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Weshalb ist die Schulwissenschaft so innovationsfeindlich und irrtumsanfällig?
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Halligstorch
Skeptischer Schwärmer



Anmeldungsdatum: 02.02.2006
Beiträge: 1210

Beitrag(#425548) Verfasst am: 05.03.2006, 17:38    Titel: Weshalb ist die Schulwissenschaft so innovationsfeindlich und irrtumsanfällig? Antworten mit Zitat

Die Bücher über Irrtümer der Wissenschaft sind zwischenzeitlich bis in die Bestseller-Listen vorgedrungen. Die Beispiele für großartige wissenschaftliche Innovationen, die über Jahrzehnte hinweg, als wissenschaftliche Häresie verunglimpft wurden, scheinen rückenblickend schon fast die Regel und nicht die Ausnahme zu bilden. Die moderne Universitätswissenschaft ist weiten Teilen von einer Religion, in der jede neue Auffassung, die von deren bestehenden Lehrmeinung abweicht als Häresie betrachte wird kaum noch zu unterscheiden. Das so gelobte "peer review-system" hat sich darin bewährt Innovationen zu verhindern. Bei der Aufdeckung von Fälschungen scheint es aber vielfach zu versagen:

Das folgende - in einem anderen Thread bereits von mir angeführte Beispiel - soll die Diskussion anregen: Es geht dabei um die Entdeckung der sogenannten, Abderhaldenschen Abwehrfermente durch den schweizerdeutschen Physiologen Emil Abderhalden (1877-1950) . Abderhalden war es gelungen, die Existenz seiner - wie man heute weiß und eigentlich schon immer hätte wissen können - nichtexistenten Abwehrfermente von 1915 bis etwa Ende der 1950 Jahre als bewiesen hinzustellen. Anschließend verschwanden sie klammheimlich aus der Literatur.

In einem in 1998 erschienenen Nature-Artikel ('The fraud of Abderhalden's enzymes') wurde die Geschichte aufgedeckt und aufgearbeitet. Die Autoren beantworten die Frage, weshalb Abderhalden über einen so langen Zeitraum hinweg, eine experimentell prüfbare falsche Theorie vertreten konnte, wie folgt: »His strategy was simple and straightforward. He must have has collaborators who found what he wanted them to find«. Etwas zu Hilfe kam Abderhalden dabei, dass in der Biologie bzw. Physiologie die Experimente nicht so eindeutig ausfallen als z. B. in der Physik oder Chemie. Unterstützung fand er jedoch auch in der Politik.

Dazu muss man wissen, dass Abderhalden in der Zeit des dritten Reiches ein einflussreicher Mann war, so dass Opposition zu ihm gefährlich war. Doch auch vor und nach der Zeit des dritten Reiches ist seine Theorie der Abwehrfermente immer wieder und zwar nicht nur von seinen, ihm ›ergebenen‹ Schülern bestätigt worden. Hier greift einmal die Einschätzung von Paul Feyerabend , dass die Universitäten ein »mächtiges Geschäft« geworden sind, in »denen gute Bezahlung und ein gutes Verhältnis zum Chef und den Kollegen in der 'Abteilung' die Hauptziele dieser menschlichen Ameisen sind, die sich bei der Lösung winziger Probleme hervortun, die mit nichts etwas anfangen können, das über ihren Fachbereich herausgeht«.

Zweitens wird insbesondere in der Zeit des dritten Reiches die unselige, allzu enge Verknüpfung von Politik und Wissenschaft überdeutlich. Obwohl die Abwehrfragmente wissenschaftlich nie beweisbar waren, wagten »große Teile des wissenschaftlichen Establishments im Deutschen Reich aufgrund von Abderhaldens Reputation nicht [...], diese zum Teil durch Fälschungen ›belegten‹ Theorien zu kritisieren oder [machten] sich gar durch Manipulation von Forschungsergebnissen zu Komplizen« (http://de.wikipedia.org/wiki/Emil_Abderhalden).

Nach dem Krieg lehrte der politisch-eugenisch schwerbelastete Abderhalden an der Universität Zürich weiter und war noch bis zu seinem Tod im Jahr 1950 Präsident der berühmten naturwissenschaftlich-medizinischen Gesellschaft »Leopoldina« in Halle. Und dass die unselige, allzu enge Verknüpfung zwischen Polizik und Wissenschaft nicht mit Ende des dritten Reiches gelöst wurde, zeigt auch das Beispiel der Klimaerwärmungstheorie, bei der Politik und Wissenschaft Hand in Hand arbeiten und zwar so innig, dass Gegner dieser Theorie die Kürzung von Forschungsgeldern einkalkulieren müssen.

Das einzig Positive an der Abderhalden'schen Geschichte scheint mir zu sein, dass sie 1998 (also mindestens 50 Jahre zu spät!) in dem angeführten Nature-Artikel umfassend aufgedeckt und aufgearbeitet wurde. Ich zweifle aber daran, dass diese abenteuerlich-erbärmliche Geschichte vom ›Wissenschaftsapparat‹ tatsächlich hinreichend zur Kenntnis genommen und reflektiert oder den Studenten zur Mahnung mit auf den Weg gegeben wird.

Kurz: Der alltägliche unversitäre Wahnsinn aus Fälschungen und Innovationsfeindlichkeit scheint System zu haben.

Gruß

Halligstorch
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»Monotheisten, Fundamentalisten, Kreationisten sind nur dann gefährlich, wenn sie sich von der Intoleranz heutiger Atheisten anstecken lassen und wie diese Atheisten auf eine einzige Wahrheit für alle bestehen.«
Richard Rorty, amerikanischer Philosoph

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step
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Anmeldungsdatum: 17.07.2003
Beiträge: 22767
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Beitrag(#425557) Verfasst am: 05.03.2006, 17:51    Titel: Antworten mit Zitat

Hast Du dasselbe nicht schonmal gepostet?

Die Einzelbeispiele zeigen doch nur, daß der Mensch kein optimaler Wissenschaftler ist. Er neigt eben zu selektiver Wahrnehmung, Bequemlichkeit, Rechthaberei, Machtspielchen usw. - und dies wird durch die Strukturen zuweilen verstärkt.

Ich finde es faszinierend, daß die wissenschaftlichen Methode dennoch zu einem beeindruckenden Fortschritt, zur Entmystifizierung von Religion, und auch zur Aufdeckung vieler Fehler geführt hat und führt.

