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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#167850) Verfasst am: 20.08.2004, 18:05 Titel: S.C. Morris - Kreationismus soft |
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http://www.zeit.de/2004/35/Morris-Interview
Die ZEIT hat folgendes geschrieben: | ZEIT: Worin Sie behaupten, die Evolution und der Mensch seien keine Zufallsprodukte.
Morris: Das ist die zentrale Aussage in Life’s Solution. Um nur ein Argument dafür zu nennen: Viele der Gene, die in unserem Gehirn aktiv sind, lassen sich bereits in Hefe nachweisen, obwohl diese kein Gehirn hat. Und zahlreiche wichtige Proteinfamilien sind ziemlich sicher schon in sehr früher Zeit entstanden. Und zwar mehrmals unabhängig voneinander. Die warteten gleichsam nur auf ihren Einsatz. |
Wirklich sehr überzeugend ...
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#167868) Verfasst am: 20.08.2004, 18:43 Titel: Re: S.C. Morris - Kreationismus soft |
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Hi Step,
step hat folgendes geschrieben: | http://www.zeit.de/2004/35/Morris-Interview
Die ZEIT hat folgendes geschrieben: | ZEIT: Worin Sie behaupten, die Evolution und der Mensch seien keine Zufallsprodukte.
Morris: Das ist die zentrale Aussage in Life’s Solution. Um nur ein Argument dafür zu nennen: Viele der Gene, die in unserem Gehirn aktiv sind, lassen sich bereits in Hefe nachweisen, obwohl diese kein Gehirn hat. Und zahlreiche wichtige Proteinfamilien sind ziemlich sicher schon in sehr früher Zeit entstanden. Und zwar mehrmals unabhängig voneinander. Die warteten gleichsam nur auf ihren Einsatz. |
Wirklich sehr überzeugend ... |
Ja, und vollkommen neben der Kappe!
Isoliert betrachtet könnte man diese Aussage noch für eine unbotmäßige anthropomorphe Übertreibung halten, wie man sie in Lehrbüchern leider desöfteren findet. Aus dem Artikel scheint aber hervorzugehen, daß Morris es wirklich bitter ernst meint. Der Oberbrüller sind ja folgende Passagen:
Zitat: | Morris: Meiner Ansicht nach war der Mensch bereits mit dem Urknall angelegt. Während der ersten Millisekunde dieser Welt. Unsere Entstehung ist alles andere als ein Zufall. |
Zitat: | ZEIT: Könnten solche Außerirdische uns beobachten?
Morris: Mit Sicherheit. Sie hätten Augen. Und zwar Linsenaugen, genau wie wir Menschen. |
IMAO gibt es neben dem Kreationismus wohl kein anderes Weltbild, das derart teleologisch-anthropozentrisch ausgerichtet ist, wie dasjenige von Morris. Nun kann man ja zurecht darauf verweisen, daß die Evolution nicht zufällig verläuft, weil es ja generell auch so etwas wie Systembedingungen gibt, die das Regime des Zufalls mehr oder minder stark einengen und die Entwicklung zu einem gewissen Grade kanalisieren. Immerhin ist das eine notwendige Einsicht, wenn man dem Propagandabegriff "Zufallsevolution" etwas entgegensetzen und den folgenden Sachhalt halbwegs befriedigend erklären möchte:
Zitat: | Morris: Das Linsenauge ist mindesten siebenmal in der Evolutionsgeschichte unabhängig erfunden worden. Nicht nur bei Wirbeltieren, sondern auch bei stammesgeschichtlich weit entfernten Tieren wie Tintenfischen und Ringelwürmern. |
Die Tatsache aber, daß im Weltgeschehen auch Kontingenz eine nicht unmaßgebliche Rolle spielt und die Linsenaugen nur deshalb mehrmals unabhängig voneinander entstehen konnten, weil eben aufgrund gemeinsamer historischer Wurzeln mehr oder minder zufällig schon eine ähnliches genetisches Repertoire vorlag, scheint für Morris Neuland zu sein.
Grüße
Martin
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
www.ag-evolutionsbiologie.de
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#167885) Verfasst am: 20.08.2004, 19:23 Titel: Re: S.C. Morris - Kreationismus soft |
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Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | ... daß die Evolution nicht zufällig verläuft, weil es ja generell auch so etwas wie Systembedingungen gibt, die das Regime des Zufalls mehr oder minder stark einengen und die Entwicklung zu einem gewissen Grade kanalisieren. Immerhin ist das eine notwendige Einsicht, wenn man dem Propagandabegriff "Zufallsevolution" etwas entgegensetzen und den folgenden Sachhalt halbwegs befriedigend erklären möchte:
Zitat: | Morris: Das Linsenauge ist mindesten siebenmal in der Evolutionsgeschichte unabhängig erfunden worden. Nicht nur bei Wirbeltieren, sondern auch bei stammesgeschichtlich weit entfernten Tieren wie Tintenfischen und Ringelwürmern. |
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Genau. Der Zufall (oder besser die Vielzahl der Stichproben aus einer Grundgesamtheit mit hinreichend vielen Freiheitsgraden) spielt zwar eine wichtige Rolle in der Evolution, aber gerade da nicht, wo Morris ihn widerlegen zu müssen meint. Die von ihm angeführten Fälle sprechen gerade für eine naturgesetzliche "Notwendigkeit", die er sogar selbst noch implizit zugibt ("Urknall"). Im Grunde genommen basiert seine ID-Argumentation also auf seiner ungelösten Frage, wie die Naturkonstanten zustandekommen, obwohl er das nicht zugibt.
gruß/step
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Lamarck Radikaler Konstruktivist
Anmeldungsdatum: 28.03.2004 Beiträge: 2148
Wohnort: Frankfurt am Main
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(#168022) Verfasst am: 21.08.2004, 01:49 Titel: Re: S.C. Morris - Kreationismus soft |
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Hi Martin!
