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Tarvoc Holy shit, 4 decades already.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44755
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(#1901569) Verfasst am: 09.02.2014, 08:28 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Von Meinungsäußerung handelt der Artikel im SPIEGEL nicht. |
Na aber sicher! Du bezogst dich doch auf die Reaktion bzw. Antwort der Kirche auf das Gutachten. War das keine Meinungsäußerung? Was denn sonst?
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Auch für Meinungsäußerungen, wenn du die schon unbedingt mit rein bringen möchtest, ist immer die Frage entscheidend, ob das Interesse einer Institution vertreten wird oder ein menschliches Interesse. |
Diese Gegenüberstellung der Interessen von Institutionen mit denen von Menschen ergibt zwar schon eher Sinn, müsste aber noch expliziert werden.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Na, ich habe doch nachgeschoben, dass es einen Unterschied ausmacht, ob ein Christ aus *religiösen Gründen* gegen Abtreibung ist oder ob ein Christ aus rationalen Gründen gegen Atomkraft ist. Im letzteren Fall ist das Motiv seines Handelns entscheidend, im ersteren auch. Der Unterschied ist aber klar, oder? |
Ja, der Unterschied zwischen einem rationalen und einem nichtrationalen Grund ist mir klar. Das war aber hier gar nicht der Punkt.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Wenn sich eine Situation ergibt, in der das Interesse am Modellflieger-Basteln zu einer politischen Frage wird, dann werden die Modellflieger-Bastler natürlich mit ihrem Hobby Politik betreiben. Dass das bis jetzt nicht vorgekommen ist, ist eine rein empirische Feststellung. Du kannst nicht a priori festlegen, was alles politisch sein kann und was nicht. In der Praxis lässt sich eine solche Festlegung ohnehin nur mit Gewaltmitteln durchsetzen. |
Ich wollte nur eine Analogie zur Religion finden. Auch der Modellflieger-Bastler hat Bastel-Algorithmen, die er peinlich genau befolgt so wie ein Christ seine Bibel-Anweisungen. Beides ist Privatsache und nichts, was mit der Gestaltung der Welt zu tun hat. |
Warum wiederholst du nur das, was du schon gesagt hast, anstatt inhaltlich auf mein Argument einzugehen? Ich wiederhole es extra für dich nochmal: Wenn das Interesse am Modellflieger-Basteln zu einer politischen Frage wird, dann werden die Modellflieger-Bastler damit auch Politik betreiben. Du kannst nicht a priori festlegen, was alles politisch sein kann und was nicht. Auf welche Weise der Modellflieger-Bastler seine Modelle baut, ist für diese Frage übrigens gar nicht interessant. Abgesehen davon läufst du mit diesem Kriterium auch noch Gefahr, die gesamte Arbeitswelt aus dem Politischen herauszunehmen und zur reinen Privatsache zu erklären, weil bei Lohnarbeiten auch immer wieder Arbeitsabläufe mechanisch verrichtet werden.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Ich halte die Menschenrechte dagegen für ein geeignetes Kriterium und finde es gut, dass es die Tendenz gibt, sie weiter zu entwickeln und zu spezifizieren, etwa für den Bereich Kinderrechte. |
Ich finde es auch gut, dass die Menschenrechte weiter entwickelt werden. Das war aber gar nicht der Punkt meiner Aussage. Meine Aussage war: Die Menschenrechte taugen nicht als Kriterium für Rationalität schlechthin, u.A. weil eine solche Argumentation zirkulär ist. Um überhaupt auf Menschenrechte zu kommen, musst du Rationalität bereits voraussetzen.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Ein Ärgernis sind Menschenrechte für die Religion, für das Kapital, für esoterische und faschistische Strömungen, die sie am liebsten ungeschehen machen würden. |
Eine Aufzählung, für wen die Menschenrechte ein Ärgernis sind, taugt wohl kaum als Begründung dafür, warum sie das Kriterium für Rationalität schlechthin sein sollen.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Nun ist dieses hübscheste Kind der bürgerlichen Gesellschaft aber nun mal geboren und es wäre sicherlich verkehrt, seiner Weiterentwicklung Steine in den Weg zu legen. |
Ich hab' auch überhaupt nicht dafür argumentiert, ihm Steine in den Weg zu legen.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Sicherlich ist sein Potenzial auch begrenzt; sicherlich werden seine Grenzen durch die bürgerliche Gesellschaft selbst gesetzt, was eben die von dir angesprochene Widersprüchlichkeit seiner Existenz ausmacht. |
Es gibt in den Menschenrechten auch Binnenwidersprüche, in denen sich natürlich die gesellschaftlichen Widersprüche verdichten. Wir müssen das nicht unbedingt vertiefen. Es geht mir auch nicht darum, hier Menschenrechtskritik zu betreiben. Mein Punkt war der, dass die Menschenrechte nicht als Kriterium für Rationalität schlechthin dienen können - u.A. auch gerade weil ihr Potential begrenzt ist. Zum Beispiel könnte auch eine revolutionäre Situation Dynamiken entwickeln, die nicht mehr mit der Binnenlogik der Menschenrechte einzufangen sind (gerade weil diese selbst Widersprüche beinhaltet), und in dem Fall müsstest du die Frage beantworten, ob und in welchem Maße für dich eine solche Situation noch Rationalität beanspruchen kann und auf welche Seite du dich dann stellen würdest.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Aber ich kenne wenig bessere Kriterien für eine rationale und menschliche Gesellschaft. |
Es ging nicht um Kriterien für eine menschliche Gesellschaft, sondern um Kriterien für Rationalität, d.h. für die Rationalität von Argumentations- und Begründungsstrategien.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Dass die bürgerlichen Klassen von den universellen Menschenrechten möglichst nichts mehr wissen wollen, zeigt, dass sie sie nicht umsetzen können, selbst wenn sie wollten. |
Ja. Aber das muss sie ja eben überhaupt nicht interessieren.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Die Menschenrechte - darüber bin ich mir völlig klar - sind ein Provisorium. In einer bewussten Gesellschaft ist es leider zunächst notwendig, die ollen Kamellen zu übernehmen, auseinander zu bauen und völlig neu zusammen zu setzen. |
Ja. Und das zeigt ja schon, dass sie nicht in der Weise als Kriterium für Rationalität dienen können, wie du das wolltest.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Das heisst: Die Menschenrechte neu zu begründen beinhaltet auch ihre produktive Zerstörung, zunächst einmal. Aber aus ihren Splittern gewinnt man die Materialien für eine Version 2.0, 3.0, etc. |
Die Frage ist, ob man in einer Gesellschaft, in der die Arbeitsteilung aufgehoben ist, noch Menschenrechte braucht, aber ja, okay. Das war ja auch
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Da es hier um Weltanschauungsfragen geht, impliziert eine solche Forderung auch die Existenz einer öffentlichen Staatsdoktrin, die nicht mehr demokratisch verhandelbar sein kann. Und gerade eine solche beinhaltet konstitutiv die Gefahr, zur Ersatzreligion zu werden. Es ist eben so, dass die Frage, wann eine Begründungsstrategie religiös ist, selbst eine politische Frage ist. Um darauf a priori antworten zu können, bedarf es einer Staatsdoktrin, und sei es nur in Form eines Gesetzestextes. |
Das ist ein völliges Falschverstehen. |
Ist das jetzt dein "rationales Begründen", dass du kritische Einwände mit einem bloßen "falsch verstanden" wegwischst, ohne dich auch nur im Ansatz zu erklären? Du forderst von religiösen Diskursen, was du für deinen eigenen Diskurs nicht praktizierst. Man könnte fast boshaft fragen, ob sich darin eine Schwäche deines eigenen Begriffes und Verständnisses von Rationalität offenbart. |
Wenn du mit Religion in einen Dialog treten willst, dann tue es. Religion selbst ist jenseits jeder Diskussion, da es sich stets um eine System überweltlich "begründeter" Dogmen handelt. |
Ich lass' nochmal sämtliche Quotes stehen, damit deutlich wird, dass du derjenige bist, der das, was ich geschrieben habe, falsch versteht, und an meinem Argument völlig vorbeiargumentiert. Mein Argument war: Die Frage, wann eine Begründungsstrategie für politische Forderungen religiös ist, ist (jedenfalls unter der Voraussetzung, dass du religiöse Begründungsstrategien a priori ausschließen willst) selbst eine politische Frage, und um darauf a priori antworten zu können, bedarf es einer Staatsdoktrin, und sei es nur in Form eines Gesetzestextes. Dass du nicht mit religiösen Positionen in Dialog treten willst, ist ja gut und schön, hat aber erstens mit diesem Argument nichts zu tun und ist zweitens ohnehin deine Privatangelegenheit. |
Sorry, aber ist wieder umgekehrt. Nicht ich verweigere die Diskussion mit der Religion, sondern diese selbst verweigert jede Diskussion, siehe Meisner & co. Deshalb kann man mit der Religion nicht in Dialog treten. Das ist in ihrem Wesen der Begründungslosigkeit begründet. |
Ist ja schön und gut, aber wieder weichst du meinem Punkt aus. Soll ich ihn vielleicht nochmal wiederholen?
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Na jedenfalls gibt es da Abstufungen. Öffentlich sind jedenfalls die offiziellen Verlautbarungen der Kirche, weil der hiesige Staat die Kirche als relevante Institution behandelt. |
Ja. Aber dass es Abstufungen gibt, unterläuft ja schon deine Forderung des völligen Ausschlusses religiöser Argumente aus dem öffentlichen Raum, weil diese Forderung eine klare und eindeutige Trennung beider Bereiche voraussetzt. Darin, dass die Einflussnahme der Kirche auf den Staat so, wie sie derzeit geschieht, nicht in Ordnung ist, stimme ich mit dir überein. Auf eine völlige Verbannung aller religiöser Inhalte aus dem öffentlichen und politischen Raum zu bestehen kann aber in diesem Kontext allenfalls rhetorisch-strategische und nicht kritische Bedeutung haben Gerade weil diese Forderung so leicht als unpraktisch und sogar inkonsistent entlarvt werden kann. |
Wie sehen "religiöse Argumente" aus? |
Das ist ja gerade meine Frage. Die Forderung stammt immerhin von dir. (Das Wort "Argument" kannst du hier auch durch "Begründungs- oder Artikulationsstrategie" ersetzen. Rationalität ist damit noch nicht unterstellt.)
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustand, in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1901605) Verfasst am: 09.02.2014, 13:09 Titel: |
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unquest hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Das heisst: Die Menschenrechte neu zu begründen beinhaltet auch ihre produktive Zerstörung, zunächst einmal. Aber aus ihren Splittern gewinnt man die Materialien für eine Version 2.0, 3.0, etc. |
Diese Argumentationsfigur ist übrigens nur einer der Gründe, warum ich mich vom sozialistischen Gedanken verabschiedet habe. Denn genau so hat sich RAF legitimieren wollen und genau so kannst du auch jede Gewalt mir gegenüber auf deinem steinigen Weg zu deinem vollkommenen Glück gutheißen, die du allen anderen selbstverständlich als notwendig für das "höhere Ziel" verkaufen wirst. |
Ach, und deshalb bist du nicht bei der RAF gelandet, oder wie?
Schade eigentlich. Da ist der RAF ein Talent verloren gegangen.
_________________ °
K.I.Z - Frieden
Das ist Postmoderne Ideologie! Psychologe und Philosoph analysieren RASSISMUS-Video
Informationsstelle Militarisierung e.V.
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1901617) Verfasst am: 09.02.2014, 14:19 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Von Meinungsäußerung handelt der Artikel im SPIEGEL nicht. |
Na aber sicher! Du bezogst dich doch auf die Reaktion bzw. Antwort der Kirche auf das Gutachten. War das keine Meinungsäußerung? Was denn sonst? |
Die Pöbelei, dass sich die UNO nicht einmischen solle? Aber Tarvoc!
Im SPIEGEL-Artikel geht es nicht darum, dass die Kirche eine Meinung zur Kindererziehung hat, sondern dass sie Kindern gegenüber praktisch Gewalt und Unterdrückung ausübt.
