eigentlich nur zwei Möglichkeiten:
1. Du willst mich provozieren. Dann sollten wir das per E-Mail machen. |
Provozieren, ja. Ich will dir eine Antwort entlocken (pro vozieren = fürs sprechen) |
Shadaik, wenn Du geschrieben hättest, 'was unterscheidet eine _Simulation_ eines Wassermoleküls, je nachdem, ob ich sie im Kopf eines Menschen oder in einem Computer ablaufen lasse' hätten wir sinnvoll weiter diskutieren können. Aber Dein obiger Satz ist nur Quatsch. Billigste 'Homunkulus-Theorie'.
Shadaik hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | 2. Du solltest noch ein wenig nachdenken.
Hint: wie groß ist ein Wassermolekül im Vergleich zu dem Chip, auf dem Du das Simulationsprogramm laufen lässt? |
Irrelevant. |
Kommt darauf an, was Du machen willst. Details s.o.
Shadaik hat folgendes geschrieben: | Wie groß ist das Wassermolekül innerhalb seiner simulierten Welt im Vergleich zu aallen anderen Objekten in der simulierten Welt und wie groß ist ein Wassermolekül in der wahren Welt relativ zu allen anderen Objekten in der realen Welt? |
Lies noch einmal Deinen Satz aus dem Ausgangsposting, den obigen Absatz und denke nach.
Shadaik hat folgendes geschrieben: |
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: |
Shadaik hat folgendes geschrieben: |
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: |
Schau vielleicht den abstrakten Datentyp 'Stack' an. Du kannst einen Computer bauen, der den als lineare Liste implementiert hat, oder einen anderen, der das mit einem Array macht. Beide funktionieren tadellos. _Weißt_ Du nun, wenn Du das Verhalten des ersten Computers mit einem mit einem Array emulierst, dass der erste keine lineare Liste (oder weiß der Herr was für ein konkrete Umsetzung) implementiert hat? |
Die Simulation muss auch Zwischenergebnisse ausgeben können, durch die auf die Vorgehensweise des Programms geschlossen werden kann. |
Nur als Verständnisfrage: kannst Du das bitte _konkret_ auf mein Beispiel anwenden? |
Kein Problem: Der Computer legt zusätzlich zum Hauptprozess einen Stapel mit allen Zwischenergebnissen an, den er selbst aber nicht ausliest.
Somit haben die ausgelagerten dateien keinen Einfluss auf das Ergebnis (außer zeitlich) und sind jederzeit nachlesbar. |
Nur mal für mich zur Sicherheit: hast Du verstanden, um was es ging? Wie siehst Du an _Deinem_ Computer, wie der _andere_ rechnet? Wie siehst Du an _Deinem_ Stapel, ob der _andere_ eine lineare Liste, einen Array oder weiß der Herr was für eine Repräsentation verwendet?
Shadaik hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Shadaik hat folgendes geschrieben: | Ich möchte mein Weltbild hiermit mal "mechanistisch" nennen: Ein Objekt oder Sachverhalt definiert und realisiert seine Existenz durch seine Funktion bzw. seine Wirkung.
Was ist dein Ansatz diesbezüglich? |
Ich bin emergentistischer Materialist. Details findest Du in den ersten Kapiteln von
Mahner, M.; Bunge, M. (2000) 'Philosophische Grundlagen der Biologie' Berlin; mult., Springer |
Du darfst es auch mit deinen eigenen Worten beschreiben. Das ist effektiver und wahrscheinlich fällt die Antwort wahrheitsgemäßer aus, als wenn ich die Definition von jemand anderem lese.
Wer Marx liest versteht schließlich auch nicht, wie Stalin gedacht hat. Dennoch wird Stalin immer auf Marx verweisen. |
Ich gehe davon aus, dass 'Bewusstsein' etc. emergente Eigenschaften von materiellen Systemen einer bestimmten Komplexitätsstufe sind. Letztendlich sind das Reifikationen. Als nicht-reduktionistischer Emergentist gehe ich davon aus, dass sich die emergenten Eigenschaften höherer Seinsebenen nicht aus denen der tieferen ableiten lassen. Als Materialist gehe ich davon aus, dass die emergenten Eigenschaften nur existieren, solange die Struktur erhalten bleibt.
