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der alljährliche christliche Medienterror

 
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Cato
Der Freund der Bösen



Anmeldungsdatum: 13.08.2005
Beiträge: 970
Wohnort: Wolkenkuckucksheim

Beitrag(#389772) Verfasst am: 24.12.2005, 03:32    Titel: der alljährliche christliche Medienterror Antworten mit Zitat

Weihnachten die Zeit der inflationär auftretenden Auferstehung des Christentums, alljährlich begeben sich die Halbgebildeten aller Länder, wieder rechtzeitig zum Fest, auf Spurensuche. Da werden allerlei wunderliche Dinge zu Tage gefordert, Leichentücher durchleuchtet, um der Welt eine Visage als die des ach so göttlichen Erlösers verkaufen zu können. Das Ganze geht einher mit unaufgefordert erteilten Belehrungen über das unfehlbare gute Wesen der ursprünglichen christlichen Lehre. Dabei fehlt natürlich auch nicht der fast schon tapfer anmutende Versuch, mit Hilfe von theologischen Ergüssen, den Niedergang der Religion nicht wahrhaben zu wollen. Dieses Jahr schießt die Zeit den Vogel, in der Kategorie der christlich-medialen Dummheit, ab:

http://www.zeit.de/2005/52/01__leit_1_52

Ein Frontalangriff auf jede Form intellektueller Rechtschaffenheit; wer behauptet Nietzsche würde den Tod Gottes beklagen, der missversteht nicht nur die Bedeutung des Begriffs der Tragik in Nietzsches Werk nicht, derjenige hat Nietzsche an sich nicht verstanden. Weihnachtliche Fröhlichkeit gegen die deprimierende Erkenntnis, dass es tatsächlich keinen Gott gibt? Das ist Wahrhaft protestantisch: Sich die Nichtexistenz Gottes eingestehen und trotzdem noch Christ sein können.

"Wer ohne Amt und Auftrag von Gott redet, gilt rasch als arm im Geiste. Aber vielleicht sind es genau diese in der Bergpredigt gemeinten Armen, die dem Allmachtswahn unserer technisch-industriellen Wissenskultur überlegen sind."

Eine Zumutung oder? Denn Fass schlägt es endgültig den Boden aus, wenn das Christentum als Verschmelzung von Offenbarungsreligion und der antiken Philosophie bezeichnet wird. Diese wahnwitzige Dreistigkeit mit der hier versucht wird den Leser hinters Licht und in die christliche Herde zurückzuführen wird selbst von offen missionarischen Texten selten erreicht. Alles an Europa sei christlich, selbst bewusst oder unterbewusst antichristliche Strömungen. Auch die französische Revolution, die auf den Gedanken von Montesquieu und Rousseau fußt und einstmals das Christentum abschaffen lies und den Kultus der Vernunft einführte, sollten am Ende noch die betont antireligiösen und atheistischen Kommunisten im Russland des frühen 19.Jahrhunderts "christlich" gewesen sein, so gäbe es wirklich kein Entkommen aus der monotheistischen Schafherde.

Das ganze ist Nichts weniger als eine Generalabsolution des Christentums, das im Wesenkern gut sei und immer nur falsch gelebt wurde; in der Moderne durch zuviel Liberalität und Relativismus und in der Vergangenheit durch das Segnen von Waffen. Was hier verschwiegen wird, ist Nichts weniger als die Wahrheit: Es waren christliche Fanatiker die aus ihrem Glauben die schlimmsten Gräuel über Europa gebracht haben. Kreuzzüge, Inquisition, Zwangsbekehrungen, die Zerstörung von Kulturgütern, der latente Antisemitismus, die Unterdrückung der Frau und der Wissenschaft, all das geschah allein aus christlichen Motiven und nicht, weil irgendjemand den Segen der Kirche für seine Waffen nötig hatte. Im Gegenteil, die Kirche bot dem europäischen Adel die Sündenvergebung an, sollte dieser für sie das Schwert gegen die Ungläubigen führen. Auch verschweigt uns der Autor, dass so überaus "heilige" und "weise" Männer, wie Luther, Thomas von Aquin, Augustinus oder Bernhard von Clairvaux diese Taten forderten und rechtfertigten – und bis heute hat sich keine so genannte christliche Konfession von deren Gedanken distanziert. Kurzum, die Zeit argumentiert hier mit Johannes Paul II. und der katholischen Kirche: Alle Fehler des Christentums sind Fehler einzelner, fehlgeleiteter Menschen, dass sich das Christentum sich an sich geirrt hatte und noch irrt liegt hier fern… die Lehre ist gut! Amen!

