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Dunkle Energie nachgeweisen
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pimentão
scharf



Anmeldungsdatum: 03.06.2008
Beiträge: 121
Wohnort: Wo der Pfeffer wächst...

Beitrag(#1061721) Verfasst am: 10.08.2008, 18:17    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
The distinction between 'matter' and 'fields' in modern physics is itself rather subtle in no small part because of the equivalence of mass and energy.

Die Unterscheidung zwischen 'Materie' und 'Feldern' in der modernen Physik ist selbst nicht zuletzt wegen der Äquivalenz von Masse und Energie ziemlich subtil.


Ontologisch besteht überhaupt kein Unterschied. Felder sind materielle / reale Objekte, denn sie besitzen Energie und sind interaktionsfähig.

Myron hat folgendes geschrieben:
Nevertheless, we can assert that whatever sense of 'conversion' seems compelling between mass and energy, it will have to be a 'conversion' between mass and energy, and not between matter and energy."

Nichtsdestoweniger können wir behaupten, dass, egal welcher Sinn von 'Umwandlung' zwischen Masse und Energie zwingend erscheint, es sich um eine 'Umwandlung' zwischen Masse und Energie, und nicht zwischen Materie und Energie handeln muss."
[meine Übers.]


Auch hier begriffliche Verwirrung: alle massehaltigen Dinge besitzen Energie, aber nicht alle Objekte, die Energie besitzen, sind auch massehaltig. Die "Äquivalenz von Masse und Energie" besteht also nur darin, dass beides Eigenschaften von Dingen sind.

Myron hat folgendes geschrieben:
pimentão hat folgendes geschrieben:
Eine Kettensäge existiert nun mal nicht auf dieselbe Weise wie die Zahl 19.


Eine Kettensäge existiert im selben Sinne des Wortes wie eine Zahl (falls es Zahlen überhaupt gibt).
Der Unterschied besteht nicht darin, dass Kettensägen auf eine andere Art existieren als Zahlen (falls Zahlen überhaupt existieren), sondern darin, dass Kettensägen eine andere Art von Objekt sind als Zahlen. Die Bedeutung des Existenzbegriffs ist in beiden Fällen dieselbe.


Eben nicht. Der Existenzbegriff muss unbedingt so definiert und eingesetzt werden, dass er den ontologischen Kategorien Rechnung trägt. Formallogisch erreicht man das durch die Einführung eines sogenannten kontextuellen Existenzprädikates. In der Alltagssprache stellt sich die Lage etwas schwieriger dar. Ich selbst löse das Problem, indem ich den Existenzbegriff ausschliesslich und konsequent auf reale Objekte anwende, ansonsten "es gibt" gebrauche und wo notwendig durch Erklärungen spezifiziere, wovon ich rede.

Myron hat folgendes geschrieben:
pimentão hat folgendes geschrieben:
"Effekte" und "Wirkungen" setzen die Existenz von Dingen voraus, die Effekte haben und Wirkungen ausüben, was wiederum Rückschlüsse auf einige ihrer Eigenschaften zulässt, die beschrieben und im Kontext einer wissenschaftlichen Theorie systematisch dargelegt werden können.


In der Prozessphilosophie werden (physische) Dinge auf (physische) Vorgänge reduziert:


Es gibt keine Vorgänge ohne sich verändernde Dinge. Mit anderen Worten: der Dingbegriff ist dem Prozessbegriff logisch vorgeordnet. Mithin ist der prozessmetaphysische Ansatz von Grund auf falsch.

Myron hat folgendes geschrieben:
Übrigens, da Ereignisse eh als die Relata der Kausalbeziehung gelten, geht die Kausalität in der Prozessphilosophie keineswegs flöten.


Der Begriff mag weiterhin Verwendung finden, kann aber nicht mehr dieselbe Bedeutung wie in der Physik haben. Kausalität im physikalischen Sinne setzt voraus, dass Dinge existieren, deren Veränderungen Ursache für die Veränderung anderer Dinge sein können. Der Dingbegriff ist also auch dem Kausalitätsbegriff logisch vorgeordnet.

Myron hat folgendes geschrieben:
pimentão hat folgendes geschrieben:
Dinge "besitzen" Eigenschaften, weil sie Dinge sind. Man kann sie beschreiben aber nicht zuschreiben.


Gut gesagt!
Dinge als Partikularien und Eigenschaften als Universalien:

"A particular is an entity which, although it can instantiate (be an instance of) another entity, cannot itself be instantiated by any other entity (cannot have instances). By contrast, a universal is an entity which can not only instantiate (be an instance of) another entity, but can also be instantiated by another entity (can have instances)."

"Eine partikulare Entität ist eine Entität, die, obgleich sie eine andere Entität exemplifizieren (ein Exemplar einer anderen Entität sein) kann, nicht selbst von irgendeiner anderen Entität exemplifiziert werden (Exemplare haben) kann. Im Gegensatz dazu ist eine universale Entität eine Entität, die nicht nur eine andere Entität exemplifizieren (ein Exemplar einer anderen Entität sein) kann, sondern auch von einer anderen Entität exemplifiziert werden (Exemplare haben) kann."
[meine Übers.]


Vollkommen unverständlich und ein grossartiges Beispiel dafür, wie man "normalen" Menschen das Interesse an der Philosophie verderben kann.

Myron hat folgendes geschrieben:
pimentão hat folgendes geschrieben:
Die Welt - ob "belebt" oder nicht - ist ein Ding und muss nicht "verdinglicht" werden.


In diesem Punkt hast du einen großen Philosophen auf deiner Seite:

"[A]s I myself think, the world is a big physical object[.]"

"Wie ich selbst denke, ist die Welt ein großes physisches Objekt."
[meine Übers.]

(Lewis, David. On the Plurality of Worlds. Oxford: Blackwell, 1986. p. 1)


Ein grosses physisches Objekt? Warum schreibt er dann ein Buch mit diesem Titel?

Myron hat folgendes geschrieben:
pimentão hat folgendes geschrieben:
Es gibt nur zwei ontologische Kategorien: real und nicht-real.


Für mich ist irreal gleich inexistent, und von daher entsprechen irreale/inexistente Objekte nach meinem Verständnis keiner ontologischen Kategorie. Die Ontologie befasst sich mit demjenigen, das existiert und nicht mit demjenigen, das nicht existiert.


Das stimmt so nicht. Die Ontologie ist dafür zuständig, existierende, also reale Objekte von fiktiven zu unterscheiden und hat es demnach stets mit zwei Klassen von Objekten zu tun.
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pimentão
scharf



Anmeldungsdatum: 03.06.2008
Beiträge: 121
Wohnort: Wo der Pfeffer wächst...

Beitrag(#1061722) Verfasst am: 10.08.2008, 18:17    Titel: Antworten mit Zitat

Greasel hat folgendes geschrieben:
pimentão hat folgendes geschrieben:
Real sind nur die Photonen/Lichtwellen, die von bestimmten Organismen in einer bestimmten Farbe wahrgenommen werden (übrigens von unterschiedlichen Organismen unterschiedlich).


Woher weisst du das? Geschockt Viel wichtiger, wie lässt sich eine solche Aussage beweisen?


Mit den Augen rollen Schon mal was von Biologie gehört?
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pimentão
scharf



Anmeldungsdatum: 03.06.2008
Beiträge: 121
Wohnort: Wo der Pfeffer wächst...

Beitrag(#1061725) Verfasst am: 10.08.2008, 18:20    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
pimentão hat folgendes geschrieben:
Es gibt nur zwei ontologische Kategorien: real und nicht-real. Jedes Objekt, das wir begrifflich fassen, muss einer dieser Kategorien zugeordnet werden.

Das halte ich für falsch.


Wo sind Deine Gegenvorschläge? Nörgeln und einfach gar keine Unterscheidungen treffen ist ja wohl nicht die Lösung.

step hat folgendes geschrieben:
Der Fehler liegt in der metaphysischen Rolle, die Du der Existenz bzw. Realität hier zuschreibst.


Die "metaphysische Rolle" der Realität besteht darin, real (und eben nicht fiktiv) zu sein. Übrigens impliziert selbst der Begriff "Realität" einen ontologischen Kategorienfehler, sofern man ihn nicht ausdrücklich als Synonym für "Welt", bzw. "Universum" definiert. Es gibt nämlich keine Realität ohne reale Objekte.

step hat folgendes geschrieben:
Ob etwas "wirklich" ist, bzw. nach welchen Kriterien wir etwas als "wirklich" bezeichnen, ist heute eine (nichttriviale) physikalische Frage geworden.


Aber keineswegs. Sie ist und bleibt die Ur-Frage jeder Metaphysik. Entsprechende Definitionen und Erläuterungen habe ich bereits abgegeben. Du darfst gern Alternativen zur Diskussion stellen.

step hat folgendes geschrieben:
pimentão hat folgendes geschrieben:
Man kann nur Ereignisse und aus ihnen resultierende Zustände bestimmter Dinge voraussagen, nicht die Welt selbst.

Nicht mal das: Man kann nur Meßwerte vorausagen,


Messwerte von was?

step hat folgendes geschrieben:
die Physik macht keine AUssagen über die ontologische Qualität von DIngen oder der Welt.


Wie jede andere Realwissenschaft ist auch die Physik mit der Erforschung der Welt (= Universum = Gesamtheit aller realen Objekte) befasst. Was man in der Physik beschreibt, sind Dinge und ihr Verhalten. Eine Theorie, die nichts über Dinge aussagt, ist auch keine physikalische Theorie.

step hat folgendes geschrieben:
pimentão hat folgendes geschrieben:
Besonders in der Physik werden gelegentlich sogar (noch) nicht wahrnehmbare Ereignisse vorausgesagt.

Ja, die Physik simuliert mittels Modellen.


Wie jede andere Realwissenschaft entwickelt auch die Physik Theorien, um sie dann empirisch zu bestätigen oder zu widerlegen. Dafür sind Experimente mit Dingen erforderlich.

step hat folgendes geschrieben:
Viele Philosophen tun sich schwer damit, daß dies keinerlei Aussage über Realitäten dahinter macht.


Schlechte Philosophen tun sich mit Vielem schwer, aber dass es in der Physik um reale Objekte geht, dürfte den meisten sonnenklar sein.

step hat folgendes geschrieben:
pimentão hat folgendes geschrieben:
Um verhindern zu können, dass sogenannte metaphysische Missformulierungen zu echten ontologischen Kategorienfehlern führen (aus denen sie ursprünglich auch meist entstanden sind), braucht man äusserste philosophische Präzision. Daran mangelt es vielen Wissenschaftlern, weshalb sie gegenüber den Religionen und Pseudowissenschaften bis heute nicht die notwendige Wehrhaftigkeit an den Tag legen.

Hmm ... hört sich nach Agitation und politischen Motiven an.


Hört sich nach einer Klage darüber an, dass Wissenschaftler ihr aufklärerisches Potenzial nicht ausschöpfen (können), weil sie philosophisch nicht reflektiert genug sind.

step hat folgendes geschrieben:
Der Wissenschaftler macht überprüfbare Voroassagen


Voraussagen über was?

step hat folgendes geschrieben:
mittels berechenbarer Modelle und sollte sich ontologischer Deutungen generell enthalten.


Er soll also nicht feststellen dürfen, ob etwas Teil des Universums oder Äquivalenzklasse von Gehirnprozessen ist? Was redest Du da nur? Auch Du selbst wirst doch wohl Kyklopen und Feldhamster nicht für Objekte derselben ontologischen Kategorie halten!

step hat folgendes geschrieben:
pimentão hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Die Semantik ist durch das Experiment und die Theorie gegeben.

Aber nein, sie muss für eine Theorie entwickelt, bzw. gegenüber bisherigen Gepflogenheiten modifiziert werden. Neues Wissen erfordert häufig auch neue Begrifflichkeiten.

Neues Wissen besteht aber gerade aus Experiment und Theorie. Wenn wir in der Wissenschaft neue Begriffe prägen (z.B. "kohärenter Zustand" oder "Schwarzes Loch"), so bezeichnen wir damit primär Terme in gut funktionierenden Simulationsformeln (Theorien), oder experimentelle Phänomene.


Es verhält sich genau umgekehrt: zunächst rein mathematische Theorien werden in den Realwissenschaften faktisch interpretiert (d.h. auf reale Objekte "angewandt"), um erworbenes oder noch zu erwerbendes Wissen über Dinge und ihr Verhalten zu systematisieren.

step hat folgendes geschrieben:
pimentão hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Philosophen verstehen diese Sprache nur nicht mehr.

Dieses Pauschalurteil ist ungerecht und falsch. Es ist nun mal Aufgabe der Wissenschaftsphilosophie, die Wissenschaften kritisch zu begleiten und sie mit ihren logischen Werkzeugen zu unterstützen. Dabei müssen sie natürlich auch begriffliche Ungenauigkeiten beanstanden.

