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Vegetarismus
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Fake
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Anmeldungsdatum: 11.11.2011
Beiträge: 3548

Beitrag(#1756630) Verfasst am: 01.06.2012, 09:55    Titel: Antworten mit Zitat

esme hat folgendes geschrieben:
Dort liegt nämlich der Knackpunkt. Entweder ein Löwe handelt ebenfalls unethisch beim Fleischverzehr bzw. ist es unethisch, ihn gewähren zu lassen, oder es gibt einen grundsätzlichen Unterschied zwischen Tieren und Menschen.

Sehr richtig!

Als Naturalist empfinde ich die Unterschiede zwischen Mensch und Tier als graduell. Daraus folgt, dass auch die ethischen Unterschiede (nur) graduell sind. Die Kriterien sind die selben. Bei Anwendung dieser Kriterien komme ich übrigens - der Vollständigkeit halber - sogar zu dem Ergebnis, dass ich Menschen essen würde, wenn mein Überleben davon abhängt. Leidvermeidung ja, aber nicht bis zur Selbstaufgabe.
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Misterfritz
mini - mal



Anmeldungsdatum: 09.03.2006
Beiträge: 21867
Wohnort: badisch sibirien

Beitrag(#1756635) Verfasst am: 01.06.2012, 10:10    Titel: Antworten mit Zitat

Critic hat folgendes geschrieben:
(1b) Also: Sind nicht sogar die Begründungen egal? Sollte man bestimmte Begründungen nicht akzeptieren, wenn jemand sagt, daß er deswegen kein Fleisch zu sich nehme, oder sollte es nicht eigentlich egal sein? (Zum Beispiel: Ich esse keine Meeresfrüchte, weil mich schon der Anblick ekelt.

nein, diese begründungen sind nicht egal. es ist ein unterschied, ob man etwas nicht isst, weil man es nicht mag oder, ob man es aus moralischen gründen nicht isst, obwohl man es mag, ja versucht, ersatzprodukte zu erschaffen, die ähnlich schmecken.
würden nämlich diese moralischen begründungen nicht dauernd in den raum geworfen werden, also um das essen resp. nicht-essen nicht soviel wind gemacht, rummoralisiert, dann wären diese begründungen egal.
_________________
I'm tapping in the dusternis
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I.R
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Anmeldungsdatum: 08.10.2006
Beiträge: 9142

Beitrag(#1756636) Verfasst am: 01.06.2012, 10:16    Titel: Antworten mit Zitat

Critic hat folgendes geschrieben:
(1a) Man muß andererseits die Ernährung von Anderen auch nicht "verstehen", und sie müssen sie nicht einmal begründen.

Richtig!

Critic hat folgendes geschrieben:
(1b) Also: Sind nicht sogar die Begründungen egal? Sollte man bestimmte Begründungen nicht akzeptieren, wenn jemand sagt, daß er deswegen kein Fleisch zu sich nehme, oder sollte es nicht eigentlich egal sein?

Richtig, deshalb tritt 1a in Kraft.

Critic hat folgendes geschrieben:
(Zum Beispiel: Ich esse keine Meeresfrüchte, weil mich schon der Anblick ekelt. ...
... Ist meine Begründung nicht genauso zu akzeptieren als wenn ich sagte, ich hätte mal gelesen, daß die voller Giftstoffe seien (s.o.) - oder ich anführte, eine Allergie dagegen zu haben?
Da die Begründung egal ist, solltest Du auch generell darauf verzichten.

Speziell Deinen Ekel muss ich weder überhaupt erfahren noch deutlich ausgemalt haben, während ich meine Krabben verspeise. Ich kann ja auch über meinen Brechreiz, welchen Rosinen bei mir auslösen, schweigen, während Du genüsslich Deinen Rosinenstollen isst.

Das Problem beginnt ja genau dort, wo jemand vermeintlich ethisch-moralisch hochwertige Begründungen ungefragt liefert.
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I.R
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Anmeldungsdatum: 08.10.2006
Beiträge: 9142

Beitrag(#1756638) Verfasst am: 01.06.2012, 10:21    Titel: Antworten mit Zitat

Misterfritz hat folgendes geschrieben:
Critic hat folgendes geschrieben:
(1b) Also: Sind nicht sogar die Begründungen egal? Sollte man bestimmte Begründungen nicht akzeptieren, wenn jemand sagt, daß er deswegen kein Fleisch zu sich nehme, oder sollte es nicht eigentlich egal sein? (Zum Beispiel: Ich esse keine Meeresfrüchte, weil mich schon der Anblick ekelt.

nein, diese begründungen sind nicht egal. es ist ein unterschied, ob man etwas nicht isst, weil man es nicht mag oder, ob man es aus moralischen gründen nicht isst, obwohl man es mag, ja versucht, ersatzprodukte zu erschaffen, die ähnlich schmecken.
würden nämlich diese moralischen begründungen nicht dauernd in den raum geworfen werden, also um das essen resp. nicht-essen nicht soviel wind gemacht, rummoralisiert, dann wären diese begründungen egal.
Aber es kann Dir doch egal sein, welche Gründe jemand anderes hat, etwas nicht zu essen. Genauso wie es Anderen egal sein kann, was Du isst. Genau genommen kann es Anderen erst dann egal sein, wenn Dir im Gegenzug egal ist, warum sie etwas nicht essen.
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Misterfritz
mini - mal



Anmeldungsdatum: 09.03.2006
Beiträge: 21867
Wohnort: badisch sibirien

Beitrag(#1756639) Verfasst am: 01.06.2012, 10:24    Titel: Antworten mit Zitat

I.R hat folgendes geschrieben:
Misterfritz hat folgendes geschrieben:
Critic hat folgendes geschrieben:
(1b) Also: Sind nicht sogar die Begründungen egal? Sollte man bestimmte Begründungen nicht akzeptieren, wenn jemand sagt, daß er deswegen kein Fleisch zu sich nehme, oder sollte es nicht eigentlich egal sein? (Zum Beispiel: Ich esse keine Meeresfrüchte, weil mich schon der Anblick ekelt.

nein, diese begründungen sind nicht egal. es ist ein unterschied, ob man etwas nicht isst, weil man es nicht mag oder, ob man es aus moralischen gründen nicht isst, obwohl man es mag, ja versucht, ersatzprodukte zu erschaffen, die ähnlich schmecken.
würden nämlich diese moralischen begründungen nicht dauernd in den raum geworfen werden, also um das essen resp. nicht-essen nicht soviel wind gemacht, rummoralisiert, dann wären diese begründungen egal.
Aber es kann Dir doch egal sein, welche Gründe jemand anderes hat, etwas nicht zu essen. Genauso wie es Anderen egal sein kann, was Du isst. Genau genommen kann es Anderen erst dann egal sein, wenn Dir im Gegenzug egal ist, warum sie etwas nicht essen.

richtig, mir ist es ja egal,
aber ich mag nun mal nicht, moralische vorträge zu meinen essgewohnheiten zu bekommen.
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I.R
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Anmeldungsdatum: 08.10.2006
Beiträge: 9142

Beitrag(#1756641) Verfasst am: 01.06.2012, 10:38    Titel: Antworten mit Zitat

Misterfritz hat folgendes geschrieben:
I.R hat folgendes geschrieben:
Misterfritz hat folgendes geschrieben:
Critic hat folgendes geschrieben:
(1b) Also: Sind nicht sogar die Begründungen egal? Sollte man bestimmte Begründungen nicht akzeptieren, wenn jemand sagt, daß er deswegen kein Fleisch zu sich nehme, oder sollte es nicht eigentlich egal sein? (Zum Beispiel: Ich esse keine Meeresfrüchte, weil mich schon der Anblick ekelt.