Hier bleibt wieder einmal nichts anderes übrig, als Max Liebermann: "Ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte."
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Scout2001
registrierter User



Anmeldungsdatum: 21.11.2005
Beiträge: 548

Beitrag(#389776) Verfasst am: 24.12.2005, 07:51    Titel: Antworten mit Zitat

Cato hat folgendes geschrieben:

Das ganze ist Nichts weniger als eine Generalabsolution des Christentums, das im Wesenkern gut sei und immer nur falsch gelebt wurde; in der Moderne durch zuviel Liberalität und Relativismus und in der Vergangenheit durch das Segnen von Waffen. Was hier verschwiegen wird, ist Nichts weniger als die Wahrheit: Es waren christliche Fanatiker die aus ihrem Glauben die schlimmsten Gräuel über Europa gebracht haben. Kreuzzüge, Inquisition, Zwangsbekehrungen, die Zerstörung von Kulturgütern, der latente Antisemitismus, die Unterdrückung der Frau und der Wissenschaft, all das geschah allein aus christlichen Motiven und nicht, weil irgendjemand den Segen der Kirche für seine Waffen nötig hatte. Im Gegenteil, die Kirche bot dem europäischen Adel die Sündenvergebung an, sollte dieser für sie das Schwert gegen die Ungläubigen führen. Auch verschweigt uns der Autor, dass so überaus "heilige" und "weise" Männer, wie Luther, Thomas von Aquin, Augustinus oder Bernhard von Clairvaux diese Taten forderten und rechtfertigten – und bis heute hat sich keine so genannte christliche Konfession von deren Gedanken distanziert. Kurzum, die Zeit argumentiert hier mit Johannes Paul II. und der katholischen Kirche: Alle Fehler des Christentums sind Fehler einzelner, fehlgeleiteter Menschen, dass sich das Christentum sich an sich geirrt hatte und noch irrt liegt hier fern… die Lehre ist gut! Amen! "


Ich habe dieses Artikel gelesen und auch die Kommentare dazu. Die Kommentare sind natürlich am informativsten.
Solche Vorgehungsweißen von Christen ist in einem Dialog genauso so sicher wie das alljährliche Weihnachtsfest. Eigentlich schon langweilig.
Klärt man sie auf, was Gott so alles im AT getrieben hat, kommt die Weisheit, dass "nur" das NT für den Christen wichtig sei. Das AT ist nur ein Zusatz, mehr nicht. Und sowieso wegen der Symbolik nur für Kleriker geeignet.
Weist man sie darauf hin, dass Jesus mit seiner Lehre auf das AT aufbaut, und noch mehr der olle Kirchengründer Paulus, zusätzlich eine Menge sehr bedenkenswerte Sprüche von Paulus und Jesus im NT hinweist, wird die ganze Bibel zu einem unwichtigen Buch.
Mit dieser Zwiespältigkeit wird einem sehr bewusst, wieso diese Heiligen ständig die Geschichte, Urkunden, die Bibel usw. gewissenlos fälschen konnten.
Wegen dem obersten Gebot -> Der Zweck heiligt die Mitteln.

Kann mir eigentlich noch jemand erklären, was ein Christ ist, der nicht an die Worten Christi glaubt?
Solche merkwürdige Gläubige, die einem zum rechten Weg führen wollen, trifft man ständig.
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moritura
pan narrans



Anmeldungsdatum: 01.12.2003
Beiträge: 1358
Wohnort: Berlin

Beitrag(#389777) Verfasst am: 24.12.2005, 08:43    Titel: Antworten mit Zitat

Na, wenn alles nichts hilft kommt meistens der Vorwurf, man würde das viel zu vereinfacht sehen. Und man würde sich böswillig an Kleinigkeiten aufhalten.

Schließlich sei das Ganze ein viel zu großes Mysterium und für den kleinen menschlichen Geist (speziell den boshaften des Atheisten) überhaupt nicht zu greifen.

Der Artikel zeigt im Übrigen ziemlich exemplarisch, wie die Christen vorgehen. Alles was von der Gesellschaft als positiv bewertet wird, wird vereinnahmt und mit einem christlichen Hintergrund versehen.
Alles was von der Gesellschaft als negativ bewertet waren die bösen Anderen.

