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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1358166) Verfasst am: 11.09.2009, 11:27 Titel: |
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ballancer hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Nach derzeit bestem Wissen kann es eine solche Gesamtschau in bezug auf unser Universum überhaupt nicht geben, da sie mit den Naturgesetzen nicht vereinbar wäre. | Dann sind wir uns ja mal fast einig, denn wenn Menschen diese nicht erlangen können, dann 'gibt' es diese im Sinne einer menschlichen Erkenntnis nicht. |
Ja, und auch nicht für irgendein anderes Wesen. Denn das ist keine Eigenschaft des Menschen (wie z.B. mangelnde Intelligenz), sondern des Universums. |
Heute mal anthropozentrisch drauf? |
Wie bitte?
ballancer hat folgendes geschrieben: | Laplace war auch Atheist, konnte sich aber einen hypothetischen Dämon vorstellen ...  |
Tja, die damals bekannten Naturgesetze ließen das ja auch wenigstens prinzipiell zu.
ballancer hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | Ein wahrer Satz muss keine universelle Gültigkeit haben, sondern einen definierten Gültigkeitsbereich. Die Newtonsche Mechanik ist im Rahmen seines Gültigkeitsbereiches wahr, außerhalb dieses eben nicht. | Dann ist sie aber nicht in der Realität wahr, sondern nur in einem Modell, das einen Ausschnitt der Realität modelliert. Das sagt dann auch nicht mehr aus, als daß die Theorie "gut funktioniert". | Und wenn? Eine Theorie, die gut in einem definierten Gültigkeitsbereich funktioniert, hat Teil an der Wahrheit. |
Demnach wäre Wahrheit dann aber wieder nur über das "gut funktionieren" definiert, also so etwas wie "Plausibilität". Wenn Dir das ausreicht, sind wir uns einig.
ballancer hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Gerade wenn man zeigen könnte, daß die Welt ein Kalkül ist (daß die Physik auf Mathematik beruht sozusagen), dann könnte man in ihr von wahren Sätzen reden, von denen einige sogar formal beweisbar wären. | Aber auch das ist nur Modell. Du hättest lediglich gezeigt, Dass dieses Modell mit der Realität übereinstimmt. | Ja, aber diese Äquivalenz hätte in einem formalen Kalkül eine andere Bedeutung als jetzt, wo wir die Realität als irgendwie kontingent ansehen müssen. | Sehe ich nicht so, denn ein Modell muss nur eine wahre Abbildung sein, keine vollständige Abbildung, die mit der Realität identisch ist. |
Ein Beispiel: In einem formalen Kalkül kann ein Beweis für einen wahren Satz unstrittig geführt werden. Ein "Beweis" für eine gute Theorie in einer Realität, die nicht äquivalent zu einem Kalkül ist, kann dagegen niemls stringent geführt werden. Zum Beispiel könnte ein Experiment beim nächsten Versuch schiefgehen. Es ist also berechtigt, in beiden Fällen von verschiedenen Klassen von "Wahrheiten" und "Beweisen" zu sprechen.
ballancer hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | Eine erwiesene Identität zwischen Modell und Realität würde einem scholastischen Gottesbeweis recht nahe kommen. | Richtig, von der Struktur wäre das sehr ähnlich. Nur daß es andere Eigenschaften wären und eine bessere empirische Fundierung. | Du scheinst der Empirie ein höheres Gewicht beizumessen als der Logik. Darin unterscheidest du dich von der Scholastik. Sonst eher nicht. |
Naja, ich unterscheide mich auch sonst noch in sehr vielen Dingen von der Scholastik ...
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1358801) Verfasst am: 12.09.2009, 15:13 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Nach derzeit bestem Wissen kann es eine solche Gesamtschau in bezug auf unser Universum überhaupt nicht geben, da sie mit den Naturgesetzen nicht vereinbar wäre. | Dann sind wir uns ja mal fast einig, denn wenn Menschen diese nicht erlangen können, dann 'gibt' es diese im Sinne einer menschlichen Erkenntnis nicht. |
Ja, und auch nicht für irgendein anderes Wesen. Denn das ist keine Eigenschaft des Menschen (wie z.B. mangelnde Intelligenz), sondern des Universums. |
Heute mal anthropozentrisch drauf? |
Wie bitte? |
Du setzt hier die eigene Erkenntnis, bzw. die der Menschheit als das Maß des Universums an.
Weder kannst du damit aber die Existenz anderer Wesenheiten noch von Aliens ausschließen. Und was jene Wissen oder nicht, entzieht sich schlicht unserer Erkenntnis.
step hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | Laplace war auch Atheist, konnte sich aber einen hypothetischen Dämon vorstellen ...  |
Tja, die damals bekannten Naturgesetze ließen das ja auch wenigstens prinzipiell zu. |
Nein, das taten sie auch genau so wenig wie heute. Es war damals schon ein rein hypothetisches Gedankenexperiment. Die Tatsache, dass man heute in der Lichtgeschwindigkeit eine absolute Grenze sieht, hindert niemanden daran, auch über Überlichtgeschwindigkeit zu hypothetisieren.
step hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | Ein wahrer Satz muss keine universelle Gültigkeit haben, sondern einen definierten Gültigkeitsbereich. Die Newtonsche Mechanik ist im Rahmen seines Gültigkeitsbereiches wahr, außerhalb dieses eben nicht. | Dann ist sie aber nicht in der Realität wahr, sondern nur in einem Modell, das einen Ausschnitt der Realität modelliert. Das sagt dann auch nicht mehr aus, als daß die Theorie "gut funktioniert". | Und wenn? Eine Theorie, die gut in einem definierten Gültigkeitsbereich funktioniert, hat Teil an der Wahrheit. |
Demnach wäre Wahrheit dann aber wieder nur über das "gut funktionieren" definiert, also so etwas wie "Plausibilität". Wenn Dir das ausreicht, sind wir uns einig.