Langfristig ist es aber vermutlich effizienter, die Professoren und Hiwis durch künstliche Intelligenz zu ersetzen.
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Halligstorch
Skeptischer Schwärmer



Anmeldungsdatum: 02.02.2006
Beiträge: 1210

Beitrag(#425567) Verfasst am: 05.03.2006, 18:06    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Hast Du dasselbe nicht schon mal gepostet?

Die Einzelbeispiele zeigen doch nur, daß der Mensch kein optimaler Wissenschaftler ist. Er neigt eben zu selektiver Wahrnehmung, Bequemlichkeit, Rechthaberei, Machtspielchen usw. - und dies wird durch die Strukturen zuweilen verstärkt.

Ich finde es faszinierend, daß die wissenschaftlichen Methode dennoch zu einem beeindruckenden Fortschritt, zur Entmystifizierung von Religion, und auch zur Aufdeckung vieler Fehler geführt hat und führt.

Langfristig ist es aber vermutlich effizienter, die Professoren und Hiwis durch künstliche Intelligenz zu ersetzen.


Hallo step,

das Beispiel von den Abderhaldenschen Abwehrfermenten habe ich Dir schon mal gepostet, ohne allerdings eine Reaktion von Dir zu erhalten.

Es geht hier nicht nur um die Schwächen von Menschen, sondern um die Schwächen von Strukturen und die Frage wieso es gerade große Geister, in diesen Strukturen so schwer haben?

Die Wissenschaftsapparat ähnelt doch in großen Teilen selbst einem 'Mysterium', dass seine eigene Entmystifizierung systematisch verhindert.

Von künstlichen Intelligenzen halte ich in diesem Zusammenhang nicht viel. Es geht um Innovationen und die kommen von Menschen, häufig in Verbindung mit technischen Errungenschaften, die wieder von Menschen stammen...

Gruß

Halligstorch
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GermanHeretic
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Beiträge: 4932

Beitrag(#425578) Verfasst am: 05.03.2006, 18:39    Titel: Antworten mit Zitat

Halligstorch hat folgendes geschrieben:
Die Wissenschaftsapparat ähnelt doch in großen Teilen selbst einem 'Mysterium', dass seine eigene Entmystifizierung systematisch verhindert.

Das ist Blödsinn. Wissenschaft ist kein Geheimbund wie die Steinmetze, bei dem Adepten in dunklen Gewölben in deren "Geheimnisse" eingewiesen werden. Das einzige, was einen davon abhält, das "Mysterium" Wissenschaft zu ergründen, ist mangelnde Intelligenz.
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Tarvoc
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Beitrag(#425582) Verfasst am: 05.03.2006, 18:49    Titel: Antworten mit Zitat

GermanHeretic hat folgendes geschrieben:
Das einzige, was einen davon abhält, das "Mysterium" Wissenschaft zu ergründen, ist mangelnde Intelligenz.

Na und? Das ist bei den meisten Geheimbünden ganz genauso. Lachen
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GermanHeretic
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Beitrag(#425588) Verfasst am: 05.03.2006, 18:52    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
GermanHeretic hat folgendes geschrieben:
Das einzige, was einen davon abhält, das "Mysterium" Wissenschaft zu ergründen, ist mangelnde Intelligenz.

Na und? Das ist bei den meisten Geheimbünden ganz genauso. Lachen

Ehr mangelnde Paranoia. Ne, warte, mangelnde Verbindungen.
Wie wäre es, wenn wir uns mal soooo die Hand geben?
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Tarvoc
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Beiträge: 44147

Beitrag(#425597) Verfasst am: 05.03.2006, 19:06    Titel: Antworten mit Zitat

GermanHeretic hat folgendes geschrieben:
Ehr mangelnde Paranoia. Ne, warte, mangelnde Verbindungen.

Kommt darauf an. Zu welchem willst du denn? Lachen
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Masaru
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Beiträge: 361

Beitrag(#425605) Verfasst am: 05.03.2006, 19:38    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:

Ich finde es faszinierend, daß die wissenschaftlichen Methode dennoch zu einem beeindruckenden Fortschritt, zur Entmystifizierung von Religion, und auch zur Aufdeckung vieler Fehler geführt hat und führt.


Inwiefern ist den Religion entmystifiziert?
Ich persönlich glaube nicht das die Wissenschaft jemals alle Fragen beantworten kann,
denn jede Antwort wirft neue Fragen auf.
Alles lernen dieser Welt wird dich nicht schlauer machen, du hast bloß mehr Scheiße in Kopf mit der du witzige Dinge entwickeln, oder deinen Mitmenschen mit Klugscheißerei auf den Geist gehen kannst.
Ein nettes Spiel, aber nicht mehr.
Häufe wissen an, am Ende verlässt es dich, spätestens mit dem Tod.

Damit will ich nicht sagen, das du an irgendwas glauben sollst, sondern nur das du dir bewusst sein musst das alles Wissen dieser Welt das Leben nie entmystifizieren kann, weil das Leben etwas mystisches ist.

Alle versuche das Universum als etwas kategorisierbares zu betrachten sind m.E. HIrnmus.
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step
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Beiträge: 22767
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Beitrag(#425621) Verfasst am: 05.03.2006, 20:34    Titel: Antworten mit Zitat

Ist zwar hier OT, aber:

Kugel_schrei_baer hat folgendes geschrieben:
Inwiefern ist den Religion entmystifiziert?

Entstehung des Sonnensystems, Entstehung der Arten, Zeugung, angebliche Wunder und Reliquien, religiöse Visionen, Endgültigkeit des Todes, verbrecherische Rolle der Kirche, Unfreiheit des Willens, Nichteintreffen von Prophezeihungen, usw. usf. - die meisten ehemaligen Grunddogmen sind bei vernünftigen Menschen heutzutage durch. Manche halten sich noch verzweifelt an Fragen fest, die dem jeweiligen Wissensstand entsprechen, z.B. derzeit die Interpretation der QM, der Urknall oder die genaue Funktionsweise des Bewußtseins ... aber der Trend geht dahin, daß nur noch Fragen offenbleiben, die so exotisch sind, daß sie mit den ehemaligen religiösen Mysterien (Woher kommt der Blitz? Warum gibt es Fisch und Vogel? Wer legt fest, was Gut und Böse ist? ...) des Lebens nichts mehr zu tun haben.

Kugel_schrei_baer hat folgendes geschrieben:
Ich persönlich glaube nicht das die Wissenschaft jemals alle Fragen beantworten kann, denn jede Antwort wirft neue Fragen auf.

Da stimme ich zu, es ist unwahrscheinlich, daß wir jemals alles wissen.