nein, diese begründungen sind nicht egal. es ist ein unterschied, ob man etwas nicht isst, weil man es nicht mag oder, ob man es aus moralischen gründen nicht isst, obwohl man es mag, ja versucht, ersatzprodukte zu erschaffen, die ähnlich schmecken.
würden nämlich diese moralischen begründungen nicht dauernd in den raum geworfen werden, also um das essen resp. nicht-essen nicht soviel wind gemacht, rummoralisiert, dann wären diese begründungen egal.
Aber es kann Dir doch egal sein, welche Gründe jemand anderes hat, etwas nicht zu essen. Genauso wie es Anderen egal sein kann, was Du isst. Genau genommen kann es Anderen erst dann egal sein, wenn Dir im Gegenzug egal ist, warum sie etwas nicht essen.

richtig, mir ist es ja egal,
aber ich mag nun mal nicht, moralische vorträge zu meinen essgewohnheiten zu bekommen.

Prima, wenn Du nicht danach fragst, wirst Du von einem Teil auch keine Begründung hören.

Und dem Anderen Teil kannst Du mitteilen, dass Dir deren persönliche Gründe eigentlich egal sind.

Und letztendlich ist es auch im Eigeninteresse, wenn man denkt, der Moslem isst die Schweineschnitzel aus religösen Gründen nicht. Bei einer Nachfrage nach den Gründen kommt womöglich heraus, dass er weniger das Schweinefleisch als die Kochkünste des Fragers ablehnt.
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Tecton
registrierter User



Anmeldungsdatum: 04.10.2011
Beiträge: 32

Beitrag(#1756642) Verfasst am: 01.06.2012, 11:03    Titel: Antworten mit Zitat

Critic hat folgendes geschrieben:
(2) Und könnte man das Argument mit der "letzten Scheibe Wurst" nicht auch auf die ganze Fleischtheke anwenden? Denn die Tiere werden ja nicht in meinem Auftrag, ohne Wissen, daß ich später im Laden ins Regal lange oder an die Theke trete, nicht dezidiert "für mich", geschlachtet Am Kopf kratzen.


Wenn die Wurstscheibe schon gekauft wurde, dann änderst du nichts an den Verkaufszahlen, wenn du sie isst. Wenn du aber Dinge aus dem Fleischregal kaufst, beeinflusst du damit die Verkaufszahlen, mit welchen der Bedarf errechnet wird.

Meiner Meinung nach funktioniert das Argument also nicht mit der Fleischtheke.
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step
registriert



Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22782
Wohnort: Germering

Beitrag(#1756645) Verfasst am: 01.06.2012, 11:24    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
Es gibt doch genug Situationen, in denen man, auch wenn man aus ethischen Gründen auf den Konsum von Fleisch verzichtet, Fleisch essen kann, ohne einem Tier zu schaden oder durch seinen Konsum zusätzliches Leid bei Tieren zu bewirken. Simples Beispiel: Man hat Hunger und gerade nichts zu Essen dabei und ein Kollege bietet einem seine Wurststulle an, die er ansonsten wegwerfen oder aus Pflichtgefühl notgedrungen doch selber essen würde, weil man Essen ja nicht wegwerfen darf. Oder man wird spontan von Leuten zum Essen eingeladen, die natürlich für den Vegetarier nichts extra gekocht haben, aber es gibt nur etwas mit Fleisch. Oder Oma hat noch Reste von gestern, die sie sonst wegwerfen würde. Oder es liegt noch eine Scheibe Wurst im Kühlschrank, auf die niemand Anspruch erhebt und deren Verfallsdatum bald abläuft.

Hier könnte man 2 Punkte einwenden:

1. Dein Argument stimmt in bezug auf die aktuelle Leidvermeidung, aber der ethische Vegetarier möchte ja erreichen, daß generell weniger Leid für Tiere entsteht. Er würde daher in solchen Situationen tendenziell nicht einfach Fleisch essen, sondern zumindest darauf hinweisen, daß er Vegetarier ist, etwa damit beim nächsten Mal für ihn nicht mehr geschlachtet wird.

2. Viele Vegetarier berichten, daß nach einer gewissen Zeit als Vegetarier Fleisch tatsächlich als eklig empfunden wird (eine reine Gewöhnungssache). In diesem Fall wären ablehnende Reaktionen in obige Situationen auch unabhängig von ethischen Erwägungen gut möglich.

Kramer hat folgendes geschrieben:
Dass man aus ethischen Gründen darauf verzichtet, Fleisch zu kaufen und die Fleischindustrie zu unterstützen, das kann ich nachvollziehen. Aber die meisten Vegetarier sind da ja anders, die sind eher wie Muslime, die kein Schweinefleisch essen dürfen. Sie haben sich selber das Fleischessen verboten, auch wenn sie den Geschmack von Fleisch mögen, und essen Fleisch auch dann nicht, wenn es rational gesehen keine ethischen Gründe gibt, die im konkreten Fall dagegen sprechen. Aus dem "Ich mache nichts, was diesen Markt unterstützt" wird da ein "Ich esse das nicht, auch wenn es weggeworfen wird und ich Appetit darauf habe". Der Verzicht ist in vielen Fällen sinnlos und nur ideologisch begründet - was die ganze Sache m.E. in die Nähe religiöser Praktiken rückt.

Hmm ... ich kann das zumindest für die allermeisten mir bekannten Vegetarier nicht nachvollziehen. Die haben (a) keine religiösen Gründe, und (b) in den allermeisten potenziellen Konsumsituationen treffen entweder ihre ethischen Erwägungen oder ihre geschmacklichen Präferenzen (angewöhnter Ekel) zu, siehe oben.

Für mich bleibt die interessanteste Frage idZ, ob und unter welchen Umständen ethisch begründetetes Andersverhalten als "moralisch aggressiv", belehrend, intolerant usw. empfunden wird - und was daraus folgt für die allgemeine und die private Moral in Gesellschaften.
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Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Kramer
postvisuell



Anmeldungsdatum: 01.08.2003
Beiträge: 30878

Beitrag(#1756646) Verfasst am: 01.06.2012, 11:27    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:

2. Viele Vegetarier berichten, daß nach einer gewissen Zeit als Vegetarier Fleisch tatsächlich als eklig empfunden wird (eine reine Gewöhnungssache). In diesem Fall wären ablehnende Reaktionen in obige Situationen auch unabhängig von ethischen Erwägungen gut möglich.


Um die ging es aber nicht, denn die würden ja auch keine Fleischersatzprodukte essen.
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esme
lebt ohne schützende Gänsefüßchen.



Anmeldungsdatum: 12.06.2005
Beiträge: 5667

Beitrag(#1756651) Verfasst am: 01.06.2012, 11:57    Titel: Antworten mit Zitat

Tecton hat folgendes geschrieben:
Critic hat folgendes geschrieben:
(2) Und könnte man das Argument mit der "letzten Scheibe Wurst" nicht auch auf die ganze Fleischtheke anwenden? Denn die Tiere werden ja nicht in meinem Auftrag, ohne Wissen, daß ich später im Laden ins Regal lange oder an die Theke trete, nicht dezidiert "für mich", geschlachtet Am Kopf kratzen.


