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AlphaOmega registrierter User
Anmeldungsdatum: 05.03.2005 Beiträge: 145
Wohnort: Berlin
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(#271107) Verfasst am: 07.03.2005, 01:15 Titel: |
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Hallo Annox,
es ist aber durchaus gesund und gut, dass Kinder an den Weihnachtsmann glauben. Jesus ist aber nicht der Weihnachtsmann. Du generalisierst unangemessen.
Der Glaube an einen Schutzengel und andere unsichtbare Helfer gibt Kindern Sicherheit und das Gefühl, nie allein zu sein - selbst wenn die Eltern einmal nicht in der Nähe sind.
Ist das Kind etwas älter, merkt es, dass die Welt doch nicht so heil und nur gut ist. Schon im Kindergartenalter drängen sich dien Kleinen ernsthafte und manchmal bedrückende Fragen auf. Woher komme ich? Warum müssen Menschen sterben? Muss ich auch mal sterben? Da braucht ein Kind Hilfe, Lebenshilfe. Es muss seine Gefühle verarbeiten können.
Etwa bis zum zwölften Lebensjahr hält sich bei Kindern die Vorstellung, dass Gott etwas durchweg Positives ist. Dann entwickelt sich das logische Denkvermögen, und das Kind versteht, dass es in der Welt Gut und Böse mit allen dazwischenliegenden Schattierungen gibt.
Welche Regeln stellt denn meine "Religion" auf die für ein friedliches Miteinander schlecht sind? Kannst du konkrete Beispiele nenne? Die Heilsversprechen sind Hoffnungen. Eine Hoffnung die sich schon erfüllt hat, ist keine Hoffnung mehr. Ich finde deine Schlussfolgerung es bedarf AUSSCHLIESSLICH humanistischer Werte schon fast etwas fundamentalistisch.
Ich finde auch das du vorschnell Arugmentierst, denn "das Christentum" gibt es nicht. Es gibt jede Menge schattierungen, aber wenn du mich mit allen anderen in einen Topf schmeissen willst. Dass stört mich nicht. "Segnet die, die euch verfluchen. Die Liebe untereinander sei ohne falsch, einer komme dem anderen mit ehrerbietung zuvor. Segnet und flucht nicht!"
Du kannst nicht leugnen, dass das Christentum eine sehr hohe Ehtik hat. Das wäre nun von dir aus realitätsfern. Beweise es mir aus der Schrift, dass es nicht so ist. Denn nur so ist es möglich bei den Buchreligionen.
Beten ist doch mehr als betteln. Ich bitte dich. GEbet - das Atmen der Seele, der Pulsschlag der Religion, der Weg zum Herzen gottes! An die Stelle Gottes können andere Mächte treten: vergöttlichte Ahnen, Heilige oder Engel, eine Vielzahl von Göttern - je nach der monotheistischen oder polytheistischen Religion oder Konfession des Beters. Klarheit über das Beten erlangst du dann, wenn du es in vier grundsätzlich verschiedene Arten des Betens unterscheiden tust:
Erstens ist da - Zufluchtnahme und Reinigung. Hier sucht der Beter schutz und Geborgenheit. Gott selbst gilt als Asyl und Refugiu - als Sicherheit gewährender Ort. Ganz knapp formuliert die christliche Liturgie: "Herr, erbarme dich"
Typisch für die moderne - also heutige - Mentalität ist, dass die erste Stufe des Gebets vilen Menschen nicht ohne weiteres zugänglich ist, denn Gott wird als abwesend erlebt. "Ich suche dich in Schmerzen, birg dich nicht!" heißt es....
Der junge Nietzsche flieht nicht zu dem durch die christliche Lehre bekannten, sondern zum "unbekannten Gott".
Die Gebete der zweiten Stufe - Klage und Bitte - beherrschen des Gebetsleben aller Völker uznd Zeiten. Archaische Klänge dringen an unser Ohr, wenn wir davon hören, dass um ebenen Weg gebetet wird... (damals gabs noch keine Autobahn, gell?) Eine große Rolle spielt auch die Bitte um Nachtruhe: "Verschon uns, Gott, mit Strafen und laß uns ruhig schlafen, und unsern kranken Nachbarn auch".
Dritte Stufe - Feier! Hier wird nicht mehr, wie auf den ersten beiden Stufen, die Bedürftigkeit des Menschen in den Vordergrund gestellt und der große, fast unüberbrückbare und durch Sünde noch vergrößerte Abstand zwischen Gottt und Mensch betont. Dank setzt also logischerweise eine göttliche Tat voraus, während Lkobpreis die unnachahmliche Größe und Herrlichkeit Gottes besingt, auch Gottes ewiges Walten in Natur und Geschichte.