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In pragmatischer Hinsicht würde ich das sogar bejahen. In definitorischer Hinsicht nicht, denn Wahrheit ist nicht durch die Pragmatik definiert sondern die Praxis ist von der Wahrheit bestimmt, oder sollte es zumindest sein. Die approximative Erkenntnis der Wahrheit ist allerdings durch die Praxis, also Empirie, bestimmt.
step hat folgendes geschrieben: |
ballancer hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Gerade wenn man zeigen könnte, daß die Welt ein Kalkül ist (daß die Physik auf Mathematik beruht sozusagen), dann könnte man in ihr von wahren Sätzen reden, von denen einige sogar formal beweisbar wären. | Aber auch das ist nur Modell. Du hättest lediglich gezeigt, Dass dieses Modell mit der Realität übereinstimmt. | Ja, aber diese Äquivalenz hätte in einem formalen Kalkül eine andere Bedeutung als jetzt, wo wir die Realität als irgendwie kontingent ansehen müssen. | Sehe ich nicht so, denn ein Modell muss nur eine wahre Abbildung sein, keine vollständige Abbildung, die mit der Realität identisch ist. |
Ein Beispiel: In einem formalen Kalkül kann ein Beweis für einen wahren Satz unstrittig geführt werden. Ein "Beweis" für eine gute Theorie in einer Realität, die nicht äquivalent zu einem Kalkül ist, kann dagegen niemls stringent geführt werden. Zum Beispiel könnte ein Experiment beim nächsten Versuch schiefgehen. Es ist also berechtigt, in beiden Fällen von verschiedenen Klassen von "Wahrheiten" und "Beweisen" zu sprechen.
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Eingeschränkte Zustimmung. Die Erkenntnisgrenze ist beim Menschen m.E. undurchdringlich. Darum kann man sehr wohl die absolute Wahrheit (singular!) als gegeben voraussetzen, und auch glauben diese zumindest partiell zu erfassen, nicht aber beanspruchen, ungeglaubtes Wissen über diese Wahrheit zu haben.
Du hast folglich korrekt dargestellt, dass man innerhalb von Modellen (du nennst diese wohl 'Kalkül') zu gültigen Beweisen kommen kann, nicht aber in der Realität.
Denn eine von die geforderte Äquivalenz hat zwei grundsätzliche Probleme:
1. Vollständigkeit: Die Theorie müsste, um wahrhaft äquivalent zu sein, Vollständigkeit aufweisen. Alle Variablen, die im Modell out of sope sind, könnten zu Seiteneffekten führen.
2. Irrtumsmöglichkeit: Jede Messung und Deutung kann sich von der Wahrheit grundsätzlich unterscheiden.
Jedes Modell strebt also nach der kongruenten Abbildung der Realität, kann diese aber grundsätzlich nicht vollständig erreichen.
step hat folgendes geschrieben: |
ballancer hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | Eine erwiesene Identität zwischen Modell und Realität würde einem scholastischen Gottesbeweis recht nahe kommen. | Richtig, von der Struktur wäre das sehr ähnlich. Nur daß es andere Eigenschaften wären und eine bessere empirische Fundierung. | Du scheinst der Empirie ein höheres Gewicht beizumessen als der Logik. Darin unterscheidest du dich von der Scholastik. Sonst eher nicht. |
Naja, ich unterscheide mich auch sonst noch in sehr vielen Dingen von der Scholastik ... |
Z.B. ? Der christliche Gottesglaube ist zwar eine Grundlage der Scholastik, von der sie sich aber gerade gelöst hat. Denn es ging eben nicht um biblizistische Beweise, sondern um logische Herleitungen. Die Stringenz, mit der hier Begründungen gefordert waren, knüpft an Aristoteles und nicht an der Offenbarung an.
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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lumar multiplying reflection of an ancient broken mirror
Anmeldungsdatum: 28.10.2006 Beiträge: 456
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(#1358833) Verfasst am: 12.09.2009, 15:35 Titel: |
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ballancer hat folgendes geschrieben: |
Du setzt hier die eigene Erkenntnis, bzw. die der Menschheit als das Maß des Universums an.
Weder kannst du damit aber die Existenz anderer Wesenheiten noch von Aliens ausschließen. Und was jene Wissen oder nicht, entzieht sich schlicht unserer Erkenntnis. |
Folgendes Problem tritt doch unabhängig von der Frage nach der Informationsgewinnung und der Kapazität des Repräsentationsapparates auf bei "vollständigen" Modellen oder einer "Gesamtschau der Realität": Eine Gesamtschau, eine vollständige Repräsentation der Realität beinhaltet auch den Gesamtschauenden, ebenso seine vollständige Repräsentation, die den Gesamtschauenden beinhaltet und seine vollständige Repräsentation, die den Gesamtschauenden beinhaltet usw. usf.
Du glaubst, ein Mehr an Wissen löst dies auf, hältst dies also nicht für ein grundsätzliches Problem, sondern für ein Problem mangelnder Erkenntnis?
_________________ By this art you may contemplate the variation of the 23 letters . . .
The Anatomy of Melancholy, part 2, sect. II, mem. IV.
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Yogosh Leisetreter ...und Klugscheisser
Anmeldungsdatum: 19.03.2009 Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin
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(#1358841) Verfasst am: 12.09.2009, 15:41 Titel: |
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@step: Verstehe ich Dich richtig, dass Dein Hauptanliegen in den letzten paar Beiträgen war einen prinzipiellen Unterschied zwischen Wahrheit und Beweis mittels einer Deduktion in einem formalen Kalkül einerseits und vermittles Induktion und Empirie andererseits zu machen?
_________________ "If the King's English was good enough for Jesus Christ, it's good enough for the children of Texas!" - Miriam Amanda "Ma" Ferguson, Governor of Texas, als Begründung gegen Spanischunterricht
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der kleine Fritz registrierter User
Anmeldungsdatum: 24.06.2005 Beiträge: 2183
Wohnort: Planet Erde
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(#1358845) Verfasst am: 12.09.2009, 15:48 Titel: |
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ballancer hat folgendes geschrieben: | Die Tatsache, dass man heute in der Lichtgeschwindigkeit eine absolute Grenze sieht, hindert niemanden daran, auch über Überlichtgeschwindigkeit zu hypothetisieren. |
Aber na klar doch ballancer .....besonders könnte man darüber hypothetisieren (!), daß es ja dem allmächtigen, personalen Gott im Himmel durchaus möglich sein wird, bei Bedarf mit Überlichtgeschwindigkeit eine bestimmte Örtlichkeit zu erreiche!!!
_________________ und Gott bleibt stumm....
um so eifriger schwatzen seine selbsternannten Missionare.