Wenn die Wurstscheibe schon gekauft wurde, dann änderst du nichts an den Verkaufszahlen, wenn du sie isst. Wenn du aber Dinge aus dem Fleischregal kaufst, beeinflusst du damit die Verkaufszahlen, mit welchen der Bedarf errechnet wird.

Meiner Meinung nach funktioniert das Argument also nicht mit der Fleischtheke.


Das ist bei der gekauften Wurstscheibe genauso.

Die meisten Leute schmeißen auch heute nicht gerne Lebensmittel weg. Wenn sie öfter Wurst wegwerfen, kaufen sie dann doch irgendwann weniger. Ihnen ihre Reste aufzuessen, zögert diesen Moment hinaus.
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Tecton
registrierter User



Anmeldungsdatum: 04.10.2011
Beiträge: 32

Beitrag(#1756653) Verfasst am: 01.06.2012, 12:26    Titel: Antworten mit Zitat

esme hat folgendes geschrieben:
Tecton hat folgendes geschrieben:
Critic hat folgendes geschrieben:
(2) Und könnte man das Argument mit der "letzten Scheibe Wurst" nicht auch auf die ganze Fleischtheke anwenden? Denn die Tiere werden ja nicht in meinem Auftrag, ohne Wissen, daß ich später im Laden ins Regal lange oder an die Theke trete, nicht dezidiert "für mich", geschlachtet Am Kopf kratzen.


Wenn die Wurstscheibe schon gekauft wurde, dann änderst du nichts an den Verkaufszahlen, wenn du sie isst. Wenn du aber Dinge aus dem Fleischregal kaufst, beeinflusst du damit die Verkaufszahlen, mit welchen der Bedarf errechnet wird.

Meiner Meinung nach funktioniert das Argument also nicht mit der Fleischtheke.


Das ist bei der gekauften Wurstscheibe genauso.

Die meisten Leute schmeißen auch heute nicht gerne Lebensmittel weg. Wenn sie öfter Wurst wegwerfen, kaufen sie dann doch irgendwann weniger. Ihnen ihre Reste aufzuessen, zögert diesen Moment hinaus.


Und wenn sie das nicht tun? Oder wenn die Wurst nur eine kurze Zeit haltbar, aber nur in grossem Format verfügbar ist?

Ich denke nicht, dass der Punkt an diesem Argument war, dass Vegetarier jetzt Wurstreste essen sollen, sondern, dass ein Unterschied besteht, zwischen "Ich unterstütze die Fleischindustrie aus ethischen Gründen nicht." und "Ich esse aus ethischen Gründen nie mehr Fleisch."

Die Argumente, die ich in diesem Thread gelesen habe, würden eher zu ersterem passen. Der Schluss, der daraus gezogen wird, ist jedoch meistens zweiteres.
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Vobro
Privatnachdenker



Anmeldungsdatum: 10.11.2011
Beiträge: 1024
Wohnort: Wuppertal

Beitrag(#1756654) Verfasst am: 01.06.2012, 12:29    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
Kival hat folgendes geschrieben:

Zitat:

Und wie stellt man fest, ob man den Geschmack getroffen hat, ohne zu vergleichen?


Die meisten Vegetarier waren nicht immer Vegetarier. Jemand, der immer Vegetarier war, wird tendentiell auch keine Ersatzprodukte haben wollen.


Ich gehe mal stark davon aus, dass bei der Entwicklung solcher Produkte echtes Tierfleisch als Vergleichsprodukt zum Einsatz kommt. Dieser Fleischersatz soll ja nach Fleisch schmecken und damit will man auch Käufer gewinnen, die bisher Fleisch gegessen haben und evtl. selber einen Direktvergleich unternehmen. Ich finde das auch gar nicht verwerflich, weil ich den strikten Vegetarismus aus ethischen Gründen nicht nachvollziehen kann. Es gibt doch genug Situationen, in denen man, auch wenn man aus ethischen Gründen auf den Konsum von Fleisch verzichtet, Fleisch essen kann, ohne einem Tier zu schaden oder durch seinen Konsum zusätzliches Leid bei Tieren zu bewirken. Simples Beispiel: Man hat Hunger und gerade nichts zu Essen dabei und ein Kollege bietet einem seine Wurststulle an, die er ansonsten wegwerfen oder aus Pflichtgefühl notgedrungen doch selber essen würde, weil man Essen ja nicht wegwerfen darf. Oder man wird spontan von Leuten zum Essen eingeladen, die natürlich für den Vegetarier nichts extra gekocht haben, aber es gibt nur etwas mit Fleisch. Oder Oma hat noch Reste von gestern, die sie sonst wegwerfen würde. Oder es liegt noch eine Scheibe Wurst im Kühlschrank, auf die niemand Anspruch erhebt und deren Verfallsdatum bald abläuft.

Dass man aus ethischen Gründen darauf verzichtet, Fleisch zu kaufen und die Fleischindustrie zu unterstützen, das kann ich nachvollziehen. Aber die meisten Vegetarier sind da ja anders, die sind eher wie Muslime, die kein Schweinefleisch essen dürfen. Sie haben sich selber das Fleischessen verboten, auch wenn sie den Geschmack von Fleisch mögen, und essen Fleisch auch dann nicht, wenn es rational gesehen keine ethischen Gründe gibt, die im konkreten Fall dagegen sprechen. Aus dem "Ich mache nichts, was diesen Markt unterstützt" wird da ein "Ich esse das nicht, auch wenn es weggeworfen wird und ich Appetit darauf habe". Der Verzicht ist in vielen Fällen sinnlos und nur ideologisch begründet - was die ganze Sache m.E. in die Nähe religiöser Praktiken rückt.


Wer sind denn "die meisten", ist das nicht vielleicht eher ein Vorurteil?

Ich habe in der Kindheit einige Jahre auf dem Land gelebt, hab es als ganz normal und vollkommen selbstverständlich kennengelernt, daß die Hühner und Schweine in der Hausschlachtung ebenso getötet wurden, wie immer wieder mal auch Kaninchen und Tauben. Erst mit Anfang 20 ist mir wirklich bewußt geworden, daß sich die industriealisierte Tiermast und Haltung in solch eklatanter Weise von dem unterscheidet, was ich als junger Mensch kennengelernt und als völlig unproblematisch erachtet hatte - denn ich unterscheide selbstverständlich bis heute zwischen diesen Formen der Tierhaltung und Nutzung.

Als ich mich jedenfalls intensiv mit unserem Umgang mit den Tieren in unserer Kultur beschäftigt hatte, war es keine rationale oder intellektuell begründete Entscheidung, meine Ernährung nach und nach fleischlos zu gestalten, sondern es ergab sich ganz von alleine aus einer inneren Notwendigkeit heraus. Die Überlegung, man sollte Fleisch aus der industriellen Massenproduktion nicht essen, weil man das Leid der Tiere nicht mit seinem eigenen Konsum fördern möchte, kam erst später! Also zuerst das innere Bedürfnis nach einer Veränderung des eigenen Verhaltens, und danach die Reflexion darüber.

