Spoony Wach
Anmeldungsdatum: 26.07.2003 Beiträge: 913
Wohnort: Eurasien/Hamburg
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(#392697) Verfasst am: 31.12.2005, 07:51 Titel: |
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Für die, die es noch nicht mitbekommen haben
Atheisten rufen zum Boykott des "Narnia"-Films auf
Zum Boykott des Films aufzurufen, erscheint mir ein wenig übertrieben, gibt den Christen nur zuviel Bestätigung - andererseits werden dadurch Leute auch mal sensibel für den Hintergrund der ganzen Sache gemacht. Soll halt jeder selbst entscheiden wie ernst man das ganz nimmt. Den Christen die ich kenne, geht zwar "ordentlich einer dabei ab", wenn sie begeistert davon erzählen können, dass die Autoren von HDR und Narnia, befreundete Christen waren (oder der Besitzer von Deichmann Christ ist ) und ihr "Lieblingsbuch" nun verfilmt wurde, aber deshalb können sich Leute, die mit dem Christentum noch nie was am Hut hatten, den im Grunde angucken. Den platten Missionierungsversuch erkennt sowieso nur jemand, der die Anspielungen versteht, allerdings liegt das wohl auch daran, dass wir hier nicht in der USA sind - diese "scheissegal Einstellung" wie sie in Deutschland gegenüber dem Christentum herrscht, scheint man den restlichen 45 % der Bevölkerung der USA event. nicht nachsagen zu können. Allerdings war ich noch nie in den USA, hat da jemand Erfahrungen mit der dunklen Seite der Macht , bzw. wieviele von den 45 % (nicht an die Schöpfung Glaubenden) haben die gleiche Einstellung wie sie (leider) vom Deutschen "Normalbürger" vertreten wird?
_________________ The Cake Is A Lie
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Shadaik evolviert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 26377
Wohnort: MG
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(#392803) Verfasst am: 31.12.2005, 16:54 Titel: |
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Ich denke mittlerweile, Narnia ist nahe an der Art von Umgang mit dem Christentum, den ich mir für die Zukunft wünsche: Gleichberechtigt zwischen den anderen Mythologien der Antike.
_________________ Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
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DemonDeLuxe Frisch gestählt
Anmeldungsdatum: 17.08.2005 Beiträge: 672
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(#393117) Verfasst am: 01.01.2006, 17:15 Titel: |
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Antichrist hat folgendes geschrieben: | Es herrschte die Ansicht das Hässlichkeit, Faulheit und Kriminalität eng miteinander genetisch verwurzelt seien und deswegen solche Leute vorallem in der Arbeiterklasse anzutreffen sind. Schaut man sich dagegen vor- oder frühchristliche Beispiele für Bösewichter an, fällt einem vorallem bei den Tricksern auf, dass sie als besonders schön beschrieben wurden. (bspw. Loki oder Luzifer)
Ich denke Tolkien hat sich da eher an der Literatur der frühen Neuzeit orientiert, als an europäische Mythen. |
Dem Bezug auf die viktorianische Sichtweise stimme ich zu, dem auf Tolkiens Orientierung nicht. In alter Mythologie tauchen durchaus sehr häufig explizit hässliche Wesen als Bösewichter auf, allen voran all die widerwärtigen Monstren (etwa die bösen Zyklopen des Odysseus, der Minotaurus des Herakles usw.), aber auch verwachsene Zwerge (Nibelungenlied), ganz zu schweigen von unseren klassischen Märchen (der Archetyp der bösen Hexe, die "schöne Stieftmutter / -schwester", die aber im Verghleich zur Protagonistin hässlich ist). Natürlich gab es auch schöne Böse, allerdings primär dort, wo es für den Plot nötig war (etwa Sirenen, Krimhild...) und umgekehrt, aber relativ selten, hässliche Gute (Zwerg Nase -obschon das eine Neudichtung ist-, das hässliche Entlein), dann aber meist mit Wandel zum Guten / Schönen am Ende der Geschichte.
Dass der Teufel zuweilen als besonders stattlich beschrieben wird, spiegelt lediglich seinen Aspekt des Verführers wieder, der aber nur einer unter vielen ist. "Der Herr der Fliegen" ist damit eher nicht vereinbar, und auch nicht das klassische, mittelalterliche Bild des bockbeinigen und regelmäßig gehörnten, oft auch einäugigen Satans. Der "schöne Teufel" diente oft nur als Vehikel der Erklärung, wie es Satan gelingen konnte, so viele Frauen (Hexen) zu betören. Die Vorstellungen diversifizierten mannigfach und wandelten sich je nach Zeit, Region und Kultur, gaben oft auch einfach die Götter anderer Kulte wider, was sich selbst heute noch im klassischen "Monster Manual" des Rollesnpiels AD&D spiegelt, wo die Herzöge der Hölle verschiedene dieser Aspekte darstellen: Den schönen Asmodeus, den abschreckenden Mammon, den schlauen Mephisto usw.
Noch zu dem Ork-Subthread:
Ursprünglich gezüchtet wurden die Orks von Melkor / Morgoth in den "Gruben von Utumno" (im Norden, vermutlich in der Nähe seiner späteren Festung Angband) aus gefangenen und gequälten Elben. M.W. waren dies die einzigen "angefertigten" Orks, danach reproduzierten sie sich auf wie immer geartete "natürliche" Weise - bis zum 3. Zeitalter der Sonne, als Sauron und Saruman die Uruk-Hai als "new and improved orcs" per Magie züchteten.
Den Vorwurf des Rassismus hat man Tolkien mehrfach gemacht, doch war dies immer eine extrem selektive Lesart seiner Werke. Was die Kritiker gerne unterschlugen, war Tolkiens Betonung darauf, wie wichtig ein gemeinsames Vorgehen verschiedenster Rassen ist. Speziell die Geschichten von Beren und Luthien (bis hin zu Aragorn und Arwen) sowie die Freundschaft von Legolas und Gimli sind ziemlich die Antithese jeglichen Rassismus: Nicht Verleugnung der existierenden Unterschiede, sondern der Verweis auf ihre Bedeutungslosigkeit, wenn es um Achtung voreinander geht.
Und, um doch noch auf das eigentliche Thema wenigstens marginal zurückzukommen: Tolkiens Kritik an "Narnia" dürfte wesentlich darauf zurückzuführen gewesen sein, dass ihm - wie er u.a. im Vorwort zum LotR deutlich schreibt - Allegorien in jeder Form zuwider waren.
_________________ HONI SOIT QUI MAL Y PENSE
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