Was ich als "höheres Gebet" bezeichnen will - die vierte und letzte Stufe - stellt eine kühne Weiterentwicklung der beiden vorausgehenden Stufen dar. Auf Bitte und Klage (du nennst es "betteln") verzichtend und den Wunsch nach vergänglichen Gütern, jha nach jeglicher Gebetserhörung bereitwillig vergessend, schickt sich der Beter voll Demut in Gottes unergründlichen Willen. Er ist bereit, jedes Schicksal ohne Murren und sogar dankbar aus göttlicher Hand entgegenzunehmen: "Herr, schicke was du willst, ein Liebes oder Leides, ich bin vergnpgt, daß beides aus deinen Händen quillt."
Es entsteht die Feier der Liebe zwischen Gott und der menschlichen Seele. Nur wenigen begnadeten Betern zugänglich sind mystische Frömmigkeit und Gottesminne, die, an die Grenzen sprachlicher Möglichkeiten kommt. Die sich in Liebesverschmelzung vollendende Einheit von Mensch und göttlichen Partner setzt ein hohes Maß an seelischer Reinheit voraus, bringt sie doch eine Vergöttlicheung des Menschen mit sich.
Dass diese WErte unabhängig von Religionen nicht existieren habe ich nie behauptet und glaube ich auch nicht. Ich glaube, dass in jedem Menschen dieses göttliche Selbst ist. Ein Gewissen. Jeder Mensch weiß, wann er sündigt und wann nicht.
Das Frauen an den Herd gehören ist wohl auch nicht nur der Religion zuzuschreiben. Du benutzt hier einen Sündenbock und äußerst starke Vorurteile. Sexualität ist mitnichten etwas schmutziges. Gott schenkte dem Menschen doch die Sexualität. Dass sie nur der Fortpflanzung dienen darf ist ein Verrat an der Natur des Menschen.
Die geistige Grundlage für die jahrhundertealte menschenfeindliche Sexualmoral von Staat und Kirchen war eine Irrlehre, nämlich die Gnosis, mit der sich schon der Rabbi und Theologe Paulus herumgeschlagen hattte.
Diese Lehre spaltete den Menschen in einen guten und in einen schlechten Teil, in Geist und Körper. Diese Vorstellung ist dem Evangelium fremd.
Das unselige Erbe dieser irrlehre diskreminierte die Sexualität und den menschlichen Leib. Die Degradierung der sexuellen Lust zu einer zwar unvermeindlichen, aber eigentlich verarscheuungswürdigen Varieante des Fortpfanzungsakts ist eine menschenfeindliche Diskriminierung des elementarsten Vorgangs des menschlichen Lebens. In Afrika wird den Frauen sogar teilweise die Klitoris abgeschnitten!!!
Jesus hatte die Zweitrangigkeit der Frau auzfgehoben und die im patriarchalen Denken und Handeln verankerte Abwertung und UNterdrückung der Frauen nicht anerkannt.
Einer der Hautpvorwürfe bei war, dass Jesus mir Sünderinnen an einen Tisch saß.
Frauen werden brutal diskriminiert. Es gibt Folter, Vergewaltigung und Mord. Nicht zuletzt richtet sich die Krititk an die Weltreligionen, mit Ausnahme des Buddismus, dieses Frauenbild auch geschürt zu haben. Ausgangpunkt im Christentum war die Behauptung Eva wäre aus der Rippe von Adam geschaffen worden. Es gibt jedoch auch viele weibliche Lichtgestalten in der Kirchengeschichte. Hildegard von Bingen, Theredia von Avila uvm. Aber meist sind sie Jungfrauen oder Witwen. Heilige Ehefrauen waren eine unbekannte Kategorie.
Dürfen Kapitalisten sich Christen nennen?
Natürlich duerfen sie sich Christen nenne, aber ob sie es sind hängt nicht unbedingt von der Taufe ab. Ich vermute, Jesus würde bei ungerechten Firmenzusammenschlüssen, Kapitalrendite, Bankenskandal usw sicherlich in heiligen Zorn geraten. Der würde bestimmt mehr machen als nur die Tische im Tempel umschmeissen.
Jesus sieht klar, dass die Argumente für das Umdenken, das er verlangt, am meisten gefährdet sind duch einen - so würden wir heute sagen - einseitigen Materialismus.
"Sie hören sie zwar, aber sie Interessen der Welt, der trügerische Reichtum und die Gier nach dem Geld machen sich breit und ersticken sie." Mk 4,19
Der moderne Kapitalismus kennt keine Werte jenseits von Angebot und Nachfrage; er verabsolutiert die Interessen des Kapitals. Der Mensch spielt nur noch eine untergeordnete Rolle. Das Spannungsverhältnis ziwschen menschlicher Arbeit und dem Einstatz des Kapitals haben die Kommunisten dadruch zu lösen versucht, dasss sie das Kapital eliminierten und die Kapitaleigner liquidierten. Daran sind sie bekanntlich gescheitert. Heute eliminiert das Kapital die Arbeit und liquidiert die Menschen an ihren Arbeitsplätzen. Mercedes könnte nichts mit dem Kapital anfangen wenn es nicht die Menschen gäbe, die die Autos bauen.
