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Roter Ballon Lifted
Anmeldungsdatum: 22.12.2006 Beiträge: 2631
Wohnort: München
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(#1347841) Verfasst am: 23.08.2009, 10:09 Titel: Re: Universalien |
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Myron hat folgendes geschrieben: | Wolf hat folgendes geschrieben: | Yogosh hat folgendes geschrieben: |
Von mir aus gibt es unendlich viele leere Mengen. |
Wodurch unterscheiden sich zwei leere Mengen? |
Aus dem Extensionalitätsaxiom folgt, dass es nicht mehr als eine leere Menge gibt. |
Extensionalitätsaxiom oder Axiom der Bestimmtheit: Zwei Mengen sind genau dann gleich, wenn sie dieselben Elemente enthalten.
ähm, Elemente ...
hmm knifflig
die Menge aller leeren Mengen enthält wieviele Elemente?
nach meiner persönlichen naiven amateurhaften Meinung,
sind die eine leere Menge die aus einem Axiom erfolgt und die leere Menge die ein anderes Axiom ergibt, eben nicht gleich, weil ich aus der leeren Menge keinen Weg finde zum treffenden Ausgangsaxiom zurückzukommen.
ich mein ja nur
_________________ ____________________
ertrage die Clowns!
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Yogosh Leisetreter ...und Klugscheisser
Anmeldungsdatum: 19.03.2009 Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin
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(#1347851) Verfasst am: 23.08.2009, 11:19 Titel: |
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Für die Existenz der leeren Menge braucht man ein eigenes Axiom. Nur die Eindeutigkeit, nicht die Existenz folgt aus dem Extensionalitätsaxiom. Und das ist kein Spass, den sich mal jemand ausgedacht hat. Es ist das Identitätskriterium für Mengen. Wer das Axiom nicht mag, der redet eben über andere Dinge und sollte ein eigenes Identitätskriterium angeben. Dass ballancer von mir aus unendlich viele leere Mengen haben kann habe ich nur in dem obigen Kontext gesagt. Bei seiner Ontologie ist das dann auch egal. Seine Mengen sind garantiert intensional.
Die "Menge aller Mengen" ist übrigens bloß eine Klasse. Nicht jede Eigenschaft ist mengenbildend, und die eine Menge zu sein ist eine von denen Eigenschaften, die es nicht sind. Sonst hätte man Mengen, die sich selbst enthalten. Und natürlich auch solche, die das nicht tun. Und dann die Mengen aller Mengen die sich nicht selbst enthalten: {x | x nicht Element von x}. Ist x jetzt Element von sich selbst? An dieser Antinomie ging Freges System kaputt.
Es gibt also die Menge aller Mengen nicht und ich weiss gerade nicht ob Klassen überhaupt eine Kardinalität haben. Kardinalzahlen sind ja Mengen und ich schätze mal dass das nicht hinhaut. Dafür bräuchte man eine bijektive Abbildung von einer echten Klasse zu einer Menge und das wird wohl nicht klappen. Abbildungen sind halt auch bloß Mengen. <s>Aber wenn das so ist, dann ist die Klasse aller Mengen gewissermaßen zu groß um überhaupt mit Kardinalzahlen gemessen zu werden. Also circa ungefähr tierisch groß. Oder eigentlich zu groß für 'groß'.</s> Bevor ich hier noch klinge wie das Frollein: für echte Klassen (also solche die nicht auch Mengen sind) ist Kardinalität wahrscheinlich gar nicht definierbar.
Die Mengenlehre definiert Mengen übrigens rekursiv. Die leere Menge ist eine Menge, und alles was mit Mengen nach bestimmten Operationen gebaut wird ist auch eine Menge. Und dann gibt es noch eine unendliche Menge per extra Axiom, weil man die sonst nicht hätte.
_________________ "If the King's English was good enough for Jesus Christ, it's good enough for the children of Texas!" - Miriam Amanda "Ma" Ferguson, Governor of Texas, als Begründung gegen Spanischunterricht
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pewe auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 20.01.2008 Beiträge: 3377
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(#1347892) Verfasst am: 23.08.2009, 13:45 Titel: |
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der kleine Fritz hat folgendes geschrieben: |
Die Einsicht in die sprachliche Vielfalt und Kontextualität führte Wittgenstein zu der Auffassung der Sprache als Sprachspiel und zu dem Schluss, dass die Menschen unterschiedliche Sprachspiele spielen. So unterscheidet sich beispielsweise das Sprachspiel des Wissenschaftlers wesentlich von dem des Theologen. Wie soll da eine Verständigung möglich sein, wenn jeder auf die Richtigkeit seiner Interpretation beharrt ???
Auch Frege sah sich dabei mit der Zweideutigkeit der Alltagssprache und der Unzulänglichkeit verfügbarer logischer Systeme in der Semantik und Linguistik konfrontiert, ohne eine befriedigende Lösung bieten zu können. |
Wie würde denn die Argumentation bzgl. des folgenden Satzes bei einem Realist oder Nominalist um 1000 n.Z und wie bei einem Theologen und Wissenschaftler heute aussehen?
Sam sagt: "Der Zyklop hat ein Auge auf der Stirn".
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der kleine Fritz registrierter User
Anmeldungsdatum: 24.06.2005 Beiträge: 2183
Wohnort: Planet Erde
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(#1347922) Verfasst am: 23.08.2009, 14:39 Titel: |
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pewe hat folgendes geschrieben: | der kleine Fritz hat folgendes geschrieben: |
Die Einsicht in die sprachliche Vielfalt und Kontextualität führte Wittgenstein zu der Auffassung der Sprache als Sprachspiel und zu dem Schluss, dass die Menschen unterschiedliche Sprachspiele spielen. So unterscheidet sich beispielsweise das Sprachspiel des Wissenschaftlers wesentlich von dem des Theologen. Wie soll da eine Verständigung möglich sein, wenn jeder auf die Richtigkeit seiner Interpretation beharrt ???
Auch Frege sah sich dabei mit der Zweideutigkeit der Alltagssprache und der Unzulänglichkeit verfügbarer logischer Systeme in der Semantik und Linguistik konfrontiert, ohne eine befriedigende Lösung bieten zu können. |
Wie würde denn die Argumentation bzgl. des folgenden Satzes bei einem Realist oder Nominalist um 1000 n.Z und wie bei einem Theologen und Wissenschaftler heute aussehen?
Sam sagt: "Der Zyklop hat ein Auge auf der Stirn". |
Um nicht zu spekulieren, müßte man von jeder Sorte einen finden, der dazu eine Aussage macht und dann - mit Sam - darüber diskutieren lassen! Wäre doch ein echt amüsantes Sprachspiel!
_________________ und Gott bleibt stumm....
um so eifriger schwatzen seine selbsternannten Missionare.
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1347953) Verfasst am: 23.08.2009, 16:20 Titel: |
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Kramer hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: |
Profanisierung mutet in einem Diskussionsforum über Weltanschauungen schon recht skuril an. |
Die weltanschauliche Ausrichtung dieses Forums ist profan. Ist Dir das wirklich noch nicht aufgefallen? |
Sorry, ich hatte das Wort eher im alltagssprachlichen Sinn verstanden:
Wikipedia hat folgendes geschrieben: |
In der heutigen Alltagssprache wird profan auch als ein Synonym für „alltäglich“ verwendet. Das Profane hat keinerlei herausragende Bedeutung mehr und stellt den einfachen Normalfall dar. |
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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Myron Mereoplethyntikologe
Anmeldungsdatum: 01.07.2007 Beiträge: 3632
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(#1347954) Verfasst am: 23.08.2009, 16:21 Titel: Re: Universalien |
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Robbe Piere hat folgendes geschrieben: | Myron hat folgendes geschrieben: |
Aus dem Extensionalitätsaxiom folgt, dass es nicht mehr als eine leere Menge gibt. |
Extensionalitätsaxiom oder Axiom der Bestimmtheit: Zwei Mengen sind genau dann gleich, wenn sie dieselben Elemente enthalten.
ähm, Elemente ...
hmm knifflig
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Anders gesagt, zwei Mengen sind genau dann identisch, wenn sie sich im Hinblick auf ihre Mitglieder nicht unterscheiden. Mengen ohne Mitglieder unterscheiden sich im Hinblick darauf nicht, was bedeutet, dass sie identisch sind, das heißt, dass die leere Menge einzigartig ist.
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Kramer postvisuell
Anmeldungsdatum: 01.08.2003 Beiträge: 30878
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(#1347971) Verfasst am: 23.08.2009, 16:49 Titel: |
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ballancer hat folgendes geschrieben: | Kramer hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: |
Profanisierung mutet in einem Diskussionsforum über Weltanschauungen schon recht skuril an. |
Die weltanschauliche Ausrichtung dieses Forums ist profan. Ist Dir das wirklich noch nicht aufgefallen? |
Sorry, ich hatte das Wort eher im alltagssprachlichen Sinn verstanden:
Wikipedia hat folgendes geschrieben: |
In der heutigen Alltagssprache wird profan auch als ein Synonym für „alltäglich“ verwendet. Das Profane hat keinerlei herausragende Bedeutung mehr und stellt den einfachen Normalfall dar. | |
Profanisierung der Profanisierung in einem Diskussionsforum über Weltanschauungen? Wenn das der Ballancer mitbekommt.
Hübsches Eigentor.
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Marcellinus Outsider
Anmeldungsdatum: 27.05.2009 Beiträge: 7429
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(#1347980) Verfasst am: 23.08.2009, 17:00 Titel: |
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pewe hat folgendes geschrieben: | Mal eine Frage eines Unbedarften:
Welchen Sinn machen eigentlich solche scholastischen Übungen? |
Kramer hat folgendes geschrieben: |
Profanisierung der Profanisierung in einem Diskussionsforum über Weltanschauungen? Wenn das der Ballancer mitbekommt. |
<s>Ist "Weltanschauung" eigentlich ein anderes Wort für Hirngespinnst?</s> Nein, ich halte mich da besser raus!
_________________ "Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."
Friedrich Nietzsche
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Myron Mereoplethyntikologe
Anmeldungsdatum: 01.07.2007 Beiträge: 3632
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(#1348006) Verfasst am: 23.08.2009, 17:51 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: |
Am Universalismus wurde vor allem deshalb so lange festgehalten, weil er von vielen Theologen als Voraussetzung für verschiedene theologische Behauptungen angesehen wurde. |
Der zeitgenössische Hauptvertreter des aristotelischen (immanentistischen) Universalienrealismus ("universalia in rebus"), der australische Philosoph David Armstrong, ist zugleich ein Hauptvertreter des Naturalismus und Physikalismus.
"Many philosophers think that it is not possible to combine Naturalism with a doctrine of universals. What is needed for the combination is an 'Aristotelian' rather than a 'Platonic' theory. The only universals admitted should be ones that are instantiated (at some time). It will be too crude to 'being universals down to space-time', as if putting them in a big pot. The best way forward, I think, is to develop a theory of facts or, as I prefer to call them, states of affairs. These will be instantiations of property and relation universals. Space-time, all that there is if Naturalism is upheld, will be analysed as, identified with, a vast interconnected assemblage of states of affairs."
(Armstrong, D. M. "Postscript: 'Naturalism, Materialism, and First Philosophy' Reconsidered." In Contemporary Materialism: A Reader, edited by Paul K. Moser and J. D. Trout, 47-50. London: Routledge, 1995. p. 50)
Der wesentliche Unterschied zwischen dem aristotelischen und dem platonischen Universalienrealismus ist, dass immanente Universalien davon ontologisch abhängig sind, von mindestens einem Objekt oder, im Fall einer Beziehung, von mindestens zwei Objekten exemplifiziert zu werden, während transzendente Universalien davon ontologisch unabhängig sind.