Aber am aller besten gefiel mir doch die Unterüberschrift:
Hihihi
Zitat:
Jeder Christbaum zeugt von einer Tradition, die mehr ist als Kulisse


Das ist so herrlich blöd, blöder gehts nicht mehr.
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Mario Hahna
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Anmeldungsdatum: 04.04.2005
Beiträge: 9607
Wohnort: München

Beitrag(#389803) Verfasst am: 24.12.2005, 12:39    Titel: Antworten mit Zitat

Das Kuschelchristenphänomen...
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Peach
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Anmeldungsdatum: 19.09.2005
Beiträge: 621

Beitrag(#389813) Verfasst am: 24.12.2005, 13:22    Titel: Antworten mit Zitat

Thao hat folgendes geschrieben:
Das Kuschelchristenphänomen...


Darum geht es bei der medialen Selbstdarstellung m. E. gerade nicht! Hundertprozentige will man sich backen!

In den Dokumentationen des BR (v. a. seines Recycling-Kanals "BR-Alpha") sind diese denn auch oft genug zu sehen. Leider sind diese Filme meist ein paar Sekunden länger als die für sie reservierte Sendezeit, so dass auf den Abspann mit dem Entstehungsjahr leider Weinen verzichtet werden muss.


Nun ja, die Absicht der Produzenten ist das Eine. Die Motive der Zuseher; besser: der eigentlichen Zielgruppe sind etwas anderes.
Vielleicht sollte man mal darüber nachdenken, was es in der Mediengesellschaft bedeutet, wenn eine Institution auf diesem Feld eine Dummheit nach der anderen fabriziert.


Weihnachten freilich ist eine gute Eigenwerbung.
Denn eine Religion, an die noch ein Teil der Bevölkerung zu glauben vorgibt, genießt für den Einzelnen eine höhere Plausibilität als eine selbstgestrickte Esoterik (wenn auch die Grenzen, sagen wir mal, fließend sind). Man taucht in´s gute Gewissen ein, ohne den Platz vor dem Fernseher zu verlassen, und wenn dann die Ergebnisse irgendeiner Spendenaktion bekannt gegeben werden und man hat womöglich sogar mitgemacht...


Sodann ist die Weihnachtszeit samt den Tagen zwischen den Jahren für die meisten doch noch eine etwas stillere Zeit - im Prinzip jedenfalls, mal ungeachtet der persönlich/familiär üblichen Begehungs-Bräuche.

Ludwig XIV soll mal, damit die Leute mehr arbeiten, die Dekade, also die 10-Tage-Woche, eingeführt haben. Das Projekt scheiterte daran, dass irgendwann die Grubenpferde streikten. Mehrere Feiertage hintereinander vorweisen zu können, wie die Kirchen mit Weihnachten und Karfreitag/Ostern, bedeutet so gesehen ein Bollwerk gegen die Ausbeutungs-Bestrebungen der modernen Arbeitswelt.

Damit komme ich wieder auf meine alte Leier: Man müsste an mehr denken als an die Vermittlung von Wissenschaft + Philosophie + Kunst + Rituale für die Eckdaten des Lebens...


Und um noch auf den Artikel zurück zu kommen: Auf den Gedanken der Selbstbesinnung des Christentums auf seine Wurzeln in einem Stall kann m. E. nur jemand kommen, der den Jahrtausendwechsel verschlafen hat. Und je mehr Ställe, desto geringer die Plausibilität für den Einzelnen wie auch für die großen Sender bzw. Zeitungen...
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Cato
Der Freund der Bösen



Anmeldungsdatum: 13.08.2005
Beiträge: 970
Wohnort: Wolkenkuckucksheim

Beitrag(#389924) Verfasst am: 24.12.2005, 17:18    Titel: Antworten mit Zitat

Selbst der einstmals als so links betrachtete Spiegel macht mit:

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,391277,00.html

Das hohe Lied über Glück und Erfüllung in dümmlichen Obskurantismus: Man sucht sich einen starren Glauben als Zuflucht vor der rauen Wirklichkeit. Ach wie schön.