Schon die Propheten hatten sich mit dem Problem des Reichtums und des sozialen Ausgleichs auseinander gesetzt und vor allem für die politisch Verantwortlichen harte Worte gefunden:
"Lernt Gutes zu tun! Sorgt für das Recht! Helft den Unterdrückten! Verschafft den Waisen Recht! Tretet ein für die Witwen! Mein Volk, deine Fürsten sind Aufrührer und eine Bande von Dieben. Alle lassen sie sich gerne bestechen und jagen Geschenken nach... Ihr habt den Weinberg geplündert. Eure Häuser sind voll von dem, was ihr den Armen geraubt habt." Jesaja 1,3
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Tizi registrierter User
Anmeldungsdatum: 10.06.2004 Beiträge: 19
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(#271112) Verfasst am: 07.03.2005, 01:42 Titel: |
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Hallo AO
Bei allem Verständnis für Dein religiöses Empfinden, ich diskutiere zuweilen auch recht gern über Gott und die Welt, aber was bitte schön hat Deine ellenlange "Litanei" noch mit dem Eingangsthema zu tun?
NICHTS!
Also bitte. Wenn Dir unbedingt danach ist Dein Gegenüber mit ellenlangen Texten zu erschlagen, dann kannst Du dies gern tun. Nur möchte ich Dich bitten, dafür einen eigenen Thread zu eröffnen.
Cu Tizi
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Othilic Gast
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(#271132) Verfasst am: 07.03.2005, 04:11 Titel: |
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@AlphaOmega: Da schon einige andere zu den Themen "Religion kann nicht schaden" und "was Religionen vermitteln, ist sowieso jedem bewußt" Stellung genommen haben, konzentriere ich mich auf folgendes:
AlphaOmega hat folgendes geschrieben: |
Othilic hat folgendes geschrieben: |
"Für mich sind die Überlegungen, daß der Keim des Guten im Menschen an die Tatsache der "physiologischen Frühgeburt" des Menschen gekoppelt ist, ein sehr zentraler Gedanke, der es mir erlaubt, "guter Mensch sein" und "Religiös sein/Gott" voneinander zu trennen."
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Wie meinst du das? Was hat das eine mit dem anderen zu tun?
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Ich gebe zu, da hätte ich ausführlicher werden sollen (und besser formulieren).
Nun ja, die Ausgangsfrage, ob nämlich "soziale Verantwortung" aus der Natur des Menschen komme oder von außen (z.B. religiös) indoktriniert wird, sehe ich als einen Spezialfall der generellen Frage: "Kommt Moral von Religion oder aus der Natur des Menschen?" . Insofern habe ich Deinen Beitrag gelesen im Hinblick auf "wie sieht AlphaOmega den Zusammenhang zwischen Moral, Natur des Menschen und Religion". Ich fand da diese Aussage sehr aufschlußreich und interessant:
AlphaOmega hat folgendes geschrieben: |
Ich glaube auch das der Kern dieser "universellen Eigenschaft" in jedem Menschen drinn ist. Jeder Mensch hat irgendwie ein Gewissen. Das Gewissen ist für mich sowas wie ein Echo von Gottes Stimme.
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(Das Folgende bezieht sich eher auf die moralischen Regeln, die ein Mensch akzeptiert, und weniger darauf, ob er auch danach handelt. )
Manchmal hört man von religiöser Seite, Religion sei eine notwendige Bedingung für Moral, denn
1. könne ohne religiöse Erziehung Gewissen/moralisches Empfinden bei Kindern nicht entstehen und
2. könne ohne Gott keine Letztbegründung für Moral gegeben werden; und eine Moral ohne Letztbegründung sei beliebig.
Im Grunde bedeutet das: Von Natur aus ist der Mensch unmoralisch ("schlecht") und wird erst und nur durch Religion moralisch ("gut");
in letzter Konsequenz bedeutet das eben, daß Ungläubige "schlechte Menschen" sind, wodurch ich mich verständlicherweise verletzt und angegriffen fühle.
Ich selbst sehe das mittlerweile anders (ist noch nicht ausgereift, ein paar Schwächen hat diese Sichtweise noch, insbesondere ist sie mir viel zu relativistisch).