Für einen Platoniker existiert z.B. die Faulheit auch dann, wenn es niemanden gibt, der faul ist, während sie für den Aristoteliker nur dann existiert, wenn es mindestens eine faule Person gibt.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#1348014) Verfasst am: 23.08.2009, 18:14 Titel: |
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Myron hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: |
Am Universalismus wurde vor allem deshalb so lange festgehalten, weil er von vielen Theologen als Voraussetzung für verschiedene theologische Behauptungen angesehen wurde. |
Der zeitgenössische Hauptvertreter des aristotelischen (immanentistischen) Universalienrealismus ("universalia in rebus"), der australische Philosoph David Armstrong, ist zugleich ein Hauptvertreter des Naturalismus und Physikalismus.
"Many philosophers think that it is not possible to combine Naturalism with a doctrine of universals. What is needed for the combination is an 'Aristotelian' rather than a 'Platonic' theory. The only universals admitted should be ones that are instantiated (at some time). It will be too crude to 'being universals down to space-time', as if putting them in a big pot. The best way forward, I think, is to develop a theory of facts or, as I prefer to call them, states of affairs. These will be instantiations of property and relation universals. Space-time, all that there is if Naturalism is upheld, will be analysed as, identified with, a vast interconnected assemblage of states of affairs."
(Armstrong, D. M. "Postscript: 'Naturalism, Materialism, and First Philosophy' Reconsidered." In Contemporary Materialism: A Reader, edited by Paul K. Moser and J. D. Trout, 47-50. London: Routledge, 1995. p. 50)
Der wesentliche Unterschied zwischen dem aristotelischen und dem platonischen Universalienrealismus ist, dass immanente Universalien davon ontologisch abhängig sind, von mindestens einem Objekt oder, im Fall einer Beziehung, von mindestens zwei Objekten exemplifiziert zu werden, während transzendente Universalien davon ontologisch unabhängig sind.
Für einen Platoniker existiert z.B. die Faulheit auch dann, wenn es niemanden gibt, der faul ist, während sie für den Aristoteliker nur dann existiert, wenn es mindestens eine faule Person gibt. |
Wir sind uns ja eh einig, daß Nominalismus / Universalismus und Naturalismus / Supernaturalismus zwei einigermaßen unabhängige Klassifizierungen sind. Ja, ich hätte genauer schreiben sollen "Am platonischen Universalismus ...". Bis vor kurzem wußte ich übrigens gar nicht, daß es einen anderen als den letztlich platonischen U. überhaupt gibt.
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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pewe auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 20.01.2008 Beiträge: 3377
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(#1348021) Verfasst am: 23.08.2009, 18:22 Titel: |
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der kleine Fritz hat folgendes geschrieben: | pewe hat folgendes geschrieben: | der kleine Fritz hat folgendes geschrieben: |
Die Einsicht in die sprachliche Vielfalt und Kontextualität führte Wittgenstein zu der Auffassung der Sprache als Sprachspiel und zu dem Schluss, dass die Menschen unterschiedliche Sprachspiele spielen. So unterscheidet sich beispielsweise das Sprachspiel des Wissenschaftlers wesentlich von dem des Theologen. Wie soll da eine Verständigung möglich sein, wenn jeder auf die Richtigkeit seiner Interpretation beharrt ???
Auch Frege sah sich dabei mit der Zweideutigkeit der Alltagssprache und der Unzulänglichkeit verfügbarer logischer Systeme in der Semantik und Linguistik konfrontiert, ohne eine befriedigende Lösung bieten zu können. |
Wie würde denn die Argumentation bzgl. des folgenden Satzes bei einem Realist oder Nominalist um 1000 n.Z und wie bei einem Theologen und Wissenschaftler heute aussehen?
Sam sagt: "Der Zyklop hat ein Auge auf der Stirn". |
Um nicht zu spekulieren, müßte man von jeder Sorte einen finden, der dazu eine Aussage macht und dann - mit Sam - darüber diskutieren lassen! Wäre doch ein echt amüsantes Sprachspiel! |
Nun, ich möchte z.B. wissen, ob die Eigenschaft der Augheit etwas über die Existenz des Zyklopen aussagt?
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Myron Mereoplethyntikologe
Anmeldungsdatum: 01.07.2007 Beiträge: 3632
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(#1348037) Verfasst am: 23.08.2009, 18:51 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Bis vor kurzem wußte ich übrigens gar nicht, daß es einen anderen als den letztlich platonischen U. überhaupt gibt. |
Siehste!
Die größte Kröte, die es bei den immanenten Universalien zu schlucken gilt, ist der Umstand, dass diese ungeteilt, d.h. als Ganzes, an vielen verschiedenen Orten anwesend sein können ("multiple localization"/"multiple Lokalisation").
"[An immanent universal is] something that does, or at least can, occur repeatedly. It is instantiated by different particulars, at different spatiotemporal positions; and wherever it is instantiated, there the whole of it is present. When it is instantiated, it is a nonspatiotemporal part of the particular that instantiates it."
———
"Eine immanente Universalie ist etwas, das wiederholt vorkommt oder zumindest vorkommen kann. Sie wird von verschiedenen Einzeldingen (Partikularien) an verschiedenen raumzeitlichen Stellen exemplifiziert; und wo immer sie exemplifiziert ist, dort ist sie gänzlich anwesend. Wenn sie exemplifiziert ist, dann ist sie ein nichtraumzeitlicher Teil desjenigen Einzeldinges, das sie exemplifiziert." [© meine Übers.]
(Lewis, David. "Against Structural Universals." Australian Journal of Philosophy 64.1 (March 1986): 25-46. p. 26)
Das heißt: Wenn z.B. Claudia Schiffer und Heidi Klum die Schönheit als immanente Universalie exemplifizieren, dann ist es nicht der Fall, dass ein Teil davon in Claudia Schiffer anwesend ist und ein anderer Teil in Heidi Klum, sondern vielmehr so, dass sie als Ganzes sowohl in Claudia Schiffer als auch in Heidi Klum anwesend ist, obgleich die beiden Frauen nie zur selben Zeit denselben Ort teilen.
Die Kritiker des immanentistischen UR behaupten, dass die These der multiplen Lokalisation der immanenten Universalien zu Widersprüchen führt:
Wenn z.B. die Schiffer und die Klum 100km voneinander entfernt sind, dann bedeutet dies, dass die von ihnen exemplifizierte Schönheit 100km von sich selbst entfernt ist. Oder wenn die Schiffer gerade in einem Pariser Cafe sitzt, während die Klum gerade in einem Flugzeug nach New York fliegt, dann ist die von ihnen exemplifizierte Schönheit zur selben Zeit sowohl in Ruhe als auch in Bewegung. In Erwiderung darauf versuchen die Anhänger des immanentistischen UR solche angeblichen Widersprüche als bloß scheinbare zu entlarven.
Was mich betrifft, ich bringe diese Kröte irgendwie nicht runter, d.h. ich bezweifle, dass multiple Lokalisation realiter möglich ist, und deshalb lehne ich als Naturalist sowohl den aristotelischen als auch den platonischen UR ab. Stattdessen befürworte ich den realistischen Nominalismus, dem zufolge Eigenschaften und Beziehungen existieren, aber nicht als Universalien, sondern als Partikularien, als Individuen. In der englischsprachigen Philosophie werden solche individuellen Eigenschaften und Beziehungen "tropes" genannt. Manche bevorzugen aber den traditionellen Ausdruck "mode", im Philosophen-Deutsch "Modus" (Husserl hat von "Momenten" gesprochen).
Zuletzt bearbeitet von Myron am 23.08.2009, 19:01, insgesamt 4-mal bearbeitet |
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Yogosh Leisetreter ...und Klugscheisser
Anmeldungsdatum: 19.03.2009 Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin
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(#1348038) Verfasst am: 23.08.2009, 18:54 Titel: |
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Myron hat folgendes geschrieben: | Der wesentliche Unterschied zwischen dem aristotelischen und dem platonischen Universalienrealismus ist, dass immanente Universalien davon ontologisch abhängig sind, von mindestens einem Objekt oder, im Fall einer Beziehung, von mindestens zwei Objekten exemplifiziert zu werden, während transzendente Universalien davon ontologisch unabhängig sind.
Für einen Platoniker existiert z.B. die Faulheit auch dann, wenn es niemanden gibt, der faul ist, während sie für den Aristoteliker nur dann existiert, wenn es mindestens eine faule Person gibt. |
Die immanenten Universalien klingen für mich erst mal recht vernünftig. Jedenfalls explodiert einem die Ontologie dann nicht sofort mit solchen Sachen wie Unsichtbarer-Rosa-Einhörnigkeit.
Ich frag mich aber dennoch, wofür man die immanenten Universalien braucht.
_________________ "If the King's English was good enough for Jesus Christ, it's good enough for the children of Texas!" - Miriam Amanda "Ma" Ferguson, Governor of Texas, als Begründung gegen Spanischunterricht
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Myron Mereoplethyntikologe
Anmeldungsdatum: 01.07.2007 Beiträge: 3632
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(#1348063) Verfasst am: 23.08.2009, 19:33 Titel: |
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Yogosh hat folgendes geschrieben: |
Ich frag mich aber dennoch, wofür man die immanenten Universalien braucht. |
Ein Grund:
"A universal unifies the set of all and only those particulars that instantiate it."
(Lewis, David. On the Plurality of Worlds. Oxford: Blackwell, 1986. p. 66)
Das heißt, die Einheitlichkeit der Menge aller Fs ist unmittelbar dadurch gegeben, dass all ihre Mitglieder ein und dieselbe Universalie F gemeinsam haben. Damit steht die Mengenbildung auf festen ontologischen Beinen.
Ein weiterer Grund, wenn nicht der Hauptgrund, für den Realismus (einschließlich des realistischen Nominalismus):
"Without properties, objects are empty and predicates are blind."
———
"Ohne Eigenschaften sind Gegenstände leer und Begriffswörter blind." [© meine Übers.]
(Martin, C. B. The Mind in Nature. Oxford: Oxford University Press, 2007. p. 80)
Da ich denke, dass Martin mit dieser Aussage vollkommen recht hat, bleibt mir nur die Wahl zwischen dem immanentistischen Realismus und dem realistischen Nominalismus (dem zufolge es Eigenschaften und Beziehungen gibt, aber nicht als Universalien, sondern als Partikularien).
Ich habe mich für letzteren entschieden.
P.S.: Die Bezeichnung "realistischer Nominalismus" mag selbstwidersprüchlich klingen, aber sie ist es nicht, da der Nominalismus nicht unbedingt die Verneinung der Realität von Eigenschaften und Beziehungen beinhaltet. Nur der antirealistische Nominalismus verneint deren Realität absolut, d.h. ihm zufolge gibt es Eigenschaften und Beziehungen überhaupt nicht, also weder als Universalien noch als Partikularien.
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Myron Mereoplethyntikologe
Anmeldungsdatum: 01.07.2007 Beiträge: 3632
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(#1348292) Verfasst am: 24.08.2009, 01:45 Titel: Re: Universalien |
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Myron hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: |
Deine Setzungen sind allerdings keine Tatsachenfeststellungen sondern Definitionen. Und zwar von der Gestalt, dass sie mit den üblichen Definitionen keine Schnittmenge bilden.
Denn für gewöhnlich wir unter Universalien die Allgemeinbegriffe verstanden, die zumindest als Klasse oder Abstraktion im allgemeinen Sprachgebrauch. Damit aber sind sie völlig anders definiert als allgemeine Eigenschaften oder Beziehungen. |
Ein Wort zu den "üblichen Definitionen":
"Universals. In metaphysics, the term 'universal' is applied to things of two sorts: properties (such as redness or roundness), and relations (such as kinship relations like sisterhood, or the causal relation, or spatial and temporal relations). Universals are to be understood by contrast with particulars."