Das ist auch ok. Es ist aber erfahrungsgemäß so, daß die Philosophie der Wissenschaft gewaltig hinterherhinkt,


Aha, Beispiele?

step hat folgendes geschrieben:
insbesondere was das Verwerfen von inzwischen ungeeigneten Kategorien betrifft.


Beispiele?

step hat folgendes geschrieben:
Schau Dir mal philosophische Literatur über Themen wie Teit, Kausalität, Realität, Freier Wille usw. an, da wird munter mit wissenschaftlich längst geschleiften Dogmen operiert.


Falls es sich nicht eher um Missverständnisse auf wissenschaftlicher Seite handelt. Mit der Fähigkeit zu philosophisch-differenziertem Denken wird man nämlich nicht geboren. Man muss sie sich hart erarbeiten, aber nur wenige Wissenschaftler verstehen, warum sie das sollten, und noch weniger können sich dazu durchringen. Ich weiss nur zu genau, wie viel dummes Zeug im philosophischen Elfenbeinturm gelabert wird, aber genau das ist es, wogegen ich mich einsetze. Schlechte Philosophie ist kein Schicksal!

step hat folgendes geschrieben:
pimentão hat folgendes geschrieben:
Unser Denken kann halt nur so präzise sein wie unsere Sprache. Fähige Philosophen wissen das.

Das ist richtig. Deswegen bevorzugen Physiker die Formelsprache, da unsere Alltagssprache zu viele verdeckte Annahmen über mesokosmische Zustände beinhaltet.


Wie Myron bereits festgestellt hat, bedienen sich auch Philosophen nötigenfalls formelsprachlicher Mittel. Ihr analytischer Zuständigkeitsbereich erstreckt sich aber auch, wenn nicht gar besonders, auf die "Alltagssprache" und ihre "verdeckten Annahmen". Zumeist handelt es sich bei solchen Annahmen um ontologische Kategorienfehler, die aufgezeigt und bereinigt werden müssen.

step hat folgendes geschrieben:
pimentão hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Und wo man da eine Metaphysik brauchen sollte, ist mir erst recht schleierhaft.

Sie stellt zusammen mit Erkenntnistheorie und Semantik gleichsam das Betriebssystem unseres Denkens.

Tja, da sind wir grundsätzlich unterschiedlicher Meinung.


Schade das. Wahrscheinlich sind Dir die Perlen der analytischen Philosophie einfach noch nicht über den Weg gerollt. Vielleicht hast Du aber auch gar keine Lust auf eiserne Denkdisziplin. Sie ist nämlich anstrengend.

step hat folgendes geschrieben:
pimentão hat folgendes geschrieben:
Ohne gut ausgearbeitete philosophische Grundlagen riskiert man (nicht nur) in der Wissenschaft unnötige und möglicherweise katastrophale Fehler.

In den letzten Jahrhunderten hat die Philosophie mehr Kategorienfehler gemacht und deutlich weniger belastbare Erkenntnisse erwirtschaftet als die Naturwissenschaft.


Leider hat sich die Philosophie bis heute nicht von ihren theologischen Erblasten befreit, aber auch damit will ich mich keinesfalls abfinden.
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Myron
Pansomatist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3625

Beitrag(#1061737) Verfasst am: 10.08.2008, 18:35    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:

In den Naturwissenschaften entscheiden bekanntlich empirische Beweise oder zumindest Hinweise darüber, welche theoretischen Setzungen (z.B. die dunkle Energie) als real gelten dürfen.

Das geht aber nur, wenn man ein Kriterium hat, wann etwas "real" ist, wenn man also entwerder eine Theorie oder eine Annahme der Realität hat. In der klassischen Welt war Realität etwas Triviales.


In den empirischen Wissenschaften ist das epistemologische Kriterium für die Existenz/Realität von etwas, dass es sich mittels der natürlichen oder technisch erweiterten Sinneswahrnehmung erfassen lässt.

step hat folgendes geschrieben:

Vorsicht! Die "physikalischen Qualitäten", z.B. Observablen, Quantenzahlen usw. sind selbst nur Teile der Modelle.


Es besteht ein Unterschied zwischen den (quantifizierbaren) Qualitäten eines physischen Objektes oder Systems und den mathematischen Repräsentanten der Nämlichen innerhalb eines Modells.

step hat folgendes geschrieben:

Myron hat folgendes geschrieben:

Modelle sind Repräsentationen der Realität, die diese (teilweise oder ganz) richtig oder (teilweise oder ganz) falsch wiedergeben.

Das ist reine Metaphysik.


Nein, das ist elementare Semantik.
Wir erzeugen und verwenden Zeichen zur Darstellung der Wirklichkeit.
Und unsere Zeichengebilde geben die wirklichen Verhältnisse richtig wieder oder eben nicht.

step hat folgendes geschrieben:

Myron hat folgendes geschrieben:

Wissenschaftliche Theorien implizieren aber de facto ontologische Setzungen.

Nur wenn man wie Du einen Echte Relität" hinter den funktionierenden Modellen annimmt.


Ein Physiker, der nicht von der Annahme einer "echten", d.i. physikunabhängigen, physischen Realität ausgeht, ist buchstäblich weltfremd.
Der Glaube, die physische Realität wäre ein physikalisches und damit bloß ein menschliches Konstrukt, ist absurd.
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pimentão
scharf



Anmeldungsdatum: 03.06.2008
Beiträge: 121
Wohnort: Wo der Pfeffer wächst...

Beitrag(#1061743) Verfasst am: 10.08.2008, 18:44    Titel: Antworten mit Zitat

@ Myron: Daumen hoch!
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Er_Win
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Anmeldungsdatum: 31.01.2008
Beiträge: 4482

Beitrag(#1061761) Verfasst am: 10.08.2008, 19:03    Titel: Antworten mit Zitat

pimentão hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
pimentão hat folgendes geschrieben:
Es gibt nur zwei ontologische Kategorien: real und nicht-real. Jedes Objekt, das wir begrifflich fassen, muss einer dieser Kategorien zugeordnet werden.

Das halte ich für falsch.



Auch ganz ohne Gegenvorschlag: Wozu zählt ein kohärenter Quantenzustand ? real oder nicht-real ?
(Anm.: vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Bose-Einstein-Kondensat )

Erwin
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Myron
Pansomatist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3625

Beitrag(#1061799) Verfasst am: 10.08.2008, 19:48    Titel: Antworten mit Zitat

pimentão hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:

Die Unterscheidung zwischen 'Materie' und 'Feldern' in der modernen Physik ist selbst nicht zuletzt wegen der Äquivalenz von Masse und Energie ziemlich subtil.


Ontologisch besteht überhaupt kein Unterschied. Felder sind materielle / reale Objekte, denn sie besitzen Energie und sind interaktionsfähig.


Man kann die Elementarteilchen als Energiekonzentrate in Feldern betrachten.
Aber was ist mit dem ontologischen Status von Feldern (als zeitlich veränderlichen Energieverteilungen im Raum)?
Für die einen unter den Physik-Philosophen sind Felder physische Entitäten (Substanzen) sui generis, und für die anderen Attribute der ihnen zugrunde liegenden Raumzeit, welche dann als die fundamentale physische Substanz gilt.
(Ich neige als blutiger Laie zu letzterer Auffassung.)

pimentão hat folgendes geschrieben:

Der Existenzbegriff muss unbedingt so definiert und eingesetzt werden, dass er den ontologischen Kategorien Rechnung trägt. Formallogisch erreicht man das durch die Einführung eines sogenannten kontextuellen Existenzprädikates. In der Alltagssprache stellt sich die Lage etwas schwieriger dar. Ich selbst löse das Problem, indem ich den Existenzbegriff ausschliesslich und konsequent auf reale Objekte anwende, ansonsten "es gibt" gebrauche und wo notwendig durch Erklärungen spezifiziere, wovon ich rede.


Ich verwende "existiert" und "ist real" kontextunabhängig synonym und ontologisch nichtneutral, und "es gibt" kontextabhängig mal im ontologisch neutralen und mal im ontologisch nichtneutralen Sinn.
Die ontologisch nichtneutrale Bedeutung des Existenzprädikats bleibt stets gleich, weil es—entgegen Meinong—keine unterschiedlichen Weisen des Seins gibt. Alles, was ist/existiert, ist/existiert im selben Sinne des Wortes "ist"/"existiert".
Was existiert, existiert, und was nicht existiert, existiert nicht—dazwischen gibt es nichts (keine "semiexistenten", "subsistierenden" Dinge).

Und wie gesagt, die Zahl 4 und der Eiffelturm sind verschieden, weil sie zu verschiedenen ontologischen Kategorien gehören (abstracta vs. concreta), aber nicht, weil das Prädikat "existiert" in "Die Zahl 4 existiert" und "Der Eiffelturm existiert" nicht im selben Sinn gebraucht wird.

pimentão hat folgendes geschrieben:

Myron hat folgendes geschrieben:
In der Prozessphilosophie werden (physische) Dinge auf (physische) Vorgänge reduziert:


Es gibt keine Vorgänge ohne sich verändernde Dinge. Mit anderen Worten: der Dingbegriff ist dem Prozessbegriff logisch vorgeordnet. Mithin ist der prozessmetaphysische Ansatz von Grund auf falsch.


Ich bin zwar kein Anhänger der Prozessphilosophie, aber dass deren ontologischer Ansatz "von Grund auf falsch" ist, liegt nicht auf der Hand.
Siehe dazu Reschers Erwiderung auf die Kritik Strawsons, der das Primat der Ding- bzw. Substanz-Ontologie zu verteidigen sucht:
http://plato.stanford.edu/entries/process-philosophy/#6

pimentão hat folgendes geschrieben:

Der Begriff mag weiterhin Verwendung finden, kann aber nicht mehr dieselbe Bedeutung wie in der Physik haben. Kausalität im physikalischen Sinne setzt voraus, dass Dinge existieren, deren Veränderungen Ursache für die Veränderung anderer Dinge sein können. Der Dingbegriff ist also auch dem Kausalitätsbegriff logisch vorgeordnet.


Kausalität setzt Ereignisse voraus.
Die ontologische Kategorie <Ereignis> ist sowohl für Substanz- als auch für Prozess-Ontologen akzeptabel. Der Streit beginnt mit der Frage, ob in jede Art von Ereignis (und damit in jede Art von Vorgängen als zusammenhängenden Abfolgen von Ereignissen) notwendigerweise Dinge (Substanzen) einbezogen sind, d.h. ob es dinglose Ereignisse gibt bzw. geben kann.

pimentão hat folgendes geschrieben:

Myron hat folgendes geschrieben:

"A particular is an entity which, although it can instantiate (be an instance of) another entity, cannot itself be instantiated by any other entity (cannot have instances). By contrast, a universal is an entity which can not only instantiate (be an instance of) another entity, but can also be instantiated by another entity (can have instances)."

"Eine partikulare Entität ist eine Entität, die, obgleich sie eine andere Entität exemplifizieren (ein Exemplar einer anderen Entität sein) kann, nicht selbst von irgendeiner anderen Entität exemplifiziert werden (Exemplare haben) kann. Im Gegensatz dazu ist eine universale Entität eine Entität, die nicht nur eine andere Entität exemplifizieren (ein Exemplar einer anderen Entität sein) kann, sondern auch von einer anderen Entität exemplifiziert werden (Exemplare haben) kann."
[meine Übers.]


Vollkommen unverständlich und ein grossartiges Beispiel dafür, wie man "normalen" Menschen das Interesse an der Philosophie verderben kann.


Zugegeben, das ist eine eher technische, aber keineswegs "vollkommen unverständliche" Formulierung. Es geht schlicht darum, dass Dinge als particularia Sachen sind, die andere Sachen verkörpern (exemplifizieren), aber nicht von anderen Sachen verkörpert werden können, während Eigenschaften als universalia Sachen sind, die sowohl andere Sachen verkörpern als auch selbst von anderen Sachen verkörpert werden können. (Eine Eigenschaft kann von einem Ding verkörpert werden und selbst Eigenschaften verkörpern. Ein Ding kann nicht beides, weil ein Ding nicht von einem anderen Ding verkörpert werden kann.)

pimentão hat folgendes geschrieben:

Myron hat folgendes geschrieben:
"[A]s I myself think, the world is a big physical object[.]"

"Wie ich selbst denke, ist die Welt ein großes physisches Objekt."
[meine Übers.]

(Lewis, David. On the Plurality of Worlds. Oxford: Blackwell, 1986. p. 1)


Ein grosses physisches Objekt? Warum schreibt er dann ein Buch mit diesem Titel?