Kugel_schrei_baer hat folgendes geschrieben:
... Häufe wissen an, am Ende verlässt es dich, spätestens mit dem Tod.

1. Das gilt trivialerweise auch für den Glauben und alles andere. Der Tod ist nämlich das Ende der Person. Vielen gefällt zwar die Himmel/Hölle Variante besser, das ändert aber nichts.
2. Wissen ist nicht starr an die Person gebunden. Schon mal eine Formelsammlung gesehen?
3. Niemand behauptet, Wissenschaft sei eine Ersatzreligion - außer ein paar Religiösen. Wissenschaft ist einfach nur eine gut funktionierende Methode, unsere Wahrnehmungen zu modellieren und Voraussagen zu machen. Eine überprüfbar bessere als Glauben.

Kugel_schrei_baer hat folgendes geschrieben:
Damit will ich nicht sagen, das du an irgendwas glauben sollst, sondern nur das du dir bewusst sein musst das alles Wissen dieser Welt das Leben nie entmystifizieren kann, weil das Leben etwas mystisches ist.

So ein Quark. Das Leben ist ein natürliches Phänomen wie jedes andere auch. In dem Moment, wo wir eine gute Theoprie haben, wie es entstanden ist, wie es funktioniert und wie es endet, ist es entmystifiziert. Es hat dann nichts Übernatürliches mehr.

Kugel_schrei_baer hat folgendes geschrieben:
Alle versuche das Universum als etwas kategorisierbares zu betrachten sind m.E. HIrnmus.

Alle Versuche, irgendetwas als nicht kategorisierbar zu betrachten, sind m.E. Hirnmus. Denn Kategorisierung, Modellierung durch Theorien usw. sind das Einzige, wie wir an das von uns Wahrgenommene herangehen können, wenn wir es erklären wollen.
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Bynaus
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Beiträge: 1888
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Beitrag(#425650) Verfasst am: 05.03.2006, 21:54    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Das einzige, was einen davon abhält, das "Mysterium" Wissenschaft zu ergründen, ist mangelnde Intelligenz.


Coole Sache, das...

Nichts ist "perfekt", auch die Wissenschaft und erst recht unsere heutigen Weltbilder nicht. Wer aber nicht den Mut oder den notwendigen Verstand hat, um zu ergründen, wie und vor allem warum die Wissenschaft zu ihren Ergebnissen kommt, wird sie nie verstehen.
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El Schwalmo
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Beiträge: 9070

Beitrag(#425688) Verfasst am: 05.03.2006, 23:00    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Kugel_schrei_baer hat folgendes geschrieben:
Damit will ich nicht sagen, das du an irgendwas glauben sollst, sondern nur das du dir bewusst sein musst das alles Wissen dieser Welt das Leben nie entmystifizieren kann, weil das Leben etwas mystisches ist.

So ein Quark. Das Leben ist ein natürliches Phänomen wie jedes andere auch. In dem Moment, wo wir eine gute Theoprie haben, wie es entstanden ist, wie es funktioniert und wie es endet, ist es entmystifiziert. Es hat dann nichts Übernatürliches mehr.

auch wenn ich eher Deinen Standpunkt teile, muss ich einräumen, dass Deine ganze Argumentation auf einer nicht belegten Prämisse beruht: es könnte sein, dass Leben doch 'mehr' ist, als wir in gute Theorien kleiden können. Man arbeitet daran, Ausgang offen. Die Erfolge der Vergangenheit lassen allerdings die Hoffnung begründet erscheinen, dass wir lebende Systeme entmystifizieren können.
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step
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Beitrag(#425699) Verfasst am: 05.03.2006, 23:12    Titel: Antworten mit Zitat

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Kugel_schrei_baer hat folgendes geschrieben:
Damit will ich nicht sagen, das du an irgendwas glauben sollst, sondern nur das du dir bewusst sein musst das alles Wissen dieser Welt das Leben nie entmystifizieren kann, weil das Leben etwas mystisches ist.

So ein Quark. Das Leben ist ein natürliches Phänomen wie jedes andere auch. In dem Moment, wo wir eine gute Theoprie haben, wie es entstanden ist, wie es funktioniert und wie es endet, ist es entmystifiziert. Es hat dann nichts Übernatürliches mehr.

auch wenn ich eher Deinen Standpunkt teile, muss ich einräumen, dass Deine ganze Argumentation auf einer nicht belegten Prämisse beruht: es könnte sein, dass Leben doch 'mehr' ist, als wir in gute Theorien kleiden können. Man arbeitet daran, Ausgang offen. Die Erfolge der Vergangenheit lassen allerdings die Hoffnung begründet erscheinen, dass wir lebende Systeme entmystifizieren können.

Sollten wir es mal nicht schaffen, irgendetwas in gute Theorien zu kleiden - z.B. weil wir dafür einfach nicht genug Information oder Rechenstärke haben - so reicht das doch nicht aus, um ein solches Phänomen zu mystifizieren / für übernatürlich zu halten. Es bleibt uns nicht anderes übrig, als es für natürlich aber unverstanden zu halten.
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Beitrag(#425728) Verfasst am: 06.03.2006, 00:18    Titel: Antworten mit Zitat

[sinniert]Jede Theorie ist eine Abstraktion der Realität, die für die eigenen Zwecke hinreichend gut funktioniert.

Man kennt doch die bekannte Geschichte von dem hüpfenden Floh: Ein Wissenschaftler setzt einen Floh unters Mikroskop und ruft: "Floh, hüpf". Der Floh hüpft. Er entfernt eines seiner Beine, ruft wieder "Floh, hüpf." Der Floh hüpft, er entfernt wieder eins seiner Beine. Das geht solange, bis er alle Beine abgeknipst hat. Er ruft "Floh, hüpf", aber der Floh hüpft nicht. Folgerung ist: "Flöhe hören mit den Beinen."