Grüßle
Thoams
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#109133) Verfasst am: 28.03.2004, 19:40 Titel: |
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Hi,
zusammengefaßt bin ich der (hier auch schon geäußerten) Meinung, daß man durch Simulationen auf anderer Hardware die Funktionsweise des Gehirns beschreiben kann. Wie weit die Äquivalenz geht, hängt natürlich davon ab, welche im System "Gehirn" beteiligten Subsysteme ich in die Simulation hineinnehme. So lerne ich über das Teilsystem Wahrnehmungsverarbeitung natürlich nichts, solange ich keinen Wahrnehmungsapparat modelliere. Ob ich insgesamt die Äquivalenz "rein funktional" oder sonstwie nenne, ist Geschmackssache.
Die Struktur naturwissenschaftlicher Erkenntnis (soweit sie sich uns darstellt) besteht in der Erkenntnis von (in gewisser Weise abstrakten) Regeln, mit denen Voraussagen gemacht werden können. Die Abstraktheit dieser Regeln ist unterschiedlich, aber letztlich ist direktes Wissen über Vorgänge im Gehirn (etwa über neurologische Ableitungen) von derselben Art wie Regeln, die aus neuronalen Simulationen abgeleitet wurden. Echte Introspektion gibt es nicht.
Würde das Gehirn nahezu vollständig simuliert (mit Gefühlen usw.), so käme sicher immer noch irgendein Mysto-Emergentist (oder Theologe) mit dem "Argument", das sei aber nicht dasselbe. Letztlich ist da aber nicht mehr dran als an der trivialen Feststellung, daß alle Gehirne gleich funktionieren, aber nicht wirklich gleich sind.
Wygotsky hat folgendes geschrieben: | Beim Schachprogramm bin ich allerdings skeptisch. Der Schachcomputer hat das Schachspielen ja auf ganz andere Weise gelernt als ich. Er wurde programmiert. Ich vermute, durch Schachprogramme kann man eher etwas über die Intelligenz seiner Entwickler lernen. |
Dies ist mE ein Fehlschluß. Mit diesem Argument kannst Du nur belegen, daß gewisse Schachprogramme kein Wissen über den menschlichen Lernprozeß enthalten. Das Schachprogramm enthält aber sehrwohl abstrakte Regeln, die auch im schachspielenden Gehirn eine Rolle spielen. Die interessante Frage ist, wieweit im Einzelfall die Äquivalenz geht.
So ist ein Planetenmodell äquivalent zu den heliozentrischen Bewegungsgleichungen und kann daher den Sonnenaufgang erklären, nicht aber die Gravitation.
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Wygotsky registrierter User
Anmeldungsdatum: 25.01.2004 Beiträge: 5014
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(#109158) Verfasst am: 28.03.2004, 21:02 Titel: |
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Nehmen wir an, ich beobachte einen Menschen, der mit einem Abakus Zahlen multipliziert. Nun frage ich: "Wie rechnet der Kerl mit seinem Abakus?" Shadeik kommt nun mit einem Taschenrechner sagt: "Hier habe ich ein elektronisches Modell des Abakus." Er zeigt mir dann, dass der Taschenrechner in allen Fällen zum gleichen Ergebnis kommt wie der Mann mit dem Abakus. Insofern ist der Taschenrechner ein funktionsäquivalentes Modell. Shadeik könnte auch sagen: "Der Mann am Abakus manipuliert Symbole nach bestimmten Regeln. Dasselbe tut der Taschenrechner. Nur dass die Symbole beim Abakus als Holzkugeln gegeben sind und beim Taschenrechner als elektrische Ladungen." Ich würde das als Antwort nicht akzeptieren. Ich würde mich trotzdem weiter fragen, was der Mann mit den Holzkugeln macht und wie er das tut. Ich würde Shadeik sagen, dass sein Modell mir nichts erklärt. Shadeik würde dann vielleicht antworten: "Aha, du bestreitest, dass mein Taschenrechner rechnen kann. Du glaubst wohl, nur Menschen am Abakus rechnen richtig. Wo liegt den Unterschied? Das kann doch nur irgendein mystischer Humbug sein, den angeblich nur Menschen können und mein Taschenrechner nicht." Wir hätten uns dann ziemlich missverstanden.
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#109165) Verfasst am: 28.03.2004, 21:23 Titel: |
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Hi Wygotsky,
[ Taschenrechner vs. Abakus ]
schönes Beispiel.