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Nun kann man ja zurecht darauf verweisen, daß die Evolution nicht zufällig verläuft, weil es ja generell auch so etwas wie Systembedingungen gibt, die das Regime des Zufalls mehr oder minder stark einengen und die Entwicklung zu einem gewissen Grade kanalisieren. Immerhin ist das eine notwendige Einsicht, wenn man dem Propagandabegriff "Zufallsevolution" etwas entgegensetzen und den folgenden Sachhalt halbwegs befriedigend erklären möchte: [..] |
In der Evolution steckt der Zufall schon drin. Alles andere wäre eine "determinierte Evolution", aber die Begründung hierzu wird recht schwierig. Als Anmerkung: Auch wenn Du die Freiheitsgrade verringerst (FG > 0), eliminierst Du damit keinen Zufall: Auch mit einem Würfel, dem eine Sechs fehlt, kannst Du immer noch würfeln. So kanalisierst Du allerdings ein klein wenig.
Was Morris betrifft: Er scheint da eine besondere Form einer Homunculus-Genauffassung zu vertreten ... .
Cheers,
Lamarck
_________________ „Nothing in Biology makes sense, except in the light of evolution.” (Theodosius Dobzhansky)
„If you can’t stand algebra, keep out of evolutionary biology.” (John Maynard Smith)
„Computers are to biology what mathematics is to physics.” (Harold Morowitz)
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Tso Wang Vergiß es
Anmeldungsdatum: 21.09.2003 Beiträge: 1433
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(#168071) Verfasst am: 21.08.2004, 10:08 Titel: Re: S.C. Morris - Kreationismus soft |
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step hat folgendes geschrieben: | http://www.zeit.de/2004/35/Morris-Interview
Die ZEIT hat folgendes geschrieben: | ZEIT: Worin Sie behaupten, die Evolution und der Mensch seien keine Zufallsprodukte.
Morris: Das ist die zentrale Aussage in Life?s Solution. Um nur ein Argument dafür zu nennen: Viele der Gene, die in unserem Gehirn aktiv sind, lassen sich bereits in Hefe nachweisen, obwohl diese kein Gehirn hat. Und zahlreiche wichtige Proteinfamilien sind ziemlich sicher schon in sehr früher Zeit entstanden. Und zwar mehrmals unabhängig voneinander. Die warteten gleichsam nur auf ihren Einsatz. |
Wirklich sehr überzeugend ... |
Hallo step,
ich wollte auch gerade auf diesen Artikel hinweisen, allerdings mit der Überschrift 'Christ und Darwinist zugleich?'. Du warst schneller.
()
_________________ Geh' weiter
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Tso Wang Vergiß es
Anmeldungsdatum: 21.09.2003 Beiträge: 1433
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(#168072) Verfasst am: 21.08.2004, 10:11 Titel: |
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P.S.:
Der darauf folgende Artikel der 'Zeit' (S.30, 'Die virale Fabrik') ist übrigens auch recht interessant.
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_________________ Geh' weiter
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Klaus-Peter auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 10.01.2004 Beiträge: 1534
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(#168131) Verfasst am: 21.08.2004, 13:36 Titel: |
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Entschuldige, Step, aber mir scheint, Du bist in Deiner Meinung inkonsistent:
Zitat: | Morris: Meiner Ansicht nach war der Mensch bereits mit dem Urknall angelegt. Während der ersten Millisekunde dieser Welt. Unsere Entstehung ist alles andere als ein Zufall. |
Ich denke, genau dieser Meinung musst Du als überzeugter Determinist doch auch sein.
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Shadaik evolviert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 26377
Wohnort: MG
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(#168137) Verfasst am: 21.08.2004, 13:54 Titel: |
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Was Morris da beschreibt ist doch einfach nur Präadaption bzw. Rekonfiguration.
_________________ Fische schwimmen nur in zwei Situationen mit dem Strom: Auf der Flucht und im Tode
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#168139) Verfasst am: 21.08.2004, 13:56 Titel: |
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Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Entschuldige, Step, aber mir scheint, Du bist in Deiner Meinung inkonsistent:
Zitat: | Morris: Meiner Ansicht nach war der Mensch bereits mit dem Urknall angelegt. Während der ersten Millisekunde dieser Welt. Unsere Entstehung ist alles andere als ein Zufall. |
Ich denke, genau dieser Meinung musst Du als überzeugter Determinist doch auch sein. |
Dieser Meinung bin ich tatsächlich - mal abgesehen von der genauen Definition des Urknalls. Das ist aber keineswegs inkonsistent, denn der Pseudozufall, wie wir ihn beim Würfel, beim Wetter, bei der Evolution usw. sehen, ist ein statistisches (und nach meiner Ansicht letztlich deterministisches) Phänomen.
Morris übersieht vor allem - wie Martin bereits geschrieben hat - den "constraints" Aspekt. Der paßt aber sehr gut mit einer deterministischen Überzeugung zusammen (wenn auch nicht nur mit einer solchen).