Genauso hat für Kopernikus die bloße Annahme kreisförmiger Planetenbahnen gereicht, für Kepler die Ellipse, die jeweils nichts erklärten - da sie ja auch nicht erklären, sondern nur beschreiben mußten -, Newton hat mit der Gravitationstheorie dazu eine Erklärung gefunden, und Einstein mit der Relativitätstheorie eine andere. Die sind nicht vollkommen verschieden, aber liefern eben eine gerade benötigte Sicht auf die Realität.[/sinniert]
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Dann bin ich halt bekloppt. Mit den Augen rollen

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Bynaus
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Beitrag(#425733) Verfasst am: 06.03.2006, 00:31    Titel: Antworten mit Zitat

Ich möchte das ernste Thema nicht allzusehr auflockern zwinkern, aber im badastronomy-blog war heute ein netter comic zum thema verlinkt...

http://www.uclick.com/client/wpc/db/2006/03/05/index.html
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Daisy
Lieber Dritter als PETZE



Anmeldungsdatum: 13.01.2006
Beiträge: 1751
Wohnort: zuhause

Beitrag(#425734) Verfasst am: 06.03.2006, 00:35    Titel: Antworten mit Zitat

Bynaus hat folgendes geschrieben:
Ich möchte das ernste Thema nicht allzusehr auflockern zwinkern, aber im badastronomy-blog war heute ein netter comic zum thema verlinkt...

http://www.uclick.com/client/wpc/db/2006/03/05/index.html


Der Comic ist erstaunlich offen, wenn man bedenkt, daß die Amerikaner eigentlich eher ihr eigenes Meinungs-Ding durchziehen. Oder hab ich was übersehen und der Comic stammt von nem Engländer? Lachen
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Masaru
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Anmeldungsdatum: 19.02.2005
Beiträge: 361

Beitrag(#425758) Verfasst am: 06.03.2006, 01:17    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Ist zwar hier OT, aber:

Kugel_schrei_baer hat folgendes geschrieben:
Inwiefern ist den Religion entmystifiziert?

Entstehung des Sonnensystems, Entstehung der Arten, Zeugung, angebliche Wunder und Reliquien, religiöse Visionen, Endgültigkeit des Todes, verbrecherische Rolle der Kirche, Unfreiheit des Willens, Nichteintreffen von Prophezeihungen, usw. usf. - die meisten ehemaligen Grunddogmen sind bei vernünftigen Menschen heutzutage durch. Manche halten sich noch verzweifelt an Fragen fest, die dem jeweiligen Wissensstand entsprechen, z.B. derzeit die Interpretation der QM, der Urknall oder die genaue Funktionsweise des Bewußtseins ... aber der Trend geht dahin, daß nur noch Fragen offenbleiben, die so exotisch sind, daß sie mit den ehemaligen religiösen Mysterien (Woher kommt der Blitz? Warum gibt es Fisch und Vogel? Wer legt fest, was Gut und Böse ist? ...) des Lebens nichts mehr zu tun haben.


Wir haben vielleicht eine Vostellung vom Ablauf bestimmter Dinge und Ereignisse, können aber ihren Beweggrund nicht erklären.

step hat folgendes geschrieben:

Kugel_schrei_baer hat folgendes geschrieben:
... Häufe wissen an, am Ende verlässt es dich, spätestens mit dem Tod.

1. Das gilt trivialerweise auch für den Glauben und alles andere. Der Tod ist nämlich das Ende der Person. Vielen gefällt zwar die Himmel/Hölle Variante besser, das ändert aber nichts.
2. Wissen ist nicht starr an die Person gebunden. Schon mal eine Formelsammlung gesehen?
3. Niemand behauptet, Wissenschaft sei eine Ersatzreligion - außer ein paar Religiösen. Wissenschaft ist einfach nur eine gut funktionierende Methode, unsere Wahrnehmungen zu modellieren und Voraussagen zu machen. Eine überprüfbar bessere als Glauben.


Da Stimme ich dir voll und ganz zu.

step hat folgendes geschrieben:

Kugel_schrei_baer hat folgendes geschrieben:
Damit will ich nicht sagen, das du an irgendwas glauben sollst, sondern nur das du dir bewusst sein musst das alles Wissen dieser Welt das Leben nie entmystifizieren kann, weil das Leben etwas mystisches ist.

So ein Quark. Das Leben ist ein natürliches Phänomen wie jedes andere auch. In dem Moment, wo wir eine gute Theoprie haben, wie es entstanden ist, wie es funktioniert und wie es endet, ist es entmystifiziert. Es hat dann nichts Übernatürliches mehr.


Das Wort Übernatürlich, halte ich für generell schwachsinnig, weil streng genommen jedes wahrnehmbare Phänomen nätürlich sein muss.

step hat folgendes geschrieben:

Kugel_schrei_baer hat folgendes geschrieben:
Alle versuche das Universum als etwas kategorisierbares zu betrachten sind m.E. HIrnmus.

Alle Versuche, irgendetwas als nicht kategorisierbar zu betrachten, sind m.E. Hirnmus. Denn Kategorisierung, Modellierung durch Theorien usw. sind das Einzige, wie wir an das von uns Wahrgenommene herangehen können, wenn wir es erklären wollen.


Eigentlich ist beides Hirmus, denn wir mussten Nachdenken um es hier zu posten.

Wir können versuchen alles zu kategorisieren, das heißt aber nicht das es immer gelingt.
Eine Weltanschauungs-Schablone kann immer nur eine Vorübergehende sein.
Natürlich ist es einfacher sich in gesteckten Rahmen zu bewegen und weder rechts noch links zu gucken.


Zuletzt bearbeitet von Masaru am 06.03.2006, 12:00, insgesamt einmal bearbeitet
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Masaru
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Anmeldungsdatum: 19.02.2005
Beiträge: 361

Beitrag(#425760) Verfasst am: 06.03.2006, 01:19    Titel: Antworten mit Zitat

Bynaus hat folgendes geschrieben:
Ich möchte das ernste Thema nicht allzusehr auflockern ;)


Warum das denn?
Auflockerung kann nie schaden.
Wer das Leben allzu ernst nimmt, wird am Ende nur verbittert.
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El Schwalmo
Atheistischer Agnostiker



Anmeldungsdatum: 06.11.2003
Beiträge: 9070

Beitrag(#425771) Verfasst am: 06.03.2006, 08:56    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Sollten wir es mal nicht schaffen, irgendetwas in gute Theorien zu kleiden - z.B. weil wir dafür einfach nicht genug Information oder Rechenstärke haben - so reicht das doch nicht aus, um ein solches Phänomen zu mystifizieren / für übernatürlich zu halten.

das ist eine interessante Frage, die bestenfalls auf eine wohlbegründete petitio prinicipii hinausläuft.

step hat folgendes geschrieben:
Es bleibt uns nicht anderes übrig, als es für natürlich aber unverstanden zu halten.