Mein Fazit war, dass nicht die UNO sich einmischt in Dinge, die sie nichts angehen, sondern dass Kirche und Religion sich nicht in das Thema Kindererziehung einzumischen haben, weder praktisch noch theoretisch.
Oder würdest du es akzeptieren, wenn ein Kirchenfritze sich mit religiösen "Weisheiten" in deinen Modellbau einmischen würde? Eben!
Um Meinungsäußerungen geht es nicht im Kern, sondern nur am Rande im Zusammenhang mit dem Zurückkläffen von Meisner & co. auf eine berechtigte Kritik der UNO-Kinderrechtskommission hin, welche übrgiens strunzfrech auf den Menschenrechten für Kinder besteht. Was sagst du nun?
Die Marx'sche Kritik an den bürgerlichen Menschenrechten ist völlig ok, sie ist richtig und berechtigt. Dennoch haben die Menschen in solch simplen praktischen Kontexten einen Wert. Das ist überhaupt kein Widerspruch.
Auch ein Auto ist - so wie es heute gebaut ist - kritikwürdig. Dennoch hat es auch in dieser Form wertvolle Eigenschaften in bestimmten Zusammenhängen. Man muss alle Seiten einer Sache betrachten und den jeweiligen Kontext dazu.
Lohnkämpfe sind bürgerlich beschränkte Kämpfe. Sie haben aber einen unschätzbaren Wert. Die grundsätzliche Kritik einer Sache muss nicht bedeuten, dass sie in bestimmten Situationen nicht richtig sein kann.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Auch für Meinungsäußerungen, wenn du die schon unbedingt mit rein bringen möchtest, ist immer die Frage entscheidend, ob das Interesse einer Institution vertreten wird oder ein menschliches Interesse. |
Diese Gegenüberstellung der Interessen von Institutionen mit denen von Menschen ergibt zwar schon eher Sinn, müsste aber noch expliziert werden. |
Sicher. Das kann man ja noch mal aufgreifen.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Na, ich habe doch nachgeschoben, dass es einen Unterschied ausmacht, ob ein Christ aus *religiösen Gründen* gegen Abtreibung ist oder ob ein Christ aus rationalen Gründen gegen Atomkraft ist. Im letzteren Fall ist das Motiv seines Handelns entscheidend, im ersteren auch. Der Unterschied ist aber klar, oder? |
Ja, der Unterschied zwischen einem rationalen und einem nichtrationalen Grund ist mir klar. Das war aber hier gar nicht der Punkt. |
Aber damit ist der Vorwurf vom Tisch, ich wolle Christen als Menschen von Politik ausschließen. Deswegen die Unterscheidung, worum es geht. Es geht darum, die Religion von der Gestaltung des Lebens fern zu halten und darauf zu insistieren, dass das nicht ihre Gebiet ist. Ihr Gebiet ist das Jenseits. (Was auch immer das sein mag.) Aber gut ...
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Ich wiederhole es extra für dich nochmal: Wenn das Interesse am Modellflieger-Basteln zu einer politischen Frage wird, dann werden die Modellflieger-Bastler damit auch Politik betreiben. Du kannst nicht a priori festlegen, was alles politisch sein kann und was nicht. Auf welche Weise der Modellflieger-Bastler seine Modelle baut, ist für diese Frage übrigens gar nicht interessant. Abgesehen davon läufst du mit diesem Kriterium auch noch Gefahr, die gesamte Arbeitswelt aus dem Politischen herauszunehmen und zur reinen Privatsache zu erklären, weil bei Lohnarbeiten auch immer wieder Arbeitsabläufe mechanisch verrichtet werden. |
Zunächst einmal trete ich der Ansicht gegenüber, dass das Private auch immer politisch sei, so wie es bei einigen kleinbürgerlichen Parzellen-Revoluzzern im Umlauf ist. Nein, das Private ist zunächst einmalnur das Private und trotz aller Einbildung, wie sehr man durch privates Agieren die Gesellschaft verändert, beibt es ein Wahn.
Die Richtung der Beeinflussung läuft in der Regel ohnehin umgekehrt; d.h. das Gesamtgesellschaftliche wirkt in das Private hinein und setzt dessen Rahmen. So ist das Private letzten Endes der zugestandene Freiraum der privaten Entfaltung, welcher aber auch immer neu zur Disposition steht.
Lohnarbeit ist was ganz anderes und zwar ganz egal, ob darin gerwerkelt wird oder nur organisiert und mit dem PC sinnlose Daten verarbeitet werden. Lohnarbeit in gesellschaftliche Tätigkeit, die überhaupt nicht vom Interesse des Lohnarbeitenden abhängen muss, anders als ein privates Hobby dies in der Regel tut.
Jedenfalls setzt die Ökonomie selbst die Scheidung zwischen gesellschaftliche und privat. Da ist niemand, der das tut, kein Subjekt. Und ich plädiere auch nicht dafür, dass ein Subjekt eine neue Trennlinie zwischen gesellschaftliche und privat setzt. Dies ist durch die Ökonomie ohnehin gegeben.
Sondern ich sagen nur, dass es für die Gestaltung von Gesellschaft ein Kriterium von Rationalität geben muss. Der Laizismus trägt in sich implizit genau diese Forderung. Er ist eine bürgerliche Forderung nach Rationalität; aber als eine solche Forderung ziemlich erstaunlich und entschieden fortschrittlich.
Und obwohl Rationalität im engen Rahmen bürgerlichen Produktionsweise immer nur sehr partiell und begrenzt sein kann, so ist doch der Kontrapunkt zum Irrationalen - etwa in der Religion - eine grundlegende Sache, für die auch Sozialisten eintreten sollten - zusammen mit progressiven bürgerlichen Kräften, in diesem Fall Religionskritikern.
Religionskritik, von Marx als Voraussetzung aller Kritik bezeichnet, ist eigentlich nur ein Spezialfall von Irrationalismuskritik. Dies hat Marx so explizit aber nicht ausformuliert. Aber es steckt drin.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Ich halte die Menschenrechte dagegen für ein geeignetes Kriterium und finde es gut, dass es die Tendenz gibt, sie weiter zu entwickeln und zu spezifizieren, etwa für den Bereich Kinderrechte. |
Ich finde es auch gut, dass die Menschenrechte weiter entwickelt werden. Das war aber gar nicht der Punkt meiner Aussage. Meine Aussage war: Die Menschenrechte taugen nicht als Kriterium für Rationalität schlechthin, u.A. weil eine solche Argumentation zirkulär ist. Um überhaupt auf Menschenrechte zu kommen, musst du Rationalität bereits voraussetzen. |
Du musst auch Rationalität voraus setzen, um ein mathematisches Gesetz zu erkennen. Aber dennoch kann dessen Wirkung seinerseits rational sein. Im übrigen lassen sich noch andere Kriterien denken, wie etwa bedürfnisorientierte Forschungen und Paradigmen im Bereich der modernen Psychologie und Soziologie.
Entscheidend ist, dass da niemand stehen muss, der willkürlich über Rationalität oder Irrationalität entscheiden muss. Das wäre ja auch ein Rückfall hinter die Wissenschaft, ein Rückfall hinter den zivilisatorischen Standard der Menschenrechte.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Ein Ärgernis sind Menschenrechte für die Religion, für das Kapital, für esoterische und faschistische Strömungen, die sie am liebsten ungeschehen machen würden. |
Eine Aufzählung, für wen die Menschenrechte ein Ärgernis sind, taugt wohl kaum als Begründung dafür, warum sie das Kriterium für Rationalität schlechthin sein sollen. |
Oh doch. Guck dir mal an, was ich da aufzähle! Und überleg dir mal, warum diese Kandidaten gegen Menschenrechte die Krätze haben.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Mein Punkt war der, dass die Menschenrechte nicht als Kriterium für Rationalität schlechthin dienen können - u.A. auch gerade weil ihr Potential begrenzt ist. Zum Beispiel könnte auch eine revolutionäre Situation Dynamiken entwickeln, die nicht mehr mit der Binnenlogik der Menschenrechte einzufangen sind (gerade weil diese selbst Widersprüche beinhaltet), und in dem Fall müsstest du die Frage beantworten, ob und in welchem Maße für dich eine solche Situation noch Rationalität beanspruchen kann und auf welche Seite du dich dann stellen würdest. |
Völlig richtig. Die bürgerliche Klasse hält sich sowieso nicht an ihre eigenen Menschenrechte. Sie prügelt und schießt Demonstrationen nieder, sie drückt die Löhne der Lohnabhängigen gerne mal unter jedes Niveau, sie baut Sozialsysteme ab wie sie lustig ist, sie führt schmutzige Kriege in aller Welt, sie überwacht jeden Schritt, jedes Wort, sie kürzt und kürzt und kürzt und rüstet auf, sie beutet Mensch und Umwelt aus scheißegal und vor allem - sie hat überhaupt kein Konzept für die Zukunft der Menschheit. Wenn ein politischer Massenwiderstand in Europa oder Nordamerika dagegen aufsteht und sich selber durch eine Moral bindet, die der bürgerlichen Klasse schnurzpiepegal ist, dann ist das so, als wenn Sklaven während es Sklavenaufstandes erst eine Zugfahrkarte löse, um den Bahnsteig zu betreten.
Insofern sehe ich das paradigma der Menschenrecht so, wie es auch formuliert ist: nämlich als Anspruch an den bürgerlichen Staat und nicht umgekehrt. Andererseits muss eben dieser Anspruch erkämpft und im gemeinsam Kampf durchgesetzt werden. Es wäre illusionär, dies etwa durch bürgerliche Gerichte allein einzuklagen.
Und natürlich ändern sich in solchen Klassenkämpfen auch die Forderungen selber, lösen sich ab von starren Schemata, so dass es auch immer Rückwirkungen gibt auf die Menschenrechte selbst, welche ja auch immer einer Modifizierung unterworfen waren und sich mal zurück- und mal weiter entwickelt haben.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Aber ich kenne wenig bessere Kriterien für eine rationale und menschliche Gesellschaft. |
Es ging nicht um Kriterien für eine menschliche Gesellschaft, sondern um Kriterien für Rationalität, d.h. für die Rationalität von Argumentations- und Begründungsstrategien. |
Rational und menschliche Gesellschaft gehören zusammen. Das nur nebenbei. Wie kann eine Gesellschaft rational sein, die nicht menschlich ist? Das ist ausgeschlossen.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Die Menschenrechte - darüber bin ich mir völlig klar - sind ein Provisorium. In einer bewussten Gesellschaft ist es leider zunächst notwendig, die ollen Kamellen zu übernehmen, auseinander zu bauen und völlig neu zusammen zu setzen. |
Ja. Und das zeigt ja schon, dass sie nicht in der Weise als Kriterium für Rationalität dienen können, wie du das wolltest. |
Sicherlich nicht so, wie es wünschenswert wäre. Zum Teil aber schon. Ich freue mich sehr über den Vorstoß der UNO.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Das heisst: Die Menschenrechte neu zu begründen beinhaltet auch ihre produktive Zerstörung, zunächst einmal. Aber aus ihren Splittern gewinnt man die Materialien für eine Version 2.0, 3.0, etc. |
Die Frage ist, ob man in einer Gesellschaft, in der die Arbeitsteilung aufgehoben ist, noch Menschenrechte braucht, aber ja, okay. |
Stimmt. Das ist eine Frage. Ich würde eher sagen: ja. Aber dann nur als Ausdruck und Ableitung der realen Verhältnisse, sonst stehen sie wieder nur auf dem Papier.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Mein Argument war: Die Frage, wann eine Begründungsstrategie für politische Forderungen religiös ist, ist ... |
Wenn sie nicht weltlich ist. Das heisst: Wenn sie entweder wissenschaftliche Erkenntnisse, oder Logik oder Tatsachen ignoriert oder Argumente nicht nachprüfbar sind oder alles zusammen und wenn sie gleichzeitig auf *Standpunkte* oder *höhere Einsichten* verweist.