Mein Argument war zudem nicht, daß ich Morris diesbezügliche Aussage nicht teilte, sondern daß er damit eigentlich selbst eher eine naturgesetztliche als eine ID-Interpretation nahelegt.
gruß/step
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#168179) Verfasst am: 21.08.2004, 15:14 Titel: Re: S.C. Morris - Kreationismus soft |
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Hi Step,
step hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | ... daß die Evolution nicht zufällig verläuft, weil es ja generell auch so etwas wie Systembedingungen gibt, die das Regime des Zufalls mehr oder minder stark einengen und die Entwicklung zu einem gewissen Grade kanalisieren. Immerhin ist das eine notwendige Einsicht, wenn man dem Propagandabegriff "Zufallsevolution" etwas entgegensetzen und den folgenden Sachhalt halbwegs befriedigend erklären möchte:
Zitat: | Morris: Das Linsenauge ist mindesten siebenmal in der Evolutionsgeschichte unabhängig erfunden worden. Nicht nur bei Wirbeltieren, sondern auch bei stammesgeschichtlich weit entfernten Tieren wie Tintenfischen und Ringelwürmern. |
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Genau. Der Zufall (oder besser die Vielzahl der Stichproben aus einer Grundgesamtheit mit hinreichend vielen Freiheitsgraden) spielt zwar eine wichtige Rolle in der Evolution, aber gerade da nicht, wo Morris ihn widerlegen zu müssen meint. Die von ihm angeführten Fälle sprechen gerade für eine naturgesetzliche "Notwendigkeit", die er sogar selbst noch implizit zugibt ("Urknall"). |
Sicher. Daß die Entwicklung der Systeme durch deren Eigengesetzlichkeiten in vorgegebene Bereiche (Attraktoren) gelenkt wird, ist ja auch eine wohlbestätigte Grundaussage der allgemeinen System- bzw. Chaostheorie. Ich kritisiere nur die Eindimensionalität der Denkungsart von Morris: Für ihn scheinen nur Notwendigkeiten ohne Zufall bzw. eine Ordnung ohne Chaos zu existieren. Eine solche Verabsolutierung halte ich für ebenso abseitig, wie die Verabsolutierung des Zufalls in der Evolutionskritik.
Step hat folgendes geschrieben: | Im Grunde genommen basiert seine ID-Argumentation also auf seiner ungelösten Frage, wie die Naturkonstanten zustandekommen, obwohl er das nicht zugibt. |
Möglich, daß eine religiöse Überzeugung hinter Morrisens Ansichten steht. Vielleicht aber auch nur ein plattes, deterministisch-mechanismisches Weltbild, das kann ich nicht sagen. Ich glaube aber nicht, daß Morris (nicht der "ICR-Morris" ) eine "ID-Argumentation" führt. Er hat sich ja dezidiert von der "Intelligent Design-Theorie", die er unzulässigerweise mit dem Bibel-Kreationismus gleichsetzt, distanziert. Seinen Äußerungen nach zu urteilen, vertritt er bestenfalls eine theistische Evolution, die zwar zielgerichtet auf einen "Punkt Omega" zuläuft, deren Ursachen jedoch weltimmanenter (nicht transzendenter) Natur sind. Aber ich kenne ihn nicht genug, um beurteilen zu können, ob er wirklich "Teilhardianer" ist.
Grüße
Martin
_________________ "Science is a candle in the dark." - Carl Sagan
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#168184) Verfasst am: 21.08.2004, 15:25 Titel: |
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Hi Step,
[...]
step hat folgendes geschrieben: | Morris übersieht vor allem - wie Martin bereits geschrieben hat - den "constraints" Aspekt. |
Nein, genau umgekehrt: Er sieht nur constraints und übersieht den Zufall.
Step hat folgendes geschrieben: | Mein Argument war zudem nicht, daß ich Morris diesbezügliche Aussage nicht teilte, sondern daß er damit eigentlich selbst eher eine naturgesetztliche als eine ID-Interpretation nahelegt. |
Darauf können wir uns einigen. Mir leuchtet nur nicht ein, warum Du dann von "Kreationismus soft" redest.
Grüße
Martin
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#168187) Verfasst am: 21.08.2004, 15:32 Titel: |
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Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Step hat folgendes geschrieben: | Mein Argument war zudem nicht, daß ich Morris diesbezügliche Aussage nicht teilte, sondern daß er damit eigentlich selbst eher eine naturgesetztliche als eine ID-Interpretation nahelegt. |
Darauf können wir uns einigen. Mir leuchtet nur nicht ein, warum Du dann von "Kreationismus soft" redest. |
Weil er hinter all dem einen Plan sieht. Vielleicht sollte es besser "ID soft" heißen, aber Kreationismus im weiteren Sinne ist für mich einfach Schöpfungsglauben, ob er nun an Naturkonstanten oder Arten ansetzt.
gruß/step
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#168196) Verfasst am: 21.08.2004, 15:46 Titel: Re: S.C. Morris - Kreationismus soft |
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Hi Lamarck,
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Nun kann man ja zurecht darauf verweisen, daß die Evolution nicht zufällig verläuft, weil es ja generell auch so etwas wie Systembedingungen gibt, die das Regime des Zufalls mehr oder minder stark einengen und die Entwicklung zu einem gewissen Grade kanalisieren. Immerhin ist das eine notwendige Einsicht, wenn man dem Propagandabegriff "Zufallsevolution" etwas entgegensetzen und den folgenden Sachhalt halbwegs befriedigend erklären möchte: [..] |
In der Evolution steckt der Zufall schon drin. Alles andere wäre eine "determinierte Evolution", aber die Begründung hierzu wird recht schwierig. Als Anmerkung: Auch wenn Du die Freiheitsgrade verringerst (FG > 0), eliminierst Du damit keinen Zufall: Auch mit einem Würfel, dem eine Sechs fehlt, kannst Du immer noch würfeln. So kanalisierst Du allerdings ein klein wenig. |
Genau so sehe ich das auch. Riedl vergleicht die Verschaltung der Gene unter ein Regulatorgen mit dem Verkleben von Würfeln: Die Zahl der möglichen Würfelwurfkombinationen wird durch Kopplung bedeutend verringert, wodurch natürlich die Wahrscheinlichkeit steigt, eine bestimmte Kombination (bzw. Expressionsmuster der Gene) zu erhalten. Trotz solcher Kanalisierungen wirkt der Zufall: Wenn durch eine Zufallsmutation aus der "Würfelsechs" eine "Sieben" wird, ändern sich auch die "constraints".