Warum bleibt uns nichts anderes übrig? Doch nur, weil wir _voraussetzen_, dass die Welt intelligibel ist. Ich kenne kein ernsthaftes Argument dagegen, aber auch kein zwingendes dafür. Wir sind dabei, unter der Prämisse, dass es keine Übernatur gibt, die Welt zu erforschen. Kann sein, dass das funktioniert, kann sein, dass wir irgendwann merken, dass es 'mehr' gibt.

Worüber wir allerdings einig sind, ist, dass eine Erkärung _nur_ naturalistisch funktionieren kann. Falls es eine Übernatur gäbe, wären wir auf Offenbarung angewiesen.
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Halligstorch
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Beitrag(#425824) Verfasst am: 06.03.2006, 13:30    Titel: Antworten mit Zitat

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Kugel_schreiber_baer hat folgendes geschrieben:
Damit will ich nicht sagen, das du an irgendwas glauben sollst, sondern nur das du dir bewusst sein musst das alles Wissen dieser Welt das Leben nie entmystifizieren kann, weil das Leben etwas mystisches ist.


So ein Quark. Das Leben ist ein natürliches Phänomen wie jedes andere auch. In dem Moment, wo wir eine gute Theoprie haben, wie es entstanden ist, wie es funktioniert und wie es endet, ist es entmystifiziert. Es hat dann nichts Übernatürliches mehr.


Auch wenn ich eher Deinen Standpunkt teile, muss ich einräumen, dass Deine ganze Argumentation auf einer nicht belegten Prämisse beruht: es könnte sein, dass Leben doch 'mehr' ist, als wir in gute Theorien kleiden können. Man arbeitet daran, Ausgang offen. Die Erfolge der Vergangenheit lassen allerdings die Hoffnung begründet erscheinen, dass wir lebende Systeme entmystifizieren können.


Hallo...,

Steps optimistische Einschätzung, die sicherlich auch eine gute persönliche Lebenseinstellung wäre, in Ehren. Aber die Wissenschaft bzw. die Ergebnisse der wissenschaftlichen Methode sind noch Lichtjahre davon entfernt, dass wir das Universum, wie den Inhalt des Schultornisters eines Erstklässlers beschreiben und erklären können. Die naturalistische Methode hat sich zweifelsfrei bewährt. El Schwalmo einschränkende Bemerkung stimme ich allerdings zu.

Es ist heute nicht mehr erforderlich, vor der Überquerung einer durch erstaunliche Ingenieurskunst errichteten Autobahnbrücke Stoßgebete gen Himmel zu senden. Bei einer steinschlaggefährdeten Gebirgsstraße könnte dies aber vielleicht hilfreich sein und nicht nur weil man die Augen beim Stoßgebet gen Gefahrenquelle richtet; zumindest ist die Angelegenheit schwerer zu entscheiden.

Was die Erklärung und Beschreibung naturgeschichtlicher und kosmologischer Phänomene angeht, steckt die Wissenschaft aber noch in den Kinderschuhen und man muss kein Prophet sein, dass in diesen Phänomenbereichen noch große Veränderungen zu erwarten sind. Daher ist es auch derzeit keineswegs absurd (wie Kugel_schreiber_baer es tut), die erdgeschichtliche Überlieferung oder diverse kosmologische Phänomene als bisher weithin unerklärliche Mysterien zu bezeichnen.

Meine Frage in diesem Thread lautet, weshalb der wissenschaftliche Fortschritt in bestimmten, vor allem Phänomenbereichen mit historischer Komponente so schleppend vor sich geht? Weshalb braucht eine Kontinentalverschiebungstheorie über 50 Jahre, um nach ihrer Erstformulierung von eine Häresie zur Lehrbuchmeinung zu werden. Weshalb muss sich eine Lynn Margulis an die Öffentlichkeit wenden, um innerwissenschaftliches Gehör zu finden. Und warum können sich Fälschungen, wie die der Abderhaldenschen Abwehrfermente über 50 Jahre halten?

Liegt es vielleicht daran, dass der Wissenschaftsapparat Vorschub dafür leistet, dass große Personen (und ihre persönlichen Mythen und Mysterien) mehr als großartige, d. h. innovative Theorien im Vordergrund stehen?

Gruß

Halligstorch
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Darwin Upheaval
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Beitrag(#426008) Verfasst am: 06.03.2006, 20:49    Titel: Antworten mit Zitat

GermanHeretic hat folgendes geschrieben:
Halligstorch hat folgendes geschrieben:
Die Wissenschaftsapparat ähnelt doch in großen Teilen selbst einem 'Mysterium', dass seine eigene Entmystifizierung systematisch verhindert.

Das ist Blödsinn. Wissenschaft ist kein Geheimbund wie die Steinmetze, bei dem Adepten in dunklen Gewölben in deren "Geheimnisse" eingewiesen werden.


Genau. Wissenschaftliche Erkenntnisse befinden sich im ständigen Fluß. Im Gegensatz etwa zum Kreationismus gibt es dort keine "feststehenden Wahrheiten". Dogmatisch sind immer nur einzelne Individuen, nicht aber "der Wissenschaftsapparat", denn letzterer ist es ja gerade, der Fälschungen als solche entlarvt, Irrtümer aufdeckt, Kontroversen entfacht und einzelne Wissenschaftler für ihre Uneinsichtigkeit rügt. Aber der Fortschritt ist - wie einst schon Günter Grass so treffend bemerkte - nun einmal eine Schnecke, dafür jedoch unumkehrbar. Das ist auch der Grund dafür, weshalb Kreationisten in der Fachwelt nie mehr einen Fuß auf den Boden bekommen werden. Kurzum: Der "alltägliche unversitäre Wahnsinn aus Fälschungen und Innovationsfeindlichkeit" scheint eher auf einer der üblichen Wahrnehmungsstörungen Halligstorchs als auf Realität zu beruhen. Aber hierzu hatte ja schon Lamarck einiges geschrieben... Mr. Green
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Beitrag(#426016) Verfasst am: 06.03.2006, 21:15    Titel: Antworten mit Zitat

Kugel_schrei_baer hat folgendes geschrieben:
Wir haben vielleicht eine Vostellung vom Ablauf bestimmter Dinge und Ereignisse, können aber ihren Beweggrund nicht erklären.

Wenn wir ein gutes Modell über den Ablauf, das WIE, haben, dann kennen wir doch den Beweggrund, oder was soll dann noch fehlen? Ein WARUM ist immer entweder ein WIE oder ein WOZU, letzteres allerdings nur im Zusammenhang mit intentionalen Wesen, z.B. Menschen.
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Darwin Upheaval
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Beitrag(#426024) Verfasst am: 06.03.2006, 21:20    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
Sollten wir es mal nicht schaffen, irgendetwas in gute Theorien zu kleiden - z.B. weil wir dafür einfach nicht genug Information oder Rechenstärke haben - so reicht das doch nicht aus, um ein solches Phänomen zu mystifizieren / für übernatürlich zu halten. Es bleibt uns nicht anderes übrig, als es für natürlich aber unverstanden zu halten.