Homöopathie ist *nur* unwissenschaftlich, Abtreibungsgegner sind zusätzlich religiös "argumentierend".
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Wie sehen "religiöse Argumente" aus? |
Das ist ja gerade meine Frage. Die Forderung stammt immerhin von dir. (Das Wort "Argument" kannst du hier auch durch "Begründungs- oder Artikulationsstrategie" ersetzen. Rationalität ist damit noch nicht unterstellt.) |
Die Religion ist prinzipiell ein Gegner des Argumentierens und Diskutierens. Dies hat Meisner mit seinem Satz "Die Kritik der UNO-Kinderrechtskommision ist eine Einmischung." noch mal deutlich gemacht. In der Religion wird geglaubt, nicht argumentiert. Anders formuliert: Eine Annahme/These wird nicht dem Fegefeuer der inhaltlichen Diskussion ausgesetzt. Die wissen schon warum ...-
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K.I.Z - Frieden
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Tarvoc Holy shit, 4 decades already.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44755
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(#1901621) Verfasst am: 09.02.2014, 14:46 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Um Meinungsäußerungen geht es nicht im Kern [...] |
Um Meinungsäußerung geht es mir sehr wohl im Kern (bzw. hier sogar weitestgehend ausschließlich), und das ist auch dadurch völlig gerechtfertigt, dass du sagtest, Religionen dürften sich zu bestimmten Dingen gar nicht äußern.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Zunächst einmal trete ich der Ansicht gegenüber, dass das Private auch immer politisch sei [...] |
Ist mir egal, das ist nicht meine Ansicht und auch nicht das, was ich geschrieben habe. Setz' dich doch bitte mit meinen Argumenten auseinander und nicht mit denen von irgendwem.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Jedenfalls setzt die Ökonomie selbst die Scheidung zwischen gesellschaftlich und privat. Da ist niemand, der das tut, kein Subjekt. |
Und wieder: Ich habe nicht behauptet, dass irgendein Subjekt das täte. Du argumentierst auch weiterhin gegen irgendwelche Positionen, aber nicht gegen meine.
Übrigens war ich es ja gerade, der in diesem Thread zuerst darauf hingewiesen hat, dass die Trennung zwischen öffentlichem und privatem Raum ganz bestimmte ökonomische Verhältnisse voraussetzt.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Sondern ich sagen nur, dass es für die Gestaltung von Gesellschaft ein Kriterium von Rationalität geben muss. |
Ja. Aber was wäre denn dieses Kriterium? Findest du eins, das im argumentativen Widerstreit allgemein Bestand hat? Das ist hier ja gerade die Bonusfrage.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Und obwohl Rationalität im engen Rahmen bürgerlichen Produktionsweise immer nur sehr partiell und begrenzt sein kann, so ist doch der Kontrapunkt zum Irrationalen - etwa in der Religion - eine grundlegende Sache, für die auch Sozialisten eintreten sollten - zusammen mit progressiven bürgerlichen Kräften, in diesem Fall Religionskritikern. |
Heutzutage sind "Religionskritiker" aber schon längst nicht mehr als solche bereits progressiv. Auch das ist ein Punkt, mit dem du dich auseinandersetzen musst: Es gibt heute eine Form von Faschismus, die sich selbst als atheistische Religionskritik artikuliert. Die Fronten sind hier keineswegs so eindeutig, wie du das gerne hättest. (Umgekehrt gibt es auch Beispiele für Formen von Religiosität mit klar progressiver und emanzipatorischer Ausrichtung: Befreiungstheologie, Walter Benjamin, etc.)
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Du musst auch Rationalität voraus setzen, um ein mathematisches Gesetz zu erkennen. Aber dennoch kann dessen Wirkung seinerseits rational sein. |
Dass du permanent Wirkungen und Kriterien durcheinanderbringen musst!
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Ein Ärgernis sind Menschenrechte für die Religion, für das Kapital, für esoterische und faschistische Strömungen, die sie am liebsten ungeschehen machen würden. |
Eine Aufzählung, für wen die Menschenrechte ein Ärgernis sind, taugt wohl kaum als Begründung dafür, warum sie das Kriterium für Rationalität schlechthin sein sollen. |
Oh doch. Guck dir mal an, was ich da aufzähle! Und überleg dir mal, warum diese Kandidaten gegen Menschenrechte die Krätze haben. |
Du begehst einen Zirkelschluss. Die empirische Feststellung, dass Irrationalisten die Menschenrechte ablehnen, führst du als Beweis dafür an, dass die Menschenrechte als Kriterium für Rationalität taugen, aber um überhaupt zu dieser Feststellung zu kommen, brauchst du, wenn du keine reine Tautologie produzieren willst, bereits ein anderes Kriterium für Rationalität.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Aber ich kenne wenig bessere Kriterien für eine rationale und menschliche Gesellschaft. |
Es ging nicht um Kriterien für eine menschliche Gesellschaft, sondern um Kriterien für Rationalität, d.h. für die Rationalität von Argumentations- und Begründungsstrategien. |
Rational und menschliche Gesellschaft gehören zusammen. |
Ja ja, alles gehört irgendwie zusammen. Aber wenn jemand nicht in der Lage ist, unterschiedliche Fragestellungen voneinander zu differenzieren, nur weil sie irgendwo irgendwie an irgendeinem Punkt auch zusammengehören, dann ist die betreffende Person zu einer rationalen Diskussion unfähig. Damit will ich natürlich nicht andeuten, dass das bei dir der Fall ist. Dennoch müsstest du erläutern, was für einen Zusammenhang es hier gibt und wie dieser für meine Darlegungen relevant ist - statt einfach nur zu sagen, ja, das gehört halt irgendwie zusammen, und unter völliger Ausklammerung dessen, worum es mir bei meinen Aussagen eigentlich ging.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Ich freue mich sehr über den Vorstoß der UNO. |
Ich mich auch. Aber das ist gar nicht mein Punkt hier. Ich verteidige hier ja nicht die katholische Kirche, sondern ich versuche, die impliziten Voraussetzungen deiner Kritik aufzuschlüsseln. Metakritik, wenn du so willst.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Stimmt. Das ist eine Frage. Ich würde eher sagen: ja. Aber dann nur als Ausdruck und Ableitung der realen Verhältnisse, sonst stehen sie wieder nur auf dem Papier. |
Das erinnert mich etwas an Giorgio Agambens Figur eines Rechts, das nicht mehr angewendet, sondern nur noch studiert wird...
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustand, in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1901645) Verfasst am: 09.02.2014, 16:14 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Um Meinungsäußerungen geht es nicht im Kern [...] |
Um Meinungsäußerung geht es mir sehr wohl im Kern (bzw. hier sogar weitestgehend ausschließlich), und das ist auch dadurch völlig gerechtfertigt, dass du sagtest, Religionen dürften sich zu bestimmten Dingen gar nicht äußern. |
Aber ich bezog mich eigentlich in der Hauptsache auf den SPIEGEL-Artikel, wo die Meinungen der RKK zur Kindererziehung selber weniger Thema waren.
Aber wenn du mich schon wiederholt fragst: Ich bin auch dagegen, dass sich Religion als öffentlich zu weltlichen Problemen äußert. Das Feld der Religion ist das Jenseits. Alles andere würde den Begriff der Einmischung wirklich rechtfertigen.
Es ist etwas anderes, wenn z.B. ein Pastor gegen eine reaktionäre Politik Stellung nimmt und dafür die seine kirchliche Autorität als Schutz gegen Repression benutzt. Das ist eher ein taktisches Vorgehen, während die Motivation seiner Äußerungen nicht religiöser Natur sind. Das haben wir z.B. bei der Befreiungstheologie, die im Grunde in ihren humanen Anteilen aufgehört hat, Theologie zu sein. Ketzerei, wenn du willst.
Ähnliches sehen wir, wenn Mitglieder der bürgerlichen Klasse sich während Krisen von ihrer eigenen Klasse distanzieren und sich auf die Seite des Widerstandes stellen.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Jedenfalls setzt die Ökonomie selbst die Scheidung zwischen gesellschaftlich und privat. Da ist niemand, der das tut, kein Subjekt. |
Und wieder: Ich habe nicht behauptet, dass irgendein Subjekt das täte. Du argumentierst auch weiterhin gegen irgendwelche Positionen, aber nicht gegen meine.
Übrigens war ich es ja gerade, der in diesem Thread zuerst darauf hingewiesen hat, dass die Trennung zwischen öffentlichem und privatem Raum ganz bestimmte ökonomische Verhältnisse voraussetzt. |
Du hast behauptet, dass die Trennung dieser beiden Sphären eine politische Frage sei. Ich sage, es ist keine politische Frage, sondern nur eine ökonomische, die das politische im Schlepptau zieht.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Sondern ich sagen nur, dass es für die Gestaltung von Gesellschaft ein Kriterium von Rationalität geben muss. |
Ja. Aber was wäre denn dieses Kriterium? Findest du eins, das im argumentativen Widerstreit allgemein Bestand hat? Das ist hier ja gerade die Bonusfrage. |
Das Kriterium einer gesamtgesellschaftlichen Rationalität muss im Gegensatz zur immanenten Rationalität die Integration dieser zu einer Gesamtrationalität bedeuten. Rational ist einer Organisation dann, wenn sie hinreichend ist für die Erreichung menschlicher Zwecke durch die daran beteiligten Menschen selber als zwecksetzende Subjekte.
Irrational sind allein schon Zwecke, die jenseits menschlicher Zwecke liegen.
Wenn da nun ein Pfaffe daher kommt und meint, menschliche Rechte interessieren ihn nicht, weil er habe seinen Standpunkt, dann verkommt Rationalität im besten Falle zu einer Selbstreferenz. Rationalität muss Mittel für menschliche Zwecke sein.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Und obwohl Rationalität im engen Rahmen bürgerlichen Produktionsweise immer nur sehr partiell und begrenzt sein kann, so ist doch der Kontrapunkt zum Irrationalen - etwa in der Religion - eine grundlegende Sache, für die auch Sozialisten eintreten sollten - zusammen mit progressiven bürgerlichen Kräften, in diesem Fall Religionskritikern. |
Heutzutage sind "Religionskritiker" aber schon längst nicht mehr als solche bereits progressiv. Auch das ist ein Punkt, mit dem du dich auseinandersetzen musst: Es gibt heute eine Form von Faschismus, die sich selbst als atheistische Religionskritik artikuliert. |
Deswegen schrieb ich ja, dass auch Marx eigentlich Irrationalismuskritik meinte als erweiterte Religionskritik. Wenn man seine Auseinandersetzung mit Max Stirner liest, dann wird das auch klar.
Die bürgerlich beschränkte Religionskritik dagegen, die sich meist auf Erkenntnistheorie und die Ablehnung religiöser Vorschriften beschränkt, ist selbstverständlich noch lange nicht progressiv, das sehe ich auch so.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Du musst auch Rationalität voraus setzen, um ein mathematisches Gesetz zu erkennen. Aber dennoch kann dessen Wirkung seinerseits rational sein. |
Dass du permanent Wirkungen und Kriterien durcheinanderbringen musst! |
Na schön. Dann eben anders. Rationalität in der Wissenschaft hängt an den Wahrheitskriterien von Begründungen. Rationalität in der Politik hängt an den menschlichen Bedürfnisse als Kriterien für die Herstellung bestimmter Verhältnisse.