Lamarck hat folgendes geschrieben: | Was Morris betrifft: Er scheint da eine besondere Form einer Homunculus-Genauffassung zu vertreten ... . |
Nicht nur das. Seine Argumentation funktioniert eigentlich nur, wenn es keinen indeterministischen Zufall, sondern einen starren Automatismus gibt. Solche Überzeugungen halte ich nicht mit der Quantenmechanik für vereinbar, die einen strengen Determinismus ausschließt. Wie Bell gezeigt hat, führt die Einführung von wie auch immer gearteten "verborgenen Parametern" in die QM zu Widersprüchen. Bestimmte Größen sind halt in der Quantenphysik objektiv unbestimmt und nicht das Resultat einer "Informationslücke". Das gilt zumindest solange, bis die QM in ihrer heutigen als widerlegt gilt.
Grüße
Martin
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Kommissar Plattfuß Rüpel
Anmeldungsdatum: 13.08.2004 Beiträge: 2353
Wohnort: Düssbuich
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(#168201) Verfasst am: 21.08.2004, 16:06 Titel: |
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Zitat: |
Früher oder später wird die Evolution überall zwangsläufig bei einer intelligenten Spezies ankommen. Vielleicht dauert alles etwas länger auf anderen Planeten. Aber die Entwicklung hin zu Komplexität und Intelligenz ist Programm. |
Vielleicht stimmt das sogar, aber einen (göttlichen) Plan darin zu sehen ist völlig unlogisch. Unser relativ leistungsfähiges Gehirn ist eben unsere Waffe im "Kampf ums Dasein", so wie andere Tiere eben schneller laufen können, schärfere Krallen haben oder sich besser tarnen und verstecken können als andere. Das ist alles mit Darwins Theorie zu erklären.
Zitat: |
Wenn Leute die Evolution benutzen, um Aussagen zu Problemen der menschlichen Gesellschaft zu machen, sollte man generell sehr vorsichtig sein. |
Damit hat er meiner Meinung nach absolut recht. Aber das ist auch schon alles, was ihn von den "echten" Kreationisten unterscheidet. Meiner Meinung nach ist dieser "Wissenschaftler" sogar noch viel gefährlicher als die amerikanischen Kreationisten, denn die sagen immerhin ehrlich was sie denken -oder glauben-.
Zitat: |
Muss man seinen Lesern denn alles ins Gesicht werfen? |
Ja, das muß man! Bei den Kreationisten erkennt man die Pseudo- Wissenschaftlichkeit sofort, aber bei diesem "Wissenschaftler" erst auf den zweiten Blick.
Zitat: |
Immer wenn du denkst, du verstehst Gott nun endlich, verstehst du ihn nicht. |
Oder auf Deutsch: Immer wenn du dir dein Weltbild einigermassen passend zusammengebastelt hast, kommt diese gemeine Wissenschaft und macht alles wieder kaputt.
Da die Wissenschaft aber die für religiöse Menschen unangenehme Eigenschaft hat, nachprüfbare Erkenntnisse vorweisen zu können, wird normalerweise einfach der eigene Glaube angepaßt und zurechtgebogen. Als herauskam, daß sich die Erde um die Sonne dreht, und nicht umgekehrt war das auch noch kein Problem,- das ist schließlich für den Glauben im Grunde unwichtig. Aber weil die Plan - und Sinnlosigkeit der Evolution der zentrale Kern von Darwins Theorie sind, wird es den Religiösen nicht gelingen sich wie sonst üblich aalglatt an dieser Erkenntnis vorbeizuwinden, auch wenn dieser "Wissenschaftler" es versucht. Die Ev olutionstheorie wiederspricht ganz fundamental so ziemlich jeder Religion. Ehrliche Menschen müssen sich einfach entscheiden: Entweder sie halten Darwins Theorie für wahr, oder sie glauben an Gott. Beides geht nicht!
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Darwin Upheaval Evo-Devo-Darwinist & Wissenschaftskommunikator
Anmeldungsdatum: 23.01.2004 Beiträge: 5491
Wohnort: Tief im Süden
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(#168204) Verfasst am: 21.08.2004, 16:14 Titel: |
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Hi Step,
step hat folgendes geschrieben: | Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Step hat folgendes geschrieben: | Mein Argument war zudem nicht, daß ich Morris diesbezügliche Aussage nicht teilte, sondern daß er damit eigentlich selbst eher eine naturgesetztliche als eine ID-Interpretation nahelegt. |
Darauf können wir uns einigen. Mir leuchtet nur nicht ein, warum Du dann von "Kreationismus soft" redest. |
Weil er hinter all dem einen Plan sieht. Vielleicht sollte es besser "ID soft" heißen, aber Kreationismus im weiteren Sinne ist für mich einfach Schöpfungsglauben, ob er nun an Naturkonstanten oder Arten ansetzt. |
Ich halte es für wenig sinnvoll, alle denkbaren Schöpfungsmodelle unter den Begriff "Kreationismus" zu subsumieren. Ansonsten wären Planck, Heisenberg, Einstein und mit ihnen mindestens jeder fünfte Wissenschaftler ebenfalls als Kreationisten einzustufen. Das gilt erst recht für Menschen wie z.B. Hemminger oder v. Ditfurth, die (nur) eine weltimmanente Schöpfung vertreten und zeitlebens gegen den Kreationismus argumentiert haben. Solche Menschen in die Kreationisten-Kiste zu packen, erscheint mir relativ abseitig.
