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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#260833) Verfasst am: 12.02.2005, 19:57 Titel: |
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Hi Step,
step hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Was ich damit sagen will ist, daß Teile des Wissens (ungeachtet der Unvollständigkeit und partiellen Fehlerhaftigkeit unserer Theorien) die Welt korrekt beschreiben. Ansonsten wäre wissenschaftlicher Fortschritt kaum vorstellbar. |
"Korrekt" scheint mir über das Ziel hinausgeschossen. Es reicht aus, daß unsere Theorien hinreichend gute Voraussagen (Berechnungen) ermöglichen. Man kann natürlich "korrekt" gerade so definieren, allerdings ist das in einem solchen thread gefährlich. |
Okay, sagen wir: Unsere Theorien beschreiben die Welt in Teilen adäquat, in anderen Teilen nicht. Die Frage, die sich unmittelbar daran anknüpft ist, ob es sein kann, daß eine Theorie, mit deren Hilfe wir uns in der Welt ganz passabel zurechtfinden, nicht einmal approximativ wahr sein kann. Darauf gibt es nun zwei mögliche Antworten:
Entweder man sagt, solange mir niemand ein rationales Argument dafür nennen kann, wie das gehen soll, ohne daß eine "ontologische Kollision" der Fall ist, vertrete ich einen erkenntnistheoretischen Realismus. Oder aber ich löse das Problem dadurch, indem ich in den radikalen Konstruktivismus flüchte. Ein Mittelding (Realistische Ontologie ja, realistische Erkenntnistheorie nein), ist IMAO ein arg schiefe Angelegenheit, und der radikale Konstruktivismus ist, wie schon einmal gezeigt wurde, nicht kohärent. Daher entscheide ich mich für den erkenntnistheoretischen Realismus.
Grüße
Martin
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
www.ag-evolutionsbiologie.de
www.facebook.com/AGEvolutionsbiologie
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#260838) Verfasst am: 12.02.2005, 20:06 Titel: Re: Erkenntnisphilosophie |
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Hi Thomas,
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Korrekterweise hättest Du schreiben müssen: "Wir wissen nicht mit Bestimmtheit, ob unser Wissen die Welt approximativ richtig erfaßt ". |
Wow, vielen heißen Dank für diese treffliche Analyse. Bezeichnest mich, wenn ich das so sage, bitte bitte nicht mehr als 'Radikalskeptiker', selbst wenn ich inhaltlich immer noch exakt denselben Standpunkt vertrete? Ich schlafe dann ruhiger. |
Lies einfach die Eingangsfrage |
lies einfach, was die anderen Menschen geantwortet haben. Die haben mich verstanden. Das reicht. |
Einigen wir uns doch einfach darauf:
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Sichere Wahrheit erkannte kein Mensch und wird keiner erkennen
Über die Götter und alle die Dinge, von denen ich spreche.
Sollte einer auch einst die vollkommene Wahrheit verkünden,
Wüßte er selbst sie doch nicht: es ist alles durchwebt von Vermutung. |
Nur: approximatives Wissen und vollkommene Wahrheit sind eben zwei paar Stiefel. Ebenso hypothetischer Realismus oder (hypothetisches Wissen) und Tatsachenbehauptungen mit Gewißheitsanspruch. Wenn ich von "Wahrheit" und "Wissen" spreche, ist definitiv nicht letzteres gemeint.
Grüße
Martin
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44650
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(#260843) Verfasst am: 12.02.2005, 20:18 Titel: |
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Dürfte ich einen Vorschlag machen?
Die "Brücke" zwischen erkenntnistheoretischem Realismus und Konstruktivismus könnte eventuell in einem neuen Sprachverständnis liegen.
Vielleicht ein Artikel von Robert Anton Wilson dazu:
English und English-Prime
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#260845) Verfasst am: 12.02.2005, 20:19 Titel: |
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Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Was ich damit sagen will ist, daß Teile des Wissens (ungeachtet der Unvollständigkeit und partiellen Fehlerhaftigkeit unserer Theorien) die Welt korrekt beschreiben. Ansonsten wäre wissenschaftlicher Fortschritt kaum vorstellbar. | "Korrekt" scheint mir über das Ziel hinausgeschossen. Es reicht aus, daß unsere Theorien hinreichend gute Voraussagen (Berechnungen) ermöglichen. Man kann natürlich "korrekt" gerade so definieren, allerdings ist das in einem solchen thread gefährlich. |
Okay, sagen wir: Unsere Theorien beschreiben die Welt in Teilen adäquat, in anderen Teilen nicht. |
Ja, "adäquat" ist adäquater als "korrekt".