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1358849) Verfasst am: 12.09.2009, 15:54 Titel: |
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lumar hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: |
Du setzt hier die eigene Erkenntnis, bzw. die der Menschheit als das Maß des Universums an.
Weder kannst du damit aber die Existenz anderer Wesenheiten noch von Aliens ausschließen. Und was jene Wissen oder nicht, entzieht sich schlicht unserer Erkenntnis. |
Folgendes Problem tritt doch unabhängig von der Frage nach der Informationsgewinnung und der Kapazität des Repräsentationsapparates auf bei "vollständigen" Modellen oder einer "Gesamtschau der Realität": Eine Gesamtschau, eine vollständige Repräsentation der Realität beinhaltet auch den Gesamtschauenden, ebenso seine vollständige Repräsentation, die den Gesamtschauenden beinhaltet und seine vollständige Repräsentation, die den Gesamtschauenden beinhaltet usw. usf.
Du glaubst, ein Mehr an Wissen löst dies auf, hältst dies also nicht für ein grundsätzliches Problem, sondern für ein Problem mangelnder Erkenntnis? |
Warum sollte der Gesammtschauende sich nicht selbst erkennen können?
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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lumar multiplying reflection of an ancient broken mirror
Anmeldungsdatum: 28.10.2006 Beiträge: 456
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(#1358879) Verfasst am: 12.09.2009, 16:33 Titel: |
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ballancer hat folgendes geschrieben: |
Warum sollte der Gesammtschauende sich nicht selbst erkennen können? |
Es geht um sich selbst vollständig erkennen zu können.
1. Dies führt zu einem unendlichen Regress. Wird abgebrochen, ist die Gesamtschau nicht vollständig.
2. Du bestehst aus X_Total Elementarteilchen und willst dich vollständig repräsentieren, d.h. dich selbst detailgetreu darstellen. Für die mentale Repräsentation eines Atoms benötigst du eine Nervenzelle (um es ein wenig zu simplifizieren), die aus X_N Elementarteilchen besteht. Also werden für die vollständige Repräsentation X_Total * X_N Elementarteilchen benötigt. Eine vollständige mentale Repräsentation ist also nicht leistbar. Und dies berücksichtigt nicht einmal strukturelle Informationen.
_________________ By this art you may contemplate the variation of the 23 letters . . .
The Anatomy of Melancholy, part 2, sect. II, mem. IV.
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der kleine Fritz registrierter User
Anmeldungsdatum: 24.06.2005 Beiträge: 2183
Wohnort: Planet Erde
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(#1358881) Verfasst am: 12.09.2009, 16:38 Titel: |
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ballancer hat folgendes geschrieben: | Warum sollte der Gesammtschauende sich nicht selbst erkennen können? |
und
ballancer hat folgendes geschrieben: | - Gott offenbart sich vor allem in Jesus Christus. Durch das NT können wir hinreichend darüber erfahren, um mit ihm persönlich in Kontakt zu kommen. |
Na ballancer, dann nimm doch mal persönlichen (!) Kontakt auf und frag ihn selbst, die Antwort ist vielleicht ganz simpel, der Gesamtschauende hat keinen Spiegel oder das Licht noch nicht erfunden!!
_________________ und Gott bleibt stumm....
um so eifriger schwatzen seine selbsternannten Missionare.
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Yogosh Leisetreter ...und Klugscheisser
Anmeldungsdatum: 19.03.2009 Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin
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(#1358896) Verfasst am: 12.09.2009, 17:07 Titel: |
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Was hat die Möglichkeit einer Gesamtschau der Welt mit der Beschaffenheit oder Existenz von wissenschaftlichen Methoden zu tun?
_________________ "If the King's English was good enough for Jesus Christ, it's good enough for the children of Texas!" - Miriam Amanda "Ma" Ferguson, Governor of Texas, als Begründung gegen Spanischunterricht
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1358921) Verfasst am: 12.09.2009, 18:21 Titel: |
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lumar hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: |
Warum sollte der Gesammtschauende sich nicht selbst erkennen können? |
Es geht um sich selbst vollständig erkennen zu können.
1. Dies führt zu einem unendlichen Regress. Wird abgebrochen, ist die Gesamtschau nicht vollständig. |
Du scheinst anzunehemen, dass die Erkenntnis seiner selbst zu einer Veränderung der Erkenntnis führt, die dann wiederum in einem Zyklus neu geschaut werden müsse. Dies ist jedoch weder im Iterativen Modell, noch von der generischen Modellfrage her zwingend.
1. Im Iterativen Modell werden eine Menge zusätzlicher Annahmen gemacht. Vor allem: Erkenntnis ist ein zeitlicher Prozess, der der Veränderung unterliegt.
Abgesehen Davon, dass dies natürlich nicht mit dem Konzept der Gesamtschau kompatibel ist, sondern ein konventionelles Erkenntnismodell darstellt, ist es dennoch im genannten Anwendungsfall unkritische. Denn selbst unter diesen Annnahmen würden die Delta-Zyklen rasch gegen Delta = 0 streben, dass hier keine signifikante Differenz mehr angenommen werden muss.
2. Das generische Erkenntnismodell macht keine Annahmen über Zeitlichkeit und Entwicklungsprozesse der Gesamtschau. Es postuliert lediglich die Vollständigkeit der Schau - nicht aber, wie diese gewonnen werden kann.
Es dürfte Einigkeit darüber bestehen, dass keine Gesamtschau als erreichbares Ziel der Wissenschaften erwartet werden kann.
lumar hat folgendes geschrieben: | 2. Du bestehst aus X_Total Elementarteilchen und willst dich vollständig repräsentieren, d.h. dich selbst detailgetreu darstellen. Für die mentale Repräsentation eines Atoms benötigst du eine Nervenzelle (um es ein wenig zu simplifizieren), die aus X_N Elementarteilchen besteht. Also werden für die vollständige Repräsentation X_Total * X_N Elementarteilchen benötigt. Eine vollständige mentale Repräsentation ist also nicht leistbar. Und dies berücksichtigt nicht einmal strukturelle Informationen. |
Diese Argumentation könnte gegen die physische Existenz des Laplace'schen Dämon vorgetragen werden. Allerdings ist dieses Konzept als Gedankenexperiment für das Wirklichkeitsverständnis im Kontext der wissenschaftlichen Methode durchaus in die Geschichte eingegangen. Ich sehe das Problem nicht, dass eine physische Abbildung dieses Dämons überhaupt erforderlich sei.