"Schließlich gelangen in den nächsten Jahrzehnten jugendliche Kohorten an die Gymnasien und Hochschulen, die dann nicht mehr von ökopazifistischen 68er Lehrern ideologisch geschulmeistert werden, sondern die Tag für Tag einzig die dürren Merksätze einer rein pragmatischen Pädagogengeneration zu hören bekommen. Allein diese Konstellation garantiert, nach allem was wir historisch von Generationenrhythmen und -folgen wissen, spätestens mit dem nächsten Jahrzehnt eine neue Jugendkultur, die dem prosaischen Pragmatismus wieder das Zukunftsleuchten bildreicher Erzählungen und kühner Transzendenzversprechen entgegenhält."

Man lechzt förmlich nach neuen Deutschnationalen, die fleißg beten, das Deutschlandlied begeistert schmettern und sich noch nicht mal schämen aufs Oktoberfest zu gehen. Die 68ziger als schönes Umsonst?

"Infolgedessen würde es mit der "Entzauberung" des Religiösen in der säkularisierten Gesellschaft erst einmal nicht weitergehen. Die Voraussetzungen für die Erosion der Spiritualität - der Sinnverschleiß der Moderne - wären zugleich, gewissermaßen zeitversetzt, die Bedingungen ebenfalls für ihre Wiederauferstehung. Und das könnte dann auch die ganz klassischen Produzenten und Mittler von Sinn und Heilsversprechen wieder beleben und kräftigen: die christlichen Kirchen. Zumindest sind die Aggressionen ihrer Gegner erkennbar abgeflaut. Militante Kirchenfeindschaft ist auch unter Intellektuellen kaum mehr anzutreffen."

Oh Tempora Oh Mores! So etwas im Spiegel lesen zu müssen, hätte vor nicht allzu langer Zeit Welten zum Einsturz gebracht. Wie kann man nur so tief sinken und der Kirche in aller Öffentlichkeit den Arsch küssen?
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Peach
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Anmeldungsdatum: 19.09.2005
Beiträge: 621

Beitrag(#389937) Verfasst am: 24.12.2005, 18:10    Titel: Antworten mit Zitat

Ist eigentlich nur logisch.

Zitat:
12. Februar 2001
Bum-Bum-Boris, der Letzte seiner Zeit
Der Egokult der Ellbogengesellschaft hat seinen Höhepunkt überschritten, diagnostiziert der Psychoanalytiker Horst-Eberhard Richter exklusiv für SPIEGEL-ONLINE. Boris Becker könnte als Held der Ich-Generation bald ausgedient haben.
Tja. 2001.


Und nun steht also drin:
Zitat:
...spricht einiges dafür - und etliche Erhebungen von Soziologen und Psychologen belegen es bereits -, dass alsbald die Lobgesänge auf die individualisierte Gesellschaft verstummen werden, dass stattdessen das Bedürfnis nach Loyalitäten, Zugehörigkeiten, auch nach der Sicherheit einer stabilen Deutungs- und Sinnperspektive zunehmen wird.


Eine andere Frage wäre, ob die Kirchen darauf vorbereitet sind. Und da sehe ich schwarz Sehr glücklich .
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Mai
Freigeist



Anmeldungsdatum: 06.09.2005
Beiträge: 876
Wohnort: zu Hause

Beitrag(#389953) Verfasst am: 24.12.2005, 20:05    Titel: Antworten mit Zitat

Weihnachtsgedanken

„Weihnachten ist ein Inbegriff, ein Giftmagazin aller bürgerlichen Sentimentalitäten und Verlogenheiten, Anlaß wilder Orgien für Industrie und Handel, .....“ Hermann Hesse (1877-1962)

„Maria wärst du hart geblieben, wäre Weihnachten uns erspart geblieben.“ Anonym
Zitat auf Postkarte, Bestell-Nr. 115/9, Gebr. König Postkartenverlag, Breite Str. 93, 50667 Köln

„Eine Idee, die als Wahrheit abgewirtschaftet hat, kann als Schlagwort immer noch eine schöne Karriere machen.“ Hans Krailsheimer
Aus „Buch der Lebensweisheiten“, herausgegeben von Frederick Faust, Moewig Verlag, 1996, ISBN 3 8118 4677 9, Seite 72

„Manchen Menschen würden Weihnachtskataloge, Zeitungsannoncen, und zu Mundwassern, Seife, Thermosflaschen, Petroleumöfen usw. beigepackte Erklärungen und Referate als lebenslängliche Lektüre völlig genügen.“ Christian Morgenstern
Aus „Deutsche Aphorismen“, herausgegeben von Gerhard Fieguth, Reclam, Stuttgart, 1978, ISBN 3-15-009889-0, Seite 192
_________________
Angedenken an das Eine, bleibt das Beste, was ich meine. Goethe
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Scout2001
registrierter User



Anmeldungsdatum: 21.11.2005
Beiträge: 548

Beitrag(#390073) Verfasst am: 25.12.2005, 02:54    Titel: Antworten mit Zitat

Cato hat folgendes geschrieben:
Selbst der einstmals als so links betrachtete Spiegel macht mit:

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,391277,00.html

Das hohe Lied über Glück und Erfüllung in dümmlichen Obskurantismus: Man sucht sich einen starren Glauben als Zuflucht vor der rauen Wirklichkeit. Ach wie schön.