("Universals." In Routledge Encyclopedia of Philosophy, Vol. 9, edited by Edward Craig, 539-544. London: Routledge, 1998. p. 539)
"Universals. A universal is a property or relation that can be instanced, or instantiated, by a number of different particular things: each yellow thing provides an instance of the property of yellowness, and each square thing the property of being square."
("Universals." In Oxford Dictionary of Philosophy, by Simon Blackburn, 2nd ed. Oxford: Oxford University Press, 2005. p. 376)
Universalien sind vielfach verkörperbare ("multipel exemplifizierbare"/"multiply exemplifiable") Eigenschaften und Beziehungen. Und genau das ist es, was sie zu Allgemeinheiten, allgemeinen Wesenheiten macht: Eine Universalie kann von vielen Objekten exemplifiziert werden und dabei ihre numerische Identität wahren, das heißt, ein und dieselbe Eigenschaft oder Beziehung kann von vielen verschiedenen Dingen verkörpert werden. |
Im Brockhaus-Philosophie ist Folgendes zu lesen:
"Universalien [zu spätlatei. universalis 'zur Gesamtheit gehörend', 'allgemein'], traditionelle Bezeichnung für Allgemeinbegriffe, allgemeine Ideen bzw. Gattungen. Den Gegensatz zu den Universalien bilden die Realien, also die Individualbegriffe. In der Scholastik werden die fünf aristotelischen logischen Allgemeinbegriffe (Prädikabilien) als Universalien bezeichnet."
(Der Brockhaus—Philosophie: Ideen, Denker und Begriffe. Hrsg. v. Hildegard Hogen und Elisabeth Conradi. Leipzig: Brockhaus, 2009. S. 433)
Wer soll daraus schlau werden?!
Hier geraten die verschiedenen semantischen Ebenen durcheinander:
Ebene 1: sprachliche Begriffswörter oder -ausdrücke (Prädikate).
Ebene 2: Begriffe als nichtsprachliche geistige Vorstellungen ("Ideen") oder als abstrakte Sinne/Bedeutungen von Begriffsausdrücken.
Ebene 3: Eigenschaften (Arten, Gattungen [Was ist es? Z.B. ein Mensch], Beschaffenheiten [Wie ist es? Z.B. schön]) und Beziehungen, die von (1) bzw. (2) repräsentiert werden.
Zu sagen, mit "Universalien" seien die (Allgemein-)Begriffe gemeint, ist insofern falsch, als die Konzeptualisten als Nominalisten zwar die Existenz von Universalien verneinen, aber die Existenz von Begriffen bejahen.
"Conceptualism, the view that there are no universals and that the supposed classificatory function of universals is actually served by particular concepts in the mind. A universal is a property that can be instantiated by more than one individual thing (or particular) at the same time."
("Conceptualism." In The Cambridge Dictionary of Philosophy, edited by Robert Audi. 2nd ed. Cambridge: Cambridge University Press, 1999. p. 169)
Die "Universalität" von Begriffen besteht allein darin, dass viele Gegenstände unter sie fallen können. Die Begriffe selbst sind jedoch auch Einzelheiten (Partikularien).
Die Universalienfrage bezieht sich also auf Ebene 3, d.h. darauf, ob die Begriffswörter bzw. Begriffe reale Eigenschaften/Beziehungen repräsentieren, die unter Wahrung ihrer numerischen Identität vielfach exemplifizierbar sind, oder nicht!
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Yogosh Leisetreter ...und Klugscheisser
Anmeldungsdatum: 19.03.2009 Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin
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(#1348297) Verfasst am: 24.08.2009, 03:34 Titel: Re: Universalien |
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Myron hat folgendes geschrieben: | Ebene 1: sprachliche Begriffswörter oder -ausdrücke (Prädikate).
Ebene 2: Begriffe als nichtsprachliche geistige Vorstellungen ("Ideen") oder als abstrakte Sinne/Bedeutungen von Begriffsausdrücken.
Ebene 3: Eigenschaften (Arten, Gattungen [Was ist es? Z.B. ein Mensch], Beschaffenheiten [Wie ist es? Z.B. schön]) und Beziehungen, die von (1) bzw. (2) repräsentiert werden. |
Eine sehr schöne Klarstellung. Vielen Dank.
Ich möchte noch ergänzen, dass die Hauptquelle schlechter Metaphysik und Esoterik meiner Ansicht nach darin besteht dass man auf naive Weise davon ausgeht, dass aus eindeutiger und korrekter Grammatik (Ebene 1) und gefühlter klarer Bedeutung (Ebene 2) auch immer die Existenz von irgendwelchen von uns unabhängigen Realitäten (Ebene 3) folgt.
Des weiteren ist insbesondere die Verdinglichung auf Ebene 2 höchst problematisch. Man spricht zwar davon, dass Wörter Bedeutungen hätten. Aber das ist eine sehr irreführende Metapher die man nicht überstrapazieren sollte.
Es reicht zu sagen, dass Wörter zur Bedeutung des Ganzen beitragen. Oder ontologisch noch vorsichtiger formuliert: wenn dank der Wörter die Kommunikation erfolgreich ist. Wie wir letzteres feststellen oder überhaupt bloß beurteilen ist natürlich die ganz große Preisfrage.
Aber wenn man nicht bloß metaphorisch davon sprechen möchte, dass wir dabei verschiedene Bedeutungsdinge vergleichen, dann sollte man sagen können was diese Dinge sind, wann zwei gleich sind und wie wir Zugang zu ihnen bekommen. Und das hat bislang noch niemand wirklich überzeugend geschafft.
_________________ "If the King's English was good enough for Jesus Christ, it's good enough for the children of Texas!" - Miriam Amanda "Ma" Ferguson, Governor of Texas, als Begründung gegen Spanischunterricht
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Myron Mereoplethyntikologe
Anmeldungsdatum: 01.07.2007 Beiträge: 3632
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(#1348308) Verfasst am: 24.08.2009, 05:08 Titel: Re: Universalien |
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Yogosh hat folgendes geschrieben: |
Ich möchte noch ergänzen, dass die Hauptquelle schlechter Metaphysik und Esoterik meiner Ansicht nach darin besteht dass man auf naive Weise davon ausgeht, dass aus eindeutiger und korrekter Grammatik (Ebene 1) und gefühlter klarer Bedeutung (Ebene 2) auch immer die Existenz von irgendwelchen von uns unabhängigen Realitäten (Ebene 3) folgt. |
Das ist in der Tat ein Grundfehler naiven Denkens.
Yogosh hat folgendes geschrieben: |
Ich möchte noch ergänzen, dass die
Des weiteren ist insbesondere die Verdinglichung auf Ebene 2 höchst problematisch. Man spricht zwar davon, dass Wörter Bedeutungen hätten. Aber das ist eine sehr irreführende Metapher die man nicht überstrapazieren sollte. |
Der ontologische Status eines Begriffes als desjenigen, das von einem Begriffswort ausgedrückt wird und von einer Eigenschaft verschieden ist, ist ein eigenes, von der Universalienfrage an sich unabhängiges und, wie in der Philosophie üblich, umstrittenes Thema.
(Siehe: http://plato.stanford.edu/entries/concepts/#OntCon)
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1348649) Verfasst am: 24.08.2009, 20:56 Titel: |
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Yogosh hat folgendes geschrieben: | Für die Existenz der leeren Menge braucht man ein eigenes Axiom. Nur die Eindeutigkeit, nicht die Existenz folgt aus dem Extensionalitätsaxiom. Und das ist kein Spass, den sich mal jemand ausgedacht hat. Es ist das Identitätskriterium für Mengen. Wer das Axiom nicht mag, der redet eben über andere Dinge und sollte ein eigenes Identitätskriterium angeben. |
Doch zum Realienrealisten mutiert? Denn wenn Universalien doch mehr sind als Setzungen und Vereinbarungen, dann kann man auch behaupten, dass das Extensionalitätsaxiom die Realität abbildet.
Tatsächlich handelt es sich um ein axiomatisches System von Zermelo-Fraenkel, dass heute als grundlegend angesehen wird. Zu unrecht, wie ich meine.
Zitat: | 1. Extensionalitätsaxiom oder Axiom der Bestimmtheit: Zwei Mengen sind genau dann gleich, wenn sie dieselben Elemente enthalten.
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Das allerdings sagt nichts zu unserem Problem. Denn unsere Hypothese war, dass es mehrere Instanzen der leeren Menge geben könne. Keine von ihnen hat Elemente, die denen einer anderen leeren Menge gleichen.
Zitat: |
2. Leermengenaxiom oder Nullmengenaxiom: Es gibt eine Menge ohne Elemente.
\exist B\colon \forall A\colon \lnot (A \in B)
Aus dem Extensionalitätsaxiom folgt unmittelbar die Eindeutigkeit dieser Menge B, das heißt, dass es auch nicht mehr als eine solche Menge gibt. |
Das aber ist non sequitur. Richtig ist, dass es keine Klassen unterschiedlicher leeren Mengen gibt. Es gibt auch keine unterscheidbare Klassen von der Zahl NULL. Aber es gibt beliebig viele Instanzen, in denen eine Null vorkommt. Ebenso ist es nicht möglich zu behaupten, dass die leere Menge nur genau einmal instanziiert vorkommt.
Entsprechend präziser formuliert auch die Neumann-Bernays-Gödel-Mengenlehre (NBG):
Zitat: |
* Extensionalitätsaxiom: Zwei Klassen sind genau dann gleich, wenn sie dieselben Elemente enthalten.
\forall X, Y: (X=Y \leftrightarrow \forall z: (z \in X \leftrightarrow z \in Y))
* Axiom der leeren Menge: Es existiert eine Klasse, die keine Elemente enthält.
\exist X: \forall y: \lnot (y \in X)
Diese Klasse X ist nach dem Extensionalitätsaxiom eindeutig bestimmt und wird im Folgenden mit \varnothing bezeichnet. Auch in den meisten weiteren Axiomen gilt, dass die als existent postulierten Klassen bzw. Mengen qua Extensionalität eindeutig sind. In diesen Fällen ist die Einführung entsprechender Schreibweisen gerechtfertigt und wird im Folgenden auch angegeben. |
Und nun? Ist nun alles Sache der Vereinbarung? Oder 'existiert' nur genau eine Leere Menge, die es aber zugleich überall gibt?
Nach meinem Verständnis sind Klassen abstrakte Formulierungen gemeinsamer Eigenschaften; Mengen jedoch konkrete Instanzen oder Objekte, die einer Klasse zugehörig sind. Wird eine Menge lediglich durch seine Eigenschaften beschrieben, handelt es sich genauer um eine Klasse.
Yogosh hat folgendes geschrieben: | Dass ballancer von mir aus unendlich viele leere Mengen haben kann habe ich nur in dem obigen Kontext gesagt. Bei seiner Ontologie ist das dann auch egal. Seine Mengen sind garantiert intensional. |
Eine nicht signifikante Unterscheidung, die ich bei Neumann-Bernays-Gödel nicht gefunden habe.
Was ich aber fand war:
Zitat: |
Darüber, was Intension und Begriffsinhalt sind, gehen die Meinungen in der Logik auseinander. Nach einer häufig vertretenen Auffassung besteht die Intension eines Begriffes aus der Gesamtheit der Merkmale oder Eigenschaften – die Terminologie ist hier uneinheitlich –, die den Dingen, die er umfasst, faktisch gemeinsam sind oder die die Schnittmenge ihrer notwendigen Merkmale ausmachen. |
Was also willst du sagen? Dass nur ein Satz von Axiomen 'wahr' ist?
Yogosh hat folgendes geschrieben: | Die "Menge aller Mengen" ist übrigens bloß eine Klasse. Nicht jede Eigenschaft ist mengenbildend, und die eine Menge zu sein ist eine von denen Eigenschaften, die es nicht sind. Sonst hätte man Mengen, die sich selbst enthalten. Und natürlich auch solche, die das nicht tun. Und dann die Mengen aller Mengen die sich nicht selbst enthalten: {x | x nicht Element von x}. Ist x jetzt Element von sich selbst? An dieser Antinomie ging Freges System kaputt. |
Hast du nun die Pferde gewechselt? Also von ZF zu NBG? ZF, dass gerade noch die allein gültige Axiomenwelt war, kennt keine Klassen.
