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Historizität Jesu
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sünnerklaas
Mietzekatzenkater - treibt den Kessel



Anmeldungsdatum: 30.09.2006
Beiträge: 11051
Wohnort: Da, wo noch Ruhe ist

Beitrag(#2306582) Verfasst am: 22.07.2024, 10:04    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
VanHanegem hat folgendes geschrieben:
...
Interessant (wie ich Deinem Beitrag entnehme), dass es offenbar im arabischen Raum (quasi als monotheistische Insel im Polytheismhs) eine eigene vom Judenchristentum ausgehende Gemeinde gab. Aber eigentlich auch wieder nachvollziehbar, dass Mohamed 600 n. Chr. nicht einfach aus den Nichts heraus zur Bibliothek nach Alexandria gefahren ist und sich die Evangelien ausgeliehen hat. Welche Quellen hast Du zu dieser Überlieferungsschiene konsultiert?


Da kann ich Dir nur dieselbe Antwort geben, die ich schon Tarvoc gegeben habe.

Ansonsten ist es vielleicht interessant, sich den ersten Band (oder die ersten beiden?) der Kriminalgeschichte des Christentums mal mit einem Blick auf die Diversität dieses beginnenden Christentums anzusehen.


Relativ homogen war das Urchristentum nur während der Gründungszeit und der römischen Christenverfolgungen. Die Christenverfolgungen waren eine große, die Christen damals einende gemeinsame Klammer.
Das ganze hat sich dann grundlegend geändert, als das Christentum römische Staatsreligion wurde - und da kann man das sogar noch genauer festmachen: am Konzil von Nicea 325, in dem die Dreieinigkeit von Vater, Sohn und Heiligem Geist beschlossen wurde. Und zwar aus machtpolitischen Gründen, denn da hat sich der römische Kaiser Konstantin zum "Stellvertreter Gottes auf Erden" ausrufen lassen.
Das war eine kackendreiste Unverschämtheit, die sich Konstantin da, assistiert von Ambrosius von Mailand, dem Kirchenvater Augustinus und von Nikolaus von Myra da erlaubt hat. Aber es war eine (macht-)politische, rein weltliche Frage, mit der sich die römischen Kaiser ihre Macht legitimieren wollten. Die Kaiser des römisch-deutschen Reichs, sowie darauf 1806 folgend, Österreich-Ungarns und des russischen Zarenreichs führten ihre "Göttlichkeit" auch gerne im Munde.
Die Konzilsbeschlüsse sind seinerzeit auf sehr großen Widerspruch gestoßen und führten zum Arianerstreit und der Abspaltung der Arianer. Die lehnten den Dreieinigen Gott und Jesus als Gottes Sohn genauso ab, wie die "Johanneschristen" im arabischen Raum.
Der Arianismus dehnte sich dann in den folgenden Jahrhunderten v.a. im nordafrikanischen Raum sowie auf der iberischen Halbinsel aus. Als dann der Islam kam, predigte der nicht groß etwas Neues.
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Ausser Hypochondrie habe ich alle Krankheiten.

Ich fordere: JEDEM VOLLPFOSTEN SEIN EIGENES "Mimi-Mimi!"
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fwo
Caterpillar D9



Anmeldungsdatum: 05.02.2008
Beiträge: 26436
Wohnort: im Speckgürtel

Beitrag(#2306584) Verfasst am: 22.07.2024, 11:13    Titel: Antworten mit Zitat

sünnerklaas hat folgendes geschrieben:
....

Relativ homogen war das Urchristentum nur während der Gründungszeit und der römischen Christenverfolgungen. Die Christenverfolgungen waren eine große, die Christen damals einende gemeinsame Klammer.
....

Dass es diese große Christenverfolgung in dieser Form und speziell auch bei Nero überhaupt gegeben hat, wird von der neueren Geschichtsschreibung immer mehr in Frage gestellt.

mal eine leicht zu erreichende etwas neuere Übersicht:
Christenverfolgungen im Römischen Reich. Elemente eines imperialen Niedergangs
Florian AmbachKerngebiet: Alte Geschichte eingereicht bei: Mag. Simone Pittleingereicht im: SoSe 2017 Rubrik: PS-Arbeit