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Die Frage, die sich unmittelbar daran anknüpft ist, ob es sein kann, daß eine Theorie, mit deren Hilfe wir uns in der Welt ganz passabel zurechtfinden, nicht einmal approximativ wahr sein kann. Darauf gibt es nun zwei mögliche Antworten: [...] |
Was meinst Du denn überhaupt mit der Frage? Macht sie nicht überhaupt nur Sinn, wenn man bereits einen erkenntnistheoretischen Realismus voraussetzt? Was sollte sonst "approximativ wahr" oder überhaupt "wahr" bedeuten, hinausgehend über "ganz passabel" bzw. "adäquat"?
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44650
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(#260847) Verfasst am: 12.02.2005, 20:24 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Ja, "adäquat" ist adäquater als "korrekt". |
Ich halte "zweckmäßig" für zweckmäßiger als "adäquat".
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#260849) Verfasst am: 12.02.2005, 20:27 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Ja, "adäquat" ist adäquater als "korrekt". |
Ich halte "zweckmäßig" für zweckmäßiger als "adäquat".  |
Ich halte "zweckmäßig" sogar für adäquater als "adäquat", aber "adäquat" erscheint mir adäquat genug.
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#260852) Verfasst am: 12.02.2005, 20:34 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Dürfte ich einen Vorschlag machen? Die "Brücke" zwischen erkenntnistheoretischem Realismus und Konstruktivismus könnte eventuell in einem neuen Sprachverständnis liegen. Vielleicht ein Artikel von Robert Anton Wilson dazu:
English und English-Prime |
Die Irritationen durch den umgangsprachlichen Identitätsoperator sind ja ein alter Hut in der Philosphie. Und es ist tatsächlich was dran, insofern viele Philosophen die - ich möchte sagen "physikalischen" - Zusammenhänge hinter sprachlich formulierten Modellen nicht hinreichend entmystifizieren. Neben dem Wort "ist" haben wir mE dieses Problem auch bei "Wirklichkeit", "Ursache" usw.
Mein Ansatz im thread "Kriterien der Realität" ging ja ebenfalls in diese Richtung.
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#260858) Verfasst am: 12.02.2005, 20:50 Titel: |
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Hi Step,
step hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Was ich damit sagen will ist, daß Teile des Wissens (ungeachtet der Unvollständigkeit und partiellen Fehlerhaftigkeit unserer Theorien) die Welt korrekt beschreiben. Ansonsten wäre wissenschaftlicher Fortschritt kaum vorstellbar. | "Korrekt" scheint mir über das Ziel hinausgeschossen. Es reicht aus, daß unsere Theorien hinreichend gute Voraussagen (Berechnungen) ermöglichen. Man kann natürlich "korrekt" gerade so definieren, allerdings ist das in einem solchen thread gefährlich. |
Okay, sagen wir: Unsere Theorien beschreiben die Welt in Teilen adäquat, in anderen Teilen nicht. |
Ja, "adäquat" ist adäquater als "korrekt". |
Von mir aus - reden wir von "Adäquatheit"...
Nein, im Ernst: Fakt ist doch, daß alles Denken und Handeln philosophische Prämissen voraussetzt, die sich nicht beweisen lassen. Was bringt es denn, jedesmal eine Grundsatzdiskussion über die Frage loszutreten, wie sicher oder umstritten, unbeweisbar und fehlbar alles Wissen ist? Das ist doch alles geklärt und längst Schnee von vorvorgestern. Solange man einräumt, daß wir etwas wissen können, daß aber dieses Wissen fehlbar ist, ist alles im Lot. Deswegen muß ich mir keinen radikalen Konstruktivismus oder Skeptizismus ausdenken, der unter rationalen, pragmatischen Gesichtspunkten nur ins Nirwana führt.
Step hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Die Frage, die sich unmittelbar daran anknüpft ist, ob es sein kann, daß eine Theorie, mit deren Hilfe wir uns in der Welt ganz passabel zurechtfinden, nicht einmal approximativ wahr sein kann. Darauf gibt es nun zwei mögliche Antworten: [...] |
Was meinst Du denn überhaupt mit der Frage? Macht sie nicht überhaupt nur Sinn, wenn man bereits einen erkenntnistheoretischen Realismus voraussetzt? |
Deswegen schrieb ich ja, daß man sich als Alternative zum Realismus in einen radikalen Konstruktivismus flüchten kann. Nur spricht für den eben nichts, abgesehen davon, daß er inkohärent ist.
Step hat folgendes geschrieben: | Was sollte sonst "approximativ wahr" oder überhaupt "wahr" bedeuten, hinausgehend über "ganz passabel" bzw. "adäquat"? |
Wie gesagt, wenn man bestimmte Rationalitätsstandards gelten lassen und sich der Frage stellen will, warum unsere theoretischen Konstrukte überhaupt funktionieren, woran sie scheitern und wozu man überhaupt Forschung treibt, ergeben sich daraus bestimmte philosophische Konsequenzen. Wenn man auf Begründungen verzichtet, kann man natürlich alles postulieren - auch, daß die Welt nur im Kopf existiert...