Yogosh hat folgendes geschrieben: | Es gibt also die Menge aller Mengen nicht und ich weiss gerade nicht ob Klassen überhaupt eine Kardinalität haben. Kardinalzahlen sind ja Mengen und ich schätze mal dass das nicht hinhaut. Dafür bräuchte man eine bijektive Abbildung von einer echten Klasse zu einer Menge und das wird wohl nicht klappen. Abbildungen sind halt auch bloß Mengen. <s>Aber wenn das so ist, dann ist die Klasse aller Mengen gewissermaßen zu groß um überhaupt mit Kardinalzahlen gemessen zu werden. Also circa ungefähr tierisch groß. Oder eigentlich zu groß für 'groß'.</s> Bevor ich hier noch klinge wie das Frollein: für echte Klassen (also solche die nicht auch Mengen sind) ist Kardinalität wahrscheinlich gar nicht definierbar. |
Bevor du dich weiter in den sich widersprechenden Axiomen verhedderst, versuch doch lieber zunächst dich selber zu ordnen. Frege ist nun von der weiteren Entwicklung schon deutlich überholt worden.
Yogosh hat folgendes geschrieben: | Die Mengenlehre definiert Mengen übrigens rekursiv. Die leere Menge ist eine Menge, und alles was mit Mengen nach bestimmten Operationen gebaut wird ist auch eine Menge. Und dann gibt es noch eine unendliche Menge per extra Axiom, weil man die sonst nicht hätte. |
Es wäre sicher für uns alle leichter nachzuvollziehen, ob du nun gedanklich bei Cantor, Frege, ZF oder NGB bist, wenn du Roß und Reiter nennst. Oder beamst du dich gerade gedanklich durch fremde Welten?
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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ballancer ... leidet an dianoia ...
Anmeldungsdatum: 27.05.2007 Beiträge: 4767
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(#1348708) Verfasst am: 24.08.2009, 21:52 Titel: Re: Universalien |
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Myron hat folgendes geschrieben: | Myron hat folgendes geschrieben: | ballancer hat folgendes geschrieben: |
Deine Setzungen sind allerdings keine Tatsachenfeststellungen sondern Definitionen. Und zwar von der Gestalt, dass sie mit den üblichen Definitionen keine Schnittmenge bilden.
Denn für gewöhnlich wir unter Universalien die Allgemeinbegriffe verstanden, die zumindest als Klasse oder Abstraktion im allgemeinen Sprachgebrauch. Damit aber sind sie völlig anders definiert als allgemeine Eigenschaften oder Beziehungen. |
Ein Wort zu den "üblichen Definitionen":
"Universals. In metaphysics, the term 'universal' is applied to things of two sorts: properties (such as redness or roundness), and relations (such as kinship relations like sisterhood, or the causal relation, or spatial and temporal relations). Universals are to be understood by contrast with particulars."
("Universals." In Routledge Encyclopedia of Philosophy, Vol. 9, edited by Edward Craig, 539-544. London: Routledge, 1998. p. 539)
"Universals. A universal is a property or relation that can be instanced, or instantiated, by a number of different particular things: each yellow thing provides an instance of the property of yellowness, and each square thing the property of being square."
("Universals." In Oxford Dictionary of Philosophy, by Simon Blackburn, 2nd ed. Oxford: Oxford University Press, 2005. p. 376)
Universalien sind vielfach verkörperbare ("multipel exemplifizierbare"/"multiply exemplifiable") Eigenschaften und Beziehungen. Und genau das ist es, was sie zu Allgemeinheiten, allgemeinen Wesenheiten macht: Eine Universalie kann von vielen Objekten exemplifiziert werden und dabei ihre numerische Identität wahren, das heißt, ein und dieselbe Eigenschaft oder Beziehung kann von vielen verschiedenen Dingen verkörpert werden. |
Im Brockhaus-Philosophie ist Folgendes zu lesen:
"Universalien [zu spätlatei. universalis 'zur Gesamtheit gehörend', 'allgemein'], traditionelle Bezeichnung für Allgemeinbegriffe, allgemeine Ideen bzw. Gattungen. Den Gegensatz zu den Universalien bilden die Realien, also die Individualbegriffe. In der Scholastik werden die fünf aristotelischen logischen Allgemeinbegriffe (Prädikabilien) als Universalien bezeichnet."
(Der Brockhaus—Philosophie: Ideen, Denker und Begriffe. Hrsg. v. Hildegard Hogen und Elisabeth Conradi. Leipzig: Brockhaus, 2009. S. 433)
Wer soll daraus schlau werden?! |
Vielleicht handelt es sich nur um die Probleme der Übersetzung? Die englischsprachige Philosophie scheint hier die Begriffe nicht literal übersetzen zu können, oder umgekehrt.
Genauer: Es handelt sich um unterschiedliche Sprachspiele. Die Begriffswelten sind hierin nicht kompatibel. So wie es in der anglophonen Definitionen ausgedrückt wird, macht es schlicht keinen Sinn, die Realität von Eigenschaften zu behaupten, da diese per Definition an einen Träger gebunden sind. Damit ist letztlich auch das philosophische Problem vorentschieden: Durch die Definition wird letztlich unverständlich und wenig nachvollziehbar, was Scholastiker in Anlehnung an Platon und Aristoteles schlicht meinten.
Myron hat folgendes geschrieben: | Hier geraten die verschiedenen semantischen Ebenen durcheinander:
Ebene 1: sprachliche Begriffswörter oder -ausdrücke (Prädikate).
Ebene 2: Begriffe als nichtsprachliche geistige Vorstellungen ("Ideen") oder als abstrakte Sinne/Bedeutungen von Begriffsausdrücken.
Ebene 3: Eigenschaften (Arten, Gattungen [Was ist es? Z.B. ein Mensch], Beschaffenheiten [Wie ist es? Z.B. schön]) und Beziehungen, die von (1) bzw. (2) repräsentiert werden.
Zu sagen, mit "Universalien" seien die (Allgemein-)Begriffe gemeint, ist insofern falsch, als die Konzeptualisten als Nominalisten zwar die Existenz von Universalien verneinen, aber die Existenz von Begriffen bejahen. |
Der klassische Universalienrealist unterscheidet nicht den Begriff von seiner Bedeutung. In der Semiotik wird aber dieser Gedanke, der schon auf Aristotels zurück geht, ausgeprägt. Meines Erachtens am Besten trifft es bereits Johannes Duns Scotus, der als Konzeptualist bezeichnet wird ... was ihn aber nicht hinreichend beschreibt. Scotus:
Zitat: |
Das Menschsein beispielsweise gehört zu Sokrates, unabhängig davon, wie er erkannt wird. Die Wahrnehmung richtet sich auf das Einzelding. Dieses enthält bereits die Artnatur (natura communis) als reales Fundament der Abstraktion von Allgemeinbegriffen (fundamentum in re).
...
Universalien sind einerseits konzeptualistisch (nur im Intellekt), weil sie Begriffe auf mehrere Dinge beziehen, zum Beispiel „Mensch“. Sie sind andererseits realistisch (in re), wenn es sich um Allgemeinbegriffe handelt, die sozusagen absolut gelten, die also nicht auf etwas Einzelnes beziehbar sind, zum Beispiel „Menschheit“.
|
Das, was der Universalienrealist als existent meint, ist letztlich nicht der Begriff, sondern dessen Bedeutung, den Scotus als natura communis durchaus real meint. Es ist keineswegs eine bloße Begriffsebene. Über die Wahrnehmung und intellektuelle Reflektion werden diese zu Universalien.
Myron hat folgendes geschrieben: | "Conceptualism, the view that there are no universals and that the supposed classificatory function of universals is actually served by particular concepts in the mind. A universal is a property that can be instantiated by more than one individual thing (or particular) at the same time."
("Conceptualism." In The Cambridge Dictionary of Philosophy, edited by Robert Audi. 2nd ed. Cambridge: Cambridge University Press, 1999. p. 169) |
Wenn man diese Definition des Konzeptionalismus als gültig erachtet, war Johannes Duns Scotus kein Konzeptualist. Und der Konzeptualismus wäre von reinem Nominalismus nicht unterscheidbar.
Myron hat folgendes geschrieben: | Die "Universalität" von Begriffen besteht allein darin, dass viele Gegenstände unter sie fallen können. Die Begriffe selbst sind jedoch auch Einzelheiten (Partikularien).
Die Universalienfrage bezieht sich also auf Ebene 3, d.h. darauf, ob die Begriffswörter bzw. Begriffe reale Eigenschaften/Beziehungen repräsentieren, die unter Wahrung ihrer numerischen Identität vielfach exemplifizierbar sind, oder nicht! |
Das ist eben nicht das Problem, denn nach dieser Definition würde es schlicht niemanden geben, der den Universalienrealismus vertreten würde. Es handelt sich um eine eher untaugliche Darstellung.
Das Problem stellt sich vielmehr dar, ob sich Begriffe als reine Abstraktionen oder Bedeutungen, die durch ihren bloßen Gebrauch bestimmt sind, ohne reale Grundlage bilden. Ist die Welt nichts anderes als seine Vorstellung? Oder existiert die Welt als abstrakte Gesamtheit jenseits unserer Vorstellungen, die wir ihr zuweisen.
Deswegen sind Naturalisten dem Universalienproblem durchaus aufgeschlossen. Für den Nominalisten existiert die 'Natur' gar nicht, sondern ist lediglich Prädikat unserer Vorstellung.
_________________ 1.Thessalonicher 5,21 "Prüft aber alles und das Gute behaltet."
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Yogosh Leisetreter ...und Klugscheisser
Anmeldungsdatum: 19.03.2009 Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin
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(#1348804) Verfasst am: 25.08.2009, 00:32 Titel: |
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ballancer hat folgendes geschrieben: | Yogosh hat folgendes geschrieben: | Für die Existenz der leeren Menge braucht man ein eigenes Axiom. Nur die Eindeutigkeit, nicht die Existenz folgt aus dem Extensionalitätsaxiom. Und das ist kein Spass, den sich mal jemand ausgedacht hat. Es ist das Identitätskriterium für Mengen. Wer das Axiom nicht mag, der redet eben über andere Dinge und sollte ein eigenes Identitätskriterium angeben. |
Doch zum Realienrealisten mutiert? Denn wenn Universalien doch mehr sind als Setzungen und Vereinbarungen, dann kann man auch behaupten, dass das Extensionalitätsaxiom die Realität abbildet. |
Mir ist nicht ganz klar was Dich hier überrascht. Ich vermute mal es ist meine Aussage, dass das Extensionalitätsaxiom nicht bloß ein wahlloser Spaß sei und nicht dass man für die Existenz der leeren Menge ein eigenes Axiom braucht.
Dass das Extensionalitätsaxiom für extensionale Mengen gilt erscheint mir trivial und offensichtlich. Darüber sind sie halt definiert. Wenn man es ablehnt, redet man über etwas anderes mit dem gleichen Wort. Und ja: extensionale Mengen sind bei mir und in der Mathematik die default Mengen.