1.Kinder haben automatisch ethische Wertvorstellungen und Gerechtigkeitssinn, die sich bei ihnen entwickeln, weil sie jahrelang existentiell abhängig waren vom guten Willen anderer Menschen. Das muß man fördern und weiterentwickeln -- dazu ist aber Religion nicht unbedingt nötig, nur Erziehung.
2. Die Letztbegründung der Moral ist dann eben ein abstrakter Wertekatalog, den die Menschen akzeptieren oder auch nicht aufgrund ihrer Persönlichkeit; und die wird ebenfalls im Kern durch die Bedürftigkeit des Säuglings und Kleinkinds geprägt. Folglich kann man keine beliebigen Thesen in den abstrakten Wertekatalog hineinnehmen, sondern eben nur solche, die auch akzeptiert werden.
Im Grunde bedeutet das: Von seiner Natur aus hat der Mensch Moral; aber das ist nicht unbedingt angeboren, sondern liegt daran, daß der Mensch eine "physiologische Frühgeburt" ist.
Wie Du siehst, ist für mich der "Keim des Guten" in Kindern also ein Ersatz für den Begriff "Gott/Religion" in den Fragen der Entstehung und Letztbegründung von Moral.
Du hingegen siehst im "Keim des Guten" in Kindern einen Hinweis auf Gott . (Wahrscheinlich gehe ich zu weit, wenn ich es eine Art "Gottesbeweis" nenne? ) Liege ich richtig, wenn ich vermute, daß Deine Meinung ist: "der Mensch ist von Natur aus moralisch, und zwar deshalb, weil Gott ihn moralisch gemacht hat"? Und weiter: "da der Keim des Guten im Menschen sowieso von Gott kommt, ist in Kindererziehung und bei Letztbegründung der Moral Gott/Religion zwar eine wünschenswerte Ergänzung, aber nicht unbedingt notwendig"? Wenn ja, dann gefällt mir Deine Meinung außerordentlich gut und ich finde sie einen gelungenen Kompromiß zwischen Toleranz gegenüber Nicht/Anders-gläubigen und dem Ernstnehmen des eigenen Glaubens.
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Jolesch Freund des kleineren Übels
Anmeldungsdatum: 11.07.2004 Beiträge: 7390
Wohnort: Omicron Persei VIII
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(#271150) Verfasst am: 07.03.2005, 09:21 Titel: |
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ein paar Anmerkungen
Tizi hat folgendes geschrieben: | aber ehrlich gesagt bin ich eher davon überzeugt, dass ein ausgeprägter Sozialsinn sowohl durch die Familiengemeinschaft, wie auch über entsprechend friedfertige Gene vermittelt werden. Siehe die bekanntermaßen unterschiedlich ausgeprägte Aggressionsschwelle bei Hunden. |
"friedfertige Gene" ist eine "menschelnde" Interpretation. Menschen arbeiten zusammen, d.h. Du hilfst deiner Familie und schlachtest dafür deine Nachbarn ab, weil z.B. sie dein Jagdrevier bedrohen. Diese Zusammenarbeit, genauso wie z.B. Brutpflege ist nicht primär moralisch "gut", sondern einfach im Laufe der Evolution so entstanden
Tizi hat folgendes geschrieben: |
Warum sollte die Rasse Mensch anders gestrickt sein? |
weil wir eine unterschiedliche Entwicklung durchgemacht haben. Der Hund hilft uns, nicht weil er ein "guter" Hund ist, sondern weil wir Menschen durchr lange Züchtung uns nützliche Merkmale verstärkt haben.
Tizi hat folgendes geschrieben: |
2. Wie schon erwähnt durch gesellschaftliche Konditionierung.
Als besonders beispielhaft betrachte ich da gerade die überwiegend jungen islamischen Selbstmordattentäter, die genauso, wie einst japanische Kamikazepiloten im guten Glauben bereitwillig ihr eigenes Leben dem Gemeinwohl opferten. Zugegebenermaßen die höchste Form sozialen Handelns. |
Ich muss hier Sermon zustimmen: Ich hab den Teil im Kontext gelesen, und trotzdem gefällt es mir nicht. event. liegts ja an der Wortwahl
Tizi hat folgendes geschrieben: |
Was wiederum dem eigenen Selbsterhaltungstrieb zuwiderlaufend vollkommen utopisch erscheint.
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Die Arterhaltung "wiegt" ja mehr als die Selbsterhaltung.
Tizi hat folgendes geschrieben: |
Als exemplarisches Beispiel möchte ich hier nur kurz den Kannibalismus erwähnen, der so gar nicht in das christlich geprägte Weltbild passen möchte, obwohl derartige Riten für die sogenannten Wilden sehr wohl einen sozialen Zweck erfüllten.