Grüße
Martin
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
www.ag-evolutionsbiologie.de
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#260864) Verfasst am: 12.02.2005, 21:05 Titel: |
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Hi Martin!
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Okay, sagen wir: Unsere Theorien beschreiben die Welt in Teilen adäquat, in anderen Teilen nicht. Die Frage, die sich unmittelbar daran anknüpft ist, ob es sein kann, daß eine Theorie, mit deren Hilfe wir uns in der Welt ganz passabel zurechtfinden, nicht einmal approximativ wahr sein kann. Darauf gibt es nun zwei mögliche Antworten:
Entweder man sagt, solange mir niemand ein rationales Argument dafür nennen kann, wie das gehen soll, ohne daß eine "ontologische Kollision" der Fall ist, vertrete ich einen erkenntnistheoretischen Realismus. Oder aber ich löse das Problem dadurch, indem ich in den radikalen Konstruktivismus flüchte. Ein Mittelding (Realistische Ontologie ja, realistische Erkenntnistheorie nein), ist IMAO ein arg schiefe Angelegenheit, und der radikale Konstruktivismus ist, wie schon einmal gezeigt wurde, nicht kohärent. Daher entscheide ich mich für den erkenntnistheoretischen Realismus. |
Vielen Dank übrigens für die lobende Erwähnung an anderer Stelle - da habe ich doch noch einiges an Kredit für ein wenig "auf den Senkel gehen" ... .
Es wurde bisher noch keineswegs die Nicht-Kohärenz des Radikalen Konstruktivismus gezeigt.
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)
„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#260865) Verfasst am: 12.02.2005, 21:05 Titel: |
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Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Step hat folgendes geschrieben: | Was sollte sonst "approximativ wahr" oder überhaupt "wahr" bedeuten, hinausgehend über "ganz passabel" bzw. "adäquat"? | Wie gesagt, wenn man bestimmte Rationalitätsstandards gelten lassen und sich der Frage stellen will, warum unsere theoretischen Konstrukte überhaupt funktionieren, woran sie scheitern und wozu man überhaupt Forschung treibt, ergeben sich daraus bestimmte philosophische Konsequenzen. |
Nein, es ergeben sich daraus keine echten philosophischen, ontologischen ... Konsequenzen.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Wenn man auf Begründungen verzichtet, kann man natürlich alles postulieren - auch, daß die Welt nur im Kopf existiert... |
Im Gegenteil möchte ich aber gerade nicht auf Begründungen verzichten, sondern endlich die echte Suche danach beginnen. Es gibt nämlich mE nicht nur die zwei (letztlich unbefriedigenden Schein-) Lösungen
(1) ontologischer Realismus
(2) ontologischer Konstruktivismus (Solipsismus)
sondern auch noch eine echte Lösung:
(3) eine wissenschaftliche (heuristische, adäquate) Theorie, warum unsere Theorien funktionieren
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#260869) Verfasst am: 12.02.2005, 21:08 Titel: |
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Lamarck hat folgendes geschrieben: | Es wurde bisher noch keineswegs die Nicht-Kohärenz des Radikalen Konstruktivismus gezeigt. |
Das sehe ich ebenso. Allerdings wurde mE schon gezeigt, daß er zur Begründung der Tatsache, daß Theorien funktionieren, nicht hilfreich ist.
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44650
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(#260881) Verfasst am: 12.02.2005, 21:15 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Ich halte "zweckmäßig" sogar für adäquater als "adäquat", aber "adäquat" erscheint mir adäquat genug. |
Ich benutze lieber "zweckmäßig", weil dieser Begriff von mehr Leuten "verstanden" wird.
step hat folgendes geschrieben: | Die Irritationen durch den umgangsprachlichen Identitätsoperator sind ja ein alter Hut in der Philosphie. Und es ist tatsächlich was dran, insofern viele Philosophen die - ich möchte sagen "physikalischen" - Zusammenhänge hinter sprachlich formulierten Modellen nicht hinreichend entmystifizieren. Neben dem Wort "ist" haben wir mE dieses Problem auch bei "Wirklichkeit", "Ursache" usw. |
Ääääh, ja. Das hab' ich jetzt... verstanden...
Aber nur ganz knapp!
Dass das Problem mit dem "is of identity" ein "alter Hut" in der Philosophie "ist" ( ), war mir nicht bekannt. Wie alt ist denn dieser "Hut" ungefähr genau?
Wilson geht es btw. übrigends, wenn ich ihn recht verstanden habe, darum, das "is of identity" komplett aus der Sprache zu verbannen.
Das würde ich wahrscheinlich sogar unterstützen. Ich versuche in der Tat, das "is of identity" aus meinem eigenen Vokabular zu streichen. Leider bin ich mir natürlich nicht immer "bewusst".