Ich persönlich habe extensionale Mengen in meiner Ontologie. Ich rede jedenfalls so als ob es sie gäbe und ich kann diese Festlegung auch nicht durch adjektivische Umformulierung vermeiden. Ich könnte höchstens noch Formalist werden, aber dazu machen mir die Mengen im Moment nicht genügend ontologische Bauchschmerzen. Auf Universalien habe ich mich damit nicht festgelegt.
ballancer hat folgendes geschrieben: | Tatsächlich handelt es sich um ein axiomatisches System von Zermelo-Fraenkel, dass heute als grundlegend angesehen wird. Zu unrecht, wie ich meine. |
Letzteres liegt wohl daran, dass Du von einem Axiomensystem etwas anderes erwartest als die Mathematiker. Letztere versuchen gar nicht der Scholastik oder sonst wem zu einer Bedeutungstheorie zu verhelfen. Wenn Du sie dafür benutzen willst ist das Dein Problem.
ballancer hat folgendes geschrieben: | Zitat: | 1. Extensionalitätsaxiom oder Axiom der Bestimmtheit: Zwei Mengen sind genau dann gleich, wenn sie dieselben Elemente enthalten. |
Das allerdings sagt nichts zu unserem Problem. Denn unsere Hypothese war, dass es mehrere Instanzen der leeren Menge geben könne. Keine von ihnen hat Elemente, die denen einer anderen leeren Menge gleichen. |
Mir ist auch hier nicht klar, welches Problem Du siehst. Ich gehe mal davon aus, dass Du weisst, wie man den Beweis der Eindeutigkeit führt, also von 'angenommen x, y sind leere Mengen' mit dem Extensionalitätsaxiom und Prädikatenlogik erster Stufe rein syntaktisch 'x=y' ableitet.
Wenn nicht kann ich das gerne demonstrieren, würde aber ein Bild machen, weil Formeln hier so schlecht darstellbar sind.
Ich stimme Dir auch zu dass das allerdings nichts mit 'mehreren Instanzen der leeren Menge' zu tun hat. Ich weiss nämlich nicht, was Du damit meinst. Meine Mengen sind Dinge, keine Eigenschaften. Sie können auf nichts zutreffen. Man kann Eigenschaften mit Mengen im Rahmen eines Formalismus darstellen, allerdings geht das mit extensionalen Mengen eben nur für extensionale Eigenschaften. Die interessanteren intensionalen sind mit dem Mengenkalkül einfach bloß schlecht formalisiert. Das Pendant zur leeren Menge wäre dann die Eigenschaft die auf nichts zutrifft. Die wäre wahrscheinlich extensional (weil man keine andere Formulierung für sie findet), aber vor allem ist sie so uninteressant, dass man sie nicht braucht.
ballancer hat folgendes geschrieben: | Und nun? Ist nun alles Sache der Vereinbarung? Oder 'existiert' nur genau eine Leere Menge, die es aber zugleich überall gibt? |
Wenn man extensionale Mengen meint, dann existiert nur eine. Und die hat und braucht keine Position, weil sie ein abstrakter Gegenstand ist.
ballancer hat folgendes geschrieben: | Nach meinem Verständnis sind Klassen abstrakte Formulierungen gemeinsamer Eigenschaften; Mengen jedoch konkrete Instanzen oder Objekte, die einer Klasse zugehörig sind. Wird eine Menge lediglich durch seine Eigenschaften beschrieben, handelt es sich genauer um eine Klasse. |
Ich weiss nicht, wie eine Menge konkret sein kann. Die Mengen der Mengenlehre sind wenn überhaupt abstrakt (oder eben bloß metaphorisches Gerede, wenn man Formalist ist). Sie haben keine Positionen, man kann sie nicht anfassen, sie stehen in keinem kausalen Zusammenhang zu irgendwas.
Vielleicht meinst Du, dass extensionale Mengen vollständig durch die Angabe der Elemente (oder einer extensionalen Eigenschaft) definiert sind während die Definition per Angabe einer beliebigen Eigenschaft eben nicht unbedingt eine Menge definiert. Und die bloße Aufzählung der Objekte auf die eine Eigenschaft zutrifft nicht mit dieser Eigenschaft identifiziert werden kann. Das Standartbeispiel dafür ist immer 'Tier mit Niere' und 'Tier mit Herz'. Beide treffen auf exakt die gleichen Spezien zu, aber es sind doch unterschiedliche Eigenschaften.
ballancer hat folgendes geschrieben: | Yogosh hat folgendes geschrieben: | Dass ballancer von mir aus unendlich viele leere Mengen haben kann habe ich nur in dem obigen Kontext gesagt. Bei seiner Ontologie ist das dann auch egal. Seine Mengen sind garantiert intensional. |
Eine nicht signifikante Unterscheidung, die ich bei Neumann-Bernays-Gödel nicht gefunden habe. |
Das liegt daran, dass noch kein Logiker ein Mengenkalkül für intensionale Mengen gefunden hat und in die Mathematik ohnehin alles extensional ist.
Deine Klassen sind intensional weil sie ja über Eigenschaften definiert werden. In diesem Sinne wird 'Klasse' meines Wissens in der Philosophie auch im Allgemeinen verwendet. In der Mathematik nicht, da sind sogar Klassen extensional.
Und ich vermute bei Deinen leeren Mengen Intensionalität weil Du sie ja als Bedeutungen für verschiedene Eigenschaften brauchst, die auf nichts zutreffen.
ballancer hat folgendes geschrieben: |
Was ich aber fand war:
Zitat: |
Darüber, was Intension und Begriffsinhalt sind, gehen die Meinungen in der Logik auseinander. Nach einer häufig vertretenen Auffassung besteht die Intension eines Begriffes aus der Gesamtheit der Merkmale oder Eigenschaften – die Terminologie ist hier uneinheitlich –, die den Dingen, die er umfasst, faktisch gemeinsam sind oder die die Schnittmenge ihrer notwendigen Merkmale ausmachen. |
Was also willst du sagen? Dass nur ein Satz von Axiomen 'wahr' ist? |
Nein, würde ich nicht sagen. Alle (konsistenen) Axiomsysteme sind trivialerweise wahr. So ist Wahrheit in der Mathematik definiert.
ballancer hat folgendes geschrieben: | Yogosh hat folgendes geschrieben: | Die "Menge aller Mengen" ist übrigens bloß eine Klasse. Nicht jede Eigenschaft ist mengenbildend, und die eine Menge zu sein ist eine von denen Eigenschaften, die es nicht sind. Sonst hätte man Mengen, die sich selbst enthalten. Und natürlich auch solche, die das nicht tun. Und dann die Mengen aller Mengen die sich nicht selbst enthalten: {x | x nicht Element von x}. Ist x jetzt Element von sich selbst? An dieser Antinomie ging Freges System kaputt. |
Hast du nun die Pferde gewechselt? Also von ZF zu NBG? ZF, dass gerade noch die allein gültige Axiomenwelt war, kennt keine Klassen. |
Ich hab keine alleingültige Axiomenwelt behauptet. Ich habe hier nur darauf hingewiesen, dass es die Menge aller Mengen in der Mathematik nicht gibt, weil die zur Russellschen Antinomie führt. Wenn man alle Mengen zu irgendwas zusammenfassen will kann das also keine Menge sein. Axiomsysteme, die ohne die Zusammenfassung aller Mengen auskommen sind mir ontologisch sympatischer. Allerdings hat man (soweit ich mich erinnern kann) mehr Schreibarbeit.
ballancer hat folgendes geschrieben: | Yogosh hat folgendes geschrieben: | Es gibt also die Menge aller Mengen nicht und ich weiss gerade nicht ob Klassen überhaupt eine Kardinalität haben. Kardinalzahlen sind ja Mengen und ich schätze mal dass das nicht hinhaut. Dafür bräuchte man eine bijektive Abbildung von einer echten Klasse zu einer Menge und das wird wohl nicht klappen. Abbildungen sind halt auch bloß Mengen. <s>Aber wenn das so ist, dann ist die Klasse aller Mengen gewissermaßen zu groß um überhaupt mit Kardinalzahlen gemessen zu werden. Also circa ungefähr tierisch groß. Oder eigentlich zu groß für 'groß'.</s> Bevor ich hier noch klinge wie das Frollein: für echte Klassen (also solche die nicht auch Mengen sind) ist Kardinalität wahrscheinlich gar nicht definierbar. |
Bevor du dich weiter in den sich widersprechenden Axiomen verhedderst, versuch doch lieber zunächst dich selber zu ordnen. Frege ist nun von der weiteren Entwicklung schon deutlich überholt worden. |
Dein Tonfall war im ganzen Post schon leicht ätzend. Aber jetzt wird es mir langsam zu blöd. Ich hab Mathematik mit Schwerpunkt Mengenlehre ein paar Jahre lang studiert und Du pisst mich hier mit Scholastik, Wikipedia, Metaphysik und dämlichen Unterstellungen an?
Ein paar Zeilen darüber sagte ich bereits dass Freges System an einer Antinomie kaputtgegangen ist. Natürlich ist der überholt. Das war ja gerade mein Argument gegen die Menge aller Mengen, die es bei ihm noch gibt.
Und widersprechende Axiomsysteme sind gerade in der Mengenlehre völlig normal. Mal gilt die Kontinuumshypothese, mal gibt es keine unendliche Menge. Unterschiedliche Axiomatiken sind ist ja gerade der Witz der Mengenlehre.
ballancer hat folgendes geschrieben: | Yogosh hat folgendes geschrieben: | Die Mengenlehre definiert Mengen übrigens rekursiv. Die leere Menge ist eine Menge, und alles was mit Mengen nach bestimmten Operationen gebaut wird ist auch eine Menge. Und dann gibt es noch eine unendliche Menge per extra Axiom, weil man die sonst nicht hätte. |
Es wäre sicher für uns alle leichter nachzuvollziehen, ob du nun gedanklich bei Cantor, Frege, ZF oder NGB bist, wenn du Roß und Reiter nennst. Oder beamst du dich gerade gedanklich durch fremde Welten? |
Mit 'der Mengenlehre' meinte ich die Axiomsysteme, die wir in der Mathematik verwendet haben. Da werden Mengen rekursiv und rein formal definiert. Frege war der, der sie inhaltlich definieren wollte. Und das ging halt schief.
Allgemein möchte ich noch anfügen, dass Du anscheind alles was ich schreibe durch die metaphorische Brille Deines Bedeutungsparadigmas siehst. Das ist wohl unvermeidlich, aber für mich etwas frustrierend, weil ich mir vorkomme mit einer Wand zu reden.
Dein mengentheoretisches Namedropping kombiniert mit der impliziten Annahme, dass es ein Problem der Mengentheorie ist, wenn sie nicht zu Deiner Bedeutungstheorie passt lässt mich auch vermuten dass es Dir hier nicht darum geht etwas zu verstehen.
Wenn Deine Bedeutungstheorie sich mit der mathematischen Mengenlehre nicht verträgt, dann solltest Du vielleicht versuchen ohne sie auszukommen oder Dir eine eigene auszudenken anstatt an ihr rumzumäkeln.
_________________ "If the King's English was good enough for Jesus Christ, it's good enough for the children of Texas!" - Miriam Amanda "Ma" Ferguson, Governor of Texas, als Begründung gegen Spanischunterricht
Zuletzt bearbeitet von Yogosh am 25.08.2009, 01:13, insgesamt 7-mal bearbeitet |
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Yogosh Leisetreter ...und Klugscheisser
Anmeldungsdatum: 19.03.2009 Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin
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(#1348809) Verfasst am: 25.08.2009, 00:42 Titel: Re: Universalien |
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ballancer hat folgendes geschrieben: | Das Problem stellt sich vielmehr dar, ob sich Begriffe als reine Abstraktionen oder Bedeutungen, die durch ihren bloßen Gebrauch bestimmt sind, ohne reale Grundlage bilden. |
Ein Problem ist, dass Dir als einzige Alternative zu 'bloßer Gebrauch' nur die Universalien einfallen.
Ein anderes dass Du bei 'bloßer Gebrauch' meinst damit wäre der Beliebigkeit Tür und Tor geöffnet.
ballancer hat folgendes geschrieben: | Ist die Welt nichts anderes als seine Vorstellung? Oder existiert die Welt als abstrakte Gesamtheit jenseits unserer Vorstellungen, die wir ihr zuweisen. |
Ein weiteres Problem ist, dass Du diese Frage zu sehr mit der bedeutungstheoretischen vermischt. Du schliesst von Deinen impliziten bedeutungstheoretischen Vorurteilen auf die Realität.