Man sollte nicht vergessen, daß der Begriff auf Menschen zugeschneidert wurde, die mindestens zwei Voraussetzungen mitbringen: Einen Schöpfungsglauben, der nicht nur als Ausdruck religiöser Überzeugung, sondern als wissenschaftliches Thesensystem gewertet wird, hinter dem wohlbestätigte Faktenaussagen der Wissenschaft zurückstehen müssen. Charakteristisch für den Kreationismus ist also immer ein fundamentalistisches, wissenschaftsrevisionistisches Element, also der Versuch, Wissenschaft supernaturalistisch umzukrempeln und für den Glauben zu vereinnahmen. Insofern ist ID zum Kreationismus (im weiteren Sinne) dazuzurechnen, pantheistische Schöpfungsmodelle dagegen nicht.
Grüße
Martin
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#168227) Verfasst am: 21.08.2004, 17:44 Titel: Re: S.C. Morris - Kreationismus soft |
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Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Seine Argumentation funktioniert eigentlich nur, wenn es keinen indeterministischen Zufall, sondern einen starren Automatismus gibt. |
Seine Argumentation in bezug auf ID funktioniert auch dann nicht.
Seine Argumentation in bezug auf "Zwangsläufigkeit" der Evolution setzt nicht unbedingt starren Automatismus voraus, ein makroskopischer oder statistischer Determinismus würde ausreichen, also die Unwesentlichkeit der einzelnen Quantenunschärfe.
Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: | Solche Überzeugungen halte ich nicht mit der Quantenmechanik für vereinbar, die einen strengen Determinismus ausschließt. Wie Bell gezeigt hat, führt die Einführung von wie auch immer gearteten "verborgenen Parametern" in die QM zu Widersprüchen. |
Die Bell'sche Ungleichung im Zusammenhang mit der Quantenphysik schließt nur aus, dass die Vorhersagen der Quantenmechanik bezüglich der Korrelation verschränkter Zustände nicht durch lokale Theorien mit verborgenen Parametern beschreibbar sind. In der Quantenphysik (CI) fehlt aber eine Erklärung für den scheinbaren Zufall (offensichtlich scheiden die sog. "verborgenen Parameter" aus). Das heißt, die derzeitige Form der Theorie ist als Rechenhilfe, aber nicht als Erklärung des scheinbaren Zufalls zu gebrauchen. Man wird eine umfassendere Theorie benötigen, die dies erklärt. Diese könnte streng deterministisch sein und dennoch der Bellschen Ungleichung nicht widersprechen.
gruß/step
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narziss auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 21939
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(#168249) Verfasst am: 21.08.2004, 19:22 Titel: Re: S.C. Morris - Kreationismus soft |
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Martin Neukamm hat folgendes geschrieben: |
Nicht nur das. Seine Argumentation funktioniert eigentlich nur, wenn es keinen indeterministischen Zufall, sondern einen starren Automatismus gibt. Solche Überzeugungen halte ich nicht mit der Quantenmechanik für vereinbar, die einen strengen Determinismus ausschließt. Wie Bell gezeigt hat, führt die Einführung von wie auch immer gearteten "verborgenen Parametern" in die QM zu Widersprüchen. Bestimmte Größen sind halt in der Quantenphysik objektiv unbestimmt und nicht das Resultat einer "Informationslücke". Das gilt zumindest solange, bis die QM in ihrer heutigen als widerlegt gilt.
| Was sit hier mit verborgenen Parametern gemeint?
Es gibt ja teilweise auch die Auffassung, dass die Welt streng deterministisch ist. Zufallereignisse, wie zum Beispiel die Bewegung von Elektronen sollen sich damit erklären lassen, dass andere, noch nicht entdeckte Teilchen die Elektronen beeinflussen. Hat er damit solche Einwände vom Tisch gefegt?
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Marvin deterministischer deprimierter Automat
Anmeldungsdatum: 17.04.2004 Beiträge: 234
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(#168270) Verfasst am: 21.08.2004, 20:11 Titel: Re: S.C. Morris - Kreationismus soft |
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Gibt es eigentlich einen guten Grund davon auszugehen, dass Elementarteilchen alle gleich sind? Steckt vermutlich im Wort "elementar" aber ist das mehr als eine ontologische Grundannahme?
Wir Menschen sind zwar alle verschieden, aber in größeren Gruppen kann man trotzdem Vorhersagen über das Verhalten der Gruppe machen, nicht aber über das Verhalten eines einzelnen - das erscheint mir in meiner naiven Weltsicht ein bischen analog zur QM zu sein.
Was also, wenn alle Elementarteilchen "Individuuen" sind?