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#260889) Verfasst am: 12.02.2005, 21:27 Titel: |
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Hi step!
step hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Es wurde bisher noch keineswegs die Nicht-Kohärenz des Radikalen Konstruktivismus gezeigt. |
Das sehe ich ebenso. Allerdings wurde mE schon gezeigt, daß er zur Begründung der Tatsache, daß Theorien funktionieren, nicht hilfreich ist. |
In welchen Verhältnis stehen hier 'Begründung' und 'Tatsache' zueinander? Und wie stellst Du fest, dass Theorien funktionieren? - Bist Du denn der Meinung, eine Theorie kann funktionieren und trotzdem falsch sein? Oder funktioniert vielmehr denn nicht jede denkbare Theorie bis zu einem gewissen subjektiven Moment?
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)
„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#260921) Verfasst am: 12.02.2005, 22:14 Titel: |
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Hi Tarvoc,
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Dass das Problem mit dem "is of identity" ein "alter Hut" in der Philosophie "ist" ( ;) ), war mir nicht bekannt. Wie alt ist denn dieser "Hut" ungefähr genau? |
kennst Du diese Arbeit?
Vermutlich nicht ganz das, was Du suchst, aber es ist schon ein Problem, etwas zu benennen. Detaillierter findest Du das hier.
Grüßle
Thomas
_________________ Ein seliges und unvergängliches Wesen (die Gottheit) trägt weder selbst Mühsal, noch belädt es ein anderes Wesen damit. Darum kennt es weder Zorn noch Wohlwollen. Dergleichen gibt es nur bei einem schwachen Wesen. (Epikur)
Der Christengott ist immens schwach!
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El Schwalmo Naturalistischer Ignostiker
Anmeldungsdatum: 06.11.2003 Beiträge: 9073
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(#260925) Verfasst am: 12.02.2005, 22:16 Titel: Re: Erkenntnisphilosophie |
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Hi Martin,
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Nur: approximatives Wissen und vollkommene Wahrheit sind eben zwei paar Stiefel. |
ACK
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Ebenso hypothetischer Realismus oder (hypothetisches Wissen) und Tatsachenbehauptungen mit Gewißheitsanspruch. Wenn ich von "Wahrheit" und "Wissen" spreche, ist definitiv nicht letzteres gemeint. |
Dann frage ich mich, warum Du etwas zu meinen Postings geschrieben hast.
Grüßle
Thomas
_________________ Ein seliges und unvergängliches Wesen (die Gottheit) trägt weder selbst Mühsal, noch belädt es ein anderes Wesen damit. Darum kennt es weder Zorn noch Wohlwollen. Dergleichen gibt es nur bei einem schwachen Wesen. (Epikur)
Der Christengott ist immens schwach!
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#260971) Verfasst am: 12.02.2005, 22:57 Titel: |
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Lamarck hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Es wurde bisher noch keineswegs die Nicht-Kohärenz des Radikalen Konstruktivismus gezeigt. | Das sehe ich ebenso. Allerdings wurde mE schon gezeigt, daß er zur Begründung der Tatsache, daß Theorien funktionieren, nicht hilfreich ist. | In welchen Verhältnis stehen hier 'Begründung' und 'Tatsache' zueinander? |
In begründendem, also im Verhältnis einer Theorie zu einem Phänomen.
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Und wie stellst Du fest, dass Theorien funktionieren? |
Indem sie überprüfbare Voraussagen machen, also effiziente Simulationsregeln darstellen.
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Bist Du denn der Meinung, eine Theorie kann funktionieren und trotzdem falsch sein? |
Das kommt darauf an, was man unter "falsch" versteht. Eine Theorie kann z.B. eine einem bestimmten Parameterbereich gute Näherungen liefern.
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Oder funktioniert vielmehr denn nicht jede denkbare Theorie bis zu einem gewissen subjektiven Moment? |
Ja, aber in bezug auf ein bestimmtes Phänomen kann man Theorien gegeneineander abwägen.
gruß/step
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#260979) Verfasst am: 12.02.2005, 23:05 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Ich halte "zweckmäßig" sogar für adäquater als "adäquat", aber "adäquat" erscheint mir adäquat genug. |
Ich benutze lieber "zweckmäßig", weil dieser Begriff von mehr Leuten "verstanden" wird. |
Gut, dann einige ich mich mit Dir auf "zweckmäßig" und mit Martin auf "adäquat".
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Die Irritationen durch den umgangsprachlichen Identitätsoperator sind ja ein alter Hut in der Philosphie. Und es ist tatsächlich was dran, insofern viele Philosophen die - ich möchte sagen "physikalischen" - Zusammenhänge hinter sprachlich formulierten Modellen nicht hinreichend entmystifizieren. Neben dem Wort "ist" haben wir mE dieses Problem auch bei "Wirklichkeit", "Ursache" usw. |
Ääääh, ja. Das hab' ich jetzt... verstanden... Aber nur ganz knapp!