Lewis meint hier "our world". Für ihn als modalen Realisten gibt es in der Tat unendlich viele andere mögliche Welten, von denen einige auch nichtphysische (übernatürliche) Phänomene enthalten.

pimentão hat folgendes geschrieben:

Die Ontologie ist dafür zuständig, existierende, also reale Objekte von fiktiven zu unterscheiden und hat es demnach stets mit zwei Klassen von Objekten zu tun.


Da "fiktiv" für mich gleichbedeutend ist mit "nichtexistent", ist für mich die Klasse der fiktiven Objekte als bloßen Denkobjekten keine ontologische Klasse.
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Greasel
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Anmeldungsdatum: 13.06.2006
Beiträge: 1055

Beitrag(#1061811) Verfasst am: 10.08.2008, 20:10    Titel: Antworten mit Zitat

pimentão hat folgendes geschrieben:
Greasel hat folgendes geschrieben:
pimentão hat folgendes geschrieben:
Real sind nur die Photonen/Lichtwellen, die von bestimmten Organismen in einer bestimmten Farbe wahrgenommen werden (übrigens von unterschiedlichen Organismen unterschiedlich).


Woher weisst du das? Geschockt Viel wichtiger, wie lässt sich eine solche Aussage beweisen?


Mit den Augen rollen Schon mal was von Biologie gehört?


Oh mann, ich fass' es nicht! Es ist wirklich sinnlos mit Dir zu diskutieren. Gröhl...
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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#1061815) Verfasst am: 10.08.2008, 20:13    Titel: Antworten mit Zitat

@Myron, pimentao: Ich beschränke mich hauptsächlich auf die Fragen,
- was die Kriterien für Realität sind, und
- was die metaphysischen Grundlagen der Physik sind

Schauen wir erstmal Eure Definitionen nebeneinander an:

Myron hat folgendes geschrieben:
In den empirischen Wissenschaften ist das epistemologische Kriterium für die Existenz/Realität von etwas, dass es sich mittels der natürlichen oder technisch erweiterten Sinneswahrnehmung erfassen lässt.

Aha. Das ist immerhin eine Definition. Ich meine allerdings, daß sie - so trivial - heute nicht mehr funktioniert, jedenfalls nicht in der Physik. Wie kannst Du etwa mithilfe dieser Definition entscheiden, ob unbeobachtbare Paralleluniversen oder der nicht zerstörungsfrei beobachtbare kohärente Quantenzustand real sind oder nicht? Was ist mit virtuellen Teilchen, Austauschbosonen, dem Innern schwarzer Löcher usw.? Was ist eigentlich mit Dingen, die gerade niemand wahrnimmt?

Du siehst, Deine Definition muß zumindest nichttrivial erweitert werden.

pimentão hat folgendes geschrieben:
[Die Frage, nach welchen Kriterien wir etwas als real bezeichnen] ist und bleibt die Ur-Frage jeder Metaphysik.

Soso, Myron hält es für trivial, und Du für die Urfrage jeder Metaphysik.

Und ich halte es für eine Frage, die man mit einer Theorie beantworten kann.

pimentão hat folgendes geschrieben:
Entsprechende Definitionen und Erläuterungen habe ich bereits abgegeben. Du darfst gern Alternativen zur Diskussion stellen.

Hab nochmal nachgeschaut und keine Definition gefunden. Mehrfach dagegen hast Du allerdings Postulate aufgestellt, etwa hier:
pimentao hat folgendes geschrieben:
Es gibt nur zwei ontologische Kategorien: real und nicht-real.

Also, bitte zeig mit Deine Definition, falls ich sie übersehen haben sollte.

pimentão hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
[Der Physiker] sollte sich ontologischer Deutungen generell enthalten.
Er soll also nicht feststellen dürfen, ob etwas Teil des Universums oder Äquivalenzklasse von Gehirnprozessen ist? Was redest Du da nur? Auch Du selbst wirst doch wohl Kyklopen und Feldhamster nicht für Objekte derselben ontologischen Kategorie halten!

Häh? Ich enthalte mich ontologischer Deutungen, mache also keine metaphysische Aussage über das Sein des Seins oder so. Kyklopen und Feldhamster reagieren unterschiedlich auf meine physikalischen Kriterien der Realität und deshalb bezeichne ich einen speziellen Hamster umgangsprachlich als wirklich.

pimentão hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Es ist aber erfahrungsgemäß so, daß die Philosophie der Wissenschaft gewaltig hinterherhinkt,
Aha, Beispiele?
step hat folgendes geschrieben:
insbesondere was das Verwerfen von inzwischen ungeeigneten Kategorien betrifft.

Beispiele?

Ursache/Wirkung, Zeitfluss, (absolute) Vergangenheit/Zunkunft, Gott/Mensch/Tier, Freier Wille, ...

Myron hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Die "physikalischen Qualitäten", z.B. Observablen, Quantenzahlen usw. sind selbst nur Teile der Modelle.

Es besteht ein Unterschied zwischen den (quantifizierbaren) Qualitäten eines physischen Objektes oder Systems und den mathematischen Repräsentanten der Nämlichen innerhalb eines Modells.

Ja, der Physiker hat genaugenommen nur letztere zur Verfügung. Wenn er "die Welt befragt", also z.B. mit dem Ergebnis seiner SImulation vergleicht, so ist das nur ein poetischer, vereinfachender Ausdruck für die empirisch bekannte Tatsache, daß Beobachtungen hinreichend stabil sind, daß sie sich also hinreichend oft so verhalten, als wäre die Welt das, was wir unter "real" verstehen. Und so kommt man auch zu Kriterien für Wirklichkeit.

Myron hat folgendes geschrieben:
Wir erzeugen und verwenden Zeichen zur Darstellung der Wirklichkeit. Und unsere Zeichengebilde geben die wirklichen Verhältnisse richtig wieder oder eben nicht.

Woher weißt Du das? Es sei denn Du nennst "wirkliche Verhältnisse" gerade das, was die Zeichengebilde wiedergeben.

Myron hat folgendes geschrieben:
Ein Physiker, der nicht von der Annahme einer "echten", d.i. physikunabhängigen, physischen Realität ausgeht, ist buchstäblich weltfremd.

Naja, wenn Du unter "echt" das verstehst, was man mit den Sinnen erfassen kann (s.o.), dann forderst Du hier also eigentlich nur die Annahme der Echtheit der Sinneswahrnehmungen.
_________________
Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Myron
Pansomatist



Anmeldungsdatum: 01.07.2007
Beiträge: 3625

Beitrag(#1062057) Verfasst am: 10.08.2008, 22:58    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:

Myron hat folgendes geschrieben:
In den empirischen Wissenschaften ist das epistemologische Kriterium für die Existenz/Realität von etwas, dass es sich mittels der natürlichen oder technisch erweiterten Sinneswahrnehmung erfassen lässt.

Aha. Das ist immerhin eine Definition.


Nein, es sind hier wie bei der Wahrheitsfrage zwei Aspekte zu unterscheiden:

"Es gibt grundsätzlich zwei Möglichkeiten, die Wahrheit von Propositionen zu explizieren. Die eine ist der definitorische Weg: der Versuch, eine Definition des Begriffs 'ist wahr' als eines Charakteristikums von Propositionen zu geben. Die andere ist der Weg über die Kriterien: der Versuch, die Überprüfungsbedingungen anzugeben, von denen abhängt, ob es berechtigt ist, die Bezeichnung 'ist wahr' auf eine bestimmte Proposition anzuwenden. Über die Wahrheitstheorie lässt sich erst verbindlich diskutieren, wenn Klarheit darüber besteht, welche dieser Fragen die Theorie beantworten soll. Soll sie die Bedeutung von 'Wahrheit' erklären und auf diese Weise eine Definition des Begriffs geben? Oder soll sie die Bedingungen für die korrekte Anwendung des Begriffes geben und damit ein Wahrheitskriterium liefern?
Die beiden Probleme sind (...) offensichtlich verschieden. Mit Hilfe von Lackmuspapier können wir feststellen, ob eine bestimmte Flüssigkeit eine Säure ist oder nicht, aber der Test mit dem Lackmuspapier sagt uns nichts darüber, was es bedeutet, eine Säure zu sein. (...) Der Besitz eines Kriteriums zur Feststellung des Vorliegens oder Fehlens einer bestimmten Eigenschaft (sei es nun die, eine Säure zu sein, Intelligenz oder Wahrheit) ist eine Sache, der Besitz einer Definition oder Spezifikation ihrer Bedeutung eine andere."


(Rescher, Nicholas. "Die Kriterien der Wahrheit." 1973. In Wahrheitstheorien, hrsg. v. Gunnar Skirbekk, 337-390. 5. Aufl. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 1989. S. 337f.)

Es besteht ja auch folgende Äquivalenz:

E!x <-> W("E!x")

x existiert genau dann, wenn die Aussage "x existiert" wahr ist.

Hier sind zwei taugliche Definitionen von "Existenz" und "Realität" (die ich synonym verwende):

"Der Begriff der Existenz hat die Funktion, ein Gedachtes, ein in irgendwelcher Intention Gemeintes als nicht bloß Gemeintes, sondern eben Seiendes, d.i. die Intention möglicherweise Erfüllendes zu charakterisieren. Die Vorstellung ist keine leere, keine absurde oder falsche Vorstellung, sondern eine wahre, gegenständliche, eine Vorstellung, die nach idealer Möglichkeit gesprochen, in einer Wahrnehmung adäquate Erfüllung finden könnte."

(Husserl, Edmund, "Allgemeine Erkenntnistheorie" (Vorlesung 1902/03): 'Wahrheit und Sein.' [S. 139])

[Mit dem zweiten Satz liefert Husserl auch ein allgemeines Kriterium für (konkrete) Existenz.]

Das heißt:
"x existiert" =def "x ist nicht etwas bloß Gedachtes, Gemeintes"

Mit meinen eigenen Worten:

"Ein Gegenstand existiert genau dann, wenn sich seine Gegenständlichkeit nicht in seinem Gedacht-, Vorgestelltwerden oder Dargestelltsein erschöpft."

"Ein Gegenstand existiert genau dann, wenn er kein dem Geiste von Zeichen (Wörtern und Bildern) bloß vorgespiegeltes Scheinding ist."

Charles Peirce:

"Reality is that mode of being by virtue of which the real thing is as it is, irrespectively of what any mind or any definite collection of minds may represent it to be."

"Realität ist derjenige Seinsmodus, vermöge dessen das reale Ding so ist, wie es ist, unabhängig davon, als was es von einem Geist oder einer bestimmten Menge von Geistern repräsentiert wird." [meine Übers.]

(http://www.helsinki.fi/science/commens/terms/real.html [Dort sind weitere, alternative Definitionen zu finden])

Real bzw. existent sind diejenigen Gegenstände (oder Sachverhalte), die gegenüber ihrem Repräsentiertwerden durch einen Geist selbstständig sind. "Repräsentationsunabhängigkeit" ist also das wesentliche Merkmal des Existenz- bzw. Realitätsbegriffs.
Die Natur oder Essenz von etwas Existentem/Realem wird nicht durch irgendwelche mentalen Repräsentationen davon konstituiert.

step hat folgendes geschrieben:

Ich meine allerdings, daß sie - so trivial - heute nicht mehr funktioniert, jedenfalls nicht in der Physik. Wie kannst Du etwa mithilfe dieser Definition entscheiden, ob unbeobachtbare Paralleluniversen oder der nicht zerstörungsfrei beobachtbare kohärente Quantenzustand real sind oder nicht? Was ist mit virtuellen Teilchen, Austauschbosonen, dem Innern schwarzer Löcher usw.? Was ist eigentlich mit Dingen, die gerade niemand wahrnimmt?


Ich sollte meine obige Formulierung wie folgt erweitern:

"In den empirischen Wissenschaften ist das epistemologische Kriterium für die (konkrete) Existenz/Realität von etwas, dass es sich den Regeln der empirischen Forschung gemäß mittels der natürlichen oder technisch erweiterten Sinneswahrnehmung direkt oder indirekt erfassen lässt."

Was mögliche andere, von uns kausal und raumzeitlich isolierte Universen betrifft, so kann deren Existenz von uns niemals empirisch nachgewiesen werden.
(Und im Falle von abstrakten Objekten hilft uns die Sinneswahrnehmung auch nicht weiter.)

step hat folgendes geschrieben:

[angebl. ungeeignete Kategorien:]
Ursache/Wirkung, Zeitfluss, (absolute) Vergangenheit/Zunkunft, Gott/Mensch/Tier, Freier Wille, ...


Okay, was die Idee einer fließenden Zeit, Gottes und des freien Willens anbelangt, kann ich dir ganz allgemein zustimmen.
Doch der Kausalitätsbegriff ist in den Wissenschaften so relevant wie eh und je.
Ohne kausale Prozesse (* sind wissenschaftliche Erklärungen unmöglich.