Jetzt mal abgesehen davon, dass das der Albtraum eines jeden Physikers wäre, und ebenfalls davon abgesehen, dass die Vorstellung eines Elementarteilchen letztlich nur ein Modell ist für... hmmm... also anders gefragt:
Liegt in der Modellvorstellung eines Elementarteilchens, das nicht individuell von einem anderen gleichen Typs verschieden ist vielleicht der Fehler, weil die "Realität" sich so gar nicht modellieren läßt, weil dies eine Homogenität vorraussetzen würde, die es vielleicht gar nicht "gibt"?
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#168273) Verfasst am: 21.08.2004, 20:15 Titel: Re: S.C. Morris - Kreationismus soft |
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narziss hat folgendes geschrieben: | Was sit hier mit verborgenen Parametern gemeint?
Es gibt ja teilweise auch die Auffassung, dass die Welt streng deterministisch ist. Zufallereignisse, wie zum Beispiel die Bewegung von Elektronen sollen sich damit erklären lassen, dass andere, noch nicht entdeckte Teilchen die Elektronen beeinflussen. Hat er damit solche Einwände vom Tisch gefegt? |
Eigentlich geht es eher um unentdeckte Freiheitsgrade, die aus der Quantenstatistik wieder eine Art klassische Statistik machen würden - vereinfachend gesagt.
Es ist leider allgemein üblich, viele zu enge und teilweise falsche Schlüsse aus der experimentellen Verletzung der Bell-Ungleichung zu ziehen. Insbesondere macht die eigentlich rein logisch-mengentheoretische Bell-Ungleichung bereits versteckte Voraussetzungen, wenn man sie auf physikalische Situationen anwendet. Ich empfehle z.B.
http://www.uni-protokolle.de/Lexikon/Bellsche_Ungleichung.html#Konsequenzen_aus_der_Verletzung_der_Bell'schen_Ungleichung
Zitat: | ...
Konsequenzen aus der Verletzung der Bell'schen Ungleichung
Es gibt mehrere populäre Reaktionen auf diese Situation:
Zunächst könnte man einfach annehmen, dass die Quantenmechanik falsch ist. Sie wird jedoch experimentell gestützt: Alice und Bob haben tatsächlich Ergebnisse erhalten wie quantenmechanisch vorhergesagt.
Zweitens kann man die Vorstellung verborgener Variablen aufgeben und argumentieren, dass die Wellenfunktion keine Informationen über die Werte von Messungen an Teilchen enthält. Das entspricht der Kopenhagener Interpretation der Quantenmechanik.
Man könnte auch das Prinzip der Lokalität aufgeben: Die Verletzung der Ungleichung kann durch eine auf nicht-lokale verborgene Variablen bauende Theorie erklärt werden, nach der Teilchen Informationen über ihre Zustände austauschen. Darauf basiert die Bohm-Interpretation. Eine solche Interpretation wird jedoch als unelegant angesehen, da alle Teilchen des Universums instantan mit allen anderen Teilchen die Informationen austauschen können müssten.
Letztlich ist die unvollständige Bestimmtheit (Counterfactual Definiteness, CFD) eine Voraussetzung für die Ungleichung. In der Realität kann man an einem Teilchen nur eine Messung durchführen (dann ist die Wellenfunktion kollabiert), aber die Bell'sche Ungleichung bezieht alternative, nicht durchführbare Messungen ein, die wohldefinierte Ergebnisse liefern. Die Aufhebung dieser Annahme kann auch die Ungleichung auflösen. In der Viele-Welten-Interpretation passiert genau das, die "Counterfactual Definiteness" wird aufgegeben, denn nach dieser Interpretation verzeigt sich das Universum in viele verschieden Betrachter, die jeweils ein anderes Ergebnis erhalten.
Es wird aktiv daran geforscht (Stand 2004), andere versteckte Voraussetzungen in der Bell'schen Ungleichung zu finden. |
gruß/step
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#168275) Verfasst am: 21.08.2004, 20:19 Titel: Re: S.C. Morris - Kreationismus soft |
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Marvin hat folgendes geschrieben: | Gibt es eigentlich einen guten Grund davon auszugehen, dass Elementarteilchen alle gleich sind? Steckt vermutlich im Wort "elementar" aber ist das mehr als eine ontologische Grundannahme? |
Ja, quantenstatistische Ununterscheidbarkeit es ist der derzeitige Stand der (auch experimentellen) Kenntnis.
Es gibt natürlich Phänomene wie nichtkonstante Naturkonstanten unter extremen Bediungungen usw.
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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narziss auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 21939
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(#168300) Verfasst am: 21.08.2004, 21:25 Titel: Re: S.C. Morris - Kreationismus soft |
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step hat folgendes geschrieben: | Marvin hat folgendes geschrieben: | Gibt es eigentlich einen guten Grund davon auszugehen, dass Elementarteilchen alle gleich sind? Steckt vermutlich im Wort "elementar" aber ist das mehr als eine ontologische Grundannahme? |
Ja, quantenstatistische Ununterscheidbarkeit es ist der derzeitige Stand der (auch experimentellen) Kenntnis.
Es gibt natürlich Phänomene wie nichtkonstante Naturkonstanten unter extremen Bediungungen usw.
gruß/step | Wo treten denn nichtkonstante Konstanten auf?
Lesch erklärt hier etwas über die Feinstrukturkonstante:
http://www.br-online.de/cgi-bin/ravi?v=alpha/centauri/v/&g2=1&f=040526.rm
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#168323) Verfasst am: 21.08.2004, 22:18 Titel: Re: S.C. Morris - Kreationismus soft |
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Ja, ich meinte z.B. alpha. Dimensionslose Kopplungsparameter wie alpha sind in Superstringtheorien Funktionen von Vakuum-Erwartungswerten skalarer Felder, die i. a. von der Zeit abhängig sind. Eine Zeitabhängigkeit der Kopplungskonstanten würdeman auch erwarten, wenn es neben den drei vorhandenen Raumdimensionen weitere Dimensionen im Verborgenen gibt.