Aus der Einleitung:
Zitat:
"Die Geschichtsforschung hat sich bis weit ins 20. Jahrhundert hinein mit den Christ_innen solidarisiert und deren Verfolgung meistens als eine systematische und eine von vornherein sorgfältig geplante betrachtet. Das Ziel dieser Arbeit ist zu beweisen, dass dies nicht der Fall war und dass die klassische Historiographie in der Beurteilung der einzelnen Kaiser oft nur die Kategorien Gut und Böse kannte, ohne genauere Differenzierungen vorzunehmen."

https://historia.scribere.at/historia_scribere/article/view/2547/2112

Es handelt sich zum großen Teil wohl eher um christliche Legendenbildung. Ein paar Autoren zu dem Thema:

Die Lage der Christen im römischen Reich nach dem 1. Petrusbrief: Zum Problem einer Domitianischen Verfolgung
Joachim Molthagen
Historia: Zeitschrift für Alte Geschichte, Bd. 44, H. 4 (4th Qtr., 1995), pp. 422-458 (37 pages)
Aussage von mir zusammengefasst: In den zeitgenössischen Briefen der Christen untereinander zu Neros Zeiten ist nichts von einer staatlichen Christenverfolgung zu lesen, wohl aber von Anfeindungen und Verleumdungen aus der normalen Bevölkerung, die teilweise zu Anklagen geführt haben. Die Christen waren nicht besonders beliebt.


Stephan Witetschek der Zeitschrift Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft
https://doi.org/10.1515/znw-2021-0013:
Zitat:
Erst ganz am Ende der Petrusakten (MartPetr 12/ActPetr 41) tritt Kaiser Nero in der Erzählung vom Martyrium des Petrus auf. Er kommt aber zu spät, das Martyrium fand ohne ihn statt, und so nimmt sich seine Erwähnung am Ende der Erzählung etwas seltsam aus. Dieser Beitrag bietet dafür eine Deutung, die den kurzen Hinweis auf Nero im Kontext der christlichen und römischen Erinnerung an Nero versteht, den malus princeps, der bald auch als der erste Christenverfolger ins Gedächtnis einging. Anscheinend konnten christliche Apologeten aus der Erinnerung an Repressalien unter Nero Kapital schlagen, indem sie ihre eigene Bewegung auf eine Stufe mit der römischen Elite stellten, die bereits eine düstere Erinnerung an Nero als Tyrann kultiviert hatte.


Misch Meier:
Zitat:
Ausgehend von jüngsten Thesen in der Forschungsliteratur diskutiert die vorliegende Studie die Problematik der neronischen Christenverfolgung im Jahr 64 und versucht sie präziser als bisher in ihre historischen Kontexte einzuordnen. Diese sind vor allem von Spannungen zwischen Juden und Judenchristen geprägt, die bereits Claudius in den Jahren 41 und 49 zu antijüdischen Maßnahmen veranlasst hatten.

Sowohl Claudius als auch Nero handelten dabei vermutlich im Glauben, gegen eine jüdische Splittergruppe vorzugehen – einen Begriff von ›Christen‹ können sie noch nicht gehabt haben. Da ein Zusammenhang zwischen dem Brand Roms und der Christenverfolgung ausgeschlossen werden kann, geht der Verfasser im zweiten Teil den Motiven für Neros Vorgehen nach und untersucht dabei insbesondere die Symbolik und politische Bedeutung der von ihm angewandten Hinrichtungsarten für die Christen.

Verlagstext zu
Die neronische Christenverfolgung und ihre Kontexte
Meier, Mischa 1971- (VerfasserIn)
Universitätsverlag Winter [2021]

Auch der Tacitus wird in dem Zusammenhang nicht mehr Ernst genommen. Einiges von dem, was wir noch als Geschichte gelernt haben, ist inzwischen als Legende entlarvt. Und das wird auch noch eine Weile so weitergehen, weil man Geschichtsbücher nur ungern umschreibt.
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Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.

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Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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VanHanegem
Weltmeister



Anmeldungsdatum: 24.04.2006
Beiträge: 3180

Beitrag(#2306606) Verfasst am: 23.07.2024, 11:34    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
...Sowohl Claudius als auch Nero handelten dabei vermutlich im Glauben, gegen eine jüdische Splittergruppe vorzugehen...

... was vor allem im zeitlichen Context mit dem jüdischen Aufstand auch plausibel ist.
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Hup Holland Hup, Oranje winnt de cup (2022)
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