Step scheint, vermutlich anders als Shadaik, aber wie Soktrateer, einen anderen Thread mit unserem zu vermaschen: können nur Menschen denken.
Uns geht es aber um eine andere Frage. In Deinem Beispiel: was kann ich durch Analyse der Vorgänge im Taschenrechner über die Vorgänge im System Mensch-Abakus herausfinden?
Grüßle
Thomas
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Wygotsky registrierter User
Anmeldungsdatum: 25.01.2004 Beiträge: 5014
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(#109169) Verfasst am: 28.03.2004, 21:32 Titel: |
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Nochmal deutlich für Shadeik und Sokrateer: Ich halte es für möglich, dass Computer eines Tages sogar ein Bewusstsein entwickeln könnten.
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Klaus-Peter auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 10.01.2004 Beiträge: 1534
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(#109173) Verfasst am: 28.03.2004, 21:39 Titel: |
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Wygotsky hat folgendes geschrieben: | Wir hätten uns dann ziemlich missverstanden. |
Das liegt daran,dass man zur Erklärung eines Problems verschiedene "Standpunkt" einnehmen kann (und muss) je nachdem. was man erklären möchte.
Nimmt man den "intentionalen" Standpunkt ein, dann kommt es nur auf das Rechnen an, auf das Ergebnis. Und dann sind Abakus und Taschenrechner äquivalent.
Wenn aber einer fragt "wie macht der das mit dem Abakus", dann ist anzunehmen, dass er sich für das "Design" des Rechenvorgangs interessiert. Er nimmt also den darunterliegenden Design-Standpunkt ein. Er wäre dann auch mir einem Computermodell des Abakus-Rechnens zufrieden, sofern dieses das Design des Abakus genügend detailgetreu abbilden würde.
Aber ein Abakus-Sammler wäre damit nicht zufrieden. Er würde den "physischen Standpunkt" einnehmen, und einen echten Abakus mit echten Kugeln in der Hand halten wollen.
Ähnlich wird man auch beim Schachcomputer unterscheiden. Auf der intentionalen Ebene ist ein Schachcomputer identisch zum Menschen: Er kann den Weltmeister schlagen. Auf der physischen Ebene sind nicht einmal zwei Menschen identisch. Ich behaupte, auf der Ebene des einzelnen Neurons oder einer Gruppe von Neuronen werden sich unterschiedliche Schachspieler beliebig unterscheiden. Alles was ich tun kann, ist, auf verschiedenen Design-Ebenen Parallelen zwischen verschiedenen Menschen und Computern herzustellen. Da werden dann Begriffe wie "Mustererkennung", "Vorausrechnen", etc. vorkommen. Aber natürlich wird die Mustererkennung des Computers anders implementiert sein als die des Menschen. (Sprich: auch für Mustererkennung gibt es intentionale und Design Standpunkte). Aber auf der Ebene des Design Standpunktes unterscheidet sich die Frage, was haben zwei Menschen gemeinsam, nicht wesentlich davon, was ein Mensch und ein Computer gemeinsam haben. Ich muss es modellieren und dann prüfen. Der Vorteil am Computer ist, dass ich in gewisser Weise reproduizierbar weiss, was er tut. Beim Menschen kann ich nur vermuten.
Gruss
KP
Zuletzt bearbeitet von Klaus-Peter am 28.03.2004, 21:43, insgesamt einmal bearbeitet |
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Wygotsky registrierter User
Anmeldungsdatum: 25.01.2004 Beiträge: 5014
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(#109175) Verfasst am: 28.03.2004, 21:43 Titel: |
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Interessante Terminologie. Wo kommt die her?
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Klaus-Peter auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 10.01.2004 Beiträge: 1534
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(#109177) Verfasst am: 28.03.2004, 21:45 Titel: |
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Wygotsky hat folgendes geschrieben: | Interessante Terminologie. Wo kommt die her? |
Daniel C. Dennett, "Darwins's Dangeroue Idea" und "Consciousness Explained".
Lies nochmal, ich habe editiert, weil ich zu früh abgeschickt hatte. Sorry.
