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Raphael auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 01.02.2004 Beiträge: 8362
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(#1271595) Verfasst am: 19.04.2009, 20:44 Titel: |
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Zumsel hat folgendes geschrieben: | Raphael hat folgendes geschrieben: | Für gut hältst Du das GG? Dank dieses GG haben wir Staatsorgane, die sich unausgesetzt gegenseitig blockieren und denen jede Legitimation durch das Volk fehlt, denn Wahlen kennt diese Pseudo-Verfassung nicht. Die Bundestags-"Wahl" ist aus dem von mir schon angesprochenen Grund eine Farce. Meiner Meinung nach ist Deutschland mit Ausnahme des Vatikans und Monacos die einzige Nicht-Demokratie zwischen dem Atlantik und der russischen/weißrussischen Westgrenze. |
Was mach denn die Wahlen etwa zum britischen Unterhaus, zur spanischen Cortes Generales oder zum österreichischen Nationalrat "demokratischer" (in deinem Sinne) als jene zum Deutschen Bundestag?
Raphael hat folgendes geschrieben: | Die Listen für die Zweitstimmen werden von den Parteien aufgestellt. Die Wähler haben keinerlei Möglichkeit, bestimmte Kandidaten abzulehnen oder zu fördern. Sie können nur der Liste insgesamt zustimmen oder eben auch nicht. Ja sogar Bewerber, die über die Erststimme abgelehnt wurden, ziehen auf diese Weise entgegen dem Wählerwillen ins Parlament ein. |
Innerhalb der Parteien erfolgt die Wahl sehr wohl demokratisch. Bei Bundestagswahlen ist der einzelne Abgeordnete ohnehin von untergeordnetem Interesse, da im Zentrum des Wahlkampfes Regierungsprogramme und die sich für Regierungsämter bewerbende Poltiker stehen. |
Die Abgeordneten zum britischen Unterhaus beispielsweise werden in den Wahlkreisen mit absoluter Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen gewählt. Ihre Stellung ist dadurch wesentlich stärker als die der meisten deutschen Bundestagsabgeordneten, die ihre Sitze von Gnaden der Parteien erhalten. Und wer auf der Liste steht, das bestimmen meist die Parteioberen, die sich jeweils nach dem Wohlverhalten der Betreffenden in der laufenden Legislaturperiode richten. Ein allzu kritischer Abgeordneter, der ein paar Male gegen die eigene Parteilinie aufgetreten ist, hat weit weniger Chancen, wieder aufgestellt zu werden, als ein sogenannter Parteisoldat. Lies ruhig mal die Bücher "Die Deutschlandakte" und "Staat ohne Diener" von Arnim. Ich gebe ihm zwar auch nicht in allem Recht, aber dass Deutschland keine Demokratie ist, begründet er sehr überzeugend und zeigt Alternativen zum gegenwärtigen Zustand auf.
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Zumsel registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.03.2005 Beiträge: 4667
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(#1271601) Verfasst am: 19.04.2009, 20:52 Titel: |
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Raphael hat folgendes geschrieben: | Die Abgeordneten zum britischen Unterhaus beispielsweise werden in den Wahlkreisen mit absoluter Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen gewählt. |
Das ist falsch. Die relative Mehreit reicht. Nimm dem deutschen Wahlrecht die Zweitstimme und du hast das britische Wahlrecht.
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Shadaik evolviert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 26377
Wohnort: MG
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(#1272213) Verfasst am: 20.04.2009, 19:55 Titel: |
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Raphael hat folgendes geschrieben: | Shadaik hat folgendes geschrieben: | Der Bundestag wird in Wahlen von einem Direktkandidaten je Wahlkreis gewählt. Hinzu kommen noch die Listen der Parteien für die übrigen Plätze, womit ein Ausgleich zwischenlokalen Ergebnissen (Direktkandidat) und generell-bundesweitem politischen Richtungsspektrum (Listenkandidaten) erzielt wird.
Was genau siehst du hier als undemokratisch an?
Es fehlt sicherlich an Plebisziten und Volksbegehren, die 5%-Hürde könnte weg, aber alles in allem ist der Bundestag ebenso demokratisch gewählt wie im Rest Europas. |
1.