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wie war das mit dem "Blut und Leib Christi"
_________________ Storm by Tim Minchin
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AlphaOmega registrierter User
Anmeldungsdatum: 05.03.2005 Beiträge: 145
Wohnort: Berlin
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(#271396) Verfasst am: 07.03.2005, 18:47 Titel: |
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Hallo Otholic,
"ungläubige Menschen" sind wohl kaum "schlehte Menschen". Gott ist jedoch einen Gläubigen fassbarer. Doch diese Nähe zum Menschen dürfen wir nicht als selbstverständlich voraussetzen. Der Mensch darf nie vergessen, dass Gott nicht sein Besitz ist, über den er verfügen kann. Nur Gott kann zu uns kommen, nur er kann uns erwählen. Auf dieser Allmacht Gottes gründet auch Karl Barths (genialer Theologe!) Erwählungslehre.
Gott kann sich für den Menschen entscheiden und er wählt den Menschen, den er liebt, aus, denn wahllose Liebe wäre keine wahre Liebe. Auch hier hat der Mensch keine Möglichkeit die Entscheidung Gottes zu beeinflussen, Gott liebt allein aus Gnade (sola gratia), ohne Verdienst oder Anspruch des Menschen. Diese Wahl Gottes ist -so überraschend es auch klingen mag- für Barth ebenfalls unabhängig vom Glauben, wobei sich Barth gegen den verbreiteten Lehrsatz wendet, Gott liebe allein aus Glauben (sola fide).
Doch wir müssen uns immer bewusst sein, dass wir uns dieser Erwählung nicht sicher sein können, wir können nur Gottes Entscheidung abwarten: ,,Der Mensch steht in jedem Augenblick unter dem göttlichen entweder- oder" (Barth), also jeder Mensch kann in jedem Augenblick erwählt oder verworfen werden.
Auch der gläubigste Mensch, der frommste Bruder bleibt ein "Sünder". Für Gott spielt es keine Rolle, ob du nun "ein wenig" oder "ganz viel" Sündigst. Er kanns einfach nicht abhaben...aber das ist schon wieder zu religiös und geht am Thema vorbei.
1. Kinder haben es aber meiner Ansicht nicht unbedingt von alleine. Kennzeichnent hierfür finde ich das Beispiel der Kindersoldaten in Ruanda. Der Wille der Kinder kann beeinflusst werden. Wenn sie ständig zum Opfer gemacht werden und sich mit den Täter identifizieren, werden sie andere suchen, welche sie zu Opfern machen. Damit bekämpfen sie das Opfer in sich selbst.
So ist Erziehung wirklich sehr nötig, da hast du recht. Pestalozzi sagte jedoch einmal: "Jeder Art von Erziehung ist Religion."
2. Die Frage stellt sich aber hierbei ob es wahre Moral ist, oder nur zur schau getragende Gefühle, weil das Kind "gelernt" hat so zu handeln. Es will ja nicht das die Eltern "traurig sind". Es wird alles tun um die Eltern in ihrer "Pose" zu bestätigen. Das Ignorieren der Grenzen des Kindes, erweckt beim Kind Angst und Terror. Diejenigen welche ihm das Antun (Erzieher, Eltern), glauben aber das sich daraus immer mehr Beziehung entwickelt. Statt Beziehung entsteht jedoch Bindung, weil Angst diese Hervorruft.
Das Kind muß dann alles tun, um diese Angst zu beseitigen. Ein vergebliches Unterfangen, weshalb es für immer an Autoritätsfiguren gebunden und auf diese fixiert bleibt.
Später wird sich manchmal ein Kind gleichwohl von der elterlichen Autorität abwenden können, was dann als Ablösung gesehen wird. Doch dieser Prozeß beinhaltet nie die Ablösung aus der Abhängigkeit, sondern ist die Zuwendung hin zu neuen Autoritätsobjekten. Es werden hierbei also nur die Objekte der Abhängigkeit vertauscht, die Abhängigkeit als solche bleibt bestehen. Ablösung würde Trauerverarbeitung erfordern. Diese kann aber nur stattfinden, wenn zuvor echte Beziehung existiert hat, und nicht eine auf Angst basierende Bindung.
Eltern verneinen dies meist, weil es als Versagen erlebt werden würde. Beziehung würde ein Wechselspiel erfordern. Menschen, die von Angstbindungen gefesselt sind, leben in dem Glauben, sie sein offen für Liebe. Dabei kommen sie jedoch nicht zu einem und lieben einen, sie kommen zu einer Vorstellung und sagen "du bist meine Vorstellung!", so lieben sie sich selbst. Sie sind auf der Suche nach dem idealen Partner. Sie suchen das Spiegelbild in einem anderen, um sich endlich selbst lieben zu können, weil sie nie wirklich geliebt wurden. Hinter dem idealen Liebesobjekt liegt der vergrabene Haß auf das, was als "Liebe" erlebt wurde, nämlich die eigentliche Angstbindung. Jeder Mensch möchte sich von dieser Angstbindung erlösen. Die politische Konsequenz ist, daß jene politischen Führer, die ihren Haß auf Feindbilder richten, ihren Anhängern die Erlaubnis geben, diesen an anderen Opfern auszuleben. Das bringt dem vom Selbsthaß erfüllten Erlösung.