ACK. Wo wäre die Menschheit heute, hätte sie die Natur des Gewitters für ein nicht zu entmystifizierendes Rätsel gehalten? Abgesehen davon: Wie lange betreiben wir heute Wissenschaft? Seit 400 Jahren? Was sind 400 Jahre im Vergleich zu den Äonen, die verstrichen sind, nachdem der Mensch erstmals sein Haupt erhob und versuchte, sich einen Reim auf die Gesetze der Himmelsmechanik zu machen? Andererseits betrachte man nur einmal die enormen Fortschritte, die die Kosmologie allein innerhalb den letzen 30 Jahren bei ihrem Versuch, die Welt zu erklären, gemacht hat. Das "Mysterium" schwindet hiernach in geradezu atemberaubendem Tempo.

Mehr als naiv wirkt da der Einwand, das Universum ließe sich heute noch immer nicht "wie den Inhalt des Schultornisters eines Erstklässlers beschreiben und erklären". Als ob dies ein Argument für oder gegen etwas (oder gar eine notwendige Bedingung für die Bewährung der naturalistischen Wissenschaft) wäre! Wissenschaft ist immer der Versuch, den Anteil an kontingent erscheinenden Phänomenen fortlaufend zu verkleinern - ein Rest von Kontingenz wird aber immer bleiben. Und jede beantwortete Frage wirft sofort zwei neue Fragen auf. Dies ist kein Zeichen des Scheiterns des Naturalismus, sondern ein Beleg für die enorme heuristische Kraft des naturalistischen Weltbildes.

Kurzum: Über die "noch offenen Fragen" der Wissenschaft läßt sich die Tragfähigkeit des Naturalismus wohl kaum beurteilen. Wichtig ist nur, daß es der Wissenschaft, auf dem Boden des Naturalismus stehend, gelungen ist, ein konsistentes und alles in allem recht erklärungsmächtiges Theoriensystem hervorzubringen. Nur dann, wenn es in dieser Welt zuginge, wie in einer der üblichen Fantasy-Filmen, in denen Götter und Dämonen ein und aus gehen, müßte der Naturalismus wohl hinterfragt werden.
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Beitrag(#426030) Verfasst am: 06.03.2006, 21:31    Titel: Antworten mit Zitat

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Sollten wir es mal nicht schaffen, irgendetwas in gute Theorien zu kleiden - z.B. weil wir dafür einfach nicht genug Information oder Rechenstärke haben - so reicht das doch nicht aus, um ein solches Phänomen zu mystifizieren / für übernatürlich zu halten.

das ist eine interessante Frage, die bestenfalls auf eine wohlbegründete petitio prinicipii hinausläuft.

Kann man so sehen, aber eine Position, die ein solches Phänomen für übernatürlich hält, kann immer nur unbegründet und damit weniger brauchbar sein.

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Es bleibt uns nicht anderes übrig, als es für natürlich aber unverstanden zu halten.
Warum bleibt uns nichts anderes übrig? Doch nur, weil wir _voraussetzen_, dass die Welt intelligibel ist. Ich kenne kein ernsthaftes Argument dagegen, aber auch kein zwingendes dafür. Wir sind dabei, unter der Prämisse, dass es keine Übernatur gibt, die Welt zu erforschen.

Wir müssen das tun, denn Wahrnehmung verläuft - nach allem was wir wissen - natürlich. In dem Moment wo wir etwas ein Phänomen nennen, es wahrnehmen - und sei es noch so unverstanden - ist es natürlich. Es macht keinen Sinn, etwas auch nur potenziell übernatürlich zu nennen. Es wäre kein "etwas", kein "wäre". Etwas "Übernatürliches" für möglich zu halten, ist daher mE ein logischer Fehler.

Was wir nicht wissen, ist, ob die Welt wirklich physikalisch ist, oder nur in unseren Breiten so erscheint. Es könnte eine unbekannte Hyperphysik geben - die allerdings gleichfalls wieder natürlich wäre, wenn man sie modelliert.

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Kann sein, dass das funktioniert, kann sein, dass wir irgendwann merken, dass es 'mehr' gibt.

Wenn wir das merken, ist es nicht mehr übernatürlich. Wie sollten wir es sonst merken?

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Worüber wir allerdings einig sind, ist, dass eine Erkärung _nur_ naturalistisch funktionieren kann.

Ja.

El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Falls es eine Übernatur gäbe, wären wir auf Offenbarung angewiesen.

Was genau wäre an einer offenbarenden Übernatur nicht natürlich? Wäre sie nicht einfach nur ein bisher unbekanntes modellierbares Phänomen, z.B. ein mächtiges Wesen, das Tausende Ägypter im Meer ertrinken läßt?

gruß/step
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Beitrag(#426033) Verfasst am: 06.03.2006, 21:38    Titel: Antworten mit Zitat

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Nur dann, wenn es in dieser Welt zuginge, wie in einer der üblichen Fantasy-Filmen, in denen Götter und Dämonen ein und aus gehen, müßte der Naturalismus wohl hinterfragt werden.

Ja, Theorien würden einfach nicht funktionieren. Wenn die Welt unphysikalisch bzw. nicht hinreichend turingartig wäre, gäbe es vermutlich gar keine denkenden Strukturen. Umgekehrt fällt es uns schwer, uns unlogische Welten vorzustellen.

Auch sonst volle Zustimmung.
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Darwin Upheaval
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Beitrag(#426034) Verfasst am: 06.03.2006, 21:40    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Sollten wir es mal nicht schaffen, irgendetwas in gute Theorien zu kleiden - z.B. weil wir dafür einfach nicht genug Information oder Rechenstärke haben - so reicht das doch nicht aus, um ein solches Phänomen zu mystifizieren / für übernatürlich zu halten.

das ist eine interessante Frage, die bestenfalls auf eine wohlbegründete petitio prinicipii hinausläuft.

Kann man so sehen, aber eine Position, die ein solches Phänomen für übernatürlich hält, kann immer nur unbegründet und damit weniger brauchbar sein.


Das gilt aber nur, solange sich die Welt gesetzmäßig verhält. Wenn es wie in dem o.g. Fantasy-Filmen zuginge, sähe das möglicherweise anders aus.