Grad letztens habe ich was über eine entsprechende Messung gelesen, habs aber verlegt ...
gruß/step
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Klaus-Peter auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 10.01.2004 Beiträge: 1534
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(#168476) Verfasst am: 22.08.2004, 12:29 Titel: |
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Hi Step,
ich muss noch einmal auf den grundlegenden Punkt zurückkommen (bevor wir uns iun Richtung "Konstanten" verheddern).
Ich sehe keinen Unterschied zwischen Deiner Ansicht und der von Morris, bis auf die (für Dich als Nichtmetaphysiker ohnehin irrelevante) metaphysische Grundannahme: Ihr beide glaubt an einen absoluten Determinismus der Welt. Der Unterschied besteht nur darin, dass Morris dazu "Plan" sagt, weil er glaubt, dass da eine planende Intelligenz dahintersteckt. Du lehnst die Idee der planenden Intelligenz ab, und machst über den Grund, warum die Welt so ist wie sie ist, schlicht keine Aussage.
Wie mir weiter scheint, müsstest Du eigentlich Morris gegen die Kritik von Martin Neukamm und Lamarck verteidigen. Denn sie greifen (wenn Du genau hinschaust) nicht Morris' Kreationismus an, sondern seinen Determinismus. Besonders typisch ist Lamarcks Satz: "In der Evolution steckt der Zufall schon drin. Alles andere wäre eine "determinierte Evolution", ..." Ich denke, dieser Satz bringt es auf den Punkt: Evolution ist in einem deterministischen Universum absolut sinnlos, unsinnig, eigentlich sogar absurd. Es gibt überhaupt keinen Grund, warum etwas sich in "Trial und Error" entwickeln sollte, wenn schon vorher feststeht, was rauskommt.
Hinterhältig verschmitzter (aber trotzdem ernstgemeinter) Gruß
Klaus-Peter
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#168560) Verfasst am: 22.08.2004, 17:36 Titel: |
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Klaus-Peter hat folgendes geschrieben: | Evolution ist in einem deterministischen Universum absolut sinnlos, unsinnig, eigentlich sogar absurd. Es gibt überhaupt keinen Grund, warum etwas sich in "Trial und Error" entwickeln sollte, wenn schon vorher feststeht, was rauskommt. |
Evolution könnte in einem deterministischen Universum nur dann sinnlos erscheinen, wenn man die (nicht nur scheinbare) Offenheit der Zukunft generell als Grundlage für Sinnhaftigkeit ansieht. Viele Leute tun das in der Tat, aber wie Du aus unserer Diskussion über das Wesen der Zeit weißt, finde ich ein Modell logischer, nach dem die Raumzeitzustände einfach "nebeneinander vorliegen".
Wenn man demgemäß Evolution nur betrachtet als die offensichtliche Tatsache, daß das Artenbild zu bestimmten Raumzeitgebieten mit dem Artenbild zu anderen Raumzeitgebieten so und so zusammenhängt, so erscheint das keineswegs absurd.
Mir ist auch nicht klar, was genau Du mit "Es gibt überhaupt keinen Grund, warum etwas sich in "Trial und Error" entwickeln sollte, wenn schon vorher feststeht, was rauskommt." meinst, es sei denn, Du selbst sähest hinter dem "Trial" eine Intention - das kann ich aber bei Dir nicht wirklich glauben. Daß dagegen etwas wie ein "Trial und Error" aussieht, läßt sich ja gerade mit der Kombination von Constraints und Statistik (Pseudozufall) erklären, sei die Physik dahinter nun letztlich determiniert oder nicht.
gruß/step
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L.E.N. im falschen Film
Anmeldungsdatum: 25.05.2004 Beiträge: 27745
Wohnort: Hamburg
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(#168607) Verfasst am: 22.08.2004, 20:16 Titel: |
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ich will mich nicht einmischen.
nur eine frage: gehst du von einer auf ein ziel ausgerichteten evolution aus?! sehr interessant...
_________________ Ich will Gott lästern dürfen! Weg mit §166 StGB!
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Klaus-Peter auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 10.01.2004 Beiträge: 1534
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(#168613) Verfasst am: 22.08.2004, 20:20 Titel: |
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step hat folgendes geschrieben: |
Wenn man demgemäß Evolution nur betrachtet als die offensichtliche Tatsache, daß das Artenbild zu bestimmten Raumzeitgebieten mit dem Artenbild zu anderen Raumzeitgebieten so und so zusammenhängt, so erscheint das keineswegs absurd. |
Du übersiehst, dass dieses "so und so" eine ganz charakteristische Art und Weise ist: "So und So" heisst genau genommen: "Durch 'Trial und Error' wird entschieden, wer überlebt und wer nicht".
Zitat: | Mir ist auch nicht klar, was genau Du mit "Es gibt überhaupt keinen Grund, warum etwas sich in "Trial und Error" entwickeln sollte, wenn schon vorher feststeht, was rauskommt." meinst, es sei denn, Du selbst sähest hinter dem "Trial" eine Intention - das kann ich aber bei Dir nicht wirklich glauben. |
Ich meine damit folgendes: Es ist eine Tatsache, dass sich alles Leben nach dem Prinzip Trial und Error entwickelt (oder meinetwegen zu entwickeln scheint), und dass die komplexeren Strukturen, die so aussehen, als würden sie Ziele verfolgen, zeitlich nach dem wiederholten 'Trial und Error' kommen. Diese Tatsache bedarf offenbar einer Erklärung.