Ich finde es ist gar nicht mal so einfach von der "Moral" zu sprechen. Piaget hat jedoch sehr anschaulich die Moralentwicklung von Kindern in den siebzigern erforscht. An den oben genannten Theorien zeigt sich wie tief das doch gehn kann und wie verrückt unsere Welt eigentlich ist.
Ich sehe darin keinen Gottesbeweiß. Es ist eigentlich gar nicht möglich Gott zu beweisen (obwohl es echt gute Ansätze dafür gibt!). Ich glaube es war Kant, der mal gesagt hat man kann nicht beweisen das es Gott gibt, man kann jedoch auch nicht beweisen, dass es ihn nicht gibt. Kant war schon ein Könner, wah? *G*
Markus 8: Jesus stöhnte und sagte: "Wieso verlangt diese Generation einen Beweis? Ich versichere euch: Diese Generation bekommt nie und nimmer einen Beweis!" Damit ließ er sie stehen, stieg wieder ins Bott und fuhr ans andere Seeufer.
Ich sehe den Grund für eine Relgion nicht unbedint nur in der Moral. Dafür gibt es andere Gründe, welche von Belang sind. Die "Moral" oder "Ethik" ist ein nettes Gimmik. Dass bekommst du von Gott gratis dazu. PRAISE THE LORD!
Ne, ich glaube nicht, dass es unbedingt notwendig ist, aber ich finde es echt wünschenswert. Man verbaut den Kindern soviel, wenn man sie diese Erfahrung nicht machen läßt.
Aber ja, so ungefähr ist meine Meinung, so wie du sie definiert hast...
Um auf das Gläubig = gut und Ungläubig = schlecht zurückzukommen... Das wäre auf Dauer wohl ziemlich ungesund für die Psyche des Menschen, wenn er so denken würde. Das taten die Puritaner glaube ich schon sehr. Doppelte Prädestination und so weiter und so fort
Das Wort "schlecht" und "gut" gibt es auch in den semitischen, bzw. im aramäischen gar nicht so richtig. Dort heißt es eher "reif" und "unreif". Macht schon nen ganz anderen Sinn, oder?
In diesem Sinne möchte ich jede Art von Moralschule gutheißen und mit Jesu Worten schließen:
"Es werden noch viele kommen und sagen sie sprechen in meinen Namen: an ihren Früchten werdet ihr sie erkennen!"
Gottes Segen,
AO
2.
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Tizi registrierter User
Anmeldungsdatum: 10.06.2004 Beiträge: 19
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(#271543) Verfasst am: 07.03.2005, 23:31 Titel: |
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Hallo Onkelchen (wir sind ja flexibel )*g*.
Deinen ersten Absatz hab ich wohl nicht ganz verstanden.
Zumindest sehe ich gerade keinen Zusammenhang in Verbindung meiner angeführten friedlich stimmenden Gene und Deiner Jagdszene.
Hingegen, das belegt die Realität ja geradezu tagtäglich, gibt es Menschen, die scheinbar durch nichts aus der Ruhe zu bringen sind und eine Friedfertigkeit ausstrahlen die echt verblüffend ist. So völlig im Kontrast zu Menschen, die allein schon durch einen zufälligen Blick eines anderen äußerst gereizt reagieren.
Nicht von ungefähr wurden früher und heute Anstrengungen unternommen, um Menschen schablonenhaft zu typisieren. Ob wir diese Unterschiede nun genetisch, oder evolutionsbedingt nennen, dürfte da eigentlich auf´s selbe hinauslaufen.
Genauso ob wir etwas Selbst- oder Arterhaltung nennen, läuft doch ebenfalls aufs selbe hinaus. Oder glaubst Du etwas jemand würde sich selbst zugunsten der Arterhaltung zurücknehmen? Kaum vorstellbar.
Warum Du oder andere sich hier an meiner Wortwahl „besonders Beispielhaft“ und „Zugegebenermaßen die höchste Form sozialen Handelns“ stoßen, ist mir völlig schleierhaft.
Hier geht’s doch nicht darum derartige Taten zu glorifizieren, sonder darum, den edel dünkenden Gemeinschaftssinn herauszustellen. Genauso gut oder schlecht hätte ich jetzt auch das Beispiel vom selbstlosen Retter nennen können, der die eigene Gefahr nicht achtend z.B. ein in ein Eisloch versunkenen fremden Menschen zu Hilfe eilen wird.