An Deiner Stelle wäre ich übrigens auch Universalienrealist. Eine aufgeblähte und seltsame Ontologie würde ich in Kauf nehmen, wenn ich keine andere Möglichkeit sehe Beliebigkeit und Solipsismus zu vermeiden. Aber ich würde dabei nicht die Mathemetik dafür kritisieren, dass sie mir nicht hilft.
_________________ "If the King's English was good enough for Jesus Christ, it's good enough for the children of Texas!" - Miriam Amanda "Ma" Ferguson, Governor of Texas, als Begründung gegen Spanischunterricht
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Kramer postvisuell
Anmeldungsdatum: 01.08.2003 Beiträge: 30878
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(#1348826) Verfasst am: 25.08.2009, 03:25 Titel: Re: Universalien |
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ballancer hat folgendes geschrieben: | Sind die Dinge nur Materialisationen der Ideen? Bei menschlichen Artefakten scheint es recht offensichtlich zu sein. Hier ist die teleologische (zielgerichtete) Perspektive der Entstehung kaum zu übersehen.
Aber ist das auch eine gültige Analogie für die natürlichen Dinge? Viele hier wurden das verneinen. Oder die abstrakten Dinge, die geistigen Begriffe? Gibt es diese?
Oder gibt es nicht den Sozialismus, sondern nur den real existierenden Sozialismus? Nicht die Freiheit, sondern nur Zustände, die Auswahl ermöglichen? Nicht die Demokratie, sondern die Illusion, dass das Volk die Politik bestimmt? |
Ich finde die gesamte Fragestellung etwas wirr. Hier geht es um drei verschiedene Kategorien (oder Klassen) von Begriffen, als Beispiele seien genannt: Teller, Baum und Demokratie. Der Teller ist ein Gebrauchsgegenstand, der von Menschen erfunden wurde, um ein bestimmtes Problem zu lösen. Der Baum ist eine Pflanze, ein Teil der Welt, wie der Mensch sie vorgefunden hat, als er damit begann, den Dingen Namen zu geben. Demokratie ist der Begriff für eine Idee, wie das Problem des Zusammenlebens von Menschen organisiert werden soll.
Warum muss man das alles so kompliziert machen? Der Mensch sieht sich einer Welt gegenüber gestellt, die ihn vor gewisse Probleme stellt. Es gibt das, was er in dieser Welt als gegeben vorfindet (z.B. Bäume). Es gibt das, was seinem Überleben oder seinem Wohlbefinden entgegen steht (Probleme). Und es gibt die Ideen, wie er diese Probleme (Es regnet) mit den vorhandenen Mitteln (Baum) löst (Idee: Aus Baum eine Hütte bauen). Das ergibt ein neues Problem: Wie teilt man es seinen Mitmenschen mit, wenn man denkt, man hat eine gute Lösung für ein Problem? Man zeigt auf das Problem, auf die Lösung und klopft sich stolz auf die Brust, um zu signalisieren, dass man eine Idee hat? Kann man machen, ist aber sehr ineffizient.
Wie soll man auf den Regen zeigen, wenn man die Idee hat, wie man das Problem "Regen" lösen kann, genau dann hat, wenn es gerade nicht regnet? Da ist es hilfreich, wenn man ein Zeichen hat, das allen anderen signalisiert, dass es gerade um Regen geht, und zwar um den üblen Regen, nicht um einen harmlosen Niesel. Aber nur, weil man bisher nur dem unangenehmen Wolkenbruch ein sprachliches Zeichen gegönnt hat, weil der ein Problem darstellt, über das es sich lohnt, zu kommunizieren, heisst das doch nicht, dass der Nieselregen nicht wahrgenommen wird.
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Myron Mereoplethyntikologe
Anmeldungsdatum: 01.07.2007 Beiträge: 3632
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(#1348828) Verfasst am: 25.08.2009, 03:59 Titel: Re: Universalien |
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ballancer hat folgendes geschrieben: |
Vielleicht handelt es sich nur um die Probleme der Übersetzung? Die englischsprachige Philosophie scheint hier die Begriffe nicht literal übersetzen zu können, oder umgekehrt. |
Da gibt es mit Sicherheit kein Übersetzungsproblem.
ballancer hat folgendes geschrieben: |
Genauer: Es handelt sich um unterschiedliche Sprachspiele. Die Begriffswelten sind hierin nicht kompatibel. |
Nein, der philosophische Diskurs ist selbstverständlich international und nicht an eine bestimmte Sprache gebunden.
ballancer hat folgendes geschrieben: |
So wie es in der anglophonen Definitionen ausgedrückt wird, macht es schlicht keinen Sinn, die Realität von Eigenschaften zu behaupten, da diese per Definition an einen Träger gebunden sind. Damit ist letztlich auch das philosophische Problem vorentschieden. |
Nein, die beiden von mir angeführten Zitate implizieren nicht, dass der platonische UR falsch ist, d.h. dass es keine trägerlosen Eigenschaften geben kann.
ballancer hat folgendes geschrieben: |
Scotus:
Zitat: |
Das Menschsein beispielsweise gehört zu Sokrates, unabhängig davon, wie er erkannt wird. Die Wahrnehmung richtet sich auf das Einzelding. Dieses enthält bereits die Artnatur (natura communis) als reales Fundament der Abstraktion von Allgemeinbegriffen (fundamentum in re).
...
Universalien sind einerseits konzeptualistisch (nur im Intellekt), weil sie Begriffe auf mehrere Dinge beziehen, zum Beispiel „Mensch“. Sie sind andererseits realistisch (in re), wenn es sich um Allgemeinbegriffe handelt, die sozusagen absolut gelten, die also nicht auf etwas Einzelnes beziehbar sind, zum Beispiel „Menschheit“.
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Das, was der Universalienrealist als existent meint, ist letztlich nicht der Begriff, sondern dessen Bedeutung, den Scotus als natura communis durchaus real meint. Es ist keineswegs eine bloße Begriffsebene. Über die Wahrnehmung und intellektuelle Reflektion werden diese zu Universalien. |
Wir sollten besser von der Bedeutung von Begriffswörtern sprechen, denn nach einer der Hauptauffassungen haben Begriffe keine Bedeutungen, sondern sie sind Bedeutungen. Einer anderen Hauptauffassung nach sind Begriffe hingegen keine Wortbedeutungen, sondern geistige Vorstellungen; und in letzterem Sinne haben die Scholastiker das Wort "Begriff" verwendet.
Mir ist inzwischen eingefallen, dass die alten Philosophen nicht nur von "universalia ante rem" (platonischer Universalienrealismus) und "universalia in re" (aristotelischer Universalienrealismus), sondern auch von "universalia post rem" (Konzeptualismus) sprechen und damit Begriffe, d.i. geistige Vorstellungen (mental representations), meinen.
Die "Universalien" des Konzeptualismus sind aber eigentlich nur Quasi-Universalien in dem Sinne, dass viele verschiedene Dinge unter sie fallen können. Denn die Konzeptualisten zählen ja zu den Antirealisten, weil sie die Existenz sowohl von "universalia ante rem" als auch von "universalia in rem", d.h. von extramentalen Universalien verneinen. Und die intramentalen "Universalien" der Konzeptualisten sind ja eigentlich gar keine, da es sich dabei um partikuläre Begriffe handelt.
Und was Duns Scotus anbelangt:
"Scotus calls the extra-mental universal the 'common nature' (natura communis) and the principle of individuation the 'haecceity' (haecceitas). The common nature is common in that it is 'indifferent' to existing in any number of individuals. But it has extra-mental existence only in the particular things in which it exists, and in them it is always 'contracted' by the haecceity. So the common nature humanity exists in both Socrates and Plato, although in Socrates it is made individual by Socrates's haecceitas and in Plato by Plato's haecceitas. The humanity-of-Socrates is individual and non-repeatable, as is the humanity-of-Plato; yet humanity itself is common and repeatable, and it is ontologically prior to any particular exemplification of it."
(http://plato.stanford.edu/entries/duns-scotus/#UniInd)
Er scheint aber sowohl extramentale Eigenschaften als auch intramentale Begriffe in die Kategorie Universalie einzuordnen:
"On Scotus’s view, common natures exist only as constituents of individuals in extramental reality or as concepts in the mind."
(http://www.iep.utm.edu/scotus/#H4)
Auf jeden Fall sind Begriffe als Eigenschaftsvorstellungen etwas anderes als Eigenschaften.
ballancer hat folgendes geschrieben: |
Myron hat folgendes geschrieben: | "Conceptualism, the view that there are no universals and that the supposed classificatory function of universals is actually served by particular concepts in the mind. A universal is a property that can be instantiated by more than one individual thing (or particular) at the same time."
("Conceptualism." In The Cambridge Dictionary of Philosophy, edited by Robert Audi. 2nd ed. Cambridge: Cambridge University Press, 1999. p. 169) |
Wenn man diese Definition des Konzeptionalismus als gültig erachtet, war Johannes Duns Scotus kein Konzeptualist. |
War er anscheinend auch nicht:
"Scotus was a realist about universals (...)."
(http://plato.stanford.edu/entries/duns-scotus/#UniInd)
Im Gegensatz zum Antirealisten postuliert der Universalienrealist die Existenz von Eigenschaften (und Beziehungen).
Natürlich kann man auch Begriffe postulieren und sie "Universalien" nennen; aber das allein macht einen nicht zum Universalienrealisten.
ballancer hat folgendes geschrieben: |
Myron hat folgendes geschrieben: | Die Universalienfrage bezieht sich also auf Ebene 3, d.h. darauf, ob die Begriffswörter bzw. Begriffe reale Eigenschaften/Beziehungen repräsentieren, die unter Wahrung ihrer numerischen Identität vielfach exemplifizierbar sind, oder nicht! |
Das ist eben nicht das Problem, denn nach dieser Definition würde es schlicht niemanden geben, der den Universalienrealismus vertreten würde. Es handelt sich um eine eher untaugliche Darstellung. |
Ich kann dir nicht folgen.
Was ist denn deiner Meinung nach die eigentliche Universalienfrage?
ballancer hat folgendes geschrieben: |
Das Problem stellt sich vielmehr dar, ob sich Begriffe als reine Abstraktionen oder Bedeutungen, die durch ihren bloßen Gebrauch bestimmt sind, ohne reale Grundlage bilden. |
Wenn es eine "reale Grundlage" der Begriffe bzw. der Begriffsbildung gibt, dann handelt es sich dabei eben um Eigenschaften, die "da draußen in der Welt" vorkommen.
ballancer hat folgendes geschrieben: |
Ist die Welt nichts anderes als seine Vorstellung? Oder existiert die Welt als abstrakte Gesamtheit jenseits unserer Vorstellungen, die wir ihr zuweisen. |
Das ist das allgemeinere Thema Realismus vs. Idealismus.
ballancer hat folgendes geschrieben: |
Für den Nominalisten existiert die 'Natur' gar nicht, sondern ist lediglich Prädikat unserer Vorstellung. |
Das stimmt nicht, denn der Nominalismus als Antirealismus in Bezug auf Universalien ist lediglich ein spezieller und kein genereller Antirealismus. Selbst ein Nominalist, der an konkrete Objekte, aber weder an Universalien noch an abstrakte Objekte glaubt, kann problemlos an das Vorhandensein einer vorstellungsunabhängigen Wirklichkeit glauben; denn Nominalismus ist nicht gleich Idealismus!
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Myron Mereoplethyntikologe
Anmeldungsdatum: 01.07.2007 Beiträge: 3632
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(#1348834) Verfasst am: 25.08.2009, 04:36 Titel: |
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Yogosh hat folgendes geschrieben: |
Ich weiss nicht, wie eine Menge konkret sein kann. |
Eine Menge Arbeit ist was ziemlich Konkretes.