Als Anmerkung mag das mystische Verständnis der Welt dienen, dass die Substanz des Universums ohnehin nur virtuell sei, eben ein Gedanke Gottes, bzw. die Varianten des Hinduismus, Buddhismus etc.
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1358922) Verfasst am: 12.09.2009, 18:26 Titel: |
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Yogosh hat folgendes geschrieben: | Was hat die Möglichkeit einer Gesamtschau der Welt mit der Beschaffenheit oder Existenz von wissenschaftlichen Methoden zu tun? |
Wenn es eine objektive Realität gibt, dann kann man sich auch eine Gesamtschau dieser Vorstellen, selbst wenn man keine Möglichkeit sieht, diese zu realisieren. Die Spekulation über diese Möglichkeit zeigt aber auch die Erkenntnisgrenzen und führt zu methodischen Überlegungen, wie die Perspektivität wissenschaftlicher Erkenntnis verstanden werden kann.
Ist jedoch eine Gesamtschau der Welt noch nicht einmal denkbar, ist auch der Gedanke einer objektiven Realität in Disposition. Was also untersucht Naturwissenschaft dann noch?
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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lumar multiplying reflection of an ancient broken mirror
Anmeldungsdatum: 28.10.2006 Beiträge: 456
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(#1358924) Verfasst am: 12.09.2009, 18:42 Titel: |
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ballancer hat folgendes geschrieben: |
Du scheinst anzunehemen, dass die Erkenntnis seiner selbst zu einer Veränderung der Erkenntnis führt, die dann wiederum in einem Zyklus neu geschaut werden müsse. Dies ist jedoch weder im Iterativen Modell, noch von der generischen Modellfrage her zwingend.
1. Im Iterativen Modell werden eine Menge zusätzlicher Annahmen gemacht. Vor allem: Erkenntnis ist ein zeitlicher Prozess, der der Veränderung unterliegt.
Abgesehen Davon, dass dies natürlich nicht mit dem Konzept der Gesamtschau kompatibel ist, sondern ein konventionelles Erkenntnismodell darstellt, ist es dennoch im genannten Anwendungsfall unkritische. Denn selbst unter diesen Annnahmen würden die Delta-Zyklen rasch gegen Delta = 0 streben, dass hier keine signifikante Differenz mehr angenommen werden muss.
2. Das generische Erkenntnismodell macht keine Annahmen über Zeitlichkeit und Entwicklungsprozesse der Gesamtschau. Es postuliert lediglich die Vollständigkeit der Schau - nicht aber, wie diese gewonnen werden kann. |
Beispiel: Ein Computer simuliert sich selbst, enthält also eine Simulation des Computers, die eine Simulation des Computers enthält, die... Das ist der unendliche Regress. Was du hier mit Veränderung der Erkenntnis meinst, verstehe ich nicht.
ballancer hat folgendes geschrieben: |
Ist jedoch eine Gesamtschau der Welt noch nicht einmal denkbar, ist auch der Gedanke einer objektiven Realität in Disposition. Was also untersucht Naturwissenschaft dann noch? |
Das vollständige Modell des Universums ist das Universum.
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Yogosh Leisetreter ...und Klugscheisser
Anmeldungsdatum: 19.03.2009 Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin
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(#1359127) Verfasst am: 13.09.2009, 02:13 Titel: |
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ballancer hat folgendes geschrieben: | Yogosh hat folgendes geschrieben: | Was hat die Möglichkeit einer Gesamtschau der Welt mit der Beschaffenheit oder Existenz von wissenschaftlichen Methoden zu tun? |
Wenn es eine objektive Realität gibt, dann kann man sich auch eine Gesamtschau dieser Vorstellen, selbst wenn man keine Möglichkeit sieht, diese zu realisieren. Die Spekulation über diese Möglichkeit zeigt aber auch die Erkenntnisgrenzen und führt zu methodischen Überlegungen, wie die Perspektivität wissenschaftlicher Erkenntnis verstanden werden kann.
Ist jedoch eine Gesamtschau der Welt noch nicht einmal denkbar, ist auch der Gedanke einer objektiven Realität in Disposition. Was also untersucht Naturwissenschaft dann noch? |
Wenn bei einer solchen Gesamtschau ein Bewußtsein mitgedacht wird (was das Wort 'Gesamtschau' ja nahelegt), in dem diese Gesamtschau vollzogen werden soll handelt man sich höchstens einen Haufen Probleme ein weil Bewußtsein so eins der Dinge ist über die wir nicht gerade viele Erkenntisse, dafür aber wahrscheinlich eine Menge Missverständnisse und ungeklärte Begrifflichkeiten haben. Ausserdem muss so ein Bewußtsein und diese Schau ja selbstreferent sein, was - wie Lumar betont hat - immer Schwierigkeiten bereitet.
Wenn man so was weglässt und einfach bei der Gesamtheit der wahren Sätze über all das was in der Welt kausal wirken kann bleibt, zahlt man einen geringeren Preis für einen Wahrheitsbegriff, wie Du ihn vertrittst. Man braucht bloß Propositionen als abstrakte Gegenstände (die nicht kausal wirken) und kein denkbares Weltbewußtsein. Das scheint mit wesentlich weniger fehleranfällig zu sein.
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Kramer postvisuell
Anmeldungsdatum: 01.08.2003 Beiträge: 30878
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(#1359129) Verfasst am: 13.09.2009, 02:31 Titel: |
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ballancer hat folgendes geschrieben: |
Du scheinst anzunehemen, dass die Erkenntnis seiner selbst zu einer Veränderung der Erkenntnis führt, die dann wiederum in einem Zyklus neu geschaut werden müsse. Dies ist jedoch weder im Iterativen Modell, noch von der generischen Modellfrage her zwingend. |
Die Erkenntnis des Selbst führt nicht zu einer Veränderung der Erkenntnis, aber zu einer Veränderung des Selbst, dass sich selber erkennt. Wenn ein Selbst ohne Selbsterkenntnis sich nicht von einem Selbst mit Selbsterkenntnis unterscheiden würde, dann gäbe es keinen Unterschied zwischen diesen beiden Selbst, also auch keine Selbsterkenntnis. Da ein Selbst sich initial nur selbst erkennen kann, wenn es sich noch nicht selbst erkannt hat, stellt sich die Frage, was da überhaupt erkannt wird bzw. ob das, was erkannt wird, nach der Erkennung noch mit dem identisch ist, was erkannt wurde. Das Selbst erkennt sich im Zustand der fehlenden Selbsterkenntnis und ist danach nicht mehr das, was es erkannt hat.