Dass das Problem mit dem "is of identity" ein "alter Hut" in der Philosophie "ist" ( ), war mir nicht bekannt. Wie alt ist denn dieser "Hut" ungefähr genau? |
Thomas hat dankenswerterweise schon auf Russel hingewiesen, der sich viel mit solchen Dingen beschäftigt hat. Die Frage wurde jedoch - wenn auch nicht in dieser analytischen Schärfe - schon zu Hegels Zeiten diskutiert.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Wilson geht es btw. übrigends, wenn ich ihn recht verstanden habe, darum, das "is of identity" komplett aus der Sprache zu verbannen. |
Ich verstehe und billige seine Motivation, aber die Identitätsrelation ist in der Alltagsnäherung einfach zu nützlich, um sie daraus zu verbannen. Stell Dir vor, Du gibst einem Arbeitslosen die Hausaufgabe, über die semantische Korrektheit der Identitätsrelation in "ich bin arbeitslos" zu reflektieren.
Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Das würde ich wahrscheinlich sogar unterstützen. Ich versuche in der Tat, das "is of identity" aus meinem eigenen Vokabular zu streichen. Leider bin ich mir natürlich nicht immer "bewusst".  |
Wer ist das schon.
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44650
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(#260982) Verfasst am: 12.02.2005, 23:09 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Stell Dir vor, Du gibst einem Arbeitslosen die Hausaufgabe, über die semantische Korrektheit der Identitätsrelation in "ich bin arbeitslos" zu reflektieren. |
Hausaufgabe? Ich habe schon genug damit zu tun, es aus meinem eigenen Sprachgebrauch zu verbannen!
step hat folgendes geschrieben: | Wer ist das schon. |
Om.
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
- Walter Benjamin, VIII. These zum Begriff der Geschichte
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#260988) Verfasst am: 12.02.2005, 23:14 Titel: |
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Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Om. |
Du meinst sicher Omi, oder?
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Tarvoc would prefer not to.
Anmeldungsdatum: 01.03.2004 Beiträge: 44650
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(#261000) Verfasst am: 12.02.2005, 23:30 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: | Tarvoc hat folgendes geschrieben: | Om. |
Du meinst sicher Omi, oder? |
...also, eigentlich meinte ich Om...
_________________ "Die Tradition der Unterdrückten belehrt uns darüber, daß der Ausnahmezustands in dem wir leben, die Regel ist."
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#261371) Verfasst am: 13.02.2005, 14:24 Titel: Re: Erkenntnisphilosophie |
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Hi Thomas,
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Nur: approximatives Wissen und vollkommene Wahrheit sind eben zwei paar Stiefel. |
ACK |
Okay.
Thomas Waschke hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Ebenso hypothetischer Realismus oder (hypothetisches Wissen) und Tatsachenbehauptungen mit Gewißheitsanspruch. Wenn ich von "Wahrheit" und "Wissen" spreche, ist definitiv nicht letzteres gemeint. |
Dann frage ich mich, warum Du etwas zu meinen Postings geschrieben hast. |
Verzeih', dann habe ich an Dir vorbeigeredet. Dein "Nein" erschien mir etwas zu apodiktisch
Grüße
Martin
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#261374) Verfasst am: 13.02.2005, 14:28 Titel: |
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Hi Lamarck,
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Okay, sagen wir: Unsere Theorien beschreiben die Welt in Teilen adäquat, in anderen Teilen nicht. Die Frage, die sich unmittelbar daran anknüpft ist, ob es sein kann, daß eine Theorie, mit deren Hilfe wir uns in der Welt ganz passabel zurechtfinden, nicht einmal approximativ wahr sein kann. Darauf gibt es nun zwei mögliche Antworten:
Entweder man sagt, solange mir niemand ein rationales Argument dafür nennen kann, wie das gehen soll, ohne daß eine "ontologische Kollision" der Fall ist, vertrete ich einen erkenntnistheoretischen Realismus. Oder aber ich löse das Problem dadurch, indem ich in den radikalen Konstruktivismus flüchte. Ein Mittelding (Realistische Ontologie ja, realistische Erkenntnistheorie nein), ist IMAO ein arg schiefe Angelegenheit, und der radikale Konstruktivismus ist, wie schon einmal gezeigt wurde, nicht kohärent. Daher entscheide ich mich für den erkenntnistheoretischen Realismus. |
Vielen Dank übrigens für die lobende Erwähnung an anderer Stelle - da habe ich doch noch einiges an Kredit für ein wenig "auf den Senkel gehen" ... .  |
Huch. Ich hätte das Posting wohl besser mit einem Password versehen sollen...
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Es wurde bisher noch keineswegs die Nicht-Kohärenz des Radikalen Konstruktivismus gezeigt. |
Ich fürchte, in dem Punkt scheiden sich die Geister. Wendels Ansicht kennst Du ja.