Step hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Es bleibt uns nicht anderes übrig, als es für natürlich aber unverstanden zu halten.
Warum bleibt uns nichts anderes übrig? Doch nur, weil wir _voraussetzen_, dass die Welt intelligibel ist. Ich kenne kein ernsthaftes Argument dagegen, aber auch kein zwingendes dafür. Wir sind dabei, unter der Prämisse, dass es keine Übernatur gibt, die Welt zu erforschen.

Wir müssen das tun, denn Wahrnehmung verläuft - nach allem was wir wissen - natürlich. In dem Moment wo wir etwas ein Phänomen nennen, es wahrnehmen - und sei es noch so unverstanden - ist es natürlich. Es macht keinen Sinn, etwas auch nur potenziell übernatürlich zu nennen. Es wäre kein "etwas", kein "wäre". Etwas "Übernatürliches" für möglich zu halten, ist daher mE ein logischer Fehler.


Sagen wir: Unter der Annahme, daß übernatürliche Wesen das Weltgeschehen beeinflussen, verlören die Beobachtungsdaten ihren Beleg-Status. Es könnte dann ja auch der Ausgang eines Experiments "beeinflußt" werden. Gelangt man einmal auf diese "schiefe Bahn", gäbe es kein Halten mehr, bis man beim Okkasionalismus angelangt wäre.


Step hat folgendes geschrieben:
Was wir nicht wissen, ist, ob die Welt wirklich physikalisch ist, oder nur in unseren Breiten so erscheint. Es könnte eine unbekannte Hyperphysik geben - die allerdings gleichfalls wieder natürlich wäre, wenn man sie modelliert.


Was ist eine "Hyperphysik"? Das hört sich schwer nach einem unendlichen Regreß an. Geschockt


Step hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Kann sein, dass das funktioniert, kann sein, dass wir irgendwann merken, dass es 'mehr' gibt.

Wenn wir das merken, ist es nicht mehr übernatürlich. Wie sollten wir es sonst merken?


zwinkern


Step hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Falls es eine Übernatur gäbe, wären wir auf Offenbarung angewiesen.

Was genau wäre an einer offenbarenden Übernatur nicht natürlich? Wäre sie nicht einfach nur ein bisher unbekanntes modellierbares Phänomen, z.B. ein mächtiges Wesen, das Tausende Ägypter im Meer ertrinken läßt?


Naja, auch ein Gott könnte sich offenbaren. Zumindest prinzipiell. Wenn der Himmel aufreißen und der dreifaltige Gott herabsteigen würde, wäre das für den Naturalismus ein ziemlicher "Schock" zwinkern
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Beitrag(#426035) Verfasst am: 06.03.2006, 21:42    Titel: Antworten mit Zitat

Halligstorch hat folgendes geschrieben:
Es ist heute nicht mehr erforderlich, vor der Überquerung einer durch erstaunliche Ingenieurskunst errichteten Autobahnbrücke Stoßgebete gen Himmel zu senden. Bei einer steinschlaggefährdeten Gebirgsstraße könnte dies aber vielleicht hilfreich sein

Nein, das können wir leicht falsifizieren, indem wir die Effizienz von Stoßgebeten in physikalisch gefährlichen Situationen messen. Auch das Ergebnis ist schon bekannt. Gott hilft nicht, seine Ziele und Wege sind komplett "unergründlich".
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Tarvoc
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Beitrag(#426036) Verfasst am: 06.03.2006, 21:44    Titel: Antworten mit Zitat

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Das gilt aber nur, solange sich die Welt gesetzmäßig verhält. Wenn es wie in dem o.g. Fantasy-Filmen zuginge, sähe das möglicherweise anders aus.

Ich kenne keinen Fantasy-Film über eine ungesetzmäßige Welt. Mittelerde, die Welt von 'Der Herr der Ringe' ist z.B. durch und durch gesetzmäßig, auch wenn die Gesetze dieser Welt ohne Frage teilweise von denen unserer Welt abweichen.
Diejenigen Filme, von denen man sowas vielleicht noch am ehesten behaupten könnte, sind die Filme David Lynchs, und das sind überhaupt keine Fantasy-Filme, sondern fallen eher in die Bereiche Horror, Thriller oder Kunstfilm. Allerdings unterliegen selbst diese Filme noch gewissen 'Regelmäßigkeiten', auch wenn diese als der herkömmlichen Ratio zuwiderlaufend bezeichnet werden können.

Eine ungesetzmäßige Welt können wir uns meines Erachtens überhaupt nicht denken.
Und schon gar nicht können wir Filme über sie machen.
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Darwin Upheaval
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Beitrag(#426039) Verfasst am: 06.03.2006, 21:50    Titel: Antworten mit Zitat

Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Das gilt aber nur, solange sich die Welt gesetzmäßig verhält. Wenn es wie in dem o.g. Fantasy-Filmen zuginge, sähe das möglicherweise anders aus.

Ich kenne keinen Fantasy-Film über eine ungesetzmäßige Welt. Mittelerde, die Welt von 'Der Herr der Ringe' ist z.B. durch und durch gesetzmäßig.
Diejenigen Filme, von denen man sowas vielleicht noch am ehesten behaupten könnte, sind die Filme David Lynchs, und das sind überhaupt keine Fantasy-Filme, sondern fallen eher in die Bereiche Horror, Thriller oder Kunstfilm.


Naja, wie auch immer... Cool


Tarvoc hat folgendes geschrieben:
Allerdings unterliegen selbst diese Filme noch gewissen 'Regelmäßigkeiten', auch wenn diese als der herkömmlichen Ratio zuwiderlaufend bezeichnet werden müssen. Eine ungesetzmäßige Welt können wir uns meines Erachtens überhaupt nicht denken.
Und schon gar nicht können wir Filme über sie machen.


Stimmt. Aber es genügte ja schon, wenn wir mit derartigen Phänomenen konfrontiert würden, wie sie uns in einem Jesus-Film, in der Poltergeist-Trilogie oder meinetwegen in der Arthus-Saga präsentiert werden. Oder wenn sich Santa Claus mit seinem Rentier-Gespann in die Lüfte erheben und in einer Nacht alle Kinder glücklich machen würde... Auf den Arm nehmen
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Zuletzt bearbeitet von Darwin Upheaval am 06.03.2006, 21:50, insgesamt einmal bearbeitet
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El Schwalmo
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Beitrag(#426040) Verfasst am: 06.03.2006, 21:50    Titel: Antworten mit Zitat

step hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Sollten wir es mal nicht schaffen, irgendetwas in gute Theorien zu kleiden - z.B. weil wir dafür einfach nicht genug Information oder Rechenstärke haben - so reicht das doch nicht aus, um ein solches Phänomen zu mystifizieren / für übernatürlich zu halten.

das ist eine interessante Frage, die bestenfalls auf eine wohlbegründete petitio prinicipii hinausläuft.