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1359341) Verfasst am: 13.09.2009, 14:55 Titel: |
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Kramer hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: |
Du scheinst anzunehemen, dass die Erkenntnis seiner selbst zu einer Veränderung der Erkenntnis führt, die dann wiederum in einem Zyklus neu geschaut werden müsse. Dies ist jedoch weder im Iterativen Modell, noch von der generischen Modellfrage her zwingend. |
Die Erkenntnis des Selbst führt nicht zu einer Veränderung der Erkenntnis, aber zu einer Veränderung des Selbst, dass sich selber erkennt. Wenn ein Selbst ohne Selbsterkenntnis sich nicht von einem Selbst mit Selbsterkenntnis unterscheiden würde, dann gäbe es keinen Unterschied zwischen diesen beiden Selbst, also auch keine Selbsterkenntnis. Da ein Selbst sich initial nur selbst erkennen kann, wenn es sich noch nicht selbst erkannt hat, stellt sich die Frage, was da überhaupt erkannt wird bzw. ob das, was erkannt wird, nach der Erkennung noch mit dem identisch ist, was erkannt wurde. Das Selbst erkennt sich im Zustand der fehlenden Selbsterkenntnis und ist danach nicht mehr das, was es erkannt hat. |
Damit hast du lediglich gezeigt, dass eine Gesamtschau nur dass sein kann, was die Selbsterkenntnis einbezieht. Wo aber sollte dann ein Widerspruch herkommen ? ... zumal ja niemand behauptet hatte, dass die Gesamtschau die Selbsterkenntnis nicht einbezieht.
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1359347) Verfasst am: 13.09.2009, 15:03 Titel: |
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lumar hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: |
Du scheinst anzunehemen, dass die Erkenntnis seiner selbst zu einer Veränderung der Erkenntnis führt, die dann wiederum in einem Zyklus neu geschaut werden müsse. Dies ist jedoch weder im Iterativen Modell, noch von der generischen Modellfrage her zwingend.
1. Im Iterativen Modell werden eine Menge zusätzlicher Annahmen gemacht. Vor allem: Erkenntnis ist ein zeitlicher Prozess, der der Veränderung unterliegt.
Abgesehen Davon, dass dies natürlich nicht mit dem Konzept der Gesamtschau kompatibel ist, sondern ein konventionelles Erkenntnismodell darstellt, ist es dennoch im genannten Anwendungsfall unkritische. Denn selbst unter diesen Annnahmen würden die Delta-Zyklen rasch gegen Delta = 0 streben, dass hier keine signifikante Differenz mehr angenommen werden muss.
2. Das generische Erkenntnismodell macht keine Annahmen über Zeitlichkeit und Entwicklungsprozesse der Gesamtschau. Es postuliert lediglich die Vollständigkeit der Schau - nicht aber, wie diese gewonnen werden kann. |
Beispiel: Ein Computer simuliert sich selbst, enthält also eine Simulation des Computers, die eine Simulation des Computers enthält, die... Das ist der unendliche Regress. |
Eine Simulation muss kein vollständiges und unverändertes Abbild seiner selbst sein. Darum sagt deine Konstruktion auch nichts über die Beschaffenheit der Gesamtschau. Das Kalkul eines unendlichen Regresses ist keine Reale Abbildung, sondern ein virtuelles Konstrukt, vergleichbar mit einem Paradoxon.
lumar hat folgendes geschrieben: | Was du hier mit Veränderung der Erkenntnis meinst, verstehe ich nicht. |
-> Siehe Kramers Beitrag.
lumar hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: |
Ist jedoch eine Gesamtschau der Welt noch nicht einmal denkbar, ist auch der Gedanke einer objektiven Realität in Disposition. Was also untersucht Naturwissenschaft dann noch? |
Das vollständige Modell des Universums ist das Universum. |
Du benutzt synonyme Begriffe, jedoch mit problematischer Definition. Was ist denn das Universum? Ist es der Einschluss aller Konstrukte der Geistesgeschichte? Einschließlich der Hypothesen der Multiversen? Oder gar eine dogmatische Fassung, dass es nichts 'ausserhalb' des Universums gäbe?
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1359390) Verfasst am: 13.09.2009, 16:05 Titel: |
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Yogosh hat folgendes geschrieben: |
Wenn bei einer solchen Gesamtschau ein Bewußtsein mitgedacht wird (was das Wort 'Gesamtschau' ja nahelegt), in dem diese Gesamtschau vollzogen werden soll handelt man sich höchstens einen Haufen Probleme ein weil Bewußtsein so eins der Dinge ist über die wir nicht gerade viele Erkenntisse, dafür aber wahrscheinlich eine Menge Missverständnisse und ungeklärte Begrifflichkeiten haben. Ausserdem muss so ein Bewußtsein und diese Schau ja selbstreferent sein, was - wie Lumar betont hat - immer Schwierigkeiten bereitet. |
Was hat du gegen Schwierigkeiten? Hat jemand gesagt, dass es diese nicht geben darf?
Ein kleines Beispiel sollte dies beleuchten: Wir können mit dem Begriff der Unendlichkeit durchaus operieren, sogar in unterschiedlichen Mächtigkeiten, obwohl wir keiner Gesamtschau fähig sind. Warum sollte dies zu Schwierigkeiten führen?
Yogosh hat folgendes geschrieben: | Wenn man so was weglässt und einfach bei der Gesamtheit der wahren Sätze über all das was in der Welt kausal wirken kann bleibt, zahlt man einen geringeren Preis für einen Wahrheitsbegriff, wie Du ihn vertrittst. Man braucht bloß Propositionen als abstrakte Gegenstände (die nicht kausal wirken) und kein denkbares Weltbewußtsein. Das scheint mit wesentlich weniger fehleranfällig zu sein. |
So geht es nicht. Auch postuliere ich kein Weltbewusstsein mit dem Begriff der Gesamtschau, so wenig wie ich mich über die Psyche eines Laplace'schen Dämon auslasse. Es ist ein reines deskriptives Konstrukt, welches durch seine Formulierung hinreichend bestimmt ist:
1. Gesamt: Es kein keine Exklusionen wahrer Sätze geben. Ferner werden Problembegriffe wie 'Universum'
oder 'Wirklichkeit' vermieden.