Gruss
KP
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Wygotsky registrierter User
Anmeldungsdatum: 25.01.2004 Beiträge: 5014
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(#109182) Verfasst am: 28.03.2004, 21:58 Titel: |
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Ich merke, dass in den letzten Jahren meine sprachliche Ausdrucksfähigkeit gelitten hat. Das kommt vermutlich davon, dass ich den halben Tag mit Kleinkindern quatschen muss. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass meine Postings regelmäßig anders aufgefasst werden als beabsichtigt.
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#109194) Verfasst am: 28.03.2004, 22:56 Titel: |
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Hi Wygotsky,
Wygotsky hat folgendes geschrieben: | Ich merke, dass in den letzten Jahren meine sprachliche Ausdrucksfähigkeit gelitten hat. Das kommt vermutlich davon, dass ich den halben Tag mit Kleinkindern quatschen muss. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass meine Postings regelmäßig anders aufgefasst werden als beabsichtigt. |
ist Dir auch aufgefallen, dass Klaus-Peter das, worauf es mir (eigentlich dachte ich, uns) ankommt, gar nicht erwähnt hat?
Der Computer müsste weder das Rechnen, noch den Abakus, sondern wie ein _Mensch_ mit dem Abakus rechnet, simulieren. Dazu würde auch gehören, dass verschiedene Menschen verschieden geschickt mit diesem Gerät umgehen.
Grüßle
Thomas
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Wygotsky registrierter User
Anmeldungsdatum: 25.01.2004 Beiträge: 5014
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(#109199) Verfasst am: 28.03.2004, 23:13 Titel: |
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Ich wollte mit dem Beispiel zeigen, warum mir ein funktionsäquivalentes Modell nicht reicht. Das hat Klaus-Peter treffend erläutert, viel treffender als ich es könnte. Ich traue ihm schon zu, dass er die nächste Stufe - was geht im Kopf des Abakusbenutzers vor? - erkannt hat. Ist ja auch sonst ein cleverer Typ. Aber du hast natürlich recht, dass wir letztlich auf die Frage abzielen, was im Gehirn des Abakusnutzers vorgeht. Dann bräuchte man aber keine Computersimulation des Abakus sondern eine des Gehirns.
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Sokrateer souverän
Anmeldungsdatum: 05.09.2003 Beiträge: 11649
Wohnort: Wien
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(#109336) Verfasst am: 29.03.2004, 12:42 Titel: |
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Wygotsky hat folgendes geschrieben: | Ich habe mittlerweile begriffen, dass das ein wichtiges Thema für dich ist. Auch finde KI faszinierend. Aber Thomas und ich betrachten die Ergebnisse der KI mit unserer eigenen deformation professionelle. Thomas hat Biologie studiert und wir beide sind beruflich damit befasst, jungen Menschen etwas beizubringen. Und da erheben wir Einspruch, wenn behauptet wird, der Computer zeige uns, wie der Mensch denkt. Dass es enorm ist, dass DeepBlue einen Kasparow schlagen kann, soll jedenfalls von mir gar nicht bestritten werden. |
Eigentlich habe ich ursprünglich nur beiläufig erwähnt, dass man aus Modellen Rückschlüsse auf den Menschen bzw. Evolution ziehen kann. Als Teil der Einwände auf diese Behauptung kam dann auch ein Pauschalangriff auf die AI inklusive üblicher Vorurteile. Da musste ich die AI verteidigen. Die entstandene Diskussion hatte zuweilen nichts mehr mit dem ursprünglichen Thema zu tun.....
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: |
Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Ich habe nirgends behauptet, dass alles, was die AI tut, uns etwas über den Menschen sagt. |
Du nicht. Aber wenn ich frage, was kann ich über das Schachspiel des _Menschen_ (also eines Wesens aus Fleisch und Blut, mit Aggessionen, Wünschen und so weiter) lernen, wenn ich einen Computer baue, der Schach spielt und mir dann jemand sagt, weil der Computer auch Züge macht, die Menschen machen oder gegen Menschen gewinnt, weiß ich was über _menschliches_ Schachspiel, fällt mir dazu nur 'Kategorienfehler' ein. |
Das hat IMHO nichts mehr mit Schach zu tun. Da sind wir unterschieldicher Auffassung. Deine Auffassung wird in Zukunft immer mehr an Gewicht gewinnen, bzw. hat sich schon durchgesetzt.