Das hat mit Ideologie überhaupt gar nichts zu tun, ganz im Gegenteil, denn eine echte persönliche Ethik, also das, was man ein persönliches Gewissen nennen könnte, formt sich überhaupt nur durch eine innere Notwendigkeit. Ich war damsl sowohl im familiären als auch im sonstigen Umfeld weit und breit der einzige, der sich solche Gedanken gemacht hat, und es war eine ziemlich einsame Entscheidung aus eigener tiefer innerer Auseinandersetzung. Deshalb war ich auch nie und bin bis heute kein Vegetarismus-Apostel, wenn ich z.B. mit Leuten Essen gehe, die Fleisch essen; wenn es Diskussionen gibt, gehen diese immer von den Anderen aus, die mich nach meinen Beweggründen fragen, weshalb ich auf Fleisch verzichte.

Selbstverständlich habe ich in früheren Jahren in der Elberfelder Innenstadt mit entsprechenden Infobroschüren ausgestattet den Kontakt zu den Menschen gesucht, um mit ihnen, bei Interesse, über solche Dinge zu reden, genauer, um auf gewisse Widersprüchlichkeiten im Konsumverhalten hinzuweisen. Man kann nicht sagen, daß man gegen Tiertransporte und quälerische Massentierhaltung ist, und dann eben diese Zustände mit dem eigenen Konsum fördern - das ist ein absoluter Widerspruch, aber vielen leuten offenbar nicht wirklich klar, also muß man sie darauf hinweisen. Aber nicht auf der Ebene der Moral, des schlechten Gewissens, sondern rein auf der Ebene der Aufklärung, das ist ein großer Unterschied.

Was nun die Leidensfähigkeit angeht, es geht überhaupt nicht darum, ob ein Tier seine Situation reflektieren kann, sondern bereits um rein körperliche Schmerzempfindlichkeit, und die will man ja wohl keinem Schwein, keinem Huhn, keinem Rind absprechen, jedenfalls nicht, wenn man einigermaßen bei Verstande ist. Und daß diese Tiere auch emotional leiden, ist auch nicht bezweifelbar, da halte ich es mit Konrad Lorenz, der sinngemäß gesagt, wer beim Beobachten eines Hundes nicht von ganz alleine darauf kommt, daß dieser ebenso leidensfähig ist wie wir Menschen, leidet an Wahrnehmungseinschränkungen in solchem Ausmaße, daß erals gemeingefährlich hinter Gittern gehört.

Und wenn es um die rein philosophischen Spekulationen geht, berufe ich mich gerne wieder einmal auf Albert Schweitzer, der schrieb wörtlich:

"Wie die Hausfrau, die die Stube gescheuert hat, Sorge trägt, daß die Tür zu ist, damit ja nicht der Hund hereinkomme und das getane Werk durch die Spuren seiner Pfoten entstelle, wachen die europäischen Denker darüber, daß ihnen keine Tiere in der Ethik herumlaufen." (Schopenhauer war hier bekanntlich die erfreuliche Ausnahme)

Und Eugen Drewermann hat es so formuliert:

"Wir sprechen den Tieren eine Seele ab, um noch seelenloser mit ihnen umgehen zu können, wie mit uns selber. Wir müßten auf den Darwinismus, mit der Erkenntnis der Verwandtschaft von Mensch und Tier heute, moralisch und religiös durch ein vertieftes Weltbild antworten. Statt dessen tun wir das Gegenteil, vor allem in der Massentierhaltung, wo wir millionenfaches Leid routiniert, industrialisiert und standardisiert über die Tiere hinweg fahren. Wir leben in einer Welt, in der wir offenbar keinerlei Problem darin sehen, ganze Industrie- und Wirtschaftszweige zu unterhalten, die sich mit nichts anderem beschäftigen, als wie man Lebwesen, Menschen wie Tiere, möglichst effizient ausbeutet und tötet - das ist die ganz normale Kultur im sogenannten "christlichen" Abendland. Ich will das nicht. "


Zuletzt bearbeitet von Vobro am 01.06.2012, 12:34, insgesamt 2-mal bearbeitet
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fwo
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Beitrag(#1756655) Verfasst am: 01.06.2012, 12:32    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
.....
2. Viele Vegetarier berichten, daß nach einer gewissen Zeit als Vegetarier Fleisch tatsächlich als eklig empfunden wird (eine reine Gewöhnungssache). In diesem Fall wären ablehnende Reaktionen in obige Situationen auch unabhängig von ethischen Erwägungen gut möglich.
Kramer hat folgendes geschrieben:
.....Aus dem "Ich mache nichts, was diesen Markt unterstützt" wird da ein "Ich esse das nicht, auch wenn es weggeworfen wird und ich Appetit darauf habe". Der Verzicht ist in vielen Fällen sinnlos und nur ideologisch begründet - was die ganze Sache m.E. in die Nähe religiöser Praktiken rückt.

Hmm ... ich kann das zumindest für die allermeisten mir bekannten Vegetarier nicht nachvollziehen. Die haben (a) keine religiösen Gründe, und (b) in den allermeisten potenziellen Konsumsituationen treffen entweder ihre ethischen Erwägungen oder ihre geschmacklichen Präferenzen (angewöhnter Ekel) zu, siehe oben. ....
fett von mir
Mir scheint, dass ihr euch da nicht wirklich widersprecht, Kramer hat auch nichts von religiösen Gründen gesagt. Besonders dein Punkt 2. von oben ist eine treffende Beschreibung dieses Verhaltens, auch wenn Du da etwas eigenartig interpretierst: Dadurch, dass ich etwas lange Zeit nicht esse, entwickle ich keinen Ekel. Ekel ist keine Sache des fehlenden Trainings, sondern der dauernden Bewertung "BÖSE" (Ich kannte mal ein gut katholisch erzogenes Mädchen, das noch ganz lange Ekelgefühle hatte, wenn ein Junge sie woanders als an der Hand berührte, selbst wenn sie sich diese Berührung wünschte).

fwo
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Ich glaube an die Existenz der Welt in der ich lebe.

The skills you use to produce the right answer are exactly the same skills you use to evaluate the answer. Isso.

Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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Vobro
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Beitrag(#1756660) Verfasst am: 01.06.2012, 12:48    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
.....
2. Viele Vegetarier berichten, daß nach einer gewissen Zeit als Vegetarier Fleisch tatsächlich als eklig empfunden wird (eine reine Gewöhnungssache). In diesem Fall wären ablehnende Reaktionen in obige Situationen auch unabhängig von ethischen Erwägungen gut möglich.
Kramer hat folgendes geschrieben:
.....Aus dem "Ich mache nichts, was diesen Markt unterstützt" wird da ein "Ich esse das nicht, auch wenn es weggeworfen wird und ich Appetit darauf habe". Der Verzicht ist in vielen Fällen sinnlos und nur ideologisch begründet - was die ganze Sache m.E. in die Nähe religiöser Praktiken rückt.

Hmm ... ich kann das zumindest für die allermeisten mir bekannten Vegetarier nicht nachvollziehen. Die haben (a) keine religiösen Gründe, und (b) in den allermeisten potenziellen Konsumsituationen treffen entweder ihre ethischen Erwägungen oder ihre geschmacklichen Präferenzen (angewöhnter Ekel) zu, siehe oben. ....
fett von mir
Mir scheint, dass ihr euch da nicht wirklich widersprecht, Kramer hat auch nichts von religiösen Gründen gesagt. Besonders dein Punkt 2. von oben ist eine treffende Beschreibung dieses Verhaltens, auch wenn Du da etwas eigenartig interpretierst: Dadurch, dass ich etwas lange Zeit nicht esse, entwickle ich keinen Ekel. Ekel ist keine Sache des fehlenden Trainings, sondern der dauernden Bewertung "BÖSE" (Ich kannte mal ein gut katholisch erzogenes Mädchen, das noch ganz lange Ekelgefühle hatte, wenn ein Junge sie woanders als an der Hand berührte, selbst wenn sie sich diese Berührung wünschte).

fwo


Ekel ist aber, jedenfalls zunächst, nicht die Folge einer Art moralischer Bewertung, sondern eine ganz normale und überlebensnotwendige angeborene Schutzfunktion, die stark mit der Innen/Außen-Grenze des Körpers zu tun hat. Selbstverstänlich kann sich der Ekel auf tabuisierte oder als verwerflich empfundene Dinge richten und einen Menschen sozusagen moralisch beschneiden, das aber kommt erst viel später.