Die Begründungen wissenschaftlicher Sätze und die Begründungen politischer Entscheidungen haben somit unterschiedliche Kriterien. Der Zusammenhang mit ihren Wirkungen ist tatsächlich nicht geradinig, da muss man sauber trennen.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Du begehst einen Zirkelschluss. Die empirische Feststellung, dass Irrationalisten die Menschenrechte ablehnen, führst du als Beweis dafür an, dass die Menschenrechte als Kriterium für Rationalität taugen, aber um überhaupt zu dieser Feststellung zu kommen, brauchst du, wenn du keine reine Tautologie produzieren willst, bereits ein anderes Kriterium für Rationalität. |
Das stimmt. Das Kriterium habe ich versucht, oben anzugeben. Die Aufzählung irrationalistischer Kräfte diente nur dem Hinweis, dass Menschenrechte sich gegen erheblichen Widerstand durchsetzen müssen. Wir hatten zuvor diskutiert, dass die bürgerliche Klasse sich längst nicht mehr für Menschenrechte interessiert und dass es deshalb die Aufgabe sozialer Bewegungen sein müsse, diese zu rekonstruieren und in die heutige Zeit zu übersetzen und brauchbar zu machen. Sie sind Teil sozialer Kämpfe in der Welt auch dann, wenn selbstverständlich jede soziale Bewegung losgelöst davon ihre sozialen Tagesforderungen aufstellen muss. Für eine internationale Widerstandsbewegung sind die bürgerlichen Menschenrechte eine Art Klammer.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Ich freue mich sehr über den Vorstoß der UNO. |
Ich mich auch. Aber das ist gar nicht mein Punkt hier. Ich verteidige hier ja nicht die katholische Kirche, sondern ich versuche, die impliziten Voraussetzungen deiner Kritik aufzuschlüsseln. Metakritik, wenn du so willst. |
Mein Ansatz ist, dass eine moderne soziale Bewegung niemals aus dem Nichts kommt, sondern ansetzen muss an dem fortschrittlichen, was es schon gibt.
Das betrifft nicht nur bürgerliche Gesetze, sondern auch moderne Oganisations- und Produktionsmethoden, Technologien, pädagogische Konzepte.
Aus diesem Grund habe ich am bürgerlichen Laizismus angesetzt, ihn aber fort- und weiter ausgeführt. Keine progressive Bewegung sollte hinter die besten bürgerlichen Errungenschaften zurück fallen. Das heisst natürlich nicht, auf ihre Kritik zu verzichten. Wie sonst wäre ihre Weiterentwicklung und Aneignung für etwas neues und besseres möglich?
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Stimmt. Das ist eine Frage. Ich würde eher sagen: ja. Aber dann nur als Ausdruck und Ableitung der realen Verhältnisse, sonst stehen sie wieder nur auf dem Papier. |
Das erinnert mich etwas an Giorgio Agambens Figur eines Rechts, das nicht mehr angewendet, sondern nur noch studiert wird... |
Genau.
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Tarvoc Holy shit, 4 decades already.
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(#1901649) Verfasst am: 09.02.2014, 16:34 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Aber wenn du mich schon wiederholt fragst: Ich bin auch dagegen, dass sich Religion als öffentlich zu weltlichen Problemen äußert. Das Feld der Religion ist das Jenseits. Alles andere würde den Begriff der Einmischung wirklich rechtfertigen. Es ist etwas anderes, wenn z.B. ein Pastor gegen eine reaktionäre Politik Stellung nimmt und dafür die seine kirchliche Autorität als Schutz gegen Repression benutzt. Das ist eher ein taktisches Vorgehen, während die Motivation seiner Äußerungen nicht religiöser Natur sind. Das haben wir z.B. bei der Befreiungstheologie, die im Grunde in ihren humanen Anteilen aufgehört hat, Theologie zu sein. Ketzerei, wenn du willst. |
Was ist denn hier nun das Unterscheidungskriterium? So, wie das jetzt im Moment da steht, scheint mir das nämlich darauf hinauszulaufen, dass ein Vertreter einer Religion sich genau dann zu politischen Fragen äußern darf, wenn dir diese Äußerungen politisch in den Kram passen. Womöglich liegt das nur an der Formulierung, aber zumindest diese ist doch missverständlich, und mir fehlt da etwas die Explikation und Ausdifferenzierung der Unterscheidung.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Du hast behauptet, dass die Trennung dieser beiden Sphären eine politische Frage sei. Ich sage, es ist keine politische Frage, sondern nur eine ökonomische, die das politische im Schlepptau zieht. |
Im Ernst? Besteht nicht eine der großen Leistungen von Marx genau darin, gezeigt zu haben, wie die Ökonomie unter kapitalistischen Bedingungen immer auch politische Ökonomie ist, gerade hinsichtlich der Klassenkämpfe?
Was du hier betreibst, scheint mir einfach Ökonomismus zu sein. Es lohnt sich vielleicht, aufzuschlüsseln, wie du darauf kommst, Ökonomie und Politik so einander gegenüberzustellen. Mir scheint das hinter Marx zurückzufallen.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Mein Ansatz ist, dass eine moderne soziale Bewegung niemals aus dem Nichts kommt, sondern ansetzen muss an dem fortschrittlichen, was es schon gibt. |
Nun gut. Ich bin zwar nicht sicher, ob das auf die Menschenrechte so zutrifft, aber das wird sich dann ja wohl zeigen. Besser als alles, was die Kirche zu bieten hätte, sind sie jedenfalls allemal.
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Skeptiker "I can't breathe!"
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(#1901659) Verfasst am: 09.02.2014, 17:52 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Aber wenn du mich schon wiederholt fragst: Ich bin auch dagegen, dass sich Religion als öffentlich zu weltlichen Problemen äußert. Das Feld der Religion ist das Jenseits. Alles andere würde den Begriff der Einmischung wirklich rechtfertigen. Es ist etwas anderes, wenn z.B. ein Pastor gegen eine reaktionäre Politik Stellung nimmt und dafür die seine kirchliche Autorität als Schutz gegen Repression benutzt. Das ist eher ein taktisches Vorgehen, während die Motivation seiner Äußerungen nicht religiöser Natur sind. Das haben wir z.B. bei der Befreiungstheologie, die im Grunde in ihren humanen Anteilen aufgehört hat, Theologie zu sein. Ketzerei, wenn du willst. |
Was ist denn hier nun das Unterscheidungskriterium? So, wie das jetzt im Moment da steht, scheint mir das nämlich darauf hinauszulaufen, dass ein Vertreter einer Religion sich genau dann zu politischen Fragen äußern darf, wenn dir diese Äußerungen politisch in den Kram passen. Womöglich liegt das nur an der Formulierung, aber zumindest diese ist doch missverständlich, und mir fehlt da etwas die Explikation und Ausdifferenzierung der Unterscheidung. |
Das Kriterium zur Beurteilung einer öffentlichen, politischen Äußerung ist der Bezug zu den menschlichen Interessen vs. institutionellen (z.B. kirchlichen) Interessen. Wenn erstere der Bezugspunkt eines kritischen Kirchenvertreters sind, dann hört er auf, Kirchen- und Religionsvertreter zu sein. In dem Moment ist das Eingreifen in weltliche Belange legitim und die entsprechende Meinungsäußerung lässt sich rational begründen und zwar nicht nur rhetorisch.
Mal eine Frage an dich: Wann ist denn für dich das praktische Eingreifen der Kirche in weltliche Belange legitim, etwa bei der Kindererziehung?
Ich schreibe gezielt "Eingreifen" und nicht "Meinungsäußerung", weil das Thema dieses threads hier nicht Meinungsäußerung ist, sondern ersteres.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Du hast behauptet, dass die Trennung dieser beiden Sphären eine politische Frage sei. Ich sage, es ist keine politische Frage, sondern nur eine ökonomische, die das politische im Schlepptau zieht. |
Im Ernst? Besteht nicht eine der großen Leistungen von Marx genau darin, gezeigt zu haben, wie die Ökonomie unter kapitalistischen Bedingungen immer auch politische Ökonomie ist, gerade hinsichtlich der Klassenkämpfe?
Was du hier betreibst, scheint mir einfach Ökonomismus zu sein. Es lohnt sich vielleicht, aufzuschlüsseln, wie du darauf kommst, Ökonomie und Politik so einander gegenüberzustellen. Mir scheint das hinter Marx zurückzufallen. |
Die politische Frage wird als soziale Auseinandersetzung auf der Basis der ökonomischen Verhältnisse entschieden. Ich vertrete keinen Ökonomismus, aber die Priorität wollte ich nur noch mal klarstellen.
Es ging um die Trennung zwischen privater und öffentlicher Sphäre. Wenn überhaupt hier eine Verschiebung stattfinden kann, dann nur, indem als Ergebnis sozialer Auseinandersetzungen ökonomische Strukturen verändert werden. Dafür aber muss es wiederum objektive Voraussetzungen geben.
Ich würde nie sagen, dass die Trennung der beiden Sphären in erster Linie eine politische Frage oder gar - wie ich dich verstanden habe - Ausdruck einer politischen Bewertung sein könnte, verbunden mit dem Anwurf, ich könne ja auch meine Bewertung des Privaten ändern. Nur hängt es eben von meiner Bewertung nicht ab.
Und es ging um den privaten Charakter von Religion. Da sollte ein Marxist nicht hinter die bürgerliche Aufklärung zurück fallen.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Mein Ansatz ist, dass eine moderne soziale Bewegung niemals aus dem Nichts kommt, sondern ansetzen muss an dem fortschrittlichen, was es schon gibt. |
Nun gut. Ich bin zwar nicht sicher, ob das auf die Menschenrechte so zutrifft, aber das wird sich dann ja wohl zeigen. Besser als alles, was die Kirche zu bieten hätte, sind sie jedenfalls allemal. |
Natürlich, weil in ihnen auch der Bedürfnisansatz steckt. Trotz aller Kritik sind die Menschenrechte deshalb eine Errungenschaft der Menschheit bisher.
Fatal wäre es allerdings, es dabei zu belassen, während die reale Gesellschaftsentwicklung fleißig mit deren Negation befasst ist ...-
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K.I.Z - Frieden
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Tarvoc Holy shit, 4 decades already.
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(#1901662) Verfasst am: 09.02.2014, 18:00 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Mal eine Frage an dich: Wann ist denn für dich das praktische Eingreifen der Kirche in weltliche Belange legitim, etwa bei der Kindererziehung? Ich schreibe gezielt "Eingreifen" und nicht "Meinungsäußerung", weil das Thema dieses threads hier nicht Meinungsäußerung ist, sondern ersteres. |
Sehr witzig. Warum ich hier über Meinungsäußerungen spreche, hab' ich schon gesagt. Geh' auf das ein, was ich schreibe, oder lass es.
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Ich würde nie sagen, dass die Trennung der beiden Sphären in erster Linie eine politische Frage oder gar - wie ich dich verstanden habe - Ausdruck einer politischen Bewertung sein könnte, verbunden mit dem Anwurf, ich könne ja auch meine Bewertung des Privaten ändern. |
Wie bitte? Wo hab' ich das denn geschrieben?
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
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(#1901670) Verfasst am: 09.02.2014, 18:43 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Mal eine Frage an dich: Wann ist denn für dich das praktische Eingreifen der Kirche in weltliche Belange legitim, etwa bei der Kindererziehung? Ich schreibe gezielt "Eingreifen" und nicht "Meinungsäußerung", weil das Thema dieses threads hier nicht Meinungsäußerung ist, sondern ersteres. |
Sehr witzig. Warum ich hier über Meinungsäußerungen spreche, hab' ich schon gesagt. Geh' auf das ein, was ich schreibe, oder lass es. |
Hier noch mal, wie es zum Thema "Meinungsäußerung" kam:
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Es ist genau umgekehrt: Die Kirche und die Religion hat sich nicht in weltliche Angelegenheiten wie etwa die Sexualität einzumischen. |
Religiöse Menschen haben natürlich nicht weniger das Recht, ihre politische Meinung öffentlich zu kommunizieren und dafür Werbung zu machen, als alle anderen Menschen auch. |
Da ist der plötzliche Themenwechsel. Es entspann sich dann ein kurzer Schlagabtausch, in dem geklärt wurde, was eine politische und eine religiöse Begründung ist.