(* Diese können deterministischer oder probabilistischer Natur sein.)

step hat folgendes geschrieben:

Myron hat folgendes geschrieben:
Wir erzeugen und verwenden Zeichen zur Darstellung der Wirklichkeit. Und unsere Zeichengebilde geben die wirklichen Verhältnisse richtig wieder oder eben nicht.

Woher weißt Du das?


Logisch-semantische Intuition..
(Natürlich kann man noch weiter zwischen einer ganz richtigen/falschen und einer teilweise (annäherungsweise) richtigen/falschen Wiedergabe unterscheiden.)
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Beitrag(#1062104) Verfasst am: 10.08.2008, 23:52    Titel: Antworten mit Zitat

das wird noch lustig!

showtime

schad so viel so sagen, so wenig Zeit...

„In Wirklichkeit ist jeder Leser, wenn er liest, ein Leser nur seiner selbst. Das Werk des Schriftstellers ist dabei lediglich eine Art von optischem Instrument, das der Autor dem Leser reicht, damit er erkennen möge, was er in sich selbst vielleicht sonst nicht hätte erschauen können. Dass der Leser das, was das Buch aussagt, in sich selber erkennt, ist der Beweis für die Wahrheit eben dieses Buches und umgekehrt.“
– Marcel Proust: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit 7: Die wiedergefundene Zeit

Die Tragödie der Philosophie ist wohl wirklich, das Nietsches "Gott ist tot" recht spät kam, sodaß die Philosophen kaum genug Zeit hatten sich auf die Neue Geschwindigkeit des Wissenserwerbs der Naturwissenschaften einschiessen zu können.
Zumindest hatte ich schon länger das Gefühl, daß es im Kern um den Versuch zur Etablierung einer atheistischen Philosophie geht.
Der Versuch eines ontologischen(atheistischen) Neuanfangs hat meine eingeschränkte Unterstützung, auch wenn ich ihn für anachronistisch halte.
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Beitrag(#1062260) Verfasst am: 11.08.2008, 11:42    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
In den empirischen Wissenschaften ist das epistemologische Kriterium für die Existenz/Realität von etwas, dass es sich mittels der natürlichen oder technisch erweiterten Sinneswahrnehmung erfassen lässt.
Aha. Das ist immerhin eine Definition.
Nein, ,,,

Also ist es keine Definition. AUch gut.

Myron hat folgendes geschrieben:
... "Die beiden Probleme sind (...) offensichtlich verschieden. Mit Hilfe von Lackmuspapier können wir feststellen, ob eine bestimmte Flüssigkeit eine Säure ist oder nicht, aber der Test mit dem Lackmuspapier sagt uns nichts darüber, was es bedeutet, eine Säure zu sein. (...) Der Besitz eines Kriteriums zur Feststellung des Vorliegens oder Fehlens einer bestimmten Eigenschaft (sei es nun die, eine Säure zu sein, Intelligenz oder Wahrheit) ist eine Sache, der Besitz einer Definition oder Spezifikation ihrer Bedeutung eine andere."[/i]

(Rescher, Nicholas. "Die Kriterien der Wahrheit." 1973. In Wahrheitstheorien, hrsg. v. Gunnar Skirbekk, 337-390. 5. Aufl. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 1989. S. 337f.)

Ja, schönes Zitat, dem ich auch durchaus zustimmen kann. Und wenn ich nach Kriterien für Wirklichkeit frage, dann meine ich nicht nur ein Testkriterium wie das Lackmuspapier, sondern tieferliegende Kriterien, also eine physikalische Theorie der Wirklichkeit: Wie funktioniert es, daß wir manches als wirklich bezeichnen, anderes nicht, welche Eigenschaften leigen dem zugrunde. Die Frage aus Deinem Beispiel, was eine Säure sei, ist damit also eher gemeint, im Sinne der tieferliegenden Theorie eines Protonendonators etwa.

Aber schauen wir lieber auf Deine neuen Definitionsversuche, wobei ich einiges überspringe und versuche, das wesentliche zu kommentieren:

Myron hat folgendes geschrieben:
Hier sind zwei taugliche Definitionen von "Existenz" und "Realität" (die ich synonym verwende): ...

Charles Peirce:

"Realität ist derjenige Seinsmodus, vermöge dessen das reale Ding so ist, wie es ist, unabhängig davon, als was es von einem Geist oder einer bestimmten Menge von Geistern repräsentiert wird." [meine Übers.]

Real bzw. existent sind diejenigen Gegenstände (oder Sachverhalte), die gegenüber ihrem Repräsentiertwerden durch einen Geist selbstständig sind. "Repräsentationsunabhängigkeit" ist also das wesentliche Merkmal des Existenz- bzw. Realitätsbegriffs.
Die Natur oder Essenz von etwas Existentem/Realem wird nicht durch irgendwelche mentalen Repräsentationen davon konstituiert. ...

Mir gefällt zwar die letzte Formulierung nicht so, aber immerhin ist das Kriterium der Unabhängigkeit brauchbar. In meiner Definition entspricht dem übrigens das Autonomiekriterium.

http://freigeisterhaus.de/viewtopic.php?t=5429

Auch Lars ANsatz mit dem nichttrivialen Phasenraum ist bedenkenswert und schn besser als der klassische, aber mE nicht so grundlegend wie der von mir vorgeschlagene.

Myron hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ich meine allerdings, daß sie - so trivial - heute nicht mehr funktioniert, jedenfalls nicht in der Physik. Wie kannst Du etwa mithilfe dieser Definition entscheiden, ob unbeobachtbare Paralleluniversen oder der nicht zerstörungsfrei beobachtbare kohärente Quantenzustand real sind oder nicht? Was ist mit virtuellen Teilchen, Austauschbosonen, dem Innern schwarzer Löcher usw.? Was ist eigentlich mit Dingen, die gerade niemand wahrnimmt?

Ich sollte meine obige Formulierung wie folgt erweitern:

"In den empirischen Wissenschaften ist das epistemologische Kriterium für die (konkrete) Existenz/Realität von etwas, dass es sich den Regeln der empirischen Forschung gemäß mittels der natürlichen oder technisch erweiterten Sinneswahrnehmung direkt oder indirekt erfassen lässt."

Das hilft mE nicht weiter, denn "indirekt erfassen" ist ein echter Gummibandbegriff. Das Autonomiekriterium gefällt mir (als notwendige, nicht hinreichende) Bedingung deutlich besser.

Myron hat folgendes geschrieben:
Was mögliche andere, von uns kausal und raumzeitlich isolierte Universen betrifft, so kann deren Existenz von uns niemals empirisch nachgewiesen werden.

Ja, und existieren solche Objekte also nicht, da sie ja Dein Kriterium nicht erfüllen? Ich denke, daß Du mglw. sogar Probleme mit dem Falsifikationskriterium bekommst, wenn Du Deine Definition ernstnimmst.

Myron hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
[angebl. ungeeignete Kategorien:]
Ursache/Wirkung, Zeitfluss, (absolute) Vergangenheit/Zunkunft, Gott/Mensch/Tier, Freier Wille, ...

Okay, was die Idee einer fließenden Zeit, Gottes und des freien Willens anbelangt, kann ich dir ganz allgemein zustimmen. Doch der Kausalitätsbegriff ist in den Wissenschaften so relevant wie eh und je. Ohne kausale Prozesse (* sind wissenschaftliche Erklärungen unmöglich.

(* Diese können deterministischer oder probabilistischer Natur sein.)

Aber selbst moderne Philosophen argumentieren teilweise zentral mit "ersten Ursachen" sowie mit der Behauptung, die Ursache sei immer zeitlich vor der Wirkung. Zudem ist die "probabilistische Ursache" schlecht definiert, mit einem allgemeineren Ansatz (etwa "naturgesetzlicher Zusammenhang") würde man einen Haufen Probleme vermeiden.

Myron hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
Wir erzeugen und verwenden Zeichen zur Darstellung der Wirklichkeit. Und unsere Zeichengebilde geben die wirklichen Verhältnisse richtig wieder oder eben icht.

Woher weißt Du das?

Logisch-semantische Intuition.

Sehr witzig. Du weißt es letztlich auch wieder nur aus der empirischen Erfahrung der Voraussagestabilität.
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Beitrag(#1062537) Verfasst am: 11.08.2008, 19:00    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:

Und wenn ich nach Kriterien für Wirklichkeit frage, dann meine ich nicht nur ein Testkriterium wie das Lackmuspapier, sondern tieferliegende Kriterien, also eine physikalische Theorie der Wirklichkeit: Wie funktioniert es, daß wir manches als wirklich bezeichnen, anderes nicht, welche Eigenschaften leigen dem zugrunde. Die Frage aus Deinem Beispiel, was eine Säure sei, ist damit also eher gemeint, im Sinne der tieferliegenden Theorie eines Protonendonators etwa.


Der Physiker kann selbstverständlich nicht so vorgehen, dass er physische Objekte daraufhin untersucht, ob sie die Eigenschaft des Wirklichseins/Existentseins besitzen.
Denn allein daraus, dass ein untersuchbares, d.i. wahrnehmbares, physisches Objekt vorliegt, folgt ja, dass es sich um etwas Reales/Existentes handelt, da man Nichtexistentes/Nichtreales nicht mit dem Mikroskop oder dem Fernrohr beobachten kann.

Das Wirkliche ist das gegenüber unserem Denken und Vorstellen Selbstständige. Das Wesen, Sosein von etwas Wirklichem wird nicht durch unsere Gedanken darüber oder unsere Vorstellungen davon bestimmt. Das Wirkliche besteht sozusagen durch sich selbst.
Dagegen besteht das Scheinwesen eines fiktiven, imaginären Objekts in nichts weiter als unseren willkürlichen intentionalen Eigenschaftszuschreibungen, über die hinaus es "an sich" ein Nichts ist.

step hat folgendes geschrieben:

Aber schauen wir lieber auf Deine neuen Definitionsversuche, wobei ich einiges überspringe und versuche, das wesentliche zu kommentieren:

Myron hat folgendes geschrieben:

Die Natur oder Essenz von etwas Existentem/Realem wird nicht durch irgendwelche mentalen Repräsentationen davon konstituiert. ...

Mir gefällt zwar die letzte Formulierung nicht so, aber immerhin ist das Kriterium der Unabhängigkeit brauchbar. In meiner Definition entspricht dem übrigens das Autonomiekriterium.


Wirkliches ist eigenständig und eigengesetzlich bestimmt, d.h. eben nicht von der Willkür unseres Denkens und Vorstellens abhängig.
Wirkliches besteht unabhängig davon, ob wir denken oder glauben, dass es besteht.

step hat folgendes geschrieben:

Das hilft mE nicht weiter, denn "indirekt erfassen" ist ein echter Gummibandbegriff. Das Autonomiekriterium gefällt mir (als notwendige, nicht hinreichende) Bedingung deutlich besser.


Ich bin selbst kein Physiker, aber ich vermute, dass die Physiker genau wissen, was unter einem indirekten empirischen Nachweis zu verstehen ist.

step hat folgendes geschrieben:

Myron hat folgendes geschrieben:
Was mögliche andere, von uns kausal und raumzeitlich isolierte Universen betrifft, so kann deren Existenz von uns niemals empirisch nachgewiesen werden.

Ja, und existieren solche Objekte also nicht, da sie ja Dein Kriterium nicht erfüllen? Ich denke, daß Du mglw. sogar Probleme mit dem Falsifikationskriterium bekommst, wenn Du Deine Definition ernstnimmst.


Hier müssen wieder Begriffs-Definition und Kriteriums-Bestimmung auseinander gehalten werden. Damit etwas existiert, muss es definitionsgemäß gegenüber dem Denken und Vorstellen eines Geistes oder mehrerer Geister (mit "Geist" meine ich "mind", nicht "ghost") selbstständig sein. In der Definition des Existenzbegriffs ist nicht davon die Rede, dass es sich um etwas sinnlich Wahrnehmbares oder Erfahrbares handeln muss.
Es gibt ja auch den abstrakten Realismus (Platonismus), der die Existenz abstrakter, d.i. unanschaulicher, nichtraumzeitlicher, nicht wirkender Dinge wie Zahlen oder Mengen postuliert. Anhand naturwissenschaftlicher, d.i. empirischer, Existenzkriterien, die sich ausschließlich auf konkrete, raumzeitliche, in Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge eingebundene Dinge beziehen, kann die Realität von Abstrakta freilich nicht nachgewiesen werden. Das Hauptargument der Antirealisten (Nominalisten) in Bezug auf Abstrakta ist, dass diese aufgrund ihres Wesens epistemisch absolut unzugänglich seien und der Glaube daran somit nicht zu rechtfertigen sei. Die meisten naturalistischen Philosophen gehören, Abstrakta betreffend, zum antirealistischen/nominalistischen Lager. In der Tat scheinen Naturalismus und Platonismus schwerlich vereinbar. (Aber selbst ein naturalistischer Großdenker wie Quine erkannte die Existenz von Mengen schließlich an—wenngleich mehr nolens als volens.)

step hat folgendes geschrieben:

Aber selbst moderne Philosophen argumentieren teilweise zentral mit "ersten Ursachen" sowie mit der Behauptung, die Ursache sei immer zeitlich vor der Wirkung. Zudem ist die "probabilistische Ursache" schlecht definiert, mit einem allgemeineren Ansatz (etwa "naturgesetzlicher Zusammenhang") würde man einen Haufen Probleme vermeiden.