Der Ekel hat die Funktion, uns gegen etwas schädlichem zu schützen, bevor es in den Körper eindringen, also die Innen/Außen-Grenze überwinden kann.
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fwo
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Beitrag(#1756666) Verfasst am: 01.06.2012, 12:59    Titel: Antworten mit Zitat

Vobro hat folgendes geschrieben:
.....
Was nun die Leidensfähigkeit angeht, es geht überhaupt nicht darum, ob ein Tier seine Situation reflektieren kann, sondern bereits um rein körperliche Schmerzempfindlichkeit, und die will man ja wohl keinem Schwein, keinem Huhn, keinem Rind absprechen, jedenfalls nicht, wenn man einigermaßen bei Verstande ist. ....

3 Punkte: (auf deine Verstandesunterstellungen gehe ich mal nicht weiter ein)
1) Schmerzempfindlichkeit und Leidenfähigkeit gehören nicht unbedingt zusammen, den Unterschied wirst Du vielleicht nachempfinden, wenn Du direkte Reflexe auf bestimmte Reizbilder ausschaltest: Erzähle einem (normalen) Menschen glaubhaft, dass Du ihn und seinen Bruder morgen töten wirst, um ihn zu essen. Dann mache das mit einem Ochsen.

2) hat step schon mal beantwortet:
step hat folgendes geschrieben:
Flat hat folgendes geschrieben:
Wie hier schon geschrieben wurde, geht es um den Unterschied zwischen Mensch und Tier.

Würde ich so nicht sagen, ist mir zu speziesistisch. Eher geht es um den Unterschied zwischen bewußteren und unbewußteren Tieren. ....

Ein Argument, das für den Schimpansen mit Sicherheit zutrifft, ist bei einer Garnele nur noch Blödsinn.

3) müsstest Du jetzt noch zeigen, dass das vom Menschen gehaltenen Tier stärker leidet als das in freier Wildbahn lebende. Das gelingt dir sehr leicht bei einigen Formen der Massentierhaltung, aber nicht mal bei allen. Bei vielen Formen der Tierhaltung ist das Leiden objektiv geringer als in freier Wildbahn. Für Wild ist diese Betrachtung sinnlos - Du müsstest außerdem also noch zeigen, dass das vom Menschen getötete Tier beim Sterben stärker leidet als das in freier Wildbahn sterbende Tier.

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astarte
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Beiträge: 46545

Beitrag(#1756668) Verfasst am: 01.06.2012, 13:04    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:

Für mich bleibt die interessanteste Frage idZ, ob und unter welchen Umständen ethisch begründetetes Andersverhalten als "moralisch aggressiv", belehrend, intolerant usw. empfunden wird - und was daraus folgt für die allgemeine und die private Moral in Gesellschaften.

Ich glaube es gibt Menschen, die sich sehr schnell belehrt, oder sich angegriffen fühlen, durch Hineininterpretieren in eine Äußerung, dass jemand etwas anders sieht. (in vielen Bereichen) etwas und dann überreagieren, weil sie meinen sich verteidigen zu müssen. Die Überreaktion sehen sie aber bei den anderen, bei sich überhaupt nicht.
Hier im Forum sehr häufig zu sehen.
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Beitrag(#1756669) Verfasst am: 01.06.2012, 13:07    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Vobro hat folgendes geschrieben:
.....
Was nun die Leidensfähigkeit angeht, es geht überhaupt nicht darum, ob ein Tier seine Situation reflektieren kann, sondern bereits um rein körperliche Schmerzempfindlichkeit, und die will man ja wohl keinem Schwein, keinem Huhn, keinem Rind absprechen, jedenfalls nicht, wenn man einigermaßen bei Verstande ist. ....

3 Punkte: (auf deine Verstandesunterstellungen gehe ich mal nicht weiter ein)
1) Schmerzempfindlichkeit und Leidenfähigkeit gehören nicht unbedingt zusammen, den Unterschied wirst Du vielleicht nachempfinden, wenn Du direkte Reflexe auf bestimmte Reizbilder ausschaltest: Erzähle einem (normalen) Menschen glaubhaft, dass Du ihn und seinen Bruder morgen töten wirst, um ihn zu essen. Dann mache das mit einem Ochsen.

2) hat step schon mal beantwortet:
step hat folgendes geschrieben:
Flat hat folgendes geschrieben:
Wie hier schon geschrieben wurde, geht es um den Unterschied zwischen Mensch und Tier.

Würde ich so nicht sagen, ist mir zu speziesistisch. Eher geht es um den Unterschied zwischen bewußteren und unbewußteren Tieren. ....

Ein Argument, das für den Schimpansen mit Sicherheit zutrifft, ist bei einer Garnele nur noch Blödsinn.

3) müsstest Du jetzt noch zeigen, dass das vom Menschen gehaltenen Tier stärker leidet als das in freier Wildbahn lebende. Das gelingt dir sehr leicht bei einigen Formen der Massentierhaltung, aber nicht mal bei allen. Bei vielen Formen der Tierhaltung ist das Leiden objektiv geringer als in freier Wildbahn. Für Wild ist diese Betrachtung sinnlos - Du müsstest außerdem also noch zeigen, dass das vom Menschen getötete Tier beim Sterben stärker leidet als das in freier Wildbahn sterbende Tier.

fwo


Es geht aber darum, ob ich das einem Ochsen erzähle, der auf einer Weide, oder wenigstens in einem gut gepflegten und geräumigen Stall steht, oder ob er unter Bedingnungen gehalten wird, die man nicht anders denn als Quälerei bezeichnen kann - das ist aus meiner Sicht der Unterschied.

Deshalb kenne ich z.B. im Gegensatz zu manchen missionarischen Vegetariern oder Veganern kein ethisches Argument gegen das Essen von Tieren generell, auch wenn ich mich aus persönlichen Gründen dagegen entscgieden habe. Die Natur ist so aufgebaut, daß sich Leben nur erhalten kann auf Kosten anderen Lebens, das haben ja nicht die Tiere und auch nicht wir Menschen erfunden und zu verantworten.

Zu verantworten haben wir allerdings die Bedingungen, unter denen wir Tiere züchten, halten und töten.
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fwo
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Beitrag(#1756670) Verfasst am: 01.06.2012, 13:08    Titel: Antworten mit Zitat

Vobro hat folgendes geschrieben:
.....
Ekel ist aber, jedenfalls zunächst, nicht die Folge einer Art moralischer Bewertung, sondern eine ganz normale und überlebensnotwendige angeborene Schutzfunktion, die stark mit der Innen/Außen-Grenze des Körpers zu tun hat. Selbstverstänlich kann sich der Ekel auf tabuisierte oder als verwerflich empfundene Dinge richten und einen Menschen sozusagen moralisch beschneiden, das aber kommt erst viel später.