Aber das Thema der praktischen Einmischung der Religion in weltliche Angelegenheiten ist nicht vom Tisch, deshalb meine Frage an dich zum Thema dieses threads.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Ich würde nie sagen, dass die Trennung der beiden Sphären in erster Linie eine politische Frage oder gar - wie ich dich verstanden habe - Ausdruck einer politischen Bewertung sein könnte, verbunden mit dem Anwurf, ich könne ja auch meine Bewertung des Privaten ändern. |
Wie bitte? Wo hab' ich das denn geschrieben? |
du schriebst:
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Es ist eben so, dass die Frage, wann eine Begründungsstrategie religiös ist, selbst eine politische Frage ist. |
An anderer Stelle hast du gemeint, dass die Unterscheidung zwischen privater und öffentlicher Sphäre für einen Marxisten nicht ginge:
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Gerade die Marxsche Ideologiekritik zeigt aber auch den weltlich-politischen Charakter aller religiösen Inhalte auf - also u.A. auch den politischen Charakter genau dieser Unterscheidung. |
(fett von mir.)
Also die Unterscheidung zwischen privat und weltlich-politisch habe einen politischen Charakter, ebenso wie die Frage der Unterscheidung zwischen einer weltlichen und religiösen Begründungsstrategie. So hast du geschrieben.
Und was soll das heissen? Geht um um eine "politische Frage" oder um eine politische Bewertung?
Im zweiten Fall wäre das ein Subjektivismus. Im ersten Fall müsste es noch spezifiziert werden.
Wieso stellst du das nicht einfach klar, was du mit "politischer Frage" meinst, auch im Zusammenhang mit der Ökonomismus-Rhetorik?
Warum die Gereiztheit?
Dass es einen "weltlich-politischen Charakter aller (!?) religiösen Inhalte" gebe, möchte ich doch arg bestreiten. Und erst recht gibt es kein Recht (aller?) religiösen Inhalte, sich als Grundlage für Lebens- und Weltgestaltung aufzuspielen.
Das hätte der Vatikan zwar gern, aber dem ist nicht so ...-
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K.I.Z - Frieden
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Tarvoc Holy shit, 4 decades already.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44755
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(#1901676) Verfasst am: 09.02.2014, 19:12 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Geht um um eine "politische Frage" oder um eine politische Bewertung? |
Wie kommst du denn überhaupt auf "Bewertung"? Wo steht denn das?
Kann ja gut sein, dass ich dich schon ziemlich am Anfang irgendwo falsch verstanden habe, aber du pflegst eine Art und Weise der Unterstellung, die zur Klärung solcher Fragen nicht gerade hilfreich ist.
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Ahriman Tattergreis
Anmeldungsdatum: 31.03.2006 Beiträge: 17976
Wohnort: 89250 Senden
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(#1901706) Verfasst am: 09.02.2014, 20:28 Titel: |
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Wenn man irgendeinem Land, etwa China oder Rußland, den Vorwurf macht, die Menschenrechte zu mißachten, dann ist das immer eine "Einmischung in die inneren Angelegenheiten". Und sowas gehört sich offenbar nicht.
Die KK sieht das anscheinend genau so.
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tillich (epigonal) hat Spaß
Anmeldungsdatum: 12.04.2006 Beiträge: 22332
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(#1901714) Verfasst am: 09.02.2014, 20:37 Titel: |
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Tarvoc nimmt deine Argumentation so schön auseinander, dass ich mich da nicht weiter einmischen will.
Nur hier möchte ich doch noch mal am Anfang einhaken:
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Es ist genau umgekehrt: Die Kirche und die Religion hat sich nicht in weltliche Angelegenheiten wie etwa die Sexualität einzumischen. |
Religiöse Menschen haben natürlich nicht weniger das Recht, ihre politische Meinung öffentlich zu kommunizieren und dafür Werbung zu machen, als alle anderen Menschen auch. Nur eben auch nicht mehr. |
Aber nicht mit christlicher Begründung. Diese Erlaubnis haben sie nicht. |
Was soll die Aussage "Diese Erlaubnis haben sie nicht" bedeuten?
Rein faktisch ist die Aussage ja offensichtlich falsch: Natürlich dürfen sich Bürger (bei uns jedenfalls) mit genau derjenigen Begründung, zu der sie lustig sind, politisch einmischen, also auch Christen mit christlicher Begründung. Alles andere wäre eine Einschränkung der Meinungsfreiheit (was es ja in hinreichend vielen Ländern gibt), also der Menschenrechte, die du so hoch hältst.
Deswegen: Soll dein Satz bedeuten, dass deiner Meinung in dieser Weise die Meinungsfreiheit eingeschränkt werden sollte, dass also tatsächlich politische Äußerungen nicht religiös begründet werden dürfen?
Wenn ja: Wer oder welche Institution soll dann mit welcher Autorität festlegen, welche Begründungsweisen erlaubt sein sollen und welche nicht, und wie soll das dann durchgesetzt werden? (Irgendwie graut mir vor der Antwort.)
Oder soll dein Satz einfach nur bedeuten, dass solche Begründungen deiner Meinung nach keine Beachtung verdienen? Dann hättest du dich falsch ausgedrückt, denn dann dürfte man natürlich sehr wohl christliche Begründungen in die Öffentlichkeit einbringen (wie es ja der Fall ist), nur dass du hoffst, dass sich diese Begründungen nicht durchsetzen, was dir ja völlig unbenommen ist.
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(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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Schlumpf auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 17.11.2007 Beiträge: 2572
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(#1901716) Verfasst am: 09.02.2014, 20:40 Titel: |
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Ahriman hat folgendes geschrieben: | Wenn man irgendeinem Land, etwa China oder Rußland, den Vorwurf macht, die Menschenrechte zu mißachten, dann ist das immer eine "Einmischung in die inneren Angelegenheiten". Und sowas gehört sich offenbar nicht.
Die KK sieht das anscheinend genau so. |
Klar, wie jede Diktatur.
Der Vatikan strotzt nur so vor lauter Arroganz.
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Kramer postvisuell
Anmeldungsdatum: 01.08.2003 Beiträge: 30878
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(#1901718) Verfasst am: 09.02.2014, 20:41 Titel: |
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tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Deswegen: Soll dein Satz bedeuten, dass deiner Meinung in dieser Weise die Meinungsfreiheit eingeschränkt werden sollte, dass also tatsächlich politische Äußerungen nicht religiös begründet werden dürfen?
Wenn ja: Wer oder welche Institution soll dann mit welcher Autorität festlegen, welche Begründungsweisen erlaubt sein sollen und welche nicht, und wie soll das dann durchgesetzt werden? (Irgendwie graut mir vor der Antwort.) |
Das muss keiner mehr entscheiden, die Religionen haben doch schon längst selber erkannt, dass sie mit religiösen Begründungen auf verlorenem Posten stehen:
http://evidentist.wordpress.com/2014/02/02/ist-die-religion-am-ende/
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Tarvoc Holy shit, 4 decades already.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44755
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(#1901720) Verfasst am: 09.02.2014, 20:42 Titel: |
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Schlumpf hat folgendes geschrieben: | Ahriman hat folgendes geschrieben: | Wenn man irgendeinem Land, etwa China oder Rußland, den Vorwurf macht, die Menschenrechte zu mißachten, dann ist das immer eine "Einmischung in die inneren Angelegenheiten". Und sowas gehört sich offenbar nicht. |
Klar, wie jede Diktatur. |
Demokratische Staaten reagieren auf solche Vorwürfe oft genauso empfindlich. Manchmal sogar noch empfindlicher.
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
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(#1901732) Verfasst am: 09.02.2014, 20:59 Titel: |
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tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Tarvoc nimmt deine Argumentation so schön auseinander, dass ich mich da nicht weiter einmischen will.
Nur hier möchte ich doch noch mal am Anfang einhaken:
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Es ist genau umgekehrt: Die Kirche und die Religion hat sich nicht in weltliche Angelegenheiten wie etwa die Sexualität einzumischen. |
Religiöse Menschen haben natürlich nicht weniger das Recht, ihre politische Meinung öffentlich zu kommunizieren und dafür Werbung zu machen, als alle anderen Menschen auch. Nur eben auch nicht mehr. |
Aber nicht mit christlicher Begründung. Diese Erlaubnis haben sie nicht. |
Was soll die Aussage "Diese Erlaubnis haben sie nicht" bedeuten?
Rein faktisch ist die Aussage ja offensichtlich falsch: Natürlich dürfen sich Bürger (bei uns jedenfalls) mit genau derjenigen Begründung, zu der sie lustig sind, politisch einmischen, also auch Christen mit christlicher Begründung. Alles andere wäre eine Einschränkung der Meinungsfreiheit (was es ja in hinreichend vielen Ländern gibt), also der Menschenrechte, die du so hoch hältst.
Deswegen: Soll dein Satz bedeuten, dass deiner Meinung in dieser Weise die Meinungsfreiheit eingeschränkt werden sollte, dass also tatsächlich politische Äußerungen nicht religiös begründet werden dürfen?
Wenn ja: Wer oder welche Institution soll dann mit welcher Autorität festlegen, welche Begründungsweisen erlaubt sein sollen und welche nicht, und wie soll das dann durchgesetzt werden? (Irgendwie graut mir vor der Antwort.)
Oder soll dein Satz einfach nur bedeuten, dass solche Begründungen deiner Meinung nach keine Beachtung verdienen? Dann hättest du dich falsch ausgedrückt, denn dann dürfte man natürlich sehr wohl christliche Begründungen in die Öffentlichkeit einbringen (wie es ja der Fall ist), nur dass du hoffst, dass sich diese Begründungen nicht durchsetzen, was dir ja völlig unbenommen ist. |
Mit christlicher Begründung meine ich z.B. irgend ein Bibelvers oder ähnliches.
Nun stell dir vor, du gründest irgendwie eine Pädagogik auf irgend welchen hinterwäldlerischen Dogmen.
Da es hier - ich sag's noch mal - nicht um Worte geht, sondern um eine praktische Einmischung der Religion in die Erziehung und sonstige wichtige menschliche Fragen, muss man diese Einmischung auf einer unwissenschaftlichen und weltfremden Basis natürlich ablehnen.
Wenn nun die UNO-Menschenrechtskommission daher kommt und genau dies auch formuliert, dann ist das keine Einmischung in die Religion. sondern wie schon gesagt, es ist umgekehrt eine Anmaßung der Religion, die sich in Bereiche einmischt, die ihr nicht zustehen.
Der Bereich der Religion ist "nicht von dieser Welt". Sie hat ihre "Kompetenz", wenn es um *transzendente* Fragen geht. Da soll sie meinetwegen mit der Schar ihrer Anhänger Märchenstunden abhalten in privaten Räumen.
Für Politikgestaltung ist Religion nicht zuständig.
Deshalb gibt es ja auch die laizistische Forderung nach einer Trennung von Staat und Religion.
Was Tarvoc daran nicht versteht, ist mir schleierhaft, da es wirklich ein ganz einfacher Sachverhalt ist.
Und was das Recht auf Meinungsäußerung von christlichen Menschen als Menschen betrifft, so habe ich ja nun wirklich klar Stellung bezogen, indem ich auf den Unterschied zwischen der Religion als Institution und religiösen Menschen als Menschen hingewiesen habe. Hierbei habe ich betont, dass christliche Menschen das selbe Recht haben, für ihre Rechte einzutreten.
Sie haben auch das Recht, eine Meinung zu vertreten, die sie nicht begründen, wobei eine religiöse Begründung in der Tat das selbe ist wie keine Begründung.
Was aber nicht akzeptabel ist, das ist, dass man ein pädagogisches oder politisches Konzept auf keinerlei Begründung aufbaut.
Und da wären wir wieder bei der Praxis. Um die und ihre Begründung geht es. Es geht nicht um Worte und Meinungen. Diese Diskussion war und ist hier nicht das Thema.
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Tarvoc Holy shit, 4 decades already.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44755
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(#1901735) Verfasst am: 09.02.2014, 21:10 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Und da wären wir wieder bei der Praxis. Um die und ihre Begründung geht es. Es geht nicht um Worte und Meinungen. |
Äh, ja. Ich lass' diese Sätze mit meiner Hervorhebung einfach mal so stehen.
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tillich (epigonal) hat Spaß
Anmeldungsdatum: 12.04.2006 Beiträge: 22332
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(#1901737) Verfasst am: 09.02.2014, 21:16 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Tarvoc nimmt deine Argumentation so schön auseinander, dass ich mich da nicht weiter einmischen will.