Grüße
Martin
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#261376) Verfasst am: 13.02.2005, 14:32 Titel: |
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Hi Step,
step hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Step hat folgendes geschrieben: | Was sollte sonst "approximativ wahr" oder überhaupt "wahr" bedeuten, hinausgehend über "ganz passabel" bzw. "adäquat"? | Wie gesagt, wenn man bestimmte Rationalitätsstandards gelten lassen und sich der Frage stellen will, warum unsere theoretischen Konstrukte überhaupt funktionieren, woran sie scheitern und wozu man überhaupt Forschung treibt, ergeben sich daraus bestimmte philosophische Konsequenzen. |
Nein, es ergeben sich daraus keine echten philosophischen, ontologischen ... Konsequenzen. |
Ups... Dann frage ich mich, was Dich dazu bewegt, beispielsweise Wissenschaft zu treiben.
Step hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Wenn man auf Begründungen verzichtet, kann man natürlich alles postulieren - auch, daß die Welt nur im Kopf existiert... |
Im Gegenteil möchte ich aber gerade nicht auf Begründungen verzichten, sondern endlich die echte Suche danach beginnen. Es gibt nämlich mE nicht nur die zwei (letztlich unbefriedigenden Schein-) Lösungen
(1) ontologischer Realismus
(2) ontologischer Konstruktivismus (Solipsismus)
sondern auch noch eine echte Lösung:
(3) eine wissenschaftliche (heuristische, adäquate) Theorie, warum unsere Theorien funktionieren |
Hmmm. Das hört sich für mich gerade wie ein flammendes Bekenntnis zum hypothetischen Realismus/EE an...
Grüße
Martin
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
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step registriert
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Wohnort: Germering
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(#261391) Verfasst am: 13.02.2005, 14:49 Titel: |
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Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Step hat folgendes geschrieben: | Was sollte sonst "approximativ wahr" oder überhaupt "wahr" bedeuten, hinausgehend über "ganz passabel" bzw. "adäquat"? | Wie gesagt, wenn man bestimmte Rationalitätsstandards gelten lassen und sich der Frage stellen will, warum unsere theoretischen Konstrukte überhaupt funktionieren, woran sie scheitern und wozu man überhaupt Forschung treibt, ergeben sich daraus bestimmte philosophische Konsequenzen. | Nein, es ergeben sich daraus keine echten philosophischen, ontologischen ... Konsequenzen. | Ups... Dann frage ich mich, was Dich dazu bewegt, beispielsweise Wissenschaft zu treiben. |
- Erstens macht die Beschäftigung damit meinem Gehirn Spaß (Neugier, Jagdinstinkt usw. ...)
- Zweitens um bessere Vorhersagen, Technik usw. zu bekommen (adäquatere Theorien)
Wir hatten das schonmal, und AFAIR hast Du dann geantwortet, dies würde dE als Motivation nicht ausreichen. Oder ähnlich.
Offensichtlich kann der Glaube an philosophische, ontologische Konsequenzen letztlich keine große Motivation für das Treiben von Wissenschaft sein, warum betreiben sonst Philosophen und Theologen so selten Wissenschaft?
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Step hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Wenn man auf Begründungen verzichtet, kann man natürlich alles postulieren - auch, daß die Welt nur im Kopf existiert... | Im Gegenteil möchte ich aber gerade nicht auf Begründungen verzichten, sondern endlich die echte Suche danach beginnen. Es gibt nämlich mE nicht nur die zwei (letztlich unbefriedigenden Schein-) Lösungen
(1) ontologischer Realismus
(2) ontologischer Konstruktivismus (Solipsismus)
sondern auch noch eine echte Lösung:
(3) eine wissenschaftliche (heuristische, adäquate) Theorie, warum unsere Theorien funktionieren |
Hmmm. Das hört sich für mich gerade wie ein flammendes Bekenntnis zum hypothetischen Realismus/EE an... |
Das ist auch nicht falsch, solange wir den hyp. Realismus nicht als epistemische oder ontologische Aussage ansehen. Denn es geht mir ja um eine wissenschaftliche Fundierung des Realismus. Der hyp. Realismus hätte dann eine Stellung vergleichbar mit der Annahme einer euklidischen Raumzeit in den meisten Gebieten der Physik.
gruß/step
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
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(#261938) Verfasst am: 14.02.2005, 13:12 Titel: |
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Hi Step,
step hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Nein, es ergeben sich daraus keine echten philosophischen, ontologischen ... Konsequenzen. | Ups... Dann frage ich mich, was Dich dazu bewegt, beispielsweise Wissenschaft zu treiben. |
- Erstens macht die Beschäftigung damit meinem Gehirn Spaß (Neugier, Jagdinstinkt usw. ...)
- Zweitens um bessere Vorhersagen, Technik usw. zu bekommen (adäquatere Theorien)
Wir hatten das schonmal, und AFAIR hast Du dann geantwortet, dies würde dE als Motivation nicht ausreichen. Oder ähnlich. |
Keine Ahnung was Dich motiviert, ich kann nur für mich selber sprechen. Ich gehe davon aus, daß sich das Gros der Wissenschaftler die Frage stellt, weshalb die Erscheinungen mit gewissen Theorien korrespondieren, mit anderen nicht. Das führt dann zu der Frage, welcher Erkenntnisgegenstand darüber entscheidet, ob Theorien adäquat sind oder nicht.