Der Ekel hat die Funktion, uns gegen etwas schädlichem zu schützen, bevor es in den Körper eindringen, also die Innen/Außen-Grenze überwinden kann.

Für das was Du hier meinst, reicht ein bedingter oder sogar ein angeborener Reflex - da sind wir aber auf einer anderen Ebene.
Ich habe meinen letzten Post frei formuliert, sehen wir uns doch einfach an, ob diese Reflexe normalerweise bei der Benutzung des Wortes Ekel subsummiert sind:
Wikipedia hat folgendes geschrieben:
Ekel ist die Bezeichnung für die Empfindung einer starken Abneigung in Verbindung mit Widerwillen. Im Gegensatz zu anderen weniger starken Formen der Ablehnung äußert sich Ekel mitunter auch durch starke körperliche Reaktionen wie Übelkeit und Brechreiz, Schweißausbrüche, sinkenden Blutdruck bis hin zur Ohnmacht. Wissenschaftlich gilt Ekel als Affekt, nicht als Instinkt, da er nicht angeboren ist, sondern durch Sozialisation erworben wird. Nahrungstabus werden auch deshalb eingehalten, weil tabuisierte potenzielle Nahrungsmittel Ekelgefühle auslösen.

Lothar Penning, der sich mit sozialwissenschaftlichen und kulturgeschichtlichen Aspekten des Ekels beschäftigt hat, definiert Ekel als „einen sozialen Mechanismus, der kulturell bedingt und pädagogisch vermittelt, sich den primitiven Brech- und Würgereflex zunutze macht, um die vorrational erworbene, soziale Basisidentität zu schützen.“
....


fwo
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Es gibt keinen Gott. Also: Jesus war nur ein Bankert und alle Propheten hatten einfach einen an der Waffel (wenn es sie überhaupt gab).
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Vobro
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Beitrag(#1756675) Verfasst am: 01.06.2012, 13:17    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
Vobro hat folgendes geschrieben:
.....
Ekel ist aber, jedenfalls zunächst, nicht die Folge einer Art moralischer Bewertung, sondern eine ganz normale und überlebensnotwendige angeborene Schutzfunktion, die stark mit der Innen/Außen-Grenze des Körpers zu tun hat. Selbstverstänlich kann sich der Ekel auf tabuisierte oder als verwerflich empfundene Dinge richten und einen Menschen sozusagen moralisch beschneiden, das aber kommt erst viel später.

Der Ekel hat die Funktion, uns gegen etwas schädlichem zu schützen, bevor es in den Körper eindringen, also die Innen/Außen-Grenze überwinden kann.

Für das was Du hier meinst, reicht ein bedingter oder sogar ein angeborener Reflex - da sind wir aber auf einer anderen Ebene.
Ich habe meinen letzten Post frei formuliert, sehen wir uns doch einfach an, ob diese Reflexe normalerweise bei der Benutzung des Wortes Ekel subsummiert sind:
Wikipedia hat folgendes geschrieben:
Ekel ist die Bezeichnung für die Empfindung einer starken Abneigung in Verbindung mit Widerwillen. Im Gegensatz zu anderen weniger starken Formen der Ablehnung äußert sich Ekel mitunter auch durch starke körperliche Reaktionen wie Übelkeit und Brechreiz, Schweißausbrüche, sinkenden Blutdruck bis hin zur Ohnmacht. Wissenschaftlich gilt Ekel als Affekt, nicht als Instinkt, da er nicht angeboren ist, sondern durch Sozialisation erworben wird. Nahrungstabus werden auch deshalb eingehalten, weil tabuisierte potenzielle Nahrungsmittel Ekelgefühle auslösen.

Lothar Penning, der sich mit sozialwissenschaftlichen und kulturgeschichtlichen Aspekten des Ekels beschäftigt hat, definiert Ekel als „einen sozialen Mechanismus, der kulturell bedingt und pädagogisch vermittelt, sich den primitiven Brech- und Würgereflex zunutze macht, um die vorrational erworbene, soziale Basisidentität zu schützen.“
....


fwo


Gut, aber die Aussage sagt nichts über die ursprüngliche Funktion des Ekels aus, sondern ist ja nur ein Versuch einer möglichst einfachen allgemeingültigen Beschreibung.

Ich orientiere mich eher an Menninghaus:

http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=302
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Beitrag(#1756681) Verfasst am: 01.06.2012, 14:22    Titel: Antworten mit Zitat

astarte hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Für mich bleibt die interessanteste Frage idZ, ob und unter welchen Umständen ethisch begründetetes Andersverhalten als "moralisch aggressiv", belehrend, intolerant usw. empfunden wird - und was daraus folgt für die allgemeine und die private Moral in Gesellschaften.
Ich glaube es gibt Menschen, die sich sehr schnell belehrt, oder sich angegriffen fühlen, durch Hineininterpretieren in eine Äußerung, dass jemand etwas anders sieht. (in vielen Bereichen) etwas und dann überreagieren, weil sie meinen sich verteidigen zu müssen. Die Überreaktion sehen sie aber bei den anderen, bei sich überhaupt nicht. Hier im Forum sehr häufig zu sehen.

Da stimme ich Dir zu.

In bezug auf meine Frage vermute ich allerdings, daß nicht nur individuelle Sensibilitäten eine Rolle spielen, sondern auch die Tatsache, ob ein moralisches Verhalten Legitimitätsansprüche des Mainstreams verletzt. So lockt man mit "schau, ich verhalte mich dem Gesetz entsprechend" kaum jemand hinter dem Ofen hervor - und zwar auch nicht solche, die sich selbst außergesetzlich verhalten - außer in einer Community, in der Gesetzlosigkeit allgemeine Moral ist.

Dazu kommt nach meiner Vermutung, daß die Sensibilität gegenüber moralischen Vorhaltungen steigt, wenn der "Empathielevel" des angeprangerten Verhaltens tatsächlich oder vermeintlich sehr hoch ist, also etwa wenn Lebewesen auf leiderzeugende Weise geschädigt werden. Das liegt wohl daran, daß der Angegriffene hier viel stärkere Ausgrenzungsängste hat, als wenn er etwa Steuern hinterzieht.
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Beitrag(#1756682) Verfasst am: 01.06.2012, 14:27    Titel: Antworten mit Zitat

fwo hat folgendes geschrieben:
... auch wenn Du da etwas eigenartig interpretierst: Dadurch, dass ich etwas lange Zeit nicht esse, entwickle ich keinen Ekel.

Doch, das denke ich - in diesem Fall - schon. Es ist wirklich der Geruch, den die nach einer Zeit eklig finden. Auch wenn die Ablehnung ursprünglich rein moralischer Natur war. Es gibt ja auch Speisen, die nur wir in unserem Kulturkreis als eklig empfinden, obwohl ihre Verspeisung weder religiös noch moralisch verboten wäre. Aus meiner Sicht ist da ein ganz starker Gewöhnungsaspekt dabei.

fwo hat folgendes geschrieben:
Ekel ist keine Sache des fehlenden Trainings, sondern der dauernden Bewertung "BÖSE" (Ich kannte mal ein gut katholisch erzogenes Mädchen, das noch ganz lange Ekelgefühle hatte, wenn ein Junge sie woanders als an der Hand berührte, selbst wenn sie sich diese Berührung wünschte).