Die machen mit? Die heulen aber ganz schön mit, gegen das so böse Individualismus. Von der Kirche abgeschaut, wird unpräzise an das Wort Individuum gebastelt.

Zitat:

dass alsbald die Lobgesänge auf die individualisierte Gesellschaft verstummen werden, dass stattdessen das Bedürfnis nach Loyalitäten, Zugehörigkeiten, auch nach der Sicherheit einer stabilen Deutungs- und Sinnperspektive zunehmen wird.


Typische christliche Masche. Individualismus ist gleich Egoismus. Wie viele haben schon erwähnt, dass ein soziallebendes Tier, nicht „nur“ egoistisch denken und handeln kann.
Es ist einfach ein Unding. Dafür müsste er, wie früher einige chr. Missionare, unverheiratet in die Einsamkeit untertauchen.
Aus diesem Grund ist Individualismus richtig. Die Person soll selbst abwägen, ob die Deutungs- und Sinnperspektive eines Kollektivs mit seiner Überzeugung übereinstimmt und somit jede Freude und Ärger diesbezüglich in Kauf nimmt.
Und trotzdem nicht nur die Order des höheren Individuums von der Hierarchie eines Kollektivs treudoof akzeptiert und treudoof realisiert.
Loyalität will und mögt jeder, es ist einfach menschlich. Auch der Individualismus. Aber, im Gegensatz zum Kollektiv, nicht bedingungslos und mit jedem Preis.
z.B. eine Ehe, die nur noch auf ’nem Blatt eine Ehe ist.

Zitat:
dass die Optionsgesellschaft zu Erschöpfungen, zu Rat- und Orientierungslosigkeiten geführt hat.


Es ist doch auch schon erwähnt worden, dass ein Mensch mit christlicher Erziehung zuerst in Orientierungslosigkeit fällt.
Der Wandel vom Sklaven zu einem eigenen Herrn ist nun mal ein gewaltiger Schritt. Die muss er erst mal verdauen. Plötzlich sind die jahrelange Prämissen, Erkenntnisse, die geistliche Hierarchie, für die man Jahre gebraucht hatte, blitzartig nur Datenschrott. Das Problem der Orientierungslosigkeit kommt also daher, dass die Kirche ihre Arbeit in den Schulen und Kindergärten, die Masse von Gläubigen in der Freizeit, dazu mitbeigetragen hatten.

Es ist doch so, dass man als Kind eine Landkarte bekam, die von vorne bis hinten nicht gestimmt hatte.
Obwohl Dutzende ausdrücklich gesagt hatten, dass die Karte richtig und perfekt ist. Natürlich glaubt die Person daran, weil so viele es bestätigt hatten (siehe: Grün wird eine blaue Farbe für jeden Zweiten durch Gruppenzwang. Nach einem Test von Clever auf Sat1)
Nach der Erkenntnis, dass die Karte von vorne bis hinten nicht stimmt, dass die Meinung der Mehrheit nicht immer die Wahrheit ausmacht, steht man mit der sinnlose Karte in der Hand da und ist orientierungslos.






Nach Du bist Deutschland und nach diesen 2 Artikeln für eine kollektive Hierarchie, wird man das Gefühl nicht los, einige wollen wieder ein Führer. Oder mal ne Führerin.
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Peach
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Anmeldungsdatum: 19.09.2005
Beiträge: 621

Beitrag(#390115) Verfasst am: 25.12.2005, 11:58    Titel: Antworten mit Zitat

Zunächst einmal: Was mich persönlich am meisten stört, ist, dass in der Mitte des Spiegel-Artikels ein gewesener Hang von Akademikern und Frauen zur New-Age-Philosophie konstatiert wird - und am Schluss sind es die Mühevollen und Beladenen, die als Bürgen für einen neuen Bedeutungsgewinn der Kirchen herhalten sollen. Am Kopf kratzen Diese Personengruppe ist doch bestenfalls(!) für eine Bedeutungserhaltung(!) gut!