Du kennst vielleicht Vollmers "Projektions-Modell" und das vierdimensionale Analogon eines auf eine Ebene projizierten Würfels - den sog. Hyperwürfel. Erkenntistheoretisch ist unsere Situation des eines "Flächenwesens" vergleichbar, der nur Schatten wahrzunehmen imstande ist. Nun kann er diese Erscheinungen (wie z.B. das Bild eines "Hyperquadrats") einfach als gegeben hinnehmen und braucht sie dann nicht mehr weiter zu hinterfragen. Wenn er dem Sachverhalt aber auf den Grund gehen möchte, ist es plausibel, wenn er die Existenz einer tieferen Dimension voraussetzt und die Schatten als Projektion einer ontischen Ebene ("Würfel") deutet. Es ist daher IMAO folgerichtig, daß die Wissenschaft die Existenz einer Wirklichkeit voraussetzt, die sie in Teilen auch erfassen kann.
Step hat folgendes geschrieben: | Offensichtlich kann der Glaube an philosophische, ontologische Konsequenzen letztlich keine große Motivation für das Treiben von Wissenschaft sein, warum betreiben sonst Philosophen und Theologen so selten Wissenschaft? |
Du zäumst das Pferd verkehrt herum auf. Wissenschaftler gehen i.d.R. mit einer bestimmten Erwartungshaltung an ihre Fragestellungen heran. Damit setzen sie (meist unreflektiert) philosphische Annahmen voraus, ohne sie infragezustellen. Jemand, der nichts voraussetzt, der nicht bestimmte Rationalitätsstandards und Denkvoraussetzungen gelten läßt, wird sich kaum aufraffen, ein "Stück Wissen" zu erlangen. Denk an das Beispiel mit dem Feldstecher und der Wand.
Ein Wissenschaftsphilosoph kann folglich immer nur die Denkvoraussetzungen des Wissenschaftlers ergründen und sie dann beschreiben, aber der Wissenschaftler kümmert sich im Normalfall nicht um das, was die Philosophen ihm erzählen. Das ist der Grund, weshalb z.B. radikale Skeptizisten oder Solipsisten nur selten Wissenschaft treiben, wenn es ihnen wirklich ernst ist mit dem, was sie behaupten.
Step hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Hmmm. Das hört sich für mich gerade wie ein flammendes Bekenntnis zum hypothetischen Realismus/EE an... |
Das ist auch nicht falsch, solange wir den hyp. Realismus nicht als epistemische oder ontologische Aussage ansehen. Denn es geht mir ja um eine wissenschaftliche Fundierung des Realismus. Der hyp. Realismus hätte dann eine Stellung vergleichbar mit der Annahme einer euklidischen Raumzeit in den meisten Gebieten der Physik. |
Was heißt es denn, dem Realismus eine "wissenschaftliche Fundierung" zu geben? Ich meine, etliche Beispiele gegeben zu haben, um zu demonstrieren, wie der ontologische Realismus durch hypothetisches Schlußfolgern begründet wird. Dieselbe Methodologie findest Du vice versa in jedem anderen Wissenschaftsgebiet ebenso. Genauso, wie sich die Annahme einer "(nicht-)euklidischen Raumzeit" bewährt hat, so hat sich die Annahme einer ontischen Ebene bewährt. Mehr wird doch gar nicht behauptet!