2. Schau: Es geht um die Abstraktion, also die Bildung von Sätzen, die ja mit 'Realität' - oder was auch immer - nicht identisch ist, sondern diese beschreibt. Unbestimmt bleibt darin die Identität des Schauenden, denn dieser ist für die Begriffsbildung irrelevant.
Die Eleganz dieses Begriffes ist daran zu ersehen, dass sie die perspektivische Sicht, oder spezifische weltanschauliche Positionen weitgehend neutralisiert. Es kann also eine Wahrheit als Singular auch klar von der Menge der Sichten und wahren Sätzen (plural) ebenso unterschieden werden wie der Irrtum und Unwissen nicht Teil der Wahrheit in dem Sinne sind, dass sie auch irgendwie wahr wären. Sie sind nur hinsichtlich ihrer Existenz als unwahre Sätze wahr.
Der Begriff grenzt dagegen subjektivistische Sichten oder den Solipsismus ab, ohne den Fallibilismus aufzugeben.
Alternative Formulierungen wären: 'Gesamtabstraktion' oder 'Gesamtmenge der wahren Sätze' - die jedoch sprachlich eher holperig sind und zu ebenso vielen, wenn nicht mehr Rückfragen führen würde.
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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lumar multiplying reflection of an ancient broken mirror
Anmeldungsdatum: 28.10.2006 Beiträge: 456
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(#1359403) Verfasst am: 13.09.2009, 16:29 Titel: |
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ballancer hat folgendes geschrieben: |
Eine Simulation muss kein vollständiges und unverändertes Abbild seiner selbst sein. Darum sagt deine Konstruktion auch nichts über die Beschaffenheit der Gesamtschau. Das Kalkul eines unendlichen Regresses ist keine Reale Abbildung, sondern ein virtuelles Konstrukt, vergleichbar mit einem Paradoxon |
Eine Simulation des Ganzen vom Teil des Ganzen kann kein vollständiges und unverändertes Abbild des Ganzen sein. Und muss es auch nicht; ebensowenig muss ein Modell vollständig sein im Sinne von die "objektive Realität" vollständig erfassen, um ein Werkzeug zum Erkenntnisfortschritt zu sein.
Vielleicht verstehst du das Problem, wenn du es zeichnest. Ein großer Kreis für die Welt, ein kleiner Kreis innerhalb des großen Kreises für dich. Nun willst du eine Gesamtschau vollführen, also zeichne ein Abbild des großen Kreises in den kleinen Kreis und innnerhalb des Abbildes des großen Kreises ein Abbild des kleinen Kreises. Ist die Gesamtschau vollständig? Nein, im Abbild des kleinen Kreises fehlt ja etwas. Wann ist die Gesamtschau vollständig?
Und inwiefern beeinträchtigt das Unvermögen einer Gesamtschau die wissenschaftliche Methode? Gibt es angesichts jenes Unvermögens eine geeignetere Methode zur Erkenntnisgewinnung?
_________________ By this art you may contemplate the variation of the 23 letters . . .
The Anatomy of Melancholy, part 2, sect. II, mem. IV.
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Yogosh Leisetreter ...und Klugscheisser
Anmeldungsdatum: 19.03.2009 Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin
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(#1359439) Verfasst am: 13.09.2009, 17:51 Titel: |
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ballancer hat folgendes geschrieben: | Alternative Formulierungen wären: 'Gesamtabstraktion' oder 'Gesamtmenge der wahren Sätze' - die jedoch sprachlich eher holperig sind und zu ebenso vielen, wenn nicht mehr Rückfragen führen würde. |
Die Menge aller wahren Sätze (im Sinne von Propositionen) führt wenigstens nur zu Rückfragen, die für die Wahrheitstheorie relevant sind. Die Gesamtschau führt zu Bewußtseinstheorie und ziemlich schnell in die Theologie. Für eine Betrachtung von wissenschaftlicher Methodik sind beides Nebenschauplätze. Und sumpfige dazu.
_________________ "If the King's English was good enough for Jesus Christ, it's good enough for the children of Texas!" - Miriam Amanda "Ma" Ferguson, Governor of Texas, als Begründung gegen Spanischunterricht
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1360823) Verfasst am: 15.09.2009, 22:18 Titel: |
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lumar hat folgendes geschrieben: | Ist die Gesamtschau vollständig? Nein, im Abbild des kleinen Kreises fehlt ja etwas. Wann ist die Gesamtschau vollständig? |
Wer fordert das? Strohmann, ik hör dir trapsen.
Allerdings: Wer die Gesamtschau beansprucht, der muss sie auch haben. Wenn er diese nicht realisieren kann, dann kann er sie auch nicht beanspruchen.
lumar hat folgendes geschrieben: | Und inwiefern beeinträchtigt das Unvermögen einer Gesamtschau die wissenschaftliche Methode? Gibt es angesichts jenes Unvermögens eine geeignetere Methode zur Erkenntnisgewinnung? |
Und welcher Strohmann flüstert uns hier was? Die Wissenschaftliche Methode fordert keine Gesamtschau. Wissenschaft fragt nicht nach Wahrheit. Philosophie tut das.
Die angemessene Methode der Erkenntnisgewinnung ist vom Untersuchungsgegenstand abhängig. Die Methoden der Historiker sind für Physiker weniger hilfreich und umgekehrt. Wenn du wissen willst, was diene Partnerin am liebsten mag, ist eine Doppelblind-Studie ungeeignet.
Angesichts der Erkenntnis der Unsicherheit der Erkenntnis wissen wir, dass es töricht wäre, einer vermeintlichen Sicherheit einer Gesamtschau hinterher zu jagen. Wir haben keine Alternative, uns der Welt im Vertrauen auf unser Weltbild zu nähern. Lediglich für die Ausgestaltung unseres Weltbildes haben wir Alternativen und Verantwortung.