Zitat:
Und das könnte dann auch die ganz klassischen Produzenten und Mittler von Sinn und Heilsversprechen wieder beleben und kräftigen: die christlichen Kirchen. Zumindest sind die Aggressionen ihrer Gegner erkennbar abgeflaut. Militante Kirchenfeindschaft ist auch unter Intellektuellen kaum mehr anzutreffen.

Dass man sich einen starren Glauben sucht, lese ich da nicht raus. Vielmehr, dass man bei der Suche nach Sinn und Zugehörigkeit - die nach meiner Überzeugung noch aus anderen als aus Wertvermittlungs-Gründen wieder vermehrt zum Thema werden wird! - zuerst auf das Unüberseh- und Unüberhörbarste verfällt. Und das sind nun mal die Kirchen.

Mit den "Intellektuellen" sind, glaube ich, jene Psycho- und Soziologen gemeint, die angesichts ihrer neueren Erkenntnisse froh wären, wenn die Kirchen in die Rolle des Ausfallbürgen für Wärme und Sinn schlüpfen würden/könnten, und deshalb ihre Steinschleudern erstmal gesenkt haben.


Dass Individualismus gleich Egoismus ist, lese ich da ebenfalls nicht raus. Für die Kirchen freilich trifft dies zu. Argh Und die Gesellschaft als solche kommt der kirchlichen Denke jetzt, wenn man so will, so weit entgegen, dass Leute, die sich locker-lässig anderer entledigen, sobald sie sie nicht mehr brauchen (Boris Becker / Manager Ion Tiriac) nicht mehr als cool gelten. Bum-Bum als vorherrschender Charakterzug löst künftig keinen Run auf eine Autobiographie mehr aus.
Insgesamt freilich liegen nach wie vor Welten zwischen der kirchlichen Definition von "Individualismus" und der gesamtgesellschaftlich akzeptierten.


Zitat:
Die Person soll selbst abwägen, ob die Deutungs- und Sinnperspektive eines Kollektivs mit seiner Überzeugung übereinstimmt und somit jede Freude und Ärger diesbezüglich in Kauf nimmt. Und trotzdem nicht nur die Order des höheren Individuums von der Hierarchie eines Kollektivs treudoof akzeptiert und treudoof realisiert.

Genau deshalb heißt es in dem Artikel: "Und das könnte dann auch die ganz klassischen Produzenten und Mittler von Sinn und Heilsversprechen wieder beleben und kräftigen." Wenn nämlich die Kirchen einen Schritt auf diese Klientel hin tun würden/könnten. Dazu sind sie freilich nicht in der Lage. Schulterzucken Zu viel Themenkompetenz wurde wegreglementiert bzw. ist ausgetreten.


Zitat:
Zitat:
dass die Optionsgesellschaft zu Erschöpfungen, zu Rat- und Orientierungslosigkeiten geführt hat.

Es ist doch auch schon erwähnt worden, dass ein Mensch mit christlicher Erziehung zuerst in Orientierungslosigkeit fällt. Der Wandel vom Sklaven zu einem eigenen Herrn ist nun mal ein gewaltiger Schritt. Die muss er erst mal verdauen. Plötzlich sind die jahrelange Prämissen, Erkenntnisse, die geistliche Hierarchie, für die man Jahre gebraucht hatte, blitzartig nur Datenschrott

Mich stört das "zuerst" (und das "blitzartig").
Ich habe mich sehr viel mit der Arbeitskraftunternehmer-Theorie befasst, also mit der Anforderung der heutigen Arbeitswelt an die Arbeitnehmer, ihre Arbeitskraft wie eine Ware auf einem Markt darzubieten. Und zwar nicht nur einmal, nach Abschluss der Schule oder Uni, beim Vorstellungsgespräch in der Firma, in der man dann bis zum Lebensende bleibt.

Zitat:
Der individualisierte Mensch empfindet es allmählich nicht allein als Chance, kreativ, authentisch und originär sein zu dürfen, sondern oft genug als herrischen Zwang, all dies jederzeit sein zu müssen. Lebenslanges Lernen in der Wissensgesellschaft ist eben nicht nur ein verlockendes Versprechen, sondern oft eine fast bedrohliche Belastung.