Grüße
Martin
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
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(#262221) Verfasst am: 14.02.2005, 21:42 Titel: |
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Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Du kennst vielleicht Vollmers "Projektions-Modell" und das vierdimensionale Analogon eines auf eine Ebene projizierten Würfels - den sog. Hyperwürfel. Erkenntistheoretisch ist unsere Situation des eines "Flächenwesens" vergleichbar, der nur Schatten wahrzunehmen imstande ist. Nun kann er diese Erscheinungen (wie z.B. das Bild eines "Hyperquadrats") einfach als gegeben hinnehmen und braucht sie dann nicht mehr weiter zu hinterfragen. Wenn er dem Sachverhalt aber auf den Grund gehen möchte, ist es plausibel, wenn er die Existenz einer tieferen Dimension voraussetzt und die Schatten als Projektion einer ontischen Ebene ("Würfel") deutet. Es ist daher IMAO folgerichtig, daß die Wissenschaft die Existenz einer Wirklichkeit voraussetzt, die sie in Teilen auch erfassen kann. |
Das Modell des 4-dim. Hyperwürfel finde ich hier ziemlich unangebracht, ja geradezu irreführend. Wenn sich ein dreidimensionales, Wissenschaft betreibendes Wesen durch Beobachtungen dazu gezwungen fühlt, eine 4. Dimension anzunhemen, dafür eine Theorie zu entwickeln usw., so ist seine Dreidimensionalität keine Projektion aus einer ontischen Ebene, sondern aus einer 4-dimensionalen physikalischen Welt. Die "Wahrnehmung", Beschreibung usw. dieser 4. Dimension ist (prinzipiell) nichts anderes als die Wahrnehmung und Beschreibung eines anderen, bis dato unbekannten Zusammenhangs. Daß dieses Phänomen es der naiven Vorstellungskraft etwas schwerer macht, tut absolut nichts Prinzipielles zur Sache. Die Wissenschaftler in dieser Situation betreiben an keiner Stelle notwendig Philosophie.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Ein Wissenschaftsphilosoph kann folglich immer nur die Denkvoraussetzungen des Wissenschaftlers ergründen und sie dann beschreiben, ... |
Meines Erachtens kann das ein Wissenschaftler besser, bzw. der Wissenschaftsphilosoph kann es nur, indem er sich eher wissenschaftlich als philosophisch verhält. Ansonsten spintisiert er nur einen Überbau zusammen.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Was heißt es denn, dem Realismus eine "wissenschaftliche Fundierung" zu geben? Ich meine, etliche Beispiele gegeben zu haben, um zu demonstrieren, wie der ontologische Realismus durch hypothetisches Schlußfolgern begründet wird. Dieselbe Methodologie findest Du vice versa in jedem anderen Wissenschaftsgebiet ebenso. Genauso, wie sich die Annahme einer "(nicht-)euklidischen Raumzeit" bewährt hat, so hat sich die Annahme einer ontischen Ebene bewährt. Mehr wird doch gar nicht behauptet! |
Hattest Du nicht zusätzlich behauptet, diese ontische Ebene sei grundlegend? Meines Erachtens ist sie das aber nicht, sondern gehört wissenschaftlich entmystifiziert, d.h. es muß physikalisch erklärt werden, warum die Annahme einer ontischen Ebene meist eine praktikable Annahme darstellt.
gruß/step
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
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(#262263) Verfasst am: 14.02.2005, 22:51 Titel: |
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Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Es wurde bisher noch keineswegs die Nicht-Kohärenz des Radikalen Konstruktivismus gezeigt. |
Ich fürchte, in dem Punkt scheiden sich die Geister. Wendels Ansicht kennst Du ja. |
Die Geister scheiden sich hier schon, aber nicht die Logik. Wendel müsste einfach mal seinen Realitätsbegriff detaillierter darlegen. Das könnte er aber letztlich nicht ohne radikalkonstruktivistische Argumentation.
Cheers,
Lamarck
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„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
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(#262267) Verfasst am: 14.02.2005, 22:57 Titel: |
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HI step!
step hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Es wurde bisher noch keineswegs die Nicht-Kohärenz des Radikalen Konstruktivismus gezeigt. | Das sehe ich ebenso. Allerdings wurde mE schon gezeigt, daß er zur Begründung der Tatsache, daß Theorien funktionieren, nicht hilfreich ist. | In welchen Verhältnis stehen hier 'Begründung' und 'Tatsache' zueinander? |
In begründendem, also im Verhältnis einer Theorie zu einem Phänomen. |
Und das ist ja der "casus knacktus": Ein Phänomen ist nicht theoriefrei erfassbar!
Cheers,
Lamarck
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step registriert
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(#262268) Verfasst am: 14.02.2005, 23:01 Titel: |
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Lamarck hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | Lamarck hat folgendes geschrieben: | Es wurde bisher noch keineswegs die Nicht-Kohärenz des Radikalen Konstruktivismus gezeigt. | Das sehe ich ebenso. Allerdings wurde mE schon gezeigt, daß er zur Begründung der Tatsache, daß Theorien funktionieren, nicht hilfreich ist. | In welchen Verhältnis stehen hier 'Begründung' und 'Tatsache' zueinander? |
In begründendem, also im Verhältnis einer Theorie zu einem Phänomen. |
Und das ist ja der "casus knacktus": Ein Phänomen ist nicht theoriefrei erfassbar! |
Sehe ich ebenso. Eignet sich aber dennoch nicht zur Begründung der Tatsache, daß Theorien funktionieren. Oder?
gruß/step
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
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(#262274) Verfasst am: 14.02.2005, 23:19 Titel: |
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Hi Martin!
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | step hat folgendes geschrieben: | sondern auch noch eine echte Lösung:
(3) eine wissenschaftliche (heuristische, adäquate) Theorie, warum unsere Theorien funktionieren |
Hmmm. Das hört sich für mich gerade wie ein flammendes Bekenntnis zum hypothetischen Realismus/EE an... |
Ach, das könnte ich auch leicht unterschreiben: Eine Theorie, die beschreibt, warum eine Theorie zu einer Theorie des Funktionierens funktioniert ... .
Cheers,
Lamarck
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