"Kausalität" ist ein schwieriger und komplexer philosophischer Begriff, und ich bin leider (noch) nicht sonderlich bewandert in dem Spezialgebiet namens Philosophie der Kausalität.
Siehe dazu die einschlägigen Texte in der SEP:
http://plato.stanford.edu/contents.html#c
Speziell zu den beiden oben angesprochenen Themen:
Backward Causation:
"A common feature of our world seems to be that in all cases of causation, the cause and the effect are placed in time so that the cause precedes its effect temporally."
Probabilistic Causation:
"'Probabilistic Causation' designates a group of philosophical theories that aim to characterize the relationship between cause and effect using the tools of probability theory. The central idea behind these theories is that causes raise the probabilities of their effects, all else being equal."
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Arena-Bey
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Beitrag(#1062560) Verfasst am: 11.08.2008, 19:22    Titel: Antworten mit Zitat

toller Post.

wirklich... ohne zwinkern

tolle Ausführung Myron : Das Wirkliche besteht sozusagen durch sich selbst.

ein paar Denker haben dafür einen Begriff mit 4 Buchstaben gebildet..........

aber , wie du selber siehst und schreibst , die Fraktionen sind sich noch nicht einig.....

jetzt darf ich doch : zwinkern
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Myron
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Beitrag(#1062607) Verfasst am: 11.08.2008, 20:04    Titel: Antworten mit Zitat

Arena-Bey hat folgendes geschrieben:
toller Post.

wirklich... ohne zwinkern


Merci!

Arena-Bey hat folgendes geschrieben:

tolle Ausführung Myron : Das Wirkliche besteht sozusagen durch sich selbst.


Hermann Ulrici definiert:

"Real ist nur, was unabhängig vom menschlichen Denken und Gedanken, gleichgültig gegen sein Gedachtwerden, also unserem Denken und Gedanken, ein An-sich-seiendes, Selbständiges ist."

(Quelle: http://www.textlog.de/4991.html)

Das Wirkliche verhält sich gegenüber seinem Gedacht- oder Vorgestelltwerden "widerspenstig", d.h. es kann nicht einfach durch reine Geistesakte willkürlich beeinflusst und verändert, erschaffen oder vernichtet werden. Mit anderen Worten, das Wirkliche leistet kraft seiner Eigenständigkeit unserem Denken und Vorstellen Widerstand. Es hört nicht einfach auf zu sein und so zu sein, wie es ist, wenn man die Augen davor verschließt. Es lässt sich nicht einfach herbei- oder fortdenken.
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Beitrag(#1062709) Verfasst am: 11.08.2008, 21:13    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Der Physiker kann selbstverständlich nicht so vorgehen, dass er physische Objekte daraufhin untersucht, ob sie die Eigenschaft des Wirklichseins/Existentseins besitzen.
Denn allein daraus, dass ein untersuchbares, d.i. wahrnehmbares, physisches Objekt vorliegt, folgt ja, dass es sich um etwas Reales/Existentes handelt, da man Nichtexistentes/Nichtreales nicht mit dem Mikroskop oder dem Fernrohr beobachten kann.

Das ist zu einfach. Der Physiker steht - in den Bereichen, wo man mE nichttriviale Kriterien für Wirklichkeit benötigt - vor anderen Schwierigkeiten: Sein Modell (seine Theorie) beschreibt die Messungen gut, aber darüberhinaus auch Objekte, die er einfach nicht messen kann, und er muß entscheiden, ob er diese Objekte für real hält oder nicht, wenn dieser Begriff dort noch einen Sinn machen soll.

Der bereits angesprochene Überlagerungszustand etwa. Oder Objekte, die (nach Deiner Definition) eine Zeitlang real sind, dann "aus der Realität austreten" und schließlich wieder erscheinen. Letzteres Beispiel zeigt übrigens neben dem Begriff der Wirklichkeit zwei weitere problematische Begriffe, die in der Philosophie imme noch weitgehend als trivial angesehen werden: Kontinuität und vor allem Identität: Ist es dasselbe Teilchen oder ein anderes? Ist es zwischendurch real?

Oder - um nicht zu physikalisch zu werden - folgendes Beispiel: Jemand behauptet, Du lebst in einer virtuellen Realität, dir werde alles nur vorgegaukelt. Nach welchen Kriterien entscheidest Du, ob dem so ist oder nicht?

Myron hat folgendes geschrieben:
Das Wirkliche ist das gegenüber unserem Denken und Vorstellen Selbstständige.

Ja, wie gesagt, Autonomie ist ein notwendiges Kriterium, wenn auch mE kein hinreichendes.

Dazu folgendes Beispiel: Wie entscheidest Du, ob die Planeten von Engeln geführt werden oder von der Gravitation? Weder mit Autonomie noch mit Sinneswahrnehmung kommst Du hier einfach weiter.

Myron hat folgendes geschrieben:
Ich bin selbst kein Physiker, aber ich vermute, dass die Physiker genau wissen, was unter einem indirekten empirischen Nachweis zu verstehen ist.

Die tun sich da manchmal ganz schön schwer!

Myron hat folgendes geschrieben:
Backward Causation:
"A common feature of our world seems to be that in all cases of causation, the cause and the effect are placed in time so that the cause precedes its effect temporally."

Vorsicht, das ist ein ganz heißes Pflaster! Es käme in betracht,

- daß wir umgangssprachlich eine Ursache immer nur dann so nennen, wenn die zeitliche Relation gegeben ist (obiger Satz also tautologisch wäre),

- daß die bevorzugte Zeitrichtung nur eine Symmetriebrechung in unserem Bereich Universums ist,

- daß es naturgesetzliche Zusammenhänge gibt, die nicht kausal i.o. Sinne sind, etwa in Bereichen exotischer Raumzeittopologien oder jenseits der Planck-Skala.

Myron hat folgendes geschrieben:
Probabilistic Causation:
"'Probabilistic Causation' designates a group of philosophical theories that aim to characterize the relationship between cause and effect using the tools of probability theory. The central idea behind these theories is that causes raise the probabilities of their effects, all else being equal."

Auch sehr problematisch, es gäbe dann keine individuellen Wirkungen mehr, und man müßte sich fragen, ob es nicht doch etwas Reales gibt, daß etwa den individuellen Zerfall eines Atoms verursacht. Aber wie auch immer.
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Beitrag(#1062858) Verfasst am: 11.08.2008, 23:23    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Arena-Bey hat folgendes geschrieben:
toller Post.

wirklich... ohne zwinkern


Merci!

Arena-Bey hat folgendes geschrieben:

tolle Ausführung Myron : Das Wirkliche besteht sozusagen durch sich selbst.


Hermann Ulrici definiert:

"Real ist nur, was unabhängig vom menschlichen Denken und Gedanken, gleichgültig gegen sein Gedachtwerden, also unserem Denken und Gedanken, ein An-sich-seiendes, Selbständiges ist."

(Quelle: http://www.textlog.de/4991.html)

Das Wirkliche verhält sich gegenüber seinem Gedacht- oder Vorgestelltwerden "widerspenstig", d.h. es kann nicht einfach durch reine Geistesakte willkürlich beeinflusst und verändert, erschaffen oder vernichtet werden. Mit anderen Worten, das Wirkliche leistet kraft seiner Eigenständigkeit unserem Denken und Vorstellen Widerstand. Es hört nicht einfach auf zu sein und so zu sein, wie es ist, wenn man die Augen davor verschließt. Es lässt sich nicht einfach herbei- oder fortdenken.


und dennoch kann ich ein Ding denken, daß nicht real aber dennoch realisiert wird.

bzw. wie hat es der Urururahne von uns angestellt einen Stein zu einem Faustkeil zu formen?
woher kommt überhaupt die schöpferische Kraft und die Erfindungsgabe die dem Menschen inne ist?

Daher meine ich, eine ontologische Betrachtung ist eben nur die halbe Wahrheit.
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Beitrag(#1062924) Verfasst am: 12.08.2008, 00:37    Titel: Antworten mit Zitat

Robbe Piere hat folgendes geschrieben:

und dennoch kann ich ein Ding denken, daß nicht real aber dennoch realisiert wird.


Die Wirklichkeit eines Gegenstandes ist natürlich keine Voraussetzung seiner Denkbarkeit.
Künstliche, technische Gegenstände werden üblicherweise vor ihrer Verwirklichung in Gedanken entworfen.

Robbe Piere hat folgendes geschrieben:

woher kommt überhaupt die schöpferische Kraft und die Erfindungsgabe die dem Menschen inne ist?


Eine Gabe von Mutter Natur. Idee
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Myron
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Beiträge: 3625

Beitrag(#1062957) Verfasst am: 12.08.2008, 03:31    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Der Physiker steht - in den Bereichen, wo man mE nichttriviale Kriterien für Wirklichkeit benötigt - vor anderen Schwierigkeiten: Sein Modell (seine Theorie) beschreibt die Messungen gut, aber darüberhinaus auch Objekte, die er einfach nicht messen kann, und er muß entscheiden, ob er diese Objekte für real hält oder nicht, wenn dieser Begriff dort noch einen Sinn machen soll.


Wenn sich bestimmte theoretisch postulierte Objekte dem empirisch-experimentellen Zugriff entziehen, dann hat der Physiker natürlich ein großes Problem. Zum Beispiel kann heutzutage noch nicht entschieden werden, ob es die Strings als fundamentale physische Objekte realiter gibt. Deshalb wird die Stringtheorie vor allem von den Experimentalphysikern mit größtem Argwohn beäugt. Ohne die Möglichkeit empirischer Überprüfung bleibt die Stringtheorie trotz ihrer mathematischen Präzision eher eine naturphilosophische denn eine naturwissenschaftliche Theorie.

step hat folgendes geschrieben:

Letzteres Beispiel zeigt übrigens neben dem Begriff der Wirklichkeit zwei weitere problematische Begriffe, die in der Philosophie imme noch weitgehend als trivial angesehen werden: Kontinuität und vor allem Identität: Ist es dasselbe Teilchen oder ein anderes? Ist es zwischendurch real?


Die Philosophie macht sich durchaus tiefere Gedanken zum Identitätsbegriff:

http://plato.stanford.edu/entries/identity
http://plato.stanford.edu/entries/identity-indiscernible
http://plato.stanford.edu/entries/identity-time
http://plato.stanford.edu/entries/identity-personal
http://plato.stanford.edu/entries/identity-relative
http://plato.stanford.edu/entries/identity-transworld
http://plato.stanford.edu/entries/qt-idind

Ich würde sagen, das ist schon eine ganze Menge Stoff zum Grübeln.

step hat folgendes geschrieben:

Oder - um nicht zu physikalisch zu werden - folgendes Beispiel: Jemand behauptet, Du lebst in einer virtuellen Realität, dir werde alles nur vorgegaukelt. Nach welchen Kriterien entscheidest Du, ob dem so ist oder nicht?


Gut, das sind die altbekannten skeptizistischen Einwände, die wir hier nicht im Einzelnen abhandeln können. (Siehe dazu: http://plato.stanford.edu/entries/brain-vat, http://plato.stanford.edu/entries/skepticism, http://plato.stanford.edu/entries/skepticism-ancient)

Einige knappe Worte Wittgensteins dazu:

"Braucht man zum Zweifel nicht Gründe?" (§122)

"Der vernünftige Mensch hat gewisse Zweifel nicht." (§220)

"Und dass mir etwas feststeht, hat seinen Grund nicht in meiner Dummheit oder Leichtgläubigkeit." (§235)

"Mein Leben besteht darin, dass ich mich mit manchem zufriedengebe." (§344)

"Zweifelndes und nichtzweifelndes Benehmen. Es gibt das erste nur, wenn es das zweite gibt." (§354)

"Ein Zweifel ohne Ende ist nicht einmal ein Zweifel." (§625)

(aus "Über Gewissheit", Suhrkamp)

step hat folgendes geschrieben:

Die tun sich da manchmal ganz schön schwer!