Dies betrifft gerade auch den beruflichen Bereich. Wenn dann auch noch Zweifel am Sinn des Ganzen aufkommen,...

... dann sollte dieser anderswo ohne große Selbstverbiegung zu haben sein. Ohne große Selbstverbiegung!
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Ralf Rudolfy
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Anmeldungsdatum: 11.12.2003
Beiträge: 26674

Beitrag(#390135) Verfasst am: 25.12.2005, 12:58    Titel: Antworten mit Zitat

Peach hat folgendes geschrieben:
Zunächst einmal: Was mich persönlich am meisten stört, ist, dass in der Mitte des Spiegel-Artikels ein gewesener Hang von Akademikern und Frauen zur New-Age-Philosophie konstatiert wird

Ja, daß jemand ein irrationales Gedankensystem verwirft ohne bloß in ein anderes zu wechseln, scheint für den Autor nicht denkbar zu sein. Für den geht offenbar nur: Christentum raus, Esoscheiße rein. Daß einer weder das eine noch das andere im Kopf haben möchte, kommt in seinem Weltbild offenbar nicht vor.
_________________
Dadurch, daß ein Volk nicht mehr die Kraft oder Willen hat, sich in der Sphäre des Politischen zu halten, verschwindet das Politische nicht aus der Welt. Es verschwindet nur ein schwaches Volk. (Carl Schmitt)
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Peach
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Anmeldungsdatum: 19.09.2005
Beiträge: 621

Beitrag(#390143) Verfasst am: 25.12.2005, 13:23    Titel: Antworten mit Zitat

Ralf Rudolfy hat folgendes geschrieben:
Peach hat folgendes geschrieben:
Zunächst einmal: Was mich persönlich am meisten stört, ist, dass in der Mitte des Spiegel-Artikels ein gewesener Hang von Akademikern und Frauen zur New-Age-Philosophie konstatiert wird

Ja, daß jemand ein irrationales Gedankensystem verwirft ohne bloß in ein anderes zu wechseln, scheint für den Autor nicht denkbar zu sein. Für den geht offenbar nur: Christentum raus, Esoscheiße rein. Daß einer weder das eine noch das andere im Kopf haben möchte, kommt in seinem Weltbild offenbar nicht vor.


Der Befund hat IMO nichts mit dem Weltbild des Autors zu tun, sondern mit Umfragen und mit den auch hier bereits - ich glaube, von Viator - erwähnten Erlebnissen in Buchhandlungen: Eso-Kram, wohin man schaut. Weil er sich so gut verkauft.

Mit "konstatiert" meinte ich nicht "unterstellt".

Edit: Dass "das Christkind Buddha besiegt", halte ich allerdings für Wunschdenken. Eher scheint mir, dass, um in diesem Denkschema zu bleiben, Buddha eine offene Lücke hinterlässt.


Zuletzt bearbeitet von Peach am 25.12.2005, 14:00, insgesamt einmal bearbeitet
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TEXING
registrierter User



Anmeldungsdatum: 05.10.2005
Beiträge: 308

Beitrag(#390145) Verfasst am: 25.12.2005, 13:41    Titel: Antworten mit Zitat

Peach hat folgendes geschrieben:

Leider sind diese Filme meist ein paar Sekunden länger als die für sie reservierte Sendezeit, so dass auf den Abspann mit dem Entstehungsjahr leider Weinen verzichtet werden muss.


Warum ist das Entstehungsjahr so wichtig für dich?
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Peach
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Anmeldungsdatum: 19.09.2005
Beiträge: 621

Beitrag(#390146) Verfasst am: 25.12.2005, 13:48    Titel: Antworten mit Zitat

TEXING hat folgendes geschrieben:
Peach hat folgendes geschrieben:

Leider sind diese Filme meist ein paar Sekunden länger als die für sie reservierte Sendezeit, so dass auf den Abspann mit dem Entstehungsjahr leider Weinen verzichtet werden muss.


Warum ist das Entstehungsjahr so wichtig für dich?


Weil ich meine Zweifel daran habe, dass bspw. das Alter der Teilnehmer an den gezeigten Gottesdiensten und Prozessionen noch viel mit der Realität von 2005 zu tun hat.

À propos "Dokumentation": Kürzlich kam ein neuerer Film über ein Dorf nicht weit von hier: Die müssen für (den Abschnitt über) ihre Fronleichnamsprozession sämtliche Trachtenvereine im ganzen Gäu angeschrieben haben!
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