Die sog. Wahlkreisabgeordneten werden nur in Ausnahmefällen tatsächlich gewählt, nämlich wenn ein Kandidat mehr als die Hälfte der abgegebenen gültigen Erststimmen erhält. In allen anderen Fällen zieht in den Bundestag ein, wer die Mehrheit der Erststimmen gegen sich hat: Beispiel: A hat 40%, B hat 30%, C hat 30%; A kommt in den Bundestag, obwohl ihn 60% der Wähler abgelehnt haben. Das spricht der Demokratie Hohn. | Da ein Wahlergebnis über 50% überaus unwahrscheinlich ist, wenn man mehr als 2 (höchstens aber 4) Kandidaten antreten lässt, eine seltsame Sichtweise.
Auch dass bei einem Ergebnis von 40% 60% gegen den Kandidaten gestimmt hätten ist eine Sichtweis,e die mir nicht nachvollziehbar erscheint. Sie haben lediglich nicht für ihn gestimmt.
Zitat: | 2.
Die Listen für die Zweitstimmen werden von den Parteien aufgestellt. Die Wähler haben keinerlei Möglichkeit, bestimmte Kandidaten abzulehnen oder zu fördern. Sie können nur der Liste insgesamt zustimmen oder eben auch nicht. Ja sogar Bewerber, die über die Erststimme abgelehnt wurden, ziehen auf diese Weise entgegen dem Wählerwillen ins Parlament ein. | Und das Problem hierbei ist...?
Zitat: | Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Wähler nur das Stärkeverhältnis der Parlamentsfraktionen bestimmen können. Das allein macht aber noch keine Wahl. Dass es sogar in Deutschland auch anders geht, beweist das personalisierte Verhältniswahlrecht auf kommunaler Ebene. |
Tut mir leid, ich kenne das rheinland-pfälzische Kommunalwahlrecht nicht, offenbar unterscheidet es sich aber erheblich von jenem hier in NRW, welches der Bundestagswahl analog ist (ausser, dass man zusätzlich den Oberbürgermeister direkt wählt).
_________________ Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
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Zumsel registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.03.2005 Beiträge: 4667
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(#1272448) Verfasst am: 21.04.2009, 09:15 Titel: |
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Shadaik hat folgendes geschrieben: | Da ein Wahlergebnis über 50% überaus unwahrscheinlich ist, wenn man mehr als 2 (höchstens aber 4) Kandidaten antreten lässt, eine seltsame Sichtweise. |
Nicht unbedingt. In Frankreich etwa wird in jenen Wahlkreisen, in denen keiner der Kandidaten auf Anhieb über 50% kommt, zwei Wochen später eine Stichwahl zwischen dem Ersten und dem Zweiten abgehalten.
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Shadaik evolviert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 26377
Wohnort: MG
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(#1272453) Verfasst am: 21.04.2009, 09:25 Titel: |
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Zumsel hat folgendes geschrieben: | Shadaik hat folgendes geschrieben: | Da ein Wahlergebnis über 50% überaus unwahrscheinlich ist, wenn man mehr als 2 (höchstens aber 4) Kandidaten antreten lässt, eine seltsame Sichtweise. |
Nicht unbedingt. In Frankreich etwa wird in jenen Wahlkreisen, in denen keiner der Kandidaten auf Anhieb über 50% kommt, zwei Wochen später eine Stichwahl zwischen dem Ersten und dem Zweiten abgehalten. | Ja, so hat man das auch lange bei den Bürgermeisterwahlen in NRW gehalten. Eine mögliche Methode, aber mE zu aufwändig und teuer im verhältnis zum Nutzen (der ja nur eine Detailfrage klärt).
In der Praxis ist mir kein Fall bekannt, in dem bei der Stichwahl in NRW jemand anders gewählt worden wäre als jener, der zuvor schon die höchsten Stimmanteile erhalten hat. Ich gehe also davon aus, dass dies zu selten geschieht, alsdass der zusätzliche Aufwand (Zeit, Geld und Wählermotivation) durch eine Stichwahl gerechtfertigt wäre.
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Zumsel registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.03.2005 Beiträge: 4667
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(#1272458) Verfasst am: 21.04.2009, 09:48 Titel: |
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Shadaik hat folgendes geschrieben: | Zumsel hat folgendes geschrieben: | Shadaik hat folgendes geschrieben: | Da ein Wahlergebnis über 50% überaus unwahrscheinlich ist, wenn man mehr als 2 (höchstens aber 4) Kandidaten antreten lässt, eine seltsame Sichtweise. |
Nicht unbedingt. In Frankreich etwa wird in jenen Wahlkreisen, in denen keiner der Kandidaten auf Anhieb über 50% kommt, zwei Wochen später eine Stichwahl zwischen dem Ersten und dem Zweiten abgehalten. | Ja, so hat man das auch lange bei den Bürgermeisterwahlen in NRW gehalten. Eine mögliche Methode, aber mE zu aufwändig und teuer im verhältnis zum Nutzen (der ja nur eine Detailfrage klärt).