Wer hat gesagt, dass die wissenschaftliche Forschung ein einfaches Unterfangen ist?!
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pimentão
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Beitrag(#1063136) Verfasst am: 12.08.2008, 12:37    Titel: Antworten mit Zitat

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Auch ganz ohne Gegenvorschlag: Wozu zählt ein kohärenter Quantenzustand ? real oder nicht-real ?
(Anm.: vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Bose-Einstein-Kondensat )


Nur Dinge in bestimmten Zuständen (zu bestimmten Zeitpunkten) sind real, nicht diese Zustände selbst. Physiker täten gut daran, das auch sprachlich zu berücksichtigen.
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pimentão
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Beiträge: 121
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Beitrag(#1063139) Verfasst am: 12.08.2008, 12:39    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
pimentão hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:

Die Unterscheidung zwischen 'Materie' und 'Feldern' in der modernen Physik ist selbst nicht zuletzt wegen der Äquivalenz von Masse und Energie ziemlich subtil.


Ontologisch besteht überhaupt kein Unterschied. Felder sind materielle / reale Objekte, denn sie besitzen Energie und sind interaktionsfähig.


Man kann die Elementarteilchen als Energiekonzentrate in Feldern betrachten.


Man kann auch Salz als Geschmackskonzentrate in Suppen betrachten, aber das ist miserable Ontologie. Das Salz ist real, und die Suppe ist real. Geschmack dagegen ist eine (wahrgenommene) Eigenschaft von Salz.

Myron hat folgendes geschrieben:
Aber was ist mit dem ontologischen Status von Feldern (als zeitlich veränderlichen Energieverteilungen im Raum)?


Salz als zeitlich veränderliche Geschmacksverteilung in der Suppe?

Myron hat folgendes geschrieben:
Für die einen unter den Physik-Philosophen sind Felder physische Entitäten (Substanzen) sui generis, und für die anderen Attribute der ihnen zugrunde liegenden Raumzeit, welche dann als die fundamentale physische Substanz gilt.


Die übliche Verwirrung. Dinge konstituieren Raumzeit, nicht umgekehrt. Darum kann die Raumzeit keinen Dingen "zugrundeliegen" (was immer das überhaupt bedeuten soll). Sie ist auch keine "physische Substanz", weil sie keine Energie besitzt und mit nichts interagieren kann.

Myron hat folgendes geschrieben:
Ich verwende "existiert" und "ist real" kontextunabhängig synonym und ontologisch nichtneutral, und "es gibt" kontextabhängig mal im ontologisch neutralen und mal im ontologisch nichtneutralen Sinn.
Die ontologisch nichtneutrale Bedeutung des Existenzprädikats bleibt stets gleich, weil es—entgegen Meinong—keine unterschiedlichen Weisen des Seins gibt. Alles, was ist/existiert, ist/existiert im selben Sinne des Wortes "ist"/"existiert".


Das ist Semantik, und die müssen wir der Ontologie anpassen, nicht umgekehrt. Eben weil in der formalen Logik normalerweise nicht zwischen realen und fiktiven Objekten unterschieden wird, müssen wir ein kontextuelles Existenzprädikat einführen, mit dem wir beispielsweise Donald Duck oder Gott als fiktive Objekte kennzeichnen können.

Myron hat folgendes geschrieben:
pimentão hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
In der Prozessphilosophie werden (physische) Dinge auf (physische) Vorgänge reduziert:


Es gibt keine Vorgänge ohne sich verändernde Dinge. Mit anderen Worten: der Dingbegriff ist dem Prozessbegriff logisch vorgeordnet. Mithin ist der prozessmetaphysische Ansatz von Grund auf falsch.


Ich bin zwar kein Anhänger der Prozessphilosophie, aber dass deren ontologischer Ansatz "von Grund auf falsch" ist, liegt nicht auf der Hand.
Siehe dazu Reschers Erwiderung auf die Kritik Strawsons, der das Primat der Ding- bzw. Substanz-Ontologie zu verteidigen sucht:
http://plato.stanford.edu/entries/process-philosophy/#6


Da wirft mal wieder jemand Ontologie und Erkenntnistheorie durcheinander:

"Strawson would have been well advised to add yet a third item, viz. (3) that individuals must not only be distinguishable and reidentifiable by a particular knower, but interpersonally and intersubjectively distinguishable and reidentifiable throughout a community of knowers."

Dinge sind bewusstseinsunabhängig existierende Objekte. Daher ist es vollkommen schnuppe, ob sie jemand erkennen oder unterscheiden kann. Sie machen ihre Prozesse (= Zustandsveränderungen) auch dann durch, wenn sie niemand dabei beobachtet. "Die Welt existiert" ist also ein ontologisches Postulat, "die Welt ist (approximativ) erkennbar" ein epistemologisches.

Myron hat folgendes geschrieben:
pimentão hat folgendes geschrieben:

Der Begriff mag weiterhin Verwendung finden, kann aber nicht mehr dieselbe Bedeutung wie in der Physik haben. Kausalität im physikalischen Sinne setzt voraus, dass Dinge existieren, deren Veränderungen Ursache für die Veränderung anderer Dinge sein können. Der Dingbegriff ist also auch dem Kausalitätsbegriff logisch vorgeordnet.


Kausalität setzt Ereignisse voraus.


Und Ereignisse setzen Dinge voraus, deren Zustandsveränderungen sich ereignen.

Myron hat folgendes geschrieben:
Die ontologische Kategorie <Ereignis> ist sowohl für Substanz- als auch für Prozess-Ontologen akzeptabel. Der Streit beginnt mit der Frage, ob in jede Art von Ereignis (und damit in jede Art von Vorgängen als zusammenhängenden Abfolgen von Ereignissen) notwendigerweise Dinge (Substanzen) einbezogen sind, d.h. ob es dinglose Ereignisse gibt bzw. geben kann.


Natürlich nicht. Es gibt ja auch keine Bewegung ohne sich bewegende Dinge.

Myron hat folgendes geschrieben:
pimentão hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:

"A particular is an entity which, although it can instantiate (be an instance of) another entity, cannot itself be instantiated by any other entity (cannot have instances). By contrast, a universal is an entity which can not only instantiate (be an instance of) another entity, but can also be instantiated by another entity (can have instances)."

"Eine partikulare Entität ist eine Entität, die, obgleich sie eine andere Entität exemplifizieren (ein Exemplar einer anderen Entität sein) kann, nicht selbst von irgendeiner anderen Entität exemplifiziert werden (Exemplare haben) kann. Im Gegensatz dazu ist eine universale Entität eine Entität, die nicht nur eine andere Entität exemplifizieren (ein Exemplar einer anderen Entität sein) kann, sondern auch von einer anderen Entität exemplifiziert werden (Exemplare haben) kann."
[meine Übers.]


Vollkommen unverständlich und ein grossartiges Beispiel dafür, wie man "normalen" Menschen das Interesse an der Philosophie verderben kann.


Zugegeben, das ist eine eher technische, aber keineswegs "vollkommen unverständliche" Formulierung. Es geht schlicht darum, dass Dinge als particularia Sachen sind, die andere Sachen verkörpern (exemplifizieren), aber nicht von anderen Sachen verkörpert werden können,


Was soll denn das heissen? Jedes Objekt ist nun mal es selbst, egal ob es sich um ein Ding oder Konstrukt handelt.

Myron hat folgendes geschrieben:
während Eigenschaften als universalia Sachen sind, die sowohl andere Sachen verkörpern als auch selbst von anderen Sachen verkörpert werden können. (Eine Eigenschaft kann von einem Ding verkörpert werden und selbst Eigenschaften verkörpern.


Wieder Verwirrung. Dinge "besitzen" Eigenschaften. Da wird nichts von irgendwas Anderem "verkörpert". Eigenschaften repräsentiert man mit Begriffen, aber diese Begriffe selbst sind keine Eigenschaften. Weil ausschliesslich Dinge Eigenschaften "besitzen", kann es auch keine Eigenschaften von Eigenschaften geben, sondern nur Prädikate und Werte.

Myron hat folgendes geschrieben:
pimentão hat folgendes geschrieben:
Myron hat folgendes geschrieben:
"[A]s I myself think, the world is a big physical object[.]"

"Wie ich selbst denke, ist die Welt ein großes physisches Objekt."
[meine Übers.]

(Lewis, David. On the Plurality of Worlds. Oxford: Blackwell, 1986. p. 1)


Ein grosses physisches Objekt? Warum schreibt er dann ein Buch mit diesem Titel?


Lewis meint hier "our world". Für ihn als modalen Realisten gibt es in der Tat unendlich viele andere mögliche Welten, von denen einige auch nichtphysische (übernatürliche) Phänomene enthalten.


Auch das ist ontologischer (und obendrein begrifflicher) Unfug, der spätestens dann auffallen sollte, wenn man über seine erkenntnistheoretischen Implikationen nachdenkt.

Myron hat folgendes geschrieben:
pimentão hat folgendes geschrieben:

Die Ontologie ist dafür zuständig, existierende, also reale Objekte von fiktiven zu unterscheiden und hat es demnach stets mit zwei Klassen von Objekten zu tun.


Da "fiktiv" für mich gleichbedeutend ist mit "nichtexistent", ist für mich die Klasse der fiktiven Objekte als bloßen Denkobjekten keine ontologische Klasse.


Auch, wenn Du sie nicht als Gegensatz zur Klasse der realen Objekte sehen möchtest (als was eigentlich sonst?), ist sie es doch in der gleichen Weise, wie Tod der Gegensatz von Leben ist. Ontologie ist sinnlos, wenn sie nicht unterscheidet, und unterscheiden kann man nur zwischen mindestens zwei (Klassen von) Objekten.
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pimentão
scharf



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Beitrag(#1063142) Verfasst am: 12.08.2008, 12:43    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
pimentão hat folgendes geschrieben:
[Die Frage, nach welchen Kriterien wir etwas als real bezeichnen] ist und bleibt die Ur-Frage jeder Metaphysik.

Soso, Myron hält es für trivial, und Du für die Urfrage jeder Metaphysik.

Und ich halte es für eine Frage, die man mit einer Theorie beantworten kann.


Ontologien sind Theorien. Ihre Gültigkeit kann ermittelt werden, indem man ihre Vereinbarkeit mit der Wissenschaft und der Gesamtheit ihrer Erkenntnisse prüft.

step hat folgendes geschrieben:
pimentão hat folgendes geschrieben:
Entsprechende Definitionen und Erläuterungen habe ich bereits abgegeben. Du darfst gern Alternativen zur Diskussion stellen.

Hab nochmal nachgeschaut und keine Definition gefunden. Mehrfach dagegen hast Du allerdings Postulate aufgestellt, etwa hier:
pimentao hat folgendes geschrieben:
Es gibt nur zwei ontologische Kategorien: real und nicht-real.

Also, bitte zeig mit Deine Definition, falls ich sie übersehen haben sollte.


"Alle realen Objekte sind Dinge, alle Dinge sind materiell, alle materiellen Objekte besitzen Energie, und die meisten (bekannten) materiellen Objekte besitzen auch Masse."

"Gäbe es keine bewusstseinsunabhängig existierenden Objekte, wäre unsere Erkenntnis nur sie selbst und nicht unsere Erkenntnis von etwas. Begriffe könnten nichts repräsentieren, das auch der Erkenntnis Anderer zugänglich wäre, weil es einfach nichts gäbe, was der Erkenntnis Anderer zugänglich wäre - nicht einmal die Anderen selbst."

"Dinge interagieren miteinander. Empfindungsfähige Dinge erfahren dabei Sinnesreize."

""Effekte" und "Wirkungen" setzen die Existenz von Dingen voraus, die Effekte haben und Wirkungen ausüben, was wiederum Rückschlüsse auf einige ihrer Eigenschaften zulässt, die beschrieben und im Kontext einer wissenschaftlichen Theorie systematisch dargelegt werden können."

""Etwasse" fallen in zwei ontologische Kategorien: reale Objekte (Dinge) einerseits und fiktive Objekte (Konstrukte) andererseits. Dinge "besitzen" Energie, was lediglich bedeutet, dass sie veränderbar und (abgesehen vom Universum als Ganzem) interaktionsfähig sind. Konstrukte dagegen sind Äquivalenzklassen von Gehirnprozessen, d.h. sie werden von realen Objekten gedacht, sind aber selbst nicht real."

"Selbst Elementarteilchen sind Dinge, also reale / materielle Objekte, denn sie "besitzen" Energie und sind interaktionsfähig."

"Da existieren zwei Dinge (die Computermaus und ich), die haben Eigenschaften, die es ihnen erlauben, miteinander so zu interagieren, dass eines der Dinge (ich) aufgrund seiner Eigenschaften (Besitz eines Nervensystems) etwas "erfahren" / wahrnehmen kann. Hätte ich im Wachzustand solche Erfahrungen, ohne mich auch nur in der Nähe einer Computermaus zu befinden, sollte ich dringend einen Arzt aufsuchen. In diesem Fall hätte ich keine "Wahrnehmung" (von etwas) sondern eine Halluzination."