Oder andersherum: Ich sehe überhaupt keinen Grund, warum sich eine deterministische Welt immer ausgerechnet nach dem Trial und Error entwickeln sollte, wenn sie "höhere" Phänomene hervorbringt. Da dieser Trial and Error offenbar ein reines Epiphänomen ist, wäre es ein absurder Zufall, dass immer und überall dieses Epiphänomen auftritt, und niemals spontan eine komplexe "höhere!" Struktur entsteht. I,,erhin sind doch die ganzen höheren Strukturen vion Anfang an im Universum verborgen..
Zitat: | Daß dagegen etwas wie ein "Trial und Error" aussieht, läßt sich ja gerade mit der Kombination von Constraints und Statistik (Pseudozufall) erklären, sei die Physik dahinter nun letztlich determiniert oder nicht. |
Das ist genau das, was ich für überhaupt nicht sehe. Die Welt "sieht so aus" als sei Trial und Error erforderlich, um komplexe Strukturen hervorzubringen. Nun ist aber, wenn der Determinismus wahr ist, Trial und Error vollkommen überflüssig. Die Frage: Warum um alles in der Welt sieht die Welt so aus, obwohl sie nicht so ist.
Mich würde übrigens noch viel mehr eine selbstkritisch reflektierte Antwort auf meine andere Frage interessieren: Eigentlich müsstest Du Morris gegen die Kritik von Martin und Lamarck verteidigen. Denn eigentlich vertrittst auch Du ein "geplantes" Universum, allerdings ohne einen Planer, sondern eines, das "von selber" so ist (oder vielmehr: eines das so ist wie es ist aus Gründen, die Dich nicht interessieren).
Gruss
KP
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narziss auf Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 16.07.2003 Beiträge: 21939
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(#168614) Verfasst am: 22.08.2004, 20:23 Titel: Re: S.C. Morris - Kreationismus soft |
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step hat folgendes geschrieben: | Ja, ich meinte z.B. alpha. Dimensionslose Kopplungsparameter wie alpha sind in Superstringtheorien Funktionen von Vakuum-Erwartungswerten skalarer Felder, die i. a. von der Zeit abhängig sind. Eine Zeitabhängigkeit der Kopplungskonstanten würdeman auch erwarten, wenn es neben den drei vorhandenen Raumdimensionen weitere Dimensionen im Verborgenen gibt.
| Ich kann mich gut mit dem Gedanken an variable Konstanten anfreunden. Zumindest innerhalb unseres Universums gab es keine allzugroßen Schwankungen, so dass Kreationisten dies nicht ausnutzen können um Altersdatierungen der Evolutionsbiologen über den Haufen zu werfen. Und andereseits vereinfacht das den Blick auf die Naturgesetze, die ja erst vorhanden sein mussten um den Urknall zu ermöglichen.
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Klaus-Peter auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 10.01.2004 Beiträge: 1534
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(#168617) Verfasst am: 22.08.2004, 20:26 Titel: |
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L.E.N.|Propagandhi hat folgendes geschrieben: | ich will mich nicht einmischen.
nur eine frage: gehst du von einer auf ein ziel ausgerichteten evolution aus?! sehr interessant... |
Ich nehme an, Du meinst Step. Wenn ja, dann ist das eine höchstinteresante Bemerkung, die in die gleiche Kerbe haut wie ich: Ein deterministisches Universum läuft nach einem Plan ab (auch wenn man ihn nicht so nennen will), und steuert auf ein vorher feststehendes Ziel hin (auch wenn man das nicht so nennen will). Aber es ist so: Da läuft ein Plan ab, der auf ein Ziel hinsteuert, auch wenn es womöglich Keiner geplant hat, und es das Ziel von Keinem ist.
Gruss
KP
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step registriert
Anmeldungsdatum: 17.07.2003 Beiträge: 22782
Wohnort: Germering
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(#168618) Verfasst am: 22.08.2004, 20:28 Titel: |
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L.E.N.|Propagandhi hat folgendes geschrieben: | ich will mich nicht einmischen.
nur eine frage: gehst du von einer auf ein ziel ausgerichteten evolution aus?! sehr interessant... |
Meinst Du mich? Auf gar keinen Fall!! Nichts weniger als das. Wie kommst Du da drauf?
gruß/step
_________________ Was ist der Sinn des Lebens? - Keiner, aber Leere ist Fülle für den, der sie sieht.
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Klaus-Peter auf eigenen Wunsch deaktiviert
Anmeldungsdatum: 10.01.2004 Beiträge: 1534
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(#168621) Verfasst am: 22.08.2004, 20:35 Titel: Re: S.C. Morris - Kreationismus soft |
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narziss hat folgendes geschrieben: | Und andereseits vereinfacht das den Blick auf die Naturgesetze, die ja erst vorhanden sein mussten um den Urknall zu ermöglichen. |
Das halte ich für eine gewagte Spekulation. Ich halte die Idee für plausibler, dass die Naturgesetze erst nach dem Urknall (oder mit ihm) entstanden sind. Oder dass zumindest ein wesentlicher Teil der Naturgesetze mit/nach dem Urknall entstanden sind. Im Minimum ist die Frage zum jetzigen Zeitpunkt unentscheidbar.
Gruss
KP
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