Oder den treuen teutschen Soldaten, der für sein Vaterland bereit ist sein eigenes Leben zu geben. Na gut, vielleicht doch nicht ganz so freiwillig, aber der Sinn dürfte verständlich geworden sein.
Jetzt , da hoffentlich soweit einiges erklärt ist, könnte man doch eigentlich aus dem Ergebnis den Schluss ziehen, dass ein soziales Gewissen gemeinhin als tugend- und ehrenhaft bewertet wird. Nur lebt man eigentlich viel besser ohne derartige Tugenden, zumindest so lange man sich der eigenen Art noch sicher sein kann und versucht zum Nutzen des Selbsterhalt genussorientiert möglichst ohne auszukommen. Ist doch so, oder nicht?
Ein Wort möchte ich auch an AO richten.
Du bist offensichtlich ein gebildeter und belesener Mensch. Auch muss ich mich wohl etwas für meinen rüden Ton entschuldigen, denn natürlich spielen meine angeschnittenen Fragen auch in religiöse Bereiche hinein. Mir sind nur immer besonders solche Leute suspekt, die alle erdenklichen Register ziehen, um jemanden von der Notwendigkeit des Glaubens zu überzeugen.
Natürlich erkenne ich in Deinen Bemühungen durchaus den edlen Beweggrund. Für meine Begriffe (wow, hier markier ich gerade eine persönliche Grenze, schlimm nur wieder die animalische Ausdrucksweise, ich sehs ja auch) stehen Deine Argumente quantitativ in keinem rechten Verhältnis zu den hier erörterten Fragenstellungen.
Zumindest empfinde ich Deine rhetorisch bestechende Wortgewalt als regelrechten Dampfhammer dem irgendwie die Nachdruckskraft der Realität zu fehlen scheint.
Zumindest soweit, wenn Dich Anox zitiert hat, und Du die Meinung vertrittst Religion könne für Kinder gewinnbringend sein, oder sie suchten gar das Gebet.
Solche Aussagen kann nur jemand äußern der solche Vorstellungen im Geiste sucht, weil er keine Erfahrungen im realen Umgang mit Kindern hat.
Zufällig kann ich davon eine ganze Menge berichten. Schließlich gehörte ich vor längerer Zeit selber mal einer religiösen Gemeinschaft an, in der sehr gezielt darauf hingewirkt wurde, die Kinder möglichst schon von klein auf, im christlich Sinne „aufzuklären“.
Um es kurz zu machen statt Glückseeligkeit strahlten nahezu alle Kinder mit zunehmenden Alter Ängstlichkeit und Frust aus.
Was Wunder, denn die sogenannten Heilslehren, so schön sie sich ja für erwachsene Sünder anbieten, so destruktiv trägt ihre Lehre unter Kindern zu unnötigen Verängstigungen bei.
Ja ich möchte meinen, man könnte es auch mit dem Verlust kindlicher Unschuld bezeichnen, weil sie durch die polarisierenden Heilslehren gezwungen werden gegen ihr naturell Stellung zwischen Gut und Böse zu beziehen.
Ich finde etwas schlimmeres kann man Kindern fast nicht mehr antun, weil sie ab diesem Moment ständig im Bewusstein des Bösen und ständig in Schuldgefühlen Leben, ob eine Entscheidung gut oder schlecht war.
Dazu sind Kinder aber weder intellektuell fähig, noch bereit, sich derart festlegen zu müssen. Weshalb sie, wie ich es selber zig mal selber ganz real beobachten konnte, in ständigen Angst leben. Vor dem Bösen generell, vor Versagensängsten und letztendlich auch in Frust, weil weder ihre Vorbilder noch sie selbst die gesteckten Erwartungen jemals erfüllen können.
Ähnlich verhält es sich ja auch mit sexueller Aufklärung.
Ab dem Moment wo man dem Kind Maßgaben vorgibt, was schicklich und dergleichen zu sein hat, beraubt man die Kinder der Möglichkeit sich selbst unvoreingenommen zu entdecken.
Im übrigen habe ich selber Kinder und habe noch früh genug den Absprung geschafft, um meine Kinder so manch religiösen Unsinn zu ersparen.
Und Du glaubst gar nicht, wie ungezwungen die inzwischen herangewachsen sind.
Sie sind zwar trotz der mahlenden Mühle Schule immer noch sehr verspielt, aber gerade das zeig mir, das sie sich noch immer unbekümmert des Lebens erfreuen können.
Ich denke die echte Härte des Lebens werden sie eh noch früh genug kennen lernen.
Das nenne ich jedenfalls den Unterschied zwischen Theorie und Praxis.