"Die bildliche Darstellung eines Dinges ist nicht das Ding selbst, und unsere Wahrnehmung einer bildlichen Darstellung ist nicht diese Darstellung selbst."

"Leben ist ein Zustand von Dingen und kann nicht selbstbewusst sein, weil es nicht real ist. Nur (lebende) Organismen sind real und können unter bestimmten Umständen selbstbewusst sein."

"Wissen kann nicht "aufgenommen" werden, weil es kein Ding sondern eine Äquivalenzklasse von Gehirnprozessen ist, die induziert werden."

"Kognition ist kein Ding und kann keine Funktionen haben. Auch Funktionen sind keine Dinge und demzufolge keine "Apparate"."


Noch Fragen?

step hat folgendes geschrieben:
pimentão hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
[Der Physiker] sollte sich ontologischer Deutungen generell enthalten.

Er soll also nicht feststellen dürfen, ob etwas Teil des Universums oder Äquivalenzklasse von Gehirnprozessen ist? Was redest Du da nur? Auch Du selbst wirst doch wohl Kyklopen und Feldhamster nicht für Objekte derselben ontologischen Kategorie halten!

Häh? Ich enthalte mich ontologischer Deutungen, mache also keine metaphysische Aussage über das Sein des Seins oder so.


"Sein" setzt seiende Objekte voraus. Objekte können real oder fiktiv sein. Feldhamster sind real, Kyklopen sind fiktiv (siehe oben). Wie fändest Du es eigentlich, für den Mord an einem Kyklopen zu lebenslanger Haft verurteilt zu werden? Wie würde es Dir gefallen, wenn jemand Deinen Goldhamster zu Matsch trampelt und behauptet, er sei ebensowenig real wie Du?

step hat folgendes geschrieben:
Kyklopen und Feldhamster reagieren unterschiedlich auf meine physikalischen Kriterien der Realität


Kyklopen können gar nicht und Feldhamster zumindest nicht auf irgendwelche "Kriterien" "reagieren". Ausserdem ist der Realitätsbegriff dem Wissenschaftsbegriff logisch vorgeordnet. Erst, wenn er definiert ist, können ihm wissenschaftliche Erkenntnisse zugewiesen werden. Ontologen haben also Aufgaben, die sich von jenen der Wissenschaftler unterscheiden.

step hat folgendes geschrieben:
und deshalb bezeichne ich einen speziellen Hamster umgangsprachlich als wirklich.


Du sagst "wirklich", und ich sage "real" - das ist wieder nur Semantik. Tatsache bleibt, dass die Klasse der Feldhamster eine Klasse realer (von mir aus auch "wirklicher") Objekte ist, während Kyklopen Elemente der Klasse fiktiver Objekte sind.

step hat folgendes geschrieben:
pimentão hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Es ist aber erfahrungsgemäß so, daß die Philosophie der Wissenschaft gewaltig hinterherhinkt,

Aha, Beispiele?
step hat folgendes geschrieben:
insbesondere was das Verwerfen von inzwischen ungeeigneten Kategorien betrifft.

Beispiele?

Ursache/Wirkung, Zeitfluss, (absolute) Vergangenheit/Zunkunft, Gott/Mensch/Tier, Freier Wille, ...


Das sind erstmal nur hingeworfene Wörter, die nicht erklären, wie "die Philosophie" der Wissenschaft hinterherhinkt.
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Er_Win
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Beitrag(#1063226) Verfasst am: 12.08.2008, 14:54    Titel: Antworten mit Zitat

pimentão hat folgendes geschrieben:
Er_Win hat folgendes geschrieben:
Auch ganz ohne Gegenvorschlag: Wozu zählt ein kohärenter Quantenzustand ? real oder nicht-real ?


Nur Dinge in bestimmten Zuständen (zu bestimmten Zeitpunkten) sind real, nicht diese Zustände selbst. Physiker täten gut daran, das auch sprachlich zu berücksichtigen.


Ich meinte doch nicht den Zustand ! Bitte beib doch selbst mal bei deinen eigenen Exaktheits-Ansprüchen, statt dauernd Allgemeinplätze zu formulieren, was andere tun sollten ... *fg*

Zuerst klärst du uns auf, daß
Zitat:
Es gibt nur zwei ontologische Kategorien: real und nicht-real. Jedes Objekt, das wir begrifflich fassen, muss einer dieser Kategorien zugeordnet werden.


Objekt, welches ich begrifflich fasse: "Photon" (als Konkretum eines Quantums)
Zustand des Objekts zu einem Zeitpunkt t: "kohärent"

Frage: nach "deiner Ontologie": real oder nicht-real

siehe zB.: http://homepage.univie.ac.at/Franz.Embacher/Quantentheorie/Dekohaerenz/

Und jetzt kommst wieder du ....

Erwin
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step
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Beitrag(#1063258) Verfasst am: 12.08.2008, 15:45    Titel: Antworten mit Zitat

Myron hat folgendes geschrieben:
Deshalb wird die Stringtheorie vor allem von den Experimentalphysikern mit größtem Argwohn beäugt. Ohne die Möglichkeit empirischer Überprüfung bleibt die Stringtheorie trotz ihrer mathematischen Präzision eher eine naturphilosophische denn eine naturwissenschaftliche Theorie.

Aus meiner Sicht ist es entscheidend, ob eine Theorie sich besser als andere zum Voraussagen von Messungen eignet. Ob die in der Theorie enthaltenen Terme physikalischen Objekten entsprechen, die im klassischen Sinne real sind, ist sekundär, evtl. in bestimmten Bereichen sogar irreführend.

Myron hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Letzteres Beispiel zeigt übrigens neben dem Begriff der Wirklichkeit zwei weitere problematische Begriffe, die in der Philosophie immer noch weitgehend als trivial angesehen werden: Kontinuität und vor allem Identität: Ist es dasselbe Teilchen oder ein anderes? Ist es zwischendurch real?


Die Philosophie macht sich durchaus tiefere Gedanken zum Identitätsbegriff:

http://plato.stanford.edu/entries/identity ... Ich würde sagen, das ist schon eine ganze Menge Stoff zum Grübeln.


Myron hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Jemand behauptet, Du lebst in einer virtuellen Realität, dir werde alles nur vorgegaukelt. Nach welchen Kriterien entscheidest Du, ob dem so ist oder nicht?

Gut, das sind die altbekannten skeptizistischen Einwände, die wir hier nicht im Einzelnen abhandeln können. ...

Mir geht es hier nicht um Skeptizsmus. Im Gegensatz zu den meisten, die dieses Beispiel bringen, bin ich der Meinung, daß man die beiden Fälle gut unterscheiden kann, wenn man geeignete Kriterien für Wirklichkeit hat. Ähnlich der Fall mit den Planeten-Engeln, oder Occam's Razor.

Es ist mE eine legitime physikalsiche Frage, wie es kommt, daß der hyp. Realismus recht gut funktioniert.
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pimentão
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Beitrag(#1063296) Verfasst am: 12.08.2008, 17:01    Titel: Antworten mit Zitat

pimentão hat folgendes geschrieben:
Nur Dinge in bestimmten Zuständen (zu bestimmten Zeitpunkten) sind real, nicht diese Zustände selbst. Physiker täten gut daran, das auch sprachlich zu berücksichtigen.


Er_Win hat folgendes geschrieben:
Ich meinte doch nicht den Zustand ! Bitte beib doch selbst mal bei deinen eigenen Exaktheits-Ansprüchen, statt dauernd Allgemeinplätze zu formulieren, was andere tun sollten ... *fg*


Offensichtlich sind das keine Allgemeinplätze. Nur zur Erinnerung: Ich bin hier, um vor metaphysischen Missformulierungen zu warnen, weil sie "echte" ontologische Kategorienfehler nach sich ziehen können. Der Anspruch wissenschaftlicher Genauigkeit sollte, ja MUSS sich auch in sprachlicher Genauigkeit niederschlagen.

Er_Win hat folgendes geschrieben:
Zuerst klärst du uns auf, daß
Zitat:
Es gibt nur zwei ontologische Kategorien: real und nicht-real. Jedes Objekt, das wir begrifflich fassen, muss einer dieser Kategorien zugeordnet werden.


Objekt, welches ich begrifflich fasse: "Photon" (als Konkretum eines Quantums)
Zustand des Objekts zu einem Zeitpunkt t: "kohärent"

Frage: nach "deiner Ontologie": real oder nicht-real


Es bleibt dabei: Das Photon (in seinem Zustand) ist real, sein Zustand selbst ist es nicht. Übrigens handelt es sich nicht um "meine" Ontologie, sondern um die eines Physikers: http://www.mcgill.ca/philosophy/faculty/bunge/

Er_Win hat folgendes geschrieben:
siehe zB.: http://homepage.univie.ac.at/Franz.Embacher/Quantentheorie/Dekohaerenz/


Auch hier stiftet philosophische Desorganisation unnötige Verwirrung. Alle Dinge, also auch Quantenobjekte, sind jederzeit in irgendeinem Zustand. Das sagt aber nichts über ihre Identifizierbarkeit und Unterscheidbarkeit als individuelle Dinge aus. Weil sie Quantenobjekte sind, verhalten sie sich natürlich auch als solche und eben nicht wie makroskopische Objekte. Daran ist vom Grundsatz her überhaupt nichts Erstaunliches. Wer das Prinzip der Emergenz verstanden hat, wundert sich auch nicht mehr darüber, dass bestimmte Verhaltensweisen von Quantenobjekten nicht "auf die Makro-Ebene durchschlagen". Du siehst: gute Philosophie entspannt ungemein.
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Beitrag(#1063404) Verfasst am: 12.08.2008, 19:45    Titel: Antworten mit Zitat

@pimentao
Zitat:
Der Anspruch wissenschaftlicher Genauigkeit sollte, ja MUSS sich auch in sprachlicher Genauigkeit niederschlagen.


In diesem Zusammenhang würde ich dich ersuchen noch mal deine weitschweifigen Aussagen (Definition ?!?) zu "real" zu überprüfen, wenn du ausführst, daß Quantenobjekte (konkret zB. kohärente Photonen) "real" sind.

Erwin
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step
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Beitrag(#1063415) Verfasst am: 12.08.2008, 20:11    Titel: Antworten mit Zitat

pimentão hat folgendes geschrieben:
Es bleibt dabei: Das Photon (in seinem Zustand) ist real, sein Zustand selbst ist es nicht.


wikipedia hat folgendes geschrieben:
In der Quantenmechanik ist der Zustand ... durch eine abstrakte nicht observable mathematische Funktion |psi> gegeben.


Das Photon wird durch |psi> vollständig beschrieben, und |psi> evolviert nach der Schrödingergleichung. Beobachtbare Größen dagegen werden erst durch Anwendung von Operatoren (etwa bei einer Messung) auf |psi> gebildet.

Man kann ein Photon als Schwingungszustand eines elektromagnetischen Feldes interpretieren oder als Teilchen, oder als |psi>. Deine klassisch-reifiziernde Unterscheidung ist hier nicht mehr ohne weiteres gültig, und auch das Verhältnis von Beobachtung und Zustand erhält eine neue Qualität. Noch schlimmer wird es, wenn das "zu jedem Zeitpunkt" keinen Sinn mehr macht.
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step
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Beitrag(#1063422) Verfasst am: 12.08.2008, 20:27    Titel: Antworten mit Zitat

pimentão hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
pimentão hat folgendes geschrieben:
[Die Frage, nach welchen Kriterien wir etwas als real bezeichnen] ist und bleibt die Ur-Frage jeder Metaphysik.

Soso, Myron hält es für trivial, und Du für die Urfrage jeder Metaphysik. Und ich halte es für eine Frage, die man mit einer Theorie beantworten kann.

Ontologien sind Theorien. Ihre Gültigkeit kann ermittelt werden, indem man ihre Vereinbarkeit mit der Wissenschaft und der Gesamtheit ihrer Erkenntnisse prüft.

Dann ist ihnen aber alles Metaphysische abhandengekommen.

pimentão hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
pimentão hat folgendes geschrieben:
Entsprechende Definitionen und Erläuterungen habe ich bereits abgegeben. Du darfst gern Alternativen zur Diskussion stellen.

Hab nochmal nachgeschaut und keine Definition gefunden. Mehrfach dagegen hast Du allerdings Postulate aufgestellt, etwa hier:
pimentao hat folgendes geschrieben:
Es gibt nur zwei ontologische Kategorien: real und nicht-real.

Also, bitte zeig mit Deine Definition, falls ich sie übersehen haben sollte.


"Alle realen Objekte sind Dinge, alle Dinge sind materiell, alle materiellen Objekte besitzen Energie, ..."