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1363357) Verfasst am: 20.09.2009, 00:29 Titel: |
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Yogosh hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: | Alternative Formulierungen wären: 'Gesamtabstraktion' oder 'Gesamtmenge der wahren Sätze' - die jedoch sprachlich eher holperig sind und zu ebenso vielen, wenn nicht mehr Rückfragen führen würde. |
Die Menge aller wahren Sätze (im Sinne von Propositionen) führt wenigstens nur zu Rückfragen, die für die Wahrheitstheorie relevant sind. Die Gesamtschau führt zu Bewußtseinstheorie und ziemlich schnell in die Theologie. Für eine Betrachtung von wissenschaftlicher Methodik sind beides Nebenschauplätze. Und sumpfige dazu. |
Eine hypothetische Gesamtschau führt nicht zur Bewußtseinstheorie. Es ist eine rein abstrakte Vorstellung, die auch nicht den Menschen möglich angesehen wird.
Ich habe mehrfach auf die Analogie zum Laplace'schen Dämon verwiesen. Laplace ist nun der Theologie gänzlich unverdächtig.
Irgendwie erinnert mich das an den Kindergarten: Wie heißt denn Laplace'schen Dämon ? Hat er auch Eltern?
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1363499) Verfasst am: 20.09.2009, 12:15 Titel: |
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Yogosh hat folgendes geschrieben: | @step: Verstehe ich Dich richtig, dass Dein Hauptanliegen in den letzten paar Beiträgen war einen prinzipiellen Unterschied zwischen Wahrheit und Beweis mittels einer Deduktion in einem formalen Kalkül einerseits und vermittles Induktion und Empirie andererseits zu machen? |
Ja. Der Wahrheitsbegriff in formalen Kalkülen ist daher in einem engeren Sinne wohldefiniert, während in einem empirischen Umfeld ein Wahrheitsbegriff nur sehr schwammig definierbar ist und prinzipiellen Einwänden unterliegt.
Wenn wir umgangssprachlich in einem empirischen Kontext von "wahr" sprechen, etwa bei guten Theorien, in einer persönlichen Beziehung oder bei einem kriminalistischen Verhör, implizieren wir meist unreflektiert eine Fülle von Zusatzannahmen, die selbst wiederum höchstens empirisch begründet sind.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Yogosh Leisetreter ...und Klugscheisser
Anmeldungsdatum: 19.03.2009 Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin
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(#1363612) Verfasst am: 20.09.2009, 15:30 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Yogosh hat folgendes geschrieben: | @step: Verstehe ich Dich richtig, dass Dein Hauptanliegen in den letzten paar Beiträgen war einen prinzipiellen Unterschied zwischen Wahrheit und Beweis mittels einer Deduktion in einem formalen Kalkül einerseits und vermittles Induktion und Empirie andererseits zu machen? |
Ja. Der Wahrheitsbegriff in formalen Kalkülen ist daher in einem engeren Sinne wohldefiniert, während in einem empirischen Umfeld ein Wahrheitsbegriff nur sehr schwammig definierbar ist und prinzipiellen Einwänden unterliegt.
Wenn wir umgangssprachlich in einem empirischen Kontext von "wahr" sprechen, etwa bei guten Theorien, in einer persönlichen Beziehung oder bei einem kriminalistischen Verhör, implizieren wir meist unreflektiert eine Fülle von Zusatzannahmen, die selbst wiederum höchstens empirisch begründet sind. |
Diesen grundsätzlichen Unterschied würde ich auch so sehen. Ich bin mir aber nicht sicher, ob es ein rein epistemologischer ist.
Ein Großteil der Zusatzannahmen ist uns ja auch deswegen nicht bewußt, weil es mitunter schwierig ist zwischen Bedeutungen und Annahmen zu unterscheiden. Bzw. diese Unterscheidung überhaupt nur in den empirischen Wissenschaften wenigstens prima facie sinnvoll erscheint.
In formalen Kalkülen definiert man immer beides zusammen. Die Bedeutung des Konjunktionsoperators definiert man ja z.B. über seine Wahrheitstabelle. Hier hat man allerdings immer noch die Möglichkeit sich auf eine rein formale Abbildung in die Menge {0,1} zurückzuziehen statt über Wahrheit zu reden. Für die praktische Anwendung braucht man natürlich trotzdem die Identifikation dieser beiden Werte mit wahr und falsch. Aber immerhin hat man diese wahrheitstheoretische Frage ausgelagert und sie stört in der Entwicklung des Kalküls erst mal nicht mehr.
Die Möglichkeit die Bedeutung unserer Termini auf diese Weise eindeutig festzulegen und genau zu wissen, was man alles in der Definition verwendet hat, hängt in erster Linie an der Extensionalität des Kalküls. So rein extensional bekommen wir unsere wissenschaftlichen Termini und Sätze nicht, auch wenn es natürlich sinnvoll und gewinnbringend ist dieses Ziel so gut es eben geht anzustreben. Der Grund dafür ist wahrscheinlich letztlich doch in den unterschiedlichen epistemologischen Gegebenheiten zu suchen.
Das hatte ich hier und hier schon mal so ähnlich versucht zu formulieren.
_________________ "If the King's English was good enough for Jesus Christ, it's good enough for the children of Texas!" - Miriam Amanda "Ma" Ferguson, Governor of Texas, als Begründung gegen Spanischunterricht
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Testirossi Gnostiker
Anmeldungsdatum: 12.08.2008 Beiträge: 741
Wohnort: jwd
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(#1368994) Verfasst am: 29.09.2009, 14:13 Titel: |
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Yogosh hat folgendes geschrieben: | Testirossi hat folgendes geschrieben: | Der von mir so genannte "Urgrund allen Seins" ergibt sich im Ansatz auch aus der Mengenlehre, denn die Menge aller Leeren Mengen ist definitiv nicht leer. |
Stimmt, sie hat ein Element und leistet ganz hervorragende Dienste als Standardmodell für die natürliche Zahl 1. Aber was hat das jetzt mit einem Esokram wie dem Urgund alles Seins zu tun?
Und wenn Du mit "unserer formalen Logik" eine intensionale Logik meintest, linke mir mal bitte die formale Herleitung der Existenz des Urgrund allen Seins.
Ansonsten würde ich vorschlagen, dass Du eher mal von einer informellen Logik und einer metaphysischen Deutung dieser sprichst, wenn Du das nächste mal so eine Behauptung aufstellst. |
Wenn die Mengen aller leeren Mengen nicht leer ist, wurde aus dem "Nichts" (aus der "Leere"), das heisst allein aus dem "Regelwerk" ein Element erzeugt. Die "Leere" erfordert eine Menge ...