Nur hier möchte ich doch noch mal am Anfang einhaken:
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Es ist genau umgekehrt: Die Kirche und die Religion hat sich nicht in weltliche Angelegenheiten wie etwa die Sexualität einzumischen. |
Religiöse Menschen haben natürlich nicht weniger das Recht, ihre politische Meinung öffentlich zu kommunizieren und dafür Werbung zu machen, als alle anderen Menschen auch. Nur eben auch nicht mehr. |
Aber nicht mit christlicher Begründung. Diese Erlaubnis haben sie nicht. |
Was soll die Aussage "Diese Erlaubnis haben sie nicht" bedeuten?
Rein faktisch ist die Aussage ja offensichtlich falsch: Natürlich dürfen sich Bürger (bei uns jedenfalls) mit genau derjenigen Begründung, zu der sie lustig sind, politisch einmischen, also auch Christen mit christlicher Begründung. Alles andere wäre eine Einschränkung der Meinungsfreiheit (was es ja in hinreichend vielen Ländern gibt), also der Menschenrechte, die du so hoch hältst.
[EDIT: Variante A] Deswegen: Soll dein Satz bedeuten, dass deiner Meinung in dieser Weise die Meinungsfreiheit eingeschränkt werden sollte, dass also tatsächlich politische Äußerungen nicht religiös begründet werden dürfen?
Wenn ja: Wer oder welche Institution soll dann mit welcher Autorität festlegen, welche Begründungsweisen erlaubt sein sollen und welche nicht, und wie soll das dann durchgesetzt werden? (Irgendwie graut mir vor der Antwort.)
[EDIT: Variante B] Oder soll dein Satz einfach nur bedeuten, dass solche Begründungen deiner Meinung nach keine Beachtung verdienen? Dann hättest du dich falsch ausgedrückt, denn dann dürfte man natürlich sehr wohl christliche Begründungen in die Öffentlichkeit einbringen (wie es ja der Fall ist), nur dass du hoffst, dass sich diese Begründungen nicht durchsetzen, was dir ja völlig unbenommen ist. |
[...]
Und was das Recht auf Meinungsäußerung von christlichen Menschen als Menschen betrifft, so habe ich ja nun wirklich klar Stellung bezogen, indem ich auf den Unterschied zwischen der Religion als Institution und religiösen Menschen als Menschen hingewiesen habe. Hierbei habe ich betont, dass christliche Menschen das selbe Recht haben, für ihre Rechte einzutreten.
Sie haben auch das Recht, eine Meinung zu vertreten, die sie nicht begründen, wobei eine religiöse Begründung in der Tat das selbe ist wie keine Begründung.
[...] |
Soll diese Unterscheidung von Religion als Institution einerseits und religiösen Menschen andererseits also heißen, dass du für die Institution Variante A wählst, für die einzelnen Menschen Variante B?
Dann wäre es in Bezug die Institution immer noch, wie bei Variante A beschrieben, eine Einschränkung der Menschenrechte, denn natürlich dürfen religiöse Menschen nach den Menschenrechten auch religiöse Institutionen bilden, die sich dann in die öffentliche Debatte einmischen. Und es wäre immer noch die Frage, wer mit welcher Autorität wie entscheidet und durchsetzt, welche Institutionen sich dann eben wie und mit welcher Begründung äußern dürfen oder nicht.
Und deine Aussage wäre in Bezug auf die Menschen dann immer noch falsch ausgedrückt (oder von dir gänzlich zurückgenommen?).
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Zuletzt bearbeitet von tillich (epigonal) am 09.02.2014, 21:53, insgesamt einmal bearbeitet |
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Skeptiker "I can't breathe!"
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(#1901743) Verfasst am: 09.02.2014, 21:34 Titel: |
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tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Tarvoc nimmt deine Argumentation so schön auseinander, dass ich mich da nicht weiter einmischen will.
Nur hier möchte ich doch noch mal am Anfang einhaken:
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Es ist genau umgekehrt: Die Kirche und die Religion hat sich nicht in weltliche Angelegenheiten wie etwa die Sexualität einzumischen. |
Religiöse Menschen haben natürlich nicht weniger das Recht, ihre politische Meinung öffentlich zu kommunizieren und dafür Werbung zu machen, als alle anderen Menschen auch. Nur eben auch nicht mehr. |
Aber nicht mit christlicher Begründung. Diese Erlaubnis haben sie nicht. |
Was soll die Aussage "Diese Erlaubnis haben sie nicht" bedeuten?
Rein faktisch ist die Aussage ja offensichtlich falsch: Natürlich dürfen sich Bürger (bei uns jedenfalls) mit genau derjenigen Begründung, zu der sie lustig sind, politisch einmischen, also auch Christen mit christlicher Begründung. Alles andere wäre eine Einschränkung der Meinungsfreiheit (was es ja in hinreichend vielen Ländern gibt), also der Menschenrechte, die du so hoch hältst.
[EDIT: Variante A] Deswegen: Soll dein Satz bedeuten, dass deiner Meinung in dieser Weise die Meinungsfreiheit eingeschränkt werden sollte, dass also tatsächlich politische Äußerungen nicht religiös begründet werden dürfen?
Wenn ja: Wer oder welche Institution soll dann mit welcher Autorität festlegen, welche Begründungsweisen erlaubt sein sollen und welche nicht, und wie soll das dann durchgesetzt werden? (Irgendwie graut mir vor der Antwort.)
[EDIT: Variante B] Oder soll dein Satz einfach nur bedeuten, dass solche Begründungen deiner Meinung nach keine Beachtung verdienen? Dann hättest du dich falsch ausgedrückt, denn dann dürfte man natürlich sehr wohl christliche Begründungen in die Öffentlichkeit einbringen (wie es ja der Fall ist), nur dass du hoffst, dass sich diese Begründungen nicht durchsetzen, was dir ja völlig unbenommen ist. |
[...]
Und was das Recht auf Meinungsäußerung von christlichen Menschen als Menschen betrifft, so habe ich ja nun wirklich klar Stellung bezogen, indem ich auf den Unterschied zwischen der Religion als Institution und religiösen Menschen als Menschen hingewiesen habe. Hierbei habe ich betont, dass christliche Menschen das selbe Recht haben, für ihre Rechte einzutreten.
Sie haben auch das Recht, eine Meinung zu vertreten, die sie nicht begründen, wobei eine religiöse Begründung in der Tat das selbe ist wie keine Begründung.
[...] |
Soll diese Unterscheidung von Religion als Institution einerseits und religiösen Menschen andererseits also heißen, dass du für die Institution Variante A wählst, für die einzelnen Menschen Variante B?
Dann wäre es in Bezug die Institution immer noch, wie bei Variante A beschrieben, eine Einschränkung der Menschenrechte, denn natürlich dürfen religiöse Menschen nach den Menschenrechten auch religiöse Institutionen bilden, die sich dann in die öffentliche Debatte einmischen. Und deine Aussage wäre in Bezug auf die Menschen dann immer noch falsch ausgedrückt. |
Der Punkt ist Einmischung in weltliche Angelegenheiten durch die Religion. Und diese geschieht nicht nur durch Worte, sondern durch Lobbyismus, Tradition, usw.
Auch das Kapital z.B. ist eine Institution, die sich in Politik einmischt, über vergleichbare und sogar wirksamere Methoden.
Die Trennung zwischen Staat und Religon, zwischen Staat und Kapital sollte zur Wahrung einer unabhängigen Politik schon gegeben sein.
Wenn irgend welche Kapitalvertreter öffentlich irgend was herum krähen, dann sollten sie darauf hingewiesen werden, dass Politik nicht ihre Sache ist.
Das selbe gilt für die Religion und ihre offiziellen Kirchenvertreter.
Diese Einmischungen als Recht auf Meinungsfreiheit zu verkaufen, ist dreist.
Das heisst nicht, dass Ackermann oder Meisner sich nicht als Privatpersonen zum Thema "Was kocht ihr heute?" äußern dürfen oder sich darüber beklagen dürfen, dass das Wetter schlecht sei.
Das dürfen sie. Aber Machtmissbrauch sollte unterbleiben und darum geht es hier.
Mehr muss ich wohl an dieser Stelle nicht sagen für die, die es immer noch nicht begriffen haben.
_________________ °
K.I.Z - Frieden
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Tarvoc Holy shit, 4 decades already.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44755
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(#1901745) Verfasst am: 09.02.2014, 21:53 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Die Unterstellungen und geradezu abenteuerlichen Assoziationen kamen allein von deiner Seite. |
Wenn du das so siehst. Ich denke, dass sich jeder selbst ein Bild dazu machen kann...
Wie gesagt, ich will nicht ausschließen, dass ich dich mehrmals falsch verstanden habe. Nur bin ich anscheinend nicht der einzige, der hier Äußerungen von dir in den falschen Hals bekommt.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustand, in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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tillich (epigonal) hat Spaß
Anmeldungsdatum: 12.04.2006 Beiträge: 22332
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(#1901747) Verfasst am: 09.02.2014, 22:07 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Der Punkt ist Einmischung in weltliche Angelegenheiten durch die Religion. Und diese geschieht nicht nur durch Worte, sondern durch Lobbyismus, Tradition, usw.
Auch das Kapital z.B. ist eine Institution, die sich in Politik einmischt, über vergleichbare und sogar wirksamere Methoden.
Die Trennung zwischen Staat und Religon, zwischen Staat und Kapital sollte zur Wahrung einer unabhängigen Politik schon gegeben sein.
Wenn irgend welche Kapitalvertreter öffentlich irgend was herum krähen, dann sollten sie darauf hingewiesen werden, dass Politik nicht ihre Sache ist.
Das selbe gilt für die Religion und ihre offiziellen Kirchenvertreter.
Diese Einmischungen als Recht auf Meinungsfreiheit zu verkaufen, ist dreist.[...] |
Politik ist jedermanns Sache, ob als Einzelpersonen oder oder als Vertreter von bestimmten Interessen. Sich dementsprechend zu äußern ist demzufolge selbstverständlich durch das Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt und eben keine "Einmischung". Nur dass dir das bei bestimmten Institutionen offensichtlich einfach nicht gefällt.
Was du versuchst, ist, mit großem Getöse dir missliebige Meinungen aus der öffentlichen Debatte durch Delegitimation herauszudrängen, statt deine Meinungen besser zu begründen als diese. Sehr schön zu sehen war das ja (Tarvoc hat ja schon darauf hingewiesen) an der Theologie der Befreiung, die dir dann ausnahmsweise doch genehm ist, obwohl es sich genauso um eine "Einmischung" von religiöser Seite handeln würde.
Bei genauerem Nachhaken fallen deine starken Worten dann aber offensichtlich immer mehr in sich zusammenfallenwie. Aus dem großmächtigen "Diese Erlaubnis haben sie nicht", bei dem sich ja die Frage danach stellt, wer diese Erlaubnis erteilt und Übertretungen sanktioniert, ist ja inzwischen anscheinend ein harmloses "Sie sollen darauf hingewiesen werden" geworden. Tiger, Bettvorleger, ne?
_________________ "YOU HAVE TO START OUT LEARNING TO BELIEVE THE LITTLE LIES." -- "So we can believe the big ones?" -- "YES."
(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1901759) Verfasst am: 09.02.2014, 23:12 Titel: |
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tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Der Punkt ist Einmischung in weltliche Angelegenheiten durch die Religion. Und diese geschieht nicht nur durch Worte, sondern durch Lobbyismus, Tradition, usw.
Auch das Kapital z.B. ist eine Institution, die sich in Politik einmischt, über vergleichbare und sogar wirksamere Methoden.
Die Trennung zwischen Staat und Religon, zwischen Staat und Kapital sollte zur Wahrung einer unabhängigen Politik schon gegeben sein.
Wenn irgend welche Kapitalvertreter öffentlich irgend was herum krähen, dann sollten sie darauf hingewiesen werden, dass Politik nicht ihre Sache ist.
Das selbe gilt für die Religion und ihre offiziellen Kirchenvertreter.