Das ist jedenfalls keine Definition von Realität, sondern ein Untermengenpostulat. Wo wir aber schonmal dabei sind: Gilt das eigentlich auch umgekehrt, also ist alles, was Energie besitzt, auch ein Ding, und jedes Ding ein reales Objekt?
Falls ja: Realität = Energie?
Falls nein: Was hat Energie, ist aber nicht real?

pimentão hat folgendes geschrieben:
... [i]"Selbst Elementarteilchen sind Dinge, also reale / materielle Objekte, denn sie "besitzen" Energie und sind interaktionsfähig."

Aha, jetzt also andersherum die Logik. Ist das die Definition?

pimentão hat folgendes geschrieben:
"Sein" setzt seiende Objekte voraus.

Aha.

pimentão hat folgendes geschrieben:
Wie würde es Dir gefallen, wenn jemand Deinen Goldhamster zu Matsch trampelt und behauptet, er sei ebensowenig real wie Du?

Strohmann! (Ich zweifle nicht an der Nützlichkeit des Wirklichkeitsmodells, sondern will es auf physikalische Kriterien/Theorien zurückführen.)

pimentão hat folgendes geschrieben:
Ausserdem ist der Realitätsbegriff dem Wissenschaftsbegriff logisch vorgeordnet. Erst, wenn er definiert ist, können ihm wissenschaftliche Erkenntnisse zugewiesen werden. Ontologen haben also Aufgaben, die sich von jenen der Wissenschaftler unterscheiden.

Und das ist genau der Fehler. Das war solange "richtig", wie die Realität als metaphysische Gegebenheit galt. Die Ontologie ist aber ein Teil der Naturwissenschaft geworden.

pimentão hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Ursache/Wirkung, Zeitfluss, (absolute) Vergangenheit/Zunkunft, Gott/Mensch/Tier, Freier Wille, ...

Das sind erstmal nur hingeworfene Wörter, die nicht erklären, wie "die Philosophie" der Wissenschaft hinterherhinkt.

Sollen die Leser beurteilen, hab jetzt keine Zeit, das nochmal zu erklären.
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Er_Win
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Beitrag(#1063431) Verfasst am: 12.08.2008, 20:40    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
pimentão hat folgendes geschrieben:
[...]Ontologien sind Theorien. Ihre Gültigkeit kann ermittelt werden, indem man ihre Vereinbarkeit mit der Wissenschaft und der Gesamtheit ihrer Erkenntnisse prüft.

Dann ist ihnen aber alles Metaphysische abhandengekommen.


na, ist ja selten, aber doch einmal ganz deiner Meinung Smilie

Erwin
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Myron
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Beitrag(#1063505) Verfasst am: 12.08.2008, 23:04    Titel: Antworten mit Zitat

pimentão hat folgendes geschrieben:

Myron hat folgendes geschrieben:
Man kann die Elementarteilchen als Energiekonzentrate in Feldern betrachten.

Man kann auch Salz als Geschmackskonzentrate in Suppen betrachten, aber das ist miserable Ontologie. Das Salz ist real, und die Suppe ist real. Geschmack dagegen ist eine (wahrgenommene) Eigenschaft von Salz.


"Matter is where the concentration of energy is great, field where the concentration of energy is small. (...) What impresses our senses as matter is really a great concentration of energy into a comparatively small space. We could regard matter as the regions in space where the field is extremely strong."

"Materie ist dort, wo die Energiekonzentration hoch ist, das Feld dort, wo die Energiekonzentration niedrig ist. (...) Was unseren Sinnen als Materie erscheint, ist in Wirklichkeit eine hohe Konzentration von Energie in einem verhältnismäßig kleinen Raum. Wir könnten die Materie als diejenigen Regionen im Raum betrachten, worin das Feld extrem stark ist."
[meine Übers.]

(Einstein, Albert, and Leopold Infeld. The Evolution of Physics. From Early Concepts to Relativity and Quanta. 1938. Reprint, New York: Simon & Schuster, 1967. p. 242+)

pimentão hat folgendes geschrieben:

Myron hat folgendes geschrieben:
Für die einen unter den Physik-Philosophen sind Felder physische Entitäten (Substanzen) sui generis, und für die anderen Attribute der ihnen zugrunde liegenden Raumzeit, welche dann als die fundamentale physische Substanz gilt.

Die übliche Verwirrung. Dinge konstituieren Raumzeit, nicht umgekehrt.


Das ist die Frage! Es gibt bekanntlich die relationistische und die absolutistische Konzeption des Raumes bzw. der Raumzeit. Letzterer zufolge ist der Raum bzw. die Raumzeit ein selbstständiges Ding.

pimentão hat folgendes geschrieben:

Darum kann die Raumzeit keinen Dingen "zugrundeliegen" (was immer das überhaupt bedeuten soll). Sie ist auch keine "physische Substanz", weil sie keine Energie besitzt und mit nichts interagieren kann.


Was ist mit der Vakuumenergie des Raumes?
Was ist mit der Krümmung des Raumes durch massige Dinge, die wiederum die Bewegungen anderer massiger Dinge beeinflusst?

pimentão hat folgendes geschrieben:

Eben weil in der formalen Logik normalerweise nicht zwischen realen und fiktiven Objekten unterschieden wird, müssen wir ein kontextuelles Existenzprädikat einführen, mit dem wir beispielsweise Donald Duck oder Gott als fiktive Objekte kennzeichnen können.


In der Freien Logik gibt es im Gegensatz zur Standard-Logik (= FOPL, first-order predicate logic) ein eigenes Existenzprädikat neben dem Existenzquantor: "E!(...)"

"Donald Duck existiert nicht" kann dann, was in der Standard-Logik nicht möglich ist (da Ex(x = a) darin ein Theorem ist), formell einfach wie folgt ausgedrückt werden: ~E!(Donald Duck)
(Das ist übrigens äquivalent zu ~Ex(x = Donald Duck). Man kann aber auch einen ontologisch neutralen Existenzquantor einführen, den man aber besser nicht mehr so nennt, sondern "Partikularquantor". Dann kann ich schreiben: Px(x = Donald Duck & ~E!x), was bedeutet: "Es gibt" etwas, das Donald Duck ist und nicht existiert.)

pimentão hat folgendes geschrieben:

Es gibt keine Vorgänge ohne sich verändernde Dinge. Mit anderen Worten: der Dingbegriff ist dem Prozessbegriff logisch vorgeordnet. Mithin ist der prozessmetaphysische Ansatz von Grund auf falsch.


Das ist die Frage! Die Kategorie "Ereignis" wird in der Philosophie sehr unterschiedlich interpretiert. (Siehe: http://plato.stanford.edu/entries/events)
Ich habe mir dazu noch keine feste Meinung gebildet, stehe aber der prinzipiellen ontologischen Reduktion von Gegenständen, Dingen auf Ereignisse und Vorgänge eher skeptisch gegenüber.

pimentão hat folgendes geschrieben:

Myron hat folgendes geschrieben:

Siehe dazu Reschers Erwiderung auf die Kritik Strawsons, der das Primat der Ding- bzw. Substanz-Ontologie zu verteidigen sucht: http://plato.stanford.edu/entries/process-philosophy/#6

Da wirft mal wieder jemand Ontologie und Erkenntnistheorie durcheinander: ...


Einem Philosoph wie Rescher ist diese Unterscheidung mit Sicherheit nicht unbekannt.

pimentão hat folgendes geschrieben:

"Strawson would have been well advised to add yet a third item, viz. (3) that individuals must not only be distinguishable and reidentifiable by a particular knower, but interpersonally and intersubjectively distinguishable and reidentifiable throughout a community of knowers."

Dinge sind bewusstseinsunabhängig existierende Objekte. Daher ist es vollkommen schnuppe, ob sie jemand erkennen oder unterscheiden kann. Sie machen ihre Prozesse (= Zustandsveränderungen) auch dann durch, wenn sie niemand dabei beobachtet. "Die Welt existiert" ist also ein ontologisches Postulat, "die Welt ist (approximativ) erkennbar" ein epistemologisches.


Das ist nicht der Punkt. Strawson selbst argumentiert von der epistemologischen Ebene aus für die Annahme der Priorität von Dingen, d.h. von materiellen Objekten, gegenüber Vorgängen (Ereignisketten):

"1. For objective and identifiable particulars to be knowable, some items must be (1) distinguishable from other co-existents, and (2) reidentifiable over time.
2. These conditions (viz. distinguishability and reidentifiability) can only be met by material objects (i.e. particulars with material bodies)."

(http://plato.stanford.edu/entries/process-philosophy/#6)

Rescher widerspricht Strawson, indem er bestreitet, dass nur (physische) Dinge die Bedingungen der Unterscheidbarkeit und Reidentifizierbarkeit erfüllen können und so eine eindeutige Bezugnahme auf sie ermöglichen.

pimentão hat folgendes geschrieben:

Jedes Objekt ist nun mal es selbst, egal ob es sich um ein Ding oder Konstrukt handelt.


Darüber, ob auch alle nichtexistenten Objekte selbstidentisch sind, sind die Logiker geteilter Meinung. Ich gehe von einer Äquivalenz zwischen Existenz und Selbstidentität aus.

pimentão hat folgendes geschrieben:

Myron hat folgendes geschrieben:
während Eigenschaften als universalia Sachen sind, die sowohl andere Sachen verkörpern als auch selbst von anderen Sachen verkörpert werden können. (Eine Eigenschaft kann von einem Ding verkörpert werden und selbst Eigenschaften verkörpern.

Wieder Verwirrung. Dinge "besitzen" Eigenschaften. Da wird nichts von irgendwas Anderem "verkörpert".


Du kannst selbstverständlich genauso gut das Verb "besitzen" verwenden. Ich gebrauche "verkörpern" als deutsches Wort für die englischen Verben "to instantiate" und "to exemplify".

pimentão hat folgendes geschrieben:

Eigenschaften repräsentiert man mit Begriffen, aber diese Begriffe selbst sind keine Eigenschaften.


Es sei denn, man verwendet, wie Gottlob Frege, den Begriff "Begriff" im Sinne von "Eigenschaft". Für ihn sind Begriffe die Eigenschaften derjenigen Gegenstände, die unter die betreffenden Begriffe fallen.
Aber auch ich verwende diese beiden Begriffe nicht synonym: Begriffe sind die mentalen Repräsentanten von Eigenschaften.

pimentão hat folgendes geschrieben:

Weil ausschliesslich Dinge Eigenschaften "besitzen", kann es auch keine Eigenschaften von Eigenschaften geben, sondern nur Prädikate und Werte.


Prädikate sind der sprachliche Ausdruck von Begriffen:
Prädikat -> Begriff -> Eigenschaft

Aber nicht nur Dinge, sondern auch Eigenschaften können Eigenschaften besitzen. So hat z.B. die Eigenschaft, eine deutsche Stadt mit mehr als 1. Mio. Einwohnern zu sein, die Eigenschaft, von drei Städten besessen zu werden. Und die Eigenschaft, eine deutsche Stadt mit mehr als 10 Mio. Einwohnern zu sein, hat die Eigenschaft, von keiner deutschen Stadt besessen zu werden.

pimentão hat folgendes geschrieben:

Myron hat folgendes geschrieben:

Lewis meint hier "our world". Für ihn als modalen Realisten gibt es in der Tat unendlich viele andere mögliche Welten, von denen einige auch nichtphysische (übernatürliche) Phänomene enthalten.

Auch das ist ontologischer (und obendrein begrifflicher) Unfug, der spätestens dann auffallen sollte, wenn man über seine erkenntnistheoretischen Implikationen nachdenkt.


Der modale Realismus, wie ihn Lewis vertritt, mag falsch sein, doch theoretischer Unfug ist er beileibe nicht!

pimentão hat folgendes geschrieben:

Auch, wenn Du sie nicht als Gegensatz zur Klasse der realen Objekte sehen möchtest (als was eigentlich sonst?), ist sie es doch in der gleichen Weise, wie Tod der Gegensatz von Leben ist. Ontologie ist sinnlos, wenn sie nicht unterscheidet, und unterscheiden kann man nur zwischen mindestens zwei (Klassen von) Objekten.


Du missverstehst mich. Natürlich kann auf sinnvolle Weise zwischen der Klasse der realen/existenten Objekte und der Klasse der irrealen/inexistenten Objekte unterschieden werden. Doch letztere ist als Komplementärklasse ersterer keine ontologische Klasse, da ihre Elemente ja überhaupt nicht existieren. Deren "Sein" ist ein rein intentionales, "projiziertes" Scheinsein, und ihr "Wesen" ist ein rein intentionales, "projiziertes" Scheinwesen. Nichtseiende Dinge sind bloße Gedankendinge, und als solche eben keine Entitäten. Die Ontologie befasst sich mit denjenigen Objekten, die Entitäten sind, aber nicht mit denjenigen, die Nichtentitäten sind. Dafür wäre, wie gesagt, die "Meontologie", die "Lehre vom Nichtsein" zuständig.
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