Yogosh hat folgendes geschrieben: |
Vielleicht meinst Du, dass extensionale Mengen vollständig durch die Angabe der Elemente (oder einer extensionalen Eigenschaft) definiert sind während die Definition per Angabe einer beliebigen Eigenschaft eben nicht unbedingt eine Menge definiert. Und die bloße Aufzählung der Objekte auf die eine Eigenschaft zutrifft nicht mit dieser Eigenschaft identifiziert werden kann. Das Standartbeispiel dafür ist immer 'Tier mit Niere' und 'Tier mit Herz'. Beide treffen auf exakt die gleichen Spezien zu, aber es sind doch unterschiedliche Eigenschaften. |
David Lewis löst dieses mengen-nominalistische Grundproblem der Gleichsetzung von Eigenschaften und Mengen durch die Postulierung der Existenz anderer möglicher Welten:
"The simplest plan is to take a property just as the set of all its instances—all of them, this- and other-worldly alike. Thus the property of being a donkey comes out as the set of all donkeys, the donkeys of other worlds along with the donkeys of ours.
The usual objection to taking properties as sets is that different properties may happen to be coextensive. All and only the creatures with hearts are creatures with kidneys; all and only the talking donkeys are flying pigs, since there are none of either. But the property of having a heart is different from the property of having a kidney, since there could have been an animal with a heart but no kidneys. Likewise the property of being a talking donkey is different from the property of being a flying pig. If we take properties as sets, so it is said, there is no distinguishing different but accidentally coextensive properties.
But according to modal realism, these 'accidentally coextensive' properties are not coextensive at all. They only appear so when we ignore their other-worldly instances. If we consider all the instances, then it never can happen that two properties are coextensive but might not have been. It is contingent whether two properties have the same this-worldly instances. But it is not contingent whether they have the same instances simpliciter."
(Lewis, David. On the Plurality of Worlds. Oxford: Blackwell, 1986. pp. 50-1)
Wenn man Lewis seinen modalen Realismus abkauft, dann kann man den Mengen-Nominalismus guten Gewissens vertreten—aber eben nur um den Preis einer "Riesenpackung" Metaphysik.
Yogosh hat folgendes geschrieben: |
Ich habe hier nur darauf hingewiesen, dass es die Menge aller Mengen in der Mathematik nicht gibt, weil die zur Russellschen Antinomie führt. Wenn man alle Mengen zu irgendwas zusammenfassen will kann das also keine Menge sein. |
Das stimmt so nicht:
"[I]t is frequently said that the universal set (an extension which is actually trivially easy to obtain in a weak set theory) is an inconsistent totality; the actual situation is merely that one cannot have a universal set while assuming Zermelo's axiom of separation."
(http://plato.stanford.edu/entries/settheory-alternative)
Zum Beispiel existiert in der von Quine begründeten Mengentheorie NF (New Foundations) eine Allmenge.
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Yogosh Leisetreter ...und Klugscheisser
Anmeldungsdatum: 19.03.2009 Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin
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(#1348905) Verfasst am: 25.08.2009, 10:53 Titel: |
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Myron hat folgendes geschrieben: | Yogosh hat folgendes geschrieben: |
Ich habe hier nur darauf hingewiesen, dass es die Menge aller Mengen in der Mathematik nicht gibt, weil die zur Russellschen Antinomie führt. Wenn man alle Mengen zu irgendwas zusammenfassen will kann das also keine Menge sein. |
Das stimmt so nicht:
"[I]t is frequently said that the universal set (an extension which is actually trivially easy to obtain in a weak set theory) is an inconsistent totality; the actual situation is merely that one cannot have a universal set while assuming Zermelo's axiom of separation."
(http://plato.stanford.edu/entries/settheory-alternative)
Zum Beispiel existiert in der von Quine begründeten Mengentheorie NF (New Foundations) eine Allmenge. |
Danke für den Hinweis, das war mir neu oder ich hab es vergessen. Ich wollte auch nicht behaupten dass so was wie eine Allmenge inkonistent ist. Nur dass man schon sehr knapp vor der Antinomie steht wenn man Mengen sich selbst enthalten lässt. Ich sollte aber vor allem besser unterscheiden zwischen den Teilen der Mathematik, die Mengen bloß als Werkzeug verwenden und dem Teil, der sie untersucht, wenn ich von Mengen in der Mathematik rede.
Ich würde auch vermuten, dass das 'frequently said' eher aus didaktischen Gründen geschieht und nicht wirklich behauptet wird. Wenn man die intuitive Vorstellung von Mengen als eine Art magischer Universalbehälter in dem immer genau das drin ist was auf der Packung steht (egal was man draufschreibt) angreifen will, dann hilft das. Die Behältermetapher verhindert sonst dass die Selbstinklusion akzeptiert wird. Deswegen ist es hilfreich zu zeigen dass diese Möglichkeit aus der angenommenen Freiheit der Packungsbeschriftung (jede Eigenschaft sei mengenbildend) logisch folgt.
_________________ "If the King's English was good enough for Jesus Christ, it's good enough for the children of Texas!" - Miriam Amanda "Ma" Ferguson, Governor of Texas, als Begründung gegen Spanischunterricht
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Yogosh Leisetreter ...und Klugscheisser
Anmeldungsdatum: 19.03.2009 Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin
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(#1348908) Verfasst am: 25.08.2009, 11:02 Titel: |
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Das mit den vielen möglichen Welten ist ja die moderne Version von den Essenzen und den notwendigen Eigenschaften mit denen man auch früher schon Bedeutungen retten wollte. Es ist natürlich sauberer formuliert und immerhin mal eine nachvollziehbare Semantik für die Modallogik. Aber bei mir bleibt immer der fahle Nachgeschmack dass man bloß den Aristoteles durch Star Treck ersetzt hat.
_________________ "If the King's English was good enough for Jesus Christ, it's good enough for the children of Texas!" - Miriam Amanda "Ma" Ferguson, Governor of Texas, als Begründung gegen Spanischunterricht
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Yogosh Leisetreter ...und Klugscheisser
Anmeldungsdatum: 19.03.2009 Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin
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(#1348981) Verfasst am: 25.08.2009, 14:13 Titel: |
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Kramer hat folgendes geschrieben: | Ich finde die gesamte Fragestellung etwas wirr. |
Ich will mal versuchen das etwas plausibel zu machen und unterscheide zwischen folgenden Fällen:
1a.) Reden über einzelne Dinge
1b.) Reden über Aufzählungen einzelner Dinge
2.) Reden über alle einzelnen Dinge eines bestimmten Typs
3.) Reden über Eigenschaften
4.) Reden über Ideen
Wenn wir über den, den und den Baum da reden, dann kann man sich irgendwie vorstellen, warum das klappt. Wir haben die Dinger gesehen, wir können auf sie zeigen und wir können sie unserem Gesprächspartner zeigen. Das gibt uns das Gefühl dass wir uns direkt auf sie beziehen.
Wenn wir über alle Bäume reden wollen, dann meinen wir auch die die wir noch nie gesehen haben und die es noch gar nicht gibt. Wie beziehen wir uns auf die? Da denkt man sich dann eine Bedeutung als eine Art Zwischeninstanz mit zwei Interfaces: unser Geist kann sich auf sie beziehen und auf der anderen Seite sie ist irgendwie mit allen Bäumen verbunden. Ganz platt gesagt stellt sie die 1:n Beziehung zwischen uns und den ganzen Bäumen her. Wir reden also nicht wirklich direkt über die Bäume sondern über etwas anderes. Und da kommt dann die Idee des Baumes an sich oder die Baumigkeit ins Spiel. Und die wird als irgendwie etwas geistiges oder jedenfalls geistig zugänglich gesehen. Sie ist aber dabei keine private Form von Wahnsinn, weil sie in allen Bäumen präsent ist. Wie beziehen wir uns auf sie? Wir haben Teile von ihr gesehen, Beispiele, Exemplare. Und damit wir aber doch über das Gleiche reden können muss meine zufällige Auswahl und Deine zufällige Auswahl auf etwas von uns unabhängiges verweisen: die Universalie.
Deutlicher wird das bei der Rede über Schönheit. Da redet man gleich über eine Eigenschaft die allen schönen Dingen gemeinsam ist. Da wäre die Universalie nicht bloß der Vermittler einer 1:n Beziehung sondern das, worüber wir reden. Wir können auch über viele Eigenschaften reden: Mut ist eine Tugend. Hochmut ein Laster. Da reden wir über Eigenschaften von Eigenschaften.
Im letzten Fall ist noch nicht mal klar ob wir da Eigenschaften oder (Kollektionen von) Dingen haben. Auf was trifft Freiheit zu? Da ist nicht so eindeutig, ob das, was wir mit 'Freiheit' meinen ein Einzelding oder eine Universalie ist. Über was reden wir da also? Platons Ideen waren so ein Kandidat. Sie waren auch Universalien und sind vielleicht das Paradebeispiel für letztere. Wie die platonischen Ideen Bedeutungsobjekte für 'Freiheit', 'Glück', 'das Gute' etc. abgeben ist irgendwie intuitiv. Aber mir scheint, dass das eine Besonderheit dieser Sorte Universalien ist.
Du siehst vielleicht, warum man so etwas wie Universalien haben möchte um zu erklären, wie unsere Sprache oder unser Denken Kontakt zur Realität herstellt. Also um Bedeutungstheorie zu treiben. Und ein Argument für die Universalien ist das was ballancer verwendet: Sie erklären wie wir uns auf die Realität beziehen und uns nicht bloß dem privaten Wahnsinn eines Solipsismus hingeben. Das Argument zieht aber natürlich nur, wenn sie die einzige oder beste Erklärung dafür darstellen. Oder wenn man kein Problem mit Solipsismus hat. Deswegen meint ballancer, dass jeder, der sie ablehnt Solipsist sein müsste.
Und warum geht es hier so viel um Mengen?
Universalien sind in Einzeldingen irgendwie präsent. Mengen haben Einzeldinge als Elemente. Und wenn eine Menge all das Zeug enthält, was eine bestimmte Eigenschaft hat oder in dem eine bestimmte Universalie präsent ist, dann sehen Mengen und Universalien schon sehr ähnlich aus. Die Elementbeziehung steht dann für das Zutreffen der Eigenschaft oder für die Präsenz der Universalie in dem Element.
Deswegen versuchen manche Universalien als Mengen zu deuten. Das kann man auf drei Arten machen:
a) Identifikation: Mengen und Universalien sind dasselbe
b) Modellbeziehung: Mengen und Universalien sind unterschiedliche Dinge, verhalten sich aber hinreichend ähnlich
c) Formalismus: Mengenlehre bietet ein Kalkül mit dem man über Universalien reden kann.
Im Fall 1b und 2 scheint das ganz gut zu klappen. Im Fall 3 schon nicht mehr. Die erwähnten Eigenschaften eine Niere oder ein Herz zu haben sind unterschiedlich. Ein anderes Beispiel sind 'vernunftbegabter Menschenaffe' und 'Menschenaffe ohne Haare hinter den Ohren'. Wir meinen damit etwas anderes. Aber die Mengen der Dinge auf die sie zutreffen sind gleich. Das ist das Problem der Intensionalität. Eigenschaften sind intensional, Mengen sind extensional. Das kann man umschiffen, indem man nicht die Mengen nimmt, die tatsächlich (kontingenterweise, zufällig) diese Dinge enthalten, sondern die, die sie notwendigerweise enthalten. Dann sind auch die Mengen intensional, aber man hat sich die Notwendigkeit eingekauft, was viele Philosophen nicht mögen und im Kalkül geht die allgemeine Substituierbarkeit von Identitäten verloren, was das Kalkül sehr stark einschränkt.