Ja, so etwas kommt sicher auch vor, schließt den von mir genannten Effekt aber nicht aus.
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Beitrag(#1756683) Verfasst am: 01.06.2012, 14:30    Titel: Antworten mit Zitat

Kramer hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
2. Viele Vegetarier berichten, daß nach einer gewissen Zeit als Vegetarier Fleisch tatsächlich als eklig empfunden wird (eine reine Gewöhnungssache). In diesem Fall wären ablehnende Reaktionen in obige Situationen auch unabhängig von ethischen Erwägungen gut möglich.
Um die ging es aber nicht, denn die würden ja auch keine Fleischersatzprodukte essen.

Hab gerade nochmal nachgelesen: Zuerst argumentierst Du tatsächlich gegen die Fleischersatzesser, dann plötzlich redest Du von "die meisten Vegetarier" - und als ich gegn Letzteres Einwände erhebe, bekomme ich die Antwort, Du hättest Dich ja nur auf die Fleischersatzesser bezogen ...
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Vobro
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Beitrag(#1756686) Verfasst am: 01.06.2012, 14:55    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
fwo hat folgendes geschrieben:
... auch wenn Du da etwas eigenartig interpretierst: Dadurch, dass ich etwas lange Zeit nicht esse, entwickle ich keinen Ekel.

Doch, das denke ich - in diesem Fall - schon. Es ist wirklich der Geruch, den die nach einer Zeit eklig finden. Auch wenn die Ablehnung ursprünglich rein moralischer Natur war. Es gibt ja auch Speisen, die nur wir in unserem Kulturkreis als eklig empfinden, obwohl ihre Verspeisung weder religiös noch moralisch verboten wäre. Aus meiner Sicht ist da ein ganz starker Gewöhnungsaspekt dabei.

fwo hat folgendes geschrieben:
Ekel ist keine Sache des fehlenden Trainings, sondern der dauernden Bewertung "BÖSE" (Ich kannte mal ein gut katholisch erzogenes Mädchen, das noch ganz lange Ekelgefühle hatte, wenn ein Junge sie woanders als an der Hand berührte, selbst wenn sie sich diese Berührung wünschte).

Ja, so etwas kommt sicher auch vor, schließt den von mir genannten Effekt aber nicht aus.


Warum eigentlich sogar von Dir immer diese Verallgemeinerungen? Verstehe ich nicht.

Als ob Vegetarier oder Veganer eine dumpfe Masse sind, die keine individuellen Motive und Einstellungen haben. Ich habe mich noch nie vor Fleisch geekelt, außer vielleicht vor so ganz wabbeligem Zeugs. Ekel war und ist in keisnter Form für mich der Grund für meine Einstellung zum Fleischkonsum, und es gibt nicht wenige, die viele Jahre lang überzeugte Vegetarier waren, und dann einfach dem Duft von gut zubereitetem Fleisch erlegen sind, ich kenne mehrere solcher Leute, Deine These stimmt also absolut nicht, vielleicht in Einzelfällen.
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astarte
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Beitrag(#1756689) Verfasst am: 01.06.2012, 15:08    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
In bezug auf meine Frage vermute ich allerdings, daß nicht nur individuelle Sensibilitäten eine Rolle spielen, sondern auch die Tatsache, ob ein moralisches Verhalten Legitimitätsansprüche des Mainstreams verletzt. So lockt man mit "schau, ich verhalte mich dem Gesetz entsprechend" kaum jemand hinter dem Ofen hervor - und zwar auch nicht solche, die sich selbst außergesetzlich verhalten - außer in einer Community, in der Gesetzlosigkeit allgemeine Moral ist.

Dazu kommt nach meiner Vermutung, daß die Sensibilität gegenüber moralischen Vorhaltungen steigt, wenn der "Empathielevel" des angeprangerten Verhaltens tatsächlich oder vermeintlich sehr hoch ist, also etwa wenn Lebewesen auf leiderzeugende Weise geschädigt werden. Das liegt wohl daran, daß der Angegriffene hier viel stärkere Ausgrenzungsängste hat, als wenn er etwa Steuern hinterzieht.

Klingt plausibel für mich.
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Zumsel
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Beitrag(#1756700) Verfasst am: 01.06.2012, 15:59    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Dazu kommt nach meiner Vermutung, daß die Sensibilität gegenüber moralischen Vorhaltungen steigt, wenn der "Empathielevel" des angeprangerten Verhaltens tatsächlich oder vermeintlich sehr hoch ist, also etwa wenn Lebewesen auf leiderzeugende Weise geschädigt werden.


Ja, gute Erklärung

step hat folgendes geschrieben:
Das liegt wohl daran, daß der Angegriffene hier viel stärkere Ausgrenzungsängste hat, als wenn er etwa Steuern hinterzieht.


Weiß nicht, ob das was mit Ausgrenzungsängsten zu tun hat. Es lässt sich halt niemand gerne vorwerfen, unmenschlich oder grausam zu sein. Wer Steuern hinterzieht mag für einen Egoisten gehalten werden, aber niemand wird ihn einen "Unmenschen" nennen. Bei jemandem, der aus moralischen Gründen Vegetarier ist, darf man aber getrost vermuten, dass er die Tötung von Tieren und damit eben auch das Verhalten des Fleischkonsumenten für grausam hält.
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Beitrag(#1756701) Verfasst am: 01.06.2012, 16:00    Titel: Antworten mit Zitat

Vobro hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... Es ist wirklich der Geruch, den die nach einer Zeit eklig finden.
Warum eigentlich sogar von Dir immer diese Verallgemeinerungen? Verstehe ich nicht. Als ob Vegetarier oder Veganer eine dumpfe Masse sind, die keine individuellen Motive und Einstellungen haben.

Wie bitte? Ich schrieb keineswegs von "allen":

step hat folgendes geschrieben:
2. Viele Vegetarier berichten, daß nach einer gewissen Zeit als Vegetarier Fleisch tatsächlich als eklig empfunden wird ...


Ich kenne z.B. einige Inder, die zeitlebens Vegetarier waren und Fleisch eklig finden. Und auch einige meiner Familienmitglieder, die früher Fleisch gegessen haben, haben nach ein paar Jahren gesagt, daß sie inzwischen den Geruch z.B. an der Fleischtheke widerlich finden.

Ob das nun bei der Mehrheit so ist/wäre oder nicht, kann ich gern offenlassen.
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Beitrag(#1756703) Verfasst am: 01.06.2012, 16:02    Titel: Antworten mit Zitat

Zumsel hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Das liegt wohl daran, daß der Angegriffene hier viel stärkere Ausgrenzungsängste hat, als wenn er etwa Steuern hinterzieht.
Weiß nicht, ob das was mit Ausgrenzungsängsten zu tun hat. Es lässt sich halt niemand gerne vorwerfen, unmenschlich oder grausam zu sein. Wer Steuern hinterzieht mag für einen Egoisten gehalten werden, aber niemand wird ihn einen "Unmenschen" nennen. Bei jemandem, der aus moralischen Gründen Vegetarier ist, darf man aber getrost vermuten, dass er die Tötung von Tieren und damit eben auch das Verhalten des Fleischkonsumenten für grausam hält.