Aber noch vor zehn Jahren war das anders. Damals machten sich Hobby-Spieler darüber lustig, dass handelsübliche Schachcomputer sich mit Bauernopfern austricksen ließen. Solche und ähnliche Tricks galten damals als Beweis der menschlichen Überlegenheit. Heute kann sich keiner mehr daran erinnern. Damals verstand man unter Schachspielen das Spiel an sich. Also wer, wie zieht und wer gewinnt.
Wahrscheinlich wird Intelligenz immer mehr zu einem diffusen, religiösen begriff werden, ganz ähnlich dem Konzept Geist, das einst "Atem" und "Leben" in sich vereinte.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: |
Wenn mir jemand sagt: welchen Unterschied macht es, ob ein 'Programm' (beispielsweise 'wie beweise ich einen mathematischen Satz') in silicio oder in vivo abläuft, sage ich, dass das Hose wie Jacke ist. Wenn mir aber jemand sagt, dass das auch gilt, wenn ich entscheiden soll, ob ich die hübsche Blonde heiraten sollte, die zwar etwas nympoman ist, oder lieber die Brünette, die zwar nicht so gut aussieht, aber irgendwie besser zu mir passt, würde ich protestieren. Hier kommen Bereiche ins Spiel, für die ein Computer nicht mehr 'kompetent' ist.
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Auch daran wird geforscht.
Wygotsky hat folgendes geschrieben: | Beim Schachprogramm bin ich allerdings skeptisch. Der Schachcomputer hat das Schachspielen ja auf ganz andere Weise gelernt als ich. Er wurde programmiert. Ich vermute, durch Schachprogramme kann man eher etwas über die Intelligenz seiner Entwickler lernen. |
Das nenne ich gerne den "Rückwärtigen Schulterklopfer". Du schreibst den ganzen Erfolg der Menschheit zu und klopfst dir damit selbst auf die Schulter.
Spannend wird es, wenn Computer einst argumentieren, dass Menschen nicht für ihre Leistungen zu bewundern seien, sondern die Evolution (oder der ID). Jedenfalls ist der Einfluss der Programmierer auf das Schachspiel des modernen Schachcomputers vergleichbar dem Einfluss der Evolution auf das Schachspiel des Schachmeisters.
Wenn das mit dem Programmieren so einfach wäre, dann könnten ja Kasparov&Co einen Computer so programmieren, dass er gleich spielt, wie sie. Das können sie aber nicht, da selbst der beste Schachmeister eigentlich nicht weiß, was er beim Schachspielen eigentlich genau tut.
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Klaus-Peter auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 10.01.2004 Beiträge: 1534
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(#109377) Verfasst am: 29.03.2004, 13:56 Titel: |
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Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Damals verstand man unter Schachspielen das Spiel an sich. Also wer, wie zieht und wer gewinnt. |
Ich denke das ist auch heute noch so. Jetzt fällt mir auch wieder ein, wie die Ganze Diskussion um die Frage, ob Computer "menschliches Schachspiel" imitieren, aufkam: Ich schrieb (in einem anderen Thread, den ich nicht mehr finde), dass der Computer wirkliches Schach spielt, kein simuliertes Schach. Selbst wenn ein Computer auf der Design-Ebene anders läuft, auf der obersten Eben ist das Schach dasselbe: Die wichtigste Erkenntnis ist die, dass menschliches Schachspiel nicht - wie man lange Zeit glaubte - das einzig wahre Schachspiel ist. Auch ich erinnere mich noch an Science Fiction Bücher, in den man testete, ob in einen Roboter ein Gehirn eingebaut war oder "nur" Elektronik, indem man ihn Schachspielen liess. Das war in den 60ern Common Sense.
Jetzt darauf abzuheben, dass Computer nicht schnackseln können und nicht essen, und deshalb keine menschlichen Schachspieler, scheint mir schon etwas weit hergeholt. Mit den schachspielenden Computern ist für mich das Thema menschliches Schachspiel als Rätsel entzaubert. Die nächste Stufe wird das Go-Spiel und das menschliche Bewusstsein sein. Ersteres ist hart (ich habs schon probiert, mein Programm spielte enttäuschende 30 Kyu, inzwischen läuft es gar nicht mehr, weil mein alter Atari kaputt ist). Letzteres ist wohl wesentlich härter.