_________________ "Die Kunst aller grossen Volksführer aber, bestand noch zu allen Zeiten darin, die Aufmerksamkeit der Masse auf einen Feind zu konzentrieren."
(A. H.)
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Yogosh Leisetreter ...und Klugscheisser
Anmeldungsdatum: 19.03.2009 Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin
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(#1369210) Verfasst am: 29.09.2009, 18:43 Titel: |
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Testirossi hat folgendes geschrieben: | Yogosh hat folgendes geschrieben: | Testirossi hat folgendes geschrieben: | Der von mir so genannte "Urgrund allen Seins" ergibt sich im Ansatz auch aus der Mengenlehre, denn die Menge aller Leeren Mengen ist definitiv nicht leer. |
Stimmt, sie hat ein Element und leistet ganz hervorragende Dienste als Standardmodell für die natürliche Zahl 1. Aber was hat das jetzt mit einem Esokram wie dem Urgund alles Seins zu tun?
Und wenn Du mit "unserer formalen Logik" eine intensionale Logik meintest, linke mir mal bitte die formale Herleitung der Existenz des Urgrund allen Seins.
Ansonsten würde ich vorschlagen, dass Du eher mal von einer informellen Logik und einer metaphysischen Deutung dieser sprichst, wenn Du das nächste mal so eine Behauptung aufstellst. |
Wenn die Mengen aller leeren Mengen nicht leer ist, wurde aus dem "Nichts" (aus der "Leere"), das heisst allein aus dem "Regelwerk" ein Element erzeugt. Die "Leere" erfordert eine Menge ... |
Herrje ... warum müssen eigentlich manche Leute die Mengenlehre partu metaphysisch aufladen?
Es gibt einfach ein Axiom, das besagt, dass es (mindestens) eine leere Menge gibt und dann gibt es das Extensionalitätsaxiom, aus dem folgt, dass es nur eine gibt. Jedenfalls in jeder extensionalen Logik. Damit hat die Menge aller leeren Mengen in extensionalen Mengenlehren eben nur genau ein Element. Oder wie Du es sagst: das folgt ganz alleine aus dem Regelwerk und zwar einfach, weil man das so will und in der Mathematik so braucht. Ohne weitere oder tiefere Begründung.
Mit DEM NICHTS oder DER LEERE hat das alles überhaupt nichts zu tun. Wenn die Mengenlehre nicht als Modell oder Beispiel oder Verdeutlichung für so einem Esokram taugt, dann liegt das daran, dass die Mengenlehre präzise und exakt ist und Esokram eben nicht.
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Roter Ballon Lifted
Anmeldungsdatum: 22.12.2006 Beiträge: 2631
Wohnort: München
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(#1371463) Verfasst am: 03.10.2009, 12:34 Titel: |
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Yogosh hat folgendes geschrieben: | Testirossi hat folgendes geschrieben: | (...)
Wenn die Mengen aller leeren Mengen nicht leer ist, wurde aus dem "Nichts" (aus der "Leere"), das heisst allein aus dem "Regelwerk" ein Element erzeugt. Die "Leere" erfordert eine Menge ... |
Herrje ... warum müssen eigentlich manche Leute die Mengenlehre partu metaphysisch aufladen?
Es gibt einfach ein Axiom, das besagt, dass es (mindestens) eine leere Menge gibt und dann gibt es das Extensionalitätsaxiom, aus dem folgt, dass es nur eine gibt. Jedenfalls in jeder extensionalen Logik. Damit hat die Menge aller leeren Mengen in extensionalen Mengenlehren eben nur genau ein Element. Oder wie Du es sagst: das folgt ganz alleine aus dem Regelwerk und zwar einfach, weil man das so will und in der Mathematik so braucht. Ohne weitere oder tiefere Begründung.
Mit DEM NICHTS oder DER LEERE hat das alles überhaupt nichts zu tun. Wenn die Mengenlehre nicht als Modell oder Beispiel oder Verdeutlichung für so einem Esokram taugt, dann liegt das daran, dass die Mengenlehre präzise und exakt ist und Esokram eben nicht. |
da gefällt mir was nicht, ist aber eher so eine Intuition,
erstmal: immer diser Kurzschluuß Meta-Irgendwas und Esokram, dabei wird
Heute ... in der systematischen Philosophie die Ausdrücke „Ontologie“ und „Metaphysik“ zumeist gleichsinnig gebraucht.
vgl auch Literaturhinweise
zum anderen,
empfinde ich gerade die Sach mit der Leeren Menge als neuralgischen Punkt.
Okay,
es wird gesagt, das ist halt so!
- finde ich unbefridigend.
Da driftet die Mengenlehre meiner, sehr unbedeutenden Meinung nach, eben doch ins "intensionale",
hauptsächlich wohl einfach, weil da bissi gemogelt wird, wenn dem Nicht_Sein ein Gewand übergestülpt wird,
okay, aus Zwängen der Operationalisierung ist das wohl nötig.
Aber was wird da überhaupt gemacht?
Es reicht einfach nicht zu sagen, da ist Nichts!
Nein, man hält einen Sack hoch und erklärt, dass da wirklich - wirklich nix drin ist!
und dann soll dieser eine Sack auch noch der einzige sein, der nix drin hat!
Werden wir mal ein wenig realistischer und moderner,
sprechen wir also über "Content", bzw. nehmen wir die sprachliche Brücke zu Container.
Wär jetzt schon ein logistischer Traum aller Spediteure, wenn die Leeren Container Schwupp_die_Wupp zu ihrem Ausgangsort zurückmaterialisieren.
Die Menge "wo nix drin is" macht daher, wie eigentlich alle Mengen, wohl keine Aussage über Containments, sondern erreicht das Mengen miteinader verglichen, verknüpft und wasweißichnochalles werden können.
Der Abgleich mit der Realität funzt eben überall da, wo etwas ist
- deshalb sind ja wissenschaftliche Methoden erfolgreich, weil sie sich immer wieder neu mit der vorgefunden Wirklichkeit abgleichen können.
Diese Äquivalenz funzt aber ned da, wo nix ist,
deshalb ist die Sach mit der leeren Menge sooo unbefriedigend (für mich)
bzw. so schwer zu verstehen, weil Nicht denken tun Steine oder Tote.
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ertrage die Clowns!
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