Diese Einmischungen als Recht auf Meinungsfreiheit zu verkaufen, ist dreist.[...] |
Politik ist jedermanns Sache, ob als Einzelpersonen oder oder als Vertreter von bestimmten Interessen. |
Kinderbetreuung ist jedermanns Sache?
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Sich dementsprechend zu äußern ist demzufolge selbstverständlich durch das Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt |
Kinderbetreuung ist eine Meinung?
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | und eben keine "Einmischung". Nur dass dir das bei bestimmten Institutionen offensichtlich einfach nicht gefällt. |
Dir gefällt's ?
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Was du versuchst, ist, mit großem Getöse dir missliebige Meinungen aus der öffentlichen Debatte durch Delegitimation herauszudrängen, statt deine Meinungen besser zu begründen als diese. Sehr schön zu sehen war das ja (Tarvoc hat ja schon darauf hingewiesen) an der Theologie der Befreiung, die dir dann ausnahmsweise doch genehm ist, obwohl es sich genauso um eine "Einmischung" von religiöser Seite handeln würde. |
Mir würde es gefallen, wenn sich noch mehr Pfaffen von der Kirche lossagen würden. In dem Moment sind sie eben keine "religiöse Seite" mehr. Die Begründungen ihres Handelns sind politisch, nicht religiös.
Der Punkt ist die religiöse Argumentation, die keine ist. Du erinnerst dich?
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Bei genauerem Nachhaken fallen deine starken Worten dann aber offensichtlich immer mehr in sich zusammenfallenwie. Aus dem großmächtigen "Diese Erlaubnis haben sie nicht", bei dem sich ja die Frage danach stellt, wer diese Erlaubnis erteilt und Übertretungen sanktioniert, ist ja inzwischen anscheinend ein harmloses "Sie sollen darauf hingewiesen werden" geworden. Tiger, Bettvorleger, ne? |
Na ja, was soll ich einem Religionslehrer groß erzählen? Du bist allein schon aus Eigeninteresse dagegen, dass Religion und Schule voneinander getrennt werden.
Kann ich ja verstehen. Aber es gibt aber durchaus auch Christen, die für Laizismus sind.
Laizismus in der Bundesrepublik Deutschland
Ein kleiner Text des IBKA dazu ...-
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
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(#1901762) Verfasst am: 09.02.2014, 23:20 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Die Unterstellungen und geradezu abenteuerlichen Assoziationen kamen allein von deiner Seite. |
Wenn du das so siehst. Ich denke, dass sich jeder selbst ein Bild dazu machen kann...
Wie gesagt, ich will nicht ausschließen, dass ich dich mehrmals falsch verstanden habe. Nur bin ich anscheinend nicht der einzige, der hier Äußerungen von dir in den falschen Hals bekommt. |
Zum Abschluss für heute noch ein kleines Zitat zum Überschlafen:
Zitat: | Man zeigte Herrn Bauer, wie die Zersetzung des Menschen in den nichtreligiösen Staatsbürger und den religiösen Privatmenschen keineswegs der politischen Emanzipation widerspricht. Man zeigte ihm, daß, wie der Staat sich von der Religion emanzipiert, indem er sich von der Staatsreligion emanzipiert, innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft aber die Religion sich selbst überläßt, so der einzelne Mensch sich politisch von der Religion emanzipiert, indem er sich zu ihr nicht mehr als zu einer öffentlichen Angelegenheit, sondern als zu seiner Privatangelegenheit verhält.
http://www.mlwerke.de/me/me02/me02_082.htm
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Wenn man dagegen hier einige Texte liest, dann hat man den Eindruck, dass sich einige um die Emanzipation der Religion selber sorgen, anstatt sich um die Emanzipation von der Religion Gedanken zu machen ...-
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K.I.Z - Frieden
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tillich (epigonal) hat Spaß
Anmeldungsdatum: 12.04.2006 Beiträge: 22332
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(#1901768) Verfasst am: 10.02.2014, 00:01 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Kinderbetreuung ist jedermanns Sache? |
Ui. Jetzt ist dein großes, allgemeines Denkmal "Religionen dürfen sich nicht ins Weltliche einmischen" so weit zusammengekracht, dass nur der ganz aktuelle Anlass der Denkmalserrichtung überbleibt?
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Die Begründungen ihres Handelns sind politisch, nicht religiös. |
Quatsch. Natürlich ist die Theologie der Befreiung religiös. Nur dass die dir ausnahmsweise n den Kramn passt (mir natürlich auch, aber darum streiten wir gerade nicht).
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Na ja, was soll ich einem Religionslehrer groß erzählen? |
... und beim ad hominem angekommen ist die Argumentation wohl endgültig ausgelaufen.
Na dann,
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(Death / Susan, in: Pratchett, Hogfather)
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1901781) Verfasst am: 10.02.2014, 09:02 Titel: |
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tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Kinderbetreuung ist jedermanns Sache? |
Ui. Jetzt ist dein großes, allgemeines Denkmal "Religionen dürfen sich nicht ins Weltliche einmischen" so weit zusammengekracht, dass nur der ganz aktuelle Anlass der Denkmalserrichtung überbleibt? |
Dieser Anlass ist wirklich nur ein Anlass. Die allgemeine Forderung habe ich schon immer vertreten. Hier ein Zitat von vor drei Jahren:
Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Sollen doch die Religionsanhänger ihre religiöse Notdurft verrichten.
Warum muss man sie dafür noch beleidigen? Nein, das ist überhaupt nicht nötig.
Allerdings müssen sie sich Aufklärung gefallen lassen. Diese kann niemals als Beleldigung religiöser Gefühle aufgefasst werden, weil sie sich für Gefühle überhaupt nicht interessieren kann. Aufklärung als Prozesse und Ergebnis der wissenschaftlichen Erforschung der Welt ist allerdings auch von Gefühlen gespeist, z.B. von einer gesunden Neugier, von einer Unerschrockenheit gegenüber allen möglichen Wahrheiten und von einer Liebe zur Wahrheit. Es wäre unstatthaft, diese edlen Gefühle durch Gefühle - ähm - anderer Art mit Schmutz zu bewerfen.
Im übrigen steckt sich die Wissenschaft nicht in die Religion, sondern ignoriert sie lieber als kindischen Kram. Wenn aber die Religion versucht, sich nicht nur in den Staat, sondern auch noch in die
Wissenschaft einzumischen, so sollte man der Religion kräftig auf die Finger klopfen ...-! |
Was sagst du zu dem verlinkten Artikel des IBKA?
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Die Begründungen ihres Handelns sind politisch, nicht religiös. |
Quatsch. Natürlich ist die Theologie der Befreiung religiös. Nur dass die dir ausnahmsweise n den Kramn passt (mir natürlich auch, aber darum streiten wir gerade nicht). |
Nicht Quatsch. Befreiungstheologen begründen selbst nach eigener Aussage keine neue Theologie, sondern entnehmen ihre politischen Stellungnahmen der sozialen Erfahrung und progressiven politischen Theorien, die eben gerade nicht religiös sind, wie etwa die Dependenztheorie.
In dem Moment argumentieren Befreiungstheologen nicht mehr als Theologen und auch nicht mehr als Kirchenvertreter, sondern als Menschen, die sich mit menschlichen Bedürfnissen identifizieren - also just jenes rationale Kriterium, welches ich oben genannt habe.
Aus diesen zwei Gründen "passt" mir das nicht einfach, sondern ich habe erläutert, warum es legitim ist.
Die Reaktionen des Vatikans und faschistischer Todesschwadrone zeigen übrigens, dass die Befreiungstheologen sowohl Ketzer als auch fortschrittliche politische Akteure geworden sind.
tillich (epigonal) hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Na ja, was soll ich einem Religionslehrer groß erzählen? |
... und beim ad hominem angekommen ist die Argumentation wohl endgültig ausgelaufen.
Na dann, |
Ach? Soll das keine Rolle spielen? Na so was ...-!
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K.I.Z - Frieden
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Tarvoc Holy shit, 4 decades already.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44755
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(#1901783) Verfasst am: 10.02.2014, 09:16 Titel: |
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Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Zum Abschluss für heute noch ein kleines Zitat zum Überschlafen: |
Ich hab' auch eins für dich, nämlich die Passage aus Zur Judenfrage, auf die Marx sich in deinem Zitat in der Deutschen Ideologie bezieht. Es ist etwas länger, eignet sich also gut zum Wachwerden.
Karl Marx, Zur Judenfrage hat folgendes geschrieben: | Religiös sind die Glieder des politischen Staats durch den Dualismus zwischen dem individuellen und dem Gattungsleben, zwischen dem Leben der bürgerlichen Gesellschaft und dem politischen Leben, religiös, indem der Mensch sich zu dem seiner wirklichen Individualität jenseitigen Staatsleben als seinem wahren Leben verhält, religiös, insofern die Religion hier der Geist der bürgerlichen Gesellschaft, der Ausdruck der Trennung und der Entfernung des Menschen vom Menschen ist. Christlich ist die politische Demokratie, indem in ihr der Mensch, nicht nur ein Mensch, sondern jeder Mensch, als souveränes, als höchstes Wesen gilt, aber der Mensch in seiner unkultivierten, unsozialen Erscheinung, der Mensch in seiner zufälligen Existenz, der Mensch, wie er geht und steht, der Mensch, wie er durch die ganze Organisation unserer Gesellschaft verdorben, sich selbst verloren, veräußert, unter die Herrschaft unmenschlicher Verhältnisse und Elemente gegeben ist, mit einem Wort, der Mensch, der noch kein wirkliches Gattungswesen ist. Das Phantasiegebild, der Traum, das Postulat des |361| Christentums, die Souveränität des Menschen, aber als eines fremden, von dem wirklichen Menschen unterschiedenen Wesens, ist in der Demokratie sinnliche Wirklichkeit, Gegenwart, weltliche Maxime.
Das religiöse und theologische Bewußtsein selbst gilt sich in der vollendeten Demokratie um so religiöser, um so theologischer, als es scheinbar ohne politische Bedeutung, ohne irdische Zwecke, Angelegenheit des weltscheuen Gemütes, Ausdruck der Verstandes-Borniertheit, Produkt der Willkür und der Phantasie, als es ein wirklich jenseitiges Leben ist. Das Christentum erreicht hier den praktischen Ausdruck seiner universalreligiösen Bedeutung, indem die verschiedenartigste Weltanschauung in der Form des Christentums sich nebeneinander gruppiert, noch mehr dadurch, daß es an andere nicht einmal die Forderung des Christentums, sondern nur noch der Religion überhaupt, irgendeiner Religion stellt (vergl. die angeführte Schrift von Beaumont). Das religiöse Bewußtsein schwelgt in dem Reichtum des religiösen Gegensatzes und der religiösen Mannigfaltigkeit.
Wir haben also gezeigt: Die politische Emanzipation von der Religion läßt die Religion bestehn, wenn auch keine privilegierte Religion. Der Widerspruch, in welchem sich der Anhänger einer besondern Religion mit seinem Staatsbürgertum befindet, ist nur ein Teil des allgemeinen weltlichen Widerspruchs zwischen dem politischen Staat und der bürgerlichen Gesellschaft. Die Vollendung des christlichen Staats ist der Staat, der sich als Staat bekennt und von der Religion seiner Glieder abstrahiert. Die Emanzipation des Staats von der Religion ist nicht die Emanzipation des wirklichen Menschen von der Religion.
Wir sagen also nicht mit Bauer den Juden: Ihr könnt nicht politisch emanzipiert werden, ohne euch radikal vom Judentum zu emanzipieren. Wir sagen ihnen vielmehr: Weil ihr politisch emanzipiert werden könnt, ohne euch vollständig und widerspruchslos vom Judentum loszusagen, darum ist die politische Emanzipation selbst nicht die menschliche Emanzipation. Wenn ihr Juden politisch emanzipiert werden wollt, ohne euch selbst menschlich zu emanzipieren, so liegt die Halbheit und der Widerspruch nicht nur in euch, sie liegt, in dem Wesen und der Kategorie der politischen Emanzipation, Wenn ihr in dieser Kategorie befangen seid, so teilt ihr eine allgemeine Befangenheit. Wie der Staat evangelisiert, wenn er, obschon Staat, sich christlich zu dem Juden verhält, so politisiert der Jude, wenn er, obschon Jude, Staatsbürgerrechte verlangt.