Genau. Und wir neigen ja dazu (siehe auch unser Rechtssystem), grausame (oder als grausam geltende) Menschen als noch sozialschädlicher anzusehen als Egoisten und Kleinbetrüger.
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Zumsel
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Beitrag(#1756705) Verfasst am: 01.06.2012, 16:08    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Zumsel hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Das liegt wohl daran, daß der Angegriffene hier viel stärkere Ausgrenzungsängste hat, als wenn er etwa Steuern hinterzieht.
Weiß nicht, ob das was mit Ausgrenzungsängsten zu tun hat. Es lässt sich halt niemand gerne vorwerfen, unmenschlich oder grausam zu sein. Wer Steuern hinterzieht mag für einen Egoisten gehalten werden, aber niemand wird ihn einen "Unmenschen" nennen. Bei jemandem, der aus moralischen Gründen Vegetarier ist, darf man aber getrost vermuten, dass er die Tötung von Tieren und damit eben auch das Verhalten des Fleischkonsumenten für grausam hält.

Genau. Und wir neigen ja dazu (siehe auch unser Rechtssystem), grausame (oder als grausam geltende) Menschen als noch sozialschädlicher anzusehen als Egoisten und Kleinbetrüger.


Letztere werden teilweise sogar positiv bewertet. "Gesunder Egoismus", "ausgekochtes Schlitzohr". Ich kenne sogar Leute, die die Titulierung "Egoist" für ein Kompliment halten. Außer jemandem, der sich berufsbedingt von diesem Image Vorteile verspricht (Mafia-Boss, Diktator) will aber niemand für grausam gehalten werden.
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Vobro
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Beitrag(#1756707) Verfasst am: 01.06.2012, 16:21    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Zumsel hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Das liegt wohl daran, daß der Angegriffene hier viel stärkere Ausgrenzungsängste hat, als wenn er etwa Steuern hinterzieht.
Weiß nicht, ob das was mit Ausgrenzungsängsten zu tun hat. Es lässt sich halt niemand gerne vorwerfen, unmenschlich oder grausam zu sein. Wer Steuern hinterzieht mag für einen Egoisten gehalten werden, aber niemand wird ihn einen "Unmenschen" nennen. Bei jemandem, der aus moralischen Gründen Vegetarier ist, darf man aber getrost vermuten, dass er die Tötung von Tieren und damit eben auch das Verhalten des Fleischkonsumenten für grausam hält.

Genau. Und wir neigen ja dazu (siehe auch unser Rechtssystem), grausame (oder als grausam geltende) Menschen als noch sozialschädlicher anzusehen als Egoisten und Kleinbetrüger.


Ist mir zu ungenau. Ich halte nicht das Töten von Tieren zum Zwecke der Ernährung generell für grausam, sondern bestimmte Formen der Züchtung, Haltung und auch dann Tötung, z.B. wenn Hühner bei lebendigem Leibe an den Füßen aufgehängt werden, dann im elektrisierten Wasserbad durch Stromstoß betäubt werden sollen, was oft gar nicht der Fall ist, wie man weiß, und dann die Köpfe abgesäbelt bekommen.

Wenn jemand auf dem Land einem Huhn den Kopf abhackt, mag das garusam wirken, ist aber im Vergleich zu dem, was in den Schlachtfabriken geschieht, geradewegs als human zu bezeichnen.

Ist das wirklich so, daß wir grausame Menschen generel als sozialschädlicher ansehen, z.B. den Steuerbetrüger?

Ok, es geht hier nicht gerade um Kleinbetrug, aber neulich lief eine Doku über Steffi Graf. Ihr Vater wurde wegen Steuerhinterziehung zu Knast verurteilt, der psychisch durchgeknallte Typ, der Monika Seles das Messer in den Nacken gerammt hat, hat eine Bewährungsstrafe bekommen...

Das sind gelegentlich die Relationen, die Volker Pispers dazu veranlaßt haben, diese Geschichte mit den Strafen zu vergleichen, die man bei höheren Mengen an Haschisch erhalten kann, wenn man damit handelt. Insiofern war die Strafe, so Pispers damals, für den Irren durchaus angemessen, da er die Seles ja nur verletzten, evtl. sogar - absichtlich oder zumindest fahrlässig inkauf nehmend - töten wollte, aber er wollte ihr das Messer schließlich nicht verkaufen!

Ein Kilo Haschisch wiegt natürlich juristisch schwerer, als die Messerattacke eines Irren, das ist aus meiner Sicht in sich selber vollkommen irre.

Wie aber bestraft man Menschen, die vorsätzlich und grundlos Tiere massanhaft quälen? Gar nicht, wenn es so gehändelt wird, daß wir die Quälerei in der Massentuerhaltung einfach als notwendig oder als nicht vermeidbar erklären, so einfach geht das.
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Beitrag(#1756715) Verfasst am: 01.06.2012, 16:52    Titel: Antworten mit Zitat

Vobro hat folgendes geschrieben:
.....
Gut, aber die Aussage sagt nichts über die ursprüngliche Funktion des Ekels aus, sondern ist ja nur ein Versuch einer möglichst einfachen allgemeingültigen Beschreibung.

Ich orientiere mich eher an Menninghaus:

http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=302

Was ich in dieser Rezension so lese, deckt sich gut mit Wikipedia. aber wir brauchen uns keine ganzen Bücher an den Kopf zu werfen:
Vobro hat folgendes geschrieben:
....
Ekel ist aber, jedenfalls zunächst, nicht die Folge einer Art moralischer Bewertung, sondern eine ganz normale und überlebensnotwendige angeborene Schutzfunktion, die stark mit der Innen/Außen-Grenze des Körpers zu tun hat. Selbstverstänlich kann sich der Ekel auf tabuisierte oder als verwerflich empfundene Dinge richten und einen Menschen sozusagen moralisch beschneiden, das aber kommt erst viel später.

Der Ekel hat die Funktion, uns gegen etwas schädlichem zu schützen, bevor es in den Körper eindringen, also die Innen/Außen-Grenze überwinden kann.

Woher wissen wir, dass etwas "schädlich" ist? Es gibt angeborenes Wissen von Schädlichkeit, das haben wir z.B. bei Schwefelwasserstoff, das ist aber einfach Gestank, der eine Flucht hervorruft, das nennen wir normalerweise nicht Ekel. Dann gibt es persönliche negative Erfahrungen, die zu diesem Wissen und damit bedingten Reflexen führen. Aber auch das bezeichnen wir nicht als Ekel.
Auch, wenn es ihm nicht passt zwinkern , hole ich mir mal step als Zeugen:
step hat folgendes geschrieben:
....Es ist wirklich der Geruch, den die nach einer Zeit eklig finden. Auch wenn die Ablehnung ursprünglich rein moralischer Natur war. ....

Natürlich ist es der Geruch, der da als eklig empfunden wird. Oder irgendetwas anderes, direkt Wahrnehmbares, das ist der Auslöser dieses aktuellen Gefühls, aber wo ist seine Ursache? Darin, dass wir den Geruch eine Weile nicht wahrgenommen haben? Dann müsste eigentlich alles Neue eklig sein. Ist es aber nicht, wir sind im Gegenteil neu-gierig. Selbst dann, wenn dieses Neue Eigenschaften hat, die uns zur Vorsicht mahnen oder gar Angst auslösen. step gibt die Auflösung gleich mit:
Zitat:
Auch wenn die Ablehnung ursprünglich rein moralischer Natur war.

Da haben wir die einzige negative "Erfahrung", die hier zu dem bedingten Reflex Ekel führen konnte.

Da konnte auch step mich nicht wirklich überzeugen.

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