In der Praxis ist mir kein Fall bekannt, in dem bei der Stichwahl in NRW jemand anders gewählt worden wäre als jener, der zuvor schon die höchsten Stimmanteile erhalten hat. Ich gehe also davon aus, dass dies zu selten geschieht, alsdass der zusätzliche Aufwand (Zeit, Geld und Wählermotivation) durch eine Stichwahl gerechtfertigt wäre. |
Man könnte es auch in einem Abwasch erledigen. Zum Beispiel durch die Abstufung von Präferenzen. Also: Man wählt seinen Kandidaten und kreuzt gleichzeit an, welche(n) Kandidaten man favorisieren würde, wenn der eigene nicht zu den besten zwei gehört...
Der Vorteil der Stichwahl liegt freillig darin, dass überraschende Ergebnisse vom Volk "korrigiert" werden können. So waren beispielsweise die Franzosen bei der letzten Wahl offenbar selbst erschrocken darüber, in welcher Höhe sie die Konservativen haben siegen lassen. In den Stichwahlen schwächten sie diesen Sieg dann etwas ab. Beim deutschen Wahlrecht erübrigt sich das natürlich. Hier wäre eine Stichwahl wohl tatsächlich unnötiger Aufwand. Durch die Zweitstimmen stünde das wesentliche Ergebnis fest und das Interessen und damit auch die Wahlbeteiligung dürften enorm niedrig sein.
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Shadaik evolviert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 26377
Wohnort: MG
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(#1272464) Verfasst am: 21.04.2009, 10:06 Titel: |
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Ein sehr schönes System haben wir übrigens an der Uni: Es gibt eine Liste mit Personen, die wiedeurm nach politischen Listen aufgeteilt sind.
Die Sitzzahl der Listen (Parteien) berrechnet sich nach allen Stimmen für die Liste, die Nachrückreihenfolge nach der Anzahl der Stimmen, die jeder Kandidat erhalten hat. Das problem hierbei ist natürlich, dass Newcomer keine Chance haben - es bildet sich eine Kaste von "Berufspolitikern" heraus, deren Namen die Wähler kennen.
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Zumsel registrierter User
Anmeldungsdatum: 08.03.2005 Beiträge: 4667
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(#1272473) Verfasst am: 21.04.2009, 10:28 Titel: |
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Shadaik hat folgendes geschrieben: | Ein sehr schönes System haben wir übrigens an der Uni: Es gibt eine Liste mit Personen, die wiedeurm nach politischen Listen aufgeteilt sind.
Die Sitzzahl der Listen (Parteien) berrechnet sich nach allen Stimmen für die Liste, die Nachrückreihenfolge nach der Anzahl der Stimmen, die jeder Kandidat erhalten hat. Das problem hierbei ist natürlich, dass Newcomer keine Chance haben - es bildet sich eine Kaste von "Berufspolitikern" heraus, deren Namen die Wähler kennen. |
Richtig. Die wenigsten hätten wohl auch weder Lust noch Zeit, sich intensiv mit sämtlichen Listenbewerbern einer Partei ihres Bundeslandes auseinanderzusetzen. Die meisten Kandidaten wären fast allen Wählern vermutlich völlig unbekannt.
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Tassilo Deaktiviert
Anmeldungsdatum: 17.05.2004 Beiträge: 7361
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(#1272493) Verfasst am: 21.04.2009, 11:10 Titel: |
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Shadaik hat folgendes geschrieben: | In der Praxis ist mir kein Fall bekannt, in dem bei der Stichwahl in NRW jemand anders gewählt worden wäre als jener, der zuvor schon die höchsten Stimmanteile erhalten hat. Ich gehe also davon aus, dass dies zu selten geschieht, alsdass der zusätzliche Aufwand (Zeit, Geld und Wählermotivation) durch eine Stichwahl gerechtfertigt wäre. |
In Bayern passiert sowas durchaus. Da gabs schon oft lange Gesichter nach der Stichwahl.
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