Aber wenn der Mensch, obgleich Jude, politisch emanzipiert werden, Staatsbürgerrechte empfangen kann, kann er die sogenannten Menschenrechte in Anspruch nehmen und empfangen? Bauer leugnet es. [...]
Der Mensch muß nach Bauer das »Privilegium des Glaubens« aufopfern, um die allgemeinen Menschenrechte empfangen zu können. Betrachten wir einen Augenblick die sogenannten Menschenrechte, und zwar die Menschenrechte unter ihrer authentischen Gestalt, unter der Gestalt, welche sie bei ihren Entdeckern, den Nordamerikanern und Franzosen, besitzen! Zum Teil sind diese Menschenrechte politische Rechte, Rechte, die nur in der Gemeinschaft mit andern ausgeübt werden. Die Teilnahme am Gemeinwesen, und zwar am politischen Gemeinwesen, am Staatswesen, bildet ihren Inhalt. Sie fallen unter die Kategorie der politischen Freiheit, unter die Kategorie der Staatsbürgerrechte, welche keineswegs, wie wir gesehn, die widerspruchslose und positive Aufhebung der Religion, also etwa auch des Judentums, voraussetzen. Es bleibt der andere Teil der Menschenrechte zu betrachten, die droits de l'homme |Menschenrechte|, insofern sie unterschieden sind von den droits du citoyen |Staatsbürgerrechte|.
In ihrer Reihe findet sich die Gewissensfreiheit, das Recht, einen beliebigen Kultus auszuüben. Das Privilegium des Glaubens wird ausdrücklich anerkannt, entweder als ein Menschenrecht oder als Konsequenz eines Menschenrechtes, der Freiheit. [...]
Die Unvereinbarkeit der Religion mit den Menschenrechten liegt so wenig im Begriff der Menschenrechte, daß das Recht, religiös zu sein, auf beliebige Weise religiös zu sein, den Kultus seiner besonderen Religion auszuüben, vielmehr ausdrücklich unter die Menschenrechte gezählt wird. Das Privilegium des Glaubens ist ein allgemeines Menschenrecht. |
(Kursiv im Original, Fettung von mir.)
Etwas vorher sagt Marx auch noch, was unter politischer Emanzipation, also unter Säkularisierung hier genau zu verstehen ist:
Karl Marx, Zur Judenfrage hat folgendes geschrieben: | Der Mensch emanzipiert sich politisch von der Religion, indem er sie aus dem öffentlichen Recht in das Privatrecht verbannt. |
Also nicht, dass es Menschen verboten wird, Forderungen im öffentlichen Raum mit bestimmten (etwa religiösen) Argumenten zu begründen, sondern dass religiöse Bezüge aus dem öffentlichen Recht verbannt sind, also aus den Gesetzestexten und ihren Begründungen. Insbesondere ist hier damit gemeint, dass es keine Staatsreligion gibt, die vom Staat gegenüber anderen Weltanschauungen privilegiert würde. Es heißt hingegen nicht, dass Menschen oder Institutionen verboten würde, sich zu bestimmten Themen zu äußern.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustand, in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
Zuletzt bearbeitet von Tarvoc am 10.02.2014, 10:38, insgesamt 3-mal bearbeitet |
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Fake auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 11.11.2011 Beiträge: 3548
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(#1901800) Verfasst am: 10.02.2014, 10:37 Titel: |
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Äußert sich eigentlich der Uno-Bericht zu Kinderrechten auch zur Beschneidungsdebatte?
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Skeptiker "I can't breathe!"
Anmeldungsdatum: 14.01.2005 Beiträge: 16834
Wohnort: 129 Goosebumpsville
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(#1901849) Verfasst am: 10.02.2014, 13:43 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Skeptiker hat folgendes geschrieben: | Zum Abschluss für heute noch ein kleines Zitat zum Überschlafen: |
Ich hab' auch eins für dich, nämlich die Passage aus Zur Judenfrage, auf die Marx sich in deinem Zitat in der Deutschen Ideologie bezieht. Es ist etwas länger, eignet sich also gut zum Wachwerden.
Karl Marx, Zur Judenfrage hat folgendes geschrieben: | Religiös sind die Glieder des politischen Staats durch den Dualismus zwischen dem individuellen und dem Gattungsleben, zwischen dem Leben der bürgerlichen Gesellschaft und dem politischen Leben, religiös, indem der Mensch sich zu dem seiner wirklichen Individualität jenseitigen Staatsleben als seinem wahren Leben verhält, religiös, insofern die Religion hier der Geist der bürgerlichen Gesellschaft, der Ausdruck der Trennung und der Entfernung des Menschen vom Menschen ist. Christlich ist die politische Demokratie, indem in ihr der Mensch, nicht nur ein Mensch, sondern jeder Mensch, als souveränes, als höchstes Wesen gilt, aber der Mensch in seiner unkultivierten, unsozialen Erscheinung, der Mensch in seiner zufälligen Existenz, der Mensch, wie er geht und steht, der Mensch, wie er durch die ganze Organisation unserer Gesellschaft verdorben, sich selbst verloren, veräußert, unter die Herrschaft unmenschlicher Verhältnisse und Elemente gegeben ist, mit einem Wort, der Mensch, der noch kein wirkliches Gattungswesen ist. Das Phantasiegebild, der Traum, das Postulat des |361| Christentums, die Souveränität des Menschen, aber als eines fremden, von dem wirklichen Menschen unterschiedenen Wesens, ist in der Demokratie sinnliche Wirklichkeit, Gegenwart, weltliche Maxime.
Das religiöse und theologische Bewußtsein selbst gilt sich in der vollendeten Demokratie um so religiöser, um so theologischer, als es scheinbar ohne politische Bedeutung, ohne irdische Zwecke, Angelegenheit des weltscheuen Gemütes, Ausdruck der Verstandes-Borniertheit, Produkt der Willkür und der Phantasie, als es ein wirklich jenseitiges Leben ist. Das Christentum erreicht hier den praktischen Ausdruck seiner universalreligiösen Bedeutung, indem die verschiedenartigste Weltanschauung in der Form des Christentums sich nebeneinander gruppiert, noch mehr dadurch, daß es an andere nicht einmal die Forderung des Christentums, sondern nur noch der Religion überhaupt, irgendeiner Religion stellt (vergl. die angeführte Schrift von Beaumont). Das religiöse Bewußtsein schwelgt in dem Reichtum des religiösen Gegensatzes und der religiösen Mannigfaltigkeit.
Wir haben also gezeigt: Die politische Emanzipation von der Religion läßt die Religion bestehn, wenn auch keine privilegierte Religion. Der Widerspruch, in welchem sich der Anhänger einer besondern Religion mit seinem Staatsbürgertum befindet, ist nur ein Teil des allgemeinen weltlichen Widerspruchs zwischen dem politischen Staat und der bürgerlichen Gesellschaft. Die Vollendung des christlichen Staats ist der Staat, der sich als Staat bekennt und von der Religion seiner Glieder abstrahiert. Die Emanzipation des Staats von der Religion ist nicht die Emanzipation des wirklichen Menschen von der Religion.
Wir sagen also nicht mit Bauer den Juden: Ihr könnt nicht politisch emanzipiert werden, ohne euch radikal vom Judentum zu emanzipieren. Wir sagen ihnen vielmehr: Weil ihr politisch emanzipiert werden könnt, ohne euch vollständig und widerspruchslos vom Judentum loszusagen, darum ist die politische Emanzipation selbst nicht die menschliche Emanzipation. Wenn ihr Juden politisch emanzipiert werden wollt, ohne euch selbst menschlich zu emanzipieren, so liegt die Halbheit und der Widerspruch nicht nur in euch, sie liegt, in dem Wesen und der Kategorie der politischen Emanzipation, Wenn ihr in dieser Kategorie befangen seid, so teilt ihr eine allgemeine Befangenheit. Wie der Staat evangelisiert, wenn er, obschon Staat, sich christlich zu dem Juden verhält, so politisiert der Jude, wenn er, obschon Jude, Staatsbürgerrechte verlangt.
Aber wenn der Mensch, obgleich Jude, politisch emanzipiert werden, Staatsbürgerrechte empfangen kann, kann er die sogenannten Menschenrechte in Anspruch nehmen und empfangen? Bauer leugnet es. [...]
Der Mensch muß nach Bauer das »Privilegium des Glaubens« aufopfern, um die allgemeinen Menschenrechte empfangen zu können. Betrachten wir einen Augenblick die sogenannten Menschenrechte, und zwar die Menschenrechte unter ihrer authentischen Gestalt, unter der Gestalt, welche sie bei ihren Entdeckern, den Nordamerikanern und Franzosen, besitzen! Zum Teil sind diese Menschenrechte politische Rechte, Rechte, die nur in der Gemeinschaft mit andern ausgeübt werden. Die Teilnahme am Gemeinwesen, und zwar am politischen Gemeinwesen, am Staatswesen, bildet ihren Inhalt. Sie fallen unter die Kategorie der politischen Freiheit, unter die Kategorie der Staatsbürgerrechte, welche keineswegs, wie wir gesehn, die widerspruchslose und positive Aufhebung der Religion, also etwa auch des Judentums, voraussetzen. Es bleibt der andere Teil der Menschenrechte zu betrachten, die droits de l'homme |Menschenrechte|, insofern sie unterschieden sind von den droits du citoyen |Staatsbürgerrechte|.
In ihrer Reihe findet sich die Gewissensfreiheit, das Recht, einen beliebigen Kultus auszuüben. Das Privilegium des Glaubens wird ausdrücklich anerkannt, entweder als ein Menschenrecht oder als Konsequenz eines Menschenrechtes, der Freiheit. [...]
Die Unvereinbarkeit der Religion mit den Menschenrechten liegt so wenig im Begriff der Menschenrechte, daß das Recht, religiös zu sein, auf beliebige Weise religiös zu sein, den Kultus seiner besonderen Religion auszuüben, vielmehr ausdrücklich unter die Menschenrechte gezählt wird. Das Privilegium des Glaubens ist ein allgemeines Menschenrecht. |
(Kursiv im Original, Fettung von mir.)
Etwas vorher sagt Marx auch noch, was unter politischer Emanzipation, also unter Säkularisierung hier genau zu verstehen ist:
Karl Marx, Zur Judenfrage hat folgendes geschrieben: | Der Mensch emanzipiert sich politisch von der Religion, indem er sie aus dem öffentlichen Recht in das Privatrecht verbannt. |
Also nicht, dass es Menschen verboten wird, Forderungen im öffentlichen Raum mit bestimmten (etwa religiösen) Argumenten zu begründen, sondern dass religiöse Bezüge aus dem öffentlichen Recht verbannt sind, also aus den Gesetzestexten und ihren Begründungen. Insbesondere ist hier damit gemeint, dass es keine Staatsreligion gibt, die vom Staat gegenüber anderen Weltanschauungen privilegiert würde. Es heißt hingegen nicht, dass Menschen oder Institutionen verboten würde, sich zu bestimmten Themen zu äußern. |
1. Was sagst du zu meinem Marx-Zitat?
2. Wo habe ich etwas anderes als dass religiöse Bezüge aus dem öffentlichen Recht verbannt werden sollen? Genau das habe ich geschrieben.
3. Zu öffentlichen Äußerungen habe ich extrem differenziert, etwa zwischen Religion und Kapital als Institutionen und Interessenorganisationen und Privatpersonen. Außerdem habe ich zu Kriterien von Rationalität Stellung genommen.
4. Zu Verboten von Meinungsäußerungen habe ich gar nichts geschrieben, sondern immer nur von der Kupplung an die Gesellschaft und die rationale Grundlage für eine Politik oder ein Konzept.
Du musst den Zusammenhang verstehen, nicht wie gebannt auf einzelne Sätze und Wörter starren.
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