Dass a) und b) nicht so gut hinhaut ist für mich ein Argument gegen Universalien. Wenn überhaupt, dann wären sie als Mengen oder als etwas strukturell Ähnliches für mich verdaulich. c) ist dagegen völlig unspektakulär. Man hat ein schönes Kalkül und soweit man es sinnvoll verwenden kann macht man das halt. Und wo es nicht mehr funktioniert lässt man es eben.
So ziemlich die gleiche Ähnlichkeit gibt es auch zwischen Begriffen (concepts) und Mengen. Deswegen hat Frege zum Beispiel versucht, Mengen über Begriffe zu definieren. Damit hätte er eine inhaltliche Definition von Menge gehabt. Er tat das um die Analytizität der Mathematik zu beweisen. Wenn man an Analytizität glaubt, dann hätte das wohl überzeugt. Die heutigen Axiomsystemen der Mengenlehre hat glaube ich noch niemand für analytisch gehalten. Bei denen ist es auf jeden Fall viel weniger plausibel das zu behaupten.
Jedenfalls hat das bei Frege aber eben nicht geklappt, weil es inkonsistent war. Und es hat auch ausser ihm noch kein anderer geschafft. Deswegen begnügt man in der Mathematik mit formalen Definitionen.
Mittlerweile ist die Mengenlehre aber sehr viel ausgearbeiteter als alles Gerede über Begriffe. Deswegen ist das so seltsam, wenn ballancer meint mit letzterem die erstere kritisieren zu können.
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Testirossi Gnostiker
Anmeldungsdatum: 12.08.2008 Beiträge: 741
Wohnort: jwd
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(#1349005) Verfasst am: 25.08.2009, 15:33 Titel: |
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Der ganze "Universalienstreit" stammt letztlich aus der Priesterecke und soll als eine Art von verstecktem "Gottesbeweis" bzw. "Realitätsbeweis" dienen.
Das erste Mal wurde ich mit dieser Thematik durch eine ehemalige Klosterschülerin bekannt gemacht, die ganz selbstverständlich behauptete, man könne sich nichts denken, was nicht auch real existiere (wenn wir also in Kategorien und Universalien denken, oder über "Götter" reden, dann muß diesen Begriffen auch reale Existenz zukommen).
Der Gedanke ist natürlich interessengesteuerte, wilde Spekulation, aber er ist nicht so leicht zu widerlegen, wie es auf den ersten Blick den Anschein hat (das ist auch nicht nötig, denn der positive Behaupter ist hier in der Pflicht), denn jedes Denken fusst auf von den Dingen abgezogenen Begriffen.
So kann man sich zwar irgend etwas, angeblich nicht existentes vorstellen, aber immer nur mit den abgezogenen Begriffen als Ausgangspunkt und Fundament.
Ich musste lange suchen, bis mir ein brauchbares Gegenbeispiel einfiel.
Dabei kam mir der Umstand zuhilfe, dass man aus einem Axiomensystem "hinausspekulieren" kann und ein Axiomensystem, dessen Axiome nur noch aus solchen Spekulationen bestehen, hat keinerlei Bezug mehr zu den Grundlagen des "Ausgangssystems".
So ist die "Massfremdheit" (z.B. von der Kreiszahl Pi) ein Phänomen, das in der "Realität" nie auftritt. Auch die Cantormengen, die Unendlichkeit in der zweiten, dritten usw. Potenz, die unendlich abzählbaren Mengen und die unendlich unabzählbaren Mengen usw. sind weit von der "Existenz" entfernt.
Und falls diese jemandem noch zu nahe an unserer Erfahrungswelt erscheinen, kann man diesen Prozess der ideellen Konstruktion im Prinzip unendlich fortsetzen:
das erste System ist noch von den Beobachtungen abgezogen (abstrahiert), das zweite System baut (zB bedingt durch die Gödelsche Unvollständigkeit) auf den Abstraktionen des ersten, usw.
Die daraus erhaltenen "Universalien" sind von unserer "Erfahrungswelt" beliebig weit entfernt, und bereits in der zweiten Stufe der Konstruktion ist keine von der Erfahrungswelt abgezogene Voraussetzung oder Idee mehr enthalten.
Auf diese Art schult sich das Denken, zunächst mit den "abgezogenen" Begriffen und Axiomen, bis sich Vertrautheit und Übung einstellen. Dann kann man den nächsten Schritt der Konstruktion wagen, usw.
Das Problem greift allerdings wesentlich tiefer in den Urgrund allen Seins, sonst hätte es sich in der Geistesgeschichte menschlichen Denkens nicht so lange und so zäh halten können, und berührt die Frage, was war zuerst, das "Gesetz", oder das "Sein", denn ohne "Gesetz" kein "Sein" und ohne "Sein" kein "Gesetz". Beides bedingt einander untrennbar.
Im obigen Beispiel wachsen die math. Konstruktionen mit der Komplexität des Denkens und das Denken schult sich widerum an den eigenen Konstruktionen.
Das Eine bedingt das andere, keines von beiden hat für sich alleine Bestand:
Der "Logos" schafft die "Welt" und die "Welt" schafft den Logos:
Die ersten Programmierer hatten noch keine Texteditoren, mit denen sie komfortabel Programme entwerfen konnten, bis jemand ein paar Zeilen Code lochte, der eine Art von Minimaleditor darstellte. Mit Hilfe dieses Minimaleditors wurden dann bessere und komplexere Editoren geschrieben usw. das heisst, dass der Code für einen komplexen Texteditor letztlich mit eben diesem Editor entwickelt wurde.
In einem ähnlichen, untrennbaren Abhängikeitsverhältnis stehen auch bewusstes Sein und dessen "Erfahrungswelt": die "Erfahrungswelt" schafft das Bewusstsein und das Bewusstsein erschafft die "Erfahrungswelt".
Falls alles existiert, was denkbar ist: q.e.d.
in Selbstwiderspruch, denn "tertium non datur"
denn ich kann mir auch denken, dass nicht alles existiert, was denkbar ist ...
_________________ "Die Kunst aller grossen Volksführer aber, bestand noch zu allen Zeiten darin, die Aufmerksamkeit der Masse auf einen Feind zu konzentrieren."
(A. H.)
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Marcellinus Outsider
Anmeldungsdatum: 27.05.2009 Beiträge: 7429
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(#1349010) Verfasst am: 25.08.2009, 15:55 Titel: |
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@Yogosh Erst einmal vielen Dank für die Zusammenfassung. Ein paar Fragen zum Verständnis an der Stelle, wo ich noch glaube mitzukommen. Du redest über Baume, bekannte und unbekannte. Und da kommt die Idee des Baumes in Spiel, die die Universalie von Bäumen beinhaltet.
Aber ist diese Idee nicht eher ein Begriff, den es nur gibt, weil Menschen ihn irgendwann gebildet haben, und seitdem verwenden und auch ständig verändern. Beispiele dafür gibt es reichlich. Früher dachten die Menschen, wenn sie an Fische dachten, an schwimmende Lebewesen und so kam der Walfisch zu seinem Namen. Heute ist für uns der Wal kein Fisch mehr. Der Begriff hat sich nicht geändert, was damit begriffen wird schon. Oder Planeten. Himmelskörper, die die Sonne umkreisen, eine ausreichende Masse besitzen und ihre Umlaufbahn dominieren. Schwupps, war Pluto kein Planet mehr.
Schließlich, Verständigung über diese Welt (nicht zu reden von metaphysischem) setzt Gemeinsamkeiten im Verständnis der verwendeten Begriffe voraus. Aber wir alle können hier und auch sonst tagtäglich beobachten, daß dieses gemeinsame Verständnis nicht existiert, oder doch nicht immer.
Wenn es also schon bei Bäumen, Fischen oder Planeten schwierig ist, sich auf gemeinsame Inhalte von Begriffen zu verständigen, wie soll das dann bei Begriffen wie Freiheit oder Schönheit geschehen?
Ich las, ich glaube, es war nicht im FGH, eine Diskussion, in der die Frage auftauchte, ob Astrologie eine ernste Sache oder doch eher Spökenkiekerei sei. Zu meiner Verblüffung, da ich schon bei unwichtigeren Themen seitenlange Debatten um des Kaisers Bart erlebt hatte, gab es nur einen kurzen Post, daß das ja wohl Quatsch sei, und von den anderen Zustimmung ohne weitere Kommentare, wonach man wieder zum eigentlichen Thema zurückkehrte. Mich hinterlies das einigermaßen verblüfft, und mit der Frage, wie oft wohl Einigung auf einen Begriff oder eine Sache nicht auf Argumenten beruht, sondern auf der gemeinsamen Vermutung, man sei sich einig.
Ich sah vor Jahren mal eine Bildergeschichte über zwei Leute, die sich über den (nicht anwesenden) Hund des einen unterhielten. Während der eine die Vorzüge seines Tieres schilderte, die vom anderen entsprechend bewundert wurden, sah man in Blasen über ihren Köpfen die damit verbundenen Vorstellungen, der eine immer das gleiche Bild seines Hundes vor Augen, der andere, wie er seine Vorstellung mit den gehörten Eigenschaften ausstattete. Fazit dieses gegenseitigen Mißverstehens: "Schöner Hund!"
_________________ "Mangel an historischem Sinn ist der Erbfehler aller Philosophen ... Alles aber ist geworden;
es gibt keine ewigen Tatsachen: sowie es keine absoluten Wahrheiten gibt."
Friedrich Nietzsche
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Yogosh Leisetreter ...und Klugscheisser
Anmeldungsdatum: 19.03.2009 Beiträge: 2170
Wohnort: Berlin
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(#1349054) Verfasst am: 25.08.2009, 17:37 Titel: |
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Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Du redest über Baume, bekannte und unbekannte. Und da kommt die Idee des Baumes in Spiel, die die Universalie von Bäumen beinhaltet. |
Soweit ich weiß enthält eine platonische Idee nicht eine Universalie sondern ist schon selber eine. Wirklich kennen kann diese Idee natürlich bloß die Gottheit. Unsere Vorstellung von Baum ist so eine Art getrübe geistige Sicht auf die wahre Idee des Baumes. Und selbst die leiten wir nicht etwa empirisch ab. Wir erinnern uns vage an die wahre Idee, die unsere Seele mal gesehen hat. Irgendwie so.
Aber das sind Besonderheiten der platonischen Ideen und betrifft nicht alle Universalien. Die immanenten, die Myron oben erwähnt hat, leben nicht im Himmel oder der Anschauung einer Gottheit, sondern in irgendwelchen Dingen und auch nur solange wie diese Dinge.
Marcellinus hat folgendes geschrieben: | Aber ist diese Idee nicht eher ein Begriff, den es nur gibt, weil Menschen ihn irgendwann gebildet haben, und seitdem verwenden und auch ständig verändern. Beispiele dafür gibt es reichlich. Früher dachten die Menschen, wenn sie an Fische dachten, an schwimmende Lebewesen und so kam der Walfisch zu seinem Namen. Heute ist für uns der Wal kein Fisch mehr. Der Begriff hat sich nicht geändert, was damit begriffen wird schon. Oder Planeten. Himmelskörper, die die Sonne umkreisen, eine ausreichende Masse besitzen und ihre Umlaufbahn dominieren. Schwupps, war Pluto kein Planet mehr. |
Ich glaube dass ein Universalienrealist sagen könnte, dass es eben zwei Universalien gibt und immer schon gab. Einmal die (Tier-im-Wasser-mit-Flossen)igkeit und die ([bitte moderne Definition von Fisch einfügen])igkeit. Und die Dinger haben sich nicht verändert. Wir haben uns nur mit dem gleichen Wort auf beide bezogen und weil wir eben nur Menschen mit beschränktem Verstand sind passiert so was halt.
_________________ "If the King's English was good enough for Jesus Christ, it's good enough for the children of Texas!" - Miriam Amanda "Ma" Ferguson, Governor of Texas, als Begründung gegen Spanischunterricht
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