Kann man so sehen, aber eine Position, die ein solches Phänomen für übernatürlich hält, kann immer nur unbegründet und damit weniger brauchbar sein.

die interessante Frage, die sich dann stellt, ist, wie man 'begründet' definiert.

step hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
Es bleibt uns nicht anderes übrig, als es für natürlich aber unverstanden zu halten.
Warum bleibt uns nichts anderes übrig? Doch nur, weil wir _voraussetzen_, dass die Welt intelligibel ist. Ich kenne kein ernsthaftes Argument dagegen, aber auch kein zwingendes dafür. Wir sind dabei, unter der Prämisse, dass es keine Übernatur gibt, die Welt zu erforschen.

Wir müssen das tun, denn Wahrnehmung verläuft - nach allem was wir wissen - natürlich.

Schon die Qualifizierung müsste zur Vorsicht mahnen.

step hat folgendes geschrieben:
In dem Moment wo wir etwas ein Phänomen nennen, es wahrnehmen - und sei es noch so unverstanden - ist es natürlich.

Das, was wir _wahrnehmen_ würden, ist dann 'natürlich'. Und der Rest?

step hat folgendes geschrieben:
Es macht keinen Sinn, etwas auch nur potenziell übernatürlich zu nennen. Es wäre kein "etwas", kein "wäre". Etwas "Übernatürliches" für möglich zu halten, ist daher mE ein logischer Fehler.

Der genauso große Fehler liegt für mich darin, es für unmöglich zu halten. Nicht zuletzt deshalb, weil er unsere Logik verabsolutiert. Also _unsere_ Welt als _die_ Welt setzt.

step hat folgendes geschrieben:
Was wir nicht wissen, ist, ob die Welt wirklich physikalisch ist,

Was bedeutet: eine Welt ist 'physikalisch'?

step hat folgendes geschrieben:
oder nur in unseren Breiten so erscheint. Es könnte eine unbekannte Hyperphysik geben - die allerdings gleichfalls wieder natürlich wäre, wenn man sie modelliert.

Sorry, eine Welt, die man _modelliert_, ist ein _Modell_, aber keine 'Welt'. Ein Modell kann auch eine _parzielle_ Abbildung sein, und es ist eine interessante Frage, wann ein Modell mit dem Modellierten identisch ist, genauer, ob das möglich ist und falls ja, _wie_ wir das erkennen. Ich vermute, dass Lamarck mit seinen 'viablen Modellen' gar nicht so falsch liegt.

step hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Kann sein, dass das funktioniert, kann sein, dass wir irgendwann merken, dass es 'mehr' gibt.

Wenn wir das merken, ist es nicht mehr übernatürlich. Wie sollten wir es sonst merken?

Stelle Dir mal vor, wir wären der Auffassung, wir würden alle Evolutionsmechanismen kennen. Aber wir finden dann Strukturen, deren Erklärung mit diesen Mechanismen nicht erklärbar sind. Geh' noch einen Schritt weiter: wir könnten das modellieren. Aber was auch immer wir machen, wir würden auf Phänomene stoßen, die sich so nicht abbilden lassen.
[ ... ]
step hat folgendes geschrieben:
El Schwalmo hat folgendes geschrieben:
Falls es eine Übernatur gäbe, wären wir auf Offenbarung angewiesen.

Was genau wäre an einer offenbarenden Übernatur nicht natürlich? Wäre sie nicht einfach nur ein bisher unbekanntes modellierbares Phänomen, z.B. ein mächtiges Wesen, das Tausende Ägypter im Meer ertrinken läßt?

Bei Deinem Ansatz habe ich immer das Problem, dass Du ein Modell für das Modellierte hältst. Stell Dir mal vor, Du kannst einen Evolutionsprozess modellieren. Weißt Du dann etwas über das System, das Du modelliert hast? Mehr, als Du in Dein Modell gesteckt hast?

Ich werde das Gefühl nicht los, dass Du reifizierst und eine Ontologie auf Modellierung gründest.
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Wohnort: Germering

Beitrag(#426041) Verfasst am: 06.03.2006, 21:51    Titel: Antworten mit Zitat

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
step hat folgendes geschrieben:
... aber eine Position, die ein solches Phänomen für übernatürlich hält, kann immer nur unbegründet und damit weniger brauchbar sein.
Das gilt aber nur, solange sich die Welt gesetzmäßig verhält. Wenn es wie in dem o.g. Fantasy-Filmen zuginge, sähe das möglicherweise anders aus.

Warum? Nur die Theorien wären schlechter. Ein Beispiel ist der hier schon oft diskutierte "echte Zufall" in der QM. Man hält wahlweise die Theorie für unvollständig oder den echten Zufall für ein natürliches, aber akausales Phänomen.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Was ist eine "Hyperphysik"? Das hört sich schwer nach einem unendlichen Regreß an. Geschockt

Jedenfalls nach einem Regreß. In der Tat haben einige ehemals "übernatürlich" Phänomene neue Wissenschafts-Ebenen begründet.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Step hat folgendes geschrieben:
Was genau wäre an einer offenbarenden Übernatur nicht natürlich? Wäre sie nicht einfach nur ein bisher unbekanntes modellierbares Phänomen, z.B. ein mächtiges Wesen, das Tausende Ägypter im Meer ertrinken läßt?
Naja, auch ein Gott könnte sich offenbaren.

Ja, so einen meinte ich.

Darwin Upheaval hat folgendes geschrieben:
Wenn der Himmel aufreißen und der dreifaltige Gott herabsteigen würde, wäre das für den Naturalismus ein ziemlicher "Schock" zwinkern

Hmm ... sicher? Na gut, ein Schock vielleicht, so wie wenn eben eine Theorie sich als falsch herausstellt. Letztlich würden die Naturalisten aber - zurecht - fragen, welcher Physik dieser Gott gehorcht, wie er funktioniert usw.. Wenn sich allerdings plötzlich nur noch komplett unlogische Dinge ereignen, dann - ja dann macht weder Wissenschaft noch Glaube noch irgendeinen Sinn.
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