Einen schönen Abend wünschend
cu Tizi
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AlphaOmega registrierter User
Anmeldungsdatum: 05.03.2005 Beiträge: 145
Wohnort: Berlin
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(#271579) Verfasst am: 08.03.2005, 00:30 Titel: |
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Hallo Tizi,
ich bin auch nicht dafür das man Kinder so sehr in eine religiöse Ecke drängt, dass sie eingeschütert sind. Dass sie Angst haben oder so. Es gibt nichts schwierigeres als Kindern den Glauben nahe zu bringen. Da muss man sehr vorsichtig sein. Viele Bücher der Bibel waren damals in Isreal nicht umsonst erst ab 30 erlaubt - weil sie schwer verständlich sind.
Ich möchte hier nicht die absolute Notwendigkeit des Glaubens propagieren, jedoch auch seine heilenden Aspekte nicht verheimlichen möchte.
Nun möchte ich dir jedoch sagen, dass ich sehr wohl Erfahrungen mit Kindern gesammelt habe. Ich habe zwar keine eigenen Kinder, jedoch arbeite ich als Erzieher. Ich mache sowas also beruflich. Und glaub mir: manche Kinder WOLLEN wirklich davon hören... andere eher nicht. Zwingen finde ich auch total schlecht.
Welcher Gemeinschaft hast du angehört? War es eine Freikirche oder so?
Was man NIEMALS mit Kinder machen darf ist: "Ess schön dein essen auf, SONST ist der LIEBE GOTT ganz BÖSE mit dir! Der mag nur die LIEBEN Kinder...." Das erzeugt einen ungeheueren Druck. So wurden vor einigen Jahrzehnten noch die Kinder erzogen. Davon möchte ich mich natuerlich auch sehr klar distanzieren.
Kinder nehmen schon früh Stellung zwischen Gut und Böse. Das geht doch schon bei den Märchen los. Kinder bis zum fünften Lebensjahr haben eine polarität des Denkens. Menschen sind entweder total gut oder total schlecht. Differenzen gibt es da nicht. "Du bist nicht mehr mein Freund!"
Nun möchte ich auch nicht unbedingt sagen, dass man das pauschalisieren kann und gleich sagen kann religiöse Erziehung = keine sexuelle Aufklärung usw. Sowas mag es geben... ok ok.. aber das entspricht sicherlich nicht der Regel.
Man gibt dem Kind aber unbewußt schon von anfang an etwas mit was schicklich ist und was nicht. Das hat ja nichts mit Religion oder sonst was zu tun. Wir zwingen den Kindern doch unseren Willen auf. Es ist der Wahnsinn, wenn man es sich mal richtig durch den Kopf gehen läßt.
Warum bist du abgesprungen? welche beweggründe gab es da?
Wenn sie die wahre härte des Lebens erfahren. (also meistens in der Adoleszenz, wenn es zu einer Infragestellung des Selbstbildes kommt.) Welche Bereiche sind für unsere Fragestellung von Belang?
Auffallend sind folgende Bereiche:
-eigene ethische, religiöse, politische und ästhetische Orientierung ist notwendig und charakteristisch für die Adoleszenz, gerade um sich in der Pluralität der Perspektivitäten zurecht zu finden,
- können nicht mehr so sehr auf tradierte Verhaltensmuster zurückgreifen und werden früh mit der Vielfältigkeit unserer heutigen Gesellschaft konfrontiert,
- tragen somit schon früher Verantwortung für einen sinnvollen Lebenslauf und müssen mehr Entscheidungen treffen,
Sie sind stark auf sich allein gestellt, ohne die selbstverständliche Einbindung in soziale Milieus, die heute nicht mehr typisch ist. Nun müssen die Jugendlichen die Erfahrungen von Einzigartigkeit und Unverwechselbarkeit gegen schwierige äußere Bedingungen durchsetzen. Es kann sich verunsichernd auf sie Auswirken. Das ist die Desintegration. Die Schattenseite der Individualisierung. Sie ist auch ein Grundfaktor fpr die nachlassende "soziale Kompetenz" der Jugend. Denn Verunsicherung führt zu Frustration...und Frustration KANN zu Aggression führen, vgl. frustrations-aggression-kette....
Ok, wenn du glaubst, dass eine Religion die Kinder daran hindert Kinder zu sein, dann kann ich deine Ablehnung voll und ganz verstehen.
Ich hab in einer evangelischen KiTa gearbeite und auch oft im JuGo mitgeholfen. Also das war immer total softe...nix mit: TUUUEE BUUUßE UND WASCHE DICH REIN VON DEINEN SÜÜÜÜÜNDEN! SAAATAN WEIICHE!
Sorry, meine Polemik ist in dieser Fall vielleicht nicht angebracht. Denn Mißbrauch durch Sekten an der Seele von Kindern gibt es ja wirklich...
wünscht auch einen gesegneten Abend,
AO
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