Gruss
KP
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Babyface Altmeister
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 11519
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(#109386) Verfasst am: 29.03.2004, 14:24 Titel: |
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Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Ich denke das ist auch heute noch so. Jetzt fällt mir auch wieder ein, wie die Ganze Diskussion um die Frage, ob Computer "menschliches Schachspiel" imitieren, aufkam: Ich schrieb (in einem anderen Thread, den ich nicht mehr finde), dass der Computer wirkliches Schach spielt, kein simuliertes Schach. |
http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?p=88743#88743
_________________ posted by Babyface
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Klaus-Peter auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 10.01.2004 Beiträge: 1534
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(#109442) Verfasst am: 29.03.2004, 17:09 Titel: |
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Besten Dank, Babyface.
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#109452) Verfasst am: 29.03.2004, 18:17 Titel: |
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Hi Klaus-Peter,
Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Besten Dank, Babyface. |
lies vielleicht Deinen letzten Beitrag in dem Thread und meine Antwort darauf noch einmal.
Grüßle
Thomas
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Wygotsky registrierter User
Anmeldungsdatum: 25.01.2004 Beiträge: 5014
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(#109481) Verfasst am: 29.03.2004, 19:50 Titel: |
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Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Wygotsky hat folgendes geschrieben: | Beim Schachprogramm bin ich allerdings skeptisch. Der Schachcomputer hat das Schachspielen ja auf ganz andere Weise gelernt als ich. Er wurde programmiert. Ich vermute, durch Schachprogramme kann man eher etwas über die Intelligenz seiner Entwickler lernen. |
Das nenne ich gerne den "Rückwärtigen Schulterklopfer". Du schreibst den ganzen Erfolg der Menschheit zu und klopfst dir damit selbst auf die Schulter.  |
Das ändert nichts an der Tatsache, dass wir hier einen wesentlichen Unterschied zwischen menschlichem Schachspiel und dem Schachspiel eines Computers haben. Und dieser Unterschied ist einer der Gründe, warum ich das Schachprogramm als psychologisches Modell ungenügend finde. Ich halte es aber für denkbar, dass man Programme entwickeln kann, die menschliche Lernvorgänge auf niedrigeren Abstraktionsstufen simulieren. Auf einer sehr hohen Abstraktionsstufe gibt es so etwas ja schon seit langem. Solche Programme wären für mich als psychologische Modelle wieder interessanter. Wem welche Erfolge zuzuschreiben sind, ist für mich in diesem Thread total uninteressant.
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Sokrateer souverän
Anmeldungsdatum: 05.09.2003 Beiträge: 11649
Wohnort: Wien
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(#109494) Verfasst am: 29.03.2004, 20:30 Titel: |
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Wygotsky hat folgendes geschrieben: | Sokrateer hat folgendes geschrieben: | Wygotsky hat folgendes geschrieben: | Beim Schachprogramm bin ich allerdings skeptisch. Der Schachcomputer hat das Schachspielen ja auf ganz andere Weise gelernt als ich. Er wurde programmiert. Ich vermute, durch Schachprogramme kann man eher etwas über die Intelligenz seiner Entwickler lernen. |
Das nenne ich gerne den "Rückwärtigen Schulterklopfer". Du schreibst den ganzen Erfolg der Menschheit zu und klopfst dir damit selbst auf die Schulter.  |
Das ändert nichts an der Tatsache, dass wir hier einen wesentlichen Unterschied zwischen menschlichem Schachspiel und dem Schachspiel eines Computers haben. |
Welchen? Dass der Computer programmiert wurde? Damit musst du dann folglich jedes Computermodell ablehnen. Denn an irgendeinem Punkt musste jedes Modell erstellt werden.
Die Frage ist doch, was programmiert wurde und was das Modell selbst erworben hat. Das Schachspielen (Wie ziehe ich in welcher Situation) haben sich Deep Fritz&Co selbst beigebracht. Anders ist es auch nicht möglich, denn kein Mensch auf der Welt weiß, wie gutes Schachspiel im Detail funktioniert. Das wäre eine Frage, die sich die Spieletheorie stellen müsste.
Wygotsky hat folgendes geschrieben: |
Und dieser Unterschied ist einer der Gründe, warum ich das Schachprogramm als psychologisches Modell ungenügend finde. |
Die Psychologie steckt ein weites Feld ab und berührt die Kognition, um die es beim Schach geht, eher am Rande. Insofern gebe ich dir recht, dass Schachcomputer kein gutes psychologisches Modell sind.
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